Drei Minuten mit der Wirklichkeit von Dahlie (... wenn die Welt stirbt.) ================================================================================ Kapitel 13: Tausend kleine Scherben. ------------------------------------ . . . Ich war sie. Sie war ich. Wir waren eins. Wir waren frei. Alice zitterte am ganzen Körper. Seit Stunden hielt man sie bereits in diesem kahlen Raum gefangen. Umgeben von Dunkelheit und großen Kisten, welche mit einem schweren Inhalt beladen waren, hatte sie sich auf dem Boden nieder gelassen und die Beine zum Körper gezogen. Ihr erster Auftrag und sie hatte es bereits vermasselt. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass ihrer besten Freundin die Flucht gelungen war. Etwas, was sie stark annahm, denn die letzten Stunden hatte sie den Worten der Todesser vor der Tür gelauscht und vernommen, wie diese sich über einen Eindringling auf der Flucht unterhalten hatten. Mit schmutzigen Händen strich sich Alice eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte dann auf den unebenen Boden. Dumpfes Licht fiel durch ein Dachfenster und der Morgen kündigte sich an. Wie naiv sie doch gewesen war. Nur weil sie wusste, wie Scorpius und Albus solche Aufträge immer erledigten, hieß das nicht automatisch, dass sie dasselbe Talent bezüglich Anschläge besaß. Bei dem Gedanken an Albus schmerzte ihr Herz. Die Blicke, die er seiner Cousine Dominique schenkte, erzählten von Gefühlen, die unheimlich tief waren. Liebe. Liebe, die sie selbst spüren wollte. Natürlich hatte sie in jener Nacht gewusst, dass sie einen Fehler begann. Wenn Alkohol im Spiel war, dann konnte sie nur den schwarzen Grimm ziehen. Unsicher und unerfahren waren seine Berührungen gewesen und doch voller Wärme. Vorsichtig strichen ihre Fingerkuppen über ihre Lippen und sie erinnerte sich an den Geschmack seiner Küsse. Alice konnte nicht mehr sagen, wann sie das merkwürdige und lästige Gefühl namens Liebe zum ersten mal bei Albus verspürt hatte, doch die Tatsache, dass dieses Gefühl immer stärker geworden war, je länger sie ihn kannte, ließ sich nicht leugnen. Sie mochte seine stürmische, heitere und zuversichtliche Art. Die grünen Augen, die in der Sonne der Farbe von dichtem Sommerlaub nahe kamen und das schwarze chaotische Haar. Immer wieder hatte sie dem Drang nachgeben müssen, es zu berühren, bis zu der Nacht, die sie im Nachhinein vielleicht sogar die Freundschaft zu ihm kosten könnte. Hemmungslos hatte sie sich fallen lassen. Es war ihr egal gewesen, dass es sich bei ihm nicht um wirklich starke Gefühle handelte, die er zu ihr hegte, sondern lediglich um Freundschaft. Die Erkenntnis war umso bitterer gewesen, auch wenn Alice von der Liebe zu Dominique gewusst hatte, so war ihr die Realität doch immer weit weg erschienen. Gegen eine Frau wie diese würde sie nicht ankommen. Schön, verführerisch und zierlich, weckte sie in jedem Mann den Beschützerinstinkt. Zusätzlich lockte Veela-Blut mit dem feinen Gemisch von Weasley-Genen, selbst Scorpius war diese Besonderheit nicht verborgen geblieben. Sie hatte es an seinem Blick gesehen. Alice schloss die Augen und atmete tief die kalte Luft ein. Jetzt war es sowieso unwichtig, denn sie würde sterben. Ganz egal wie sehr sie auch hoffen möge, einen Todesser wie Scorpius würde sie kein zweites Mal treffen. Wie aufs Stichwort knarrte die Tür und jemand trat ein. Träge hob das junge Mädchen den Kopf und ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie die Umrisse erkannte. Als er seinen Zauberstab hob und sich der Raum durch einige Kerzen erhellte, erkannte sie jene grausame Visage, vor der sie gewarnt worden war. Floyd Elope Malfoy betrat den Raum. Seine Haltung war von Stolz durchtränkt, seine Schritte fest und seine Statur überragte vermutlich die meisten Männer, die sie kannte. Sein helles blondes Haar, welches Scorpius ebenfalls besaß, war streng zurück gekämmt und kräuselte sich im Nacken leicht. Mit Wachsamkeit suchte er den Raum ab. Die dunkle Farbe der Todesser und der lange Umhang verliehen ihm etwas Mächtiges und Alice redete sich selbst ein, dass sie sich davon nicht täuschen lassen durfte. Sein Blick glitt über sie, er schloss die Tür und trat näher. Als er sich die schwarzen Handschuhe auszog, kämpfte sie sich auf die Füße. Sie wollte nicht, dass er auf sie herab sah, wie auf ein Stück Dreck, wo doch die Beschreibung eher auf ihn passte. Ihre Fingerspitzen wurden kalt und Alice bemerkte, wie die Angst in ihrem Körper aufstieg. Nach den Worten des jüngeren Malfoy gab es nur wenige Adjektive, die ihn beschrieben. Brutal und gefährlich. Ein wissendes und kaltes Lächeln zierte seine Lippen, als er einen Meter vor ihr zum stehen kam und erkannte sie die grausame Ähnlichkeit zwischen den Brüdern. Lediglich die weichen Gesichtszüge ließen vermuten, dass Scorpius der Jüngere von ihnen war. „So, so. Expecto Patronum Prassimus also.“ Seine Stimme war eisig und jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper. Er setzte sich auf eine große Kiste, sodass er seine langen schlanken Beine baumeln lassen konnte. „Wie viele gibt es noch von euch?“ Es war eine einfache Frage und Alice biss sich auf die Unterlippe, etwas was sie kurz darauf bereute, denn ein nicht zu beschreibender Schmerz jagte durch ihren Körper. Schreiend ging sie zu Boden und umklammerte ihren Oberkörper. Es war das erste Mal, dass sie den Crucio am eigenen Leib erfuhr und es war schrecklicher, als sie es sich je hätte vorstellen können. Tausende von Nadeln durchbohrten sie und ihre Muskeln verkrampften sich. Nach einer schieren Unendlichkeit kam sie heftig keuchend zur Ruhe und versuchte zu atmen. Ihre Lunge schmerzte, ihr Herz und ihre Seele ebenfalls. „Wir können dieses Spielchen die ganze Nacht spielen“, merkte der Todesser an. „Und lass dir gesagt sein, ich habe Talent und Geduld für diese Art Spiel.“ In ihrem Kopf rauschte es, doch Alice kämpfte sich mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, wieder auf die Beine. „Nur zu. Lieber verrecke ich unter deiner Hand, Malfoy, als dass ich auch nur ein Wort des Verrats über die Lippen bringe.“ Leicht verwirrt hob sich eine feine Augenbraue des blonden Mannes. „Woher weißt du, wer ich bin?“ Er rutschte von der Kiste und Alice spuckte ihm vor die Füße. „Woher ich deinen Namen kenne, Floyd? Wunder dich nicht drüber, denn bald wird die ganze Welt wissen, wer du bist, da du als Schlächter tot unter der Erde liegst!“ Sie klang höhnisch und rechnete erneut mit Schmerzen, als sie das feine Grinsen auf seinen Lippen sah. „Immerhin wird mein Name nicht vergänglich sein.“ Er trat näher und Alice wich automatisch einen Schritt zurück. „Du hast also nicht vor zu sprechen, kleines Mädchen, auch wenn ich dich noch so oft von Crucio schmecken lasse?“ „Nein“, erwiderte sie schroff und als er vor ihr zum stehen kam, blickte sie in stumpfe graue Augen. Der Geruch von Rauch und verwestem Fleisch stieg ihr in die Nase und ihr Rücken berührte die große, farblose Wand. Wären sie sich bei einem anderen Umständen begegnet, so hätte sie ihn als hübsch bezeichnet, doch jetzt zierten seine schönen Züge Grausamkeit – ganz so wie Scorpius es erzählt hatte. „So? Dann werde ich zu einem anderen Mittel greifen müssen, um dich gefügig zu machen.“ „Zu körperlicher Gewalt?“, stellte sie die mutige Frage und konnte erneut Verblüffung in seinen Augen erkennen. „Tu dir keinen Zwang an. Doch ich bin sicher, dir fällt noch etwas viel besseres ein, schließlich heißt es, du seist recht erfinderisch, was Sadismus anbelangt.“ Floyd wurde augenblicklich wachsamer. Es ging ihm gegen den Strich, dass dieses Mädchen so gut über ihn informiert war und er nicht die leiseste Ahnung hatte, wer sie war. Unwillkürlich sah er in ihre dunkelblauen Augen und musterte die betont gleichgültige Miene. Crucio würde sie nicht zum Sprechen bringen, sondern sie lediglich den Verstand verlieren lassen und töten wollte er sie noch nicht, schließlich war die Neugier in ihm stärker, als das Verlangen nach Blut. Seit Scorpius Tod war er seltsam unzufrieden und ruhelos von einem Auftrag zum nächsten. Wie lange Elliott als sein Partner das noch mitmachte, wusste Floyd nicht. Doch sein Handeln diente lediglich der Rache. Floyd schluckte hart, als er an die ruhige Miene seines Bruders dachte, die ihn einst so oft zur Weißglut getrieben hatte. Als Scorpius zu Beginn seiner Todesserweihe unter ihm gestanden hatte, hatte er den wissenden und aus seiner Sicht arroganten Ausdruck gehasst. Aber als Scorpius den Lehrer gewechselte und in seinem Großvater einen Ausbilder der besonderen Art gefunden hatte, war die Kluft zwischen ihnen kleiner geworden. Zwar hatte Floyd gewusst, dass sie wohl niemals ihre Überzeugungen miteinander teilen würden, aber er hatte Scorpius für seine seltsame Denkweise akzeptieren können. „Wonach steht dir denn?“ Er legte den Kopf schief und ein höllisches Grinsen zierte seine blassen Lippen. „Möchtest du langsam und mit Hingabe zerstückelt werden oder ist dir eher nach einem brutalen und heftigen Tod?“ „Wie wäre es, wenn du mich überraschst und mich einfach gehen lässt?“, höhnte sie und er konnte nicht leugnen, dass sie ihn amüsierte. „Wie heißt du?“ Sie schwieg und er trat näher, sodass er direkt vor ihr stand. Sein Gesicht kam dem ihren gefährlich nahe. Floyd beugte sich zu ihr herunter und hauchte: „Keine Spielchen, kleines Mädchen und vielleicht, aber auch nur ganz vielleicht kann ich deiner Bitte nach etwas Untypischen nachkommen.“ Er ließ den Zauberstab sinken und sie fragte sich, ob er das nur tat, um ihr Hoffnung vorzutäuschen. In die Ecke getrieben, schloss sie die Augen und flüsterte: „Alice… Alice Longbottom.“ Floyd verharrte, er kannte diesen Namen zu gut. Neville Longbottom, ein Widerstandskämpfer, der seit langem nichts mehr von sich hatte hören lassen. Zärtlich wickelte er eine wellige Locke um seinen Finger und betrachtete das glänzende Haar des Mädchens. Langsam verstand er, weshalb sie ein Wissen besaß, dass über das einer normalen Hexe hinaus ging. Als Tochter eines Rebellen hatte sie natürlich mehr Informationsquellen, als jemand, der in einer Familie lebte, die ständig auf der Flucht war. „Ob du es, mir glaubst oder nicht, kleine Alice, du fängst an mir zu gefallen.“ „Oh bitte nicht“, sprach sie gespielt sarkastisch. „Ich kann mich jetzt schon kaum vor Verehrern retten.“ Sie wusste nicht, woher sie den Mut für ihre frechen Worte nahm, doch die Tatsache, dass sie so oder so sterben würde, nahm ihr die Angst vor ihm. Floyd löste sich von ihr und seine heitere Miene veränderte sich zur Ausdruckslosigkeit. Seine kalten Finger hoben ihr Kinn an und er sprach: „Vorerst wirst du mir ein wenig die Langeweile der nächsten Stunden nehmen. Wenn du gut bist, dann kannst du mir öfters zu Diensten sein.“ Es dauerte einige Sekunden, bis Alice verstand, was er mit zu Diensten sein meinte. „Niemals, lieber sterbe ich freiwillig, als für dich die Beine breit zu machen!“ Floyd grinste selbstgefällig. „Ich bin gespannt, ob du das auch noch behauptest, wenn du erst einmal unter mir liegst.“ Er schritt rückwärts zur Tür und die Dunkelheit schien seinen Körper zu verschlucken. Die Kerzen gingen aus und als Alice hörte, wie die schwere Tür ins Schloss fiel, sackte ihr Körper zusammen. Da ist jemand, der mich anruft. Ist sie es? Ja. Ist sie es. Die Uhr kündigte die erste Stunde des neuen Tages an. Müde hob ein schwarzhaariger Junge den Kopf und sah von dem großen Tisch auf. Mehrere Karten und Pläne lagen vor ihm und Albus rieb sich die Augen. Seit drei Tagen trug er endlich wieder seine Brille und seine empfindlichen Augen ließen ihn spüren, wie sehr er sie eigentlich in Anspruch genommen hatte. Sein Blickfeld wirkte verschwommen und er wusste, dass es ihn einige Tage kosten würde, bis sich seine Sicht wieder klärte. Einst hatte ihm sein Großvater erzählt, dass Augen wie seine, etwas Besonderes waren. Als Kind hatte er ihm keinen Glauben geschenkt, doch jetzt wusste er es besser. Scorpius hatte offen zugegeben ihn für seine extreme Weitsichtigkeit zu beneiden, er dagegen verspürte Neid, wenn er an die Flexibilität seines Mitstreiters dachte. Erst vor knapp sechs Stunden hatte Scorpius ihm auf mysteriöser Weise durch ein selbst schreibendes Pergament die Nachricht zukommen lassen, dass er Rose in Sicherheit bringen konnte und noch nicht sagen konnte, wann sie es wieder bis nach Hogwarts schafften. Doch von Alice fehlte jede Spur. Bei dem Gedanken an Alice krampfte sich sein Herz zusammen. Es war falsch gewesen, dass er mit ihr geschlafen hatte, das wusste er und doch konnte er an jenem Abend nicht anders handeln. Ihr Duft, ihre Anwesenheit, ihre Stimme, all das hatte ihn wie etwas Magisches in einen Bann gezogen. Erst am Morgen, als er neben ihrem nackten Körper wach geworden war und den Schaden, den er angerichtet hatte, vor Augen geführt bekam, hatte Albus begriffen, dass er ein Narr war. Wie konnte er mit seiner besten Freundin schlafen, wo doch sein Herz für Dominique schlug? Frustriert ließ der junge Potter von den Plänen ab und dachte an seinen Bruder. Seit Tagen schlief er durch und Lily hatte ihn wissen lassen, dass James ausgemergelt und gefährlich erschöpft wirkte. Molly dagegen erholte sich hervorragend von ihrer Grippe. Es erschrak Albus selbst, dass ihm der Zustand seines Bruders egal zu sein schien. Doch die Tatsache, dass er wusste, dass James mit Dominique vor Jahren geschlafen hatte, ließ Hass in ihm aufsteigen. „Merlin, bin ich abartig“, sprach er leise zu sich selbst und vergrub den Kopf in seinen Händen. Jemand betrat auf leisen Sohlen den Raum und er machte sich noch nicht einmal die Mühe sich umzudrehen, schließlich besaß er die seltene Gabe, die Menschen anhand ihrer Schritte zu erkennen. „Solltest du nicht im Bett sein, Dome?“ „Ich kann nicht schlafen“, sprach sie ruhig und ließ sich neben ihm nieder. Unwillkürlich stieg der Duft von zarten Rosen in seine Nase und Albus schloss kurz die Augen. Seine Gedanken kreisten den Hauch eines Augenblicks um Sonnenblumen. Warum, wusste er selbst nicht. Der junge Potter-Spross zwang sich zu einem Lächeln und sah sie an. Zärtlich strich er durch ihr Haar und erschrak über diese Geste. Gerade als er seine Hand erschrocken zurück ziehen wollte, ergriff Dominique sie. Ihre feinen Gesichtszüge entspannten sich und ihre blassen Lippen zierte ein Lächeln. „Ich bin so froh, hier zu sein.“ „Warum?“ „Weil ich nun weiß, dass es dir gut geht.“ Albus wendete seinen Blick ab, seine Miene verhärtete sich und sein Herz raste. Eine leise, naive Stimme in ihm machte sich Hoffnungen. Hoffnungen, die er im Keim ersticken wollte, bevor er jene Schmerzen noch einmal verspürte, die James in ihm ausgelöst hatte. Zarte und schmale Finger berührten seine Wange und sein Körper versteifte sich. Dominique rutschte näher zu ihm, ihr Atem streifte ihn und Albus vergaß zu atmen. „Was ist mit dir?“, wisperte sie heiser und strich durch sein zerzaustes schwarzes Haar. Er antwortete nicht und als ihre Hand die seine umschloss, begriff Albus, worauf sie hinaus wollte. Seine Gedanken überschlugen sich vor Freude, doch sein Herz pochte nur aufgeregt vor sich hin. Etwas fehlte. Etwas Entschiedenes, was er bereits einmal verspürt hatte. Doch sein Gedächtnis ließ ihn kläglich im Stich. Dominique drängte sich an ihn und bat ihn mit einer zärtlichen Geste, sie anzusehen. Er tat es und spürte weiche, sehnsüchtige Lippen auf seinen. Es folgte ein Kuss, der ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen wegzog. Voller Hingabe und Vertrauen küsste sie ihn und raubte ihm jeglichen Widerstand. In diesem schwachen Moment bäumte sich in ihm die Frage auf, ob es seine Gefühle für Dominique waren oder ihr Veela-Blut, was ihn so willenlos werden ließ. Albus wusste erneut, dass er einen Fehler begann, als er sie handeln ließ, doch aus einem unerklärlichen Grund war er nicht im Stande, sich ihrer Anziehungskraft zu entziehen. Unter ihrer Führung begann er einen weiteren großen Fehler. Seine Umwelt verschwand, er ließ sich von etwas Unbekanntem leiten und verlor sich. In hingebungsvollen Küssen ertrank er und handelte aus reinem Instinkt. Erst als sein Name über ihre Lippen glitt und ein heiseres Stöhnen diesem folgte, klärte sich seine Sicht. Der Nebel aus Verwirrtheit und Unwissenheit, der ihn die letzten Tage begleitet hatte, verschwand. Seine Haut war von Schweiß überzogen und seine Muskeln verkrampften sich, als er spürte, wie Dominique über ihm keuchend zusammen sackte. Seine Hände zitterten, als er ihr durch das lange seidige Haar strich und etwas in ihm fiel laut klirrend zu Boden. Albus keuchte nach Luft, sein Atmen ging ebenfalls so unregelmäßig wie der seiner Cousine. Ihre hellen blauen Augen blickten in seine grünen, als sie lächelte und ihre Stirn gegen seine lehnte. Es war wie ein gewaltiger Tritt in die Magengrube, als ihm bewusst wurde, dass er nicht in dieses helle blau sehen wollte, sondern in ein blau, dass Freude und Fröhlichkeit ausstrahlte. Nicht in einem klaren blauen Himmel, nein, sondern in den tiefen Abgrund eines Meeres. Alice… Das Gefühl, welches in seinem Herzen fehlte, wenn er Dominique küsste, gehörte ihr. Die klare Sicht, als er mit ihr schlief, brachte ihre Wärme mit sich. Die Gänsehaut, wenn sie seinen Namen flüsterte, verschaffte nur ihre Stimme ihm. Er war ein blutiger Narr. Dumm und naiv schlief er mit seiner Cousine, in dem Glauben, dass sein Herz vor Freude und Liebe überquellen würde, doch in Wirklichkeit brachte diese Entscheidung nur Schmerzen mit sich. Wie in Trance nahm Albus war, wie seine erste Liebe den Kopf auf seine Brust legte und seinem Herzschlag lauschte. Er schluckte hart. Das, was haltlos zu Boden fiel und in tausend Scherben zerbrach, war sein eigenes Herz und erschreckenderweise kam ihm der Klang der Zerstörung sehr bekannt vor. Ihm war, als hätte er ihn bereits einmal still und leise gehört. Sonnenblumen… Das leise Klirren seines Herzens… Alice… Wir waren jung. Wir waren falsch. Uns ging es gut. Ganz allein. Vorsichtig und leise betraten drei Menschen, dick eingemummelt in ihren langen schwarzen Reiseumhängen ein verfallenes Gebäude inmitten von Cardiff. Wales war vor über einem Jahrzehnt aufs übelste von Todesser verwüstet worden. Kaum einen Muggel oder einen Zauberer hatte etwas an diesen zerstörerischen Ort gehalten. Kalter Wind fegte durch die verlassenen Straßen und die meisten Häuser waren bis auf ihre Grundmauern niedergebrannt worden. Dicke schwere Regentropfen fielen nun durch das einsturzgefährdete Dach und einer der drei Menschen sah auf. Seine Gestalt war hager, in der rechten Hand hielt er fest seinen Zauberstab umschlossen und als er hinter sich jemanden fluchen hörte, sprach er: „Was ist, Ron?“ „Dieser verfluchten Spinnen sind hier überall!“, erklärte sein bester Freund angewidert und zum ersten Mal seit Tagen ließ sich Harry Potter zu einem schwachen Lächeln herab. „Was suchen wir hier überhaupt?“ Hermine seufzte, als sie an Harry vorbei schritt. „Manchmal denke ich, du machst dir einen Spaß daraus, so zu tun, als könntest du nicht lesen.“ „Wie bitte? Was soll das denn-!“ „Eine Bibliotheca“, half Harry aus. „Stand zumindest vorne am Eingang. Hermine hofft immer noch, dass wir diese Ausgabe von Nathan Brown finden.“ Ron schnaufte verächtlich und stieg über einen herabgestürzten Balken. „Wir suchen seit Jahren nach diesem Buch. Hatten wir nicht alles abgeklappert, wo es hätte sein können? Vermutlich ist es verbrannt, als Hogwarts untergegangen ist.“ „Oder aber es steht in einer unauffälligen Muggel-Bibliothek“, wies Hermine hin und Harry runzelte die Stirn. „Und wie kommst du dann ausgerechnet auf Cardiff?“ Die Frau versuchte sich zu orientieren und sah sich suchend um. „Na ja, wir gehen seit acht Jahren davon aus, dass Nathan Brown ein Zauberer war, richtig?“ Die Männer nickten und folgten ihr. Je tiefer sie in die verfallene Ruine gelangten, umso stärker wurde der Geruch von verfaultem Fleisch. Wahrscheinlich hatte sich der eine oder andere naive Muggel eine Unterkunft für die Nacht gesucht und dabei mit seinem Leben bezahlt. Allen drein lief ein eisiger Schauer über den Rücken, als sie daran dachten, wie viele tote Menschen sich hier befinden mussten. „Wir wissen, er hielt sich bis kurz vor seinem Tod irgendwo in Wales auf. Zudem wurde bei unseren Nachforschungen deutlich, dass er eine Geliebte in Cardiff hatte.“ „Jaha“, gab Ron genervt von sich und sprang erneut angeekelt zur Seite, als er ein Spinnennetz entdeckte. Schonungslos schritt Hermine voran, schließlich kletterte sie gekonnt eine gefährlich instabile Treppe herunter. Als ihre Füße wieder festen Boden spürten, sprach sie leise: „Lumos.“ Licht erstreckte sich aus ihrem Zauberstab und sie wartete, bis ihre Freunde ihr folgten. „Worauf willst du jetzt eigentlich hinaus?“, wagte es Harry zu fragen und folgte ihr in die grausige Dunkelheit des Gebäudes. Sein Blick streifte kurz das eingefallene Gesicht einer jungen Frau, dessen rechte Gesichtshälfte bereits von den Ratten zerfressen war. Übelkeit stieg in dem Helden auf, als er daran dachte, dass dieses arme Geschöpft wahrscheinlich nur Schutz vor den Todessern gesucht hatte und gefunden worden war. „Browns Geliebte war die Tochter einer reichen Handelsfamilie und sehr gebildet. Sie wird also viel gelesen haben.“ „Du meinst, er hat ihr die Discorsi gegeben?“, riet Ron dümmlich und Hermine nickte bestimmt. „Richtig.“ „Aber wir haben doch das Anwesen und alle anderen Orte, die in Frage kamen abgesucht.“ „Schon möglich.“ Die Brünette blieb stehen und ein breites Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Aber da sind wir ja auch noch davon ausgegangen, dass Brown ein Zauberer war und seine Geliebte eine Hexe.“ Harry starrte sie an. Etwas hinter seiner Stirn schien zu begreifen. „Du meinst, er war ein Muggel?“ „Sicherlich. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Discorsi im 17ten Jahrhundert geschrieben worden ist, damals konnte aber leider nicht jeder lesen und schreiben und Zauberer haben sich diesbezüglich sicherlich nicht sehr von den normalen Muggeln unterschieden.“ „Im Klartext, Brown war ein Muggel und hat sich von einem Zauberer dessen Entdeckung diktieren lassen?“ „Genau!“ Hermine setzte den Weg fort. „Was auch erklärt, warum wir an keinem magischen Ort einen Hinweis finden. Brown wird das Buch, das von Ketzerei und Ungläubigkeit nur so trotzt, versteckt haben. Wir wissen, dass er bereits damals verfolgt worden ist, wegen seinem skandalösen Leben bezüglich des Fräuleins. Er wird das Buch aus Angst, dass es beschädigt werden könnte, nicht mitgenommen haben. Weshalb ich also stark davon ausgehe, dass seine Geliebte es versteckt hat und wo würde es am wenigsten auffallen? Natürlich in einem Paradies der Bücher.“ Sie streckte die Arme aus und Ron öffnete den Mund um etwas zu sagen. „Aber hier ist alles verbrannt!“ „Vielleicht auch nicht.“ Hermine schien zuversichtlich und bog im Labyrinth des Kellers zielsicher ab. Schließlich betrat sie einen verstaubten Raum, der früher einst für ein Lagerraum genutzt worden schien. Mehrere Akten aus dem Rathaus stapelten sich. Papier übersäte den Boden und Harry fragte sich, wie Hermine so sicher war, hier etwas zu finden. Als er den Gedanken laut aussprach erklärte sie: „In den Briefen, die sich Brown und seine Geliebte geschrieben haben, waren Hinweise. Ich habe sie analysiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Discorsi sich irgendwo hier befinden müsste.“ „Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?“, wollte Ron wissen und als Hermine breit lächelte, begriff er. Sofort probierten sie eine Reihe von Zaubersprüche aus, um in den Besitz des Buches zu gelangen, ohne jeden Stein umzudrehen. Doch es nutze nichts, sie mussten es auf die Kindertour nach dem Motto, Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein, machen. Angestachelt vom plötzlichen Erfolg suchte das einst goldene Trio hartnäckig nach irgendwelchen Geheimverstecken. Stunden vergingen und der Schweiß lief Harry über den Rücken. Ständig schob er neue Regale beiseite oder murmelte angestrengt irgendwelche Flüche um vielleicht vorhandene magische Barrieren aufzuheben. Staub klebte in seinem Gesicht und er wischte sich mit dem Ärmel seiner Jacke über die schweißige Nase. Immer wieder hörte er seinen besten Freund seufzten, vor Anstrengung, aber auch vor Hoffnung, dass sie dem Frieden endlich einen gewaltigen Sprung näher kommen würden. Die dunklen Zeiten sollten vorbei sein und in Vergessenheit geraten, doch Harry wusste, dass ein Krieg wie dieser, niemals vergessen werden durfte. Kurz setzte er sich auf einen umgestürzten Schreibtisch und zog ein Taschentuch aus seinem Mantel, um sich über das Gesicht zu wischen. Seine Kehle brannte vor Durst, doch er wagte es in dieser angespannten Situation nicht, sich zu beschweren und seinem Bedürfnis nachzugehen. Seine Gedanken schweiften zu dem letzten Kneipenbesuch, den sie unter einer Verkleidung gewagt hatten. Die magische Welt sprach von nichts anderen mehr, als diesen ominösen Zeichen, die der ganzen Bevölkerung Hoffnung zu geben schienen. Alle Welt schien zu glauben, dass der grüne Hirsch von ihm stammte und der rote Adler von einem seiner Freunde. Doch dann hatte etwas Entscheidenes die Menschen verunsichert. An einem Abend waren genau vier Zeichen gesichtet worden. Neben dem Adler und dem Hirsch hatten sich ein Einhorn und ein kleiner Waldkauz am Himmel erstreckt und da jeder wusste, dass Ron, Hermine und er zu dritt losgezogen waren und somit von der Bildfläche verschwanden, musste man diese Zeichen jemand Anderem zuordnen. Innerlich hoffte Harry, dass der Phönix Orden gewachsen war und dies ein neues Zeichen als Aufforderung zum Kampf war, aber irgendetwas ließ ihn daran zweifeln. Vielleicht die Tatsache, dass ausgerechnet der Hirsch grün war, irgendwie passten gewisse Dinge nicht zusammen. Wieso waren erst nur der Hirsch und der Adler gesichtet worden? Warum hatte es so lange gedauert, bis das Einhorn und der Waldkauz dazu gekommen waren? Zudem hatte es nur eine einzige Nacht gegeben, wo alle vier Zeichen in Erscheinung getreten waren. „Verwirrend“, murmelte der Auserwählte und strich sich durch die Haare. Es würde wohl Zeit werden, seinen einzigen Kontaktmann zu belästigen. Selbst Ron und Hermine wussten nicht, dass es jemanden gab, zu dem er ununterbrochen Kontakt gehalten hatte, während sie durch die Weltgeschichte gezogen waren. Harry hatte es für besser gehalten, schließlich war es sowohl für ihn, als auch für seinen Kontaktmann immer ein sehr riskantes Spiel gewesen und je mehr Menschen von ihrer Verbindung wussten, je instabiler wurde sie. Plötzlich ertönte ein erquickender Schrei und Harry fuhr herum. „Ich habs! Ich habs!“ Hermine überschlug sich vor Freude und stolperte über mehrere dicke Ordner. Ron und Harry traten näher und erkannten, dass die Augen der jungen Frau vor Freude leuchteten. In ihren Händen hielt sie ein dickes staubiges Buch, dessen Seiten bereits gelb verfärbt waren. Sofort bildeten sie einen Kreis um Hermine, die das Buch vorsichtig aufschlug. Harry erkannte gerade noch den Einband und den Namen Nathan Brown, sowie Discorsi. „Es lag versteckt hinter einem Regal, ein paar Steine sind aus der Mauer herausgebrochen und es ist leicht hervor gerutscht. Ein Wunder, dass es noch ganz ist,“ sprach Hermine und Harry vermutete, dass es magisch geschützt war. Ron leuchtete ihr mit seinem Zauberstab und unsicher sahen sich die drei Freunde an. Als die Augen der jungen Frau über die feine Schrift huschten, verzog sie enttäuscht das Gesicht. „Es ist auf Latein.“ „Und?“ „Mein Latein ist lückenhaft. Es wird dauern, ehe ich übersetzten kann, was man von uns verlangt.“ Harry seufzte tief, doch sein Herz pochte wie wild. „Kannst du trotzdem schon etwas sagen, wenn du nur einen kurzen Blick drüber wirfst?“ Hermine verdrehte die Augen und ließ sich breitschlagen, es zu versuchen. Während Harry und Ron also artig, still und schweigsam durch den Raum schlenderten, Wache hielten oder sich einfach nur ruhend auf dem Boden niederließen, versuchte Hermine Stunde um Stunde etwas von den genialen und gefährlichen Ausführungen Nathan Browns zu begreifen. Ihre Augenbrauen zogen sich konzentriert zusammen und als sie nach einer halben Ewigkeit entnervt das Buch zuschlug, sahen die beiden Männer auf. „Vergesst es! Brown war ein Meister des fachwörterlichen Schnickschnacks! Ich kann nur so viel sagen: Du-weißt-schon-wer kann hiermit in die Enge getrieben werden, sprich arg geschwächt, sodass du-!“ Sie sah Harry an. „-eine Chance besitzt ihn an Ort und Stelle zu halten. Seine Magie wird geschwächt oder unterdrückt, je nachdem, wie man es definiert und-!“ „Hermine, wo ist der Knackpunkt?“, unterbrach Ron sie ungeduldig und seine Frau schenkte ihm einen tadelnden Blick. „Diese vier Zeichen, ihr erinnert euch?“ „Natürlich, der Hirsch, der Adler, das Einhorn und der Waldkauz“, zählte Harry auf und sie nickte beträchtlich. „Das sind die vier Erben Hogwarts. Wenn sie ein bestimmtes Ritual durchführen, dann sind sie in der Lage, die dunkle Magie zu drücken und zu zerstören, doch dafür muss Du-weißt-schon-wer festgehalten werden. Er würde verschwinden, wie genau, habe ich noch nicht verstanden, aber wie es aussieht hat sich jemand sehr genau mit dem Zauber der Horkruxe beschäftigt und das Problem, vor dem wir nun stehen bereits vorausgesehen.“ „Steht da wer?“, harkte Ron nach und seine Frau schüttelte den Kopf. Harry nahm ihr das Buch aus der Hand und musterte den Einband erneut. Dann sah er auf und sprach: „Wenn diese vier Zeichen wirklich in Verbindung mit Frieden stehen und dann auch noch mit Hogwarts, dann liegt meine Vermutung nahe, dass wir dem alten Schloss einem Besuch abstatten sollten.“ Ein zartes Lächeln schlich über die Lippen seiner besten Freunde und Harry wusste, welcher Gedanken ihnen durch den Kopf ging. Es war, als würden sie nach Hause zurück kehren. Wenn du entscheiden kannst, wohin du gehen willst … Und du weißt die Sachen, die du wissen willst… Lächelst du? Leise betrat sie den Raum und schloss möglichst lautlos die Tür hinter sich. Seit einer Woche kam sie Tag für Tag zu Besuch und jeden mal erblickte sie zuerst das unberührte Tablett mit Essen auf dem runden Tisch, dann das leere Bett, schließlich sahen ihre traurigen blauen Augen zum Fenster. Molly seufzte leise und schritt durch den großen Raum. Er war erschreckend dunkel und sie fragte sich, ob James in der ganzen Woche je eine Kerze angemacht hatte. Gleichgültig nahm sie seinen Zauberstab vom Nachtisch und wollte Licht machen, jedoch reagierte keine Kerze und sie brauchte zwei weitere Anläufe, bis die ersten kleinen Flammen den düsteren runden Raum erhellten. James sah noch nicht einmal auf, noch immer hockte er auf der Fensterbank und starrte nach draußen in die Kälte. Er trug nichts anderes außer seiner Schlafhose und einem dünnen Shirt. Als Molly hinter ihm zum Stehen kam und vorsichtig seine Schulter berührte, sprach er: „Was willst du?“ „Du hast schon wieder nichts gegessen.“ „Ich habe keinen Hunger.“ „James, so wirst du nie wieder richtig fit!“ Es klang vorwurfsvoll, aber auch besorgt. Der einstige stolze Potter zuckte nur mit den Schultern. „Und wenn schon, ich kann sowieso nichts ausrichten, was nützt es also, wenn ich fit bin?“ Molly schluckte hart. „Albus hat seinen Kampf noch vor sich! Ich weiß nicht, was er vorhat, aber er hat Angst.“ James lachte leise. „Unsinn, Al ist mehr Potter, als ich es je sein werde.“ „Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass er gerade erst achtzehn ist und Angst hat, vor dem was kommen wird.“ Molly nahm James Gesicht in beide Hände und zwang ihn, sie anzusehen. Erschreckende dunkle Ränder lagen unter seinen Augen, es schien, als hätte er sich selbst aufgegeben, seit er sie bis nach Hogwarts gebracht hatte. Dass die Todesser seine Gruppe zerschlagen hatten, obwohl er nichts dafür konnte, nahm er als persönliche Niederlage auf. Er gab sich die Schuld, für die vielen Toten und schien die Verantwortung für einen weiteren Widerstand gegen den dunklen Lord komplett abzulehnen, obwohl er einst mit Leidenschaft und Ehrgeiz für Frieden gekämpft hatte. „Jetzt hör mal zu, ich weiß nicht, was zwischen Albus und dir vorgefallen ist, was euer Verhältnis so zerrüttet hat. Aber eins weiß ich, Al würde es dir danken, wenn du ihn jetzt nicht alleine lassen würdest.“ „Er braucht mich nicht mehr, Molly. Im Gegensatz zu mir ist Al stark und voller Tatendrang.“ Seine Worte klangen so endgültig, dass es ihr im Herzen weh tat. „Warum bist du nur so? Ist dir denn alles egal geworden?“ James schwieg und sie begriff, dass er im Inneren so ausgebrannt schien, wie ein gebrochener Mann. „Wo ist der Junge, der ständig seinen Kopf durchsetzten musste? Der mit Dreistigkeit Jagd auf Todesser machte und der sich holte, was er wollte?“ „Gestorben“, antwortete James knapp, „Es gibt ihn nicht mehr.“ Erneut wendete er den Blick ab und sah aus dem Fenster. Seine Stimme war matt und müde. Molly schluckte hart, ihr Körper fühlte sich merkwürdig kalt an und sie widerstand nur schwer dem Drang ihn zu schütteln und anzuschreien, er solle sich wieder so arrogant und protzig verhalten, wie sie es von ihm gewohnt war. Sie wollte den selbstbewussten, kämpferischen James wieder. Den James, den sie mit Mühe und Not immer wieder in seine Schranken gewiesen hatte. Jetzt hatte sie einen gebrochenen Mann vor sich, der des Kämpfens müde war. Ihr Herz pochte bis zum Hals, als sie einige Schritte von ihm zurück sah. Einige Schritte von ihm zurück trat Sie wollte ihn wieder, so sehr… und war bereits alles dafür zu tun. … James lauschte ihren Schritten und wartete darauf, dass sie den Raum wieder verließ, doch dann blieb sie stehen und etwas fiel raschelnd zu Boden. Verwirrt drehte er sich um und sein Körper erstarrte. Mit einem festen Blick sah sie ihn an und öffnete die ersten Knöpfe ihrer Bluse. Als sie diese achtlos von ihren Schultern zog und zu Boden gleiten ließ, schluckte er hart. „Molly, was tust du?“ Unbeirrt fuhr sie fort und öffnete den Gürtel ihrer Hose, vollkommen überrumpelt glitt James von der Fensterbank und hob ihren Umhang auf. „Hör auf!“ „Nein“, sprach sie hart und stieg aus ihrer Hose, sodass sein Blick ihren Händen folgte, welche nun die Träger ihres BHs von den schmalen Schultern schoben. Hilflos lächelte er schwach und umfasste ihre Handgelenke. „Hör auf!“, wiederholte er erneut. „Das ist es nicht, was du willst.“ „Woher willst du das wissen?“ James verzog ernsthaft das Gesicht. „Lüge nicht, schließlich hast du mich oft genug abgewiesen und mir zu verstehen gegeben, dass du dich niemals auf solch ein Niveau begeben wirst.“ „Meinungen können sich ändern.“ Der Potter-Erbe sah sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an. „Weshalb der plötzliche Wandel?“ Seine Stimme war zögernd und vorsichtig, unwillkürlich versteifte sich sein Körper, als er ihre schmalen Hände an seinem Hosenbund spürte. „Hör auf zu fragen, bitte.“ Molly stellte sich auf die Zehenspitzen und ihre Lippen berührten seine. Nur federleicht, fast schon wie ein feiner Lufthauch. Doch es genügte, dass James die Beherrschung über sich verlor. Haltlos küsste er sie und erneut flammte jene besitzergreifende Ader auf, die er in ihrer Gegenwart immer unter Mühe unterdrückt hatte. Lauernd wartete James darauf, dass Molly ihn von sich drückte, so wie er es von ihr gewohnt war. Aber sie tat es nicht. Stattdessen wurde sie fordernder, drückte ihn gekonnt auf sein zerwühltes Bett und strich sich verführerisch das Haar über die Schulter. Innerlich bebte sie, als sie in seine glänzende Augen sah. Nein, sie würde es nicht bereuen, dessen war sie sich sicher. Denn in ihrem Herzen hatte sie bereits längst gewusst, warum sie James wirklich auf Abstand gehalten hatte. Sie hatte nicht Eine von vielen sein wollen. Doch nun war der Wunsch nach seiner Nähe haltlos. James raue Hände erkundeten schamlos und gekonnt ihren Körper und es schien ganz natürlich, dass sein Name den Weg über ihre Lippen fand. Er liebte sie, so wie es zuvor noch nie jemand gewagt hatte. Als er sich auf sie drehte, griff sie nach seinem Zauberstab, der auf dem Nachtisch lag und murmelte schwach etwas. Unbewusst ging James davon aus, dass sie den Verhütungszauber sprach. Er ließ sich jedoch alle Zeit der Welt und trieb sie bewusst an den Rand des Wahnsinns. Erst, als sie ihn erneut auf den Rücken drückte und selbst die Führung übernahm, begriff er, dass es kein Traum war, sondern pure Realität. Molly vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeugen und begann sich zu bewegen, James griff zu ihrer Hüfte und versuchte den Strom des Aktes mitzubestimmen, doch Molly machte es ihm unmöglich. Es war, als würde er zum ersten Mal in seinem Leben wirklich wahrgenommen und verspürte ein Gefühl, so heftig, so fremd, wie er es noch nie getan hatte. Ja, er liebte Molly, bereits als Kind war sie seine Lieblingscousine gewesen. Erst nach der Nacht mit Dominique hatte er begriffen, dass es nicht die Schönheit einer Veela war, die ihn verzauberte, sondern der Charme einer rothaarigen Ziege, die ihm mit einem einzigen Lachen den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. Wenn sie sich in seiner Nähe befand, spürte er eine Wärme, die er bislang lediglich bei seiner Mutter bemerkt hatte. Wenn sie ihn ansah, konnte er in dem Blau ihrer Augen versinken und wenn er sie küsste, dann schmeckte ein Teil von ihm einen winzigen Augenblick lang Frieden. Aber all dies wusste sie nicht. Wenn du gesagt hast, was du sagen wolltest… Und du weißt, wie du spielen willst… Bist du frei? Kalter Wind fuhr durch sein Haar, bauschte seinen dunklen Umhang auf und ließ einen Schleier von schwarzen Blättern über den klaren See gleiten. Der Himmel war grau und die ersten schweren Tropfen eines aufkommenden Regenschauers fielen zu Boden. Der Mann ignorierte die Kälte, welche an seinem nassen Körper hinauf kroch. Starr sah er auf den See, der den Todessern als Grabstätte diente. Er hatte schon viele Menschen an diesem Ort verabschiedet und war sich sicher, dass es auch sein Schicksal sein würde. Müde holte er tief Luft, dann glitt seine rechte Hand in seine Manteltasche und er zog eine silberne Taschenuhr hervor. Sie war ein altes Familienerbstück und niemals würde jemand darauf kommen, dass diese unauffällige Uhr ein Geheimnis verbarg, welches ihn sein Leben kosten könnte. Seine Hand zitterte, als er die Uhr öffnete und das magische Ziffernblatt beiseite schob. Der Mann blickte in einen kleinen Spiegel, dort erblickte er ein allzu vertrautes Gesicht, welches ihn sorgenvoll ansah. Der Zwei-Wege-Spiegel war seine einzige Verbindung zu seinem Kontaktmann, sollte er diesen verlieren, war es aus. Aus mit dem Leben. Zu seinem Glück schien ein Jeder die Existenz des Two-Way Mirror vergessen zu haben. »Du siehst schrecklich aus, wenn ich das anmerken darf. « Der angespannte Mann verzog bitter die Lippen. „Erlaub dir kein Urteil über mich, du siehst noch eine Nummer schlechter aus.“ »Liegt an dem schlechten Essen, was ist deine Ausrede? « Ein bitteres Lachen entwich seiner Kehle. „Überraschende und plötzliche Todesfälle, die äußerst verdächtig erscheinen. Aber das ist unwichtig. Was gibt es so wichtiges, dass du dich nach acht Monaten plötzlich wieder meldest?“ Unsicher kratzte sich der Mann im Spiegel an der Nase. »Du musst nach Hogwarts, am besten bis zum zwanzigsten, denn wir haben einen Weg gefunden, ihn zu vernichten, aber dafür werden wir dein Wissen brauchen. « Verwirrt runzelte der Todesser die Stirn, ein Kloß breitete sich in seinem Hals aus, es schien so unwirklich. „Was heißt das konkret?“ »Vielleicht ist der Frieden nicht mehr so weit entfernt, wie vor einigen Jahren.« Mit diesen Worten verschwand der Mann und der Todesser klappte die Uhr zu. Sein Blick ruhte auf dem See, dann sah er in den grauen Himmel und schloss die Augen. Der Frieden war nicht mehr weit entfernt – welch eine Täuschung. Etwas in ihm sträubte sich gegen diese Hoffnung, schließlich war es nicht das erste Mal, dass der Frieden angeblich näher rückte. Harry Potter hatte ihn schon einmal enttäuscht und er hatte diesen Fehler fast mit seinem Leben bezahlt. Bis nach Hogwarts war es ein weiter Weg und in den kommenden drei Tagen sah er keinerlei Möglichkeit das Schloss des dunklen Lords zu verlassen, vielleicht auch nicht rechtzeitig bis zum zwanzigsten „Wir werden sehen, wie gnädig Merlin ist.“ Du wirst so hoch sein, du wirst fliegen… Durch das Meer… Wirst du stark! Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)