Obacht, du Schelm! von abgemeldet (Ra/Ri) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Schon eine Stunde saß der alte Mann über den Tisch gelehnt an verschiedenen Blättern Papier. Schrieb, radierte, zerknüllte und fing wieder von vorne an. Es war Nachmittag und die heldenmutige Vesperia hatte sich eine Pause erlaubt. So saßen sie in einer Gaststätte an einem Tisch, tratschend, trinkend und Spaß habend. Im Mittelpunkt des Geschehens stand wie so oft Yuuri, gemeinsam mit Karol, Estelle und Judith. Repede hatte sich ausgeruht und am Rand der langen Bank saß Rita und hörte nur zu, anstatt zu reden. Der alte Kerl saß an einem ganz anderen Tisch und schien gerade zu verzweifelt. „Raven! Was machst du da?“ Yuuri blickte zum anderen Tisch um von einem eher unangenehmen Thema abzulenken. „Ich schreibe etwas.“ „Oh, der alte Mann versucht Schriftsteller zu werden.“ Ritas trockener Tonfall ließ Raven das Gesicht verziehen und ein weiteres Mal im Selbstmitleid baden. „Dieser alte Mann hat es gar nicht so leicht, weißt du?“ „Ich kann mir lebendig vorstellen, was für Bücher das mal werden…“ Judith kicherte nur und betrachtete die Blicke der Beiden, ehe sie selber aufstand und zu Raven ging, sich über seine Schulter lehnte, der dann versuchte, hektisch den Stapel Papier umzudrehen, dabei aber die Fetzen durch den ganzen Raum schleuderte. Judith half ihm, das Chaos zu beseitigen und blickte die Seiten grinsend an. „So, so, der alte Mann schreibt also Liebesbriefe!“ „D-Das sind…!“ Karol erhob die Stimme: „Raven, bist du verliebt?“ „Nein!“ „Ooh, warum wirst du denn dann so rot?“ „Ich bin nicht rot!“ Karol schwieg und runzelte die Stirn, wobei die Pinkhaarige sich nun ebenfalls erhob und auch die Papiere ansah, was darauf geschrieben stand und lächelte, sich das Haar aus dem Gesicht strich und leicht errötete. „Raven, ich wusste gar nicht, dass du so poetisch bist.“ „Aber…“ „Wer ist es? Sag es uns, wir helfen dir bestimmt!“ „Das ist gar nicht von Belangen, okay? Kein Respekt vor dem Alter…“ „Rita! Komm mal her, du bist doch so charismatisch, hilf ihm mal aus der Patsche!“ Die Rothaarige blickte auf, sah die zwei jungen Damen und den alten Mann an, schüttelte nur den Kopf und verdrehte die Augen. „Aber ich mag diese Sprache, Raven, wirklich. Das ist ja noch richtig altertümlich!“ Estelle kicherte. „So niedlich!“ „Wenn du meinst… Mir fehlen die Worte.“ Rita erbarmte sich und erhob sich, ging dann auf ihn zu und schnappte sich die Blätter, las und errötete stark, pfefferte sie wieder auf den Tisch und sah Raven scharf an. „So was kannst du doch keinem zum Lesen geben! Ist ja widerlich! Das will keiner sehen! Und wie das schon klingt! Ist ja kaum zu glauben…“, brummte sie, blies die Wangen etwas auf und stemmte die Hände in die Hüften, murmelte, was sich der alte Kerl überhaupt einbildete so etwas zu verfassen. „Wenn es dir nicht gefällt, dann hast du eben Pech gehabt. Sag mir doch, was du gerne lesen würdest.“, erwiderte er und verzog das Gesicht auf die Worte der Magierin, die immer noch rot angelaufen war. „Bist du so wütend, dass du so tomatig wirst, oder verheimlichst du dem alten Mann etwas?“ „Äh!?“ Judith grinste. „Oh, verheimlichst du uns etwas, Rita? Gibt es da etwas, was wir vielleicht über dich wissen sollten?“ „W-Was solltet ihr denn bitteschön wissen? Mich regt das so unglaublich auf, ihr habt doch keine Ahnung, lasst mich einfach in Ruhe!“ Es war nur einen Moment Ruhe und die Magierin wollte sich schon zum Gehen umdrehen, spürte die Hitze in den Wangen und wollte nun erst Recht ihre Ruhe, nachdem sie mit so etwas konfrontiert worden war. „Rita…“ Die Stimme des alten Mannes lies sie erstarren. „… Kann es sein, dass du altmodische Literatur magst?“ Sehr schön. „… Ja, verdammt. Ja, ich mag sie. Lässt du mich jetzt in Ruhe!?“ Nein, sie mochte keine altmodische Literatur, aber es war eine gute Ausflucht, sodass Raven auch nichts mehr sagte und der Rest der Gilde eher geschockt aussah, als nun glücklich, ihr angebliches Geheimnis erfahren zu haben. Sie sollten sie in Ruhe lassen. Besonders dieser alte, perverse, obszöne, blöde Nichtsnutz von Mann, dem die Worte geradezu leicht von der Hand zu gehen schienen, nach diesem Ereignis. „Also dann, gute Nacht, Mädels!“ Karol verabschiedete sich und winkte Estelle noch mal, die das Zimmer der Mädchen nun verschloss. Es war Zeit, zu schlafen. Gut, dass die Türen nie ganz abgeschlossen waren. In später Nacht, als die Sterne durch das Fenster schienen, erhob sich Rita aus ihrem Bett und verließ das Zimmer, ging den Flur hinunter. Unter ihren nackten Füßen das kalte Holz. Der Seidenpyjama schmiegte sich um ihre Haut und sie war sehr aufgeregt. Ihr Herz schlug schnell auf und sie öffnete die Zimmertür des Zimmers, in dem das andere Geschlecht ruhte. Es war ihr nur schwer möglich, in der Dunkelheit etwas zu erkennen, aber selbst Yuuri schien tief und fest zu schlafen. Sie nahm ein Streichholz und zündete die Kerze auf dem Tisch an, hatte schon schnell das Objekt ihres Verlangens entdeckt. Sie nahm die vier Seiten Papier an sich, breitete sie vor sich auf dem Tisch aus und begann, in Gedanken, das zu lesen, was darauf stand. Alles begann mit „Hochverehrtestes Fräulein“. Auf ihren Lippen machte sich ein glückliches Lächeln breit und sie nahm jedes Wort in sich auf, las es drei- oder viermal. Solch wundervolle Worte. Ich liebe Sie, vom Grunde meines unsteten, jugendlichen und ganz und gar unvernünftigen Herzens, mit der lodernden Flamme der Leidenschaft, die nur für eine Frau, eine Dame, brennen kann, die von allerhöchster Klasse, von fantastischer Schönheit und von größtem Geist ist, so wie Sie, meine geliebte Mademoiselle. Ein leises Seufzen rann über ihre Lippen. Wie sehr wünschte sie sich… Als sie eine Regung vernahm zuckte sie zusammen, sah allerdings, dass es nur Karol im Bett war, der sich drehte. Aber… Wo… War… Wo war der alte Mann!? Als sie einen Brustkorb an ihrem Hinterkopf wahrnahm, wusste sie genau, wo er war, hob den Blick und sah Ravens Kopf über ihrem eigenen, der sich über den Stuhl gelehnt hatte. Wie lange war er nun schon hier? Rita traute sich nicht wirklich etwas zu sagen oder gar danach zu fragen. „Gefällt es dir wirklich nicht?“ Sie ballte die Hände zu Fäusten, schluckte schwer. Eigentlich… Wollte sie diese Situation vermeiden. Beinahe wollte sie ihn schon töten, aber das wäre unter Umständen nicht ganz so ideal gewesen. „Es ist für dich.“ Ihre Fäuste ballten sich noch mehr und sie riss die Augen auf. Für sie? „Ich wollte eigentlich nicht, dass du es siehst.“ „Das kann ich mir vorstellen.“ „Huh, wieso das?“ „Naja, ist eher suboptimal, einen Liebesbrief zu sehen, bevor er abgeschickt wurde.“ „Du magst ihn doch eh nicht.“ Der Rotschopf fuhr auf dem Hocker herum, blickte dem Anderen in die Augen, der sie relativ verwundert ansah, als sie ihn verletzt anblickte. Vorwurfsvoll verschränkte sie die Arme und Raven lächelte nervös. Eine seltsame Spannung lag in der Luft. „Warum um alles in der Welt!?“ „Eh…? Was hat der gute alte Raven jetzt schon wieder angestellt?“ „Warum ich!? Warum hast du mir es nicht schon früher gesagt!? Du bist so ein doofer Idiooooo… Oh…“ Der Dunkelhaarige lehnte sich über sie. Sie spürte den Holztisch im Rücken. „… Mach nicht so einen Lärm, die anderen werden sonst wach.“ Die Rothaarige schluckte schwer, als er ihr näher kam. „Warum hast du ihn dir überhaupt angesehen, wenn du ihn nicht magst?“ Der alte Mann drängte sie rein verbal in die Ecke und sie war nicht mehr wirklich in der Lage, etwas zu sagen, war sprachlos, atemlos. Selbst der Andere schien davon sehr überrascht zu sein, verlor allerdings nicht die Fassung. „…Ich habe mir nur gewünscht, dass mir jemand so etwas schreiben würde.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)