Der verlorene Sieg von Jeschi (Fortsetzung zu 'Verwirrende Gefühle') ================================================================================ Kapitel 2: Gebrochener Zauber ----------------------------- Kapitel 2 – Gebrochener Zauber Wenn du dein ganzes Leben lang immer nur stark warst, immer gelächelt hast, ist es dann eigentlich zu viel verlang, einmal schwach werden und weinen zu dürfen? Diese Frage stelle ich mir, während ich weiterhin meinen Tee aus der Katzentasse trinke und mir Tränen über das Gesicht laufen. Ich weiß nicht, ob es ausgerechnet mir zusteht, zu heulen, wo doch Tala das eigentliche Opfer ist. Aber die Vorstellung, ihn nun vielleicht für immer verloren zu haben, bringt mich um! Als wir am nächsten Morgen wieder am Frühstückstisch saßen, verhielt Großvater sich wie am Tag zuvor. Nur, dass er seltsam viele Fragen über Nikolai stellte. Erst wunderte ich mich, woher er wusste, dass ich Niko überhaupt getroffen hatte, bis mir irgendwann aufging, dass dieses verdammte Treffen nicht zufällig zustande gekommen war. Wie am Tag zuvor schnappte ich mir wieder Tala und wir gingen in einen nahgelegenen Park. Dort saßen wir lange schweigend auf der Bank und ich erinnerte mich an den Moment, als ich Tala im Internatspark gesagt hatte, was ich für ihn empfand. Es hatte geregnet und es hatte ein großes Missverständnis zwischen uns gegeben. Als ich ihn dann so einsam auf einer Bank sitzen sah und mir die Tränen auffielen, die ihm über die Wange liefen, da wusste ich nicht nur, was ich für ihn empfand, da spürte ich es zum ersten Mal. Im ganzen Körper. Als wäre in mir eine Supernova explodiert. Eine Supernova, ein explodierender Stern. Ich leuchtet so strahlend hell, dass er alles andere einfach überstrahlt. Genau wie Tala geleuchtet hatte. Er hatte alle Anderen um sich herum überstrahl. Es gab für mich nur noch ihn auf der Welt! Eine Supernova ist ein Stern, der explodiert. Er stirbt, aber jeder kann sein Leuchten sehen. Tala leuchtete nicht, als er in seinem Innersten starb. Aber ich hätte es auch so sehen müssen… Ich legte einen Arm um meinen Russen und zog ihn an mich. Seit dem Gespräch gestern Abend, hatte er nicht mehr viel gesagt und ich fragte mich, ob er vielleicht eifersüchtig war, auf Nikolai. Um ihm zu zeigen, dass dazu kein Grund bestand, küsste ich ihn innig und zog ihn dicht an mich. Ich hätte stunden so sitzen können, aber das taten wir nicht. Irgendwann löste Tala sich von mir und meinte, ihm sei kalt. Also gingen wir zurück. Jedoch kamen wir nicht ganz zur Villa, denn wir wurden von Nikolai abgefangen. Mir war klar, dass dieses Treffen ebenfalls nicht dem Schicksal überlassen worden war und deshalb blickte ich Nikolai genervt an. Allerdings war er immer noch mein Freund, auch, wenn offenbar viel Geld von Voltaire bekam, um mich und Tala auseinander zu bringen. “Habt ihr Lust, heute Abend weg zu gehen?“, wollte er wissen und ich willigte nach einigem Zögern ein. Tala sah mich seltsam an, sagte aber nichts dagegen. Eigentlich wollte ich ja nicht mit Nikolai weg, aber vielleicht war das die Gelegenheit, ihm zu sagen, dass er aufhören konnte, ich würde mit Großvater sprechen. Doch es entwickelte sich alles zur Katastrophe, als Tala zurechtgemacht auf unserem Bett saß und mich kritisch beäugte, während ich mich noch in Schale warf. “Wir sollten nicht hingehen,“ meinte er urplötzlich, dass ich erst mal Worte finden musste. “Doch! Wir müssen sogar. Ich will ihm sagen, dass er aufhören soll, mich zu umgarnen, nur weil Großvater das will. Ich will ihn nicht als Freund verlieren, Tala!“ “Und ich will mich nicht mit ihm Treffen! Wir könnten etwas anderes machen und du sagst es ihm Morgen schnell im vorbeigehen.“ “Hör mal, du musst nicht eifersüchtig sein. Ich werde auch nur mit dir tanzen!“, ich schenkte ihm einen zweideutigen Blick, aber Tala sah mich nicht mal an. “Ich gehe nicht hin. Und du auch nicht!“, bestimmte er und starrte aus dem Fenster. “Doch!“ “Dann kannst du ohne mich gehen!“ Ich wusste, dass es ein Fehler war, zu sagen, ich würde ohne ihn gehen. Aber ich wollte die Sache geklärt haben und verstand nicht, warum Tala daraus so ein Drama machte. Während ich meine Haare weiter bearbeitete, funkelte Tala mich wütend an, ehe er aufstand, und die Tür hinter sich zuschlug. “Wo ist dein Süßer?“, wollte Nikolai wissen, als ich alleine bei ihm aufkreuzte. Ich log, ihm ginge es nicht so gut und dann stürzte ich mich alleine mit Nikolai ins Nachtleben. Der Braunhaarige tat viel, um seinen Auftrag gut auszuführen, denn er hatte sich richtig in Schale geworfen. In der schwarzen, engen Jeans und dem dunkelblauen Muskelshirt sah er wirklich gut aus. Wissend, welchen Effekt es hatte, fuhr er sich alle paar Minuten durch seine verstrubbelten Haare. Ich ließ mich davon allerdings nicht irritieren, sondern konzentrierte mich auf unser Gespräch über banale Dinge. Erst viel später, als wir bereits auf dem Heimweg waren, da traute ich mich, dass Thema anzusprechen. “Hör mal. Ich weiß, Großvater zahlt gut in solchen Dingen, aber du kannst aufhören, mich verführen zu wollen. Ich will Tala nicht verlieren und deine Freundschaft auch nicht.“ “Kai,“ begann Nikolai und trat ein wenig näher an mich heran, während wir in trauter Eintracht nebeneinander herliefen, „wer sagt denn, dass dein Großvater mich bezahlt?“ “Ich weiß, dass er seine Finger mit im Spiel hat, er hat etwas angedeutet!“ Erwiderte ich und fuhr mir gestresst durchs Haar. Ich hätte nicht geglaubt, dass Niko es mir so schwer machen würde. Ich hatte gehofft, er wäre erleichtert, dass ich ihn von seinem Auftrag entließ. “Du hast schon Recht, er weiß über die Aktion hier bescheid,“ stimmte der Braunhaarige mir nun zu und schnaubte, „aber die Aktion selbst geht von mir aus.“ Überrascht blickte ich zu Nikolai, der mich angrinste und den Arm um meine Taille legte. “Ich werde nicht zulassen, dass du bei deinem Süßen bleibst. Ich will nicht, dass du mit ihm glücklich wirst. Du könntest mich haben, ich habe viel mehr zu bieten. Ich würde dir alles geben, Kai, wirklich alles!“ Ehe ich etwas erwidern konnte, hatte Niko mich an die nächstbeste Hauswand gedrückt und küsste mich. Ich wehrte mich einige Zeit, ehe ich nachgab und den Kuss erwiderte. Warum ich das tat, wusste ich auch nicht. Vielleicht war es der Alkohol, der durch meine Adern floss. Ich wusste nur, dass ich es tief in meinem Innersten bereute und doch nicht unterbinden konnte. Es war schon sehr spät, als ich nach Hause kam. Tala lag in unserem gemeinsamen Bett und tat, als würde er schlafen. An seinem ungleichmäßigem Atem erkannte ich jedoch, dass er noch wach war. “Großvater hat Nikolai nicht auf mich angesetzt,“ begann ich und Talas Augen öffneten sich. Wusste ich es doch! „Ich weiß,“ meinte Tala nur und drehte mir den Rücken zu, „dein Großvater hat es mir erzählt.“ “Du hast mit Voltaire gesprochen?“, wollte ich wissen und Tala schnaubte nur. “Er war vorhin hier, um mir das zu sagen.“ “Wie dem auch sei. Ich habe ihm gesagt, dass ich dich liebe und er sich keine Chancen zu erhoffen hat.“ Nur noch mit Boxershorts begleitet, legte ich mich zu ihm ins Bett und schlang meinen Arm um ihn. Es war nur eine einfache Geste, die ich an jenem Abend fast automatisch machte, aber für mich hatte sie eine tiefere Bedeutung. Ich wollte Tala halten, ihn festhalten, an mich binden. Ich bezweckte damit, dass ich ihn noch immer in Armen hatte, egal, was alles geschehen war. Ich wollte ihn vor all den Dingen schützen, die passiert waren und ihn einfach nur in meinen Armen wissen. Ich habe geglaubt, ich könnte das alles vor ihm verbergen, dass mir mit dieser einfachen Geste das alles gelingen könnte. Ich fing an, seinen Hals zu küssen und presste meine Körper eng an seinen. Dass er sich nicht regte, war für mich keine Abfuhr, sondern die stille Erlaubnis, weitermachen zu dürfen. Doch als meine Hand seinen Körper entlang wanderte, löste er sich aus meinem Griff und damit war auch die Magie dieses Griffes dahin. Obwohl ich meinen Arm wieder um ihn schlang und mein Gesicht zwischen seine Schulterblättern bettete, schaffte ich es doch nicht, diesen Zauber wieder aufleben zu lassen. Die Kälte kroch zwischen uns und ich fürchtete, sie würde mich erfrieren. “Was hat er dazu gesagt?“, wollte Tala wissen und ich antwortete nicht sofort. Gesagt hatte er gar nichts weiter dazu, er hatte Taten sprechen lassen. Aber das konnte ich Tala wohl kaum sagen. Also erzählte ich ihm etwas davon, dass Nikolai es zwar einsah, aber noch immer heiß auf mich war und mich nicht kampflos aufgeben wollte. Stille. Ich küsste Talas Rücken. “Wir sind ja bald wieder im Internat,“ erwiderte ich und hörte dabei nicht auf, ihn mit Küssen zu überhäufen. “Du liebst mich wirklich?“, fragte mein Rothaariger und ich bejahte. “Warum lügst du mich dann an, Kai?“, wollte er wissen und ich hielt inne, richtete mich auf und suchte seinen Blick. “Was meinst du?“ “Dein Großvater hat mir von mehr erzählt, als nur Nikolais Gefühle,“ begann Tala und schloss gequält die Augen. “Ich weiß, was du heute Nacht getan hast, Kai!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)