Lösung selbstgemacht von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel - Die biologische Uhr tickt ! --------------------------------------------------- 1. Kapitel - Die biologische Uhr tickt ! Kalter Wind haucht mir ins Gesicht und ich spüre meine roten Wangen glühen. In meinen kalten zittrigen Fingern liegte eine kleine Hand, warm verpackt in rosafarbene Handschuhe. Meine kleine Schwester hat sich ganz fest an meine Beine gedrückt, was mich ein bisschen beim Gehen behindert. Aber das stört mich nicht, denn ich liebe meine kleine Schwester wie kaum einen anderen auf der Welt, warum würde ich sonst an einem Samstag morgen um 9:30 Uhr durch den dicksten Schnee stapfen, wenn nicht für meine kleine Schwester Zoe die eine neue Kindergartenfreundin besuchen möchte. Es sind bestimmt schon unter minus zehn Grad und ich frage mich allen Ernstes wer den Mist von wegen Klimaerwärmung in die Welt gesetzt hat, ich merke davon gerade herzlich wenig, wenn ich ehrlich bin. Ein Seufzen verlässt meine Kehle und der Atem kondensiert sogleich in der Luft. "Nick, wann sind wir endlich da?" schnieft Zoe und zieht ihre laufende Nase hoch. Suchend schaue ich mich um und versuche mich an irgendetwas zu orientieren, doch wenn ich ehrlich bin erkenne ich keines der eingeschneiten Häuser wieder. Ich war noch nie zuvor in dieser Gegend gewesen, ein Neubauviertel mit riesigen Bauwerken die alle mindestens ein atemberaubend großes Fenster besaßen. Ich hätte auch gerne eines dieser Fenster in meinem Zimmer von dem ich, eingekuschelt in meinen alten Sessel, in den Garten schauen könnte. Aber mit diesen Häusern hier, konnte unseres nicht wirklich mithalten. Es war klein, nicht zu klein, aber klein. Und es ist gemütlich, meine Mutter hat ein gutes Auge für Details und schafft es, in jeden Raum eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, das Gefühl zu Hause zu sein. Ein wolliger Schauer packt mich, mitten in dieser Winterlandschaft, die mir den Schnee ins Gesicht bläst, spürte ich die wärme meines zu Hauses. Dennoch konnte ich den Neid nicht ganz herunter schlucken, wer würde denn nicht gerne in einem großen Neubauhaus wohnen, mit hohen Decken und geräumigen Zimmern! Ein ungeduldiges Zupfen an meinem Arm lässt mich aus meinen Gedanken fahren und mir fiel erst jetzt auf, dass ich meiner Schwester noch gar nicht geantwortet hatte. "Jetzt sag schon." fordert sie und sieht mich aus ihren großen kindlichen, blauen Augen erwartungsvoll an. "äh..." wieder sehe ich mich um und suche erneut nach Anhaltspunkten oder einem Straßenschild, finde aber keines. "... ich glaube wir sind gleich da!" lüge ich dann schnell, alles andere hätte sie wohl eh nicht zufrieden gestellt und es kann wirklich nicht mehr weit sein. Fröhlich umfasst sie meine großen Finger fester und zieht mich etwas schnell hinter sich her. Ich grinste seelig und lasse mich mitziehen. Meine Güte, was hat Zoe sich da für eine Freundin raus gesucht. Die Gegend hier ist nicht gerade billig und wie gesagt, alles Neubauten. Doch lange konnte ich gar nicht darüber nach denken, denn an einer Kreuzung sehe ich endlich das gesuchte Schild auf dem in schwarzen Druckbuchstabe der Straßenname steht. Jetzt nur noch Hausnummer vier finden und ich kann endlich wieder nach Hause gehen. Und da ist es auch schon, weiß, groß und mit noch halbfertiger Treppe die verriet, dass die Familie gerade erst vor gut ein paar Monaten eingezogen waren und das Haus noch immer im Aufbau lag. "Siehst du, da ist es." lächle ich sie an und sie rennt sofort darauf zu und drückt auf die Klingel. Zoe war gerade mal 5 Jahre alt und würde im Sommer in die Schule kommen. Sie hat lange blonde Haare die meine Mutter unter eine rosafarbene Wollmütze gesteckt hatte, passend zu den Handschuhen und dem kleinen Schal. Zoe ist ein richtiges kleines Mädchen, sie mag rosa, Pferde und all den anderen Kram mit dem ich mit meinen 17 Jahren nichts anfangen kann. Und doch sind sie und ich ein Herz und eine Seele. Vielleicht gerade wegen den Unterschieden. Auch im Aussehen ähnelten wir uns nicht wirklich, während sie blonde Haare und meerblaue Augen hatte, waren meine Haare ebenso braun wie meine Augen. Man würde uns fast kaum für Geschwister halten, wenn man uns so sieht. Vorsichtig wird die weiße Tür geöffnet aus der zwei kleine Kinderaugen neugierig heraus spähen und es dauerte keine drei Sekunden, da taucht hinter hier eine große Frau mit gelocktem rotem Haar auf und lächelt mich an. "Hallo, ich bin Niklas Saal und wollte meine kleine Schwester vorbei bringen." erwidere ich ihr einladendes Lächeln etwas zögernd und ergreife ihre schlanken Finger die sie mir entgegenstreckt. "Guten Morgen, ich bin Nicole. Und du bist dann bestimmt Zoe hab ich recht?" sie wendet sie sich meiner Schwester zu die sich nun doch etwas unsicher halb hinter mir versteckt. "Na komm schon Zoe, schau mal deine Freundin ist doch auch da, du musst doch keine Angst haben." versuche ich sie aufzumuntern und hocke mich zu ihr runter. Sie zögert noch immer und schaut zu Nicole auf, die immer noch in der Tür steht und ihrer Tochter nun einen kleinen Schubs gibt, der sie zu Zoe führen soll. "Komm schon Zoe" grinst sie dann mit heller Kinderstimme und wickelt sich schüchtern eine braune Strähne um die Finger. Kurz scheint Zoe noch zu überlegen, doch dann löst sie sich von mir und betritt das Haus, ich bin erleichtert, dass wir das so schnell über die Bühne gebracht haben, denn wenn ich ehrlich bin steht mir gerade nicht der Sinn danach sie zu überreden hinein zu gehen, denn mir ist verdammt kalt. Scheiß Wetter. "Ich komme sie dann gegen 18 Uhr wieder abholen, ist das okay?" frage ich, während ich mich wieder aufrichte. "Natürlich, sie kann dann noch mit bei uns zu Abend essen, wenn sie will?" schlägt Nicole vor und wir sehen beide auf Zoe hinab. Aber die hat schon gar keine Augen mehr für mich oder für die Mutter ihrer Freundin. Sie hat sich schon die Schuhe und den Wintermantel ausgezogen und eilt noch mit Schal, Handschuhen und Mütze die Treppe hinauf begleitet von unheilverheißendem Kinderlachen. Mir tat Nicole, jetzt schon leid, denn ich weiß, dass meine Schwester nicht der kleine, blonde Engel ist, der sie zu sein scheint. "Na ich denke das war ein `Ja´" grinse ich und ziehe mir die schwarze Mütze etwas tiefer. Sie nickt. "Gut, dann bis heute Abend Niklas und komm gut nach Hause!" Ich nicke, verabschiede mich noch höflich und bin auch schon wieder auf dem Weg nach Hause. Die Händen tief in den Hosentaschen vergraben und die Mütze weit nach unten in mein rotes Gesicht gezogen stapfe ich den unbekannten Weg entlang, etwas schneller als eben, aber immer darauf bedacht, nicht auszurutschen. Nur schnell wieder nach Hause, einen warmen Kaffee trinken und dann rufe ich Jana an. Sie ist meine absolut beste Freundin, so eine mit der man durch dick und dünn geht und der man alles erzählen kann. Aber da ist natürlich auch noch Leo. Wir drei gehen in die selbe Klasse und haben uns schon eine Woche lang nicht gesehen, denn es waren Weihnachtsferien und Leo ist wie immer mit seinen Eltern über Weihnachten zu seiner Oma ins Allgäu gefahren und Jana wurde zu Hause mit Weihnachtsbaum und Christstollen bei einer traditionellen, christlichen Weihnachtsfeier festgehalten. Doch bald war Silvester, um genau zu sein in 2 Tagen und wir würden uns alle wieder sehen. Matt, ein Klassenkamerad gibt eine Silvesterparty auf der er die ganze Klasse, ach was die ganze elfte Klassenstufe eingeladen hatte. Wir hatten eine recht gute Klassengemeinschaft. Natürlich gab es wie in jeder Klasse kleine Grüppchen und es gab auch Leute die man nicht unbedingt mochte, aber wir hielten fast immer zusammen, selbst nach dem es diese `Klasse´ an sich nicht mehr gab. Das Übel der Oberstufe, Klassengemeinschaften wurden aufgelöst und die Stufe wild durcheinander gewürfelt. Aber an Silvester würden wir alle zusammen feiern. Nicht das hektische Wiedersehen auf den Fluren, sondern ein lustiges Beisammen sein, mit viel Alkohol und lauter Musik, so wie es eben sein sollte. So weit ich das mitbekommen hatte, würden auch noch ein paar andere Leute mitkommen, schließlich brachte fast jeder jemand Fremdes mit. Jana nahm ihren Freund Fabi mit und Leo seine Freundin Stella, die ihm den ganzen Abend zutexten und an ihm kleben würde, als wäre sie fest gewachsen. Ja, ich mochte sie nicht, überhaupt nicht. Stella war groß - aber nur wegen den High Heels -, blond - aber nur gefärbt - hatte grau-blaue Augen - aber nur Kontaktlinsen -, eine tolle Figur - weil sie nichts außer Salat aß - und ein hübsches Dekolleté - wahrscheinlich auch nicht echt. Aber das schlimmste, Stella war mindestens genau so blöd, wie sie hübsch war. Wenn man sie fragen würde, wer Goethe war, würde sie wohl gleich fragen ob ein neues Haarpflegemittel auf den Markt gekommen ist, von dem sie noch nichts weiß. Gut, zugegeben das war nun doch etwas übertrieben, aber sie ist wirklich nicht gerade die hellste und nervt Jana und mich ziemlich mit ihrem Geplapper. Aber Leo steht auf sie, wie auf jedes andere hohle, aber hübsche Mädchen dieser Welt und am Ende war er immer ganz furchtbar deprimiert, wenn sie ihn für irgendeinen genau so blöden super Macker verließ. Er wollte einfach nicht einsehen, dass er nicht Ken für seine Barbie war, oder habt ihr schon mal einen Ken gesehen, der das ganze Periodensystem auswendig kann? Nicht das er schlecht aussah, im Gegenteil, er war äußerst attraktiv und setzte sich somit über jegliche Strebervorurteile hinweg, aber er war schlicht weg zu schlau für die Barbies dieser Welt. Das musste er nur noch selbst einsehen Somit wäre ich also der einzige von uns dreien, der ohne Begleitung erscheinen würde. Es war schon deprimierend, mit meinen 16 Jahren hatte ich in Puncto Liebe noch absolut keine Erfahrungen. Nun gut, 16 ist jetzt auch noch nicht so alt, aber ich fühlte mich manchmal schon etwas außen vor, wenn meine Freunde immer Begleitungen hatten und ich nicht. Seufzend betrachtete ich den Schnee, als mein Handy klingelte. Jana. "Hey" begrüße ich sie heiser. "Hey Nicky" man hört das Lächeln aus ihrer Stimme. Eigentlich kann ich es ja nicht ausstehen, wenn man mich `Nicky´ nennt, schwul hin oder her, das kratzt an meiner Ehre, aber Jana war sowieso eine Ausnahme. "Ich wollte noch mal fragen, ob das mit Silvester klar geht? Leo hat zu gesagt und Stella und Fabi kommen natürlich auch mit, fehlst also nur noch du!" Warum habe ich das dumpfe Gefühl, dass diese Frage kein Verneinen zu lässt...? Seufzend nicke ich, völlig vergessend, dass sie diese Geste gar nicht sehen kann. "Nicky?... Hallo!? Bist du noch dran?" kam schon nach kurzem die leicht gereizte Gegenfrage. "Äh ja, 'tschuldige" nuschel ich schnell. "Also?" wieder diese Bestimmtheit in ihrer Stimme... "... ich komme..." ist meine schwache Antwort, Widerspruch war so oder so zwecklos. "Prima!" freut sie sich und die Selbstzufriedenheit war nicht zu überhören. "Fabi kriegt das Auto seines Vaters und holt dich und dann Leo ab, Stella wird von ihrer Mutter gefahren." Erleichterung macht sich in mir breit, wenigstens würde es eine ruhige Autofahrt werden, keine Stella die wie ein Putzerfisch an den Lippen meines besten Freundes hing oder mich und Jana mit ihren langweiligen Anekdoten belästigte. Es interessiert mich schlicht weg nicht, dass Anna, ihre kleine, dickliche Nachbarin Mitte zwanzig, einen absolut heißen Typen zum Freund hat und sie das einfach nicht nachvollziehen kann. Erstens kenne ich diese Anna nicht, zweitens habe ich nichts gegen Leute die ein bisschen dicker sind und zum Dritten interessiert mich das Leben fremder Leute etwa so viel, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt. Stella habe ich wirklich eine sehr emotionale Bindung, BFF quasi... Ich hasse sie! Und Jana auch... Ihr Lachen ist vom anderen Ende der Leitung zu hören. "Da bist du wohl genau so erleichtert wie ich, nicht wahr?" höre ich ihre Stimme wieder und muss lächeln. "Aber Jana, hast du schon euer tolles Gespräch über Make-up und den richtigen Hautton vergessen?" frage ich sie spöttisch. "Nein, wie könnte ich nur! Es ist eine Schande, dass ich Puder und kein Mouse benutze und dann auch noch so billiges, das nicht zu 100 % meinen Hautton trifft. Also Nick für mich hat sich eine neue Welt aufgetan, endlich habe ich gemerkt, was mir im Leben fehlte. Make-up Mouse in meinem Hautton! Wie kann ich ihr das nur jemals danken?" ihre Stimme trieft nur so vor Sarkasmus und ich muss lachen. Jana ist einfach kein perfekt gestyltes Mädchen, muss sie auch nicht, ein bisschen Puder und die Wimpern getuscht reicht bei ihr völlig. Stella sah das natürlich ganz anders, von Puder hielt sie rein gar nichts, viel zu unangenehm auf der Haut, viel zu durchsichtig und absolut nicht Janas Hautton. Ein Mouse -Nummer 20 von Maybeline Jade- passt zu ihrem hellen Tein viel besser, man würde sicher nicht mehr merken, das sie geschminkt ist, so toll passt es sich der Haut an und beseitigt nahezu jede Unreinheit. Fabi, Leo und ich standen schweigend daneben, sahen Jana aus zusammengekniffenen Augen an und versuchten heraus zu finden, ob das Puder wirklich nicht zu ihrer Hautfarbe passt. Wir sahen nichts. Das, was Stella als tragische Farbnuance darstellte, war für uns alle drei nicht zu erkennen. Doch die vor Wut aufeinander gepressten Zähne sahen wir dafür um so deutlicher. Schnell ging Leo dazwischen und holte mit Stella noch etwas zu Trinken in der Küche, bevor Jana sie noch auseinander nehmen würde. Und das hätte sie zweifelsohne getan... "Reg dich nicht auf, so ist sie halt und so lange Leo glücklich mit ihr ist..." ich seufze. Meine Hand, die das Telefon hält ist eiskalt und so wechsle ich sie schnell und stecke die andere in meine warme Jackentasche. Bis nach Hause war es noch ein ganzes Stück. "Wo bist du eigentlich?" "Ich hab Zoe zu ihrer neuen Freundin gebracht und bin gerade wieder auf dem Heimweg." erkläre ich knapp. "Hat sie auch einen großen Bruder oder so?" "So weit ich weiß nicht" "Schade..." ihre Worte lassen mich misstrauisch werden. "Wieso?" "Na ja, ich hab gedacht... wenn sie einen heißen großen Bruder hätte... du und er... und ihr." ich kann mir das breite Verkupplergrinsen auf ihrem hübschen Gesicht deutlich vorstellen und ich würde sie am liebsten dafür erwürgen. "Man Jana, hast du keine Hobbys!?" "Nicky du brauchst mal einen Freund!" - wie ich diesen Satz hasse. - "Du bist 16 und hattest noch keinen richtigen Freund, ob schwul oder nicht, das ist nicht normal." Die Einleitung des üblichen Fiaskos. "Wer hat gesagt, dass ich einen brauche?" frage ich gereizt. "Es geht nicht darum ob dir das jemand sagt..." - sie arbeitet immer mit so schlüpfrigen Sätzen, ich hasse das. - "Du musst es einfach mal erleben, dann weißt du was ich meine." "Jana ich bin 16, du tust so als wäre ich gerade Anfang 40 geworden." "Das kommt schneller als du denkst!" Es überrascht mich immer wieder, wie sie diesen Satz mit solcher Selbstüberzeugung sagen kann, dass es sogar mir für einen Moment so vor kommt, als würde ich morgen 40 werden. Natürlich werde ich nicht 40, mein 16. Geburtstag ist gerade mal 3 Monate her und meine `biologische Uhr´, wie sie das immer nennt, hat ihre Zeiger gerade erst begonnen langsam von der Ziffer Null vorwärts zu bewegen und tickt gemächlich vor sich hin. "Natürlich, der Termin für meine Dritten steht schon." entgegne ich grinsend. "Mensch Nick, bleib doch einmal ernst. Ich mach mir halt Sorgen um dich." "Weil ich mit 16 noch ungeküsst und Jungfrau bin?" frage ich etwas zu laut. Mist, hoffentlich hat mich niemand gesehen. Schnell schaue ich mich um. Keiner da, der mich gehört haben könnte. Noch mal Glück gehabt. "Ja!" wieder diese Überzeugung in ihrer Stimme. Mädchen sind mir wirklich ein Rätsel, wie können sie nur so dermaßen von dem was sie sagen eingenommen sein? "Wenn es dich tröstet, Zoe küsst mich jeden Abend." erwidere ich etwas trotzig und fühle mich doch etwas gekränkt, was ist denn daran so schlimm? Nun lacht sie wieder. "Du hast ja recht... aber es wäre doch so toll, wenn wir alle drei jemanden hätte, Pärchenabende und so." versucht sie mir versöhnlich zu erklären. "Ja ich weiß ja schon was du meinst, immer muss ich bei Singstar die Duette alleine Singen, da kann ich ja nur verlieren!" entgegne ich theatralisch. "Das liegt wohl eher an deinem gequietsche!" "Hey! Ich wollte dieses Jahr zu Popstars gehen!" "Natürlich!" ich kann sie kichern und ihre Mutter im Hintergrund rufen hören. "Meine Ma hat gerade gerufen, wir fahren gleich einkaufen." "Kein Problem." "Also dann bis übermorgen?" "mhm..." "Ein bisschen mehr Freude!?" "Nö" "Blödmann." "Mädchen." "Wie originell." "Ich weiß" sage ich und grinse breit. "Bis dann Nicky..." "Ciao Jana" Mit gemischten Gefühlen stecke ich das Telefon zurück in meine Tasche. Es dauerte noch einige Minuten, doch jetzt stehe ich endlich vor unserer gemütlichen Wohnung. Schnell schließe ich sie auf und schiebe mich durch die Tür ins Warme. Den Tag über werde ich alleine sein. Meine Mutter ist mit ihrer besten Freundin Andrea in die Stadt gefahren, das würde dauern. Achtlos schmeiße ich meine Schuhe in die Ecke und schlurfe in unsere urige Küche, um mir erst einmal einen Kaffee zu machen. Schwarz, stark und mit viel Koffein. Während die Maschine rattert und zischt, als würde sie gleich auseinander fallen, stehe ich vor dem DVD Regal und überlege, welchen Film ich mir ansehen könnte. Alleine ist das zwar eh nicht das wahre, aber besser als sich den ganzen Tag zu langweilen. Es waren Ferien, da erwartet niemand Leistung von mir. Es sei denn man betrachtete Party, schlafen und essen als besondere Form der Leistung betrachtet. Letztendlich zog ich wahllos eine DVD aus dem klapprigen Regal da meine Ma mit Andrea einmal zusammen gebaut hatte. Nach zwei Gläsern Schnaps wohl gemerkt. Und das nur noch steht, weil es rechts und links zwischen Wand und Wohnzimmerschrank eingeklemmt ist. Eingerollt in eine warme Decke und einen duftenden Kaffee in den Händen sitze ich jetzt also auf dem Sofa und lasse mich vom Fernsehn berieseln, ist doch auch mal ein schöner Tag... Kapitel 2: ----------- Leider ein bisschen spät und nicht mehr ganz Samstag, aber hier ist es, das zweite Kapitel !!! Viel Spaß :) Kapitel 2 - Silvester "Et is noch immer jot jejange", sagt der Kölner. Hat er wahrscheinlich auch gesagt, bevor das Archiv dieses Jahr zusammengefallen ist und wird er auch sagen, wenn irgendwann die Welt vor dem Untergang steht. Grenzenloser Optimismus der einfach zu beneiden ist, denn ich habe ihn nicht. Es ist Silvester. Ein neues Jahr. Ein neuer Anfang. Der Tag im Jahr, an dem man sich so viel vornimmt, an dem man beschließt ein besserer Menschen zu werden, das Rauchen einzustellen, ordentlicher zu werden, weniger zu essen und ein Kind aus Afrika zu adoptieren. Im besten Fall raucht man nicht noch mehr, stellt eine Putzfrau ein, geht anstatt zu Mc Donnalds zu Subway - da ist immerhin Salat auf dem Brötchen - und adoptiert einen kleinen Hund aus dem Tierheim. Aber wenn man doch ganz ehrlich ist ändert man nichts. Man fühlt sich nur besser, weil man ja immerhin einen guten Willen hatte. Natürlich weiß man, dass die Lunge deshalb nicht weniger Schaden vom Rauchen nimmt, dass man immer noch zu faul ist um Ordnung zu halt, dass auch Subway keine gesunde Ernährung ist - auch wenn Salat auf dem Brötchen ist - und das ein Hund kein Kind aus Afrika ist. Doch was kümmert es einen?Wir leben hier, wir leben jetzt und was morgen sein wird, kommt noch früh genug. Matts Silvesterparty ist im vollem Gange. Das Haus ist voll mit jungen Leuten von denen ich wahrscheinlich nicht mal die Hälfte kenne. Die Meisten drängeln sich um die provisorische Bar und ordern Hochprozentiges. Natürlich sind die meisten noch unter 18, genauso wie ich, doch das interessiert hier niemanden. Matts Eltern sind nicht da und den Alkohol hat sein großer Bruder besorgt, der sich momentan um die Musik kümmert, die aus den riesigen Boxen im Wohnzimmer hämmert. Dangerous von Akon. Gar nicht mein Geschmack. Ich höre lieber Sum 41 oder auch mal Nickelback. Aber mit Akon, Flo Rider und wie sie alle heißen mögen kann ich nicht wirklich was anfangen. Leo, Stella, Jana und Fabi ist das reichlich egal, die vier sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Es ist ja nicht so, dass ich ihnen ihr Glück nicht gönne, aber ich komme mir schon ziemlich blöd vor, wie ich hier etwas abseits von den Vier stehe und Luftlöcher starre. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich auch etwas neidisch. Ich komme mir auf dieser Party ziemlich verloren vor, da wäre es bestimmt schön, wenn man jemanden bei sich hätte, der einem das Gefühl gibt nicht fehl am Platz zu sein. Denn genau so fühle ich mich gerade. Bin ich denn echt überflüssig? Irgendwie schon... Nicht dass sie mich nicht hier haben wollen, ich weiß, dass ich meinen Freunden wichtig bin, aber mein Verschwinden würde wohl kaum auffallen. "Ich geh mir noch ein Bier holen" sage ich an Leo gewandt. "Soll ich mitkommen?" fragt er freundlich, doch ich verneine. Ich möchte einen Moment alleine sein, weg von den Vier. So gut es geht quetsche ich mich durch die Masse und versuche ein Bier zu Ordnern. Doch das ist gar nicht so leicht. Ich bin zwar nicht wirklich klein, aber dennoch gehe ich zwischen den vielen Leuten ziemlich unter. Gerade habe ich mich nach vorne gekämpft, da schiebt sich irgendein riesiger Kerl mit einem Kreuz wie ein Schrank vor mich und ich werde wieder in zweite Reihe gedrückt. Arschloch ! Es dauert noch locker 20 Minuten bis ich endlich mein Bier in den Händen halte und knurrend zurück stapfe. Eigentlich wollte ich mich etwas abreagieren, aber das hat wohl irgendwie nicht funktioniert. Und die Tatsache, dass ich kaum voran komme bei dem Menschen Auflauf, verbessert meine ohnehin schon schlechte Laune nicht wirklich. Im Gegenteil, ich bin im Moment in der Stimmung zu morden oder zumindest jemanden kräftig aus den Weg zu schupsen. Genau das tue ich auch. Ich versuche die ganze Zeit schon um so einen Kerl mit schwarzen, etwas längeren Haaren vorbei zu kommen. Der ist dünn wie ein Strich und nimmt trotzdem einen Platz ein..., das ist unglaublich. Ich stöhne wütend und schupse ihn bei Seite, endlich kann ich weiter. Ich spüre seinen Blick im Nacken und er lässt mich erschaudern. Zögernd drehe ich mich um, seine grünen Augen bohren sich förmlich in meine, absolut gruselig. Schnell wendete ich mich wieder ab und war zum ersten mal an diesem Abend froh über die Masse in die ich eintauchen und mich verstecken konnte. Doch immer noch fröstelte es mich leicht. Jack the Ripper war nichts gegen den Kerl. Wie kann jemand der so gut aussieht nur so finster drein schauen? "Nick!" Leo war plötzlich vor mir auftaucht - ohne Stella wohl gemerkt - und sah mich erleichtert an. "Hey Leo, alles klar? Wo hast du denn die andern gelassen?" "Wir haben dich gesucht! Es ist schon halb Zwölf!" erklärt er aufgeregt, umfasst mein Handgelenk und zieht mich hinter sich her. Mir bleibt nicht mal mehr die Zeit um zu protestieren, zumal es im allgemeinen Gemurmel eh untergehen würde. Grob schleift er mich durch die Menge und ich ecke hier und da, an ein paar Leuten an die mich pikiert ansehen. Super, Leo schafft es wirklich den Hass noch mehr auf mich zu lenken als ich selbst. Das sind eben wahre Freunde... "Leo ich kann auch alleine Laufen!" maule ich und versuche mich aus seinem Griff zu befreien - zwecklos. Leo sah zwar nicht so aus, aber er hatte doch ganz schön Kraft oder zumindest mehr als ich. Aber gegen mich anzukommen ist auch nicht die Kunst - leider. Ich mache kaum Sport und habe auch sonst nicht viel mit körperlicher Betätigung am Hut, es sei denn man betrachtet gelegentliches Müll raus tragen, als besondere Form des Sports. Folglich zog mich Leo immer noch hinter sich her, mit der Zulage, dass er sich jetzt noch über meinen Orientierungssinn ausließ und anzweifelte, dass ich den Weg zurück jeh alleine gefunden hätte. Unerhört ! Nun gut, einen genauen Plan hatte ich nicht, aber die ungefähre Richtung wusste ich noch, reicht doch. Ich hätte sie schon noch vor Neujahr gefunden! Endlich blieb er bei einer kleinen Gruppe von Leuten stehen. Jana, Stella und Fabi waren auch darunter. Außerdem noch Vanny, Jule, Melli, Matt, Kevin und Alex. Alle unterhalten sie sich, laut und lachend. Alex steht im Mittelpunkt der Gruppe und erzählt etwas, wobei er wild mit Armen und Beinen gestikuliert. "... und dann stand er da, schaute dumm in den Pool und Mike hat ihn rein geschupst, mit samt dem feinen schwarzen Anzug!" Alle fangen an zu lachen, allen voran Alex selbst. Schmunzelnd stelle ich mich dazu und werde gleich freudig begrüßt. "Heey" quietschte Melli gleich und zog mich in eine fest Umarmung - zu fest. "Hey" presste ich die letzte Luft die ich hatte aus meiner Lunge und japste verzweifelt nach neuer. "Melli, lass den Armen doch mal los, der ist doch nur ne halbe Portion" grinste nun Kevin und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. Gott war ich froh, als mich Melli aus ihrem Klammergriff befreite und ich endlich wieder atmen konnte. Ich mochte sie ja wirklich gerne, aber das war einfach zu viel. "Hallo Leute" lächle ich wieder munter in die Runde und alle antworten mir einstimmig. "Geh wir gleich alle zusammen raus?" fragt Vanny und sieht vergnügt in die Runde. "Klar! Ich geh eben zwei Flaschen Sekt holen. Besorgt ihr euch Becher oder so." grinst Matt während er in der Menge verschwindet. "Ob der es noch vor 12 Zurück schafft?" lacht Kevin und leert seine Bierflasche. Auch ich nehme einen weiteren Schluck und lausche den heiteren Gesprächen meiner Freunde. Melli erzählt von ihrer Woche Skiurlaub in der Schweiz, der tollen Schokolade die es dort gab und das lustige Schweizer-Deutsch. Vanny war bis jetzt zu Hause geblieben, hatte aber seit einigen Tagen einen neuen Freund. Alle umarmten und beglückwünschten und bombardierten sie mit Fragen, die sie alle geduldig und selig lächelnd beantwortete. Doch Matts aufgeregtes Rufen unterbrach uns kurze Zeit später. "Kommt lasst uns raus gehen, es sind schon 10 vor 12" rief er und wedelt mit zwei Sektflaschen in der Hand umher. Das neue Jahr kommt gerade richtig, wir haben alle unser Bier geleert und die Stimmung ist gut. Fröhlich machen wir uns auf den Weg nach draußen. Etwas wacklig auf den Beinen hackt sich Jule bei mir ein und piekst mich grinsend in die Seite. "Na Nick-schatzi, hast du schon das neuste gehört?" ihr grinsen wird breiter. Ich sehe sie skeptisch an und schüttele den Kopf. "Es soll ein neuer Kerl an unsere Schule kommen. Ich glaub ne Klasse über uns oder so. Das wäre doch was für dich" Viel sagend wackelt sie mit den Augenbrauen und zwinkert mir zu. Jule ist wirklich süß, sie ist fast ein Jahr jünger als ich, klein, hat rotes Haar und blaue Augen. Ein hübsches Mädchen, nur etwas klein. Aber das glich sie durch High Heels aus, die einem den Atem stocken ließen. Wenn sie mir damit jemals auf die Zehen treten würde... Daran will ich gar nicht erst denken. "Als ob der schwul ist! Und wenn er es ist, dann sieht der entweder schwul oder hässlich aus. Tun sie alle!" lache ich und lege meinen Arm um sie, damit ich sie etwas stützen kann. "Ach, und wie siehst du aus? Schwul oder hässlich?" fragt sich kichernd, als wir in den Garten treten. "Ich glaub ne Mischung aus beidem" grinse ich und wir gesellen uns wieder zu den anderen, von denen wir etwas zurück gefallen waren. Alle halten Pappbecher in den Händen - auch ich - und Matt geht rum und schenkt langsam jedem ein. Es ist ganz schön kalt hier draußen, so ohne Jacke. Stella hat sich eng zu Leo gestellt und auch Fabi hält Janas Hand fest in seiner. Na toll und mir bleibt nur unser angetrunkenes Julchen? Na ja, immerhin sagen alle immer, wir zwei würden ein hübsches Pärchen abgeben. Ich glaube sie wäre auch in etwa mein Typ, wenn ich nicht schwul wäre. Ich weiß nicht woher diese Eingebung kam, aber ich hatte schon immer nur Freundschaftliche Beziehungen zu Mädchen und auch mit 14 konnte ich mich der Freunde an Pamela Andersons üppigen Dekolleté nicht anschließen. Aber wenn Jana von Justin Timberlake geschwärmt hat, dann wusste ich immer genau was sie meinte. Sie war es auch die mir die Diagnose `schwul´ gab. Zu erst lachte ich sie aus, aber bei längerem nachdenken und unter Anbetracht der Tatsachen und diverser Träume - von denen ich Jana jedoch nichts erzählte - musste ich mich Janas Diagnose hingeben. Ich bin schwul. Am Anfang klang es komisch, aber mittlerweile kann ich damit leben. Meine Klassenkameraden und meine Eltern wissen es und es hat mich bis jetzt noch niemand Schwuchtel oder der gleichen genannt. Viel schlimmer, die Mädchen umarmten mich quietschend - allen voran Jule - und versuchen seit dem mich zu verkuppeln. Bisher erfolglos. Die Jungs waren am Anfang etwas distanzierter, doch auch das hat sich mit der Zeit gelegt und ich wurde wieder genau so ein Teil ihrer Gemeinschaft wie vorher. Zum Glück! So gut kommt nicht jeder davon... "Noch Fünf Minuten" grölt Kevin und schnappt sich Vanny um mit ihr ein bisschen zu tanzen. Lachend steht Melli daneben und packt die Handykamera aus, um Fotos zu machen. Auch von Jule und mir macht sie eines, wir hatten auch angefangen zu tanzen, was sich als ziemlich schwierig erweist, denn immer wenn sie auftritt versinken die dürren Absätze im Grasboden. Immer wieder stolperten wir und ich zog sie wieder aus dem Boden heraus. Und dann sind es nur noch 10 Sekunden vor 12, wir stehen alle dicht beisammen in einem Halbkreis, die Sektgläser fest umklammert und die Gesichter in den Himmel gerichtet, voller Erwartung auf das Feuerwerk und natürlich das neue Jahr... "10..." "9..." "8..." "7..." "6..." "5..." "4..." "3..." "2..." "1..." Und um Punkt 12 stecken alle Paare die Köpfe beisammen und küssen sich und alle Singels heben die Sektgläser und stoßen miteinander an, in der Hoffnung nächstes Silvester nicht allein zu sein. Über unseren Köpfen zischen die Raketen und explodieren in bunten Feuerwerken. Alle wünschen sich ein `Frohes Neues Jahr`, denken und glauben fest an die Vorsätze, die sie haben. Und auch Jana kommt auf mich zu, küsst mich auf die Wange und wünscht mir ein Frohes Neues. Lächelnd nehme ich sie in den Arm und Leo gleich dazu. "Auf das es ein noch viel besseres Jahr wird" lächle ich fröhlich. Und so ging das neue Jahr weiter, wie das alte Aufgehört hatte, die Mädchen erzählten uns von ihren Plänen für das neue Jahr. Sie hatten sie alle so viel vorgenommen, sie es nun eine Diät oder einfach besser in der Schule zu werden. Nur ich hatte mir nichts vorgenommen... Was auch? Ich fand es albern, dass Silvester ein Tag des Wandels sein soll. Warum gerade Silvester? Sollte man sich denn nicht lieber jeden Tag gute und neue Vorsätze machen, sich Ziele, wenn auch nur kleine Setzen und sich vor arbeiten, anstatt einmal im Jahr unerreichbare Ziele zu stecken? Wir haben 365 Tage im Jahr, muss es da ausgerechnet Silvester sein? 365? Kann es denn nicht auch einfach der 30 Sein oder der 124? Ich mache mir gute Vorsätze lieber dann, wenn sie Nötig und erfüllbar sind. Und wenn das erst zu Sommersonnenwende ist, dann ist das auch okay, denn ich will meine Ziele erreichen. Ich will am 365 Tag im Jahr sagen können, dass ich es geschafft habe. Ich kann nicht heute schon über das ganze Jahr hinweg Vorsätze verteilen, die ich vielleicht gar nicht geregelt bekomme. Et kütt wie et kütt. Das Leben hat keine Spielregeln und wenn doch, dann hält es sich nicht dran. Selbst eine Stunde später sind in der Ferne noch Raketen zu hören und ab und an flackern bunte Lichter am Himmel. Die Laute Silvesterstimmung flaut langsam wieder ab, einige von den Jüngeren sind schon nach Hause gegangen und die laute Musik wurde - nicht zuletzt wegen den Beschwerden der Nachbarn - leiser gedreht. Unsere Clique hatte es sich auf einer Couch gemütlich gemacht und wir planten unsere nächste Klassenfahrt. In die Eifel sollte es gehen, Kloster und so... Das hat man nun davon, wenn man auf eine Klosterschule geht. Ich fragte mich bis heute, was mich da geritten hat. Außerdem war das früher noch eine Mädchen Schule, das heißt also, dass da nur Mädchen und die totalen Obertunten herum liefen. Nun gut, Tunten sind mir bis jetzt noch nicht begegnet, Mädchen dafür um so mehr. Nix mit heißen Jungs in süßen Schuluniformen... Und so nannte sich unsere Klassenfahrt Besinnungsfahrt. Im Kloster... in der tiefsten Eifel... Wahrscheinlich gab es da nicht mal Handy Empfang, geschweige denn WiFi Anschluss. Ich würde in die Pampa fahren, die Homohasserpampa. Melli und Jule warfen mir schon die ganze Zeit mitleidige Blicke zu und Mitleid konnte ich gebrauchen. Was sollte ICH den bitte im Kloster? Mal abgesehen davon, dass ich nicht mal an Gott, Jesus oder die Zeugen Jehovas glaube, bin ich Schwul! Das heißt ich verstoße gegen trilliarden von Christengesetze gleichzeitig. Ich hab das Oneway Ticket für die Hölle quasi schon in der Tasche. Was soll ich da also? Mir vor predigen lassen, dass schwul sein eine Sünde ist und ich meinen inneren Schweinehund besiegen soll?... Erwarten sie dann wirklich, dass ich auf springe und ganz pikiert rufe: OH MEIN GOTT! - die Hände natürlich dramatisch vor den Mund gehalten und mit schönem schwulen Nasallaut - Ich werd sofort wieder Hetero! Dabei stemme ich überzeugt eine Hand in die Hüfte und streiche mir meine top gestylten Haare aus der Stirn. Ich werde es dort keine fünf Minuten aushalten! "Also Mädels, Nick schläft dann bei euch im Zimmer." reißt Kevins Stimme mich aus meinen Gedanken. Beleidigt werfe ich ihm einen Blick zu und verschränke die Arme vor der Brust. "Du bist so blöd Kevin" murre ich. Und die Jungs fangen an zu lachen. Nur die Mädchen sehen plötzlich so komisch aus und stecken die Köpfe verschwörerisch zusammen. Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachte ich sie und wende mich Matt zu, der auf der anderen Seite neben mir sitzt. "Was reden die da?" frage ich ihn misstrauisch. "Die Planen mit wem du in einem Hochbett schlafen sollst" lacht er fies. "Penner" zische ich und stoße ihm beleidigt meinen Ellbogen in die Rippen. Immer diese Witze auf meine Kosten.... als Schwuchtel hat man es schon schwer... Auch wenn ich sagen muss, dass die meisten Witze lustig sind, wie die von Ole Lehmann. Ein toller Komödiant, spricht mir aus tiefster Seele. Aber solche Witze finde ich gemein. Ich bin keine Tunte und das einzige was ich mit den Mädels gemeinsam hab ist die Vorliebe für Desperate Houswifes - und das guckt Kevin auch! - und dass ich auf Jungs stehe. Das war's auch schon. Shoppen hasse ich genau so wie jeder andere Junge auch und Gekreische und Gequietsche verzichte ich auch. ... zumindest meistens... "Duu Nicky!" säuselt Jana plötzlich und sieht mich mit ihren Kulleraugen eindringlich an - ich ahne schreckliches. "mh?" mache ich nur und weiche ihrem eindringlichen Blicken aus. Dem Feind niemals in die Augen sehen. "Was hältst du davon, wenn du wirklich zu uns aufs Zimmer kommst?" fragt sie bittend und es herrscht für einen Moment Totenstille. Ich brauche einen Moment. Überlege hin und her, ob sie das wirklich ernst meint. Schaue ihre wieder in die Augen. Ihr Blick ist entschlossen. Sie meint es ernst. Plötzlich fangen Kevin, Matt, Alex, Leo und Fabi gleichzeitig an zu lachen und wie sie lachen. Nur ich sitze total baff auf meinem Platz zwischen Matt und Kevin und starre die fünf Mädchen entgeistert an. Die meinten das wirklich ernst. "Seid ihr verrückt?" ist das erste was ich nach einigen Minuten hervorbringen kann. "Aber wieso denn?" mischt sich nun auf Vanny ein und sieht mich enttäuscht an. "Das wäre bestimmt toll!" schwärmt Melli und trinkt ihr Bier leer. "Ich glaube wir sollten langsam gehn, der Alkohol bekommt euch nicht gut" versuche ich mich das Thema zu wechseln und sehe die Jungs hilfesuchend an, doch die lachen immer noch und kriegen sich gar nicht mehr ein, das werden sie mir wohl in drei Wochen noch vortragen... "Aber das wäre sooo lustig, wir könnten dir Frauenkleider anziehen und die schminken und so!" flötet Jule sarkastisch und sieht die anderen vier Mädchen kopfschüttelnd an. "Mädels ich glaub das ist ne ganz schlechte Idee. Ich würde auch nicht mit fünf Mädchen auf ein Zimmer gehen wollen... Nick ist immerhin noch ein Kerl!" versucht sie den anderen klar zu machen. Manchmal liebe ich sie wirklich. Julchen ist einfach toll. So einfühlsam, hilfsbereit, liebenswert, warmherzig und- "... Außerdem will der Gute auch mal was zu gucken haben!" ... ein kleines, mieses, dreckiges Biest. Jetzt lachen sie alle, auch die Mädchen und ich ziehe einen Schmollmund der sich gewaschen hat. "Och Süßer" ruft Jule gleich entschuldigend und kommt von dem Sofa das unserem gegenübersteht herüber getippelt und nimmt mich in den Arm. "Du weißt doch, dass ich dich lieb habe" kichert sie und drückt mir einen Schmatzer auf die Wange. "Womit hab ich das nur verdient?" stöhne ich gespielt genervt. "Immer diese miesen Schwulenwitze, ich fühle mich diskriminiert..." Ein Einstimmiges "ohhh" geht durch die Clique und wir alle fangen wieder an zu lachen. Kurze Zeit später stehen wir alle im Hausflur und verabschieden uns von Matt. Es sind schon kurz nach halb 2 und wir mussten noch mindestens eine Viertelstunde bis nach Hause laufen. Fast alle in verschiedene Richtungen. Nur Melli wird von ihrer Mutter abgeholt. Mittlerweile ist es noch etwas kälter geworden und ich bin froh, dass ich noch eine Jacke bei mir habe. Der Wind weht uns eisig entgegen und so beschleunigen wir unsere ausgedehnte Verabschiedung und gehen aus einander, mit dem Versprechen, uns noch vor Schulbeginn in der Stadt zu treffen. Ich freue mich tierisch auf mein kuschliges Bett und bin gespannt, was das neue Jahr so alles bringen wird... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)