All the Wrong Reasons von Xynn (... are they the Right Decisions?) ================================================================================ Kapitel 31: Sweet Lips ---------------------- Es war angenehm warm als Shaelyn aus dem Schlaf erwachte. Mit müden Augen setzte sie sich auf und streckte sich. Das goldene Licht blendete die junge Frau leicht, weshalb sie ihre rechte Hand gen Sonne hochhielt und ein Auge zusammenkniff. Und trotz der langsamen Wiederkehr ihrer Gedanken, wusste sie eines sofort. Unwillkürlich umspielte ein Lächeln ihren Mund. Heute war Valentinstag. Das versprach schon am Morgen ein schöner Tag zu werden. Nicht nur die Sonne spendete eine angenehme Wärme, sondern auch ihre verträumten Gedanken. Gleich ließ sie sich wie ein kleines Mädchen kichernd ins Bett zurückfallen und zog die Decke bis unter die Nase. Shaelyn musste an die Schokoherzen denken, die sie am gestrigen Abend noch gemacht hatte. Rue war natürlich neugierig gewesen und wollte spionieren kommen, was sie ihm mit einem Abschließen der Türe verhindert hatte. Ob er nun bescheid wusste? Sie war sich nicht sicher. In England, oder auch hier in Amerika, war es nicht üblich, dass Mädchen den Jungs Geschenke machten. Es war ein Brauch aus Japan, wovon ihr Vater immer regelrecht geschwärmt hatte. Aber selbst wenn Rue davon wusste, gedulden musste er sich. Obwohl die Engländerin sich nicht sicher war, ob sie es ihm wirklich schenken sollte. Mit roten Wangen zog sie nun ganz die Decke über dem Kopf. Es war irgendwie aufregend. Shaelyn genehmigte sich zunächst ein Bad. Somit machte sie sich erst in aller Ruhe fertig für den Tag, bevor sie hinunter zum Frühstücken ging. Da sie am Tag zuvor den Wetterbericht noch angesehen hatte, wusste sie, was sie anziehen konnte. Ein hübsches Sommerkleid, das sie erst vor kurzem mit Emma eingekauft hatte. Aber für den Abend würde sie einen langen Mantel nehmen, da sie doch erst nach Sonnenuntergang nach Hause käme. Als sie soweit war, ging sie barfuß hinunter. Mit einem Lächeln betrat sie das sonnen geflutete Esszimmer und traf unerwartet auf Rue, der dort saß. Überrascht blinzelte sie einige Male, ehe sie neben ihm zum Stehen kam. „Guten Morgen, Rue.“, begrüßte sie ihn gut gelaunt und nahm auf dem Stuhl zu seiner Seite Platz. Er saß natürlich am Kopfende. Der Angesprochene schenkte ihr anfangs einen prüfenden Blick, bevor er wieder ins Starren überging. „Guten Morgen, Shaelyn.“ Er klang irgendwie nicht so gut gelaunt. Die junge Frau stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und blickte ihn fragend an. „Ist was passiert? Und was machst du hier? Wartest du auf Opa?“ „Watari ist in den frühen Morgenstunden gefahren.“, antwortete er ohne Emotion und wollte sich etwas aus der Kanne einschenken – doch aus der Kanne kam nichts heraus. Er seufzte. Shaelyn sah sich das einen Moment an. Was Rue wohl hatte? Er sah, so wie sie das einschätzte, irgendwie niedergeschlagen aus. Aber weswegen? Und wo war ihr Großvater plötzlich? Es war nichts Ungewöhnliches mehr, dass ihr Großvater mal ein paar Stunden fehlte, aber sie fragte sich trotzdem wo er war. „Was möchtest du haben? Kaffee oder Tee?“, fragte sie freundlich und stand von ihrem Sitz auf. „Tee, bitte.“ Gedankenverloren kochte Shaelyn etwas Wasser auf. Ob sie ihn gleich noch mal fragen sollte, was passiert sei? Sie machte sich schon ein wenig Sorgen. Mit einem Griff öffnete sie den Schrank, in dem sehr viele Teesorten zur Auswahl standen. Kurz grübelte sie, welchen sie Rue machen sollte. Er hatte sich keine spezielle Sorte gewünscht, weshalb sie das erste nahm, was ihr unter die Finger kam. Einen Früchtetee. Sie befüllte die Kanne mit dem heißen Wasser, tat aus dem Tütchen ein paar Löffel Früchtetee in einen Beutel, verschloss ihn und hing ihn in das Wasser. Während der Tee zog, machte sie sich ein Brot, schnitt ein wenig Obst zurecht, nahm sich anschließend selbst eine Tasse aus dem Schrank und kam mit allem auf einem Tablett zurück ins Esszimmer. Rue saß genauso da, wie sie ihn verlassen hatte - Nachdenklich an seinem Daumen kauend. Er schien sie erst bemerkt zu haben, als sie ihm die Kanne hinstellte. „Was ist denn los?“, hakte sie besorgt nach und setzte sich an ihren Platz. Rue sah sie von der Seite an. „Nichts.“ „Dann ist dieses Nichts aber ganz schön deprimierend.“, merkte sie an und aß von ihrem Frühstück. Rue zeigte keine Regung. Er tat, was er sonst immer tat – starren. Es war nun an Shaelyn zu seufzen. „Man kann dir nicht helfen, wenn du so schweigst.“ Und sie würde ihm wirklich gerne helfen. Rue nahm seinen Finger vom Mund und bediente sich wortlos an dem Obst, was sie geschnitten hatte. Sie sagte nichts dazu. Er konnte sich so viel nehmen wie er mochte und es war ihr immerhin schon bekannt. „Ich habe alles abgesucht.“, kam es schließlich ernst von ihm, woraufhin sie verwirrt die Augenbrauen zusammenzog. Was gesucht? „Was hast du denn gesucht? Vielleicht kann ich dir helfen.“ Bevor er antwortete, schenkte er sich den Tee ein und tat ordentlich Zucker hinein. Beim Umrühren warf er ihr einen stechenden Blick zu. „Das, was du gestern gemacht hast.“ Augenblicklich verschluckte sich Shaelyn und musste husten. Er hatte die Schokoladenherzen gesucht! Er wollte sich das Süße einfach klauen! So ein … Dieb. Wie gut, dass sie es gleich mit aufs Zimmer genommen und bei sich in der Sockenschublade versteckt hatte. Bestimmt suchte er dann später auch in ihrem Zimmer danach. Sie traute ihm ja so gut wie alles zu. „... Wer sagt, dass das für dich war.“, meinte sie mit einem frechen Grinsen und musste doch noch mal kurz husten. Ihr Grinsen verging, als er fast schon traurig aussah. Der Kerl war doch echt wahnsinnig nach Süßem. Natürlich wusste sie, dass ihm ihr Gebäck und generell Süßes gut gefiel. Jetzt hatte sie beinahe Mitleid. Aber nur beinahe. Er sollte sich gedulden und nicht versuchen es heimlich zu stibitzen. Nur weil er jetzt traurig aussah, würde sie ihm es nicht eher geben. „Rue... auch wenn du furchtbar traurig aussiehst. Deswegen gib ich dir das nicht eher.“ Prompt blickte er wieder neutral auf seine befüllte Tasse. „Ein Jammer.“, ließ er verlauten. Dieser Kerl versuchte wirklich alles! Dennoch musste Shaelyn lachen. Irgendwie war es süß. Nachdem Shaelyn mit Rue zu Ende gefrühstückt hatte, ging sie mit ihm zusammen zum Wohnzimmer. Er war außergewöhnlich Gesprächsbereit. Ob das auch eine Masche war, um an ihr Süßes zu kommen? Sie vermutete es. War das vielleicht auch eine Chance mehr herauszufinden? Viel Zeit blieb ihr dazu nicht. Und sie glaubte nicht wirklich daran. Auch wenn er mehr sprach, waren es normale Themen. Die Fahrlektion vom Vortag, dann noch ein paar Tipps dazu. Wie sie beim Lernen voran kam und all solche Dinge. Er gab nichts Privates preis. Rue blieb eben schweigsam. Denn wie oft sie sich schon vorher mit ihm unterhalten hatte – selten kam etwas aus seiner Vergangenheit ans Licht. Vielleicht war es nur eine Frage der Zeit. Seine schwarzen Pupillen wanderten zu Shaelyn hinüber, als jene auf die Uhr blickte. „Wann wirst du heute Abend wieder kommen?“, fragte er interessiert nach, woraufhin Shaelyn überrascht zu ihm sah. „Gute Frage... Ich weiß nicht genau. Wir gehen nachher essen und dann ins Kino. Irgendwann am Abend. Zwischen acht und neun, denke ich.“ Das war ein langer Zeitraum. „Verstehe.“ Es kehrte Ruhe ein und L nahm einen Lutscher zur Hand, den er gleich auspackte und anschließend nachdenklich an seiner Zunge drehte. „Ich werde dann gleich abgeholt.“, nahm sie das Gespräch auf, woraufhin er den Lutscher aus dem Mund zog. „Und hast du nicht noch etwas vergessen?“ Shaelyn dachte für einen Moment nach, ehe sie grinste. „Du bekommst nichts... jedenfalls nicht jetzt. Dann musst du dich noch bis heute Abend gedulden.“ L starrte sie verstört an und Shaelyn lachte erneut an diesem Tag. „Komm' zieh nicht so ein Gesicht. Du lässt auch nicht locker! Was ist dir die Süßigkeit denn wert?“ Er hob keine Minute später seinen Zeigefinger an und deutete auf seine Wange. „Du darfst mir auch ein Küsschen geben.“, meinte er mit einem Grinsen, das ihr vergnügtes Gesicht regelrecht ausradierte. „Nur auf die Wange? Das ist ein schlechter Deal.“, gab sie keck zurück und er zog seinen Mund in eine gerade Linie. Sie war ein harter Verhandlungspartner. „Hast du einen anderen Vorschlag?“, hakte sie neugierig nach, was ihn nicht zufriedener blicken ließ. „Nein.“ „Ein Jammer.“ Sie streckte ihm leicht die Zunge raus und stand auf. „Wenn du mich entschuldigst. Ich gehe mir jetzt Schuhe anziehen und verschwinde dann.“ Wenig begeistert biss er auf den Lutscher in seinem Mund. „Viel Vergnügen.“ „Das werde ich haben. Aber nächstes Jahr kannst du mich ja einladen. Dann bin ich nur für dich ganz allein da.“, meinte sie mit einem Augenzwinkern, ehe sie aus seinem Sichtfeld verschwand. L gab geschlagen zu: Die Vorstellung gefiel ihm recht gut. Emma wartete schon mit dem Auto vor dem Tor der Villa. Und es war bis auf einem Platz alles belegt. Zwei weitere junge Frauen saßen im Auto, die Shaelyn schon auf der Feier gesehen hatte. Sie unterhielten sich gerade ziemlich angeregt, weshalb nur Emma ihr entgegen lächelte. Dann konnte das Ausgehen beginnen. Die männliche Begleitung stellte sich als wirklich harmlos heraus. Am Treffpunkt wartete unter anderem Dustin, mit einem Freund, der derselben Ausrichtung war. Aber alle hatten eines gemeinsam: Sie waren Single. Weswegen das Hauptthema selbstverständlich bei jungen Kerlen lag, die der ein, oder dem einen, den Kopf verdrehte. Allerdings wurde Shaelyn die ganze Zeit schief von Dustin angesehen. Es war immer derselbe Blick, den er ihr zuwarf: Was tat sie hier? Eine berechtigte Frage, denn eigentlich wäre sie mit Rue zusammen. Demnach nicht Single und ohnehin hatte sie das Gefühl, sie war ein Dorn im Auge. Dustin konnte sie einfach nicht leiden, weshalb er sie meist ignorierte. Hingegen war der mitgebrachte Freund von Dustin ganz anders. Er versuchte öfter ein Gespräch mit ihr zu finden. Er hieß Mike und er war auch wirklich nett. Wenn sie ihm so begegnet wäre, würde sie denken, er stünde auf Mädchen. Mike verhielt sich komplett normal. Und Shaelyn musste zugeben, dass er wirklich gut aussah. Außerdem besaß er einen tollen Humor. Shaelyn konnte sich super vorstellen, dass viele Mädchen ihm hinterherliefen. Aber wie die Welt war, war sie ungerecht. Wie sie heraus fand, hatte Mike nur Pech. Denn wie die Mädchen ihm vergebens hinterherliefen, so lief er vergebens den Jungs hinterher. Nicht, dass er aufdringlich war, aber sie waren einfach nicht an Männern interessiert. Shaelyn überlegte, dass sie sich mal mit Mike treffen sollte. Denn je später es wurde, desto mehr redete sie mit ihm. Emma mischte sich auch öfter unter, oder gleich noch eine Freundin. Mit denen sie insgesamt leider wenig sprach. Meist taten sich Natalie und Sofia zusammen und diskutierten wild. Man merkte, dass die beiden auch so viel miteinander zu tun hatten. Aber das machte rein gar nichts aus, da Shaelyn auch einfach mal nur zuhörte. Es wurde viel beim Essen gelacht und herumgealbert, bis es dann Zeit fürs Kino wurde. Eigentlich wusste Shaelyn nicht, in welchen Film es ging und es war auch egal. Hauptsache sie war mal wieder im Kino. Als alle versammelt vor dem Kino standen, zog Shaelyn sich schon ihren Mantel über. Es wurde am Abend schnell kalt, weshalb sie sich in den Stoff kuschelte. „Hey, Joel!“, rief Sofia plötzlich an Shaelyn vorbei. Kaum war der Name gefallen, wandte die junge Engländerin sich um. Und dort war Joel, welcher gerade die Straße überquerte. Gleich beschlich Shaelyn ein seltsames Gefühl. Grundsätzlich freute sie sich, aber wäre nicht der Gedanke an Rue. „Hi, zusammen.“, begrüßte er locker die Runde und blieb einen Moment mit seinem Blick an Shaelyn hängen. Sie war dabei. Seine Schwester hatte ihm von dem kleinen Gruppentreffen erzählt und er hatte natürlich mit gewollt. Leider musste er gerade heute mittags aushelfen. Und an sich hatte seine Schwester ihm davon abgeraten mitzukommen. Aber er konnte nicht anders, weshalb er eben später dazu kam. „Hi, Joel.“, kam es etwas zurückhaltend von Shaelyn, die ein kleines Lächeln auf den Lippen trug. Gleich lächelte Joel zurück, wurde allerdings durch ein Packen am Arm aus seiner Traumwelt gerissen. Emma zog ihn ein Stückchen von der Gruppe weg. „Wieso hörst du denn nicht auf mich?“, klagte sie an und Joel grinste verschmitzt. „Das ist doch klar.“ „Du hattest doch was vorgehabt, oder nicht?“ „Das klappt nicht. Ich hab' sie seit Wochen nicht mehr gesehen. Ich muss einfach kommen.“ Seine Schwester seufzte. „Komm nicht wieder an und bitte mich verzweifelt um Hilfe.“ Joel nickte. Der misstrauische Blick sagte alles. Natürlich würde er wieder zu seiner Schwester gehen, wenn er Probleme mit der Liebe hatte. Denn so schnell kam er nicht von der schwarzhaarigen Engländerin los. Dann konnte der Spaß endlich losgehen. Shaelyn fühlte sich irgendwie unwohl. Natalie hat es lustig gefunden die Kinokarten zu mischen und somit jeder zufällig einen Platz zugewiesen bekam. Neben ihr schlürfte lautstark Dustin an seinem Getränk, dem der Sessel es gar nicht gefiel und an der anderen Seite saß Joel, der sie ständig anlächelte. Selbst Protest, dass wenigstens noch mal zufällig verteilt wird, wurde allen voran von Joel nicht akzeptiert. Demnach machte sich die Engländerin recht klein in ihrem Sessel und versuchte peinlichst nicht in Kontakt mit Dustin zu kommen. Wahrscheinlich würde er sie sonst gleich laut anknurren und kurz darauf beißen. Aber sie wollte ja auch nicht bei Joel auf dem Schoß landen, weshalb ihr nur die Wahl der unbequemen Sitzposition blieb. Mit dieser Position und einem gereizten Dustin direkt neben ihr, konnte sie sich kaum auf die Liebeskomödie an der Leinwand konzentrieren. So verging der Film und sie fühlte sich komplett verspannt. Was bei der Heimfahrt auch nicht nachließ. So schön der Tag war, aber der Kinobesuch war furchtbar. Nun saßen sie insgesamt zu fünft im Auto. Joel fuhr mit, saß aber Vorn. Also quetschten sich die übrigen drei nach hinten. „Du hast doch gesagt, dass du Süßes gemacht hast, oder?“, sprach sie Sofia von der Seite an, sodass sie zu jener sah. „Ja.“ „Warum hast du nichts zum Probieren mitgebracht?“ Überrascht zog Shaelyn ihre Brauen an. „Ähm... Ich weiß nicht.“ „Ist total schade. Hab noch nie selbstgemachte Süßigkeiten probiert. Und warum hast du welche zu Valentinstag gemacht? Solltest du nicht eher damit beschenkt werden?“ „Das ist so ein Brauch bei mir in der Familie gewesen...“ „Achso... sorry. Das ist nur so ungewöhnlich.“, lachte Sofia und stieß Shaelyn leicht in die Seite. „Der ganze Süßkram ist doch für deinen Freund, oder?“ Augenblicklich schluckte Shaelyn und lächelte schief. Dustin war schuld daran, dass die zwei Mädchen jetzt dachten, sie hätte einen. „Nicht ganz... ich habe auch was für meinen Opa gemacht.“ „Essen die denn viel Süßes? Also meine Typen mochten das alle nicht.“ „Ich mag gern Süßes.“, mischte sich Joel von Vorn ein. Gleich richteten sich sämtliche Blicke auf ihn. „Was ist?“, zuckte er mit den Schultern. „Schmeckt doch super.“, verteidigte er sich. „Da bist du aber eine Ausnahme, Joe.“, kicherte Natalie. „Nenn' mich nicht so!“, rief Joel beschämt, was ihm nur ein weiteres Kichern von Sofia einbrachte. „Wieso Joe?“, fragte Shaelyn verwirrt. „Ist sein Zweitname.“, erklärte Emma mit einem Grinsen zum Geschehen. Dann hieß er richtig: Joel Joe Andrews? Das klang im Ganzen schon komisch. „Sag ihr das doch nicht!“, meckerte er seine Schwester an. „Ich find' den Namen Joe gar nicht schlimm.“, äußerte Shaelyn sich mit einem Lächeln. Daraufhin erwiderte Joel nichts mehr und das Thema war beigelegt. „Aber eine Frage noch.“, meinte Sofia im Anschluss. Shaelyn blickte sie fragend an. „Deine Kette, die du da trägst. Ist die echt? Und kann man die irgendwo kaufen?“ Verlegen fasste die junge Frau sich an ihre Kette. „Die war ein Geschenk. Und sie ist echt.“, antwortete Shaelyn mit einem verträumten Lächeln. Sofia kicherte. „Ah... die kommt von deinem Freund. Ein echt tolles Geschenk.“ Ja, das war es – und sie hatte sie bisher jeden Tag getragen. Nachdem Emma an der Villa von Shaelyn hielt, verabschiedete sich die Engländerin und sah mit einem Seufzen dem Wagen hinterher. Schließlich blickte sie in den dunklen Himmel. Jetzt würde sie Rue ihre Schokolade schenken. Warum hatte sie ihm das Süße auch nicht schon am Morgen gegeben? Sie wollte ihn ein wenig zappeln lassen. So, wie er es immer mit ihr machte. Die Rache war eben in dem Fall wirklich bitterlich süß. Mit einem Lachen stellte sie sich nah genug ans Tor, was sich prompt öffnete. Ein kleines Winken in die Kamera an der Auffahrt und sie schritt den Weg entlang. Sie hatte doch gewusst, dass er schon wartete. Als sie die Haustüre aufschließen wollte, fiel ihr auf, dass der Wagen ihres Großvaters noch immer fehlte. War er doch den ganzen Tag über weg. Das war schade, da sie ihm doch auch ein paar Herzen schenken wollte. Es waren sogar andere, als die für Rue. Ihr Großvater aß nicht wirklich gern Vollmilch, weshalb sie bittere Schokolade nehmen musste. Gedanklich abwesend, zog sie ihren Mantel in der Eingangshalle aus und auch gleich ihre Schuhe. Mit nackten Füßen ging sie hinauf ins Zimmer und inspizierte erst einmal alles mit einem kurzen Blick. Es sah nicht danach aus, als habe Rue seine Suche fortgesetzt. Oder er konnte es perfekt verbergen. Wie dem auch sei, warf sie den Mantel aufs Bett und ließ die Schuhe auf den Boden fallen. Gleich ging sie an die Sockenschublade und kramte die schmale Schachtel von ganz unten heraus. Es war der wohl sicherste Platz im ganzen Haus. Zumindest vor Rue seiner Schnüffelnase. Shaelyn grinste. Und beinahe hätte sie die Schachtel zerdrückt, als sie einen Atem in ihrem Nacken spürte. „Verstehe. Sehr gut gewähltes Versteck.“ Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und ihre Nackenhaare stellten sich auf. Auf der Stelle riss es sie herum. Rue starrte sie mit seinen großen runden Augen an. Wo kam er auf einmal her?! „Lauer mir nicht so auf...“, schnaufte sie atemlos und hielt sich mit der freien Hand die linke Brustseite. Der Schock saß ihr in den Knochen. Sie hatte ihn wirklich nicht bemerkt. Kein Knarren im Holz, kein Rascheln der Kleidung. „Meine Güte. Gib doch einfach einen Laut von dir.“ „Piep.“, meinte er trocken und legte seinen Zeigefinger an den Mund. Shaelyn kräuselte die Lippen. Er war unmöglich. Und sein Blick wanderte zur Schachtel, die er damit regelrecht fixierte. „Ich seh' schon. Du kannst es nicht mehr erwarten.“ Wie ein Kleinkind, das sich schon seit Tagen auf sein Weihnachtsgeschenk freute und das Haus danach absucht – wie er es am Morgen getan hatte. Kichernd überreichte sie ihm die weiße Schachtel, die er höchst interessiert entgegen nahm. Fast ehrfürchtig zog er an dem roten breiten Band, das die Box verschloss. Unbeachtet fiel jenes Stückchen Stoff auf den Boden und Rue öffnete die Schachtel. Ganz nervös beobachtete sie seine Regung – wenn denn eine vorhanden gewesen wäre. Shaelyn wurde unsicher. Gefiel es ihm nicht? „Rue...?“ Er blinzelte einmal, ehe er zu ihr aufsah und ihr den Atem raubte. Er schenkte ihr ein unvergleichliches Lächeln, sodass sie fast selbst dahin schmolz. Es waren wenige Sekunden und doch stand die Zeit still. Gut, dass Rue sich wieder dem Süßen widmete, sonst wäre sie in Ohnmacht gefallen. „Sind die gefüllt?“, stellte er die Frage und holte ein Schokoladenherz heraus, welches noch mit kleinen weiteren weißen Streusel-Herzen auf der Oberseite verziert war. Shaelyn versuchte ihre Stimme wiederzufinden. „... Ja. Welche mit Pfefferminzcreme, manche mit Erdbeercreme und dann noch die ganz besonderen.“ Ihr Lächeln konnte gar nicht größer sein. Sie fühlte sich himmlisch. Rue sah gespannt auf. „Na, mit Vanillecreme. Das sind die, mit den Streusel-Herzen. Was du gerade zwischen den Fingern hältst.“, erklärte sie glücklich und konnte kaum still stehen. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen und hätte ihn stürmisch geküsst. „Hast du sie probiert?“, wollte er als nächstes wissen und sie schüttelte den Kopf. „Also nicht im Ganzen. Die Creme und die Schokolade schon. Und die Streusel sind aus weißer Schokolade! Es schmeckt dir bestimmt total gut.“ Sie versicherte ihm, dass das alles schon schmeckte. Obwohl sie nicht glaubte, dass er daran dachte. Nur, damit er zu hundert Prozent wusste, dass das probiert war. „Dann...“, begann er und sie konnte die Spannung überall fühlen. Hoffentlich gefiel ihm die Süßigkeit. Allerdings führte er das Schokoladenherz nicht zu seinem Mund, sondern kam ihr damit nahe. Sanft legte er das Herz an ihre schwach geöffneten Lippen. „teile ich mit dir.“ Es war mit Abstand der schönste Valentinstag in ihrem Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)