mute kiss, unfulfilled longings von GeezKatsu (Es begann mit einem Mistelzweig... Puzzleshipping ~ Yami/Yugi) ================================================================================ Kapitel 1: ... mit einem Brief ... ---------------------------------- Theoretisch träumt man ja nur vom großen Glück. Man stellt sich seinen Partner wie ein Ritter vor, in goldener Rüstung, daher geritten auf einem Schimmel und rettet dich aus den Klauen einer fiesen Bestie. Am Besten noch mit einem gigantischen Schwert baut er sich schützend vor dir auf, fuchtelt drohend damit rum und wenn das Biest erlegt wurde, nimmt er dich auf seinen Armen, idealerweise ohne sich einen Bruch zu heben, und schreitet mit dir Richtung Sonnenuntergang. Wie gesagt... theoretisch!! Die Wahrheit sah immer etwas anders auch. Ich bin zwar ein Junge, aber auch wir haben das Bedürfnis mal erobert zu werden und da ich generell kein Interesse an Frauen hege, bleibt es bei mir auch ein Prinz. Doch seien wir mal ehrlich. Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, das sich ein gut aussehender Prinz ausgerechnet zu mir verirrt. Ohne rosarota Brille betrachtet würde es wohl ein fetter Kerl sein, statt Rüstung fettiges T-Shirt von der Imbissbude nebenan, das Pferd ist ein rostiges, quietschendes Fahrrad mit blauem Gepäckträger und das Schwert... naja, lassen wir die Vergleiche. Genau so stellte ich mir immer mein Glück vor. Wahrscheinlich war ich deswegen noch völlig aus der Bahn geworfen, als ich selbst Stunden später zu Hause vor meinem Klavier saß und einfach nur die Tasten anstarrte. Ich war mir sicher, das es ein und dieselbe Person war, die mir die Begegnung mit der Tür bescherte und mir einen Kuss gestohlen hatte. Das Gefühl war identisch, die gleiche Wärme. Und dieser doofe Mistelzweig.. sollte es wirklich an diesem Gestrüpp gelegen haben? Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das sich ein Kerl denkt: „Hey, der steht unter einem Mistelzweig, knutschen wir ihn doch einfach mal!“ Das passte einfach nicht zusammen. Da schien ihm die Dunkelheit ja richtig gelegen gekommen zu sein. Oder war der einfach so hässlich, das er sich sonst nicht getraut hätte?! Meine Gedanken schlugen Purzelbäume. Ich konnte mich einfach nicht mehr auf eine Sache konzentrieren, doch wie der Zufall es wollte, öffnete meine Mutter die Tür und steckte vorsichtig ihr Kopf in mein Zimmer. „Wie war es?“ Ich brauchte nicht lange überlegen, um ihr eine Antwort geben zu können. „Überraschend.. anders, als ich es mir vorgestellt hatte.“ Dieser Satz, der für mich alles und für sie nichts bedeutete, nahm sie als Einladung an, die Tür hinter sich zu schließen und sich mit meinem Schreibtischstuhl neben mich an das Klavier zu setzten. Fahrig strich sie über die Tasten und lächelte mich an. „Es freut mich, das es für dich schön war und du ein wenig unter Leute gekommen bist.“ Ich wusste nur zu gut, wie sie es meinte. Ihr Gewissen nagte all die Jahre an ihr, das sie mich von einer Stadt in die nächste schleifen musste, ohne das ich eine reelle Chance bekam, Wurzeln zu schlagen und mich ein zu leben. Sie blickte mich mit traurigen Augen an, etwas Hoffnung funkelte in ihnen, mir damit eine Freude bereitet zu haben und ich lächelte zurück. „Ja, es war... ganz nett.“ Meine Mutter hatte ziemlich früh geheiratet und mit dem Wissen, das mein Vater nie lange an einem Ort verweilen konnte. Doch als ich in ihrem Bauch heran wuchs, kam die Frage auf, ob es richtig war. Meine Eltern mussten damals eine heftige Auseinandersetzung gehabt haben. Sie wollte nicht, das ich nicht den Alltag erleben konnte, wie andere Kinder. Doch all dies war zu meinem Alltag geworden... neuer Auftrag, neue Arbeit, neue Stadt, neue Wohnung und für mich... neue Schule und wieder allein. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Eltern es bemerkt hatten, das ich damit nicht glücklich war. Aber ich denke, meine Mutter ahnt es schon seit geraumer Zeit. Sie drehte sich weiter zu mir und strich mir mit einer mütterlichen Geste über den Kopf. Ich weiß, sie wollte nur das Beste für mich, aber ständig die Schule zu wechseln, ist nicht das Beste.. Mein Vater sagte immer, so lerne ich verschiedene Lernmethoden kennen, neue Leute, komme viel herum und im späteren Lebenslauf kommt das auch gut an, da man eine gewisse Anpassungsfähigkeit bewies... Aber all dies hatte ich satt. Ich wollte nicht mehr wie ein Kuscheltier eingepackt und in die nächste Wohnung geschleift werden. Wenn ich ein Ort gefunden hatte, der mir gefiel, dann bleibe ich da. Mit meinen Eltern oder ohne sie. Und das wusste meine Mutter, doch wie es aussah, hatte sie ein wenig Hoffnung, das ich diese Entscheidung nicht zu schnell treffen werde. Ich war immer noch ihr Sohn und Mütter fiel es nie leicht, los zulassen. „Hast du denn da auch mit einem netten Mädchen getanzt?“ Na Holla, jetzt spannte sie aber den „mütterlichen“ Bogen zu weit! Ich schaute ihr in die Augen und schüttelte den Kopf. Sie blickte erst verwirrt und sie schien nicht ganz zu begreifen. „Mom, ich werde nicht mit einem Mädchen tanzen. Sollte es doch dazu kommen, kannst du aber nicht auf Enkelkinder hoffen.“ Jetzt war die arme Frau noch verwirrter. Mit diesem Gesichtsausdruck erinnerte sie mich stark an Joey, als ich Tea einen imaginären Korb auf der Feier gegeben hatte. Doch sie schien eher darauf zu kommen. „Ach, du meinst... „ Ich nickte, sie schluckte. Ich war schon ein wenig überrascht, das sie so schnell auf den Trichter kam. „Dann... aber das macht doch nichts!“, gluckste sie. Doch ehe ich noch was erwidern konnte, plapperte sie drauf los. „Es gibt ja auch Viagra. Dein Papa nimmt das jetzt auch, weil er auch nicht kann. Aber das schon in deinem Alter...“ Mir fiel die Kinnlade runter. Entweder wollte meine Mutter das Offensichtliche nicht sehen oder sie war viel blauäugiger, als ich es ihr zugetraut hätte. Ich fand meine Sprache erst nach einigen Momenten wieder und konnte daher erst bei ihren Worten "...dann kannst du auch ein absolut normales Leben führen, ohne dass es auffällt", etwas erwidern. Ich dachte ja schon, der Typ vom Ball war dreist, aber meine Mutter hatte es in sich. "Nein Mom", rief ich aufgebracht dazwischen, "du verstehst mich falsch. Ich kann nichts mit Mädchen anfangen. Sie sind für mich nicht interessant.“ „Wie, nicht interessant?!“ Wenn sie vorher nur laut gedacht hatte, würde ich spätestens jetzt ihre völlige Aufmerksamkeit bekommen. Doch ich sagte nichts, biss mir nur auf die Unterlippe und verkrampfte meine Finger unter dem Klavier. Nun ja, irgendwann musste das ja mal raus kommen. Ich hätte es nur lieber gehabt, wenn es nicht gerade in den Moment gewesen wäre. Dazu war ich einfach noch durcheinander. ~*~*~*~ Wütend stampfte ich mit dem Fuß gegen den Spind, der sich immer noch weigerte, sich zu öffnen. Seit unzähligen Minuten rüttle ich schon an diesen Teil, doch der streikt, als ob es um den Weltfrieden ginge. Völlig genervt ramme ich mein Knie gegen das Metall, zog anschließend mit meinen Händen an dem Zahlenschloss. Doch außer einem lautem ächzen tat sich nichts ~ wieder einmal. Irgendwie hatte ich gerade ein Deja vú. Meine Mutter hatte ziemlich gelassen reagiert. Ich hatte eher mit einem Wutausbruch gerechnet, dem ich gefährlich gerade gefährlich nahe war. Doch sie war darauf gekommen, wurde etwas blass um die Nase und verschwand wortlos aus meinem Zimmer. Seitdem hatten wir nicht miteinander geredet und ein Tag später war ja die Schule, in der ich leider wieder gegangen war. „Verflucht nochmal!“ Wieso bockt dieses Teil?! Meine Schulbücher, die ich während der Aktion mir unter dem Arm geklemmt hatte, rutschten mir langsam runter, drückte die Ellenbogen weiter an meinem Körper ran. Fast schon verzweifelt schaute ich mich um. Keiner der Schüler beachtet mich, jeder sah über meinem Kopf hinweg. Kein Wunder, bei meiner Größe würde ich mich schon selbst übersehen. Ich zerrte noch heftiger an dem Schloss. Einige rempelten mich sogar von hinten an, da ich meinen Hintern mehr in den Gang geschoben habe, um mehr Kraft in meinem Knie zu sammeln. Doch jegliche Mühe war umsonst. Da rührte sich nichts. Dann rutschten meine Finger vom Schloss, ein ziehen schoss durch meinen Daumen. Dadurch taumelte ich etwas zur Seite, könnte mit rudernden Armen mein Gleichgewicht wieder finden, doch meine Bücher segelten zum Boden. „Klasse!“ Ich blickte den Spind mit voller Wut an, wünschte ihm die langsamste Verrottung und schlug mit meiner flachen Hand auf eine Ecke des Spindes. Es dellte sich leicht ein und wie in Zeitlupe öffnete sich knarrend die Tür. Oh... na ging doch! Überrascht öffnete ich sie weiter und starrte sie an, als ob ich noch nie dieses verkratzte Etwas gesehen hätte. Doch das Läuten der Schulglocke riss mich aus meinen Gedanken. Schnell sammelte ich die Bücher auf, stopfte sie in das Fach, kramte die benötigten heraus und schlug die Tür wieder zu. „Wehe du zickst nochmal so rum!“ Mit einem dreh verstellte ich den Code am Schloss und rannte den Gang entlang, Richtung der Treppen, die mich zu meinem Klassenraum führten. Doch mitten auf den Stufen blieb ich stehen. Jetzt hatte ich doch tatsächlich vergessen, in welchen Raum ich muss und die Liste, wo ich mir alles vermerkt hatte lag noch in diesen Teufelsfach... Mist! Fast schon sauer auf mich selbst machte ich kehrt und hastete die Stufen wieder hinunter. Leider passiert es mir sehr oft, das ich Fächer vertauschte, Räume nicht fand oder mich einfach in diesem gigantischen Gebäude verlaufen hatte. Theoretisch ist es schon traurig, das mein Gedächtnis eher wie ein Sieb war und nur das Gröbste hängen blieb, doch ich hatte sowieso nur noch wenige Wochen hier, da ist es nicht weiter wild. Als ich um die Ecke schoss, rannte ich in etwas hartes hinein, das mich zurück schleuderte und ich notgedrungen auf meinem Allerwertesten fiel. „Autsch..“ Ich kniff mein rechtes Auge zu, befühlte mein Steissbein und zischte, als der Schmerz nicht nach lassen wollte. Immer an dieser bescheuerten Ecke! Als läge ein Fluch über dieses Stück Beton. Gestern meine Nase, heute das.. was passiert morgen? Breche ich mir da ein Finger?! „Yugi? Oh Gott, tut mir Leid. Hast du dir weh getan?“ Ich blickte in braune Augen, die mich besorgt musterten. „Yugi reicht, Göttlich bin ich noch nicht. Keine Sorge, wird schon wieder.“ Etwas unbeholfen lasse ich mich von Joey, meinem Attentäter, hoch ziehen. Leicht grinsend strich er sich eine blonde Haarsträhne hinter seinem Ohr, während ich mir den Staub von meinem Hintern klopfte. Ich würde das, was wir hatten noch nicht als Freundschaft assoziieren, aber aus einem unerklärlichen Grund brachte er mich immer zum schmunzeln. Er versuchte seine Ungeschicklichkeit herunter zu spielen, doch man sah es ihm deutlich an, das ihm die Situation peinlich war. Doch ich sollte aufhören mich zu fragen, was in ihm vorging. Nach den Zeugnissen wird eh wieder der Hausrat in den Kartons gestopft... Sein Grinsen wurde breiter, entblößte seine weißen Zähne. „Warum noch auf dem Gang? Hast du keinen Unterricht?“ Wie Sarkastisch doch manchmal der Zufall sein konnte. Diese Worte von einem Jungen zu hören, der schon chronisch zu spät kam, war doch etwas seltsam. „Doch, nur mein Spind wollte wieder mit mir die Kräfte messen.“ Wie breit konnte sein Grinsen noch werden?! „Altbekannter Sieger?“ Ich lachte, sammelte meine Baseballmütze wieder ein, die mir durch den Zusammenprall vom Kopf geflogen war und zog sie wieder auf. „Selbstverständlich.“ Ich mochte ihn, wirklich. Er war einer der wenigen, der keinen Witz über mein Aussehen gerissen hatte, als er mich das erste Mal sah. Das war einer der Gründe, warum ich hier kaum zu jemanden Kontakt hatte. Mal ganz davon abgesehen, das es sowieso Zeitverschwendung war, tat eine normale Unterhaltung unwahrscheinlich gut. Wir gingen zusammen zu meinem Spind, der durch meine täglichen Prügelattacken schon etwas mitgenommen aussah. Manchmal fragte ich mich echt, wie meine Vorgänger dieses Monster gezähmt hatten. Misstrauisch, ob ich jetzt wieder einen Kampf austragen musste, drehte ich die Ziffern vom Schloss richtig und zog an der Tür... die natürlich nicht nach gab. Augen rollend schlug ich wieder mit der Hand zufällig auf der selben Stelle wie zuvor zu und siehe da, es gab nach. „Na geht doch.“ Zufrieden nickend steckte in meinen Kopf in das Fach und suchte nach dem Zettel, fand es auf Anhieb. Es steckte zwischen zwei Blöcke. Ich drückte meine Bücher Joey in die Hand und hob den oberen Stapel der Blöcke hoch, um es heraus ziehen zu können. Jedoch hielt ich den Stapel etwas schräg und etwas weißes segelte zu Boden. Verwundert folgte ich das Papier mit den Augen. Ich bückte mich und hielt wenige Sekunden später einen Umschlag in meinen Händen. „Was ist das denn?“ Joey kam einen Schritt näher um den Umschlag näher betrachten zu können. „Uh, ich weiß es. Ein Liebesbrief.“ Wenn ich gedacht hatte, sein Grinsen konnte nicht breiter werden, wurde ich wieder eines besseren gelehrt. Wenn er keine Ohren hätte, würde sich sein Grinsen zwei Mal um sein Kopf wickeln. Ich jedoch versuchte ruhig zu bleiben, zog eine Augenbraue hoch um meine Skepsis anschaulich zu unterstützen und machte ein Gesichtsausdruck, als hätte Joey zu lange in der Sonne gelegen. „Wer bitte soll mir denn schon einen Liebesbrief schreiben?“ Ich hätte den Satz mal lieber als Aussage, statt als Frage formulieren sollen, denn Joey wusste sofort Antwort. „Tea!“ Ich lachte und gerade als ich meinen Mund aufmachte, fühlte ich es. Ich fühlte mich beobachtet, doch ich sah nur Joey, wie er mich belustigt musterte und auf eine Reaktion wartete. Suchend blickte ich mich um, doch der Flur war leer, niemand war zu sehen. Doch das Gefühl lies nicht nach. Seit ich auf dieses Gymnasium ging, hatte ich schon Paranoia. Zügig ging ich wieder zur Treppe, dicht gefolgt von dem Blondschopf, doch die Blicke in meinem Nacken ließen nicht nach. „Willst du ihn gar nicht öffnen?“ Ich flüsterte nur ein „später“, behielt mein Schritttempo aber bei. Auch wenn Joey mich für total bekloppt halten musste, so war mir die Sache nicht geheuer, nahm mehrere Stufen auf einmal und erst als wir an einer Gabelung kamen, wo er eine andere Richtung einschlagen musste, blieb ich stehen. „Dann bis zur Pause.“ „Hm“, sagte ich monoton und dann war es plötzlich weg. Verwirrt drehte ich mich um, doch wieder war niemand zu sehen. Ich musste schon innerlich über mich selbst schmunzeln. Joey winkte noch einmal kurz zum Abschied und verschwand hinter der nächsten Ecke. Langsam glitt mein Blick zu meiner Hand, die immer noch den Umschlag umklammerte. Vorsichtig öffnete ich ihn mit den Fingerspitzen und zum Vorschein kam ein kariertes, gefaltetes Blatt, das von einem gewöhnlichen Collage-Block stammte. “Wundere dich nicht über die Überschrift, doch mir ist keine Bessere eingefallen, als sieh diesen Satz dafür an.“ Erstaunt wanderte eine Augenbraue in die Höhe. Kein „Sehr geehrter Bla Bla bla“ oder „Hallo du Traum meiner feuchten Nächte“ sondern ein einfacher Satz. Doch ich musste gestehen, das klang irgendwie... niedlich. “Wegen Dir habe ich diese Nacht schlaflos zugebracht und habe nachgedacht, aber kaum mit Erfolg. Ja, ich bin der Typ, der Dir die Glastür an den Kopf gedonnert hatte und ja, auch ich war der perverse Typ der so unverschämt war und dich bei dem Stromausfall küsste. Doch du bist selbst dran schuld!“ Meine Augenbraue gab sich wieder der Schwerkraft hin und sank nach unten. Unverschämt war ja gar kein Ausdruck! Es ist ja die Höhe, das er sich auch noch die Frechheit heraus nahm und die Schuld an mir abwälzte. Anstatt den Mumm zu zeigen um sich persönlich zu entschuldigen, spielte man seit neustem >Stille Post<, oder was?! “Am liebsten würde ich Dir, genau in diesen Moment, gegenüber stehen und es dir erklären, doch du würdest meine Sprache nicht verstehen, daher blieb mir keine andere Möglichkeit als diese Art hier zu wählen.“ Ich wusste auch nicht, warum ich so wütend wurde. Wahrscheinlich lag es daran, das ich mit der ganzen Situation überfordert war. Ich wusste nicht mehr, in welche Schublade ich die Gefühle stecken sollte. Ist es normal, sich darüber zu freuen, von einem Fremden geküsst zu werden? Ist es normal, das man den Angriff der Killertür nicht bereute, weil man sonst nie diese Finger gespürt hätte? War es denn wirklich normal, das allein dieser dumme Brief einem das Herz höher schlagen ließ? Die Handschrift war wirklich besonders ordentlich und es war auch leserlich... doch ich verstand den letzten Satz nicht. Ich konnte mir kaum vorstellen, das er Marsianisch sprechen würde. Dieser irr witzige Gedanke blieb mir im Hals stecken, als ich weiter las. “Ich bin ein Austauschschüler aus Goshogawara*, Nähe Aomori*. Jetzt denkst du sicherlich: ~Ja und? Komm auf den Punkt!~“ Nun ja, so hart hätte ich es nicht ausgedrückt. “Ich bin stumm, Yugi. Die Gebärdensprache ist die einzige Möglichkeit zeitnah mit einem Mensch zu kommunizieren. Es sei denn, man schreibst schnell. (Jetzt darfst du Dir ein Zwinkern vorstellen)“ Ohne es kontrollieren zu können, schlich sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen, was aber schnell wieder verblasse. Stumm. Das erklärte die Stille, die bei dem ersten Zusammentreffen geherrscht hatte. “Ich hatte immer den Drang verspürt, Dich kennen zu lernen. Jedes Mal, wenn ich dir in die Augen sah, war das Bedürfnis wieder da und wuchs. Wenige Male konnte ich auch einen kleinen Blick hinter deiner Fassade werfen, die du wirklich gut beherrscht. Doch sag mal, wirst du nicht langsam müde?“ Gute Frage... “Ich schlage dir etwas vor. Da du mein Gesicht nicht zu Brei geschlagen hattest, als ich meine Sehnsucht dich zu küssen einfach nach gab, gehe ich davon aus, das du theoretisch nichts dagegen hattest. Also wirklich nur theoretisch, Yugi!“ Okay, … das war jetzt wirklich dreist. Wird man einfach so als schwul abgestempelt, nur weil man überrumpelt wurde? Rein theoretisch, Mister Unbekannt, hättest du auch einfach nur notgeil sein können! “Du siehst immer so gestresst aus, wenn du zur Schule kommst, dabei sollte es bei normalen Schülern anders laufen. Lass uns Beide eine kleine Unterhaltung führen. Aber nicht in dem normalen Sinne, da ich dich nicht überrumpeln möchte. Ich habe auf dem Schulhof einen zweiten Umschlag versteckt, der ein klein wenig deine Neugierde befriedigen wird. Schau einfach in die „Spitze, der Eins““ Spitze der Eins? Dieser Typ sprach in Rätseln. Auch wenn es wirklich so verlockend klang, ich hatte einfach keine Zeit mich weiter damit zu befassen. Ich hatte Unterricht, wo ich total zu spät kam. Ich versuchte die Botschaft im hintersten Teil meines Kopfes zu verbannen, doch es ging nicht. Als ob ich vergessen hatte, die Tür zu verbarrikadieren, kamen Schwallweise Wörter aus dem Brief in meine Erinnerung. Er hatte das Wort >Sehnsucht< verwendet, doch war es überhaupt der richtige Ausdruck, den er gebrauchen wollte? Das klang für mich eher wie, als ob er das Bedürfnis hatte, aber nicht nachgeben durfte, es aber dann noch tat. Es waren einfach zu viele Fragen offen, die mich nur verwirrten. Vor allem warum ausgerechnet ich. Es konnte nur einer Klarheit bringen und dieser Schuft wusste es ganz genau! Daher auch die Neugierde stillen. Doch ich hatte keine Lust auf Rätsel raten. Etwas bockig starrte ich aus dem Fenster, direkt auf dem Schulhof. Dort war nichts, was auch nur im entferntesten einer Eins ähneln würde! Der Lehrer säuselte im Hintergrund, doch ich hatte auch keinen Nerv ihn zuzuhören, aber es war besser als auf einen irren Psychopath rein zu fallen, der einen wahrscheinlich gleich in die nächste Kammer zerren würde. Also wurde mein Blick trotzig zum Lehrer gerichtet. Aber wenn man es anders betrachtet, dann ist das schon eine gewisse Herausforderung. Es wäre etwas neues, das nicht mehr zu meinem tristen Alltag gehören würde und ein wenig nachdenken hatte noch niemanden geschadet. Ich mein, ich bin ja nun nicht gleich berechenbar, nur weil ich mir den zweiten Brief durchlesen würde. Ich könnte ja dann entscheiden, wie es weiter geht. Mein Kopf drehte sich wieder zum Hof. Andererseits wäre es doch sehr unvorsichtig einen wildfremden Mann zu folgen.. nun ja, ich folgte ihn ja nicht wirklich.. „Verdammt Yugi, das ist nur ein dämlicher Brief!“, rief ich mir selbst zu, schlug meine Hände über meinen Kopf zusammen und sank tiefer in mein Stuhl. „Welcher Brief? Möchten Sie uns nicht auch an Ihre Gedankengänge teilnehmen lassen?“ Ups... Ich musste nicht weiter erwähnen, das dieser Moment mir extrem peinlich war. Doch er war ausschlaggebend für den weiteren Verlauf. Selbst in Sport war ich mir unsicher und lief Extrarunden, weil ich den Pfiff meines Lehrers nicht hörte. In Musik war ich so in meinen Gedanken versunken, das ich meinen Einsatz mit dem Klavier 15x verpatzt hatte... von 15 Versuchen. In Geschichte war ich so verwirrt, das bei mir der genuesicher Seefahrer Christoph Kolumbus der Mathematiker war und Galileo Galilei Amerika neu entdeckte. Ja selbst in Kunst griff ich völlig daneben und schaffte es nicht einmal einen lächerlichen Kreis auszumalen, ohne die Outlines zu übertreten. Ab da stand fest: Ich such das dumme Ding und dann konnte ich endlich meinen Frieden finden. Doch als ich auf dem Schulhof stand und nur noch vereinzelte Schüler darüber schritten, um das Gelände zu verlassen, hatte ich ein Fragezeichen über dem Kopf. Spitze der Eins... hm... Ich blickte mich um. Aber wie man sah.. sah ich nichts! „Hey, Yugi!“ Erschrocken fuhr ich zusammen. Man, dieser Kerl schaffte es immer wieder, mir einen Infarkt zu verpassen. Ich drehte mich zu der Richtung aus der die Stimme kam und sah somit hoch zu einem Fenster an dem Gebäude das offen stand und mir Joey fröhlich zu winkte. „Hast du schon Schluss?“ Ich versuchte ein Augenrollen zu unterdrücken. „Siehst du von da oben etwas, das die Zahl Eins ähnelt?“ Okay, nach seinem Blick zu urteilen, nicht. Plötzlich kreischte Joey auf, eine Hand bewegte sich Blitzschnell nach hinten und in der halben Drehung schien er jemanden zu schlagen, den ich von meiner Position nicht sehen konnte. Doch der Fluch lies erahnen, wem er da eben eine rein gehauen hatte. „Sag mal, hast du keine Augen im Kopf?!“ „Wo, im Rücken? Selbst schuld, was grabscht du mir auch an den Hintern!“ „Ich habe dir nicht an den Hintern gefasst.“ „Ach, nein?!“ „Nein! Was du als betatschen angesehen hattest, war einfach nur das Fenster, das sich durch den Luftzug gegen deinen fetten Hintern geschwungen hatte.“ „Mein Hintern ist gar nicht fett!“ Das letzte Wort spie Joey mit einer solchen Verachtung hinaus, als ob er die Bezeichnung hassen würde. Leicht hob ich meine Hand um die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu ziehen. „Ähm..“ „Wenn du nicht so faul wärst, würdest du auch nicht mehr so fett sein.“ Uh, das war fies. Seto ahmte den Tonfall nach. „Willst du dich mit mir anlegen?!“ Die Situation erinnerte mich stark an ein Mädchen, das sich weigerte einzugestehen, das es in das 2 Jahre alte Kleid nicht mehr passte. „Öhm.. Joey“, versuchte ich erneut, doch Seto funkte mir dazwischen. „Denk daran, es ist ein tiefer Sturz von hier oben... Und nach meinem letzten Wissensstand können Affen immer noch nicht fliegen.“ Joeys Wangen bliesen sich auf, aber bevor er abheben konnte, rief ich dazwischen. „Joey!! Die Eins!“ Doch der Blondschopf wurde nach hinten gezogen, verschwand aus der Sicht, ein kurzes kreischen, gemeckere und wenige Sekunden später war Setos Kopf zu sehen, der mich irgendwie belustigt angrinste. „Du meinst wohl die Sonnenuhr.“ Sein Arm wurde aus dem Fenster gestreckt und er zeigte in die Mitte des Platzes. Ich drehte mich um und überlegte. Die Mitte? Dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Vor einigen Wochen hatte eine Klasse ein Projekt dort errichtet. Es befand sich da jetzt eine gigantische Sonnenuhr mit dem Flaggenmast der Schule im Zentrum. Warum war ich nicht selbst darauf gekommen? Offensichtlicher ging es gar nicht mehr. Die Eins war eine Zahl und sollte als Zahl gesehen werden, nicht als ein Bildnis einer Fantasie. Hätte nur noch gefehlt, wenn ich gedacht hätte, die Mülleimer vom Schulhof bilden das Muster und ich würde in denen herum kramen. Ich wollte mich bedanken und drehte mich wieder um, jedoch war von Beiden keine Spur mehr zu sehen. Das Fenster war noch leicht geöffnet. Ich konnte nicht anders und musste ein wenig schmunzeln. Auch wenn sie es abstreiten würden oder sie sich jeden Tag mit diesen kleinen Neckerein auf die Nerven gehen, so haben sich doch Zwei gefunden, die wie vom Schicksal bestimmt zusammen passten. Es wurde in deren Gegenwart nie langweilig und sie gingen so vertraut miteinander um, als wären sie schon ihr ganzes Leben zusammen gewesen. Es war schön, sie so unbeschwert zu erleben.. Ein kleiner Stich von Neid und Eifersucht durchbohrte mein Herz. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als auch mal die Liebe kennen lernen zu dürfen, aber ich gönnte es ihnen zuerst. Ich hatte es noch nicht verdient. Mein Lächeln bekam einen bitteren Nachgeschmack.. Ich wendete mich wieder dem Schulhof zu, atmete einmal tief durch und setzte meine Beine in Bewegung. Wieder krochen die Ängste in mir hoch, es könnte alles nur Humbug sein, das sich jemand auf meine Kosten herzlichst amüsierte. Um es wieder einfach verdrängen zu können, hatte ich schon zu viel erlebt. Mich schon selbst oft genug enttäuscht. Die Sonne strahlte warm vom Himmel, warfen dunkle Schatten der Bäume auf das Asphalt und auch auf die aufgemalte Uhr auf dem Boden. Ein langer, dunkler Strich, der Schatten von dem Flaggenmast, zeigte die Uhrzeit an. Ich bin zwar in Mathematik ein Ass, doch ich hatte keine große List jetzt Berechnungen anzustellen, um die Uhrzeit heraus zu bekommen. Ich streckte meinen arm nach vorn, schob mit der anderen Hand mein Pullover am Handgelenk höher und blickte auf die mechanische Uhr. Hoffentlich sieht mich gerade keiner schummeln... Ich schätze ungewfähr wo da die Eins sein musste und ging einige Schritte darauf zu .. und blieb verwundert stehen. Genau an dieser Stelle ist das Gestein vom Hof total zerbrochen, viele Risse ziehen sich durch den Beton und einige Klumpen waren schon heraus gebrochen und lagen wie kleine Steine lose herum. Zuerst wollte ich mir selber einreden, was ich zu verdrängen versuchte und schon wegen diesem Satz musste ich fast schon panisch auflachen. Etwas, das ich nicht wollte, redete ich mir ein... Hier lag kein Umschlag oder ein Zettel, ich wurde doch aufs Korn genommen und der Brief in meinem Spind war auch nur ein dummer Scherz. Deshalb fühlte ich mich da so beobachtet. Er muss nicht weit von mir entfernt gestanden haben, um ja keine Reaktion zu verpassen und um sich daran später gute Laune zu verschaffen. Wahrscheinlich hockt der kranke Typ jetzt hinter irgend einem Gebüsch und lacht sich ins Fäustchen. Doch nicht mit mir! Fuchsteufelswild holte ich mit meinem Bein aus und kicke einen dicken Brocken vom Gestein weg. Dieser war noch etwas in der Erde verankert gewesen. Allein diese Tatsache und das es doch etwas zu schwer war, lies mich nach wenigen Augenblicken aufschreien und mit einem Bein auf der Stelle hüpfen. „Ah, verdammt tut das weh!“ Mit verzerrten Gesicht hielt ich meinen Fuß und blickte wütend runter. Der Stein hatte sich ein wenig gelöst, jedoch sah es so aus, als ob unter diesem Ein Papier versteckt lag. Mit mulmigen Gefühl setzte ich mein Fuß ab, hockte mich hin und hob den ganzen Stein an. Zum Vorschein kam der gesuchte Umschlag. Mit diesem Pfund setzte auch wieder diese Ahnung ein, das mich jemand beobachten würde, konnte die Blicke im Nacken wieder spüren. Blitzschnell drehte ich mich um.. und sah niemanden. Verärgert strich ich mir eine Strähne hinter meinem Ohr. Okay, wie es aussah, war es wirklich echt und wurde vorerst nicht an der Nase herum geführt, aber dieses Nachgestelle brachte mich fast um den Verstand. „Mag ja sein das du stumm bist, aber hör auf mich so an zu glotzen!“ Dieser Ausruf hallte noch einige Sekunden über den Schulhof, eher er vom Wind verschluckt wurde. Ich wusste nicht, ob er das gehört hatte, oder ich mich damit vor anderen Schülern zum Affen machte, aber egal wer es war – ich mochte es nicht. Dann mit einem Mal war es weg. Das Gefühl ebbte ab und ich konnte nicht sagen woher, aber ich war mir sicher, das es ihm Leid tat. Es war wie ... als ob das Gefühl ein Lufthauch wäre, strich es zum Abschied erneut über meinen Nacken, ehe es verschwand... also wenn das so weiter ging, würde ich paranoid werden! Das war doch nicht mehr normal. Ich setzte mich auf den Boden und lehnte meinen Rücken gegen die Stange, legte meine Arme auf die angewinkelten Beine und blickte nach oben, hinauf zu der Flagge, die geheimnisvoll im Wind flackerte. Ein wenig Angst nagte an mir. Die Unsicherheit verdammt groß, was als nächstes im Brief stand. Es ist ja nicht so, das er mir meine Gliedmaßen abtrennen möchte, doch es ist sehr gefährlich, sich auf dieses Spiel einzulassen. Schon bei der ersten Berührung hatte ich die Vertrautheit gespürt, die Verbundenheit – als seine Finger meine Nase abtasteten. Aber selbst das wurde noch durch seinen Kuss übertrumpft. Noch immer spürte ich diese Nachwirkungen in meinem Körper, wenn ich nur daran denke. Das leichte Prickeln.. das erste Anzeichen für das verliebt sein. Und das gefiel mir ganz und gar nicht! Auch wenn ich ihn nicht kannte, so waren die Gesten und Handlungen aussagekräftiger als jedes Wort es hätte sein können. Aber ich hatte Angst mich darauf einzulassen, wo ich doch eh bald nicht mehr da sein würde. Es wäre verkehrt etwas in sein Herz zu lassen, wo doch kein Platz sein sollte. Mit zittrigen Fingern öffnete ich den Umschlag und zum Vorschein kam wieder ein zusammen gefaltetes Blatt, doch anstatt es auseinander zu klappen, strich ich über die Kanten von dem Papier, traute mich nicht ganz, sofort der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Doch ich kam nicht drum herum. Ich füllte meine Lungen ein letztes Mal mit Luft, bevor ich mit angehaltenen Atem es entfaltete und zum zweiten Mal diese schöne Schrift bewundern durfte. Sie war wieder sanft geschwungen, säuberlich, - wie von einem Künstler in Stein gemeißelt. Ich las die Wörter, aber nur langsam sickerte bei mir die Bedeutung durch. “Fast jeden Tag sitzt du allein auf deiner Bank, isst dein Brot und schaust mit leeren Blick über den Hof. Schon oft stand ich direkt vor Dir, doch du schautest durch mich hindurch, du nahmst gar nichts wahr. Dabei ist es doch so interessant andere Leute zu beobachten. Ich möchte dir gern etwas zeigen. Etwas, das immer direkt vor deiner Nase lag und auch wenn du schon so oft darüber gestolpert bist, es übersehen hattest. Morgen in der großen Pause solltest du deine Tagträume mal auf den Unterricht verschieben, sonst verpasst du noch etwas.“ Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Ich dachte, ich erfahre jetzt mehr, doch stattdessen wurde es noch geheimnisvoller und fängt an, mir Anweisungen zu geben. Total verrückt. Ich sollte mal die Polizei einschalten und diese Schriftstücke auf Fingerabdrücke untersuchen lassen.. Gerade als ich das Papier wieder zusammen falten wollte, bemerkte ich noch rechtzeitig, das auf der Rückseite noch mehr stand. “Ich würde dich so gerne richtig kennen lernen. Mich mit dir unterhalten, Dinge erzählen die sonst niemand von mir weiß oder dir einfach nur die Sicht der Dinge zeigen, wie ich sie habe. Doch das geht nicht so einfach. Aber ich habe einen Weg gefunden, es dir dennoch begreiflich zu machen. Du wirst einfach die Dinge, die mir am meisten bedeuten, erleben und dann wirst du verstehen. Morgen in der großen Pause, deine gewohnte Sitzbank.“ Ab da war das eingetreten, was ich vermeiden wollte; ich wurde zu neugierig. Dieser Unbekannte hatte sich schon mehr von mir genommen, als ich jemals zu geben bereit war. Ich wollte wissen was er meinte, was er vorhatte. Ich wollte seinen Namen erfahren, damit ich wusste was ich auf seinen Grabstein gravieren lassen konnte, nachdem ich ihn erdolcht hatte. Die Nacht und auch der folgende Morgen zog sich wie Kaugummi in die Länge, die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Fast schon minütig starrte ich auf meine Armbanduhr. In der letzten Pause vor dem ersehnten Ereignis lief mir Joey über dem Weg. Eher gesagt, stand ich in seinem Weg herum. Er unterhielt sich mit Seto und bemerkte mich nicht, rannte schnurstracks in mich hinein, während ich wieder mit meinem Spind einen Kampf aus trug. „Oh, gut das ich dich Treffe. Wir wollen uns alle in der großen Pause daran beteiligen und versammeln uns direkt davor.“ Ein gigantisches Fragezeichen schwebte über meinem Kopf und schien unübersehbar auf meinem Gesicht zu leuchten, denn Seto hob eine Augenbraue und Joey fing an zu lachen. „Na das Turnier... Du weißt echt nicht, was ich meine?“ Ein Kopfschütteln. „Die Theatergruppe hat spontan eine Aufführung auf die Beine gestellt und die suchen noch ein paar Leute. Der Erlös der Vorstellung geht an die Stiftung vom Tierheim.“ „Seine Verwandten müssen bestimmt in dieser Einsamkeit fürchterliche Qualen erleiden.“ „Schnauze!“ Doch Yugi beachtete Seto nicht, der sehr großes Interesse zeigte die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. An sich war es keine besondere Sache. Man übernahm eine Rolle, die halbe Stadt schaut sich das an und die Eintrittsgelder werden den Tierheimen gestiftet. Die restliche Zeit war ich am überlegen, ob er genau das gemeint hatte, was ich nicht verpassen sollte. Aber ich kann mir nichts besonderes dabei vor stellen. In der Pause saß ich auf der Bank und wartete. Doch nichts passierte. Mir genau Gegenüber, einige Meter entfernt, war der Stand aufgebaut und ich sah ab und zu Teas oder Joeys Kopf dazwischen wackeln, aber es … war nichts. Kein geheimnisvoller Typ, der mit dunklen Umhang am Rand stand und mich nur anstarrte. Rein gar nichts. Eine kleine Enttäuschung machte sich in mit breit. Ich weiß auch nicht, was ich erwartet hatte, aber kein herum sitzen und langweilen. Das Gekicher der Mädchen wurde lauter und ich hätte schwören können auch Tea da heraus hören zu können. Ich wusste nicht einmal, um was für ein Stück es sich da handelte, doch jeder schien sich zu freuen. Joey hüpfte da wie ein kleines Kind und strahlte über das ganze Gesicht. Er drehte sich auch zu mir um und winkte. Ab da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Wie in Zeitlupe drehte sich auch Tea zu mir um, ging näher an den Blonden heran und lächelte zu mir herüber. Seto, der sich in dem festen Griff von Joey befand, rollte nur mit den Augen, aber er hob andeutungsweise auch die Hand. Ich wusste nicht, woher das Gefühl kam, aber es überrollte mich wie eine Lawine und verschüttete alles negative. Mein Herz fing an zu klopfen, ich spürte wie meine Wangen rot wurden. Und eigenartiger Weise wusste ich nun, wie sich Freundschaft anfühlte. Sie hätten es nicht tun müssen. Sie hätten wie jeder andere auch einfach weiter um ihr eigenes Leben kümmern können, doch sie zogen mich mit, egal was sie taten. Selbst wo ich auf dieser dämlichen Bank saß und schaute wie sieben Tage Regenwetter machten sie sich nichts aus meiner Laune und ich glaubte, das es ihre Art war, mit meinen Launen umzugehen. Ich kannte sie nicht lange, doch sie kannten mich schon Recht gut, was mich auch wunderte. Mir wurde warm und ohne das ich es steuern konnte, hob ich meine Hand und winkte zurück, sogar ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Joey ließ Seto los und kam zu mir rüber, grinste mich an und setzte sich neben mir. „Was sitzt du hier so alleine rum?“ Ich blickte in die braunen Augen. Sie strahlten soviel Freude aus, wie ich es nur selten erlebt hatte. Dieser Mensch neben mir war eindeutig etwas besonderes. Doch sein Lächeln erstarb und er schaute verwundert zwischen seine Beine. „Nanu.“ Ich verstand nicht, was er meinte und folgte seinen Blick. Er hob ein wenig seinen Hintern hoch und griff zwischen seinen Schenkeln. Es knisterte etwas und er zog einen weißen Umschlag hervor. „Das hier lag unter dem Holz. Ich wusste gar nicht, wie die Ecken pieken können.“ Ich nahm es ihm aus der Hand und drehte es. Man konnte sagen, ich war überrascht. Warum habe ich es nicht gesehen? Dabei habe ich doch so auf alles geachtet. Die Bank bestand aus Holzlatten die quer lagen und zwischen jeder Latte war einige Zentimeter Freiraum. Dazwischen musste es gelegen haben, doch was mich am meisten verwunderte, war, das es nass war. Sogar zwischen den Latten waren kleine Pfützen auf dem Stein, aber das Papier war trocken. Gerade als ich es öffnen wollte, fiel mir Joeys neugieriger Blick auf. „Wolltest du dich nicht anmelden?“ Mit einer Kopfbewegung nickte ich in die Richtung von dem Stand. Meine Überraschung wurde noch größer, als er enttäuscht auf seufzte und tatsächlich aufstand. Vorsichtig öffnete ich den Umschlag. “Freundschaft ist etwas sehr wichtiges im Leben und sollte man nicht für selbstverständlich halten. Es gibt unzählige Freunde, aber nur eine handvoll zwischen denen sind wahre Freunde und stärken deinen Rücken. Ich war so frei und habe dich für Heute nach der Schule für den Küchendienst der AG eingetragen. Du hast 2 Stunden zeit, dich da ein wenig aus zu toben.“ HÄH? So langsam wird der aber größenwahnsinnig! Es sollte schon eine Ehre sein, das ich mich überhaupt hier an die Bank gesetzt hatte. Nicht jeder folgt die Bitten eines Kerls, der eine Mistelzweigaktion ausnutze und dann einfach verschwand. Und dann sollte ich auch noch putzen, oder was? Ich fragte mich erst gar nicht, woher der wusste, das ich das erste mal das Gefühl der Freundschaft hatte, denn ich wurde sauer wie noch nie. Ich zerknüllte das Ding zusammen und schmiss es hinter mich. Es landete in eine Pfütze und das Papier verfärbte sich durch die Tinte etwas Blau. Am Ende des Schultages war ich trotz meines Vorsatzes in dem AG-Raum. Ich redete mir ein, das es nur daran lag, das mein name auf der Liste stand und wenn ich nicht erscheinen würde, es mich nur in ein schlechtes Licht werfen würde. Aber das seltsame war der Hausmeister gewesen, der mir den Schlüssel gab. Er sagte etwas wie viel Spaß und ich soll die Küche sauber hinterlassen. Na ob das ein Spaß wird, wagte ich stark zu bezweifeln. Ich blickte mich um, doch es war bereits alles sauber. Kein Dreck lag irgendwo, nicht mal ein Geschirrtuch zum aufhängen lag herum. Dann entdeckte ich einen weiteren Umschlag auf dem Küchentisch... … und ich stöhnte auf. Der Kerl trieb mich echt in den Wahnsinn. Draußen wurde es schon Dunkel und ich musste erst das Licht anmachen um entziffern zu können, was der sich wieder ausgedacht hatte. “Versuch dein Glück!“ Das wars. Nur dieser simple Satz und darunter eine Auflistung von Zutaten und ein Rezept. Sah wie ein Kuchen aus. Ich fing an zu lachen und warf meine Arme in die Luft. „Das ist doch nicht dein ernst!“ Natürlich blieb eine Antwort aus, doch was hatte ich schon erwartet. Ich hielt mich hinterher schon selbst für verrückt, aber ich fing wirklich an, alle Zutaten raus zu suchen und mein „Glück“, wie er es nannte, zu versuchen. Es war gar nicht so schwer... zumindest auf dem ersten Blick. Einige Eier landeten auf dem Boden, eine Mehlschicht bedeckte nicht nur die Arbeitsfläche, sondern auch mich. Selbst der Schneebesen schien sich gegen mich verschworen zu haben und auch die Butter schien ein Eigenleben zu führen, denn ständig flutschte sie mir aus der Hand. Dabei wollte ich nur die Form einfetten. Ich würde es natürlich niemals zugegeben, aber es machte dennoch unwahrscheinlichen Spaß. Das Teig-kneten wurde zu meiner Lieblingsbeschäftigung, gerade weil man immer davon naschen konnte. Doch als mir auch noch die Schüssel aus den Händen viel und der gesamte Zuckerguss sich auf dem Boden verteilte, konnte ich nicht mehr anders und hielt mir mein Bauch vor lachen. Doch das Lachen verging mir, als plötzlich das Licht ausging. Ich hörte das Knarren der Tür und ich wich einige Schritte zurück. „Wer ist da?“ Doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen klopfte es auf dem Küchentisch. Ich hob eine Augenbraue. Es klang so, als würde jemand an der Tür klopfen und um Einlass bitten. Der ganze Raum war in völliger Dunkelheit gehüllt und ich konnte nur Schemenhaft eine Gestalt vor mir erkennen. „Bisschen spät um zu klopfen, oder?“ Ein ausatmen war zu hören, was ein belustigtes Lachen ähnelte. Ab da wusste ich, wer es war. „Was sollte das hier mit der Küche? Es ist ja nicht so, das ich keinen Spaß hatte, aber es ist doch... etwas ungewöhnlich.“ Wieder blieb eine Antwort aus, er schien sich nicht einmal zu bewegen. Ich fühlte nur einen Blick auf mir, der mir unter die Haut ging. Es war doch nicht mehr normal, was er bei mir verursachte. Dann kamen seine Schritte näher und der Schatten hockte sich vor dem Ofen, zog etwas das Geschirrtuch beiseite, um hinein spähen zu können. Er atmete tief mit der Nase ein und das, was ich als nächstes vernahm, hinterließ eine Gänsehaut und verleitete mich dazu, den Atem anzuhalten. „Mmmh“ Das Licht, das vom Backofen aus ging, fiel auf ein ebenmäßiges Gesicht . Es war nur das Profil, doch das reichte, um mein Herzschlag zu beschleunigen. Ich hatte keine Ahnung, wie man so etwas beschreiben konnte, denn in den Moment fehlten mir jegliche Wörter. Seine fein geschwungenen Lippen lächelten leicht, die sanfte Nase zuckte immer wieder wie bei einem Kaninchen um noch mehr riechen zu können, und die Augen... Diese blickten mich plötzlich an. Es war, als würde er mich nicht nur ansehen, sondern direkt in mein Innerstes schauen. Er traf meinen Blick und ich konnte einfach nicht aufhören, ihn an zu starren. Der Ofen war die einzige Lichtquelle in diesem Raum, doch die verschwand, als er das Tuch los lies und sich wieder erhob. Auch wenn ich nur Schwärze sah, so hatte ich noch seinen Blick vor Augen. Dieser nebelte mich ein und ich konnte an nichts anderes mehr denken. Die Farbe seiner Augen waren so intensiv.. als würde mich flüssige Lava anschauen und mich sofort in Brand setzten. So bemerkte ich auch nicht, wie er plötzlich vor mir stand und ich wieder diese inzwischen vertrauten Finger an meiner Wange spüren konnte. Sie strichen wie auf dem Ball sanft darüber, als würde er sich jede einzelne Pore merken wollen. Plötzlich löste sich die Hand und wurde durch sein eigenes Gesicht ersetzt. Vorsichtig legte er seine Wange an meine. Wieder konnte ich ihn tief einatmen hören. Gefolgt von einem Geräusch, das einem Schnurren ähnelte. Als ob ihm das, was er riecht, besser gefallen würde als der Kuchen im Ofen. Mit einem Mal spannte er seinen Kiefer an, sein ganzer Körper versteifte sich. Ich wusste nicht, was los war. Ich war ihm nicht auf dem Fuß getreten oder hatte ihn von mir gestoßen. Seine Hände berührten meine, sanft strichen sie darüber, streichelten weiter hoch, über meine Unterarme, um an meinen Oberarmen angekommen diese zu fassen und sanften Druck auszuüben. Es war, als brauchte er halt, den ich ihm geben konnte. Dann spürte ich ein Gewicht an meiner Schulter. Haare kitzelten meine Nase, die unwahrscheinlich gut rochen. Sein ganzer Körper hatte einen Duft an sich, der mein Blut in Wallung brachte. Gäbe es das als Parfüm, wäre es ein Verkaufsschlager. Wieder verlangte er nichts von mir, stand einfach nur da und genoss das, was er bekommen hatte. Ich wusste nicht, was ich tat, als ich meine Hände erhob und sie sanft um sein Gesicht legte. Seine haut war so wunderbar weich. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und streichelte etwas darüber. Er hob seinen Kopf und schien mich an zu blicken. „Was willst du von mir?“ Doch er schüttelte den Kopf. Als ob er nichts wollte, oder einfach die Antwort verweigerte. Ich kam von dem Gefühl nicht los, das ihn etwas bedrückte. Als wollte er eigentlich nicht hier her kommen, er es aber nicht mehr steuern konnte. Und ab den Moment, wo er bei mir war, es nur noch schwer zurück halten konnte. Er atmete tief ein, ein letztes Mal strich er sanft mit seinem Daumen über meinen Oberarm, bevor er mich an diesen näher an sich heran drückte und seine Lippen auf meine presste. Die Welt schien sich zu drehen, sein ganzer Geruch nebelte mich erneut ein und der Teig musste definitiv schlecht gewesen sein, denn ich löste mich aus seinem Griff, um meine Arme um seinen Nacken zu schlingen. Ich vernahm im Hinterstübchen ein überraschtes Keuchen, doch ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren, außer auf diese unbeschreiblich warmen Lippen. Mein Gehirn schaltete sich komplett aus. Ich drängte ihn mit meinem Körper in die Richtung der Arbeitsfläche und als er nicht mehr weiter zurück ging, drückte ich mich völlig an ihm, als wollte ich mit ihm verschmelzen, eins mit ihm werden. Ich biss ihm sanft auf seine Unterlippe, versuchte ihn animieren mitzumachen, doch auch hier bekam ich keine Antwort. Seine Hände hatten sich zwar an meine Hüfte gelegt, aber es fühlte sich eher so an, als wolle er mich ein wenig auf Distanz halten. Leidenschaftlich drückte ich meine Lippen auf seine, fuhr mit einer Hand über seinen Nacken, durch seinen Haaransatz und krallte mich darin fest. Und von einer Sekunde auf die Andere schien das Eis gebrochen, als könne er sich nicht mehr beherrschen stürzte er sich mit seinen Mund auf mich, erwiderte genauso Leidenschaftlich, aber dennoch sanft. Schnappte mit seinen Lippen nach meinen. Seine Hände lösten sich von meinen Hüften und glitten weiter hinunter, legten sich um meinen Hintern und drückten mich so mehr an sich. Der Griff war fest, tat aber nicht weh. Ich wollte es noch unterdrücken, doch ein kleines Stöhnen entwich meinen Mund. Genau dieses hallte in meinem Kopf wieder und machte mir gerade klar, was ich da tat. Mit einem Ruck trennte ich mich von der Wärmequelle. Mein Körper schrie mich an, das er wieder in diese Arme möchte, doch ich zwang mich dazu, nicht auf ihn zu hören. Was hatte ich getan? Aus einem einfachen Kuss hatte er etwas in mir geweckt, das ich kurzzeitig nicht steuern konnte. Verdammt, ich hatte mich einen wildfremden Kerl an den Hals geworfen! „Was willst du von mir?“, fragte ich erneut nach. Sein Atem konnte ich mehr als deutlich hören und machte mir noch mehr bewusst, das er einen Moment brauchte, um sich zu sammeln. Er hob seinen Kopf und schien mich wieder anzusehen, schien zu überlegen. Ich hatte ja selbst keine Antwort darauf, was eben in mich gefahren war. Ohne etwas zu sagen, klopften oder irgend eine andere Reaktion zu zeigen, stemmte er sich von der Arbeitsplatte ab, schritt auf die Tür zu, öffnete diese und ging hinaus, ohne auch nur ansatzweise auf meine Frage zu reagieren. Meine Knie fingen an mein Gewicht nicht mehr trafen zu können und im letzten Moment konnte ich mich noch gerade so an einem Stuhl fest halten. Mit wackligen Beinen tastete ich mich zum Lichtschalter durch und drückte ihn. Das Licht tauchte das Zimmer in einem grellen Licht und ich brauchte einige Sekunden, um mich daran gewöhnen zu können. Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich direkt auf die Arbeitsfläche, an der bis vor einer Minute er noch gestanden hatte. Das Mehl war an vielen Stellen verwischt, aber an einer war er zusammen gekehrt worden zu sein und mehrere kleine Schriftzeichen waren mit einem Finger hinein gemalt: Ich will alles, aber nichts von dir. Was zum Geier hatte das zu bedeuten? Eine unglaubliche Wut kroch in meinem Körper hoch, sie leitete mich und im nächsten Moment hatte ich eine dreckige Schüssel ergriffen und diese an die Wand geknallt. Scheppernd kam sie auf dem Boden auf. Eine Eieruhr riss mich aus meinen Gedanken, die nur „ich hasse ihn!“ brüllten, und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zum Kuchen. Voller Abscheu riss ich die Ofentür auf, und zog das Gitter, auf dem der Kuchen stand, hinaus. Doch als ich auf den Kuchen blickte, war meine ganze Wut mit einem Mal verflogen. Jetzt konnte ich mit eigenen Augen sehen, warum er so über den Kuchen belächelt hatte. Es war mein erster gewesen. Nie zuvor habe ich auch nur ansatzweise einen Löffel angerührt, doch der sah nicht nur lecker aus und roch verführerisch, nein, auf der Oberfläche hatte sich eine stachlige Form gebildet. Langsam dämmerte es mir, warum ich nicht einfach das Backpulver hinein schütten sollte, sondern wie ein Zickzackmuster, das er aufgezeichnet hatte, über die Hälfte streuen, bevor ich die andere vom Teig darüber goss. Durch die Form war der Kuchen rund, aber meine Frisur hatte sich wie ein kleines Gebirge erhoben. Ich konnte nicht anders und musste ebenfalls lächeln. Es war das süßeste Geschenk, das ich jemals auf meine Kosten bekommen hatte. tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)