Misery Loves Company ♥ von juuzousuzuya (Nobody is perfect) ================================================================================ Kapitel 1: *~All you need~* --------------------------- Hey alle zusammen! Atsushi meldet sich mal wieder ^^ Ich weiß, diesmal war ich recht schnell und das Kapitel ist...etwas länger geworden ^^ ich hoffe, ihr verzeiht mir das und habt viel Spaß beim Lesen! POV: Hal Rating: PG-15 Beta: Vielen lieben Dank ♥ _________________________________________________________________________________ *~Kapitel 1~* All you need Am Morgen wachte ich früh auf. Die Sonne strahlte fröhlich ins Zimmer und ich sah mich kurz um. Ich kannte dieses Zimmer in- und auswendig, ich hatte schon oft bei ihm übernachtet. Zuhause war es allein viel zu langweilig. Wieder einmal merkte ich, dass ich wirklich häufiger bei Tomo war als in meiner Wohnung. Wohl oder übel musste ich zugeben, dass ich verstehen konnte, dass Reika auf ihn eifersüchtig gewesen war, aber sie war wirklich ein bisschen überempfindlich gewesen. Schließlich hatte ich während unserer Beziehung – die ganze zwei Monate gehalten hatte – kein einziges Mal bei ihm geschlafen. Ich hatte mich nur öfters mit ihm getroffen. Ich spürte ein unschönes Gefühl im Magen, Hunger war es nicht, da war ich mir sicher, aber es kam mir genauso fremd vor. Ich warf einen prüfenden Blick auf den Wecker. Es war erst acht Uhr, viel zu früh um aufzustehen. Ich war ein echter Morgenmuffel. Aber dieses komische Gefühl im Magen ließ mich nicht mehr zur Ruhe kommen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich es gar nicht mehr fühlen konnte, genauso wie Hunger, das fühlte ich ja auch schon lange nicht mehr, aber da hatte ich mich getäuscht. Ich seufzte einmal tief und drehte mich dann auf die andere Seite und kuschelte mich instinktiv an die Wärmequelle neben mir. »Entweder du bist mal wieder sehr kuschelbedürftig ODER du bist sehr nervös«, hörte ich Tomo mit einem Grinsen in der Stimme sagen. »Wohl eher beides.« Tomo lachte leise und legte seinen Arm um mich, natürlich kuschelte ich mich so noch mehr an ihn. Aber er war nun mal so schön warm. Ich war es schon gewöhnt, seine weiche Haut zu spüren, dieses altbekannte Gefühl schenkte mir Geborgenheit…auch wenn es sich lächerlich anhören mag, aber ich meinte es vollkommen ernst. Es gab keinen Körper – außer meinen eigenen – der mir genauso vertraut war. Okay, ich weiß war ihr jetzt denkt! Aber nein, SO vertraut ist mir sein Körper dann doch nicht. Ich spürte seinen Arm auf meiner nackten Haut, es störte mich nicht, zu mal mir kalt war und ich so etwas gewärmt wurde. Mich wunderte es, dass er bereits wach war. Na ja…oder auch nicht. Denn keine Minute später hörte ich auch schon sein gleichmäßiges Atmen, was mir verriet, dass er wieder eingeschlafen war. Gekonnt ignorierte ich die immer wieder aufsteigende Nervosität und entspannte mich. Mir gelang es sogar, für zwei Stunden noch mal einzuschlafen. Ich träumte nichts, was vielleicht auch besser war. Als ich nun zum zweiten Mal an diesem Morgen die Augen öffnete spürte ich Wärme. Überall. Schnell wurde mir auch klar warum. Ich lag nicht mehr neben Tomo sondern AUF ihm. Die Röte schoss mir ins Gesicht, doch ich wagte es nicht, mich zu bewegen und ihn somit zu wecken. Okay, so zu tun, als würde ich mich noch weiterhin im Traumland befinden war eine genauso blöde Idee, aber mir fiel nichts Besseres ein. Seine Arme lagen behutsam auf meinem Rücken, sie hielten mich sanft fest, drückten mich aber nicht an ihn. Ich genoss seine Wärme. Selten wachte ich auf und fühlte Wärme. Klar war ich schon neben Reika oder einer anderen Ex aufgewacht, aber ich hatte mich nie an sie gekuschelt, irgendwas hielt mich davon ab, mich ihren zarten, weiblichen Körpern zu nähern. Hört sich verrückt an oder? »Ich wusste ja gar nicht, dass du auf so was stehst«, sagte Tomo und sah mich prüfend an. Wie lange war er schon wach? Ich spürte, wie ich rot anlief, wahrscheinlich so rot wie ein Feuermelder, und verlegen wich ich seinem Blick aus. Jaah, seit wann ich auf so was stand war mir auch vollkommen neu. Ich schmuste mich gern an ihn, einfach weil er mein bester Freund war und er hatte es immer erwidert, aber jetzt lag ich – verdammt noch mal – auf ihm! Sein Körper erzitterte unter mir, als würde er versuchen ein Lachen zu unterdrücken. Ehe ich es mir versah hatte er mich gepackt und auf die andere Betthälfte gedrückt, er ließ mich nicht los, stattdessen setzte er sich nun auf mich. Das alles ging viel zu schnell, als hätte ich etwas dabei denken können. Er rutschte etwas auf mir herum, dann machte er es sich auf meinem Becken gemütlich. Zufrieden lächelte er mich mit einem triumphierenden und versauten Gesichtsausdruck an. »Ich wusste auch nicht, dass DU auf so was stehst«, erwiderte ich nun und sah meinen besten Freund an, der immer noch lächelte. Bevor ihr mich jetzt fragt, was ich gerade denke, ich denke gar nichts! »Du weißt einiges nicht über mich.« »Und das wäre?« Er neigte sich langsam nach vorne und kam meinem Gesicht immer näher, erst als unsere Lippen sich fast berührten, drehte er seinen Kopf leicht zur Seite und flüsterte mir ins Ohr: »Das wüsstest du wohl gerne.« »Ja«, hauchte ich kaum hörbar. Warum ich das sagte, wusste ich auch nicht, denn sein Tonfall sagte mir, dass ich es lieber nicht wissen wollte. Zu meinem Erstaunen ging er nicht weiter darauf ein. Was vielleicht ein Glück für mich war, denn ich konnte mir gut denken, dass es versaut war. Tomo erhob sich und verließ das Schlafzimmer, ließ mich allein mit meinen Gedanken zurück. Wahrscheinlich drängt sich an dieser Stelle jetzt die Frage auf, ob Tomo schwul war, aber nein, das war er nicht. Ehrlich, er mochte sich manchmal so verhalten, vor allem mir gegenüber, aber das lag eher daran, dass wir uns so lange schon kannten, also nein, er war nicht schwul und ganz ehrlich, es würde auch nicht zu ihn passen. Ich gebe ja zu, er hat schon einige Typen geküsst wenn er besoffen war, aber schwul, nein, das passte nicht zu ihm. Und da wir ja nun schon mal beim Thema waren, nein ich war auch nicht schwul. Zu mindest glaubte ich das zu diesem Zeitpunkt. Ich blieb noch einen Moment lang liegen, doch mir wurde kalt und es war langweilig im Bett ohne meinen besten Freund. Also stand ich auf und tapste in Richtung Küche. Kaum hatte ich einen Fuß aus dem Schlafzimmer gesetzt schlug mir der angenehme Duft von Kaffee entgegen. Wohlig seufzend sog ich den Duft ein und ging nun sprichwörtlich der Nase nach. Schließlich stand ich auch schon in der Küche. »Na, den Weg gefunden?« »Ich würde mich eher in meiner eigenen Wohnung verlaufen als hier!«, entgegnete ich ehrlich grinsend und schnappte mir eine Tasse Kaffee. »Das stimmt. Woran das wohl liegt…Wann musst du denn heute da sein?«, DAS war typisch Tomo, von einer Sekunde auf die Nächste einfach das Gesprächsthema radikal wechseln. Natürlich sprach er von meinem Bewerbungsgespräch bei der Misery Loves Company. »Um halb drei.« Und da war sie wieder. Die Nervosität. Dabei hatte ich sie so erfolgreich verdrängt. Verdrängt, ausgeblendet, das traf es. Denn ich bezweifelte, dass sie weg gewesen war. Genauso wie der Hunger damals, ich hatte ihn verdrängt, bis ich ihn irgendwann gar nicht mehr gespürt hatte. Die Nervosität saß fest in meinem Magen und ich bekam keinen Bissen meines Frühstücks hinunter. Zu mal ich ohnehin keinen Appetit hatte. Womit wir wieder beim Thema ‚Hunger’ und ‚Essen’ wären. Tomo beobachtete mich besorgt, ich wusste dass er sich Sorgen machte, aber er sagte nichts, das hatte er schon vor einiger Zeit aufgegeben, was ich ihm nicht übel nehmen konnte. »Hast du eigentlich noch was von Aiko gehört?«, fragte ich ihn. Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, sie war eifersüchtig«, erklärte er dann schließlich noch. Völlig entgeistert starrte ich meinen besten Freund an. »Häh? Auf wen denn?« Jetzt huschte ein Lächeln über seine Lippen, das sich beim Anblick meines verwirrten und bestimmt auch ziemlich bescheuerten Gesichtausdruckes in ein breites Grinsen verwandelte und er hob seine Hand und zeigte mit dem Zeigefinger auf mich. »Auf dich.« »Auf MICH?« »Genau, sie dachte, ich hätte was mit dir«, er sprach es aus, als wäre es das normalste und selbstverständlichste der Welt. »Das ist ja absoluter Schwachsinn!« »Hab ich ihr auch gesagt.« »Tomo, man zeigt nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute«, wechselte ich das Thema. »Dann zieh dich aus.« »Bitte WAS?«, perplex starrte ich ihn an, dann grinste ich dreckig und meinte nur: »DAS hättest du wohl gerne?« »Das was ich sehe, reicht mir.« Skeptisch sah ich an mir hinunter. Ich saß in Shorts vor ihm (also gäbe es nicht viel zum ausziehen, aber das spielte jetzt keine Rolle). »Was soll das denn bitte heißen?« »Dass du mehr essen solltest.« »So dünn bin ich nun auch wieder nicht!« »Guck dich doch mal an.« Tomo hatte Recht, das wusste ich, aber jetzt mal ehrlich, immerhin war noch was an mir dran. Ich hatte schon schlimmere Zeiten gehabt. Ich hatte zugenommen, in den letzten Wochen, deutlich zu genommen, was sich wohl bei mir positiv ausgewirkt hatte. Jahre lang war ich nicht mehr gewesen als Haut und Knochen, doch jetzt ging es wieder, ich konnte meinen Körper wieder zeigen ohne selbst angewidert zu sein. Ich konnte meinen Körper zeigen, das erleichterte mich immer wieder aufs Neue. Und Tomo hatte sogar auch noch Schuld daran, dass es mir jetzt besser ging. Immer wenn ich bei ihm übernachtete hatte, hatte er mich mit Pizza und ähnlichem voll gestopft bis ich zu platzen drohte. Nicht gerade die gesunde Art um wieder an Gewicht zu gewinnen, aber erfolgreich. »Tomo?« »Ja?« »Wie hältst du es nur mit mir aus, wenn ich jetzt sogar schon deine Freundinnen vergraule?« Mit seinen Weibern war es ja genauso wie bei mir, sie verließen mich auch meistens, weil sie neidisch auf Tomo waren, weil er mehr von mir hatte. Damit meine ich nicht körperlich – obwohl das auch oft so war – sondern eher… wie soll ich sagen…mental. »Erstens kenne ich dich besser und länger und zweitens bist du mir viel wichtiger als irgendeine Frau.« »Danke.« »Du brauchst mir doch nicht zu danken, Kleiner, was würde ich nur ohne dich machen?« »Dich langweilen«, schlug ich vor und stand auf. Als ich auf dem Weg zum Schlafzimmer war, hörte ich Tomo lachen. Es war noch früh. Mehr als zwei Stunden noch. Ich merkte, wie ich mit jedem Atemzug nervöser wurde. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es hier um mehr als nur einen Job ginge. Woher dieses Gefühl kam? Keine Ahnung, es war einfach da. Seufzend warf ich mich wieder aufs Bett. Ich schloss die Augen, dachte jedoch nicht daran, zu schlafen. Dazu war ich gar nicht in der Stimmung. Ich hatte keine schlechte Laune, ich hatte eigentlich nie schlechte Laune, ich hatte eine sehr neutrale Laune. Irgendwie fühlte ich gerade gar nichts. Da war diese unendliche Leere, die ich schon oft in meinem Leben gespürt hatte. Jetzt, wo ich so da lag, die Augen geschlossen und nachdachte, dachte ich das erste Mal über mein Leben nach, über das was bereits passiert war und über das, was vielleicht noch kommen würde. Ich war echt ein hoffnungsloser Fall. Aber vielleicht würde es mir endlich mal gelingen, etwas aus meinem Leben zu machen. Schließlich wollte ich Tomo auch nicht ewig zur Last fallen. Bei ihm fühlte ich mich wohl. Wir kannten uns schon lange, eigentlich solange ich denken konnte und wir hatten viel durchgemacht und immer war er an meiner Seite geblieben, daran merkte man, dass er ein guter und vor allem ein wahrer Freund war. Aber abhängig wollte ich von ihm auch nicht werden. Ich atmete einmal tief durch und dann erhob ich mich wieder. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es mittlerweile zwölf Uhr war. Zweieinhalb Stunden noch… Meine Sachen von gestern konnte ich jedoch nicht anziehen, wie würde das nur aussehen! Ich schüttelte den Kopf und dachte angestrengt nach, was ich jetzt machen sollte. Nach Hause gehen? Es klopfte an der Tür und Tomo trat ein. Er klopfte an seiner EIGNENEN Schlafzimmertür! Ich drehte mich zu ihm um. Er hielt eine schöne, dunkelblaue Jeans und ein weißes, einfaches Hemd auf dem Arm. »Die Dusche kannst du benutzen, das weißt du ja. Und die«, er zeigte auf die Sachen, »will ich irgendwann wieder haben.« Grinsend legte er die Sachen aufs Bett. »Danke.« »Kein Problem. Aber danach sieh zu, dass du mal was gegen deinen leeren Kühlschrank machst.« »Hatte ich ohnehin vor.« »Ehrlich?« »Ja, ich kann schließlich nicht ewig auf deine Kosten leben!« »Freu mich, wenn du das auch so siehst«, Tomos Gesicht leuchtete bei seinem strahlenden Lächeln auf und er schüttelte leicht den Kopf, sodass seine braunen Haare ihn am Kinn berührten. Ich mochte sein freundliches, hübsches Gesicht sehr gerne, seine Augen leuchteten immer warm. Er drehte mir wieder den Rücken zu und verschwand, kurz darauf hörte ich den Fernseher. Ich schnappte mir eine von Tomos Boxershorts, gut dass ich wusste wo er ALL seine Wäsche hatte. Würde ihm bestimmt nicht auffallen, wenn eine fehlt. Schnell tapste ich ins Bad, ließ meine übrigen Anziehsachen fallen und huschte unter die warmen, wohltuenden Wasserstrahlen. Wenn ich einmal angefangen hatte zu duschen, dann dauerte es auch eine Weile, bis ich damit wieder fertig war. Als ich mich dann schließlich wieder aus der Dusche zwang, mich abtrocknete und schnell die Shorts von Tomo anzog und das Bad mit feuchten Haaren verließ begrüßte Tomo mich mit einem freundlichen: »Ich dachte schon du wärest ersoffen.« Ich lachte und eilte zurück ins Schlafzimmer. »He! Sind das meine Boxershorts?« »Sehen sie denn so aus?« »Ja! Zieh sie aus!« Mit einem Schmunzeln auf den Lippen machte ich kehrt und stand wieder vor meinem besten Freund. Langsam legte ich eine Hand an das Bund. »Wirklich?«, fragte ich und zog sie ein Stück runter, sodass mein Beckenknochen zum Vorschein kam. Keine Antwort. Also noch ein Stück tiefer. Immer noch keine Antwort. Okay, eigentlich war das ganze ja ein Scherz von mir gewesen und ich eigentlich wollte ich ihm auch nicht gerade mein bestes Stück zeigen… Mit der anderen Hand zog ich sie nun auch auf der andern Seite ziemlich weit nach unten. Noch wurde das, was ich im NICHT zeigen wollte verdeckt, aber man konnte doch einiges sehen. »Okay, ist ja gut«, gab er sich geschlagen und ich zog die Shorts wieder hoch. »Du bist pervers«, sagte ich und verschwand wieder dahin, wo ich eigentlich hin wollte. Schnell schlüpfte ich in die Jeans und warf mir das Hemd über die Schultern, ließ es aber noch offen. Mir war warm. Vielleicht hatte ich doch zu lange unter dem Wasser gestanden. Aber es hatte sich gut angefühlt. »Warum bin ich pervers, DU hast dich schließlich fast ausgezogen!« »Aber dein Blick war…« »Was war mein Blick?«, jetzt wurde er rot. »Geil.« »Bitte was! Warum um alles in der Welt sollte ich wegen deinem Anblick GEIL werden?« »Tomo?« »Was?«, oje, er klang gereizt, das war kein gutes Zeichen. Aber ich war verdammt neugierig. »Bist du«, ich schluckte, »…bist du schwul?« »Wie kommst du denn darauf?«, jetzt klang er überrascht. »Ich weiß nicht…wie du mich angeguckt hast…« »Merk dir bitte eins, du bist mein bester Freund. Ich würde dich nie anfassen. Aber eins muss man dir lassen, du siehst gut aus. Viel besser als die letzten Jahre. Und das ist ein Kompliment, wenn du mich als MANN anmachst. Zu mal ich wirklich nicht schwul bin.« Ich ging zu ihm und umarmte ihn. Drückte ihn fest an mich. Ich hätte auch nicht gedacht, dass er schwul wäre, wie gesagt, es würde nicht zu ihm passen. Aber es war ein gutes Gefühl, begehrt zu werden, auch wenn er mein bester Freund war. Wenigstens sagte mir das, dass ich nicht ganz so unattraktiv war, wie ich es mir jahrelang eingeredet hatte. »Pass auf, du zerknitterst das Hemd«, murmelte Tomo und ich ließ ihn los. Danach zwang er mich förmlich dazu, etwas zu Mittag zu essen, ehe ich mich auf den Weg zu meinem Bewerbungsgespräch machte. Meine Haare waren in der Zwischenzeit getrocknet und fielen mir sanft über die Schultern. Ich schlüpfte in meine Schuhe und verabschiedete mich von meinem besten Freund, dieser wuschelte mir kurz durch die Haare und wünschte mir viel Glück. Ich war viel zu nervös um großartig etwas zu erwidern. Dann rannte ich die Treppen hinunter und zur nächsten U-Bahnstation. Ich hatte Glück und erwischte die Bahn noch gerade so. Sie war gerammelt voll und ich find keinen Sitzplatz. Na ja zum Sitzen war mir eh nicht zu Mute gewesen. Dieses unschöne Gefühl in meinem Magen nahm weiter zu. Eine halbe Ewigkeit später, so kam es mir zu mindest vor, kam ich dann endlich bei der Station an, wo ich aussteigen musste, von hier war es nicht mehr weit. Ich drängte mich durch die Menschenmenge. Manchmal hasste ich Tokyo echt! Hatten diese Menschen denn kein Zuhause? Die Sonne stand hoch über den Wolkenkratzern und es war heiß. Typisch für den Sommer, aber unerträglich! Ungefähr nach fünf bis zehn Minuten stand ich vor der Misery Loves Company und schluckte. Jetzt wirkte sie auf mich NOCH größer und meine Nervosität stieg bis ins unerträgliche. Ich starrte das Gebäude an, als mich plötzlich jemand umrannte. »He! Kannst du nicht mal aufpassen«, fauchte er MICH an, dabei war er in mich hineingerannt und ich nicht in ihn. Ich seufzte und wandte mich von ihm ab. Wohl keine so weise Entscheidung, denn er packte mich grob am Arm. »Guck mich an, wenn ich mit dir rede!« »Schön, was willst du hören? Vielleicht, dass ich mich für DEINEN Fehler entschuldige?« »Du wagst es…«, begann er, brach aber mitten im Satz ab, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Der Mann, der mich umgerannt hatte, war hübsch mit seinen längeren schwarzen Haaren, den feinen Gesichtszügen. Aber er sah auch schlecht gelaunt und eingebildet aus, was seine Schönheit – leider – in den Schatten stellte. »Yasu, lass ihn«, sagte der Mann, der hinter ihm stand. Er hatte kurze hell blondierte Haare und einen durch und durch freundlichen Gesichtsausdruck. Er sah nett aus. Ganz im Gegenteil zu dem Schwarzhaarigen, Yasu. »Kyo! Der hat mich umgerannt!« »Du hast ihn umgerannt und außerdem lass deine schlechte Laune nicht an Unschuldigen aus. Und jetzt geh!«, nach diesen strengen Worten war der Jüngere auch schon im Gebäude verschwunden. Dann wandte er sich mir zu. Ich starrte ihn mit großen Augen an. War das etwas DER Kyo?! »Ich entschuldige mich für sein Verhalten, er meint das nicht so.« »Schon okay, ich hab auch ein bisschen überreagiert. Sind Sie der Chef von der Misery Loves Company?« »Sieht man mir das an?« Ich lächelte, meine Nervosität war verschwunden. »Nicht wirklich. Aber wegen Ihrem Namen. Ich bin Hal…«, begann ich, würde dann aber von ihm unterbrochen. Irgendwie schaffte er es, mich zu unterbrechen, dabei aber nicht unfreundlich zu wirken. »Ah, Sie haben doch heute Ihr Bewerbungsgespräch. Kommen Sie mit.« Ich hätte ja nicht gedacht, dass er sich meinen Namen und mein Anliegen merken würde. Etwas überrumpelt folgte ich ihm. Schweigend gingen wir quer durch den Laden. Dann sagte Kyo: »Das ist die Frau, die hier das Sagen hat: Miko« Mit der Hand zeigte er auf eine bildschöne Frau. Sie stand hinter der Kasse, schien sich aber nicht wirklich darum zu kümmern. »Viele denken, sie wäre eine Verkäuferin, aber sie ist die Leiterin des Ladens und gehört somit zu den Höchsten der Company.« Sie sah zu uns herüber und winkte. Ja, sie machte mir den Eindruck als habe sie mehr drauf als man es von ihr glaubte. Der Laden war riesig und voll mit den schönsten Anziehsachen, die ich bis jetzt gesehen hatte! Aber ein Blick auf die Preisschilder verriet mir, dass ich hier wohl nie etwas würde kaufen können. Gedankenverloren zuckte ich mit den Schultern, der Anblick dieser Sachen reichte mir schon vollkommen. Wir gingen weiter, nahmen die Rolltreppe ins nächste Stockwerk. Auch hier erstreckte sich noch der Laden. Dies war die Männerabteilung. Jetzt erst fiel mir auf, dass unten wirklich nur Frauenkleidung gehangen hatte. Ich sah mich staunend um. An den Wänden und Säulen des Ladens hingen große Bilder. Natürlich trugen die Models die hier ausgestellten Sachen. Mein Blick huschte zu einem Bild mit einem jungen Mann, der SEHR freizügig gekleidet war. Und natürlich erkannte ich ihn wieder. Kyo war wohl meinem Blick gefolgt und er lächelte: »Ja, das ist Yasu.« Yasu sah hübsch aus, wie er halb nackt auf einem Bett aus Federn lag und sich verführerisch rekelte, die Augen dabei geschlossen und den Mund halb offen. Seine langen, schwarzen Haare fielen ihm verspielt über die Schultern. Dieser Anblick raubte mir den Atem und ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser Mann derselbe war, wie der, den ich draußen getroffen hatte. Auf dem Bild sah er so unschuldig und lieb aus, aber vorhin wer er das nicht gewesen. »Kommst du weiter?«, fragte Kyo sichtlich amüsiert und riss mich aus meinen Gedanken. Ich merkte, wie ich rot anlief, stimmte ihm dann aber zu, nachdem ich meinen Blick mühsam von Yasu abwandte, was mir große Überwindung kostete. Wir gingen weiter und nur flüchtig betrachtete ich die anderen Plakate. Alle waren schön, aber nichts im Vergleich zu Yasu. Na ja, vielleicht empfand ich auch einfach nur so. Nachdem wir den Laden verlassen hatten, stiegen wir nun in den Fahrstuhl. »Im zweiten Stock befindet sich die Rezeption, ein Wartezimmer, ein paar weitere unwichtige Räume und ein Krankenzimmer. Das gab es am Anfang nicht, aber mit der Zeit mussten wir, also Atsushi und ich, feststellen, dass wir ein Krankenzimmer brauchen. Nicht nur die Models leiden mal an Kopfschmerzen, die Türen des Zimmers stehen für jeden offen. Sogar unser hauseigenes Reinigungspersonal darf die Dienste der Krankenschwestern in Anspruch nehmen. Du wirst früh genug feststellen warum.« Erstens sprach Kyo so, als wäre ich bereits eingestellt und zweitens tat er so, als wäre die Arbeit hier körperlich sehr anstrengend. Ich war verwirrt. Aber ich hörte ihm aufmerksam zu. Der Fahrstuhl fuhr weiter. »Der dritte Stock gehört den Models, ich werde dich später noch mal herum führen, es ist wichtig, dass du weißt, wo du wen findest.« Mittlerweile war der Fahrstuhl im letzten Stockwerk, dem zwanzigsten, angekommen. Vielleicht mochte das Gebäude für ein Hochhaus in Tokyo nicht besonders hoch sein, aber es war breit und ziemlich lang, das machte die fehlende Höhe wieder wett. Kyo stieg aus und ich folgte ihm. Ich stand plötzlich in Mitten einer großen Lobby. Es war hell, das meiste Licht kam durch die riesige Glasfront, Wand- und Deckenbeleuchtung verstärkten den Effekt aber noch. Langsam ließ ich die Luft aus meinen Lungen, die ich unbewusst angehalten hatte. Staunend folgte ich dem Blonden, zum ersten Mal fiel mir auf, dass er einen teuren und maßgeschneiderten Anzug trug. Nicht schlecht. Nein, er passte zu ihm. Ich weiß nicht, wie ich mir Kyo als Chef der Misery Loves Company vorgestellt hatte, eigentlich hatte ich ihn mir gar nicht vorgestellt. Aber bestimmt hatte ich nicht so jemanden erwartet. Er wirkte nicht ganz so extravagant wie das, was seine Company produzierte, aber doch passte er dazu. Sein freundliches Gesicht, seine warme Stimme, seine selbstsichere Haltung, er ging mit mir um, als wäre ich genauso viel wert wie er und das gab mir ein gutes Gefühl. Ich hatte mich schließlich nicht auf einen besonders hochgestellten Beruf beworben und ich hätte nicht damit gerechnet, dass er mir eine so lange und ausführliche Einweisung gab. Dabei wirkte er stets freundlich, fast schon, als schien es ihm Spaß zu machen, mir das alles zu zeigen. Stolz schwang in seiner Stimme mit. »Diese Etage gehört mir und Atsushi. Aber glaub mir, wir beide sind hier eigentlich selten. Die meiste Zeit streunen wir durch das Gebäude, auf der Suche nach unseren Models oder verirrten Gästen«, er lachte leise, »es gibt nur noch wenige Firmen, wo die Chefs wirklich wissen, was so bei ihnen vorgeht. Ich kann dir versichern. Ich weiß alles«, wieder lachte er, es klang fast schon wie Musik in meinen Ohren. Wie er das sagte hörte er sich nicht böse an, eher als würde es ihn amüsieren. »Es gibt nichts, was die Models machen, was ich nicht weiß. Ich weiß, mit wem sie sich treffen, mit wem sie was machen und wer zur Zeit mit wem Streit hat, ich kann dir versichern, DAS ist tausend mal spannender als irgendeine Reality-Show.« Kyo war wirklich toll, aber irgendwie machte er mir auch ein bisschen Angst. Anscheinend sah er mir das an und meinte darauf hin nur Schulter zuckend: »Irgendwann hat man den Dreh raus.« Was er jetzt genau damit meinte, sagte er nicht. Er bat mich, ihm zu folgen und er steuerte direkt auf einen großen Raum zu, der sich als sein Büro entpuppte. Er erklärte mir, warum er mir nichts über die meisten Stockwerke gesagt hatte, denn das war die Redaktion, die mit anderen Zeitschriften zusammenarbeitete, da die Company keine eigene Zeitschrift hatte, die Verwaltung, die Druckerei und so was, nichts was von großem Belangen war. Er erklärte mir, wo ich die Konferenzräume finden würde, dann stellte er mir noch ein paar Arbeitsbedingungen. Nichts was ich über die Models erfuhr, durfte an die Öffentlichkeit gelangen und so. Alles ganz leicht einzuhalten, zu mal ich ohnehin so etwas nicht weiter erzählte. Ich gehörte nicht zu den Menschen die alles weiter tratschen mussten, ich konnte so was auf den Tod nicht ausstehen, das versicherte ich Kyo auch. Er glaubte mir, das merkte ich an seinem Blick. »Du bist nicht der erste, der hier als Aushilfe arbeitet, die meisten habe ich nach drei Monaten wieder gefeuert. Die Company hat zurzeit fünfundzwanzig Aushilfen, dich schon mal mit eingerechnet. Hört sich viel an, ist aber bei weitem viel zu wenig. Aber so habt ihr ein bisschen Arbeit, denn das ist kein Zuckerschlecken. Wärest du damit einverstanden, wenn ich dir eine Probezeit von drei Monaten gebe? In der Zeit würdest du selbstverständlich dein gesamtes Gehalt bekommen, schließlich leistest du ja dieselbe Arbeit.« »Natürlich ginge das in Ordnung.« »Gut. Dann zeige ich dir jetzt die Etage der Models. Aber vorher könntest du so nett sein und das hier unterschreiben? Lies es dir in Ruhe durch und falls du Fragen hast, ich bin ja hier.« Kyo reichte mir den Arbeitsvertrag. Ich überflog ihn und als ich dann die Summe meines Gehaltes sah, weiteten sich meine Augen. Umgerechnet waren das ungefähr eintausendzweihundert Euro PRO Monat! Für eine Aushilfe war das…viel. So viel hatte ich bei keinem meiner bisherigen Jobs verdient. In dem Vertrag stand das meiste was Kyo mir bereits erklärt hatte noch ein mal ausführlicher drin und schließlich unterschrieb ich. Ich konnte in den ersten drei Monaten ohne jegliche Angabe von Gründen fristlos kündigen oder gekündigt werden, sollte das nicht der Fall sein, wird der Arbeitsvertrag automatisch verlängert. Danach musste ich bei einer Kündigung eine gewisse Frist einhalten, konnte aber immer noch fristlos gekündigt werden. Aber ich glaubte ohnehin nicht, dass ich FREIWILLIG kündigen würde. Nachdem also alle Formalitäten geklärt waren, fuhren wir mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Wie erwartet strahlte auch hier das Licht freundlich durch eine Glasfassade hinein. Es wirkte jedoch im Gegensatz zu Kyos Etage nicht geschäftlich sonder gemütlich. In der Lobby, die eher aussah wie ein Wohnzimmer der Riesenvariante, lag ein großer flauschiger Teppich, in weiß. »Auf dem sitzen sie oft und schauen fern, ich frage mich, warum wir ihnen die Couch und die Sessel gekauft haben«, erklärte Kyo der wohl schon wieder meinem Blick gefolgt war. Die eine Wand schien aus einem riesigen Bildschirm zu bestehen, gegenüber stand eine schwarze Ledercouch mit dazugehörigen Sesseln. Zehn Personen konnten hier problemlos sitzen und wenn man dem Teppich, der laut Kyo sehr beliebt war, dazu rechnete, dann auch noch mehr. Wir gingen an einer Tür vorbei an der „Toiletten“ stand. Dann teilte sich der Flur vor uns. Einmal nach rechts und einmal nach links. »Wohin als erstes?«, fragte der Blonde und sah mich neugierig an. Etwas überfordert zeigte ich nach links. Also gingen wir da lang. Wir kamen zu einer Tür aus dunklem Holz, die Wand daneben bestand aus einer matten Glasscheibe, sodass man sah, dass jemand im Zimmer war, aber man konnte nicht genaues erkennen. Ich war ohnehin schon total beeindruckt von dem ganzen hier und kümmerte mich deshalb gar nicht mehr um die Kleinigkeiten. An der Tür hing ein Schild auf dem »Satsuki« stand. Eines der Models, wie ich mir dachte, schließlich was das ja die Etage der Models. Kyo bestätigte meine Gedanken und wir gingen weiter. »Rose«, »Hide-zou«, »Ruiza«, »Asagi«, »Kiyoharu«, dann machte der Gang einen Knick nach unten, »Gara«, »Kazi«, mit diesem Büro endete der linke Teil des Stockwerks. Wir gingen schweigend zurück, ich war zu sehr damit beschäftigt, zu staunen. Rechts erwartete mich etwas ähnliches: »Yasu«, ich zuckte unwillkürlich zusammen, »Juka«, »Seth«, »Shinya«, »Toshiya«, »Hakuei«, »Aoi«, »Daisuke«, »Mako« und zu guter Letzt »Karyu«, denn an der letzten Tür fehlte das Namenschild. Wer hier wohl arbeitete? Ich war sprachlos. Wirklich, ich war richtig sprachlos und so kümmerte ich mich nicht um die Frage, die ich mir eben noch gestellt hatte. Ich öffnete dem Mund um etwas zu sagen, aber mir fiel nichts ein, also schloss ich ihn wieder. »Du bist nicht der erste, der so reagiert.« »Ich hab mit vielem gerechnet…aber…wow«, mehr brachte ich nicht zu Stande. Kyo lachte, er lachte oft, ich mochte sein Lachen. Als wir zurückgingen, kam uns jemand mit roten Haaren und einem sehr weiblichen Gesicht entgegen. »Na Kyo! Was führt dich hier…huh? Wer ist denn das?«, fragte er neugierig und sah mich prüfend an. Für sein weibliches Aussehen hatte er eine sehr männliche Stimme und ich konnte nicht mehr als dumm aus der Wäsche gucken. Ich bin mir sicher, ich sah in diesem Moment wirklich dumm aus. »Das ist Hal, die neue Aushilfe, ich habe ihn nur ein bisschen herum geführt.« Ja, ein bisschen traf es gut! Ich nickte und der Mann streckte mir die Hand entgegen, etwas zurückhaltend ergriff ich sie. Er hatte einen erstaunlich festen Händedruck. »Freut mich, dich als erstes kennen zu lernen. Ich bin Shinya!« »Freut mich auch«, erwiderte ich und musste lächeln als ich sein freundliches Gesicht sah. »Tut mir ja Leid Shin, aber er hatte schon eine weniger erfreuliche Begegnung mit Yasu«, mischte Kyo sich ein und Shinya sah ihn gespielt beleidigt an nachdem er meine Hand wieder losgelassen hatte. »Was heißt hier weniger erfreulich?« »Yasu war…ein bisschen unfreundlich.« »Mach dir nichts draus Kleiner, der hat nur seine Tage«, meinte Shinya und zwinkerte mir zu. Als erstes wollte ich protestieren, schließlich war ich nicht SO klein, aber ich entschied mich des besseren, ich wollte es mir nicht gleich mit ihm verderben. Ich fand ihn wirklich nett. »Wir müssen dann mal weiter, vergiss das Shooting in einer halben Stunde nicht, Hyde wird sauer, du hast ihn schon letztes Mal vergessen.« »Aber nicht doch Kyo! Ich habe Hyde nicht vergessen! Ich habe absichtlich nicht daran gedacht. Der Zwerg ist immer so fies zu mir.« »Aber er ist der beste.« »Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er unfreundlich ist.« Ohne weiter auf Shinyas Bemerkungen einzugehen wandte Kyo sich ab und ging, eilig folgte ich ihm. Irgendwie fühlte ich mich hier wohl, so schnell wollte ich den Job nicht mehr abgeben. Warum konnte Yasu nicht genauso nett sein wie Shinya? »Yasu ist nicht immer so. Er hat einfach nur einen schlechten Tag, solltest du ihm noch mal begegnen, worauf ich wette, dann gib ihm einfach noch mal eine Chance.« Okay, konnte Kyo Gedanken lesen? Oder hatte er einfach nur eine gute Menschenkenntnis? »Gute Menschenkenntnisse.« Damit war die Frage für mich geklärt. Wir stiegen in den Fahrstuhl und verließen ihn im Erdgeschoss. Vorm Haupteingang verabschiedete er sich von mir und nannte mir noch schnell meine Arbeitszeiten, warnte mich aber vor, dass ich wohlmöglich mit Überstunden rechnen dürfte, denn hier hielt sich niemand an die Zeiten. Dann entschuldigte er sich noch, dass er mir Atsushi Sakurai, den Designer, nicht hatte vorstellen können, da er den ganzen Tag außer Haus war. Ich lächelte ihn an und verschwand schließlich in der Masse auf Tokyos Straßen. Ich war glücklich, wirklich glücklich, ich hatte einen Job! Seit langem hatte ich einen Job! Immer wieder wiederholte ich diesen Gedanken. Irgendwie konnte ich es nicht so recht fassen. Kyos Freundlichkeit schien mir so surreal, wie konnte ein Mensch so ehrlich und freundlich sein, wenn er so ein Geschäft leitete? Eigentlich hatte ich mir das Bewerbungsgespräch ganz anders vorgestellt, so wie bei jeder anderen Firma, aber Kyo hatte gleich so getan, als wäre ich bereits eingestellt. Wahrscheinlich hatte ich diese Ausstrahlung gehabt, dass es daran keinen Zweifel gab. Wie er ja gesagt hatte, er hatte gute Menschenkenntnisse und das glaubte ich ihm aufs Wort. Glücklich und zufrieden mit mir und dem Rest der Welt ging ich nun einkaufen, damit mein Kühlschrank nicht länger so leer war. *~♥~* »Wow! Das hört sich an wie der Himmel auf Erden«, meinte Tomo begeistert als ich ihm von meinem ersten Arbeitstag erzählte. Wie Kyo mich gewarnt hatte, hatte ich gleich eine Überstunde schieben müssen, aber ich machte es gerne, mir war gar nicht aufgefallen wie schnell die Zeit vergangen war. Ich war immer unterwegs. Zwischen dem Laden, der Verwaltung, den Models und dem Fotographen. Ich hatte Hyde kennen lernen, den Zwerg, wie Shinya ihn genannt hatte und er war wirklich recht klein. Aber mir kam er sehr nett vor. Aber wahrscheinlich lag es daran, dass er mit mir auch ganz anders umging als mit den Models. Meine Arbeit war vielseitig und ich war mir sicher, dass ich noch nicht alle Seiten von ihr kennen gelernt hatte. Shinya hatte ich auch wieder getroffen, gleich am Morgen. Ich hatte mich mit der Frau an der Rezeption unterhalten als er kam. Er hatte mich angesprochen und mich gefragt, wie es mir ginge, ein ganz normaler Smalltalk. Dann musste er jedoch zu einem wichtigen Shooting. Yasu war mir – zum Glück – nicht über den Weg gelaufen, ich hatte immer noch ‚Nebenwirkungen’ von unserem letzten Treffen und war nicht besonders scharf darauf, noch ein Mal als Opfer seiner schlechten Laune herzuhalten, sollte er sich gefälligst jemand anderen suchen! Kyo war am Nachmittag auf mich zugekommen, als ich gerade eine Kiste mit Unterlagen an Miko überreichen wollte, und hatte mich gefragt, wie ich denn zu Recht käme und ob alles in Ordnung sei. Ich fand das außerordentlich freundlich von ihm. »Jetzt übertreibst du aber!« »Ich? Ich übertreibe?«, fragte Tomo und sah mich mit großen Augen an. »Nein, ich glaube, genau so denke ich auch gerade darüber. Aber wer weiß. Aber weißt du, was mich immer noch interessiert? Wer eigentlich dieser Atsushi Sakurai ist. Ich weiß, er ist der zweite Chef und der Designer, aber ich würde gerne wie er aussieht. Ob er auch so unscheinbar und ‚normal’ ist wie Kyo?«, sinnierte ich. »NORMAL? Kyo ist alles aber NICHT normal!« »He, beruhig dich. Also ich finde schon, dass ein Anzug normal für einen Chef ist, ich habe ja nicht gesagt, dass sein Charakter oder seine Firma normal ist. Sag mal, gibt’s bei dir was neues?« »Nee, die Frauen rennen immer noch vor mir weg.« Ich lachte und dachte dann einen Moment nach. Irgendwie konnte ich ihn mir gut mir Miko vorstellen, aber ich bezweifelte, dass sie etwas mit ihm anfangen würde, zumal er immer noch arbeitslos war und sie eine wichtige Rolle in der Misery Loves Company spielte. Schade eigentlich. Es war schon spät, ich sollte wohl nach Hause gehen. Tomo bemerkte meinen Gesichtsausdruck und fragte dann ungläubig: »Du willst doch jetzt nicht ernsthaft GEHEN?« »Ich muss morgen arbeiten.« »Ja na und? Das hat dich sonst auch nicht gestört.« »Ist ja gut, aber wehe du weckst mich nicht um acht.« »Schon um acht?« »Ja, um zehn fängt meine Arbeit an, aber ich will morgen etwas früher da sein. Dann kann ich Miko noch bei den Vorbereitungen helfen.« »Läuft da was zwischen euch?« »Nein, sie ist nett, hübsch, aber nicht mein Typ. Dir würden die Augen ausfallen, so wie ich dich kenne.« »Was soll DAS denn jetzt heißen?« »Nichts.« »HAL!« »Ich weiß, wie ich heiße.« Und wieder einmal wurde ich Opfer seiner Kitzelattacken. Man müsste meinen, ich hätte mich in zwanzig Jahren daran gewöhnt, aber ich glaube, das kann ich nie. *~♥~* Heute begegnete ich ihm das erste Mal. Nach zwei Monaten und ehrlich, er machte mir Angst. Nicht weil er unfreundlich aussah, nein ganz im Gegenteil, sondern weil mich seine Art so der Maßen in den Bann gezogen hatte, dass ich meinen Blick nicht mehr von ihm wenden konnte. Er sah so…verführerisch aus. Und wenn ich verführerisch sage, dann MEINE ich das auch so! Als Mann! Die Rede ist hier natürlich von Kiyoharu. Sein heißer Blick, seine vollen Lippen, die einen auf der Stelle dazu verführten sie küssen zu müssen, sein schlanker Körper, der sich anmutig bewegte und seine Stimme. Alles an ihm war verdammt SEXY. Woher ich wusste, das das Kiyoharu war? Shinya hatte es mir gesagt, als er wieder verschwunden war. Als Shinya plötzlich neben mir stand und dahin schaute, wo ich hinsah, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken. »Sehe ich richtig? Du starrst Kiyo auf den ARSCH?!« »Noch lauter! Und nein Shin, das tue ich bestimmt nicht!« Ich log, was man daran merkte, dass mein Gesicht die Farbe von Shinyas leuchtendroten Haaren annahm. »Kleiner, an deiner Stelle würde ich die Finger von ihm lassen. Er ist versaut. Verdammt versaut.« »Sprichst du etwa aus Erfahrung?«, fragte ich ihn neugierig. »Nicht ich, aber einige meiner Freunde. Und weißt du, was das schlimmste an ihm ist?« »Außer das man ihm nicht widerstehen kann?« »Ja, wenn er dir erst mal seine Liebe gestanden hat und eine ernsthafte Beziehung mit dir führt, dann ist er treuer als jeder Wachhund. Aber seine Versautheit macht das trotzdem nicht wett, ich würde an deiner Stelle wirklich die Finger von ihm lassen.« »Ich will nichts von ihm! Und merk’s dir, ich bin nicht schwul.« »Sicher?« Darauf ging ich gar nicht erst weiter ein. Ich wandte mich ab und machte mich auf den Weg zum Aufzug, blieb dann aber abrupt stehen. »Soll das etwa heißen, Kiyoharu ist schwul?« »Sag nicht, das wusstest du nicht?!« »Nein…ist er der einzige?« Jetzt sah Shinya mich beleidigt an, obwohl ich nicht verstehen konnte, warum. Mein Gehirn arbeitete wie eine Schnecke, mir wollte kein Grund einfallen, warum er mich jetzt so ansah, schließlich fiel der Groschen. »Du etwa auch!«, brachte ich dann total überrumpelt hervor. Stolz nickte er. Stolz? Shinya war doch nicht etwa STOLZ darauf, dass er schwul war?! Ich konnte gut damit leben, dass er auf Männer stand, so lange er die Pfoten von mir ließ. Schließlich war er ja immer noch Shinya. »Daran wirst du dich gewöhnen müssen, Süßer«, hauchte er mir ins Ohr, was bei mir eine Gänsehaut verursachte. Er war mir sehr dicht auf die Pelle gerückt und seine Hände stützten sich rechts und links neben meinem Kopf ab. Er grinste mich dreckig an und prompt kam mir die Frage, wer hier wirklich versaut war, Shinya oder Kiyoharu? Was sollte ich jetzt sagen? Mir fiel um Himmels Willen nichts ein. »He, du willst doch nicht den Kleinen hier vernaschen, also Shinya!«, ertönte eine hohe, leibliche Stimme, die ich seit meinem ersten Tag kannte und danach nicht mehr gehört hatte. Na ja, als ersten Tag konnte ich es nicht bezeichnen, schließlich war ich da ja noch nicht angestellt, aber egal. Ich hatte ihn schon ganz vergessen, die Tatsache, dass er hier arbeitete hatte ich zunehmend erfolgreich verdrängt und unsere Begegnung aus meinem Gedächtnis gelöscht. Yasu. Er sah Shinya grinsend an. Warum mussten mich eigentlich alle „Kleiner“ nennen? »Aber nicht doch.« »Schade, ich hätte gerne mitgemacht.« HALLO! Was ging den jetzt ab? Wurde ich auch noch gefragt? Außerdem kannte er mich doch gar nicht! Waren hier denn alle PERVERS? Und sollte das etwa heißen, dass er AUCH schwul war? Oje, wo war ich hier nur gelandet? Also doch nicht der Himmel auf Erden… Meine Gedanken überschlugen sich regelrecht während ich Yasu anstarrte. Er erwiderte meinen Blick, seine Augen leuchteten, irgendwas lag in seinem Blick, was mich erschaudern ließ, ich konnte es nicht genau benennen. Dann war das Leuchten auch schon wieder verschwunden und an die Stelle trat ein fragender Ausdruck. »Sag mal, bist du nicht der, den ich mal umgerannt habe?« »Ja. Danke für die Erinnerung.« »Immer wieder gerne«, sollte das jetzt freundlich klingen? Irgendwie war der Typ mir unsympathisch. Shinya schien die angespannte Stimmung zu bemerken, denn er ließ mich los und ich ging nun in den Fahrstuhl. Keine fünf Sekunden später schlossen sich die Türen vor meiner Nase und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Ich atmete tief durch, jetzt würde ich gerne im Erdboden verschwinden, so stark hatte ich diesen Wunsch noch nie gespürt, doch leider lag das nicht in meiner Kraft. Ehe ich mich genug schämen konnte, hielt dieser bescheuerte Aufzug und ich trat hinaus. Meine Laune war in den Keller gesunken. Okay, ich hätte nicht so über empfindlich reagieren sollen, aber ich war über mich selbst erschreckt und das Shinya mir dann auch noch sagen musste, WO ich hingestarrt hatte… Ich seufzte, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. »Nimm das ganze nicht so ernst«, sagte Kyo mit seiner warmen Stimme, ich drehte mich nicht um. Warum sollte ich? Ich wusste genau, dass er wusste wie ich mich gerade fühlte, denn seine Menschenkenntnisse hatten sich in den letzten zwei Monaten als sehr zuverlässig herausgestellt, er WUSSTE wirklich wie man sich fühlte, er brauchte einem das noch nicht mal zu sagen. Kein Wunder dass er wusste, was in seiner Company vor sich ging, ein Blick auf die Körperhaltung, ein Blick in die Augen und schon konnte er dir sagen, was du fühlst oder denkst, gruselig, oder? »Sind viele schwul?« »Von den Models?« »Ja.« »Ja, einige.« *~♥~* Den Schock, den ich an dem Tag erlitten hatte, hatte ich zum Glück ganz gut wegstecken können und Shinya redete auch wieder normal mit mir! Worüber ich nur mehr als froh war. Ab und an hielt er mir zwar noch vor, dass ich Kiyo auf den Hintern gestarrt hatte, aber mittlerweile lachte ich selbst darüber. Yasu, ja, den hatte ich danach nicht mehr gesehen, okay mal zwischendurch, aber meistens nur so kurz, dass ich oder er in der nächsten Sekunde auch schon um die nächste Ecke verschwunden war. Ehrlich? Es störte mich auch gar nicht, denn ich fand ihn immer noch unsympathisch. Ich glaube, das ändert sich auch nicht mehr. Inzwischen hatte ich auch noch andere Models kennen gelernt, denn Hyde benutzte mich gern als seine laufende Posteule, wenn eines der Models zu spät oder gar nicht zum Shooting erschien. Was oft der Fall war. Satsuki war nett, ich mochte ihn. Aber er war auch sehr still und ich hatte fast schon Angst, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Was natürlich totaler Schwachsinn war, wie ich einst feststellen musste. Er war überaus freundlich und fast schon schüchtern, wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er kaum sprach. Ruiza und Hide-zou hatte ich auch schon getroffen. Immer wenn ich sie sah, hockten sie zusammen. Entweder sie waren beste Freunde oder es lief etwas zwischen den beiden. Ich traute mich aber nicht, jemanden zu fragen. Ruiza war komisch, er wirkte eingebildet und selbstverliebt, während Hide-zou total offen und niedlich aber auch vergesslich war. Ihn musste ich am meisten an seine Termine erinnern, sodass ich ihn oft sah. Ruiza schien mich immer zu ignorieren, der Versuch auch mal ein Gespräch mit ihm anzufangen war kläglich gescheitert, mir war’s in zwischen egal. Atsushi hatte ich immer noch NICHT kennen gelernt! Warum ich so neugierig war? Keine Ahnung, es interessierte mich halt. »Das Leben ist SO scheiße«, maulte Tomo, der neben mir auf MEINEM Sofa saß. Ja, richtig, auf meinem! Ausnahmsweise war er zu mir gekommen. Der Arme war schon wieder gefeuert wurden, warum weiß er auch nicht. Sein Chef hatte schon von Anfang an was gegen ihn gehabt. »Ach komm schon, es gibt doch viel besser Jobs, du darfst den Kopf nicht in den Sand stecken«, versuchte ich verzweifelt ihn zu beruhigen. »Du hast echt gut reden, bei dir läuft es richtig gut!« »Jetzt übertreibst du aber. Ich habe auch nur einen einfachen Job.« »Du hast die Chance, die ganzen Models da kennen zu lernen!« »Aber hier geht es nicht um mich und auch nicht um irgendwelche Models und glaub mir, Yasu willst du gar nicht kennen lernen«, ich seufzte. Ja, ich geb’s ja zu, ich fand es wirklich SCHADE dass Yasu so ein Arsch war. Warum weiß ich auch nicht. Aber er hatte so was an sich… »Ich werde mich morgen im Blue Planet bewerben, die suchen einen neuen Kellner und DAS habe ich ja nun schon oft genug gemacht.« »Na, siehst du, so scheiße ist das Leben nun auch wieder nicht.« »Doch, ich bin immer noch Single.« Das brachte mich ernsthaft zum Lachen. Typisch Tomo, als gäbe es nichts wichtigeres, pardon, für ihn gibt es NICHTS Wichtigeres! Bei mir sah es ja auch nicht gerade rosig aus. Ich hatte gar nicht mehr die Zeit überhaupt eine kennen zu lernen, für eine Beziehung noch weniger. Ich hatte so viel Arbeit, man könnte fast meinen, ich wäre die einzige Aushilfe, immer bekam ich die anspruchsvollsten Aufgaben, störte mich auch nicht weiter, aber mein Privatleben kam dabei etwas zu kurz. Ich war froh, wenn ich Tomo ab und an – außer Sonntags natürlich – sehen konnte. Und selbst sonntags musste ich manchmal arbeiten. Ich liebte die Arbeit, daher machte es mir nichts aus. »Hal? Hörst du mir überhaupt zu?« »Huh? Tut mir Leid, ich war in Gedanken.« »Uuuh, welches Schätzchen hat dir denn diesmal den Kopf verdreht?« »Die Arbeit.« Mein bester Freund prustete los. Ich verstand beim besten Willen nicht, was daran so lustig gewesen war, aber na gut, sollte er lachen, so gefiel er mir immer noch besser als wenn er Trübsal blies. Plötzlich sah er mich aber wieder ernst an, den Kopf zur Seite geneigt mit einem neugierigen Funkeln in den Augen. »Wann hattest du zum letzten Mal Sex?« »Bitte?«, warum wollte er DAS denn jetzt wissen? »Sei einfach ehrlich.« »Ich weiß nicht…vor fünf Monaten oder vielleicht auch vor sechs Monaten«, antwortete ich schließlich wahrheitsgemäß. Mit Reika hatte ich keinen gehabt, auch wenn wir zwei Monate lang zusammen gewesen waren, sie wollte, aber ich nicht. Und wenn Tomo mich jetzt nicht darauf angesprochen hätte, dann wäre mir bestimmt auch nicht aufgefallen, dass mein letztes Mal so lang zurück lieg. Mein bester Freund sah mich an, als wäre er einem Vampir begegnet, obwohl, würde er einem begegnen würde er nicht SO ungläubig drein gucken. Ich zuckte mit den Schultern. Ich vermisste es nicht, noch nicht, bestimmt würde irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem ich auch mal wieder wollte, aber noch lag der in weiter ferne. Zu mal ich es ja nicht mit jedem tat, nur weil mir danach war! Liebe musste dazu gehören, vielleicht war meine Einstellung etwas zu verklemmt, unwillkürlich musst ich an Yasu und Kiyoharu denken, vor allem an Kiyo, der machte mir nicht den Eindruck, als wäre Liebe fester Bestandteil von Sex. Aber da hatte jeder seine eigene Meinung. Ich zuckte mit den Schultern. Dann stellte ich die Gegenfrage. Und wie erwartet lag es bei Tomo gerade mal ein paar Tage zurück und er war der festen Überzeugung, dass ich vollkommen unmenschlich war. Na schick, dachten denn alle in meiner Umgebung NUR an das eine? Irgendwie fühlte ich mich völlig fehl am Platz und allmählich wurde mir das Thema unangenehm, weshalb ich es geschickt wechselte und gleichzeitig den Fernseher anschaltete. Ich zappte kurz durch die Programme und blieb dann schlagartig bei einem Sender stehen, von dem ich vorher noch nie gehört hatte. Der Grund warum ich innehielt war der, dass da unter dem Namen eines hübschen Mannes, der übrigens Uruha hieß, der Name der Misery Loves Company stand. Aufmerksam hörte ich ihm zu, was er zu sagen hatte. Ich hatte ihn vorher noch nie gesehen und ich arbeitete nun schon seit fast drei Monaten in der Company! Okay, ich kannte noch nicht alle Models, Rose und Hakuei zum Beispiel hatte ich noch nie gesehen und auch Karyu oder Mako waren mir noch völlig fremd. Na gut, ich gebs ja zu, die MEISTEN waren mir immer noch fremd, hier und da hatte ich mal ihre Namen gehört, aber gesehen hatte ich sie noch nicht. »Warum haben Sie die Entscheidung getroffen, die Misery Loves Company zu verlassen?«, fragte der Moderator. »Das hat persönliche Gründe. Ich habe bereits vor knapp drei Monaten mein Büro geräumt, ich werde mich endgültig aus dem Modelbusiness zurückziehen.« Also hatte ihm die Tür ohne Namen gehört. Jetzt wurde es mir klar. Aber ich hatte auch die anderen Models noch nie über ihn reden hören. Vielleicht war er ja nicht besonders beliebt gewesen. Jetzt, da ich wusste, worum es ging, schaltete ich weiter und ließ dann irgendeinen Anime laufen. Ich warf einen Blick zu Tomo und musste augenblicklich schmunzeln. Er war eingeschlafen. Einfach so! Ich seufzte und schloss ebenfalls die Augen. Noch zwei Wochen und ich würde wissen, ob ich meinen Job behalten durfte. Eigentlich rechnete ich fest damit, schließlich war ich immer pünktlich, wenn nicht sogar zu früh, gewesen, ich hatte meine Arbeit gewissenhaft erledigt und nahezu jeden Tag Überstunden geschoben und ich war sogar sonntags erschienen, obwohl das ja mein freier Tag war! Also gab es keinen Grund mich rauszuschmeißen und immer wenn ich Kyo traf, was recht oft der Fall war, lobte er mich, wie fleißig ich doch wäre. Manchmal drückte er mir noch ein paar Scheine als Belohnung in die Hand. Wenn ich ihm begegnete und die Chance hatte, mit ihm zu reden, dann tat ich es auch. Ich glaube er mochte mich. Ich für meinen Teil konnte ihn ganz gut leiden, er war ein Chef der Sorte, die man mögen musste. Und er gab einem nie das Gefühl, unter ihm zu stehen. Ach, ich war mal einer anderen Aushilfe begegnet, ebenfalls ein junger Mann, aber er schien nicht ganz bei der Sache zu sein, oder er war wirklich so ungeschickt! Kein Wunder das ich die meiste Arbeit hatte. Ehrlich, der war echt eine Witzfigur gewesen und dann hatte er auch noch eine Kiste mir Aufzeichnungen fallen gelassen und es nicht geschafft, alles wieder in der richtigen Reihenfolge zu verpacken, dabei standen sogar ZAHLEN auf den Blättern. Da konnte man nur den Kopf schütteln. Mittlerweile war es schon wie ein Brauch, dass ich jeden Morgen eine Stunde eher da war und Miko half, alles für den Tag vorzubereiten. Kleidung aushängen, wenn nötig die Schaufensterpuppen neu zu bekleiden, den Papierkram sortieren, Rechnungen noch mal abgleichen, wenn diese Arbeit am Abend liegen geblieben war. Ich fragte mich, warum keine der Verkäuferinnen ihr half, aber die kamen alle erst um zehn Uhr, sodass sie pünktlich mit ihrer Schicht begannen und nach Ende der Schicht waren sie auch schon wieder verschwunden. Egal ob es noch Arbeit gab oder nicht. Ich fand das mehr als unhöflich und half dann abends nebenbei auch noch mal alles aufzuräumen, ich hatte mich an Mikos Gesellschaft gewöhnt und sie erzählte mir viel über ihre Arbeit, über die Models, über die beiden Chefs oder über die Kunden. Aber man konnte auch so super mit ihr reden. Ich war ihr an einem Abend mal in der Stadt begegnet, ich hatte sie spontan auf einen Drink eingeladen, es war echt toll mit ihr gewesen und für mich was sie mittlerweile so etwas wie eine gute Freundin. Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen öffnete, schien die Sonne und mir tat alles weh. Ich hatte höllische Rückenschmerzen und wäre am liebsten liegen geblieben, aber das ging natürlich nicht, heute war Samstag und ich musste arbeiten. Ein Blick auf die Couch – sich saß im Sessel, daher auch die Rückenschmerzen – verriet mir, dass Tomo bereits auf war. Jetzt bemerkte ich den Duft von frischem Kaffee und Brötchen, schnell stand ich auf, was ich auf der Stelle bereute, ein teuflischer Schmerz zuckte durch meinen Rücken und ich stöhnte gequält auf. Als es dann wieder ging, machte ich mich auf den Weg in die Küche. Ein Blick auf die Uhr und ich bekam den nächsten Schock, es war bereits nach NEUN! Tomo saß auf einem der Stühle und schmierte ein Brötchen, ich murmelte schnell etwas von wegen: »Bin duschen.« Dann war ich auch schon wieder verschwunden. Ich beeilte mich und keine halbe Stunde später stand ich aufbruchsfertig in der Tür. »Willst du nichts essen?«, rief Tomo aus der Küche. »Nein, keinen Hunger und ich bin spät dran.« »Du isst zu wenig.« »Bis nachher«, entgegnete ich nur, ich wollte mir keinen Vortrag anhören, da er – mal wieder – Recht hatte. Seit ich bei Kyo arbeitete aß ich noch weniger und noch unregelmäßiger, ich glaub, das sah man mir an, denn die Arbeit war anstrengend und ich hatte mir Sicherheit wieder Gewicht verloren. Aber ich verspürte keinen Hunger. Ich nahm meinen Schlüssel und eilte zur Bahn. Als ich dann endlich da war, war es bereits zehn NACH zehn! Ich war noch nie zu spät gewesen. »Kiyoharu sucht dich!«, rief mir die Frau an der Rezeption zu als ich an ihr vorbei eilte, sofort machte ich auf dem Absatz kehrt und lief zurück zum Aufzug und ab ging’s in den dritten Stock. Wenn ein Model mich sucht, dann war es entweder in seinem Büro oder bei Hyde, die Wahrscheinlichkeit ihn in seinem Zimmer anzutreffen war größer, also ging ich da zu erst hin. Mein Rücken tat mir immer noch an alles erdenklichen Stellen weh, vielleicht sollte ich nachher mal ins Krankenzimmer und mir eine Schmerztablette geben lassen, denn so würde ich keinen ganzen Tag durchhalten. Hastig stieg ich aus und entdeckte ihn auf dem flauschigen Teppich vor dem Fernseher. Ich grinste, Kyo hatte Recht gehabt, die Models liebten den Teppich, denn neben ihm saß ein müde aussehender Shinya und Yasu. »Ach du heilige Scheiße siehst du schrecklich aus«, murrte Shinya im Halbschlaf. »Danke«, gab ich nur von mir und wandte mich dann Kiyoharu zu. »Ich habe gehört, du suchst mich.« »Setz dich«, sagte der Blonde und klopfte auf die freie Seite neben sich. Verwirrt starrte ich ihn an, hatte er mich gerade wirklich gebeten, sich NEBEN ihn zu setzen? Ein nachdrückliches Klopfen und ein Blick in sein Gesicht verriet mir, dass er es ernst meinte und ich folgte seiner Anweisung, schließlich verlangte mein Job das von mir, mal abgesehen davon, dass mein Körper meinem Gehirn ohnehin nicht mehr gehorchen wollte. Ich ließ mich neben ihn auf den Teppich fallen, Himmel war der weich, also der Teppich und nicht Kiyoharu. Ich hielt einen gewissen Sicherheitsabstand, ich wollte ihm nicht zu nah kommen, auch wenn er ein komisches Kribbeln in mir auslöste. Plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Hüfte und ich öffnete die Augen, wann hatte ich sie geschlossen? Kiyoharu zog mich vorsichtig zu sich heran, als wäre ich zerbrechlich, wahrscheinlich auch so aus. Schließlich atmete ich tief durch und sah dann direkt in sein Gesicht. Seine Augen leuchteten warm, seine vollen Lippen waren leicht geöffnet und schienen ein Lächeln anzudeuten, dieser Anblick raubte mir den Atem und mein Herz begann schmerzlich zu pochen, die Rückenschmerzen ignorierte ich geflissentlich. Langsam, wie in Zeitlupe schlossen sich seine Augen und seine langen, vollen Wimpern berührten seine Haut ganz sanft. Ich war plötzlich wie gefesselt, konnte mich nicht mehr bewegen. Schmerzlich presste sich die Luft aus meinen Lungen, ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich sie angehalten hatte. Ich schnappte nach Luft als Kiyoharus Lippen auf meine trafen. Meine Augen fielen wie von alleine zu und ich erwiderte den sanften Druck, den er mit seinen Lippen ausübte. Dann spürte ich seine Zunge, wie sie über meine Lippen streifte und stumm um Einlass bat, den ich ihr, ohne großartig darüber nachzudenken, gewährte. Ich begrüßte sie schüchtern mit meiner Zunge, seine schien förmlich um meine herum zu tänzeln, erkundete meine Mundhohle und wandte sich dann wieder meiner Zunge zu. Er küsste verdammt gut. Ich seufzte genießerisch in den Kuss hinein, versank darin. Schnell hatte Kiyo die Oberhand gewonnen, seine Zunge spielte mit meiner, es war der beste Kuss meines bisherigen Lebens! Irgendwann wurde ich unschön daran erinnert, dass Menschen Luft zum überleben brauchten und ich war nach etlicher Zeit gezwungen, mich von ihm zu lösten, ich wollte nicht. Ich wollte seine Lippen noch länger spüren. Sanft lösten wir uns von einander, bevor wir uns jedoch ganz trennten, schnappte ich kurz nach seiner Unterlippe und knabberte zärtlich daran, dann sehnten sich meine Lungen jedoch sehr nach neuem Sauerstoff und ich löste mich keuchend von ihm. »Und da sagt einer, er wäre NICHT schwul«, kam es begeistert von Shinya. Ach du meine Fresse ich hatte ihn und Yasu total vergessen! Nicht ausgeblendet, sondern vergessen, sie hatten auch keinen Mucks von sich gegeben. Scheiße, ich hatte gerade Kiyoharu, einen MANN, geküsst, na eigentlich hatte er mich geküsst, aber Tatsache war, dass es ein KUSS war! Ich lief augenblicklich scharlachrot an und nun wünschte ich mir definitiv im Erdkern verschwinden zu können! Jetzt dachten die anderen, dass ich schwul wäre, hätte ich nicht vorher darüber nachdenken können? Ich hätte mich wehren können, okay ich hatte mich gar nicht wehren wollen, aber schwul war ich trotzdem nicht! »So schlecht, dass du gleich rot anlaufen musst, war es nun auch wieder nicht«, kicherte Kiyoharu, der Spaß an der ganzen Sache zu haben schien. Und seine Bemerkung führte dazu, dass ich noch dunkler anlief, nein der Kuss war GANZ und GAR NICHT schlecht gewesen! Es war fast wie der Himmel auf Erden! Na, jetzt übertreib ich ein bisschen, aber so ähnlich. Ich wollte ihn wieder küssen. Ich hörte Yasu lachen, aber es war kein gehässiges Lachen, er lachte herzlich und es klang wie der Gesang von Engeln. »Noch mal?«, hauchte mir Kiyo ins Ohr und ich merkte wie ich gegen meinen Willen nickte. Und schon trafen unsere Lippen wieder aufeinander. Seine waren so unendlich weich, wie Kissen aus Samt. Verträumt knabberte ich an seiner Unterlippen, ich hätte nie damit gerechnet, dass ein Mann solche Lippen haben konnte, ich konnte ihm einfach nicht widerstehen. Ich spürte, wie er die Lippen zu einem Lächeln verzog ehe er mir sanft seine Zunge in den Hals schob, okay das klang jetzt ein bisschen brutal, aber diesmal musste er gar nicht um Einlass bitten, da ich meine Lippen bereits gierig geöffnet hatte und geduldig auf ihn wartete. Diesmal entbrannte ein leidenschaftlicher Kampf zwischen unseren Zungen, der sich allmählich in ein zärtliches Spiel verwandelte. Ich bekam gar nicht richtig mit, wie er mich auf den Teppich drückte und sich auf mich setzte. Ich seufzte immer wieder wohlig auf. Kurz lösten wir uns schwer atmend von einander um Luft zu holen, ehe das ganze Spiel von vorne begann. Seine Hände wanderten über meine Seiten, meine krallten sich Halt suchend in seinen Haaren fest. Noch nie im meinem Leben hatte mich jemand so gierig, so sanft und so leidenschaftlich ZU GLEICH geküsst. Mein Blut rauschte in meinen Ohren, mein Herz schlug mir bis zum Hals und das Kribbeln in meinem Bauch nahm zu. »Kiyoharu! Reiß dich mal zusammen!«, schimpfte Yasu lachend. »Ja, wir haben gesagt du sollst ihn küssen und NICHT gleich flachlegen!«, mischte sich auch Shinya ein und wir lösten uns widerstrebend von einander. Seine Lippen waren leicht gerötet vom Küssen und das machte ihn gleich noch schärfer als er es ohnehin schon war. »Stopp mal! Ihr habt ihm gesagt er soll mich KÜSSEN?!«, platzte es auf einmal aus mir heraus. »He, beruhig dich mal. ICH habe Yasu nur erzählt, dass du Kiyo hinterher gestarrt hast«, verteidigte sich Shinya und sah sich Hilfe suchend um. »Du hast WAS?«, JETZT war ich wirklich wütend! »Ich hab es Kiyo erzählt und er wollte dich küssen«, murmelte Yasu und mein Blick wanderte nun zu der letzten Person, zu dem Mann, der mich geküsst hatte. In seinen Augen lag Belustigung. DAS war mir so was von klar, natürlich fand er es irrsinnig komisch mich so bloßzustellen! Er hatte mich ja auch perfekt um den Finger gewickelt. »Tut mir Leid Kleiner, ich konnte dir nicht widerstehen, du sahst so niedlich aus, nichts gegen dich! Und die beiden haben mir nicht BEFOHLEN dass ich dich küssen soll, ich wollte es selbst, vor allem nachdem Yasu mir gesagt hattest, du seiest nicht schwul«, ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und ich konnte nicht anders, ich MUSSTE grinsen. »Ihr seit ganz schön dreist, das ist euch aber schon klar, oder?«, fragte ich sie und erhob mich, wobei ich schmerzerfüllt das Gesicht verzog. »Was ist denn mit dir los?«, fragte mich Yasu und sah mich besorgt an. Moment mal, irgendwas lief hier doch gerade gewaltig schief oder? Welchen Grund sollte Yasu haben um mich BESORGT anzusehen, ich meine, er kann mich doch überhaupt nicht leiden! Oder? »Ich bin gestern auf meinem Sessel eingeschlafen und habe mich wohl total verdreht«, murmelte ich als ich dann auch noch ein unangenehmes Ziehen in Magen fühlte. Was war das denn jetzt? Ich hatte schon seit, lasst mich überlegen, fünf oder sechs Jahren kein ZIEHEN mehr im Magen gespürt! Wo kam das denn jetzt auf einmal her? Ehe ich es mir versah, packten mich starke aber sanfte Hände und schleiften mich hinter sich her. Was war jetzt los? Yasu eilte mir und Kiyoharu, die Person, die mich hinter sich herschleifte als wäre ich ein Gegenstand, hinterher. Hinein in den Fahrstuhl und hinunter in den zweiten Stock. Ich war gar nicht in der Lage mich gegen sie zu wehren, ich fühlte mich mit einem mal müde und kraftlos. Irgendwie kamen wir dann im Krankenzimmer an und eine besorgte Krankenschwester eilte auf uns zu. »Was ist passiert?«, fragte sie und ihr Blick ruhte auf mir, während Yasu und Kiyoharu mich auf eines der weichen Betten legte. »Er meinte, er habe sich verdreht, aber das kann nicht das einzige sein, er hat plötzlich angefangen zu taumeln, als würde sein Kreislauf den Geist aufgeben«, erklärte Yasu schnell und klang dabei nicht weniger besorgt als die Krankenschwester. Irgendjemand, wohl die Krankenschwester, schob vorsichtig mein Shirt nach oben, wäre ich dazu noch in der Lage gewesen, wäre ich jetzt wohl rot angelaufen und hätte mich gewehrt, aber ich war zu schwach. »Wie lang liegt deine letzte RICHTIGE Mahlzeit zurück?« »Zwei Tage oder so…« »Isst du sonst regelmäßig?« »Nein.« »Ist das schon lange so?« »Ja.« »Wie lange?« »Sechs Jahre oder so.« Das schien allen die Sprache zu verschlagen, denn niemand gab auch nur einen Laut von sich. Ich hoffte inständig, dass ich nicht rückfällig geworden war. Schließlich räusperte sich die junge Frau und fragte mich genau die Frage vor der ich mich seit Jahren fürchtete und zwar immer dann wenn jemand meinen nackten Körper sah. »Warst du mal magersüchtig?« »Ja.« Ich entschied mich für die Wahrheit, solange keine weiteren Fragen folgten war es okay, ich konnte ja nicht ewig vor der Wahrheit wegrennen. Ich war mir sicher dass ich noch nicht so schlimm aus sah wie vor ein paar Jahren. Ich hatte mir geschworen nie wieder rückfällig zu werden, aber ich glaubte, ich war auf dem besten Weg dahin. Tomo würde das nicht noch ein Mal durchstehen, dass wusste ich, ich hatte ihn ja damals schon fast verloren und auf andere Unterstützung konnte ich nicht hoffen. Durch die Arbeit war ich meistens abends total müde zu Hause angekommen und hatte mich sofort hingelegt, ans Essen hatte ich nie gedacht, weil ich auch keinen Hunger verspürte. Und wieder war da dieses Ziehen in meinem Magen, fast als würde mein Magen nach etwas Essbarem schreien. »Ich gebe dir jetzt eine Spritze gegen die Scherzen, dann gehst du umgehend nach Hause und isst etwas, ich schreibe dich für ein paar Tage krank.« »Nein! Nicht jetzt, noch zwei Wochen, dann…«, meine Stimme versagt und eine warme Hand strich behutsam über meinen Arm, ich sah auf und blickte direkt in Kiyoharus Augen, in ihnen konnte ich Sorge sehen, vielleicht war es besser, wenn ich wirklich ein paar Tage zu Hause blieb und mal anständig aß. Schaden konnte es nicht. Die Frau tastete noch schnell meinen Rücken ab, wobei ich mein Gesicht immer wieder verzog, weil es weh tat, dann durfte ich gehen. Sie meinte, sie würde Kyo eine Nachricht zukommen lassen, was mein Gewissen beruhigte, denn die beiden Models ließen mir nicht die Chance, nach oben zu fahren und es ihm zu sagen, stattdessen brachten sie mich, wie zwei Leibwächter, bis zum Haupteingang und befahlen mir nachdrücklich noch mal, mich auszuruhen und VIEL zu essen. Vier Tage später kam ich dann wieder zur Arbeit. Zuhause fiel mir allmählich die Decke auf den Kopf und ich vermisste die Leute aus der Company, selbst Yasu vermisste ich. Ich hatte meine Meinung ein wenig über ihn geändert, aber immer noch nicht ganz. Nun stand ich also wieder um neun auf der Matte und wartet auf Miko, die um die Ecke kam und den Laden aufschloss. »Da bist du ja wieder. Geht es dir gut?« »Ja, alles wieder bestens.« »Was hattest du denn, die Krankenschwester und auch Kiyoharu und Yasu wollten mir keine Auskunft geben, Kyo schon gar nicht«, sie seufzte. »Hatte mich wohl überarbeitet und dann hatte ich mir auch noch den Rücken verdreht«, erklärte ich, wobei ich nicht ganz die Wahrheit sagte. Sie musste nichts von meiner Vergangenheit wissen, genauso wenig wie die anderen, sie wussten einen kleinen Teil und das war meiner Meinung nach schon zu viel. Der einzige, der alles wusste, weil er es miterlebt hatte, war mein bester Freund, Tomo. Und trotzdem war er immer bei mir geblieben. In den vergangenen vier Tagen war er immer nach der Arbeit vorbei gekommen und seine Gesellschaft tat mir unheimlich gut. Ja, er hatte einen neuen Job und es lief sogar ganz gut. Ich hoffte sehr, dass er diesmal mehr Glück hatte. »Hauptsache du bist wieder da.« »Finde ich auch«, strahlte ich ihn an. Und wir machten uns an die Arbeit. Danach eilte ich wie gewohnt quer durch die Company, suchte für Hyde die Models zusammen, Hide-zou hatte mal wieder seinen Termin vergessen, danach musste ich die Manuskripte des neuen Artikels zu Kyo bringen, da dieser gerne wusste was man über seine Models schrieb und so war ich jetzt auf dem Weg zum Fahrstuhl. Etwas in Hektik drückte ich ungeduldig auf dem Knopf herum als sich die Türen öffneten und ich prompt in einen Mann mit einer sehr düsteren Ausstrahlung hineinrannte. Hui, das Glück war mal wieder auf meiner Seite, dachte ich sarkastisch und entschuldigte mich. »Noch so einer«, murmelte der Mann nur vor sich hin. Er war mir…unsympathisch und ich fand ihn gruselig. Dann sah er mich an und seine Augen weiteten sich überrascht, was das jetzt sollte wusste ich auch nicht so recht. »Wie heißt du?« »Hal.« »Was machst du hier?« »Arbeiten.« »Ja, das war mir klar. Als WAS?« »Aushilfe«, der Typ wurde mir immer unheimlicher. Schließlich wandte er sich ab und ließ mich mit einem verdutzten Gesichtsausdruck zurück und ich eilte in den Aufzug ehe sich dessen Türen schließen konnten und drückte auf den Knopf für das oberste Stockwerk. Langsam setzte er sich in Bewegung. Als er dann wieder zum Stehen kam stieg ich aus und machte mich schnurstracks gerade auf den Weg zu Kyos Büro. Ich hatte noch nicht mal Zeit zum anklopfen als ich schon seine Stimme hörte. »Komm rein Hal.« Ich tat wie mir geheißen und trat ein, Kyo saß hinter seinem gigantischen Schreibtisch und sah dabei wirklich aus wie ein Geschäftsmann. Ich verbeugte mich kurz höflich ehe ich ihm die Manuskripte überreichte. Ich wollte schon wieder gehen, als er mich bat, Platz zu nehmen. »Ist alles wieder in Ordnung?«, fragte er und sah mich dabei besorgt an, wenn es eins auf der Welt gab, was ich NICHT leiden konnte, dann war es, dass sich jemand Sorgen um mich machte. »Ja, ich habe mich nur etwas überarbeitet.« »Beim nächsten Mal nimmst du dir bitte vorher frei. Es macht nichts, wenn man sich krankschreiben lässt. Jeder Mensch hat seine Grenzen.« »Danke.« »Hal, Maaya-san hat mir davon erzählt«, setzte Kyo an, doch ich unterbrach ihn etwas unfreundlich. »Ist schon in Ordnung, ich möchte nicht darüber reden.« »Das kann ich verstehen, pass in Zukunft besser auf dich auf.« »Das werde ich.« »Wenn nicht, dann schick ich Kiyoharu und Yasu vorbei«, jetzt grinste er mich wissend an und wieder einmal glich meine Gesichtsfarbe der einer Tomate. »L-lieber nicht…« »Stimmt, bei Kiyoharu weiß man nie, was er im Schilde führt. Und jetzt zurück an die Arbeit.« Als ich sein Büro verließ, verfolgte mich noch sein Lachen, ich hatte es lang nicht mehr gehört. Woher wusste Kyo von der Sache mit Kiyoharu und wie viel wusste er? Hoffentlich dachte er jetzt nicht, dass ich schwul bin! Wenn ja, dann wäre das alles nur Shinyas Schuld! Apropos ich hatte Shinya seit besagtem Tag gar nicht mehr gesehen, also führte mich mein Weg direkt zu ihm. Ich fand ihn auf dem flauschigen Teppich und ich ließ mich neben ihn sinken. »Na, wieder unter den Lebenden?« »Du ja auch.« Wir lachten kurz. Ich hatte ihn vermisst. Er war so etwas wie ein Freund geworden. »Ich hatte schon Angst gehabt, die beiden würden dich vergewaltigen wollen«, sinnierte er. »So was würde selbst Kiyoharu nicht machen«, lachte ich. »Da hast du Recht. Sie haben mir erzählt, was passiert ist.« »Shin, es ist alles in Ordnung.« »Warum habe ich das Gefühl, dass ich nicht der erste bin, zudem du das sagst?« »Weil ich es schon zu Miko und Kyo gesagt habe.« »Ist es schon lange her?« »Was?« »Dass du magersüchtig warst?« »Ein paar Jahre.« »Es ist schwer, aus diesem Teufelskreis raus zukommen, nicht wahr? Ohne Kyo hätte ich es wohl nie geschafft.« Diese Worte ließen mich hellhörig werden. Hatte ich mich eben verhört oder hatte Shinya mir gerade indirekt gesagt, dass er die Scheiße auch durchgemacht hatte? »Tomo war derjenige, der immer für mich da war, ohne ihn wäre ich wohl den Bach runter gegangen, ich hätte es ihm nicht mal verübelt, wenn er mich fallen gelassen hätte, ich war UNAUSSTEHLICH. Aber er ist geblieben und er steht immer noch hinter mir.« »Wie lange kennt ihr euch schon?« »Zwanzig Jahre.« »Wie alt bist du?« »Dreiundzwanzig.« »Och wie süß!«, lachte Shinya und ich sah ihn fragend an. »Du als kleiner Scheißer, das ist echt eine süße Vorstellung, ich glaube du warst echt zum fressen süß.« Jetzt lachte ich auch. Ich hatte zu Hause bestimmt noch ein paar Fotos von mir und Tomo aus diesem Alter, wir waren schon damals unzertrennlich gewesen und das hatte bis heute angehalten. Dieser Gedanke machte mich glücklich, er war die einzige Person in meinem Leben auf die ich mich immer verlassen konnte und natürlich war ich auch immer für ihn da gewesen. »Wie lange kennst du denn Kyo schon?« »Uhm, das müssten jetzt drei Jahre sein.« Plötzlich wurde mein Name durch die Lautsprecher verkündet und ich wurde in Kyos Büro zitiert. Schon wieder? Was wollte er denn jetzt? Ich erhob mich und verabschiedete mich entschuldigend bei Shinya, dann eilte ich zum Fahrstuhl. Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, Nervosität. Warum um alles in der Welt wurde ich denn jetzt nervös? Was Schlimmes konnte es schon nicht sein. Feuern würde er mich auch nicht, schließlich hatte er mir vorhin noch zu verstehen gegeben, dass ich mich beim nächsten Mal frühzeitig krankmelden sollte. Wahrscheinlich sollte ich nur die Manuskripte zurück bringen. Ach herrje, meine Gedanken waren irgendwie total durcheinander und mein Bauchgefühl – konnte ich ihm trauen – sagte mir, dass es etwas Ernsteres war. Also stand ich nun mit zittrigen Knien vor der Bürotür und klopfte an. Ich hörte zwei Stimmen, die eine gehörte hundertprozentig zu Kyo und die andere, ich war mir sicher ich hatte sie heute schon einmal gehört. Die Tür wurde geöffnet und ich erkannte den düsteren Mann auch wieder, nur hatte ich keine Ahnung wer er war. Er hatte mich heute Morgen, als ich auf dem Weg zu Kyo war, angeschnauzt, danach hatte ich mich nicht weiter darum gekümmert. Vielleicht wäre es besser gewesen. Hoffentlich hatte er sich nicht wegen meiner Unfreundlichkeit beschwert, weil wenn doch sah es schlecht für mich aus, denn er wirkte so, als habe er großen Einfluss in der Company. »Setz dich doch«, meinte Kyo freundlich, er klang wie immer. Nein, irgendwas war anders, er klang…begeisterter? Na, wahrscheinlich ging nur meine Fantasie mit mir durch. »Ja?«, fragte ich nach einer Weile unsicher und mein Blick huschte zwischen Kyo und dem anderem hin und her. »Ich glaube, ich hatte noch keine Gelegenheit, ihn dir vorzustellen«, Kyos Hand zeigte auf den anderen Mann. Na toll, jetzt wollte er mir auch noch denjenigen VORSTELLEN, der mich wahrscheinlich rauswerfen wollte. »Er hat mir von eurer Begegnung vor…einer Viertelstunde erzählt und das du keinen Plan hattest, wen DU diesmal umgerannt hast«, jetzt klang er wirklich amüsiert und ich musste unwillkürlich an meine erste Begegnung mit Yasu zurück denken. Na prima! »Also…« »Kyo rede nicht immer so viel. Ich bin Atsushi Sakurai«, mischte sich der andere Mann ein. Fassungslos starrte ich ihn an. Um Himmels Willen! Ich hatte den zweiten Chef der Misery Loves Company und den Designer von Demonic Obssession UMGERANNT! Hilfe! Ach du Scheiße! Heute war wohl nicht mein Tag! »Uhm…tut mir Leid…ich wollte Sie nicht…« »Vergessen wir das, vielleicht war es ja ganz gut, dass du in mich rein gerannt bist, sonst hätte ich dich wohl nie bemerkt«, er klang belustigt, was mir nur noch mehr Angst machte und mein Herz schlug schnell. »Warum du hier bist. Eines unserer Models, Uruha, hat aufgehört und die Stelle ist jetzt natürlich frei. Und als Atsushi dich dann gesehen hatte, war er mehr oder weniger direkt zu mir gekommen und hat mich tatsächlich angeschrieen, wie ich dich denn bitte als AUSHILFE einstellen konnte, aus seinem Mund klang das wie eine bösartige Beleidigung, das kannst du mir glauben.« Verständnislos sah ich Kyo an, was sollte das heißen? »Er war richtig aus der Fassung. Soll ich zitieren? ‚Wie kannst du nur so eine Naturschönheit als AUSHILFE arbeiten lassen wo er doch PERFEKT fürs modeln ist, Kyo kannst du nicht EINMAL deine AUGEN öffnen! Immer muss man dir alles SAGEN! Als wärest du BLIND! Na, vielleicht bist du das ja auch, aber das was UNVERANTWORLICH von dir! Und jetzt sieh zu, dass der Kleine seinen Arsch HIERHER bewegt!’, einige unfreundlichen Bezeichnungen über meine Wenigkeit hab ich mal raus gelassen, du sollst schließlich kein falsches Bild von ihm bekommen.« Mein Blick wanderte zu Atsushi, er machte den Eindruck, als wolle er sich am liebsten in Luft auflösen. Dann verarbeitete mein Gehirn die Informationen langsam. Ich…modeln…Uruha… irgendwas lief hier doch ziemlich schief, oder? »I-ich?«, fragte ich ungläubig und die beiden Chefs sahen mich an und nickten. »Kyo, ich habe dir gesagt, dass du es ihm schonender beibringen sollst, du hast den Kleinen total überrumpelt!«, kam es mahnend von Atsushi, aber ich hörte ihm gar nicht zu. Warum mussten mich alle KLEINER nennen? Als ob ich SO klein wäre! Man! Okay, jetzt zurück zum eigentlichen Thema. Atsushi konnte es unmöglich erst meinen, ich und Model? Nie im Leben! Erstens war ich gar nicht hübsch genug und zweitens war ich VIEl zu dünn!! »Wärest du wirklich das was du denkst, dann würden Atsushi und ich dir dieses Angebot nicht machen, oder? Und außerdem guck dir mal Shinya an, als ich ihn kennen gelernt hatte, hatte er genau dieselben Probleme, außerdem hast du es doch bereits hinter dir.« »Ja schon aber…« »Schlaf eine Nacht drüber, wenn du willst auch zwei Nächte, aber für uns bist du genau der Richtige«, warf Atsushi dazwischen ehe Kyo mir noch weitere Vorträge halten konnte. Ich nickte, irgendwie hatte ich es immer noch nicht ganz verarbeitet. Die beiden verabschiedeten sich von mir und ich machte mich auf den Weg nach unten, wollte es gleich Shinya erzählen und ihn fragen, was er denn davon halte. Und als hätten sie geahnt, dass es Neuigkeiten gibt, saßen auch Yasu und Kiyoharu auf dem Teppich und sahen fern. Sie wirkten so gelassen, als wäre das Leben ein Zuckerschlecken, aber hinter dieser Maske verbarg sich ihre harte Arbeit. Langsam und mit zitternden Knien ließ ich mich ihnen gegenüber nieder. Ich liebte diesen Teppich, er lud perfekt zum kuscheln und schlafen ein… Ich seufzte, wusste nicht wo ich anfangen sollte. »Freut mich, dich wieder zu sehen«, sagte Kiyoharu als ich nach einigen Minuten immer noch nicht das Schweigen gebrochen hatte und Yasu stimmt ihm zu. »Tut nicht so, als hättet ihr mich vermisst«, lachte ich. »Wir HABEN dich vermisst!« »Was wollte Kyo?« »Womit wir beim Thema wären, weshalb ich hier bin«, entgegnete ich, immer noch nicht wissend, wo ich anfangen sollte, wahrscheinlich mit meiner Begegnung mit Atsushi am Morgen. »Jetzt schieß los, so schlimm wird’s nicht sein«, meinte Yasu und er klang sehr neugierig und interessiert. »Also, ich sollte heute Morgen irgendwelche Manuskripte zu Kyo bringen und habe auf den Aufzug gewartet, und als der dann endlich die Türen öffnete bin ich voll in Atsushi rein gerannt.« »Du hast echt ein Talent!«, kommentierte Yasu und grinste. »He! Stimmt doch gar nicht, DU hast MICH umgerannt!«, verteidigte ich mich und erzählte dann den Rest der ganzen Gesichte. Die Reaktionen der drei hätten nicht unterschiedlicher sein können! Shinya war so überrascht, dass er keinen Ton herausbekam und mich nur anstarrte, Yasu schien sich wirklich darüber zu freuen und Kiyoharu, der nahm es hin und gratulierte mir zu meinem ‚Aufstieg’. Über Yasus Reaktion war ich am meisten erstaunt, ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass er sich so für mich freuen würde, der hatte echt immer eine Überraschung auf Lager. »Ich will dann unbedingt ein Shooting mit dir zusammen machen«, rief Shinya begeistert als er sich wieder gefangen hatte und krabbelte über den Teppich auf mich zu, dann warf er sich auf mich und knuffte mir freudig in die Seite, was mich zum quietschen brachte. Ich sah kurz zu Kiyoharu und Yasu, die meine Reaktion natürlich mitbekommen hatten und ihre Augen blitzten gefährlich auf, dann warfen sie sich auf mich und taten das was meine ‚Freunde’ am liebsten machten, sie kitzelten mich durch, drei gegen einen! Das nenne ich UNFAIR! Shinya hielt mich fest und die anderen fielen über mich her. Ich strampelte und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch für sein Aussehen war er verdammt stark. Ich schnappte nach Luft, was mir zwischen zwei Lachanfällen sichtlich schwer fiel und ich hatte bereits Lachtränen in den Augen, schließlich ließen sie von mir ab und ich war total k.o. Kiyoharu zeigte auf mich und lachte. »Dein Gesicht«, gab er von sich und auch Yasu konnte sich nicht mehr halten. Okay, wahrscheinlich sah ich auch grade etwas…verloren aus der Wäsche. Aber natürlich ließ ich mir das nicht gefallen und warf mich auf Kiyo, dieser war viel zu überrascht um mir zu entkommen. Yasu folgte und ‚kämpfend’ rollten wir über den Teppich. Muss bestimmt irrsinnig komisch ausgesehen haben, das Knäuel auch aus Armen, Beinen und Anziehsachen! Aber Spaß musste sein. »Lasst ihn am Leben, ich will mein Shooting!« »Er ist viel zu süß als dass man ihn umbringen könnte«, warf Yasu ein, was mich überraschte und der Schwarzhaarige mied meinen Blick. »Also ich hab ihn ja zum Fressen gern.« »Kiyo, denk nicht mal dran«, meinte ich und schüttelte nur den Kopf. Nach einer Weile erhob ich mich, die anderen sahen mir fragend hinter her und ich erwiderte nur, dass meine Arbeit nicht auf mich warten würde und dann eilte ich hinunter zu Miko, erstens wollte ich ihr erzählen, was vorgefallen war und zweitens brauchte ich mal wieder Arbeit! Schließlich konnte ich ja nicht den ganzen Tag hier herumhängen und gar nichts tun. Ich hatte Kyo und Atsushi noch nicht zugesagt, deshalb hatte ich ja noch meine Aufgaben als Aushilfe und die durfte ich in meiner Euphorie nicht vergessen. Miko freute sich für mich, etwas anders hatte ich auch nicht erwartet, aber sie sagte auch, dass sie es ein bisschen Schade fände und sie meine allmorgendliche Gesellschaft vermissen würde. Ich würde sie auch vermissen, mit ihr hatte ich die meiste Zeit verbracht. Natürlich hatte ich auch mit Tomo darüber gesprochen und er war im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Wolken gefallen ehe er rief: »Oh mein Gott Hal! Du wirst berühmt! Du wirst berühmt!« Ich hatte fast einen Gehörsturz erlitten und das Telefon eine ganze Armlänge von mir entfernt gehalten und trotzdem hatte ich ihn verstehen können. Er war der festen Überzeugung, dass ich mir diese Chance nicht entgehen lassen sollte und ich teilte meine Meinung mit ihm. Und so kam es, dass ich jetzt, einen Tag später, vor Kyos Bürotür stand und mich nicht ganz traute, anzuklopfen, wenn ich noch länger warten würde, würde ich bestimmt auf dem Absatz kehrt machen, also jetzt oder nie! Meine Knie erinnerten an Wackelpudding und Nervosität stieg immer wieder in mir auf. Ich holte tief Luft und wollte klopfen. »Wie lange willst du noch warten?«, fragte Kyos Stimme hinter der Tür und ich wurde rot, öffnete aber die Tür. Er war nicht allein. Atsushi war auch da, ob durch Zufall oder ob sie auf mich gewartet hatten war jetzt mal dahingestellt. »Morgen.« »Wir haben auf dich gewartet, irgendwas hatte mir gesagt, dass du heute Morgen zu uns kommen wirst. Und mein Bauchgefühl täuscht mich nie.« »Kyo, du redest zu viel«, hatte Atsushi das letztes Mal nicht auch gesagt? Doch oder? Irgendwie waren die beiden komisch. Sie sahen sich nicht direkt an, Atsushi sprach nur selten und Kyo ignorierte ihn im Großen und Ganzen, zusammen traf man sie in der Company eigentlich nie. Es machte ganz den Eindruck als würden sie sich nicht besonders gut leiden können. »Mit ‚nicht leiden können’ hat es nichts zu tun«, erklärte Kyo als habe er meine Gedanken gelesen. Womit denn dann? »Hassliebe.« Aus Atsushis Mund klang das wie das Logischste der Welt. Na gut, aber es wurde allmählich Zeit, dass ich endlich mit der Sprache herausrückte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)