Dreh die Zeit zurück von -akai- (Lass mich bitte aus diesem Albtraum erwachen) ================================================================================ Kapitel 3: In Reitas Wohnung ---------------------------- Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf meiner Couch. Mein Kopf ist auf Aois Schoß gebettet und ein feuchter, etwas kalter Lappen liegt auf meiner Stirn. „Hey, da bist du ja wieder“, meint der Schwarzhaarige zu mir, als er sieht, dass ich wieder bei Bewusstsein bin. Ich lächel ihm matt entgegen. Er streicht mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Wie geht’s dir denn?“ Ja, wie geht’s mir eigentlich? Körperlich bin ich nach Kais leckerem Essen wieder einigermaßen fit, meiner Seele geht’s dreckig und mein Herz liegt in Scherben. Ja, ich glaube, so lässt sich meine momentane Lage am besten beschreiben. Langsam und vorsichtig setzte ich mich auf. Dabei rutscht der Lappen von meiner Stirn und landet unbeachtet von Aoi und mir auf dem Boden. „Wie lange war ich weggetreten?“, frage ich, während ich mich etwas strecke. „Eine knappe halbe Stunde“, antwortet er. „Mhh... wie spät ist es?“ „Gleich 22 Uhr... sag mal, wird das hier ein Frage-Antwort-Spiel oder was?“, kichert er schließlich. „Was wäre wenn??“, ist meine Gegenfrage. Daraufhin nuschelt er nur ein „Baka“. Ich boxe ihm leicht gegen die Schulter, strecke ihm frech die Zunge raus, und muss dabei auch noch lachen. „Na also“, kommt es beinahe erleichtert von ihm, während er wie immer etwas mit seinem Lippenpiercing spielt. Ich verstehe gar nichts. Wieso ‚na also’? Ist das nicht vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen? Er lächelt mich an. „Ich meine damit, dass du wieder lachst“, erklärt er mir. Er weiß halt, was ich denke. Ist bei mir auch so. Ich muss ihn nur angucken um zu wissen, was er gerade denkt. Wir sind nicht umsonst beste Freunde. ***** Als ich das nächste mal wieder erwache, liege ich in meinem Bett. Nachdem ich noch eine Weile gedöst habe, erhebe ich mich und gehe in die Küche. Dort setzte ich erstmal Teewasser auf. Nach einer Weile, in der ich aus dem Fenster gestarrt habe, ohne wirklich auf etwas zu gucken, höre ich, wie Aoi in die Küche getappst kommt. Ich drehe mich zu ihm und lächel. Seit die drei gestern in meine Wohnung gekommen sind, geht es mir schon etwas besser. Ich denke nicht mehr die ganze Zeit an Reita und heule rum. „Morgen“, nuschelt er mir noch relativ verschlafen entgegen, bevor er sich an meinen kleinen Küchentisch setzt, gegenüber von mir. Ich nicke ihm nur zu, ehe ich mich wieder erhebe, um den Tee aufzugießen. Ich stelle auch Aoi eine Tasse vor ihn auf den Tisch, die er dankend annimmt. Eine Weile schweigen wir. „Du bist gestern Abend beim Fernsehgucken eingeschlafen. Ich hab dich dann ins Bett gebracht und hab selbst auf dem Sofa geschlafen. Ist doch okay, oder?“, fragt er schließlich. Ich nicke. „Hai, natürlich. Das du überhaupt noch fragst. Immerhin bist du mein bester Freund“ Wir hatten gestern Abend einfach den Fernseher angestellt, damit ich mich für eine Weile wenigstens etwas von Reita und dem ganzen Stress ablenken kann. Hat sogar einigermaßen geklappt. Trotzdem muss ich immer wieder an Reita denken. Schließlich liebe ich ihn, auch wenn er mich so verletzt hat. Gefühle lassen sich nun mal nicht von heute auf morgen abstellen. „Warum...?“, kommt es wieder leise über meine Lippen. Aoi sieht von seiner Teetasse auf, scheint im ersten Moment nicht zu verstehen, was ich meine. Dann aber versteht er. „Ich weiß es nicht, Uruha, ich weiß es nicht...“, antwortet er nur. Dann schweigen wir wieder. Nachdem er seinen Tee ausgetrunken hat, erhebt Aoi sich. „Ich gehe nach Hause und mach mich frisch. Soll ich wiederkommen?“ Ich nicke. Ich will nicht alleine sein und Aois Nähe tut mir gut. Ich bringe ihn noch zur Tür, dann ziehe auch ich mich vernünftig an. * Eine halbe Stunde später klingelt es an der Tür und Aoi steht wieder davor. In der Zeit, in der er weg war, habe ich nur wieder auf dem Sofa gesessen und wieder über diese eine Frage nachgedacht: ‚Wieso?’ Als Aoi seine Schuhe ausgezogen hat und seine Jacke an die Gradrobe hängt, hält er in den Bewegungen inne. Dann hebt er etwas Kleines, Glänzendes vom Boden auf. „Was ist das?“, frage ich, da ich den Gegenstand nicht erkennen kann. „Ein Schlüssel... Hast du einen verloren?“ „Nein, eigentlich nicht“ Ich überlege, bis es mir einfällt. Das ist mein Wohnungsschlüssel... der, den Reita hatte. Erneut steigen mir Tränen in die Augen. Ich kann einfach nichts dagegen tun, die Tränen nicht stoppen. Der Schwarzhaarige zieht mich in seine Arme und streicht mir über den Rücken. Er wird sich an meine Erzählung von gestern erinnert haben und wird nun wissen, dass das Reitas Schlüssel ist. Nein, war. Plötzlich löst er sich von mir und sieht mich entschlossen an. „Uruha, du hast doch einen Schlüssel zu Reitas Wohnung. Lass uns hinfahren. Vielleicht finden wir eine Antwort auf deine Frage“ Ich nicke nur. Wir ziehen uns die Schuhe an und verlassen meine Wohnung. In Aois Auto fahren wir dann zu Reitas Wohnung. Während der halbstündigen Fahrt schweigen wir wieder. Werden wir Hinweise darauf finden, warum Reita das getan hat? Warum Reita mich so plötzlich und scheinbar grundlos verlassen hat? Ich hoffe es. * Mit zittrigen Fingern drücke ich erstmal auf den Klingelknopf. Vielleicht ist er ja zu Hause. Aber niemand öffnet, aus der Wohnung kommt kein Mucks. Meine Finger zittern immer stärker, als ich schließlich meinen Schlüsselbund herauskrame, um die Tür zu öffnen. Ein Klacken ist zu hören, und die Tür geht auf. Aoi geht sofort an mir vorbei in die Wohnung. „Reita? Reita, bist du da?!“ Dann ist er schon im Wohnzimmer verschwunden. Ich jedoch stehe im Flur und starre auf die kleine Kommode, wo Rei immer seine Schlüssel ablegt. Doch auf dem kleinen Möbelstück liegen lilane Rosen. Oder zumindest das, was davon noch übrig ist. Die Blütenköpfe hängen, sind teilweise verwelkt. Ich starre die Rosen an. Hat Reita die etwa für mich gekauft? Und wenn, warum hat er das getan, obwohl er sich doch von mir getrennt hat?! Ich verstehe es nicht. Schon wieder eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich löse den Blick von den Blumen, dann folge ich Aoi ins Wohnzimmer. Dort ist er aber nicht mehr. Wahrscheinlich ist er schon weiter gegangen in die Küche oder in Reis Schlafzimmer. Ich aber sehe mich im Wohnzimmer um. Mein Blick fällt auf sein Telefon. Eine kleine rote Lampe an dem Apparat blinkt, das heißt, er hat Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Drei Stück, alle von der gleichen Nummer. Die Nummer kenne ich, doch im Moment weiß ich nicht, wem sie gehört. Ich drücke auf den Abhörknopf und lausche den Nachrichten. Hey Reita, hier ist Saga! Wie ist es gelaufen? Hat alles geklappt? Meld dich, wenn du wieder da bist! Stimmt, das ist Sagas Nummer. Aber was meint er? Was hat geklappt?... Mensch Reita. Jetzt melde dich doch mal! Hast du die Wohnung jetzt gekauft oder nicht? Und was hat er gesagt? Wohnung!? Wovon redet Saga da bitte? Ich verstehe gar nichts. Und wer soll was dazu gesagt haben? Reita, verdammt! Jetzt melde dich. Ich mach mir Sorgen Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, was Saga meint, klingelt es an Reitas Tür. Ich zucke zusammen, gehe aber zur Tür und öffne. Davor steht Saga, der mich anstrahlt. Ich lasse ihn eintreten und schließe die Tür hinter ihm. „Hey, Uruha! Schön, dich hier zu sehen. Hat es also geklappt?! Ihr holt bestimmt grade Reitas Sachen, oder?“ Nachdem ich die Wörterflut verdaut habe, blinzel ich ihn verwirrt an. „Hallo Saga... Wie meinst du das?“ Saga, der dabei ist seine Schuhe auszuziehen, sieht verwirrt zu mir auf. „Was? Ano... zieht ihr denn nicht zusammen?“ WAS? Ich verstehe gar nichts mehr. Ich starre den Blonden vor mir an. Der scheint zu verstehen, dass ich keinen blassen Schimmer hab und zieht mich kurzerhand ins Wohnzimmer und drückt mich auf das Sofa. „Ich sehe, irgendetwas stimmt hier nicht. Reita meldet sich seit vier Tagen nicht und du hast keine Ahnung von nichts!“ Öhm ja, ich glaub, so sieht’s grade aus. Ich nicke. „Also. Du weißt doch noch, als ich dir diese tolle Wohnung gezeigt hab.“ Wieder nicke ich. Oh ja, die Wohnung war echt toll. In so einer würde ich gerne mit Reita wohnen. kaum zu glauben, dass wir nach fast vier Jahren immer noch getrennt gewohnt haben. Aber was hat diese Wohnung jetzt mit Reita zu tun? „Die Wohnung war nicht für mich und Shou, sondern für Reita und dich! Er wollte dich damit überraschen!“ „Was?“ Jetzt bin ich echt verwirrt. Reita wollte mich mit der Wohnung überraschen? „Saga... wie...?“ „Hör zu Uruha. Reita wollte wissen, wie dir die Wohnung gefällt, deshalb hab ich sie dir unter dem Vorwand gezeigt, sie für mich und Shou ausgesucht zu haben. Aber scheinbar ist Reita verschwunden, oder so. Auf jeden Fall meldet er sich nicht. Wann hast du ihn zuletzt gesehen?“ Ich bin vollkommen überfordert. Reita wollte mit mir zusammen ziehen? Warum hat er dann Schluss gemacht? Ich antworte nicht auf Sagas Frage, starre nur auf ein kleines, mit schwarzem Samt überzogenes Kästchen, das auf dem Tisch steht. Dann nehme ich es in die Hände und öffne es, schließlich schreit es gerade zu danach. Darin liegt ein Schlüssel, an dem ein Schlüsselanhänger dran ist. Ein metallenes, plastisches Herz, in dem ‚Akira & Kouyou’ eingraviert ist. Reita, ich verstehe dich nicht... Was hat das alles zu bedeuten? Auf der einen Seite die Wohnung, mit der du mich überraschen wolltest, die lilanen Rosen und dieses Herz an dem Wohnungsschlüssel und auf der anderen Seite dein komisches Verhalten von dem Abend, an dem du mit mir Schluss gemacht hast. „Uruha, guck mal!“, meint schließlich Aoi, der ins Wohnzimmer kommt. „Oh, hallo Saga... Hey, Uruha, alles okay?“ Ich bemerke ihn gar nicht, starre weiter den Schlüssel an. Erst als der Piercingträger mich an der Schulter anstupst, bemerke ich ihn. „Was ist denn?“, frage ich leise, bin immer noch von den ganzen Dingen, die ich hier erfahren habe, verwirrt. Aoi hält mir schließlich einige Zettel unter die Nase. Es scheinen Kontoauszüge zu sein. „Die habe ich in Reitas Schlafzimmer in der Schreibtischschublade gefunden“ Ich ziehe die Augenbauen in die Höhe und nehme sie genauer in Augenschein. Die Auszüge zeigen Beträge in ziemlich hohen Bereichen. Wie kommt Reita zu so viel Geld? Und vor allem, wieso sind Gründe wie >BWL-Studium< angegeben? Reita hat doch nie studiert. All das, was in den letzten Tagen passiert ist, irritiert mich. Reitas merkwürdiges Verhalten, diese Kontoauszüge. „Aoi, Saga... Ich will wissen, was alles zu bedeuten hat. Helft ihr mir dabei, mein Leben wieder in Ordnung zu bringen? Helft ihr mir, Reita zu finden?“ Ich habe mich entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich will wissen, was mit Reita ist und vor allem wo er ist. Auch wenn er mir an dem Abend verdammt weh getan hat, es muss ein Grund für sein merkwürdiges Verhalten geben. Und ich liebe ihn immer noch. Mir ist soeben klar geworden, dass es mir rein gar nichts gebracht hat, drei Tage nur rumzuheulen und Reita nachzutrauern. Ich werde um meine Beziehung kämpfen. Ich werde um Reita kämpfen und ihn wieder zurück zu mir holen. Koste es, was es wolle. „Natürlich helfen wir dir, Uruha! Oder Aoi?“, sagt nun Saga und klopft mir auf die Schulter. Vorher waren Saga und ich gar nicht so gut befreundet, aber ich glaube, ich habe grad einen neuen, guten Freund gefunden. Wenn man bedenkt, wie wir uns kennen gelernt haben... *Flashback* Ich hetze grade durch den Supermarkt, um die letzten Sachen für heute Abend zu kaufen. Reita kommt bei mir vorbei und ich habe gesagt, dass ich kochen werde. Blöd nur, dass mein Kühlschrank und auch meine Vorratskammer gähnende Leere aufweisen, wie ich eben festgestellt habe. Also schmeiße ich alles in den Einkaufswagen, was mir grade in die Finger kommt. Das geht von Reispackungen über Soja-Saucen-Flaschen bis hin zu Gemüse und Fleisch. Beim Fisch angekommen überlege ich erst mal, was ich eigentlich kochen will. Dann fällt mir frischer Tunfisch ins Auge. Viel ist von dem Fisch nicht mehr da, aber für Sushi reicht es alle Mal. „Den Tunfisch da bitte!“ Irritiert drehe ich mich zur Seite. Das habe nicht nur ich gesagt. Ein blonder junger Mann steht neben mir. Er ist etwa in meinem Alter, wie ich vermute. Er sieht ebenfalls zu mir. „Ich bekomme den Tunfisch, nicht du!“ Das haben wir wieder gleichzeitig gesagt. Wir gucken uns beide böse an. Dann geht es los. „Ich!“ „Nein! Ich“ „Nein“ „Doch“ „Nein“ „Doch“ So geht das eine ganze Weile. Der Verkäufer guckt uns schon panisch an. „Ich brauch den Tunfisch aber. Ich koche heute für mich und meinen Freund!“, sage ich schließlich. Vielleicht lässt er mir ja so den Tunfisch. „Na und? Ich koch heute Abend auch für mich und meinen Freund. Ich bekomme ihn!“ „Nein, ich“ „Ich“ „Nein“ „Doch“ „Nein“ Unser Streit wird von dem Verkäufer gestoppt. Wie sehen nämlich beide auf und sehen, wie der Verkäufer den Tunfisch einer alten Dame in die Hand gibt. „Lassen sie sich den Tunfisch schmecken!“, sagt er noch freundlich lächeln zu der Frau, bevor er sich dem nächsten Kunden zuwendet. Der Fremde und ich funkeln uns immer noch böse an. „Na toll. Jetzt darf ich mir was Neues überlegen, was ich kochen kann. Vielen Dank!“ Seine Stimme tropft nur so vor Sarkasmus. „Toll, ich auch. Ist alles deine Schuld, weil du so starrköpfig bist“ Wenn jemand den Einspruch einlegen will, dass auch ich starrköpfig bin: das stimmt nicht. Das nennt man entschlossen!... Mit hocherhobenem Kopf wenden wir uns von einander ab und gehen in die entgegen gesetzte Richtung davon. *Flashback Ende* Ein Paar Tage später hatten wir uns dann wieder getroffen, auf Shous Geburtstagsparty. Shou kannte ich schon seit der Oberschule. Und Saga war sein neuer Freund. Die Stimmung zwischen Saga und mir an dem Abend war eisig. Das Einzige, was wir gewechselt haben, waren böse Blicke. Kein Wort hatten wir miteinander geredet. Nach einiger Zeit mussten wir uns dann aber irgendwie arrangieren, da ich nun mal gut mit Shou befreundet war und er Shous Freund. „Wir helfen dir Uruha! Dafür sind Freunde doch da!“ stimmt auch Aoi nun zu. Ich bin wirklich froh, so gute Freunde zu haben. Und Ruki und Kai werden uns sicher auch helfen, heraus zu finden, was mit Reita ist. Entschlossen stehe ich auf und zeihe die beiden hoch. „Kommt Jungs, wir haben eine Menge herauszufinden!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)