Der Zweck heiligt die Mittel von Silberschwinge (HP/DM) ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Hallo, ihr Lieben! Hier folgt ein neues Kapitel und die Hälfte der Story wäre geschafft! =) Viel Spaß mit dem nächsten Kapitel! =) ======================================================= Kapitel 4 Kräuterkunde stand auf dem Plan, als die beiden am nächsten Morgen zur Schule flohten. Da sie schon ein wenig spät dran waren, eilten sie durch die Gänge zu ihrem Klassenraum, obwohl es schon ein wenig merkwürdig war, nicht in ein Gewächshaus gehen zu müssen. Knapp vor dem Stundenklingeln schlüpften sie in das Klassenzimmer und setzten sich auf ihre Plätze. Unmittelbar nach ihnen betrat eine dunkelhäutige Frau den Raum, die ihre langen schwarzen Haare zu dünnen Zöpfen geflochten hatte. Sie war etwas fülliger, aber dennoch weit davon entfernt, dick zu sein. Ihr breites, freundliches Lächeln ließ sie von Beginn an sehr sympathisch wirken. „Guten Morgen.“, begrüßte sie die Schüler. „Oh, wie ich sehe, haben wir zwei Neue. Hallo.“ Sie nickte den beiden ehemaligen Gryffindors zu. „Ich bin Mandra Ivy und unterrichte euch in Kräuterkunde.“ „Das wäre ihnen bestimmt nicht aufgefallen, wenn Sie es nicht gesagt hatten.“, höhnte Lash und verdrehte die Augen. „Mister Batter...“ Sie warf ihm einen vielsagenden und durchdringenden Blick zu. „Sie müssen nicht gleich von sich auf andere schließen.“ Leises Gelächter ertönte, was Lash ziemlich wütend machte. „Schon gut, jetzt beruhigt euch wieder.“, lächelte sie und lachte leise. „Wir werden uns jetzt mit den Pflanzen beschäftigen. Ich nehme an, ihr beide hattet schon einmal Kräuterkunde? So weit ich weiß, ist das auch auf Hogwarts Pflicht.“ Harry sah Hermine fleißig nicken. „Seit der ersten Klasse ist es dort Pflicht.“ Ivy brummte zustimmend. „Das ist gut. Wie ich Pomona kenne, hat sie alle wichtigen Pflanzen durchgenommen. In diesem Punkt ist sie sehr gewissenhaft.“ „Kennen Sie sie?“, fragte Harry erstaunt. „Natürlich!“ Ivy blickte ihn so irritiert an, als wäre diese Frage völlig überflüssig gewesen, weil die Antwort offensichtlich war. „Wir waren auf einer Schule, wenn auch nicht im selben Jahrgang. Aber ihr Interesse für Pflanzen war allgemein bekannt.“, erklärte sie freundlich. Doch dann ging sie ohne weitere Verzögerungen zum Unterricht über. „Unser heutiges Thema ist Eisenhut. Da es zu den giftigsten Pflanzen gehört, steht es erst sehr spät auf dem Unterrichtsplan.“ Aus ihrer Tasche holte sie eine magisch geschrumpfte Topfpflanze und stellte diese auf ihr Pult, wo sie mit einem kurzen Schlenker des Zauberstabs wieder auf ihre ursprüngliche Größe wuchs. Die Pflanze war etwa ein Meter zwanzig hoch und besaß helmartige Blüten. „Diese Pflanze darf nur mit geschützten Händen berührt werden!“, ermahnte Ivy. Obwohl sie nicht in einem Gewächshaus waren, war dies eine der interessantesten Unterrichtsstunden in Kräuterkunde, die sie je gehabt haben. Mandra Ivy war eine tolle Lehrerin, sie sich darin verstand, den Unterricht mit Witzen und beeindruckenden Fakten aufzupeppen, sodass man gerne zuhörte. Außerdem war sie in den richtigen Momenten durchgreifend und unnachgiebig. Als es zum Stundenende läutete, war Harry dennoch froh. Es war ziemlich anstrengend gewesen, sich an diese Unterrichtsumstellung zu gewöhnen. Statt wie in Hogwarts jedem eine Pflanze zum Arbeiten zur Verfügung zu stellen, mussten sie sich mit dieser einen begnügen. Sie hatten sie abzeichnen und alle für Zaubertränke oder Heiltinkturen wichtigen Teile markieren müssen. Da Harrys Zeichenkünste allerdings alles andere als ausgreift waren, hatte er ganz schön daran arbeiten müssen, bis es sowohl ihm als auch Ivy gefallen hatte. Hermine packte ihre Unterlagen in die Tasche und holte ihre Hausaufgaben für Alte Runen heraus. Harry tat es ihr nach. Er hatte gestern Abend noch eine Weile an der Verbesserung seiner Übersetzung gearbeitet und war nun gespannt, wie gut sie ihm gelungen war. Er selbst war nicht sonderlich zufrieden, auch wenn er es nicht besser hinbekommen hatte. Es klang alles viel zu holprig und unbeholfen. Pünktlich zum nächsten Unterrichtsbeginn glitt Indicia Tiwaz in den Raum. Die Elfe tänzelte nach vorn und ging fast sofort zu den Hausaufgaben über. Sie verlangte von jedem, seine Version der Übersetzung vorzutragen, und sprach dann mit den Schülern über die gravierendsten Fehler. Als Harry seine vorlas, erntete er Gelächter von Lash, Zany und Noir, was aber augenblicklich von Tiwaz unterbunden wurde. „Für Eure erste Übersetzung ist sie erstaunlich gut geworden. Hat Hermine Granger Euch geholfen?“ „Ich habe am Ende einmal drüber gesehen und Verbesserungen vorgeschlagen. Aber das meiste hat er allein gemacht.“, antwortete Hermine für ihn. Die Elfe nickte anerkennend. „Sehr gut gemacht, Harry Potter. Macht weiter so. Ihr habt Talent.“ Verlegen nahm Harry das Lob hin und rollte seine Hausaufgaben wieder zusammen. Er hätte nie gedacht, dass er ausgerechnet in diesem Fach talentiert sein sollte, wo seine anderen Talente doch eher in der Praxis lagen wie Duellieren oder Fliegen. Nicht einmal ein so langweiliges Fach wie Geschichte der Zauberei – auch wenn der Lehrer aufgrund seiner Tollpatschigkeit recht witzig war – konnte ihm seine gute Laune verderben. Danach mussten sie den Klassenraum für Zauberkunst verlassen, was in einem anderen Raum unterrichtet wurde. Debonair hängte sich an Harry und Hermine, während Lash ihnen mit Beleidigungen auf den Lippen hinterher trabte und keinen Augenblick verstreichen ließ, ohne etwas Höhnisches zu sagen, die von Hermine geflissentlich ignoriert wurden. Doch Harrys Wolf beherrschte das Weghören noch nicht, wobei sich Harry nicht einmal sicher war, ob er es jemals lernen würde, und war zutiefst verärgert über den vorlauten Vampir. Als es ihm endlich zu viel wurde, wandte er sich ruckartig zu Batter um und knurrte aus den tiefsten Tiefen seiner Kehle. Seine Nackenhaare sträubten sich, während seine Sinne auf einen Schlag schärfer wurden. Außerdem hätte er schwören können, dass sich seine Eckzähne zuspitzten und ein wenig verlängerten. Debonair erfasste die Situation als Erster und stellte sich zwischen die beiden, was ziemlich riskant war, da sich inzwischen auch Lash zum Kampf bereit gemacht hatte und seine Fangzähne gefletscht hatte. „Hey Jungs! Jetzt haltet mal die Luft an! Das hier ist keine Kampfarena, kapiert?!“ Er starrte erst einen, dann den anderen entschlossen an, nicht bereit, auch nur einen Zentimeter zur Seite zu weichen, was in Anbetracht der Lage ziemlich gefährlich war. Sich zwischen einen wütenden Werwolf kurz vor Vollmond und einen aggressiven Vampir zu stellen, die bereit waren, aufeinander loszugehen, war nicht nur extrem leichtsinnig, sondern konnte sogar tödlich enden. Zum Glück erschien Professor Philter in dem Moment und stieß beide Kontrahenten mit einem dominanten Knurren auseinander. „Schluss jetzt, ihr zwei!“, bellte sie, was trotz ihrer nur ein Meter dreiundsechig Wirkung zeigte. Ihre blau-grünen Augen funkelten sie grimmig an. „Batter! Verschwinde! Sofort!“ Nur widerwillig folgte der Vampir dem Befehl der Professorin und schlich langsam davon, wobei er Harry allerdings keinen Moment aus den Augen ließ. Harry folgte ihm mit seinem Blick und richtete seine Aufmerksamkeit erst an Philter, als Lash um die nächste Ecke bog und somit aus seinem Sichtfeld verschwand. Erst dann beruhigte sich sein Wolf und ließ zu, dass er sich an Philter wandte. Die junge Frau blickte ihn durchdringend an und machte ihm somit deutlich, dass er trotz aller innerer Stärke im Rang unter ihr stand. Er senkte den Kopf, um ihre Überlegenheit anzuerkennen. „Mister Potter, ich nehme nicht an, dass Sie diesen Streit begonnen haben. Ich kenne Mister Batter und so kurz vor Vollmond ist es kein Wunder, dass Sie Ihren Wolf nicht unter Kontrolle halten konnten. Aus diesem Grund werde ich Sie nicht bestrafen.“, gab sie bekannt und lächelte ihn beruhigend an. „Er vergreift sich gerne an selbst ausgesuchten Zielen und verbeißt sich dann darin wie ein Kampfhund.“ Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Machen Sie sich keine Sorgen. Kommen Sie, ich begleite Sie noch zu Ihrem nächsten Unterricht.“ Sanft aber bestimmt drehte sie ihn herum und lief mit ihm, Hermine und Debonair zum Zauberkunst-Raum. Bevor die Schüler ihn aber betreten konnten, wandte sich die Frau noch einmal an Debonair. „Es war sehr mutig von Ihnen, sich den beiden in den Weg zu stellen. - Aber auch sehr töricht. Machen Sie das bitte nicht noch einmal. Ich möchte Ihre Überreste nicht von der Wand kratzen müssen.“, ermahnte sie Just und verließ sie. Zum Glück hatte der Unterricht noch nicht wieder begonnen, sodass sie noch pünktlich den Raum betraten. Ihre Lehrerin saß dennoch schon an ihrem Schreibtisch. Es war eine ältere Frau mit kurzen, hellbraunen Haaren. Sie hatte ein freundliches Gesicht, aber man konnte sehen, dass sie trotzdem sehr streng sein konnte. In diesem Raum versammelten sich ein paar Schüler aus Harrys Klasse, sowie ein paar andere, die er nicht kannte. Debonair erklärte ihm, dass hier alle Schüler aus der sechsten und siebenten Klasse saßen, die Zauberkunst gewählt hatten. Zwei Mädchen fielen ihm sofort auf, die sich wie ein Ei dem anderen glichen. Sie hatten kurze, wirre Haare, die ihnen in goldblonden Strähnen vom Kopf abstanden, und schokobraune Augen, die die beiden ehemaligen Hogwarts-Schüler neugierig anblickten. Kaum hatten sie Harry prüfend gemustert, tauschten sie kurze Blicke und kicherten verlegen drauf los. Aus diesem Grund suchte sich der junge Werwolf einen Platz möglichst weit weg sowohl von den Zwillingen als auch von Lash, was gar nicht so einfach war. Schließlich setzte er sich an den Tisch ganz vorne rechts. Hermine schnappte sich den Platz hinter ihm, Debonair den Tisch neben ihm. Leider saßen die Zwillinge schräg hinter ihm und er konnte ihre penetranten Blicke in seinem Rücken spüren. Als es endlich zum Unterrichtsbeginn läutete, erhob sich die Frau von ihrem Pult und musterte ihre Klasse prüfend. „Ich begrüße Sie zum diesjährigen Zauberkunst-Kurs. Wie ich sehe, haben wir zwei neue Gesichter.“ Sie nickte den beiden Ex-Gryffindors lächelnd zu, doch es lag kaum Wärme in dieser Geste. Unmittelbar danach begann sie einen Zauber zu erklären. Harry war erstaunt, dass es einer war, den er bereits bei Flitwick gelernt hatte. So klappte der Zauber sofort, was ihm ein kleines Lob von Professor Craft einbrachte. Doch die Frau schien ihn nicht sonderlich zu mögen. Da er den Zauber beherrschte, gab sie ihm eine weitere Aufgabe, die ein wenig schwieriger war, da er diese noch nicht hatte üben können. Selbst mit Hermines Hilfe brauchte er den Rest der Stunde, um diesen Zauber zu beherrschen, was ihn ein wenig frustrierte. Zusätzlich zu seiner Frustration gab die Frau ihnen noch eine gigantische Hausaufgabe auf, für die er mit Sicherheit zwei Stunden brauchen würde. Mit schlechter Laune packte er seine Sachen zusammen und stampfte aus dem Raum. Hermine und Debonair folgten ihm stirnrunzelnd. Sie wussten, dass sie jetzt nichts Falsches sagen durften, denn sonst ging bestimmt der Werwolf an die Decke, der aufgrund der Begegnung mit Lash eh schon aufgeputscht war. In der Vorhalle grinste Debonair ihn friedlich an. „Ich würde mir ja wünschen, dass du morgen besser gelaunt bist, aber da das der Tag vor dem ersten Vollmond ist, vergesse ich das lieber gleich wieder.“ Er zuckte mit den Schultern und lächelte verlegen. „Wird das so schlimm werden morgen?“, wollte Harry vorsichtig wissen, während er versuchte, seinen inneren Wolf wieder in die rechte Bahn zu stopfen. Doch das Biest hatte sich so aufgeplustert, dass er nicht mehr richtig passen wollte. Irgendwo quoll immer etwas über, sodass er immer kurz vor einem Ausbruch stand. „Glaub mir: Niemand kann dir einen Vorwurf machen. Alle Werwölfe sind um diese Zeit immer äußerst reizbar.“, beruhigte er ihn, legte ihm kurz eine Hand auf den Arm und verabschiedete sich, bevor er durch einen der Kamine verschwand. Hermine grinste und schüttelte den Kopf. „Dieser Typ ist merkwürdig.“ „Stimmt.“, nickte Harry. „Aber ich bin ziemlich sicher, dass er guter Kerl ist.“ „Und er hat dich unübersehbar gern.“, meinte sie, bevor sie eine handvoll Flohpulver in die Hand nahm und es in die Flammen warf, das sich daraufhin sofort grün verfärbte. Kurz danach verschwand sie nach Malfoy Manor. Harry folgte ihr nur Sekunden später. _______________________________________________________ Zuhause wartete bereits ein Brief auf ihn. Draco hatte ihm wieder ein paar Zeilen geschrieben, um ihn über die neuesten Geschehnisse in Hogwarts auf dem Laufenden zu halten. Die Kopie schien sich an ein paar Dinge zu erinnern, die Harry vor ein paar Jahren geschehen sind, was den Slytherin ein wenig verwirrte, wie er aus den Worten heraushören konnte. Außerdem waren wieder ein paar lieb gemeinte Worte zwischen den Zeilen verteilt. Lächelnd schrieb Harry eine kurze, unauffällige Antwort und berichtete kurz von seinem Unterricht, bevor er sich an seine Hausaufgaben setzte. Der Aufsatz für Zauberkunst war zeitaufwendig und anstrengend und da der nahende Vollmond ihn unruhig machte, sodass er auf seinem Stuhl herumrutschte, zog sich das ganze noch einmal unnötig in die Länge. „Alles in Ordnung?“ Hermine hatte den Raum betreten und musterte ihren Freund besorgt. Seine Unruhe war ihr nicht entgangen. Harry grummelte. „Ich weiß nicht. Ich glaube, es liegt am Vollmond. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich so ruhig sitzen muss. Ich würde viel lieber raus gehen.“, quengelte er und schob unwirsch seine Hausaufgaben zurück. Er warf einen sehnsüchtigen Blick nach draußen, wo leider der Himmel von tiefhängenden grauen Wolken bedeckt war, aus denen gerade kleine Tropfen fielen und leise an die Scheiben prasselten. Hermine hob eine Augenbraue. „Du weißt schon, dass es regnet, oder?“ Schulterzuckend wandte Harry sich ihr zu. „Ich bin ein Werwolf. Da spielt es keine Rolle, ob es regnet, gewittert oder schneit.“, meinte er. „Ich hoffe nur, dass es am Wochenende halbwegs schönes Wetter sein wird. Mir wäre nicht wohl, dich bei strömendem Regen draußen rumlaufen zu lassen.“ Harry lachte. „Das wirst du nicht verhindern können. Es kann nicht in allen Vollmondnächten sternklarer Himmel sein.“ Er hatte keine Probleme damit, auch bei schlechtem Wetter draußen herumzulaufen. Immerhin würde er ein dichtes Fell tragen und unter den belaubten Baumkronen würde der Regen nur sehr schwach sein. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass es seinem Wolf vollkommen piepegal war, wie das Wetter sein würde. _______________________________________________________ Als Harry am nächsten Morgen die Augen aufschlug, spürte er seinen Wolf unter der Oberfläche. Das Tier war unruhig wie ein Tiger im Käfig, der nur darauf wartete, dass endlich die Käfigtür geöffnet werden würde. Und heute Abend würde es passieren. Heute Abend würde der Tiger aus dem Käfig gelassen werden. Seine Sinne bereiteten sich auf die kommende Verwandlung vor, indem sie an Schärfe gewannen. Er hörte, wie Remus sich nebenan in einem Bett umdrehte und leise knurrte. Hermine auf der anderen Seite war bereits dabei, ihre Tasche zu packen. Er hörte das Pergament rascheln. Als er die Decke zurückschlug und sich aus dem Bett rollte, machte ihn das Geräusch von Haut über Stoff ein wenig nervös. Und das Wasser der Dusche fühlte sich merkwürdig auf seinem nackten Körper an. Zudem ertappte er sich dabei, wie er immer wieder einen Blick aus dem Fenster warf, als wollte er kontrollieren, ob der Mond noch immer nicht aufgegangen war. Sein Wolf war ungeduldig. Beim Frühstück griffen Harry und Remus ausschließlich nach den Würsten und der Salami. „Wie fühlst du dich, Welpe?“, erkundigte sich der Ältere und warf ihm einen besorgten Blick zu. „Ziemlich unruhig. Es fällt mir ziemlich schwer, überhaupt still zu sitzen. Außerdem ertrage ich es nicht, drinnen zu sein. Ich brauch Bewegung!“, meinte er und schob sich noch ein Stück Fleisch in den Mund, bevor er aufsprang und in dem Speisesaal auf und ab wanderte, während er sich mit einer Hand durch die Haare fuhr. Narzissa und Hermine tauschten kurze Blicke, während Remus aufstand und seinem Welpen folgte. „Versuche, dich noch für ein paar Stunden zu beruhigen. Zum Glück hast du heute nicht so lange Unterricht und als letztes hast du Magische Kampfkünste. Da kann sich dein Wolf so richtig austoben.“ Harry nickte und atmete einmal tief durch, bevor er sich wieder an den Tisch setzte und die letzten Reste auf seinem Teller vernichtete. Dann schnappte er sich noch eine dicke Salamischeibe, die er ratz-fatz verputzt hatte. „Komm, Mine! Wir müssen los!“, meinte er mit noch halbvollem Mund. Er stand auf, schnappte sich seine Tasche und forderte seine Freundin stumm auf, sich zu beeilen. Gespielt genervt warf sie anderen einen vielsagenden Blick zu, bevor auch sie sich erhob und ihrem Freund folgte. Sie wollte ihn nicht unnötig beunruhigen an diesem Tag. Die beiden verabschiedeten sich knapp und flohten zur Schule, obwohl Harry nicht sonderlich scharf auf eine weitere Stunde mit diesem Stern war. Dieser Typ war einfach unausstehlich. Zu seinem Glück schien Professor Stern zu wissen, dass er auf die Werwölfe in der Klasse Rücksicht nehmen musste. Er war zwar deswegen nicht freundlicher, aber er sparte sich die Beleidigungen und ging ihnen größtenteils aus dem Weg, worüber Harry mehr als nur froh war. Sein Wolf war schon aggressiv geworden, als er Stern nur gesehen hatte. Der Lehrer verlangte von ihnen eine Verwandlung, die Harry bereits in dem Buch gefunden hatte. So schaffte er sie relativ schnell und wurde für den Rest der Stunde in Ruhe gelassen. Auch in Dunkle Künste war Professor Sullen so freundlich, ihn, Timorous und Prudence möglichst nicht zu verärgern. Sogar Lash war so intelligent, seine Klappe zu halten, nachdem Harry ihm einen vernichtenden Blick und ein aggressives Knurren entgegen geschleudert hatte. Umso mehr freute Harry sich auf seine erste Stunde Magische Kampfkünste. Dafür gingen Hermine und er hinunter in einen großen, zu einer Sporthalle umgebauten Saal. Debonair begleitete sie dorthin, doch er selbst hatte dieses Fach nicht gewählt, da er nach eigener Aussage zwei linke Hände hatte und niemanden verletzen wollte. Er umarmte den Werwolf kurz und klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Ich hoffe, das Wochenende wird nicht zu schlimm für dich. Wenn ich darf, kann ich dich ja tagsüber besuchen kommen.“ Harry lächelte dankbar. „Mal sehen, wie ich mich fühle zwischen den Nächten.“ „Ich warte auf deine Nachricht.“ Der Junge grinste schief, verabschiedete sich von Hermine und kehrte um. Danach betraten Harry und seine Freundin endgültig den Saal und blickten sich erstaunt um. An den Wänden hingen verschiedene Waffen – von Schwertern, über Dolchen zu Bögen – und am anderen Ende war ein bühnenartiger Bereich. Harry war sich ziemlich sicher, dass dort die Duelle ausgetragen wurden. Außerdem standen noch ein paar Ziele an den Wänden, die für das Bogenschießen gedacht waren. Er musste zugeben, dass er beeindruckt war. Abgesehen von ihm und Hermine waren noch Prudence, Chary und Noir anwesend. Alle waren in seiner Klasse. Offensichtlich bestand dieser Kurs nur aus Siebtklässlern, denn es dauerte nicht lange, bis ihr Lehrer zu ihnen trat. Er war kräftig gebaut mit kurz geschorenen braunen Haaren. Er betrachtete seine Schüler kurz, bevor er einmal in die Hände klatschte und damit ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. „Also, meine Damen! Da wir zwei Neue haben, werdet ihr“, er blickte Prudence, Chary und Noir an, „euch je einen Bogen schnappen und versuchen, euch möglichst nicht gegenseitig abzuschießen, während ich mir die beiden Grazien vorknöpfe.“ Die drei Schüler schnappten sich ihre Bögen, zauberten ein paar Pfeile zu sich und brachten sich in Position. Harry wollte ihnen eigentlich einen kurzen Augenblick lang zusehen, doch ihr Lehrer zog sie unnachgiebig auf die andere Seite der Halle. „Daedal Stout, mein Name. Und ich werde jetzt prüfen, ob ihr überhaupt hierfür geeignet seid.“ Plötzlich hatte er ein Schwert in der Hand und hielt es mit dem Griff voran zu Hermine. Sie nahm es zögerlich an und blickte erstaunt, als es schwerer war, als sie gedacht hatte. „Schwinge es einmal!“, forderte Stout auf und beobachtete mit Argusaugen, wie Hermine etwas unbeholfen die Klinge führte. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Okay, das ist nichts für dich.“ Er forderte die Waffe zurück und übergab sie an Harry, der es in eleganten Bögen durch die Luft zog. „Sehr gut. Du bist auf jeden Fall besser für das Schwert geeignet. Hattest du schon mal eins in der Hand?“ Harry nickte und gab die Waffe an Stout zurück. „Einmal, ja. Aber das ist schon eine Weile her.“ Jahre, dachte er und schauderte, als er sich an den Basilisken erinnerte. „Mit ein wenig Übung wirst du ein ganz passabler Schwertkämpfer.“, meinte Stout und ließ die Klinge wieder verschwinden. Anschließend gab er ihnen je einen Dolch in die Hand, doch keiner von beiden hatte für diese Art Waffen ein erwähnenswertes Talent. In Harrys Hand fühlte sich der zweischneidige Dolch an wie ein Küchenmesser und bei Hermine war es nicht anders. Doch sie schien für den Bogen geboren worden zu sein. Der erste Schuss traf spontan die vorgesehene Scheibe. Verdutzt ließ sie ihn sinken und starrte den Pfeil an, der zitternd in dem Ziel steckte. „Wow...“ Harry starrte seine Freundin beeindruckt an. Stout nickte anerkennend. „Da haben wir das Passende für dich. Gut gemacht!“ Er deutete Harry, dass er sich ebenfalls einen Bogen nehmen sollte, doch dessen erster Schuss ging sprichwörtlich nach hinten los, sodass er diese Waffe lieber schnell wieder weglegte. „Gute Idee!“ Stout nickte ihm zu. „Prudence? Nimmst du dich bitte deiner neuen Mitschülerin an?“ Er wartete kaum das Nicken der Werwölfin ab, bevor er sich wieder an Harry wandte. „Du kommst mit. - Chérie!“ „Chary!“, verbesserte das schüchterne Mädchen und legte den Bogen weg. Stout winkte ab. „Wie auch immer.“, grinste er und schob die beiden wieder in den hinteren Teil der Halle. Chary nahm sich sofort eines der Schwerter mit relativ kurzer Klinge. Stout hingegen musterte prüfend die Waffen, die noch verfügbar waren, und nahm schließlich eines aus der Halterung. Er wog es kurz in der Hand, bevor er es kopfschüttelnd zurücklegte und ein anderes zur Hand nahm. Damit war er zufrieden und er drückte es Harry in die Hand. „Versuch's mal damit.“ Als er mit Harrys Handhabung zufrieden war, wies er Chary an, dem Werwolf einige verschiedene Stellungen zu zeigen. Harry hätte dem schüchternen Mädchen, von dem er bisher keine zehn Worte gehört hatte, nicht zugetraut, dass sie den Schwertkampf beherrschte. Doch während sie ihm zeigte, wie man richtig stand und die Klinge hielt, war von der Unsicherheit nichts mehr zu spüren. Stout sah sich das ganze ein paar Minuten lang an, bevor er wieder zu den Bogenschützen zurückkehrte. Prudence stand hinter Hermine und beobachtete ihre Haltung, während diese den Bogen spannte, zielte und die Sehne losließ. Wieder traf sie das Ziel. „Gut gemacht! Aber du solltest den Ellenbogen ein wenig höher halten und die Hand am Mund stützten.“, riet sie ihr ungeduldig, was ihr aber im selben Moment schon wieder leidtat. „Tut mir leid. Der Vollmond...“ „Ich weiß schon.“ Hermine lächelte nachsichtig. „Harry ist schlimmer, glaub mir.“ Sie spannte den Bogen erneut und versuchte die Tipps umzusetzen, die Prudence ihr gegeben hatte. Stout beobachtete das ganze ein paar Minuten lang. „Sehr gut! Versucht nun etwas Schwierigeres!“ Dann beobachtete er Noir, die das zu spüren schien. Kaum, dass sie seinen Blick auf sich spürte, spannte sie den nächsten Pfeil, schoss und steckte ihn im Flug in Flammen. Doch statt das Ziel zu treffen, schlug er vorher noch ein paar Haken und tauchte dann zitternd direkt in den kleinen schwarzen Kreis. Überheblich lächelnd straffte Noir die Schultern und warf ihre schwarzen Zöpfe nach hinten. „Gut gemacht!“ Stout blickte sie leicht lächelnd an. Hermine verdrehte die Augen. „Sie kann manchmal ganz schon zickig sein.“, knurrte Prudence und warf der schwarzhaarigen Halbveela einen bösen Blick zu. „Beachte sie gar nicht.“ _______________________________________________________ Nach dieser Stunde warf Harry ein wenig erschöpft. Es war doch anstrengender gewesen als gedacht, eineinhalb Stunden lang ein Schwert in der Hand halten zu müssen und damit verschiedene Haltungen einzunehmen. Ein Arm war lahm und seine Hand zitterte ein wenig, doch sowohl Chary als auch Stout waren zufrieden mit seiner ersten Stunde. Und Hermine kam aus dem Grinsen gar nicht raus, so stolz war sie auf sich. Zufrieden machten sie sich auf den Weg nach Hause. Sogar Harrys Wolf war ruhig, obwohl er noch immer hin und wieder aus dem Fenster blickte, um nach dem Mond Ausschau zu halten. In Malfoy Manor wurden sie von Remus und Fenrir empfangen, was dafür sorgte, dass Hermine schleunigst das Weite suchte. Sie fühlte sich in der Nähe des Werwolfs überhaupt nicht wohl, was unter anderem daran lag, dass dieser Mann sie jedes Mal ansah, als würde er sie auffressen wollen – im negativen Sinn! Allerdings umarmte sie ihren Freund vor ihrer Flucht noch und flüsterte ihm zu: „Ich komme dich vor Mondaufgang noch einmal besuchen.“ Harry blickte ihr lächelnd nach und wandte sich dann an Remus. „Was machen wir nun?“ „Wir gehen ein paar Dinge durch. Also sollten wir uns setzen.“ Sein Leitwolf ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder, während Fenrir hinter dem Sessel stehenblieb und die Arme vor der Brust verschränkte. „Wir werden etwa eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit das Haus verlassen und in das Wäldchen gehen. Dort warten wir.“, berichtete der hünenhafte Werwolf. „Severus hat bereits den Wolfsbanntrank vorbeigebracht. Ich werde nachher noch meine Portion nehmen, damit ich dich richtig im Auge behalten kann.“ Remus legte seinem Welpen beruhigend eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn sanft an. „Wie fühlst du dich?“ „Durch das Schwertkampftraining bin ich ein wenig erschöpft, aber ich bin trotzdem ein wenig aufgeregt.“, gab Harry zu und lehnte sich zurück, da ein Hauself in diesem Moment erschien und jedem eine Tasse Tee servierte. Der Schwarzhaarige umschloss die Tasse mit beiden Händen, als müsste er sich daran wärmen, blieb ein paar Mal drüber und nahm dann einen vorsichtigen Schluck, nur um zu merken, dass es doch noch zu heiß zum Trinken war. „Verständlich. Aber du musst dir keine Sorgen machen.“ Fenrir ließ seine Tasse unangetastet, sondern verlangte von dem kleines Wesen nur einen kleinen fleischhaltigen Imbiss. „Du solltest auch noch etwas zu dir nehmen! Die Nacht wird sehr kräfteraubend. Und hast drei davon vor dir.“, empfahl er und wies den kleinen Elfen an, auch für Remus und Harry etwas zu bringen, was keine fünf Minuten später auf dem Tisch stand. Obwohl Harry keine zwei Stunden vorher eine Mittagspause gehabt hatte und dort auch ordentlich zugeschlagen hatte, langte er auch hier wieder kräftig zu. „Wenn das so weiter geht, sehe ich irgendwann aus wie ein Ballon...“, grummelte er. Remus gluckste. „Glaub mir, das wird nicht passieren. Dafür bist du viel zu aktiv.“ „Außerdem brauchen Werwölfe von Natur aus mehr Nahrung, weil ihre Körper einfach mehr verbrennen.“, ergänzte Fenrir augenverdrehend. Eigentlich mochte er es gar nicht, die Nacht mit diesem Jüngelchen verbringen zu müssen, aber da er der ranghöchste Wolf in der Nähe war und dieser traditionsgemäß jedem neuen Mitglied des Rudels durch den ersten Vollmond begleitete, kam er nicht darum herum. Auf Remus wollte er sich lieber nicht verlassen, selbst unter Einfluss des Banntrankes. Wer wusste schon, ob er den Kleinen im Falle eines Falles wirklich unter Kontrolle halten konnte. Remus strich seinem Welpen beruhigend durch den Nacken. Er konnte die wachsende Anspannung spüren und verstand, warum Harry so nervös war. Niemand konnte wissen, wie Harry sich als Wolf verhalten würde. Ein gewisses Restrisiko blieb natürlich, trotz seiner zwei Aufpasser, und das wusste der Kleine auch. „Wir passen auf dich auf. Es wird niemandem etwas geschehen. Das schwöre ich dir!“, versprach Remus mit so ernster Stimme, dass Harry sich sehr sicher sein konnte, dass wirklich niemandem etwas geschehen konnte. Auch, wenn er Fenrir nicht über den Weg traute, wusste er, dass er sich auf seinen Leitwolf verlassen konnte. Dennoch wuchs seine Unruhe mit jeder vergangenen Minute. Der Wolf in ihm spürte sehr genau, dass die heutige Nacht seine erste Nacht in Freiheit sein würde, und er freute sich schon tierisch darauf. Immer wieder stand er auf und wanderte im Zimmer umher, immer verbunden mit sehnsüchtigen Blicken nach draußen, wo es ununterbrochen regnete. Er meinte sogar, in der Ferne ein leises Donnergrollen zu hören. Wenn er sich in diesem Punkt nicht irrte, würde er diese Nacht im Freien nicht mit trockenem Fell überstehen. Rastlos wanderte er durch den Raum. Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen, so verschränkte er sie mal hinterm Rücken, mal vor der Brust oder fuhr sich durch die Haare. Früher hätte er nie gedacht, dass Werwölfe es so schwer hatten kurz vor Vollmond. Remus schien immer ganz ruhig gewesen zu sein. „Das lässt mit der Zeit nach. Es ist deine erste Verwandlung, also ist es nur verständlich, dass du so unruhig bist.“, erklärte Remus lächelnd. Es klopfte leise an der Tür und Hermine steckte ihren Kopf durch den Spalt. „Kann ich reinkommen?“ Fenrir knurrte leise und verzog sich in die hinterste Ecke des Raumes, so weit weg von dem Mädchen wie möglich, den Blick aus dem Fenster gerichtet, die Arme vor der Brust verschränkt, als müsste er sich zwanghaft zurückhalten. Vorsichtig betrat Hermine den Raum, blieb aber nah genug an der Tür, um im Notfall ganz schnell das Weite zu suchen. Sie knetete ihre Hände und blickte Harry lächelnd an. „Ich muss gleich zu Astronomie, aber ich wollte dir viel Glück wünschen für heute Nacht.“, meinte sie und trat von einem Bein auf das andere. Der junge Werwolf ging zu ihr und umarmte sie dankbar. „Mach dir keine Sorgen. Remus wird auf mich aufpassen.“ Er drückte ihr beruhigend die Hände und lächelte sicherer, als er sich eigentlich fühlte. Narzissa kam ebenfalls kurz zu ihnen und schaute nach dem Rechten. Auch sie wünschte dem Jungen viel Glück und versprach, dass sie alles Mögliche tun würde, um ihm den folgenden Tag so angenehm wie möglich zu machen. „Nun reicht es aber! Der Mond wird bald aufgehen.“, knurrte Fenrir und machte so sehr deutlich, dass die beiden Frauen verschwinden sollten. Danach schnappte er sich noch einen Bissen und deutete den anderen Werwölfen, dass sie ihm folgen sollten. Nun, da es so weit war, brach Harrys Nervosität mit aller Macht wieder durch, weswegen er froh über ein wenig Bewegung im Freien war. Die frische Luft tat ihm gut, nur seine Knie fühlten sich zittrig an. Remus' stützende Hand in seinem Rücken half ihm ungemein. Der Weg über die Wiese zum Wald dauerte etwa zehn Minuten, dann waren sie unter dem dichten Blätterdach gefangen, sodass nur noch wenige Tropfen bis zur Erde fielen. Ob sie sich auch verwandeln würden, wenn die Wolken den Mond verdecken würden? Sie suchten sich eine kleine Lichtung und ließen sich am Rand unter einer großen Kiefer nieder, wo sie noch ein wenig vor dem Regen geschützt waren. Sie mussten ja nicht früher als nötig nass werden. Harry saß neben Remus und lehnte sich leicht an ihn. Der Mann strich ihm sanft durch die Haare, während er mit der anderen Hand eine kleine Phiole aus der Tasche nahm und den Inhalt schluckte. Donner grollte in der Ferne und Harry fragte sich, ob es so eine kluge Idee war, während eines Gewitters unter einem Baum zu sitzen. Doch dann sträubten sich seine Nackenhaare, er richtete seinen Blick unwillkürlich gen Himmel, wo in diesem Moment der Vollmond über den Bergen aufging, auch, wenn er von den Wolken verdeckt wurde, und jeder Gedanke erstarrte, als wären sie schockgefroren. _______________________________________________________ Üppige Erde. Feuchtes Gras. Regelmäßiger Atem. Das war das erste, was er bemerkte, als er erwachte. Blinzelnd schlug er die Augen auf und machte eine kleine Bestandsaufnahme seines Körpers. Finger und Zehen funktionierten einwandfrei, Arme und Beine fühlten sich an, als hätte er einen schlimmen Muskelkater, aber sonst schien alles in Ordnung zu sein. „Geht es dir gut?“ Remus' Stimme klang ein wenig heiser. Ächzend richtete Harry sich erst auf Hände und Knie auf, bevor er sich schwerfällig nach hinten fallen ließ, was er aber sofort wieder bereute, als sein Hintern schmerzhafte Bekanntschaft mit dem harten Boden machte. Er schien sich ausgerechnet die Stelle ausgesucht zu haben, in der ein Stein im Boden steckte. „Ich weiß nicht.“, stöhnte er und strich sich über das Gesicht, wobei er allerdings eine Schlammschliere über seinen Wangen verteilte. „Sind alle okay?“ „Es ist niemandem etwas passiert. Wir haben den Wald nicht verlassen.“, versicherte Remus, der sich neben ihm auf dem weichen Boden streckte, bis seine Schultern knackten. Seine Haare waren wirr und voller feuchter Erde. Harry atmete erleichtert auf und blickte an sich hinunter. Seine Kleidung war dreckig und zerschlissen, an einigen Stellen sogar völlig zerrissen. Er hatte eine große Kratzwunde von der Schulter an quer über der Brust und eine Bisswunde an der Hüfte. Es tat im Moment nicht wirklich weh, es zog nur fürchterlich, als würde seine Haut zu weit gedehnt werden. Sonst schien er unverletzt zu sein. Remus wies keine Verletzungen auf. „Was ist geschehen?“ „Du bist Greyback gegenüber ein wenig frech geworden.“ Remus grinste. „Er sieht etwa genauso zugerichtet aus wie du. Du hast dich ihm gegenüber gut behauptet. Ich bin stolz auf dich.“ Er beugte sich zu seinem Welpen und klopfte ihm vorsichtig auf die unverletzte Schulter. „Das wird bald abgeheilt sein. - Vorausgesetzt, du prügelst dich heute Nacht nicht nochmal.“, fügte er schmunzelnd hinzu und ließ den Kopf kreisen, um seine Nackenmuskeln zu lockern. Harry blickte sich kurz um. „Wo ist er eigentlich?“ „Weg... Er hat sich ganz früh auf den Weg gemacht. Wahrscheinlich, um seine Wunden zu lecken.“, antwortete Remus und richtete sich stöhnend auf. Dann hielt er seinem Welpen eine Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Doch Harry zögerte. „Ich weiß nicht, ob ich mich schon so viel bewegen kann.“, jammerte er und griff schwerfällig nach der Hand. Sein Rücken protestierte, als er sich hochziehen ließ und seine Knie gaben kurz nach. Doch Harry zwang sie, sein Gewicht zu tragen. Doch sein Gleichgewichtssinn war angeschlagen. Die Erde um ihn herum drehte sich und der Boden unter seinen Füßen schwankte. „Scheiße, so muss man sich fühlen, wenn man total betrunken ist.“ „Kann schon sein. Aber das vergeht wieder.“ Remus stützte ihn, während er die ersten wackligen Schritte unternahm. „Bist du müde? Hungrig?“ „Beides... Ich könnte die nächsten drei Tage durchschlafen und dabei vier ganze Kühe verdrücken.“, nuschelte er und schüttelte leicht den Kopf, als könnte er so den Nebel verscheuchen, der seine Gedanken umwaberte. „Gleichzeitig geht das aber nicht.“ Remus grinste und deutete dann mit dem Kopf auf das Haus. „Lass uns reingehen. Sie warten bestimmt schon sehnsüchtig auf uns.“ „Wie lange haben wir Zeit, bevor der Mond wieder aufgeht?“, wollte Harry wissen, während er seinen Beinen befahl, Richtung Haus zu laufen. Doch seine Gliedmaßen fühlten sich an, als wäre die Verbindung zum Hirn irgendwie fehlerhaft. Remus bemerkte offenbar, dass sein Welpe ein paar Probleme hatte, denn er legte ihm stützend eine Hand in den Rücken und schob ihn nur ganz langsam vorwärts. Nach einigen Metern kehrte das richtige Gefühl in Harrys Beine zurück, dennoch beschleunigte er seine Schritte nicht. Das Vertrauen in seine Knie war noch nicht wieder hergestellt. Der Weg zurück dauerte etwa zwanzig Minuten. Remus öffnete die Türen und ließ Harry eintreten. Kaum hatten sie ein paar Schritte in die Eingangshalle gemacht, kamen ihnen Hermine und Narzissa entgegen. Das Mädchen musterte ihren besten Freund prüfend und ihr Blick wurde besorgt, als sie die Wunden entdeckte. „Was ist geschehen?!“ „Nur eine kleine Auseinandersetzung mit Greyback.“, erklärte Remus. „Das ist halb so schlimm.“ „Wie hat er sich denn benommen?“ Narzissa vergrößerte eine kleine Schachtel mit Verbandszeug und holte Desinfektionsmittel, Kompressen und Verbänden heraus. Sie wies den jungen Werwolf an, sein eh zerrissenes Hemd auszuziehen, damit sie sich um seine Wunden kümmern konnte. Mit vorsichtigen Bewegungen kam Harry dieser Anweisung nach. Remus grinste. „Eigentlich war er ganz anständig. Ein wenig wild, aber das liegt an der Jugend. - Und er wollte sich von Greyback nicht unterwerfen lassen.“, erklärte er, während er beobachtete, wie Narzissa seine Wunden reinigte und verband. Sein Welpe hielt sich tapfer. Obwohl das Zeug auf dem bloßen Fleisch brannte wie die Hölle, zuckte er nicht einmal. „Ich könnte wetten, dass Harry mit fortschreitender Erfahrung Greyback irgendwann den Rang abnimmt.“ Harry hob eine Augenbraue. Konnte er sich vorstellen, der Anführer der Werwölfe zu sein? Wäre es überhaupt möglich, Fenrir zu bezwingen? Doch er rief sich selbst zur Ordnung. Sich darüber Gedanken zu machen, wäre verschenkte Zeit. Er gähnte so herzhaft, dass sein Kiefer knackte. „Ich fühle mich, als hätte ich seit Tagen nicht geschlafen.“ Im selben Moment aber knurrte sein Magen in beeindruckender Lautstärke. Hermine lachte. „Jetzt musst du dich entscheiden. Erst essen und dann schlafen? Oder erst schlafen und dann essen?“ Doch Harry brauchte für diese Entscheidung nicht lange. „Erst essen, dann schlafen!“ „Wie du wünschst!“, lachte Narzissa und wies eine Hauselfe an, ein werwolfwürdiges Mahl zuzubereiten. Mit einer Verbeugung verschwand das Wesen, um dem Befehl Folge zu leisten. Keine fünfzehn Minuten später saßen sie am Tisch und Harry und Remus schaufelten ein Steak nach dem anderen in sich hinein. Erst eine halbe Stunde später schoben sie ihre Teller von sich. Harry konnte sich nur mit Mühe und Not zum nächsten Sofa schleppen und darauf fallen lassen, bevor ihm die Augen zufielen. „Muss ja eine sehr anstrengende Nacht gewesen sein.“, murmelte Hermine leise. Remus gähnte. „Ja, so ist das mit Vollmondnächten. Deswegen konnte ich damals während dieser Tage nicht unterrichten.“ Er erhob sich von seinem Platz, suchte sich ebenfalls ein Sofa und schlief fast augenblicklich darauf ein. Hermine musste lächeln, als sie die beiden so zusammengerollt auf den Polstern liegen sah. „Mistress Malfoy?“ Ein Hauself stand vor ihnen, verbeugte sich und knetete ihre Schürze in den langen Händen. „Ein Mister Debonair Just wünscht Einlass, Mistress.“ Narzissa lächelte und nickte dem Wesen zu. „Führe ihn herein.“ Debonair betrat den Raum und begrüßte erst Narzissa, dann Hermine. Danach richtete sich sein Blick auf Harry, der noch immer nur Verbände um den Oberkörper und eine leicht beschädigte Hose trug, und Remus. „Was ist passiert? Geht es ihm gut?“ „Mach dir keine Sorgen.“ Hermine lachte leise. „Er hat sich ein wenig aufgelehnt. Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Aber er ist hundemüde.“ „Im wahrsten Sinne des Wortes, hm?“ Debonair grinste und legte den Kopf schief, während er weiter seinen neuen Freund prüfend musterte. „Aber sonst scheint er die Nacht gut überstanden zu haben, oder?“ „Laut dem, was Remus uns erzählt hat, war Harry ganz artig. - Abgesehen von der Szene mit Greyback.“ „Ich hätte mir denken können, dass er niemand ist, der sich gerne unterordnet.“ Debonair schüttelte grinsend den Kopf und setzte sich auf einen freien Platz. Dann griff er in seine Tasche und holte ein paar zusammengerollte Pergamentbögen heraus, die er auf den Tisch legte. „Das sind meine Zaubertränke-Aufzeichnungen. Harry wird zwar dieses Wochenende nicht dazu kommen, sie durchzusehen, aber du bestimmt. - Wenn ihr noch etwas braucht, sag einfach Bescheid. Meine Unterlagen sind eure Unterlagen.“ Hermine nickte lächelnd. „Vielen Dank. Das ist eine große Hilfe.“ „Naja“, er grinste, „wie ich gesehen habe, hat Harry das vor allem in Zaubertränke dringend nötig.“ Er hatte mitbekommen, wie der junge Werwolf jedes Wort von Philter aufmerksam verfolgt hatte und das meiste mitgeschrieben hatte. Und wenn sogar ihre Professorin meinte, dass Harrys ehemaliger Lehrer schlecht gewesen war, dann musste das was heißen. Vielleicht sollte er ihm nicht nur die Aufzeichnungen da lassen, sondern ihm auch hin und wieder Nachhilfe geben. _______________________________________________________ Harry schlief den ganzen Tag durch. Eine Stunde vor Mondaufgang weckte Remus ihn. Der Ältere war nach vier Stunden wieder erwacht. Richtig ausgeruht war er zwar nicht, aber es reichte, um wach zu bleiben und die nächste Nacht zu überstehen. Er wusste nicht, ob Fenrir ihnen auch dieses Mal Gesellschaft leisten würde, nachdem, was letzte Nacht geschehen war. Auf der anderen Seite konnte man es als Schwachpunkt sehen, wenn er Harry aus dem Weg ging. Greyback wusste ganz genau, dass der Jüngere ein ernstzunehmender Konkurrent war. In ein paar Jahren konnte es tatsächlich soweit kommen, dass Harry ihn ablöste als Leitwolf. Remus musste lächeln. Harry würde einen hervorragenden Leitwolf abgeben, so fand er. Grummelnd versuchte sich der Jüngere auf die andere Seite zu drehen, um weiterschlafen zu können, doch dafür war leider das Sofa zu schmal. So wäre er beinahe auf den Boden gerollt, wenn Remus ihn nicht rechtzeitig aufgefangen hätte. „Komm schon. Wach auf, Welpe! Der Mond geht bald auf. Und da willst du doch bestimmt nicht im Haus sein, oder?“ Harry warf sich widerwillig die Arme über die Augen und knurrte. Doch dann schien er langsam wach zu werden. Mit einem Stöhnen hob er den Kopf und blickte Remus aus müden Augen an. „Ist es schon wieder soweit?“, wollte er mit heiserer Stimme wissen und runzelte die Stirn, als er Debonair hinter seinem nickenden Leitwolf erblickte. „Hey, Debonair!“ „Hi, Harry. Wie geht es dir?“, fragte der braunhaarige Junge besorgt. Doch er kam nicht näher, als würde er fürchten, dass Harrys Wolf jetzt schon wieder durchgebrochen war. Harry zuckte mit den Schultern, fuhr dabei aber zusammen, als sich der Kratzer bemerkbar machte. „Ganz gut, eigentlich. Nur furchtbar müde, hungrig und die Kratzer juckten ganz ekelhaft.“, berichtete er und widerstand nur mühsam den Drang, sich dort über die Brust zu kratzen, wo der Verband entlanglief. „Ich habe dir meine Unterlagen von Zaubertränke mitgebracht. Wir können sie zusammen durchgehen, wenn du nächstes Wochenende Zeit hast.“ Dankbar lächelnd nickte Harry. „Das wäre toll. Vielen Dank!“ Er erhob sich vorsichtig, als hätte er in jedem einzelnen Muskel einen Kater und streckte sich behutsam soweit, wie seine angespannten Glieder es zuließen. „Wie viel Zeit haben wir noch, Remus?“ „Etwa fünfzig Minuten. Es reicht für eine kleine Mahlzeit vorher.“, antwortete er und rief einen Hauselfen. Sie setzten sich an den gedeckten Tisch und bedienten sich an den Hähnchenkeulen und Steaks, die das kleine Wesen gebracht hatte. „Möchtest du auch was?“ Harry wollte eigentlich nur höflich sein und rechnete nicht damit, dass sein Klassenkamerad das Angebot auch annahm. Womit er dann auch Recht hatte. Debonair lehnte dankend ab. „Dann eben nicht.“ „Ich wollte auch nur sehen, wie es dir geht.“, begründete der Junge seine Entscheidung. „Ich werde mit gleich wieder auf den Weg machen. Und vielleicht morgen wiederkommen.“ Er neigte leicht den Kopf, um sich zu verabschieden, bevor er sich doch noch traute, dem Werwolf eine Hand auf die Schulter zu legen. „Wir sehen uns dann. - Hermine.“, er nickte dem Mädchen und Remus zu, bevor er von Narzissa hinaus begleitet wurde. Hermine grinste ihren besten Freund an. „Er ist ziemlich besorgt um dich, dafür, dass er dich erst seit einer Woche kennt. Meinst du nicht?“ „Worauf willst du hinaus?“, wollte Harry verwirrt zwischen zwei Bissen wissen. Doch Hermine winkte ab. „Nicht so wichtig.“ Stirnrunzelnd überlegte Harry, ob er weiter nachfragen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Stattdessen aß er lieber weiter. Er wusste, dass er für die heutige Nacht wieder etwas im Magen haben musste, damit sein Wolf nicht auf die Idee kam, jagen zu müssen. Hermine grinste und schnappte sich Debonairs Aufzeichnungen. „Ich bringe das mal nach oben in dein Zimmer. Wir sehen uns morgen Früh.“ Sie beugte sich zu ihm und umarmte ihn. „Bleib artig.“ Damit verließ sie mit den Pergamentrollen auf dem Arm den Raum. _______________________________________________________ Wieder konnte Harry sich nicht an die Nacht erinnern. Doch er lag in dem kleinen Wäldchen, Remus neben sich. Sein ganzer Körper tat weh und sein Magen fühlte sich an, als hätte er eine ganze Kuh verschlungen. Seine feine Nase erhaschte den Geruch von Blut. Und abrupt fuhr er hoch und blickte sich um. Remus und er selbst waren blutverschmiert, doch keiner von ihnen hatte eine offene Wunde. Etwas weiter entfernt entdeckte er die Reste eines Hirschkadavers, was erklärte, warum sie beide wie in Blut gebadet aussahen. Offensichtlich war das Abendessen nicht genug gewesen. „Remus?“ Er legte eine Hand auf die Schulter seines Leitwolfs und rüttelte sanft. Mit einem Stöhnen richtete sich der Ältere auf und schüttelte sich die Müdigkeit ab. „Mir geht’s gut. Und dir?“ „Bauchschmerzen.“, antwortete Harry einsilbig und warf dem Tierkadaver einen finsteren Blick zu. Remus lachte heiser und klopfte ihm vorsichtig auf den Rücken. „Hast deine erste Jagd wohl nicht so gut vertragen.“ „Die Jagd schon! Nur das darauf folgende Festessen wohl nicht.“ Harry stöhnte und hielt sich die Arme vor den Magen, als könnte er so verhindern, dass er platzte. „Gott, ich werde heute keinen Bissen mehr essen.“, schwor er. „Das werden wir noch sehen!“, lachte Remus und richtete sich ächzend auf. Danach half er Harry auf die Beine und zusammen machte sie sich wieder auf den Weg zum Manor, wo sie von Hermine und Narzissa erwartet wurden. Sie erschraken aufgrund der blutbesudelten Erscheinungen. Doch Remus hob beruhigend die Hand. „Keine Sorge. Das Blut gehört keinem von uns.“ „Eine Dusche wäre schön...“, murmelte Harry und warf einen sehnsüchtigen Blick nach oben, wo sein Zimmer mit dem anschließenden Bad lag. „Wenn ihr mich entschuldigen würdet... Wenn ich nicht gleich unter die Dusche komme, sterbe ich.“ Er löste sich aus der kleinen Gruppe und taumelte die Stufen hinauf, eine Hand immer am Geländer. In seinem Zimmer entledigte er sich seiner Kleidung und der Verbände und ging ins Bad, wo er das Wasser in der Dusche aufdrehte und auf die richtige Temperatur brachte. Als das Nass über seinen Körper floss, schloss er die Augen und stand einige Minuten lang einfach bewegungslos unter dem Wasserstrahl. Schließlich griff er nach der Seife und zischte, als sie mit seinen Wunden in Berührung kamen. Doch er wusch sich unbeirrt weiter, bis alles Blut, Erde und Dreck in den Abfluss geflossen war. Selbst dann noch blieb er unter der Dusche. Das warme Wasser, das auf seine Schultern und seinen Rücken prasselte, war wie eine sanfte Massage und entspannte seine steifen Muskeln. Er wusste nicht, wie lange er im Bad blieb, aber als er wieder herauskam – mit nichts als einem Handtuch um die Hüften -, saß Hermine auf seinem Stuhl, ein Buch auf ihrem Schoß liegend. „Geht es dir jetzt besser?“, fragte sie lächelnd. „Viel besser. Nur müde bin ich immer noch.“ Er ließ sich auf seinem Bett nieder und konnte sich nur mit viel Mühe davon abhalten, seinen Kopf einfach auf das Kissen zu legen und einzuschlafen. „Hast du Hunger?“ Hermine hielt ihm einen Teller mit ein paar gebratenen Fleischstücken darauf hin. Doch Harry wich mit einem Gesicht zurück, als müsse er jeden Moment übergeben. „Bist du wahnsinnig? Willst du unbedingt, dass ich kotzen muss?“ Schnell stellte sie den Teller wieder weg. „Schon gut, war ja nur eine Frage. - Remus hat erzählt, dass du einen Hirsch erlegt hast. Du musst ja ganz schön Hunger gehabt haben.“ Sie schmunzelte. „Kann sein.“ „Du kannst dich an die Nacht nicht erinnern, oder?“, wollte sie wissen, worauf Harry den Kopf schüttelte. „Hatte ich auch nicht gedacht.“ Sie musterte ihn einen Moment lang. „Schlaf, Phelan! Du siehst furchtbar müde aus.“ Harry nickte mit einem schwachen Lächeln und ließ sich so wie er war, auf das Kissen fallen. Kaum hatte sein schwarzer Schopf es berührt, war er auch schon eingeschlafen. Seine Freundin schüttelte leicht den Kopf. Dann zog sie ihren Zauberstab und zog dem Werwolf zumindest eine Pyjamahose über. Anschließend zog sie das feuchte Handtuch von seinen Hüften und hängte es zum Trocknen über die Stuhllehne. Sicher würde ein Hauself es bald finden und zum Waschen mitnehmen. Sie setzte sich neben ihn auf die Bettkante und musterte den langen Kratzer über seiner Brust. Er blutete nicht, doch es würde noch eine Weile dauern, bis er verheilt war. Wenn er Pech hatte, würde das sogar eine hübsche Narbe hinterlassen. Ebenso wie die Bisswunde an seiner Hüfte, die nur halb über dem Hosenbund zu sehen war. Doch aus dieser Verletzung sickerte nun wieder ein wenig Blut, weil er den gebildeten Schorf unter der Dusche aufgeweicht und teilweise dadurch wieder entfernt hatte. Sie tupfte die Wunde mit einem sauberen Stück Stoff ab behutsam ab. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis sie sich erneut mit getrocknetem Blut verschlossen hatte. Hermine sah es gar nicht gern, wenn ihr bester Freund verletzt war. Aber als Werwolf ließ sich das nur schwer vermeiden. Jede Verwandlung barg ein Risiko. Das Zusammensein mit Remus ebenfalls. Sie hoffte, dass die beiden nicht irgendwann Rangkämpfe austragen würden. Dass Harry sich mit Greyback angelegt hatte, war schon schlimm genug. Aber auf der anderen Seite hatte sie eigentlich auch nichts anderes erwartet. Sanft strich sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Schlaf dich aus, Phelan. Heute Nacht ist es der letzte Vollmond für diesen Monat.“ Sie stand auf, warf ihrem schlafenden Freund noch einen letzten Blick zu und verließ dann mit ihrem Buch das Zimmer. Als sie nach unten in den Salon kam, entdeckte sie Debonair, der auf dem Sofa saß, aber sofort aufstand, als er sie sah. „Wie geht es ihm?“ Hermine musste grinsen. Dieser Junge schien sich aufrichtig Sorgen um seinen neuen Freund zu machen. Harry konnte ja kaum einen Schritt in der Schule machen, ohne dass Debonair ihm folgte. Und nun tauchte er hier jeden Tag auf, um nach dem kleinen Wolf zu schauen. Irgendwie war das ja niedlich. Doch auf der anderen Seite hatte sie auch Bedenken aufgrund dieses intensiven Interesses. Sie hatte das Gefühl, dass der Junge nicht nur an einer Freundschaft interessiert war, und das wiederum würde Draco ganz und gar nicht gefallen. Und wenn Harry dahinterkam, würde er sich hin und her gerissen fühlen. Er würde weder dem einen noch dem anderen wehtun wollen. Allerdings würde es dann unmöglich sein, es zu verhindern. „Sehr müde, was kein Wunder ist. Er hat immerhin die ganze Nacht nicht geschlafen.“, berichtete sie und ließ sich ebenfalls auf einem Sofa nieder. „Die Bisswunde an seiner Hüfte hat wieder ein wenig geblutet, aber das kam von der Dusche.“ Besorgnis flackerte in den braunen Augen des Jungen auf. „Es ist aber nicht schlimm, oder?“ „Er wird es überleben.“, versicherte sie ihm lachend und legte das Buch neben sich. „Wie alles andere auch.“ Sie blickte ihn an und zwinkerte frech. „Er ist immerhin nicht umsonst der Junge-der-lebt.“ „Man darf sich doch wohl trotzdem sorgen machen, oder?“, erwiderte Debonair trotzig. „Du bist das beste Beispiel dafür.“ „Nicht streiten, ihr beiden. Jeder hier macht sich sorgen um Harry, auch wenn er eigentlich auf sich selbst aufpassen kann.“ Narzissa blickte die beiden streng an, weswegen sie ihre kleine Auseinandersetzung sofort beendeten. „Es ist völlig normal, dass ein neuer Wolf sich seinen Platz in dem Rudel erkämpfen muss, und bisher hab ich noch nie davon gehört, dass dieser Kampf auf Leben und Tod geführt wurde.“, erzählte sie, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass Fenrir nicht so ohne Weiteres seine Position an Harry abtreten würde, solange er noch Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten. Debonair verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen Blick an die Decke, als könne er durch sie hindurch zu Harrys sehen. Er seufzte. „Ich werde wieder verschwinden. Es bringt nichts, hier herumzusitzen, wenn er schläft.“ Widerwillig erhob er sich. Eigentlich wollte er gar nicht gehen, aber er fürchtete, dass er und Granger sich sonst noch in die Haare bekommen würden. Er verabschiedete sich freundlich und verließ das Anwesen. Mit erhobenen Augenbrauen blickte Hermine dem Jungen nach. Ihr Verdacht erhärtete sich mit jedem Mal, das sie ihn traf, ein Stück mehr und sie wusste nicht, ob sie das gut oder schlecht finden sollte. Harry war durch die ganze Werwolf-Geschichte, den Seitenwechsel und den Kuss von Draco schon verwirrt genug. Brauchte er da wirklich noch jemanden, der ihn noch weiter in die Verwirrung trieb? Auf der anderen Seite schien er ein ehrlicher Freund zu werden. Und Harry konnte gerade jetzt, nachdem er Ron als Freund verloren hatte, einen neuen gut gebrauchen. Einen, der mit ihm zusammen zur Schule ging. Den er jeden Tag sehen konnte. Draco war weit weg, an einem Ort, wo Harry ihn nicht wirklich erreichen konnte. Das belastete ihn schwer, das wusste sie. An seinem ersten Vollmond hätte Harry Draco gern um sich gehabt. Plötzlich ging die Tür auf und – als hätte er Hermines Gedanken gelesen – Draco betrat den Raum. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, fragte er: „Wo ist er?“ Hermine lächelte. „In seinem Zimmer. Er schläft, also sei bitte leise.“ „Selbstverständlich.“, schnaubte er und begrüßte kurz seine Mutter. Er erklärte, dass er Dumbledore erklärt habe, dass er zusammen mit seiner Mutter ein paar Besorgungen machen und deshalb nach Hause flohen müsste. Zum Glück war es den Siebtklässlern in Hogwarts erlaubt, hin und wieder an den Wochenenden die Schule zu verlassen. Dann machte er sich auf den Weg nach oben. Leise öffnete er die Zimmertür und schlich in den Raum. Ein Lächeln legte sich unwillkürlich auf seine Lippen, als er Harry zusammengerollt auf den Laken liegen sah. Er trat an das Bett und hockte sich hin. Jetzt erst konnte er den Kratzer und die Bisswunde sehen und sofort wallte Ärger in ihm auf. Lupin hatte doch gesagt, er würde auf den Kleinen aufpassen! Wie hatte er zulassen können, dass er verletzt wurde?! Vorsichtig strich er ihm mit den Fingerspitzen über die Wange, worauf Harry sich leicht regte und sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen legte. Er murmelte etwas Unverständliches, rollte sich weiter zusammen und kuschelte sich tiefer in das Kissen. „Draco...“ Der Slytherin glaubte fast seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte der kleine Werwolf gerade wirklich seinen Namen gemurmelt? Ein warmes Glücksgefühl stieg in seiner Brust auf. Er hatte ihn ehrlich vermisst, als er in Hogwarts war. Besonders, weil er die ganze Zeit diese geschrumpfte Kopie von ihm vor der Nase hatte. Der Typ watschelte durch die Gänge, als würde die Schule ihm allein gehören, immer flankiert von dem Wiesel und dessen kleiner Schwester. Es gab offensichtlich ein paar Dinge aus Harrys Leben, an die sich seine Kopie erinnerte. Aber es musste eine plausible Erklärung dafür geben. Und er würde herausfinden, wie diese lautete, das hatte er sich fest vorgenommen. Er würde dieses Jahr nicht beenden, ohne die Lösung gefunden zu haben! Vorsichtig, eigentlich kaum spürbar, fuhr er die lange rote Linie auf Harrys Brust entlang. Sie fühlte sich nicht heiß an, was ein gutes Zeichen war. Danach besah er sich die Bisswunde an der Hüfte. Zuerst zögerte er, doch dann zog er den Hosenbund ein Stück nach unten. Er schluckte und zwang sich, nur auf die Verletzung zu schauen. Die Male bluteten nicht mehr, sondern waren von einer dünnen Schicht getrockneten Blutes überzogen. Da diese Wunden von einem Werwolf stammten, reagierten sie nicht auf Heiltränke und würden sehr wahrscheinlich Narben hinterlassen. Aber entgegen seiner Befürchtungen, störte ihn diese Vorstellung nicht. Als Harry sich noch einmal regte, zog Draco die Hose wieder an ihren Platz und seine Hand schnell zurück. „Wir sehen uns bald wieder.“, flüsterte er, während er ihm sanft durch das Haar fuhr. Danach beugte er sich über ihn und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Seine Hand griff nach der Decke und zog die behutsam über den schlanken Körper. „Bald...“ Nach einem letzten Blick zu dem jungen Werwolf verließ er den Raum und schloss beinahe lautlos die Tür hinter sich. Moment lang lehnte er sich gegen die Wand und strich sich mit einer Hand über das Gesicht. Dann erst ging er wieder hinunter. „Und? Schläft er noch?“, erkundigte sich Hermine vorsichtig. Draco nickte. „Warum hat Lupin zugelassen, dass er verletzt wird?“, wollte er nachdrücklich wissen. Sein Blick sagte aus, dass, wenn ihm die Antwort nicht gefiel, er Remus ganz schon Feuer unterm Hintern machen würde. Narzissa schob ihren Sohn zum Sofa und drückte ihn auf die Polster. „Remus hatte keine andere Wahl. Harry hat sich seinen Platz im Rudel verdienen müssen. Fenrir sieht mindestens genauso mitgenommen aus.“ Ungläubig blickte Draco auf. „Greyback?“, wiederholte er. „Er hat sich mit Greyback angelegt?!“ Auf Narzissas Zustimmung hin, schüttelte er den Kopf und massierte sich die Schläfen, als hätte er einen Migräneanfall. „Ich wusste ja, dass er lebensmüde ist, aber dass sein Wolf nicht klüger ist, hätte ich nicht gedacht.“ „Harry und sein Wolf sind ein und dasselbe. Harry ist ein Anführer, auch wenn er das selbst nicht sehen kann. Es wundert mich eigentlich nicht, dass er sich Greyback nicht unterordnen wollte, und stattdessen nach dessen Position gegriffen hat.“ Hermine grinste schief. Draco verzog das Gesicht und wippte in einer merkwürdigen Mischung aus Nicken und Schütteln mit dem Kopf. „Stimmt auch wieder.“ „Wie sieht es in Hogwarts aus? Schon etwas herausgefunden?“, wollte Hermine wissen. Er seufzte und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen nach hinten. „Nicht viel. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben, aber der Typ scheint ein paar Erinnerungen von Harry zu haben. Weasley und Mini-Weasley kleben die ganze Zeit an ihm wie eine Klette. Sie lassen niemanden nah genug an ihn heran, um ihn irgendwie zur Rede stellen zu können.“, schimpfte er. Man konnte ihm ansehen, wie sehr ihm das gegen den Strich ging. „Versuch es weiter. Je mehr wir wissen, desto besser.“ Narzissa blickte ihren Sohn aufmerksam an. „Natürlich!“, schnarrte er, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Was es wahrscheinlich sogar war. „Ich habe noch ein wenig Zeit, bevor ich wieder zurück muss. Also, erzähl, Granger. Wie läuft es in der neuen Schule?“ Ob sie von Harrys neuem Freund erzählen sollte, der gestern und heute bereits hier gewesen war? Das wohl besser nicht. „Es läuft ganz gut. Harry hat zum ersten Mal selbstständig einen fehlerfreien Trank gebraut. Die Frau kann sehr gut unterrichten.“, berichtete sie und musste über das skeptische Gesicht des blonden Slytherin grinsen. „Sie ist auch ein Werwolf und erklärt sogar, warum welche Zutat hinein gehört.“ „Das ist doch vollkommen logisch, oder nicht? Man sollte die Zutaten schon kennen, die man verwendet.“ Hermine nickte. „Das stimmt, aber Snape hat darauf die Wert gelegt. Seine Hauptsache war, dass die Tränke hundertprozentig richtig gebraut waren. Wie und warum hat er den Schülern überlassen. Kein Wunder, dass sie das nie gelernt haben.“ Als Draco sie unterbrechen wollte, fuhr sie ihm dazwischen. „Außerdem hat er immer nur strikt nach Buch gearbeitet. In denen stehen zwar die Rezepte drin, aber weiter erläutert wird es da nicht. Wir hingegen benutzen gar keine Bücher. Wir erarbeiten die Rezepte zusammen. Wir lesen sie nicht nur ab.“ „Dann muss ich dir Recht geben. Das ist wirklich eine bessere Methode.“ Man sah ihm deutlich an, dass er das nicht gerne zugab. Immerhin war das gleichzeitig Kritik an seinem Hauslehrer. „Es muss ziemlich schwierig sein, im Unterricht mitzukommen, oder?“ „Es geht. Harry hat ein paar kleine Probleme in Alte Runen, weil er das vorher ja nicht gehabt hatte. Aber da versuche ich ihm weiterzuhelfen. Und in Zaubertränke hat uns ein Klassenkamerad seine Aufzeichnungen geliehen, damit wir sie durcharbeiten können.“ Dracos Augen verengten sich unmerklich. Nicht, dass er etwas dagegen gehabt hätte, dass jemand dem kleinen Werwolf half, aber er ahnte, dass etwas mehr dahinter steckte, als Granger bereit war zu sagen. Er musste das im Auge behalten. „Sehr gut. Ich hatte schon befürchtet, dass ihr dort schikaniert werdet.“ „So wie von dir damals?“, fragte sie neckisch. „Eigentlich sind sie alle ganz okay dort. Zumindest lassen sie uns in Ruhe. Abgesehen von Zweien und die können wir ignorieren.“ „Namen!“, verlangte Draco und starrte sie fast in Grund und Boden. Narzissa kicherte, hielt sich aber heraus. Sie fand es nur ausgesprochen niedlich, was für einen Beschützerinstinkt ihr Sohn auf einmal an den Tag legte, wenn es um Harry Potter ging. Auch Hermine amüsierte sich. „Nun mach mal halblang, Malfoy!“, lachte sie. „Wir können gut auf uns selbst aufpassen. Harry hat dem Dunklen Lord unzählige Male standgehalten und fast Greyback als Alphawolf abgelöst. Meinst du nicht, da werden wir mit ein paar frechen Typen fertig?“ Draco schnaubte, gab darauf aber keine Antwort. Er wusste, wie häufig sich Harry in Schwierigkeiten brachte und sich auch selbst daraus wieder befreien konnte. Doch es reichte nur ein einziges Mal, wo er es nicht schaffte. „Seid trotzdem vorsichtig.“ Mit einem Seufzen versprach Hermine es, wobei sie erleichtert war, dass sie sich nicht noch erzählt hatte, dass einer dieser Typen ein Vampir war. Dann würde Malfoy wahrscheinlich mit wehenden Kriegsfahnen in die Schule einmarschieren und den Blutsauger filetieren. Das würde eine Sauerei werden und unnötiges Blutvergießen würde sie doch gerne verhindern. „Sag mir zumindest, wie der Typ heißt, von dem ihr die Aufzeichnungen für Zaubertränke habt.“, verlangte Draco zu wissen. Es konnte nicht schaden, wenn er diesen Namen wusste, dachte das Mädchen. „Debonair Just.“ Der Slytherin schnaubte. „Warum wundert es mich nicht, dass ihr euch ausgerechnet mit dem versteht?“ „Kennst du ihn?“, fragte sie verwundert. „Ja, allerdings.“, murmelte er und strich sich eine blonde Strähne aus der Stirn. „Das ist ein verkappter Gryffindor.“ So, wie er das betonte, hätte er statt 'verkappter Gryffindor' auch 'Kuhfladen' sagen können. Hermine verschränkte die Arme vor der Brust. „Nur, damit du es weißt, du Hornochse: Harry ist ebenfalls ein Gryffindor! Und damit scheinst du keine Probleme zu haben!“, fauchte sie aufgebracht. Wie sie es hasste, wenn er Gryffindor als Beleidigung benutzte! „Reg dich ab, Granger!“ Draco verdrehte die Augen. Narzissa schritt. „Beruhigt euch, alle beide!“ Sie wandte sich an Hermine. „Nimm nicht immer alles so ernst, was er sagt. - Und du brauchst gar nicht so zu grinsen!“, fuhr sie ihren Sohn an. „Du solltest endlich damit aufhören, deine Gefühle für Harry mit Beleidigungen überdecken zu wollen! Jeder hier weiß, was los ist!“ Dracos Grinsen erlosch und ein eisiger Ausdruck trat auf sein Gesicht. Er wusste, dass es jeder wusste. Aber es fiel ihm trotzdem nicht leicht, offen damit umzugehen. Es hatte ihn schon einiges gekostet, von 'Potter' auf 'Harry' umzusteigen. Aber vielleicht konnte er sich in Hogwarts gedanklich daran gewöhnen, etwas offener zu sein. Vielleicht... Bevor er in seine Schule zurückkehrte, sah der Slytherin noch nach Harry. Der Werwolf schlief noch immer tief und fest, den Körper fest in die Decke gewickelt. Draco kniete sich neben das Bett und betrachtete das schlafende Gesicht ein paar Momente lang. „Schade, dass du nicht wach bist, Kleiner. Aber wecken will ich dich auch nicht. Du hast den Schlaf dringend nötig.“ Sanft streichelte er ihm über die Wange und die Haare, bevor er sich wieder aufrichtete. „Wir sehen uns bald wieder.“, versprach er und verließ nach einem letzten Blick das Zimmer. Unten nahm er noch Abschied von seiner Mutter und Hermine, bevor er durch den Kamin wieder nach Hogwarts flohte. _______________________________________________________ Harry erwachte etwa eine Stunde, bevor der Mond aufgehen würde. Nicht, dass er ausgeschlafen hätte, aber sein Magen hatte so laut geknurrt, dass es ihn geweckt hatte. Offensichtlich hatte er das Nachtmahl in Form von frischem Hirschfleisch bereits verdaut. Mit einem Ächzen rollte er sich aus dem Bett und zog sich die Decke vom Körper. Merkwürdig... Er konnte sich gar nicht daran erinnern, sich eine Hose angezogen zu haben. Soweit er wusste, war er mit dem Handtuch um die Hüfte eingeschlafen. Er lächelte. Dann hatte bestimmt Hermine ihn umgezogen. Immer achtete sie auf diese Kleinigkeiten. Eine wahre Freundin... Mit noch etwas wackligen Beinen ging er zu seinem Kleiderschrank und nahm ein T-shirt heraus, dass er sich sofort überzog. Danach folgte noch ein Paar Socken, damit er keine kalten Füße bekam, und Schuhe. So ausgerüstet lief er hinunter in den Salon, wo er auf Remus traf. Der Werwolf saß auf dem Sofa, einen Teller auf dem Schoß balancierend und eine Tasse Tee in den Händen. Als er aber hörte, dass jemand den Raum betrat, hob er den Kopf und lächelte. „Hey, Welpe. Ausgeschlafen?“ Sich die Augen reibend ließ sich Harry neben ihm fallen. „Nein, mein Magen hat mich geweckt -“ Ein erneutes Knurren seines Magens unterbrach ihn. Remus lachte und rief eine Hauselfe, damit diese seinem Welpen etwas zu Essen brachte. „Der Hirsch hat relativ lange angehalten.“, murmelte er. „Auf der anderen Seite hast du auch fast das ganze Tier allein verdrückt.“ Harry bekam große Augen. „Was?“ „Es war gegen Ende der Nacht, als du das Tier aufgespürt hast.“, erzählte er. „Es hatte keine Chance, obwohl du bei der Jagd noch ein wenig unbeholfen gewirkt hast.“ Ein wenig Vaterstolz blitzte in seinen honigfarbenen Augen auf. Es hatte ihn eigentlich nicht überrascht, als sein Welpe in der Nacht plötzlich die Ohren gespitzt und die Nase schnüffelnd gehoben hatte. Er selbst hatte das Tier ebenfalls gewittert, hatte dem aber keine Bedeutung beigemessen. Rohes Hirschfleisch war nicht ganz nach seinem Geschmack – schon gar nicht, wenn er mit seinem menschlichen Bewusstsein dachte. Aber Harry war voll in seinem tierischen Ich und begann daher mit der Jagd. Es war ein toller Anblick gewesen, wie der riesige Körper des Wolfs lautlos durch das Dickicht geschlichen war, die Ohren aufmerksam aufgestellt und jedes Geräusch verfolgend. Und obwohl Wölfe eigentlich im Rudel jagten, hatte Harry keinen Wert auf seine Hilfe gelegt. Noch etwas unsicher hatten seine großen Pfoten Halt auf dem Boden gesucht und kurz vor seiner Beute krachte plötzlich ein Zeig unter ihm. Der Hirsch hatte den Kopf in den Nacken geworfen, alle vier Beine in die Hand genommen und war mit großen Sprüngen zwischen den Bäumen verschwunden. Doch Harry lief ihm in großen Sätzen nach, die Zähne gefletscht. Als Remus ihn eingeholt hatte, thronte sein Welpe bereits mit den Vorderbeinen auf dem Hals des toten Tieres, während er große Stücke Fleisch aus dem Kadaver riss und hinunter würgte. Als er Remus gehört hatte, hatten sich zwar seine Ohren in diese Richtung gedreht, doch er hatte sein Mahl nicht unterbrochen. Grüne Augen hatten ihn aufmerksam, doch ohne Drohung angesehen, woraus Remus geschlossen hatte, dass er, wenn er gewollt hätte, durchaus seinen Teil an der Beute widerstandslos bekommen hätte. Doch er hatte sich nur unter einer großen Tanne niedergelassen und Harry bei seinem Nachtmahl beobachtet. Danach war sein Welpe zu ihm getrottet und hatte sich an ihn gekuschelt auf die Erde fallenlassen. Das Klappern von Geschirr riss ihn aus seinen Erinnerungen. Harry hatte sich mit einem beladenen Teller neben ihn gesetzt. Das feine Porzellan lag auf seinen Schenkeln, während er in den Händen eine Tasse Tee hielt, in der er mit einem Löffel herumrührte, was das Geräusch erklärte. „Na? Wieder da?“, fragte Harry neckend mit einem Grinsen, während er seinem Leitwolf einen frechen Seitenblick zuwarf, bevor er über die Tasse pustete und einen kleinen Schluck des Tees trank. Als er die Temperatur als angemessen empfand, nahm er einen größeren Schluck und stellte die Tasse zur Seite. „Woran hast du gedacht?“, wollte er dann wissen, nachdem Remus nicht geantwortet hatte. „Entschuldige.“ Remus lächelte leicht. „Ich habe an vergangene Nacht gedacht.“, meinte er, bevor er den Rest seines inzwischen kalt gewordenen Tees trank. „Sollte ich etwas wissen oder war die Jagd das Wichtigste?“ Ein vielsagendes Grinsen legte sich auf Remus' Lippen, weswegen Harrys Herz einen Takt aussetzte. Er würde doch wohl nichts angestellt haben!? „Keine Sorge, du warst ein ganz braver Wolf.“, beruhigte der Ältere ihn dann schließlich, was ihm einen leichten Hieb gegen die Schulter einbrachte. „Erschreck' mich gefälligst nicht so!“, schimpfte Harry, musste dann aber doch grinsen. „Wo bliebe denn da der Spaß?“ Remus wich einem erneuten Hieb aus, wobei er fast seinen Teller auf den Boden warf. Doch ein wenig der Soße schwappte über den Rand, lief über seine Hose und tropfte auf den Boden. „Mist!“ Narzissa sah es gar nicht gerne, wenn nicht am Tisch gegessen wurde. Sie hasste Flecken auf dem Teppich! Harrys Grinsen wurde breiter. „Tja, die Strafe folgt auf dem Fuße, hm?“ Darauf erwiderte der ältere Werwolf nichts, sondern tupfte nur den Soßenfleck auf dem Teppich mit einer Serviette ab in der Hoffnung, dass danach nichts mehr zu sehen sein würde. Doch der Fleck blieb hartnäckig. „Remus?!“ Narzissa stand in der Tür zum Salon und starrte den Werwolf aus verengten Augen an. Ihre Hände waren in die Hüften gestemmt, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie gesehen hatte, was Remus zu verbergen versucht hatte. Der Werwolf hatte den Anstand, wenigstens reumütig auszusehen. „Es tut mir leid. Ich wollte nicht -“ „Warum esst ihr nicht am Tisch, wie es normale, gesittete Menschen tun? Dann hättest du nicht meinen Teppich ruiniert.“, zischte sie wütend und funkelte den Älteren dermaßen in Grund und Boden, dass sogar Harry neben ihm den Kopf einzog und auf leisen Sohlen mit seinem Teller in der Hand Richtung Tisch schlich. Doch Narzissa nahm ihn sofort ins Visier. „Und du“, schnarrte sie, „nimm dir nicht immer ein Beispiel an ihm!“ Harry nickte artig und huschte schnell zum Tisch, um dort weiter essen zu können. Irgendwie tat Remus ihm schon leid. Er saß da wie ein geprügelter Hund und ließ die Schimpftirade wortlos über die ergehen. Doch auf der anderen Seite hatte der Werwolf ganz genau gewusst, welches Risiko er einging, als er sich auf dem Sofa statt am Tisch niedergelassen hatte. Ein Kribbeln im Nacken ließ Harry den Kopf heben. Auch Remus war aufmerksam geworden. „Verdammt! Wie lange ist es noch bis Mondaufgang?“ Narzissa unterbrach erschrocken ihre Schimpftirade und starrte die beiden Werwölfe mit geweiteten Augen an. Sein Leitwolf warf einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel verdunkelte sich bereits. „Nicht lange genug.“, grummelte Remus und schloss kurz resigniert die Augen, während Harry halb in Panik ausbrach. Er selbst spürte ebenfalls, dass es zu spät war. Die Verwandlung stand unmittelbar bevor, dennoch weigerte er sich, im Haus zu dem Wolf zu werden. Er hatte keine Ahnung, wie das Tier darauf reagieren würde, in diesem Raum eingesperrt zu sein. Von den Leuten jenseits der Tür ganz zu schweigen. „Ich werde die Tür verriegeln und die Hauselfen anweisen, niemanden hinaus oder hinein zu lassen. Ihr habt mein Wort, dass die Wölfe hier nicht hinaus kommen werden.“, schwor Narzissa und blickte sie ernst an. Dann lief sie hinaus und schloss die Tür hinter sich. Harry konnte noch das Zuschnappen der Schlösser und ein paar Versiegelungszauber hören, bevor jedes Geräusch von draußen verstummte. Doch es lag nicht daran, dass es keine mehr gab, sondern daran, dass sein Wolf durchbrach. Sein Denken verlagerte sich, seine Sinne schwanden für einen Moment, bevor sie hundertfach verstärkt zurückkehrten, und ein eigenartiger Schmerz durch seine Wirbelsäule fuhr. _______________________________________________________ „Au!“, murmelte Harry und drehte sich mühsam auf die Seite, während er mit einer Hand unkoordiniert nach dem Übeltäter tastete, das in seinen Rücken gestochen hatte. Ein Holzspan schnitt in seine Handfläche, weswegen er sich verwundert umwandte. „Autsch... Aua...“ So wie er sich gerade fühlte, lag er auf einer ganzen Sammlung von diesen Spänen. Vorsichtig stützte er sich auf seine Arme und schob sich ächzend in eine aufrechtere Position. „Oh...“ Das Zimmer, in dem er war, sah aus, als hätte ein Wirbelsturm darin gewütet. Aber er wusste, dass dieser Sturm seinen Namen trug. Ächzend stand er auf, wobei er ein wenig aus dem Gleichgewicht geriet. Ein Blick nach unten verriet ihm auch, warum. Er stand auf dem ehemaligen Esstisch. Die Tischplatte war in der Mitte durchgebrochen, sodass sie ein V bildete. Zusammen mit den Beinen ergab das ein krüppliges M. Die Holzspäne stammten von der Bruchstelle, auf der er gelegen hatte. Kein Wunder, dass ihm alles wehtat. Als er sich umblickte, entdeckte er Remus schlafend auf dem Sofa zusammengerollt. Er sah müde aus, aber sonst schien er in Ordnung zu sein. Harry warf einen Blick zur Tür. Das Holz hatte ein paar gewaltige Kratzer, aber nichts, was man nicht wieder in Ordnung bringen könnte. Das Fenster war ebenfalls noch intakt und ansonsten gab es außer dem Kamin keine Verbindungen nach draußen. Sie schienen den Raum also wirklich nicht verlassen zu haben. Erleichtert atmete er auf und schloss einen Moment die Augen. Beinahe wäre sein erster Vollmond zu einem Desaster geworden. Es würde ihn allerdings mal interessieren, warum er auf dem Tisch lag! Der mit Teppich ausgerüstete Fußboden sah so viel bequemer aus! Das Schloss der Tür wurde leise geöffnete, dann wurde sie einen Spalt breit aufgeschoben und Narzissa steckte ihren Kopf hinein. Als sie sah, dass Harry wach war, lächelte sie sanft und betrat den Raum vollständig. „Guten Morgen.“, wünschte sie leise mit Rücksicht auf den noch immer schlafenden Remus. Als ihr Blick aber auf den gebrochenen Tisch fiel, seufzte sie resigniert und legte eine schmale Hand in ihren Nacken. „Ohje... Dieser Tisch war mit einigen Zaubern versehen. Es wird nicht leicht werden, ihn wieder zu reparieren.“ „Tut mir leid, aber offensichtlich fand mein Wolf ihn überaus bequem.“ Harry zuckte verlegen und entschuldigend mit den Schultern, während er sich durch die Haare fuhr. Er war froh, dass die Frau ihm das zerstörte Holzteil nicht übel nahm, aber auf der anderen Seite konnte er nichts dafür. Sein Wolf tat, was er will, da konnte er sich auf den Kopf stellen... Narzissa lächelte nachsichtig und rief eine Hauselfe, damit diese das Chaos beseitigte und die Splitter entfernte, um zu verhindern, dass sich noch jemand daran verletzte. Dann glitt sie zu Harry. „Würdest du bitte das Shirt ausziehen, damit ich nachsehen kann, ob du verletzt bist?“ Vorsichtig kam er ihrer Bitte nach, denn in seinen Armen machte sich seine Muskeln schmerzhaft bemerkbar. Sie schienen es wohl nicht zu mögen, drei Nächte hintereinander sein halbes Gewicht hatten tragen zu müssen. Außerdem brannten ein paar vereinzelte Stellen an seinen Seiten. „Die Splitter haben dich verletzt.“ Narzissa fuhr zaghaft mit ihren kühlen Fingern über kleinere Schnittwunden. Die meisten begannen bereits zu verheilen, doch in einigen war noch immer das Holzstück, was ein Schließen der Wunde verhinderte. „Darf ich die Splitter entfernen? Ich bin auch ganz vorsichtig.“ Harry hörte die Fürsorge in ihrer Stimme und lächelte. „Natürlich.“ Er hielt ganz still, während sie vorsichtig die Fremdkörper aus seiner Haut puhlte. Hin und wieder tat es ein wenig weh, doch er war Schmerz gewohnt und zuckte daher nicht einmal mit der Wimper. Er war nur froh, dass das Dunkle Mal an seinem Arm einen Tag vor Vollmond soweit verheilt gewesen war, dass sie den Verband hatten abnehmen können. Die Haut war zwar noch immer sehr empfindlich, aber längst nicht mehr so schlimm. Er konnte sie berühren, ohne dass es wehtat. Er konnte den Arm wieder auf den Tisch legen beim Schreiben oder Essen. Doch alles noch vorsichtig. Er zuckte zusammen, als ein stechender Schmerz zwischen seinen Rippen aufbrüllte. „Tut mir leid.“, kam sofort Narzissas Entschuldigung. „Das Mistding ist mir entwischt.“ Sie machte sich an einen erneuten Versuch und Harry spürte ihre Fingernägel an seiner Haut. Es ziepte kurz, aber dann jubelte die Frau leise auf und hielt den kleinen Übeltäter triumphierend in die Höhe. „Der war ganz schön hartnäckig.“ Sie warf ihm ein kleines Grinsen zu. „Stur wie derjenige, in dessen Haut er gesteckt hat.“ Harry warf ihr über die Schulter hinweg ein schiefes Lächeln zu. „Soll ich mich geschmeichelt fühlen, weil ich Gemeinsamkeiten mit einem Stück Holz habe?“, fragte er amüsiert. Die blonde Frau erwiderte sein Lächeln, bevor sie ihren Zauberstab zog und die kleinen Wunden erst reinigte, dann mit einem schnellen Zauber verschloss. „So, das wäre erledigt. Wie sehen die anderen Verletzungen aus?“ Sie lief um den jungen Werwolf herum und besah sich den langen Kratzer, den Fenrir ihm zugefügt hatte. Er war bereits langsam am Verheilen. „Das sieht ganz gut aus. Und die Bisswunde?“ Sie überließ es ihm, seinen Hosenbund ein Stück hinunter zu ziehen, sodass die Verletzung vollständig zu sehen war. Auch auf dieser Wunde hatte sich bereits fester Schorf gebildet, was ein gutes Zeichen war. „Sehr schön. Aber ich fürchte, es werden Narben zurückbleiben.“ Schulterzuckend zog Harry seinen Bund wieder zurecht. „Wären nicht die ersten. Und es werden mit Sicherheit auch nicht die letzten sein.“ Seine Hand wanderte zu seiner Bauchgegend, als wäre er überrascht, dass dieser Körperteil von ihm sich noch nicht gemeldet hatte. „Ich habe den Hauselfen angewiesen, euch beiden ein wenig Fleisch zu bringen.“, erklärte Narzissa Harrys mangelnden Hunger. „Und er meinte, dass ihr beide euch darauf gestürzt hättet, als wärt ihr kurz vor dem Verhungern. Das war gegen vier Uhr nachts.“ Harry warf einen Blick auf die große Standuhr. Es war halb acht am Morgen. Wenn er sich beeilte, konnte er es noch zu Unterricht schaffen... Ein Gähnen unterbrach seine Gedanken. Kopfschüttelnd beobachtete Narzissa den Schwarzhaarigen. Sie ahnte, was in seinem Kopf vor sich ging, aber er würde noch merken, dass er heute keinen Schritt mehr nötig tun konnte. Die Anstrengungen der letzten drei Nächte würden ihn sehr schnell ans Bett ketten. Die ersten Anzeichen gab es bereits. Es war ihr schon klar, dass er eigentlich keinen Unterricht verpassen wollte, doch ihm würde keine Wahl bleiben. Entweder schlief er hier oder in der Schule. Und beides hätte den Effekt, dass er den Unterricht versäumte. Allerdings dürften beim Schlafen in der Schule noch Rückenschmerzen hinzukommen, denn bekannterweise waren die Schülerpulte alles andere als schläferfreundlich. „Ich kann es mir nicht leisten, Unterricht zu verpassen. Ich hänge doch ohne dieses ganze Vollmond-Rumgehampel schon genug hinterher.“, knurrte Harry halb genervt, halb verzweifelt. Er hatte zwar gewusst, dass er an den Vollmond-Tagen den Unterricht nicht besuchen konnte, aber es machte ihn dennoch wahnsinnig, dass sein Leben von diesem toten Himmelskörper ein paar hunderttausend Kilometer entfernt bestimmt wurde. Doch er musste sich fügen. Auf der anderen Seite war er zutiefst dankbar für diese Zeit, die er weiterleben durfte. Wenn er dadurch ein wenig mit dem Unterricht hinterherhing, durfte er sich nicht beklagen. Narzissa bemerkte sofort, wann Harry resignierte. Die Spannung in seinen Schultern ließ merklich nach, wodurch sie ein Stück nach unten sackten. „Leg dich hin. Du musst morgen wieder fit sein.“ Sie legte vorsichtig eine Hand an seinen Ellenbogen, um ihn in sein Zimmer zu begleiten. Harry war unterwegs dorthin bereits beinahe eingeschlafen und über die Stufen gestolpert, sodass er sich in seinem Zimmer einfach nur auf sein Bett fallen ließ, die Decke über die Schultern zog und sofort einschlief. _______________________________________________________ „Phelan? Wach auf!“ Die Stimme drang nur langsam durch den dicken Nebel in seinem Kopf. Grummelnd zog sich der Werwolf die Decke über den Kopf und legte sich den Arm auf das Ohr, das nicht ins Kissen gedrückt wurde. Doch diese Stimme ließ nicht locker, sodass Harry schließlich die Grenze zwischen Schlaf und Wachen überschritt und missgelaunt ein Auge öffnete, um den Störenfried wütend anzufunkeln. Doch es hatte leider nicht ganz den gewünschten Effekt: Der Störenfried lachte. Harry fauchte etwas Unverständliches, was das Lachen aber nur noch heftiger machte. So griff er wieder auf seine alte Taktik zurück: Unter der Decke verstecken und hoffen, dass man dadurch nicht gesehen wurde. Doch der andere wurde so dreist und riss sie ihm einfach wieder weg. Instinktiv schnappte Harry mit den Zähnen nach der Hand und erwischte ein Stück Baumwolle. „Harry, nicht beißen!“ Hermine schüttelte ihn lachend ab und klopfte ihm auf den Kopf, weswegen Harry schließlich knurrend die Augen öffnete. Wenn auch nur, um zu sehen, wo der Übeltäter war, um ihn dann besser erwischen zu können. Doch derjenige bemerkte wohl, dass er noch immer in Gefahr schwebte, und trat ein paar Schritte zurück, sodass Harry ihn vom Bett aus nicht mehr erreichen konnte. „Wehe, du schläfst wieder ein, Harry!“, drohte sie, während Harry schon wieder halb weggedriftet war. Doch er war fest entschlossen, es einfach zu ignorieren und sich den wohlverdienten Schlaf zu gönnen. Doch plötzlich knallte etwas gegen seine Stirn und der schmerzhafte Aufprall schreckte ihn auf. „Was?!“, bellte er und starrte den Übeltäter finster an. Ein schneller Blick nach unten zeigte ihn, dass das Ding ein kleiner Holzspan gewesen war, der neben dem Kamin gelegen hatte. „Granger, was soll das?!“ „Wooh! Jetzt mal mal halblang, Phelan! Es ist fünf Uhr nachmittags -“ „Viel zu früh!“ Damit zog er sich wieder die Decke über den Kopf und kniff die Augen zusammen, um weiterzuschlafen. „Ich wollte -“ „Ist mir egal!“, unterbrach Harry sie gedämpft. „Komm wieder, wenn ich wach bin.“ Hermine starrte einen Moment lang empört den Deckenberg an, bevor sie schnaufte, sich so schwungvoll umdrehte, dass ihre Haare flogen, und das Zimmer verließ, wobei sie die Tür äußerst geräuschvoll schloss. Knurrend drehte Harry sich unter seiner Decke auf die andere Seite. Er wusste, dass Hermine die nächste Zeit ziemlich angepisst sein würde. Doch selbst wenn er jetzt doch noch aufstand und ihr nachlief, würde sich daran nichts ändern. Also beschloss er, im Bett zu bleiben, damit er wenigstens ausgeschlafen war, wenn er ihr gegenüber treten musste. Abgesehen davon bestand ihre Mitteilung wahrscheinlich darin, ihm seine Hausaufgaben zu bringen. Aber dafür war er noch viel zu müde... _______________________________________________________ Als er das nächste Mal erwachte, war es draußen dunkel und er fühlte sich wesentlich ausgeruhter. Nur sein Magen meldete sich protestierend. Er zog die Decke beiseite und schwang die Beine aus dem Bett. Nach einer gründlichen Dusche und frischer Kleidung fühlte er sich fast wie neu geboren. Ein Blick in den Spiegel verriet ihm, dass seine Haare zwar noch immer vollkommen wirr waren, doch daran ließ sich nichts ändern. Mit einer Hand fuhr er kurz durch den chaotischen Schopf, nur um dann den Kopf zu schütteln und den Raum zu verlassen. Er hatte zwar keine Ahnung, wie spät es war, doch sein Magen verlangte unnachgiebig nach Nahrung. Das Haus war ruhig, weswegen Harry vermutete, dass die Bewohner alle in ihren Betten lagen. Er schlug den Weg in die Küche ein, wo er ein paar Hauselfen erschreckte, die gerade dabei gewesen waren, ihren Arbeitsplatz aufzuräumen. „Entschuldigt, ich wollt euch nicht erschrecken.“ Harry lächelte leicht. Eine Hauselfe tappelte zu ihm und verbeugte sich tief und demütig vor ihm. „Ihr müsst Euch nicht entschuldigen, Herr. Was können wir für Euch tun?“ „Ich bin ein wenig hungrig. Könntet ihr mir...“ Er überlegte. „Wie wäre es mit einer gebackenen Hirschkeule, Herr?“, schlug der Elf vorsichtig vor, worauf Harry zustimmend nickte. „Wir werden es Euch dann im Speisezimmer servieren, wenn es Euch recht ist?“ Wieder nickte der Werwolf zustimmend und verließ die Küche. Als er die Tür zum Esszimmer öffnete, blieb er kurz erstaunt stehen, als er Remus am Tisch entdeckte, der sich hungrig über seinen gefüllten Teller hermachte. Dann betrat er den Raum und ließ sich seinem Leitwolf gegenüber auf einen Stuhl fallen. „Hi.“, grüßte er lächelnd. Remus schluckte den Bissen hinunter, den er noch im Mund gehabt hatte, und erwiderte den Gruß. „Ich nehme an, du hast Hunger?“ „Wie ein Bär.“, grinste Harry, wobei ihm sein Magen laut zustimmte. Kurz darauf erschien auch schon die Hauselfe mit einem vollbeladenen Teller neben ihm und deckte für den jungen Werwolf den Tisch. „Wie fühlst du dich?“, fragte Remus besorgt, sobald Harry sein Mahl beendet hatte. Er sah zwar, dass sein Welpe besser aussah als in den letzten Tagen, aber er wollte dennoch sichergehen, dass es ihm auch wirklich gut ging. Harry blickte auf. Er lächelte. „Es geht mir wirklich gut. Immerhin ist niemand verletzt worden. Und so schlimm, wie ich zuerst dachte, war es gar nicht.“ Remus grinste schief und hob eine Augenbraue. „Greyback?“ „Der zählt nicht!“, kicherte der Schwarzhaarige. „Immerhin hätte er nicht hier sein müssen. Außerdem war er selbst ein Wolf. Er konnte sich also durchaus zur Wehr setzen. - Wie man immer noch sehen kann.“ Er fuhr sich leicht über die Hüfte, dort, wo die Bisswunde langsam verheilte. Die Kratzer spürte er nur noch, wenn er sich falsch bewegte. Remus lächelte glücklich. Sein Welpe schien seinen ersten Vollmond überaus gut überstanden zu haben. Wenn er da an sein erstes Mal dachte, als er sich in einen Wolf verwandelt hatte... Er hatte panische Angst gehabt und es hatte höllisch wehgetan. Er konnte sich noch immer nicht daran erinnern, was er in diesen Nächten angestellt hatte. Doch er hatte gelesen, dass zu dieser Zeit einige Menschen in den Wäldern in seiner Nähe verletzt worden seien. Bis heute hatte er ein schlechtes Gewissen und mit jedem neuen Vollmond, den er ohne Wolfsbanntrank überstehen musste, stieg seine Angst vor seinem inneren Wolf. Harry hingegen schien die Bestie in seinem Inneren zu akzeptieren. Vielleicht war das der Grund dafür, dass der Wolf so friedlich war. Selbst in diesem Raum eingesperrt zu sein, schien das Tier nicht groß gestört zu haben. Er hatte zwar versucht, die Tür zu öffnen, aber nachdem er gemerkt hatte, dass sie fest verschlossen war, hatte er Remus halb auf seinen Vorderbeinen liegend und mit wedelndem Schwanz zum Spielen aufgefordert. Die halbe Einrichtung war dabei zu Bruch gegangen, aber das war kein Akt der Böswilligkeit gewesen, sondern einfach Unachtsamkeit und der Übermut der Jugend, wie Remus schätzte. „Alles okay?“, riss ihn Harrys Stimme aus den Gedanken. „Ich denke schon. Ich habe nur an meine erste Verwandlung denken müssen.“ Harry legte den Kopf schief. „Du hast mir nie davon erzählt.“, stellte er vorsichtig fest und blickte Remus unsicher an. Vielleicht wollte der Ältere nicht darüber reden, weil er schlechte Erinnerungen daran hatte... Remus zuckte mit den Schultern. „Da gibt es auch nicht allzu viel zu erzählen. Ich kann mich nicht daran erinnern.“ Er senkte den Kopf. „Aber ich habe gehört, wie ein paar Leute in der Nähe in diesen Nächten verletzt wurden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich das war, ist ziemlich hoch. Ich hatte Glück, dass ich scheinbar niemanden getötet habe.“ „Das war nicht deine...“ Harry verstummte, als ihm klarwurde, dass er sich selbst in Remus' Situation ebenfalls die Schuld geben würde. „Mach dir nicht zu viele Gedanken darüber. Es ist lange her und dank des Banntranks hast du deinen Wolf unter Kontrolle.“ Dann grinste er und legte seinem Leitwolf eine Hand auf die Schulter. „Außerdem bin ich jetzt da, der auf dich aufpassen kann.“ Remus warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Du passt also auf mich auf?“, wiederholte er grinsend. „Dann zählt also ein Esszimmer auf den Kopf zustellen zu aufpassen?“ „Aber natürlich! Es hätte ja sein können, dass die Möbel dich angreifen wollen. Ich war nur vorausschauend.“ Harry reckte gespielt arrogant das Kinn und tat so, als wäre das Chaos eine wahre Heldentat gewesen. Doch er hatte sein Ziel damit erreicht. Remus lächelte wieder und schien nicht mehr diesen düsteren Gedanken nachzuhängen. Der Ältere erhob sich von seinem Stuhl. „Du solltest wieder ins Bett gehen. Morgen musst du wieder in den Unterricht.“ Harry nickte mit einem leichten Lächeln und tat es seinem Leitwolf nach. Er fuhr sich einmal kurz mit beiden Händen durch die Haare, bevor er zu Remus trat und ihn umarmte. „Gute Nacht.“ tbc... ======================================================= Das war's für heute! Wir sehen uns nächste Woche wieder. FROHE FEIERTAGE! =) LG Silberschwinge Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)