Liebeslinguistik von Himi_und_Nami (aoianisch*urupäisch + urupäisch*aoianisch) ================================================================================ Kapitel 8: Liebe ist polyglott ------------------------------ Keiyuus Herz setzte zum Galopp an, als ihm sein Herzbube gegenüber saß. Sie unterhielten sich leise im Kerzenlicht, während zwei Eisbecher vor ihren Nasen vor sich hin tauten. Die etwas größere Hand griff nach seiner, umschloss sie sanft und wurde von einem bezaubernden Lächeln untermalt. „Magst du dein Eis nicht?“ „Doch“, widersprach der Kleinere und stopfte sich hastig einen Löffel vom Bananeneis in den Mund. Sein Gegenüber lächelte. Es verging eine ganze Weile, in der sie sich über Hobbys und Familie unterhielten, doch sie bemühten sich Themen wie Arbeit, Touren oder Bandgemeinschaft gekonnt zu umschiffen. Später waren sie sich einig: Sie würden es gemeinsam und miteinander versuchen. Keiyuu wurde geküsst und hatte das Gefühl zu schweben. Die Lippen seines Geliebten wanderten seinen Hals entlang, hin zu seinem Nacken, als er dann ein Kichern vernahm. „Was hast du?“ „Wakashudo“, flüsterte der Brünette und grinste ihm ins Gesicht. „Dieses Honigbild an deinem Nacken ... du hast mit Saga gesprochen?“ „Nein“, widersprach Keiyuu überrascht. „Mit Uruha, aber ...“ Dann ging ihnen anscheinend ein Licht auf. „Das haben sie ja geschickt eingefädelt. Uns beiden diesen Wink mit dem Bild zu geben.“ Ein mit einem feinen Pinsel vorgezeichnetes Honigbild, das dann mit Zimt bestäubt wird, bedeutet die Hingabe eines Mannes zu seinem Liebhaber. Gleichzeitig zeigt es die empfindsamste Stelle des Geliebten. „Mai hat mir geholfen und den Schmetterling aufgemalt“, erzählte der Jüngere und wurde plötzlich sentimental, als er an Mais Auftauchen dachte. Wie sehr ihn die Panik ergriffen hatte. „Ich hatte Angst, dass du mich abweist ... dass du mich ekelig findest, weil ich als Mann in dich verliebt bin ...“ Wieder begann er zu glühen. „Kann denn Liebe Sünde sein?“, sang der andere Sänger ihm auf Deutsch ins Ohr und Keiyuu war verwirrt. Er ließ es sich übersetzen und begann leise zu lachen. „Das ist ein Zitat, nicht wahr?“ „Geflügelte Worte“, antwortete der Ältere und strich sanft über die Schmetterlingsflügel in Keiyuus Nacken. ~~~ „Hast du ihm den Hinweis gegeben?“ Uruha schlürfte aus seiner Kaffeetasse. „Ja, schon ... Irgendwie war es süß, wie er rote Ohren bekam, als ich ihn direkt auf Keiyuu angesprochen habe. Du meinst wirklich, es ist eine gute Idee, sich da einzumischen?“ Saga hatte auch Uruha zuvor von der Liebeserklärung der Samurai erzählt, die ihrem Wunschpartner ihre Liebe mit Hilfe eines kleinen Honigbildes gestanden. Natürlich stellte dann dieses Bild eine Verbindung zum Partner dar. Der Bassist überlegte, wie sich die beiden Sänger wohl schlagen würden. „Selbst wenn es keine gute Idee ist, nun ist es zu spät, Saga ...“ Die Brötchen würden gleich fertig sein, dann konnte er Aoi Frühstück ans Bett bringen. Nach dem gestrigen Abend hatte er kaum schlafen können, zu sehr hatte ihn ihr Treffen aufgewühlt. Zu sehr fürchtete er, dass seine »Sprache« zu langweilig gewesen war, um überhaupt Eindruck bei seinem Liebsten hinterlassen zu haben. Doch wie er so mit offenen Augen neben ihm lag, konnte er seinem Schatz beim Schlafen zusehen, das süße Zucken am Mundwinkel beobachten, die dunklen Wimpern bewundern. Umso mehr wollte er jetzt erreichen, dass es ein schöner Morgen würde, obwohl sie nachher zur Arbeit mussten. Nicht umsonst war er hingegen seiner sonstigen Art früh aufgestanden. In Erinnerung an Aois Körper in seinen Armen begann er zu grinsen. „Du steckst es Keiyuu?“, fragte Saga und schien noch im Bett zu liegen, da er herzhaft gähnte. „Hab ich schon. Gestern Mittag. Irgendwie schien er ... gelöster als sonst, obwohl er so strahlte wie ein Glühwürmchen.“ „Oh“, machte der Bassist am anderen Ende der Leitung. „Meinst du, sie haben sich schon ...?“ „Keine Ahnung.“ Daran wollte er jetzt nicht denken. Doch Aois Arme und Beine waren um ihn geschlungen gewesen und erst danach dachte Uruha wieder daran, dass sie es so noch nie gemacht hatten. Für ihn stand fest, dass egal, wie sie es taten, ihr Zusammensein immer schön war. „Wir werden es ja sehen.“ „Ja, okay“, stimmte Saga zu. „Bis nachher in der Arbeit!“ „Ja, gut.“ Uruha lachte leise, sowieso nicht mehr bei der Sache. „Bis dann – und schlaf noch ein bisschen!“ Er legte auf und verstaute das Handy bereits in seiner Umhängetasche, bevor er die Brötchen und die Erdbeermarmelade vom Markt auf ein Tablett stellte, dazu Orangensaft und Kaffee. Leise schlich er sich zurück ins Schlafzimmer, stellte das Tablett auf dem Boden ab und drehte etwas an der Jalousie, damit schon Tageslicht hereinkommen konnte. Kurz nur holte er sich selbst seine Sojamilch aus der Küche, dann kam er zurück und beugte sich über seinen Partner. Er lächelte und küsste ihn sanft auf den leicht geöffneten Mund. Aoi summte und schmollte. Er öffnete nur ganz zaghaft die Augen – und errötete prompt! „Guten Morgen“, säuselte Uruha und küsste ihn noch ein Mal. „Ha-hab ich verschlafen?“ „Nein, nein, keine Sorge ...“ Uruha richtete sich auf und holte das Tablett, während Aoi sich aufsetzte. Der kleine rote Fleck an seinem Schlüsselbein leuchtete. „Ich wollte dir nur nach der anstrengenden Nacht ein Frühstück anbieten.“ „Ich ... war ich ...?“ Aoi biss sich auf die Unterlippe und sah verlegen weg. „Es hat dir Spaß gemacht, oder?“ Der Jüngere umfasste mit einer Hand Aois Kinn, damit er ihn ansah. „Du musst dich nicht genieren ...“ „Ich geniere mich nicht“, protestierte er prompt und zog seinen festen Freund an sich. „Ich hab nur Angst, dass ich sehr wehleidig war ...“ „Wehleidig? Du?“ Der Leadgitarrist rutschte ins Bett. „Wenn ich mich richtig an mein erstes Mal erinnere, habe ich viel mehr gejammert ...“ „Das bildest du dir ein.“ Aoi schien von seinem eigenen Satz ganz überrascht zu sein. „Du warst so ... wunderschön und deine Augen ... funkelten so. Du hast nicht gejammert – und selbst wenn, dann sind doch die Schmerzen jetzt vorüber, oder?“ „Deine auch?“, erkundigte sich der Andere und wirkte besorgt. Der schwarzhaarige Gitarrist schien zu überprüfen, wie es um seinen Po stand, doch er zuckte zusammen und zischte leise. „Das sollte ich den Tag über vermeiden, oder?“ „Es ist bald vorbei ...“ Uruha küsste seinen Schatz sanft auf die Schläfe. „Du darfst auch auf meinem Schoß sitzen, wenn dir die Stühle in der Cafeteria zu hart sind“, säuselte er dazu und kicherte. „Spätestens dann weiß Ruki Bescheid! Ich würde mich dir in seiner Gegenwart doch nie auf zwanzig Zentimeter nähern!“ „Nicht?“ Enttäuscht verzog der Jüngere seine Lippen zum Schmollmund. „Aber ich muss doch deinen Po vor Angriffen schützen. Was, wenn Saga dir auch einen Klaps geben will?“ Aoi zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Erstens, das wird er nicht tun, denn er weiß schließlich von uns, oder?“ Uruha schluckte ertappt. „Und zweitens ...“ Er näherte sich seinem Koi und strich mit seinen Lippen sanft über die des anderen. „Wer schützt mich denn vor deinen Angriffen auf meinen Po?“ Uruha lachte auf. „Niemand, mein Schatz ...!“ ~~~ Ein paar Stunden später betraten sie den Hochgebäudekomplex der PS-Company. Es war alles ruhig. Wie gewohnt, war Kai schon da. Und er lächelte verträumt. „Du hattest wohl einen schönen Abend?“, fragte Aoi nach kurzen Worten der Begrüßung und stellte Kai einen Kaffeebecher vor die Nase. „Schon.“ Jetzt grinste er frech. „Und ihr?“ „Ja ... doch.“ Uruha lächelte breit und hatte auf ein Mal die Haltung eines erwachsenen Mannes eingenommen. „Ja“, antwortete Aoi, bevor er seine Gitarre auspackte und sich – vorsichtig – aufs immer noch recht neue Sofa setzte. „Ach so“, sagte der Drummer und pustete über seinen Kaffee hinweg. „Ihr habt ... eure Gefühle vertieft?“ Aoi begann blinzelnd zu glühen und funkelte seinen Freund böse an, als er noch breiter grinste und bei Kai in die offene Hand einschlug. „Hauptsache, euch geht’s gut!“ „Nicht böse sein, Schatz“, kicherte der Leadgitarrist und warf ihm eine Kusshand zu. Es kam nur ein eingeschnapptes „Hm ...“ Ein Zustand, in den Aoi am Tag in regelmäßigen Abständen geriet, weshalb er von seinem Koi schon seit Längerem manchmal »Schnapp-Aoi« genannt wurde, was dieses Prozedere dann nur noch mehr verstärkte ... „Wag es ja nicht, das Wort mit Sch überhaupt in den Mund zu nehmen ...“ Drummer und Leadgitarrist kicherten, während der andere schon wieder einschnappte. Manchmal war Aoi auch zu empfindlich. Ein Fetzen Musik zerriss das Gespräch. Kai kramte umständlich sein Handy aus der Umhängetasche. Als er auf das Display stierte, wurde sein Gesicht nicht nur durch das fahle Licht der Anzeige blass. Mit zitternden Fingern ging er ran. Die anderen beiden musterten ihn erstaunt und blinzelten sich dann gegenseitig an. „Moshi moshi ...?“ Und weiter sagte er nichts. Ein paar Sekunden lang hörte er einfach zu, dann legte er wieder auf. Leicht unter Schock ließ er die Hand sinken. „Ist alles okay?“, fragte Uruha stockend. „Das war Melody-san... sie will sich gleich ganz kurz mit mir treffen ...“ Mehr brachte Kai in seiner Apartheit nicht hervor. Eine Sekunde später stürmte er aus dem Zimmer und ließ ein baffes Pärchen und besorgte Blicke zurück. Mit sich einfach rumpeldipumpel überschlagendem Herzen flog er großschrittig den Flur hinunter in den Auszug. Die Türen flogen wie ein Theatervorhang auseinander und es kam ein Keiyuu zum Vorschein, der einfach zu niedlich war. Mit rosigen Wangen und umeinander kreisenden Daumen, stand er lächelnd und behütet mit einer schicken neuen Kopfbedeckung in der Kabine und vergaß fast das Aussteigen. Kai konnte ihm nur verwundert nachschauen. Der Kleine schien in einer Liebesblase zu schweben. Der Vorhang schloss sich wieder und die Situation ließ nur ein schwaches Kai-Smiling zu. Aber dafür ein ernst gemeintes. Er freute sich für den anderen. Und musste gleichzeitig an den vergangen Abend mit Miyavi denken, der ihn in seiner Wohnung überrascht und ... vernascht hatte ... Er hatte sich so gut gefühlt. Es hatte sich so göttlich glückrauschend angefühlt, und sie hatten stundenlang geredet – und waren sich danach einig gewesen, sich nicht aufzugeben ... Es war wie in einem Traum gewesen. Doch war dies nun das böse Erwachen? Was um alles in Drei Königs Namen wollte jetzt diese Frau von ihm? Ihm ein schlechtes Gewissen einreden? Ihm sagen, wie schändlich er sich verhielt, wie unschicklich es war ihren Mann zu verführen und genau zu wissen, dass sie alles wusste? Erschreckend, wie lang eine Fahrstuhlfahrt sein konnte. Bing, und wieder glitten die Türen auf, und Kai schaute mit stockendem Atem in das Foyer mit der großen Glasfassade. Es wuselten Menschen wild umher, aber das geschäftige Treiben versperrte dem Drummer keineswegs den Blick auf den schönen Rücken der langhaarigen Frau, die ihn seit Monaten um sein Liebesglück brachte. Eine Sekunde länger, und er hätte einfach auf den Knopf mit den zwei aufeinanderzeigenden, eckigen Klammern gedrückt, und der Vorhang seiner Schmach hätte sich wieder geschlossen; das Drama wäre perfekt gewesen. Doch Kai würde die letzte Nacht nicht zu seinem retardierendem Moment werden lassen. Das war er seinem Glück und seinem Herzen schuldig. Dies hier würde kein Drama werden! Selbstsicher stieg er aus und folgte seinen Füßen, die ihn unaufhaltsam zu dieser Person brachten. Er hatte die Konfrontation mit ihr schon immer gescheut. Mit ihr zu Reden war sehr unangenehm für ihn. Wahrscheinlich beruhte dies auf Gegenseitigkeit. Kai räusperte sich. „Melody-san?“ Sofort drehte sich die junge Frau mit der braunen Handtasche nach ihm um und stand auf. „Kai-san“, hauchte sie ungläubig. Scheinbar hatte sie gedacht, der Drummer würde nicht kommen, da er ihr am Telefon nicht geantwortet hatte. Ängstlich funkelten beide einander an und schienen fast gleichzeitig zu schlucken. „Sie waren gestern bei meinem Ehemann ...“ Diese Wortwahl allein kam Kai vor wie eine Ohrfeige - aber scheinbar ungewollt - wie er an Melodys Mimik erkennen konnte. „Er hat mich besucht, ja“, antwortete er dann etwas selbstbewusster. Sie nickte. Warum nickte sie? Tief holte sie Luft. „Ich weiß ... dass mein Mann Sie liebt, Kai-san. Aber ich bin und bleibe seine Ehefrau, die Mutter seiner Tochter, und ich liebe ihn auch.“ Danke für diese knappe Zusammenfassung dessen, was diese Affäre in aller Gänze zu einer Sünde machte, für die man nur in der Hölle landen musste. Konnte denn Liebe Sünde sein? Warum kam ihm plötzlich dieser alberne Schlager in den Sinn? „Ich weiß aber auch“, fuhr Melody nach ein paar Momenten des weiteren Sammelns fort, „dass Sie meinen Mann genau so sehr lieben wie ich. Dass ich eigentlich ein Störenfried war, der in diese Liebe eindrang. Aber ich ... ich kann nicht ... Ich kann ihn nicht aufgeben, ebenso wenig wie Sie.“ Kai nickte. „Ich weiß, was Sie meinen. Auf eine seltsame Art und Weise haben wir das wohl gemeinsam.“ Sie stimmte ungesagt zu. „Kai-san ... weswegen ich eigentlich hier bin ...“ Der Bandleader von The GazettE merkte ihr an, dass sie die ganze Nacht über die Situation nachgedacht hatte. Sie hatte eine Entscheidung getroffen: „Ich werde Ihre Beziehung mit meinem Mann dulden.“ Sie blickte ihm eindringlich tief in die Augen. „Ich ... kann für ihn lediglich der Tag sein ...“, vorsichtig kam sie auf ihn zu und nahm seine zitternde Hand, „Aber nur Sie ... sind seine Nacht.“ Einen Moment blieb die Zeit wie eingefroren stehen, die Zeiger rührten sich nicht, Kais Atem setzte aus, sein Herz. In einer edlen Geste verbeugte sie sich tief vor ihm und legte ihre Stirn auf seinen Handrücken. Respekt, Vergebung, Anerkennung. „Bitte, bitte dulden Sie auch mich an seiner Seite ... Das ist alles, was ich mir wünsche.“ In diesen Sekunden konnte Kai mehr denn je verstehen, warum sie Miyavi so verzaubern konnte. Sie war der Inbegriff einer liebenden, ehrlichen, japanischen Frau. Ihr unsicherer Blick traf ihn, als sie sich wieder aufbewegte. Erst jetzt bemerkte er, dass auch ihre Hand furchtbar zitterte. Er legte seine Andere darauf, um sie zu wärmen, da sie auch sehr kalt war. Kalt vor Angst. Das war seine simple Antwort, untermalt mit einem wahren Kai-Lächeln. Eine leichte Röte schlich sich in ihr Gesicht, weil ihr gerade bewusst geworden war, dass sie das hier in aller Öffentlichkeit taten und einige der freien Mitarbeiterinnen schon schmachtend stehen geblieben waren, weil sie eine große Liebesgeschichte ebenso wie einen Skandal witterten. Zum Glück konnte niemand so richtig verstehen, worüber sie sprachen. Bis auf einen: Saga. Er saß mit seiner Sonnenbrille getarnt (seine Augenringe waren heute wieder aller erste Sahne) hinter der überlebensgroßen Yukka-Palme und durchblätterte seine Zeitung. Unfassbar, wie interessant die Nachrichten heute wieder waren ... „Wakashudo überall“, grinste er frech in sich hinein. „Wenn man nicht immer auf der Hut ist!“, stieß Uruha aus und Saga zuckte aus seiner coolen Haltung heraus zusammen. Feine blonde Haare wippten hinter dem Kranz einer weiteren Yukka-Palme hervor, dann erschien ein Arm, ein Bein und schließlich der ganze Körper des schlanken GazettE-Leadgitarristen. Kamikaze-Kaito-Uruha hatte es wieder geschafft, unentdeckt zu bleiben und dabei auch noch Informationen zu erhaschen. Mit Schwung schmiss er sich neben Saga auf die Wohnlandschaft und blieb lässig sitzen. Ganz ohne Tarnung setzte sich Aoi dazu und lächelte über seinen Liebhaber, der so breit grinste, dass er Kai fast Konkurrenz machte. Ihr Leader selbst stand noch immer Melody-san gegenüber, von der er sich gerade verabschiedete. Die junge Frau drehte sich um, nahm ihre Umgebung wahr und lächelte Aoi an, nickte ihm zu und verließ entlasteter als noch vor wenigen Wochen das PS-Company-Gebäude. Auch Kai sah erleichtert aus und näherte sich ihnen strahlend, das ließ seinen alten Freund ebenso froh der Zukunft entgegenblicken. Wie auf Zuruf läutete Kais Handy erneut und meldetet eine eingehende SMS an. Das kleine Wort auf dem Display verriet ihm auch gleich, dass diese Kurznachricht von Miyavi stammte. »War sie schon bei dir? Ich hab in Ruhe mit ihr geredet und ich hoffe, du bist einverstanden. Bin auf dem Weg zu dir. Ich liebe dich«, stand dort und Kai konnte sich nicht mehr einkriegen. Er war irgendwie erleichtert und irgendwie auch nicht. Aber daran wollte er jetzt nicht denken. Durch die Drehtür, durch die Melody hinausgetreten war, kamen nun ein telefonierender Reita und ein nebenhertrottender Ruki herein. „Du sollst doch nicht ... nein, nein, du gehst nicht mit dem Schraubenzieher an den Toaster! Warte, bis ich wieder da bin!“ Reita lauschte seinem Gesprächspartner und seufzte dann. „Ich bring einen neuen mit ... aber zieh erst den Stecker, bevor du das Armband rausholst ... Ja, ich hab dich auch lieb.“ Ein süßes Lächeln trat auf seine schmalen Lippen. „Ja ... ich freu mich auf dich! Bis heute Abend!“ Er legte auf und schob sein Handy in die rechte Gesäßtasche. „Morgen, alle zusammen! Gibt es nen Grund, warum alle hier unten sind und nicht oben?“ „Reiner Zufall.“ Saga lächelte und faltete seine Zeitung zusammen, bevor er sein Handy zückte, kurz darauf herumtippte und es dann wieder wegsteckte. „Tora ist gleich hier“, sagte er zu Uruha, der überrascht nach Luft schnappte. „Meinst du nicht, ihr solltet ein kleines Coming-Out veranstalten?“ „Du!“ Der Gazetto kniff die Augen zusammen. „Du wagst es nicht ...!“ „Ich nicht“, erklärte der alice nine.-Bassist und verkniff sich sichtlich das Lachen. „Er hat es schon gewagt!“ Mit ausgestrecktem Zeigefinger deutete er auf Takeru, der beladen mit einem Donutpäckchen Chiyu hinterher dackelte. „Wovon redet ihr denn schon wieder?“, meldete sich endlich Ruki zu Wort und sah sich verwirrt um. „Was hab ich schon wieder nicht mitbekommen?“ Keiyuu sprang aus dem Fahrstuhl, machte Takeru und Chiyu Platz und kam grinsend auf die Wohnlandschaft zu. Die Empfangsdamen beobachteten verwirrt das Treiben der Musiker, die sich gerade im Foyer versammelten. „Guten Morgen!“, strahlte er und gab Uruha und auch Saga ein Küsschen. „Ich – nein, wir danken euch für eure Hilfe!“ „Immer wieder gern. Ach ja!“ Uruha griff in seine braune Umhängetasche und holte ein kleines Kästchen hervor, das er dann dem Kra-Sänger übergab. „Ich habe es extra unter Verschluss gehalten. Und ich denke, gleich hat sich das mit der Geheimhaltung eh erledigt.“ „Danke“, grinste der Sänger und drückte das Kästchen an sich. „Wo ist dein Schatz?“, fragte Saga und ignorierte wie alle anderen Rukis Proteste. „Oh, er kommt gleich, muss sich kurz abmelden.“ In diesem Moment trat Tora aus dem Fahrstuhl, weil er sein Auto immer in der Tiefgarage parkte. „Yo, Leute! Was gibt’s, Saga, dass ich mich so beeilen sollte?“ „Wenn du die beiden Gazetto-Gitarristen anguckst, was denkst du dann?“, holte Saga aus und verschränkte die Arme vor der Brust, als wisse er alles und niemand könnte ihm etwas anhaben. Kai und Reita sahen sich an, nickten. Ruki war verwirrt. Keiyuu strahlte. „Was? Aoi und Uruha? Das weiß ich doch schon seit drei Tagen!“, schmollte Tora und seufzte tief. „Und ich dachte, du hättest was Neues für mich!“ „Woher?“, fragten Aoi und Uruha geschockt im Sprechchor. „Und was denn?“ Anscheinend war es einfach nicht Rukis Tag ... Von allen unbemerkt war Jemand auf die Truppe zugekommen und hielt nun Ruki sein Handy vor die Augen, wo der Sänger auf den ersten Blick nur den Twitter-Seitenaufbau erkannte, dann holte er seine Brille hervor und las den Eintrag des Users T-chan, der gegen die Mittagszeit vor drei Tagen verfasst worden war: A und U von G sind zusammen. Ich freue mich für sie! „Ihr seid zusammen?“ Ruki rutschte die Lesebrille von der Nase, als er den Kopf hob, um Aoi und Uruha zu fixieren. „Und ihr habt es gewusst?“, richtete er nun seine Frage an Kai und Reita. „Warum habt ihr mir nichts gesagt?“ „Ähm ... es sollte ... noch geheim bleiben, eigentlich ...“ Aoi linste zum anderen Bassisten hinüber und legte seinen Arm wie zufällig hinter Uruha auf die Couchrückenlehne. „Seid Takeru nicht böse.“ Saga kicherte. „Er hat sich so sehr darauf gefreut. Und er hat euch ne ganze Menge Arbeit abgenommen. Fast die ganze PSC weiß es.“ Das Handy verschwand aus Rukis Sichtfeld, Schritte näherten sich dem Kra-Sänger, der lächelte und nach der Hand des dritten Sängers griff. Kai, Reita, Ruki, Tora und auch Aoi beobachteten diese Handlung mit Erstaunen. Isshi lächelte und hob die freie Hand zum allgemeinen Gruß. Und sofort ging das Gebrabbel los. Wieso, woher, seit wann und überhaupt wie? Ruki konnte nur sehr schwer damit leben, dass er mal wieder der Letzte war, der eine Neuigkeit erfahren hatte. Nach ganzen zehn Minuten zogen sich seine Schmolllippen zurück und er begann zu grinsen: „Aber das mit Reita und seiner Schnitte wusste ich zuerst!“ Der Leadgitarrist seufzte tief und berührte Aois Oberschenkel, der gleich darauf seine Hand auf Uruhas Schulter legte. Der fuchsblonde Gitarrist sah seinen Freund an, betrachtete sein Gesicht, als hätte er ihn noch nie zuvor gesehen. Jedes Mal sah er neue Dinge an ihm, neue Dinge, in die er sich verlieben konnte. Aois Augen leuchteten, seine Atmung beschleunigte, seine Mundwinkel zuckten. Der Ältere kicherte kurz, beugte sich zu Uruhas Ohr und flüsterte: „Ob wir einen neuen Platz für unsere sündigen Aktivitäten finden?“ Uruha lachte. Er war dem Schicksal unglaublich dankbar! ~~~~~ Jeder kleine Spießer macht das Leben mir zur Qual, denn er spricht nur immer von Moral. Und was er auch denkt und tut, man merkt ihm leider an, dass er niemand glücklich sehen kann. Sagt er dann: Zu meiner Zeit gab es so was nicht! Frag' ich voll Bescheidenheit mit lächelndem Gesicht: Kann denn Liebe Sünde sein? Darf es niemand wissen, wenn man sich küsst, wenn man einmal alles vergisst, vor Glück? Kann das wirklich Sünde sein, wenn man immerzu an einen nur denkt, wenn man einmal alles ihm schenkt, vor Glück? Bruno Balz Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)