Die Meister der Zeit von Alaiya ([ShiroKari] [KenNa]) ================================================================================ Kapitel 10: Morgendämmerung --------------------------- Nach dem düsteren Zwielicht der Zerrwelt blendete selbst das schwache Licht der aufgehenden Sonne, vom Rand des Waldes aus nicht einmal zu sehen war. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, machte Hikari die ersten Schritte, nachdem sie direkt nach Kenta, von Giratinas Rücken gerutscht war. Ihr folgte Mari mit Celebi, ehe Shirona um einiges eleganter zu Boden glitt. „Ich hoffe, ihr wisst was für ein Glück ihr hattet…“, begann Shaymin schon wieder, wurde jedoch von Plinfa unterbrochen, das es mit einem ungehaltenen und entnervten Blick strafte. „Plinfa!“ „Pah, so ein undankbares, kleines…“, wollte das Legendäre schon schimpfen, doch Hikari unterbrach es. „Eine Sache frage ich mich aber doch.“ Shaymin flog drei Kreise um ihren Kopf herum. „Und das wäre?“ „Was hast du überhaupt in der Scheinwelt gemacht?“ Das Pokémon kicherte. „Ach, du erinnerst dich noch an den alten Mugen, oder?“ Damit meinte es wohl den Forscher Mugen Graceland, der sich vor vier Jahren in der Zerrwelt ziemlich verirrt hatte. „Der Junge kann es einfach nicht lassen. Und ich habe ihn begleitet. Allein um meinen alten Freund Giratina wieder zu sehen.“ „Freund?“, echote Hikari und sah das Pokémon mit leichter Ungläubigkeit an. „Plinfa?“, echote auch der Pinguin in ihren Armen. Doch tatsächlich schien sich Giratina mittlerweile wunderbar mit diesem besonders frechen Shaymin zu vertragen, jedenfalls sah es – sofern man dies bei einem so großen, dunklen Pokémon behaupten konnte – nahezu ausgelassen aus, als Shaymin um seinen Kopf herumschwirrte. „Nun, wie dem auch sei“, meinte Shaymin nun schließlich. „Wir verschwinden hier besser, bevor Giratina zu viel aufsehen erregt. Also, es war nett euch wieder zu sehen und… Ihr könnt ja so was von froh sein, dass ich euch gerettet habe!“ Das Drachenpokémon ließ ein kurzes Knurren hören. „… Wir euch gerettet haben“, verbesserte daraufhin das kleine Pokémon, ehe es auf Giratinas Kopf platznahm. „Und deinen dummen Pinguin retten wir das nächste Mal nicht mehr!“, rief es dann noch zu Hikari herunter, was Plinfa dazu brachte, wütend mit den Ärmchen zu wedeln. „Plin-Plinfa!“ Doch Shaymin ignorierte es, ehe im nächsten Moment Giratina sich mit einer für den großen Körper ungewöhnlichen Anmut vom Boden hob, ihnen noch einmal freundlich zuknurrte und dann durch ein Tor in der Luft in seine Welt zurück verschwand. „Ihr kennt diese Pokémon?“, fragte Mari nun schließlich. Bevor Hikari jedoch Antworten konnte, hörten sie in einiger Entfernung eine Stimme nach ihnen rufen. „Mari-chan? Seid ihr alle da? Was ist überhaupt passiert?“ Maya kam von der Straße aus auf sie zugelaufen. Als sie schließlich so nahe bei ihnen war, dass sie ihren doch recht mitgenommenen Zustand sah, blieb sie stehen. „Was ist passiert? Und was ist mit der Verbrecherin geworden?“ Doch erst einmal bekam sie keine Antwort. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, doch im Pokémoncenter von Teak City herrschte allgemeine Müdigkeit, vermischt mit einer Spur von Verwirrung und Ratlosigkeit über die sich ihnen noch immer stellenden Fragen. Ob nun Azuhina, die sich zusammen mit ihrem Chaneira um das noch immer ohnmächtige Celebi kümmerten. Oder Kenta, der einen Arm um Marina gelegt hatte, welche wiederum mit einem heißen Kakao auf einer der Bänke des Pokémoncenters saß. Sie war aus ihrer Starre offenbar erwacht – vielleicht weil sie die seltsame Armschiene die Mars getragen hatte, zerstört hatten? Oder Mari, die noch immer versuchte ihrer Schwester zu erklären, was passiert war, als sie in der Zeit verloren waren, während beide, genau wie alle anderen darüber rätselten, was aus den Katzenpokémon geworden war, die scheinbar verschwunden waren. Nun, der Spuk der Nacht schien auf jeden Fall vorbei. Wie auch Marina waren die Pokémon aus der Starre erwacht, auch wenn sie den Grund nicht kannten und ohne die Überreste der merkwürdigen Waffe auch nicht fähig sein würden, ihn herauszufinden. Niemand schien verletzt. Nur die Frage nach dem Verbleib von Suicune, Raikou und Entei blieb, so wie auch niemand wusste, was aus Mars geworden war. Und wenn Hikari ehrlich mit sich war, wollte sie sich darüber auch keine Gedanken machen. Sie streckte sich. Eigentlich fühlte sie sich müde genug, um mindestens zwei Tage lang durchzuschlafen, doch auf der anderen Seite ahnte sie, dass sie vor lauter Grübeleien keinen Schlaf finden würde und dieser, wenn sie einmal schlief, unruhig sein würde. Sie beneidete Plinfa, welches sich einfach bäuchlings auf eine der Bänke gelegt hatte und nun seelenruhig schlief. Mit einem Seufzen sah sie sich um. Es gab hier nichts für sie zu tun. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn sie duschte und zumindest zu schlafen versuchte. „Komm, Plinfa“, meinte sie und hob das Pokémon behutsam hoch, um es mit auf ihr vorübergehendes Zimmer zu nehmen. Das größere Bad, in dem es auch Dusche und eine kleine Badewanne gab, lag auf derselben Etage, wie die Unterkunftszimmer. Mit müder Hand schloss sie die Tür auf und schlurfte in den Raum herein, legte Plinfa auf einem der vier Betten ab und tat selbiges mit ihrer Tasche, aus der sie dann ihr Nachthemd und einen frischen Schlüpfer hervorzog, mit denen sie sich dann auf den Weg in das Badezimmer machte. Duschen entspannte sie erstaunlich und während das warme Wasser über sie lief, hatte sich den Eindruck, erst einmal nicht mehr nachdenken zu müssen. Beinahe fürchtete sie, dass die beklemmenden Gedanken zurückkehren würden, sobald sie das Wasser abdrehte, doch nichts dergleichen geschah. Wahrscheinlich gewann die Müdigkeit nun langsam, aber sicher die Oberhand. Wunderbar, dachte sie. Vielleicht fand sie tatsächlich etwas Schlaf. Als sie jedoch in ihr Zimmer zurückkehrte, musste sie feststellen, dass Plinfa Gesellschaft bekommen hatte, auch wenn es diese aktuell wohl wenig schätzte, denn es schlief noch immer. Jedoch saß ihm gegenüber, auf der unteren Matratze des zweiten Hochbettes Shirona, die Hikari schon als sie wieder in Teak City angekommen waren, aus den Augen verloren hatte. Tatsächlich trug auch die ehemalige Champion einen weißen Schlafanzug und ihre Haare lagen offen und ohne Schmuck über ihren Schultern. Das mysteriöse Flair, mit dem sie sich normaler Weise umgab, schien so beinahe komplett verschwunden. Vielleicht hätte die jüngere sich normalerweise gewundert, warum Shirona in diesem Zimmer war, doch so dachte sie sich nur, dass Azuhina ihr wohl denselben Raum zugeteilt hatte, da sie sich ja offenbar kannten. So ging sie wortlos zum anderen Bett und ließ sich neben Plinfa auf die weiche Matratze fallen. Auch Shirona schien nicht daran interessiert zu reden, denn zumindest sagte sie nichts. Deshalb drehte Hikari ihr nach einem Moment schließlich den Rücken zu und murmelte, obwohl es eigentlich offensichtlich war: „Ich schlafe. Ich bin müde.“ Und tatsächlich war sie nur wenige Momente daraufhin eingeschlafen. Wirklich zu wundern begann sie sich erst, als sie aufwachte. Sie musste einige Stunden geschlafen haben, denn von den Sonnenstrahlen, die zwischen den zugezogenen Vorhängen des kleinen Raumes hindurchfielen, war es bereits Nachmittag. Doch Shirona saß noch immer auf dem anderen Bett, beinahe genau so, wie als Hikari in das Zimmer gekommen war. „Kannst du nicht schlafen?“, fragte sie schließlich noch immer schläfrig. Erneut herrschte Schweigen. „Das war“, begann Shirona schließlich. „Eine äußerst seltsame Nacht, nicht?“ „Seltsam…“ Hikari drehte sich auf den Rücken. „Ja, seltsam…“ Sie verdrängte den Gedanken daran, was aus Mars geworden war. Ob sie noch immer in jener zeitlosen Dimension gefangen war? „Danke“, meinte die Ältere nun wieder, nachdem sie erneut geschwiegen hatte. Hikari sah zu ihr herüber. „Wofür?“ „Dass du mir zugehört hast.“ Das Mädchen wollte schon etwas darüber erwidern, dass sie kaum eine andere Wahl gehabt hatte, immerhin hatten sie ja von dem Ort ohnehin nicht fortgekonnt, ließ es schließlich aber und nickte nur. Nachdem sie erneut eine Weile geschwiegen hatten, seufzte Hikari schließlich und sah die junge Frau mit einem etwas schuldbewussten Blick an. „Ich glaube, ich bin dir eine Entschuldigung schuldig“, murmelte sie. Nun war es an Shirona sie fragend anzusehen. „Wofür?“ „Ich habe dich angeschrieen. Und dafür gab es keinen Grund. Tut mir leid.“ Was sie so aufgeregt hatte, behielt sie allerdings für sich. Sie wollte nicht länger darauf herumreiten, zumal sie noch immer recht müde war. Die ehemalige Champion lächelte. „Ich habe es dir nicht verdenken können“, meinte sie und schwieg für einige Momente. „Du bist eigentlich ein liebes Mädchen.“ Nicht wissend, was sie darauf erwidern sollte, schwieg Hikari für eine Weile, ehe sie seufzte. Irgendwie verwirrte sie das Gespräch oder war es der Ausdruck in den Augen der anderen, den sie nicht deuten konnte? „Du solltest versuchen zu schlafen“, meinte sie schließlich leise. „Ich bin auch noch müde, weißt du?“ Damit drehte sie sich erneut demonstrativ zur Seite und Shirona ihren Rücken zu. Mit einer Hand strich sie über den Kopf des noch immer selig schlafenden Plinfa. „Du solltest wirklich schlafen…“ Dieses Mal dauerte es etwas, bis sie einschlief, auch wenn sie sich bemühte, die Fragen nach Mars und den drei verschwundenen Pokémon aus ihrem Kopf zu verdrängen. So schnell würden sich keine Antworten ergeben, das wusste sie. Und doch brauchte sie, bis langsam eindöste. Es war kurz, bevor sie endgültig einschlief, dass sie meinte, etwas Warmes auf ihrer Wange zu spüren, doch sie war sich nicht sicher, ob sie nicht vielleicht schon träumte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)