Weihnachtsessen bei Edelsteins von Niekas (Indirektes HRExChibitalia) ================================================================================ Kapitel 5: Kranke Gesundheit ---------------------------- Kranke Gesundheit Feliciano wusste nicht mehr, woher er gewusst hatte, wohin er gehen musste. Als er durch den dunklen Garten ging (die Dunkelheit machte ihm Angst, sodass er sich nicht einmal traute, laut zu singen), hörte er aus einiger Entfernung ein würgendes Geräusch. Hastig eilte er zwischen den dunklen Büschen umher, bis er Ludwig fand. Unter einem dürren Strauch kniete er auf dem Boden, Knie und Hände verschmiert von feuchter Erde und das Kinn voll von Erbrochenem. Er würgte erneut und spuckte etwas ziemlich Dünnflüssiges zwischen seinen Armen hindurch auf den Boden. Feliciano stand mit zitternden Knien da, bevor er es wagte, ein Wort zu sagen. „Ludwig?“ Der Junge fuhr zusammen und starrte ihn an. Erschrocken wich Feliciano vor seinen Augen zurück. Waren das die Augen, die sich verschämt zu Boden gerichtet hatten, wann immer sie miteinander sprachen? Er riss sich zusammen. Im Moment gab es dringendere Fragen zu beantworten. „W-was ist los mit dir? Bist du krank?“ Ludwig schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken den Mund. „Nein, es... geht sicher gleich wieder...“ Hustend spuckte er erneut aus. „Ich werde Herrn Ro...“ Feliciano schluckte hastig. „Ich w-werde Gilbert Bescheid sagen, damit er dir hilft, in Ordnung?“ „Nein!“ In Ludwigs Augen lag plötzlich Furcht. „N-nicht Gilbert. Gilbert darf nichts davon wissen. Sag es ihm nicht, ja?“ „Aber...“, stammelte Feliciano. Persönlich fand er diese Reaktion durchaus nachvollziehbar, aber es war doch seltsam, etwas Derartiges von Ludwig zu hören. „Ich dachte, ihr wärt... Brüder.“ „Eben.“ Ludwig klang müde, als er den Kopf wieder sinken ließ. „Er soll es nicht wissen... ich komme schon klar... ich will ihm keine Schande machen.“ Seine Augen verengten sich. „Ich werde ihm keine Schande machen...“ „Aber... du kannst doch nicht einfach so hier bleiben!“ Felicianos Stimme wurde schrill. „Du musst ins Bett und Tee trinken und...“ „Muss ich nicht!“, fauchte Ludwig ihn wütend an und wollte wohl noch etwas sagen, doch sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse und er erbrach sich erneut. Die Arme, auf denen er sich aufstützte, zitterten. „Oh du meine Güte“, flüsterte Feliciano und trat von einem Bein aufs andere. „Oh du meine Güte... oh du... meine...“ Er tat das einzig vernünftige, was es seiner Meinung nach zu tun gab: Er kniete sich neben Ludwig auf den Boden und wischte sein Gesicht mit seiner Schürze ab. „Da... es wird alles wieder gut, in Ordnung?“, sagte er und strich schüchtern über Ludwigs Rücken. „Es geht vorbei... ob Gilbert nun hier ist oder nicht...“ „Versprich mir“, flüsterte Ludwig kraftlos, „dass du's ihm nicht sagst.“ „Mache ich nicht.“ Ludwig schlang die Arme um Felicianos Hals und hielt sich an ihm fest. Feliciano spürte sein wild schlagendes Herz nah an seinem eigenen. Er wagte es nicht, sich zu rühren. „Ich will dir nicht zu nahe treten, aber... ich g-glaube, ich falle sonst um...“ „Kein Problem“, erwiderte Feliciano mit einer Stimme, die ihm selbst fremd vorkam. Nur Minuten später war ihr Verschwinden bemerkt worden. „West! West, wo steckst du?!“ „Chibitalia! Ludwig! Wo seid ihr?“ Ludwigs Hände verkrampften sich hinter Felicianos Rücken. „Versteck mich“, flüsterte er und kniff die Augen zu. In der Dunkelheit erkannte man kaum, dass sein Gesicht vor Scham brannte. Doch Feliciano fiel nichts ein, was er hätte tun können, um ihn zu verstecken. Im nächsten Moment stolperte jemand über seinen Fuß und schlug der Länge nach hin. „Ich habe sie!“, schrie Romano, indem er die Worte in eine längere Reihe von Flüchen einflocht. „Chibitalia!“ Antonio tauchte über ihnen auf, seine Augen groß vor Sorge. „Wir haben euch gesucht... was ist denn...“ „West!“ Feliciano zuckte heftig zusammen, als Gilbert hinter ihm auftauchte und sich neben ihn hockte. Sein Blick war verständnislos, wütend. „West, wie konntest du einfach so abhauen? Dich einfach davon zu schleichen, ohne...“ „Himmel Herrgott Sakrament nochmal, Gilbert!“ Erst einmal hatte Feliciano diese Worte aus Roderichs Mund gehört, damals, als sein Pferd durchgegangen war und er sich das Bein gebrochen hatte. Vermutlich war es einer der schwärzesten Tage in Roderichs Leben gewesen. „Siehst du nicht, was mit dem Jungen los ist! Heilige Maria Mutter Gottes, ich habe noch nie jemand so Unverantwortliches gesehen wie dich! Du bist eine Zumutung!“ Verwirrt starrte Gilbert ihn an, doch langsam bröckelte der Zorn auf seinem Gesicht und wich etwas anderem, das Feliciano nicht weniger Angst machte. „West? Was... was ist mit dir?“ „Was soll schon mit ihm sein? Wenn du ihn eine Sekunde ansehen würdest, wüsstest du es auch!“ Roderich ließ sich neben Ludwig auf die Knie fallen, ohne Rücksicht auf seine feinen Kleider zu nehmen. „Dass er gekotzt hat, war mir auch schon aufgefallen, Neunmalklug!“ „Der Bub hat zu viel Alkohol gehabt, Gilbert, das ist es! Und du hast ihn zum Trinken angestiftet!“ „Unsinn!“, fauchte Gilbert. „Ich entscheide, wie viel er verträgt! Er ist mein Bruder, das heißt, er verträgt eine ganze Menge!“ „Er ist ein KIND, Gilbert!“, schrie Roderich ihn an. „Du bringst ihn ins Grab mit deiner Art, und das werde ich nicht zulassen! Nur über meine Leiche!“ „Als ob du besser als ich wüsstest, wie man...“ „Hören Sie auf!“, schrie Feliciano schrill und mit Tränen in den Augen. „Sie streiten sich hier, während es Ludwig so schlecht geht! Streiten Sie sich doch lieber nachher!“ Wie auf Kommando würgte Ludwig erneut. Etwas Lauwarmes tropfte auf Felicianos Schulter. „Oh mein Gott... West...“ In Gilberts Gesicht lag Bestürzung, als er die Hände nach Ludwig ausstreckte, der hastig den Kopf wegdrehte. Der Junge sah beschämt aus. „Es tut mir... Leid... Gilbert...“ „Was soll das?“, fragte Roderich mit mühsam unterdrücktem Zorn. „Was soll das bedeuten, Gilbert? Ludwig hat sich für gar nichts zu rechtfertigen.“ „Ich habe auch nie behauptet, dass er das hätte!", erwiderte Gilbert wütend. „Er hat angefangen!“ Dieses eine Mal musste Feliciano Gilbert Recht geben. „Wir müssen ihn hinein bringen“, ordnete Roderich an, „und ihn...“ „Ich kümmere mich darum.“ „Warum sollte ich zulassen, dass du dich um ihn kümmerst? Bisher hat das ja glänzend geklappt.“ Gilbert warf ihm einen giftigen Blick zu. „Warum sollte ich zulassen, dass irgendwer sonst sich um ihn kümmert?“ „Weil...“, begann Roderich, doch Feliciano zog an seinem Ärmel. „Bitte, Herr Roderich“, flehte er leise. „Bitte lassen Sie ihn einfach... Ludwig braucht jetzt jemanden... irgendjemanden... Hauptsache, es geht schnell.“ Roderich sah ihn lange an und man sah, wie schwer ihm die Entscheidung fiel. Doch letzten Endes schluckte er seinen Stolz – das war gut so, denn Gilbert hätte es garantiert nicht fertig gebracht. „Also gut. Elizaveta wird dir dein Zimmer zeigen, Gilbert. Ich werde im Laufe des Abends mal nach ihm sehen.“ Jeder hatte eine bissige Antwort erwartet, einfach weil Gilbert immer das letzte Wort haben musste. Doch diesmal nickte er nur wortlos. In seinem Gesicht lag etwas, das so nah an Schuldbewusstsein grenzte, dass Antonio und Francis sich besorgte Blicke zuwarfen. Ludwig bedeckte sein Gesicht mit den Händen, als Gilbert ihn hoch hob und ins Haus trug. Es war offensichtlich, dass er sich schämte. Nachdem die beiden von Elizaveta angeführt verschwunden waren, herrschte eine Weile lang Stille, nur unterbrochen vom Ruf eines Käuzchens. Dann seufzte Roderich, richtete sich auf und sah prüfend zu Feliciano hinunter. „Du bist ja völlig verdreckt, Chibitalia. Und das in Elizavetas guten Kleidern... geh dich sofort waschen und umziehen.“ „Ja, Herr Roderich.“ „Und danach kannst du gleich ins Bett gehen. Es ist schon spät.“ „Ja, Herr Roderich“, murmelte Feliciano und nickte Antonio und Francis zum Abschied zu, die ihn mitfühlend anlächelten. Romano streckte ihm die Zunge heraus. Sobald Feliciano sie weit genug hinter sich gelassen hatte, brach er in Tränen aus. „Nicht weinen, Feli“, versuchte Elizaveta ihn zu beruhigen, während sie mit hoch gekrempelten Ärmeln Wasser über seinen Kopf goss. „Ludwig kommt schon wieder in Ordnung.“ Feliciano antwortete nicht und planschte ein wenig in dem Badezuber herum. Das Wasser vermischte sich mit seinen Tränen. „So, das hätten wir“, verkündete Elizaveta seufzend, hob ihn hoch und wickelte ihn hastig in ein Handtuch. „Zieh dich an und geh ins Bett, Chibitalia. Aber trockne dir die Haare ab, damit du dir nicht den Tod holst, verstanden?“ „Ja, große Schwester.“ Sie stand vor ihm, die Haare verschwitzt und zweckmäßig zurückgebunden. Ihre Kleider waren zerknittert und mit Wasser bespritzt. „Jetzt siehst du gar nicht mehr wie eine Dame aus“, schniefte Feliciano und schnäuzte sich in einen Zipfel des Handtuchs. „Es tut mir...“ „Das ist doch nicht deine Schuld, Feli“, wies sie ihn forsch zurecht. „Aber... ich habe auch meine Kleider... also eigentlich deine...“ „Was schmutzig ist, kann man waschen. Nun mach dir keine Vorwürfe, du hast nichts falsch gemacht. Im Gegenteil.“ Sie strich ihm durch die nassen Haare. „Wenn du Ludwig nicht gefunden hättest, wer weiß, wann wir es getan hätten. Vielleicht hätte er sich versteckt, dieser Dickkopf...“ Sie lachte kurz. Feliciano sah sie mit großen Augen an. „Große Schwester? Sag mal... glaubst du, dass er es ist?“ Elizaveta erwiderte seinen Blick und senkte dann den Kopf. „Nein, Feli“, antwortete sie vorsichtig. „Ich glaube, dass der, auf den du wartest, für immer verschwunden ist. Ludwig mag eine Ähnlichkeit mit ihm haben, aber mehr auch nicht. Er ist eine völlig andere Person, Feli. Und wenn du versuchst, ihm so nah zu kommen wie ihm... lass es lieber bleiben. Er würde dich nur verletzen.“ „Warum? Weil Gilbert ihn verdirbt, wie Roderich gesagt hat?“ „Weil man von dem Jungen nicht verlangen kann, die Stelle eines anderen einzunehmen, der er nicht ist“, erwiderte Elizaveta fest. „Wir können ihn nicht einfach in eine Rolle zwingen, die uns gefällt.“ „Aber genau das tut Gilbert doch...“ Elizaveta sah ihn an und seufzte. „Sag das nicht in seiner Gegenwart. Weder in Gilberts noch in Ludwigs. Und jetzt geh ins Bett.“ „Aber ich muss dich noch so viel fragen, große Schwester! Und Ludwig auch! Ich muss noch so viele Sachen fragen!“ „Sch“, machte Elizaveta und strich ihm beruhigend über den Kopf. „Nicht jetzt, Chibitalia. Morgen, wenn du darüber geschlafen hast.“ (Nein, ich habe nicht die geringste Ahnung von Alkoholvergiftungen (toi toi toi). Ich rede mich einfach mal damit raus, dass Lutz kein Mensch ist und deshalb nicht zwangsweise wie einer reagieren muss... Oh, und wenn ich genauer wüsste, wie österreicher Dialekt klingt, hätte ich Roderich so fluchen lasse, harharhar. Dann hätte Gilbert ihn zwar nicht mehr ernst nehmen können, aber... okay, vielleicht ist es besser so, wie es ist.) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)