All the Wrong Reasons von Xynn (... are they the Right Decisions?) ================================================================================ Kapitel 30: Von Früh bis Spät ----------------------------- Kritisch betrachte Shaelyn das Oberteil in ihren Händen. Sie wendete es einige Male. Eigentlich gefiel ihr das Shirt nicht. Doch Emma lächelte sie ermutigend an. „Das wird dir sicher stehen, keine Angst. Du solltest wirklich mehr Mut zur Farbe zeigen.“ Die junge Engländerin stand unschlüssig im Modegeschäft. Das grelle Gelb war nicht so ihr Fall. Emma nahm ihr das Oberteil ab und hielt es ihr an die Brust. „Guck doch. Das sieht toll aus. Probier es doch mal einfach an. Oder willst du es lieber in grün? Würde dir auch stehen. Passt zu deiner Augenfarbe.“ Unzufrieden verzog Shaelyn das Gesicht. „Kein Grün. Ich mag die Farbe gar nicht.“ Emma seufzte und legte das gelbe Oberteil in das Regal zurück. „Was ist passiert? Du bist schon die ganze Zeit so... komisch.“ Diesmal war es an der Engländerin zu seufzen. „Ich mag das Shoppen einfach nicht. Wir haben doch mal ein paar Klamotten gekauft.“ „Die reichen aber nicht ewig. Außerdem gibt es bei dir noch so viele Sachen auszuwechseln. Oder gefällt dir dieses graue, braune, mit Blumen verzierte niedliche Zeug wirklich so sehr? Dir würde so gut die heutige Mode stehen. Und es hatte dir doch schon gefallen als ich dich ein wenig herausgeputzt habe... Also kann es am Shoppen schon mal nicht ganz liegen.“, stellte Emma fest. Die Schwarzhaarige verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Freundin ließ nicht locker – und sie hatte natürlich recht. Aber Shaelyn dachte nicht, dass es so stark auffallen würde. Ergebend atmete sie durch. „Du hast ja Recht, Emma. Lass' uns aber erst mal aus dem Laden gehen.“ Zustimmend nickte Emma ihr zu und verließen das Geschäft. Auf dem breiten Gang der Shopping-Mall, suchte Shaelyn sich eine Bank, auf die sie mit Emma platz nahm. „Ist es wieder Rue?“, fragte Emma gleich, jedoch schüttelte Shaelyn ihren Kopf. Überrascht hob die Brünette ihre Augenbrauen an. „Was? Nicht?“ Irgendwie musste Shaelyn lächeln. Ja, es war mal nicht Rue. Mit dem sie zwar auch keine Fortschritte machte, aber es auch nicht Rückwerts ging. Wobei drei Wochen auch keine lange Zeit war. „Ich habe doch mit dem Führerschein angefangen.“ „Und es klappt nicht so, wie du es dir vorstellst?“, vervollständigte Emma vorsichtig. „Die Theorie ist überhaupt kein Problem. Aber gestern hatte ich meine erste Fahrstunde...“ Leidig warf sie Emma einige Blicke zu, die sie richtig zu deuten schien. „Du hast es voll vergeigt?“ „Und wie. Der Fahrlehrer war nachher total Niedergeschlagen. Irgendwie müsse ich mehr Gefühl dafür entwickeln. Aber ich bin so nervös und ich weiß ja auch nicht.“, gab Shaelyn leise zu. Es war ihr unangenehm. Warum gelang ihr nicht etwas auf Anhieb? Ein Lachen erklang neben ihr. Irritiert starrte sie auf Emma. Lachte sie sie aus? Eigentlich dachte sie so nicht von ihrer Freundin. „Aber Shae, das muss dich nicht frustrieren. Meine erste Fahrstunde war auch katastrophal.“ Verwundert legte Shaelyn ihren Kopf schief. „... Ja?“ „Aber ja! Mein Lehrer brach die Stunde sogar ab und meinte, er würde nie mehr mit mir in einen Wagen steigen. Ich sei zu... energisch.“ „Aber du kannst heute wirklich gut fahren. Also ich hatte keine Angst bei dir.“ Das wunderte sie wirklich sehr. Schließlich war sie heute mit ihr in die Stadt gefahren. „Siehst du.“, meinte Emma. „Alles eine Sache der Übung.“ Daran zweifelte sie. So blöd, wie sie sich angestellte hatte? „Mein Fahrlehrer sagte, ich brauche vielleicht ein wenig Zeit um ruhiger zu werden. Meine nächste Stunde ist also erst in zwei Wochen. Aber am liebsten würde ich gar nicht mehr hingehen.“ Obwohl sie natürlich gern den Führerschein haben würde. Aber sie hatte das Gefühl es wieder zu versauen. „Ach, das wird schon werden, Shae. Du musst es nur schaffen wollen.“ Emma lächelte ihr aufmunternd entgegen. „Aber wenn du von der nächsten Zeit sprichst. … Was hast du am Valentinstag vor?“ Vom Themenwechsel überrumpelt, blinzelte sie. „Hm? Ja... nichts.“ Was denn auch sonst? Rue würde sie sicher nicht mit einem Strauß roter Rosen empfangen und was mit ihr machen wollen. Alleine die Vorstellung war total absurd. „Dann komm zu mir. Ich lad' ein paar andere Singles ein und wir machen uns 'nen schönen Tag, oder Abend. Vielleicht gehen wir ins Kino.“ Skeptisch biss sich die Engländerin auf die Unterlippe. Ein paar andere Singles? „Wer denn?“ „Ach, das weiß ich noch nicht. Vielleicht ein reiner Mädelsabend. Die Jungs können einen schon mal den ein oder anderen Abend vermiesen.“ Bei diesem Argument brauchte Shaelyn nicht lange nachdenken. „Okay, ich komme.“, meinte Shaelyn lächelnd, ehe sie ihren Blick abwandte und begann an ihrer Tasche herum zu zupfen. Die aufkommende Frage interessierte sie schon länger. „Sag mal, Emma. … Willst du eigentlich keinen Freund?“ „Was? Oh nein. Zurzeit bestimmt nicht. Aber wenn ich mich verliebe, dann wohl schon. Aber bisher waren alle Scheißkerle. Ob ich nun mit ihm zusammen war, oder nicht. Also würde ich sagen... grundsätzlich bin ich glücklich als Single.“ Ob Shaelyn das auch wäre? Glücklich, wenn sie nicht in Rue verliebt wäre? Erschrocken japste sie nach Luft, als sie von Emma einen Klaps auf den Rücken bekam. Gleich blickte sie zu ihrer Freundin – die breit grinste. „Was soll die Frage, hm? Und vergiss deine Gedanken mal schnell. Man sieht dir ja gleich an, was du denkst. Es ist zwar bei dir kompliziert und zugegeben, dein Kerl ist schon gewöhnungsbedürftig, aber trotz allem ist er nicht verkehrt. Wenn du dir den gekrallt hast, Süße, dann wirst du ihn nie mehr los. Glaub mir.“ Die Engländerin begann schwach zu lächeln. Emma besaß Recht. Rue war nicht verkehrt – Er war eben anders. Und ob er wirklich für immer an ihrer Seite bleiben würde, wenn sie es geschafft hatte ihn für sich zu gewinnen? Bisher gab es keinen Grund über so etwas nachzudenken. Aber es war zweifellos ein schöner Gedanke. „Wie sieht's mit der Schule aus? Hast du nicht auch übermorgen den Aufnahmetest?“, wechselte Emma plötzlich das Thema, sodass Shaelyn verwundert aufblickte. „Ja.“ „Und? Kannst du den Stoff jetzt?“ Gleich nickte Shaelyn zufrieden. „Ja, schon. Ich habe mich ja oft genug hingesetzt.“ Shaelyn strich sich mit einem verlegenen Lächeln die Haare nach hinten, was Emma direkt mit einem interessierten Augenaufschlag aufschnappte. „Was ist los?“ „Hm... Nichts.“ „Komm schon.“, lachte Emma und stieß sie mit der Schulter an. „Naja,... Rue fragt mich morgen noch mal ab. Ich habe ihm versprochen, dass ich es schaffen werde. Eigentlich wollte ich mit ihm zusammen lernen... aber nachher dachte ich mir, er lenkt mich doch zu sehr ab. Also hab ich ihm gesagt, dass er sich keine Gedanken machen muss und er mich vorher kontrollieren kann.“, verriet sie ihrer Freundin mit einem Lächeln. Emma seufzte. „Kann es sein, dass er ziemlich was drauf hat?“ „... Da kannst du dich drauf verlassen. Ich könnte ihn alles fragen und er hätte auf alles eine korrekte Antwort.“ „Nicht schlecht, der Kerl.“, meinte Emma beeindruckt. Shaelyn begann zu grinsen. „Stimmt.“ Emma lachte. Das Zimmer war fertig aufgeräumt. Alles lag gut geordnet an seinem Platz und trotzdem hatte Shaelyn das Gefühl, es herrschte noch Unordnung. Vielleicht lag es an der inneren Unruhe. Gleich wollte sie runter zu Rue und ihm zeigen, was sie alles gelernt hatte. Eigentlich brauchte sie keine Bedenken haben. Sie konnte das geforderte Wissen aufweisen. Aber bei Rue war sie eben nervös. Schließlich wollte sie sich nicht blamieren. Er zählte darauf, dass sie genug lernte. Und immerhin tat sie es auch für ihren Großvater. Das alles nützte nichts! Es würde schon funktionieren! Also ließ sie von ihrem Schreibtisch ab, nahm ihr Notizbuch auf und ging entschlossen zu ihrer Zimmertür. Jetzt müsste sie Rue nur einmal beeindrucken. L betrachtete in alle Ruhe die braune Brühe in seiner Tasse. Es gab in der letzten Zeit viel worüber er sich den Kopf zerbrach. Nichts forderte seinen Verstand mehr. Ein großes gespanntes Netz, dessen Fäden in der Mitte den Punkt aller Überlegungen darstellte. Die Dinge nahmen einen unerfreulichen Verlauf. Er war sich dessen bewusst, dennoch war er unfähig sich dem Netz zu entziehen. L verspürte Unsicherheit. Sein Grund war längst nicht mehr so fest, wie er einst war. Sich zu fragen, ob das alles einen Sinn hatte, so war die Antwort offensichtlich: Dahinter verbarg sich kein Sinn. Eine Tatsache, die den Detektiven zusätzlich zu schaffen machte. Es war nicht begreiflich – und das nach vielen Stunden des Nachdenkens. Er weigerte sich aufzugeben. Es war nicht seine Natur. Doch wie konnte eine einzelne junge Frau seine ganze Denkweise so durcheinander werfen? Das bisher größte Rätsel seines Lebens. Eine wirkliche Herausforderung. Denn, wie konnte er so viel darüber nachsinnen, wenn er längst wusste, dass das alles nichts brachte? Es war verschwendete Zeit. L, der Meisterdetektiv, würde niemals dahinter steigen. Das war frustrierend. Ruckartig wurde die Wohnzimmertüre aufgerissen, woraufhin L erschrocken aufgluckste und den Kaffee fast verschüttete. Direkt starrte er zum Ursprung seines Schocks. Mit aufgerissen Augen, und hart pochendem Herzen, starrte er zu jener jungen Frau hinüber, die all das Chaos in seinem Kopf verursachte. „Ich bin bereit!“, rief sie entschieden. … Irritiert blickte sie zu Rue hinüber. Er sah ernsthaft schockiert aus. War sie doch zu grob an die Sache gegangen? Sie hatte Angst, sie würde ihren Tatendrang und Mut verlieren, wenn sie es nicht sofort tat. Unschlüssig schloss sie die Türe hinter sich und ging zur Couch hinüber – unter den wachsamen Pupillen des Schwarzhaarigen. Allmählich nahm sie auf dem Sofa platz. Er stellte die Tasse weg, legte seinen Daumen an den Mund und wartete offensichtlich auf eine Regung von ihr. „Ich dachte mir, ich zeige dir, was ich alles gelernt habe. Morgen ist die Prüfung...“, begann sie mit einem zurückhaltenden Lächeln zu erklären. Sie war nervös. Hoffentlich würde sie gleich alle Fragen richtig beantworten. „Ich verstehe. Das ist also der Grund für dein … Auftreten.“ Shaelyn wich kurz seinem intensiven Stieren aus. Ja, sie war zu ruppig gewesen. „Tut mir leid. Ich war nur aufgeregt.“, entschuldigte sie sich gleich. „Weil du mein Urteil fürchtest?“ Shaelyn hob aus Überraschung ihre Augenbrauen an. „Nein! Ich habe ja viel gelernt und es verstanden. Also gibt es eigentlich nichts zu befürchten.“ „Dann...“, begann er und griff nach hinten an seine Hosentasche. Verwundert beobachtete sie dies und war erstaunt, als er ein kleines Stück Papier hervorholte. „wird es dir nichts ausmachen, dieses Blatt Papier zu bearbeiten.“ Rue hielt ihr das unordentlich gefaltete Papier entgegen, was sie mit verdutztem Gesichtsausdruck an sich nahm. „Was.... ist das?“ „Deine Überprüfung“ Ein Moment verstrich, in dem sie ihn nur anblickte. War das sein ernst? Ein Blatt Papier? Eine Arbeit? „Ich dachte, du befragst mich...“ „Nein. Es wäre eine gute Gelegenheit damit deine Rechtschreibung und Grammatik zu prüfen.“ Sprachlos klappte ihr leicht der Mund auf. Was hat er noch alles mit einem Blick auf ihre Notizen feststellen können? „Deine Notizen wiesen einige Fehler auf.“, bestätigte er ihre Gedanken und bediente sich an den Süßigkeiten auf dem Tisch. Shaelyn räusperte sich. „...Okay. Und wie viel Zeit habe ich dafür?“ Rue hob den Kopf leicht an und besah sich die Decke. Nachdenklich gab er einen kleinen Laut von sich, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Shaelyn schenkte. „Du hast bis heute Abend zeit.“ Entrüstet riss sie die Augen auf. Wie viel stand auf dem Zettel?! Sofort entfaltete sie das Stück Papier und erschrak. Das gesamte Blatt war voller Fragen! Und schon die erste Frage war nicht mit einem einfachen Satz geklärt. „Das ist ja fast wie Strafarbeit.“, kam es von der schockierten Engländerin, die den emotionslosen Blick von Rue zu spüren bekam. „Hast du jetzt doch etwas zu befürchten?“, fragte Rue und umging somit den Einwurf ihrerseits. Es klang deutlich wie eine Herausforderung. Sie würde bestimmt nicht kneifen! „Nein! Ich mach das!“, gab sie fest von sich. „Du wirst dich noch wundern!“ L hob eine Augenbraue an. Sie war einverstanden und sogar voller Eifer. Umso besser. „Dafür mach ich es aber direkt hier.“, warf sie schließlich ein, woraufhin sie die Schüsseln auf dem Tisch zur Seite schob. „Hast du denn eine Wahl?“, kam es von Rue. Shaelyn hielt inne und sah zu ihm hinüber. „Heißt das... du denkst, ich würde schummeln, wenn ich es aufs Zimmer gewollt hätte?“ Seine großen runden Augen waren auf sie fixiert. Misstraute er ihr so sehr? Was für einen Grund hätte sie? Dachte er wirklich, sie würde betrügen? Nicht einmal in so etwas Unwichtigem schenkte er ihr Vertrauen? Es war mit jeder schweigenden Sekunde verletzender. „Rue... du würdest mir das also wirklich zutrauen?“ Sein Mund öffnete sich und sie befürchtete ein eindeutiges Ja. „Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich.“, antwortete er schließlich monoton, woraufhin ihr gleich leichter ums Herz wurde. Schwer stieß die Schwarzhaarige die Luft aus. Auch wenn er mit seiner Aussage noch einen gewissen Freiraum ließ. Es passte zu ihm. „Solltest du auch...“, kam es ihr mit einem Lächeln über die Lippen. Dann konnte sie jetzt mit ihrer Arbeit beginnen. Es war schwierig sich zu konzentrieren, wenn sie seinen Blick förmlich spüren konnte. Seit sie begonnen hatte, wurde sie praktisch nicht aus den Augen gelassen. Diesmal war sein Blick wirklich unangenehm. Konnte er sich nicht denken, dass er sie damit völlig nervös machte? Lautstark legte sie den Stift beiseite und stellte sich wacker seinem starren Blick. „Schon fertig?“, fragte er gleich interessiert und sie zog den Mund kraus. „Das wäre schön... Aber wenn du mich die ganze Zeit so anstarrst, kann ich nicht nachdenken.“ „Warum?“ Warum? War das eine Fangfrage? „Ist das nicht klar?“ „Nein.“ „Es macht mich nervös.“ Sonst wurde sie nie fertig. Rue konnte sie sonst immer beobachten – was er auch gern tat – aber gerade jetzt war es ihr unmöglich, so die Arbeit zu beenden. „Du wirst noch oft die Gelegenheit haben mich zu beobachten... So wie ich dich kenne, lässt du sowieso keine Gelegenheit aus. Aber jetzt kann ich mich schlecht konzentrieren und werde bis heute Abend bestimmt nicht fertig.“ Irritiert stierte Shaelyn auf seinen Mund. War das ein Grinsen? War das ein gutes Zeichen? Shaelyn glaubte nicht wirklich daran. „Wobei denn?“, kam es neugierig von ihm; was absolut nicht zu seiner Mimik passte. Er wollte sie veräppeln, oder? „... Bei allem? Es ist egal was ich mache, du hast immer ein Auge darauf. Oder nicht?“ Man sah Shaelyn ihre Unsicherheit an. Sie verstand nicht, worauf Rue hinaus wollte. Denn es sah ganz danach aus, als ob etwas dahinter steckte. Was er sich wohl wieder dachte? „Dafür benötige ich allerdings ein besseres Überwachungssystem. Wärst du also einverstanden, wenn ich Kameras installiere?“ Kaum war das letzte Wort gefallen, öffnete sich ihr Mund voller Schreck. „Läuft noch alles Rund in deinem Kopf?“, kam es errötet und empört von ihr - und Rue schlürfte reichlich amüsiert an seinem Kaffee. „Nein. Es war nur eine Überlegung, da ich offensichtlich auf alles ein Auge habe. So würde es mir leichter fallen. Und dabei dachte ich, es würde zu deinem Gefallen beitragen.“ Das Ticken der Uhr im Wohnzimmer verdeutlichte die Ruhe, die schließlich nach seinem Satz einkehrte. Shaelyn brauchte einen Moment zum Nachdenken. Denn reichlich baff starrte sie zum Grund ihrer Sprachlosigkeit. Sie versuchte an seinen Worten irgendwas Positives zu finden. Denn was zum Teufel sagte er da? Es würde ihr gefallen, wenn er ihr überall zusah? Wie sie nackt umher lief, oder die Toilette benutzte? Ging es Rue noch gut? „Ganz sicher nicht!“, verteidigte sie sich nach der Schweigeminute hochrot. „Das geht dich nichts an. … Du bist echt ein Schwein.“, hing sie aufgeregt an und sog scharf die Luft ein. Ihr war so heiß, dass sie schon dachte, sie hätte Fieber. Von ihrem Rauschen in ihren Ohren zu schweigen. Rues Augen blitzten auf. „Seltsam. Ich war der Auffassung, dass es in deinem Sinne wäre.“, meinte er nachdenklich und strich sich mit seinem Daumen über die Lippen. Egal worauf er hinaus wollte – Das Thema war extrem unverschämt. „... Manchmal will ich gar nicht wissen, was alles in deinem Kopf vorgeht. Und jetzt würde ich lieber gerne die Arbeit fertig machen als über so verrückte Sachen zu reden. Aber bitte diesmal ohne permanentes Anstarren.“, kam es ihr eisern über die Lippen. Wenngleich ihre Wangen noch immer den Rotschimmer trugen und ihr Kopf voll von grotesken Vorstellungen war. Es war besser, wenn sie dazu nichts weiteres sagte. Das konnte sich mehr zuspitzen, als ihr – oder ihm – lieb war. Sie wollte fertig werden und nicht mehr über so seltsames Zeug nachdenken. Das war wirklich mehr als absurd. Wie kam er auf die Idee, dass es ihr gefallen würde? Shaelyn schüttelte kaum merklich den Kopf und blickte auf ihr Aufgabenblatt. Ehe sich ihre Nackenhaare aufstellten. Aus ihren Augenwinkeln konnte sie beobachten, wie Rue vom seinem Sessel aufstand und sich in ihre Richtung in Bewegung setzte. Ihr ganzer Körper spannte sich an. Was hatte er vor? Sie umfasste ihren Bleistift fester und war beinahe dabei die Augen zuzukneifen - bevor Rue aus ihrem Blickfeld verschwand und das Sofa hinter ihr ein verdächtiges Geräusch von sich gab. Hatte er sich gerade hinter sie gesetzt? Entsetzt wandte sie ihren Oberkörper um und sah tatsächlich in das Gesicht von Rue. Er verzog keine Miene. „Was machst du da?“, stellte sie gleich verstört die Frage, woraufhin Rue seinen Kopf leicht schief stellte. „Ich beobachte.“, verließ es neutral seinen Mund, was sie nun begann zu provozieren. „Ja... und warum setzt du dich dann unbedingt hinter mich?“ „Damit du nicht siehst, wie ich beobachte.“, meinte er salopp. Gleich zog sie ihre Augenbrauen zusammen. Er nahm sie doch auf den Arm! Er hatte es von Anfang an darauf angelegt. Sie hätte wissen müssen, dass er sie einfach nur ärgern wollte. Als ob ein Sinn hinter seiner seltsamen Idee von vorhin steckte! Und als ob das jetzt irgendwas bessern würde! So wusste sie nicht nur, dass er sie anstarrte, sondern auch noch im Nacken saß. „Du machst das mit Absicht. Warum machst du das?“, kam es noch erstaunlich ruhig von Shaelyn, in der schon der Vulkan zu köcheln begann. „Es gibt keinen besonderen Grund.“ Wie dreist er war! Shaelyn versuchte sich weiter in Beherrschung zu üben. Sie entgegnete seinem emotionslosen Blick mit einem bösen Funkeln. „Wie bitte?“ Es war mehr eine Aussage ihrer Entrüstung als eine Frage – was Rue nicht daran hinderte es als eine solche zu betrachten. „Es gibt keinen besonderen Grund. Mir war danach.“ Der Biss auf ihrer Unterlippe linderte nur schwach die aufkommende Wut. Ihre Augenlider formten sich zu einem Schlitz. „Wenn du mich nicht in Ruhe lässt, kannst du dir die Arbeit in die Haare schmieren! Mach einfach was anderes. Irgendetwas, was nicht mit mich beobachten und auf die Nerven gehen zu tun hat!“, machte sie ihrem Ärger Luft. Er konnte doch nicht von ihr verlangen eine Arbeit unter seiner Nase zu schreiben, wenn er sie nebenbei nur ablenkte – Nein, ärgerte! „Abgelehnt.“, betonte er es schließlich so nachdrücklich wie sie, sodass sie abermals die Luft scharf einzog. Der Vulkan stand vor dem Ausbruch. Mit voller Wut schlug sie den Bleistift auf den Tisch. „Du machst mich wahnsinnig! Musst du mich immer so ärgern?! Was soll der ganze Mist?! Wie soll ich so deine Aufgaben lösen?!“, brüllte sie fast. Wütend stand sie auf und verschränkte die Arme vor ihm. Sie war kurz davor ihm an die Gurgel zu springen. Rue sah das offensichtlich locker, da er nach wie vor ungerührt schien. Seine dunklen Augen verrieten nichts von seinem Denken. Letztlich nahm er seinen Finger vom Mund und begann sich zu regen. Rue richtete sich auf und Shaelyn trat einen Schritt zur Seite. Mit einem unheimlichen Ausdruck in den Augen trat er vor ihr. Jedem anderen wäre in dieser Situation ein eiskalter Schauer über dem Rücken gefahren, doch Shaelyn hielt seinem Blick stand. Rue konnte ihr keine Angst mehr einjagen und gerade war sie wirklich sauer. Sie verstand einfach nicht, was das sollte. „Sag schon. Warum machst du das? Da muss doch ein Grund dahinter stecken, wieso du dich so komisch aufführst. Schon seit ich hier bin, bist du so seltsam. Hab ich was falsch gemacht? Gefällt dir was nicht? Gibt-“ Weiter kam Shaelyn nicht. Rue hatte an ihre Nasenflügel gefasst und drückte sie zu. Das brachte den gewünschten Effekt. Shaelyn atmete lieber als wie ein Wasserfall zu plappern. „Du solltest ab und zu Luft holen.“, meinte L und machte keine Anstalten seinen Zeigefinger und Daumen von ihrer Nase zu nehmen, ganz egal wie energisch sie versuchte sich seinem Griff zu entreißen. „Lass los!“, brachte sie dumpf über die Lippen, während sie mit ihren Händen versuchte seine zu lösen. „Es wäre eine Überlegung wert.“ An ihrer Nase festhaltend, verzog Shaelyn ihren offenen Mund. „Wenn?“ Ihre Tonlage verriet ihren Unmut, was der Detektiv jedoch ignorierte. „Du mir versicherst, deine Stimme zu schonen.“ Das gefiel ihr absolut nicht. Ihr Ausdruck sagte mehr als sie im Augenblick sagen konnte. „Ne.“, sagte sie zu seiner tatsächlichen Überraschung, die sich durch ein Augenbrauen anziehen äußerte. „Erst wenn du dir die Augen verbindest.“, hing sie an. „Warum sollte ich das tun?“ „Damit du mich in Ruhe arbeiten lässt. Mehr will ich gar nicht von dir. Und das ist doch auch nicht zu viel verlangt, oder? Wäre es okay?“ Ihre Stimme normalisierte sich gegen Ende, da er langsam sein Zudrücken nachgab. Shaelyn wusste nicht was sie sagen sollte. War das eine Zustimmung ihres Vorschlags? Oder warum ließ er plötzlich von ihrer Nase ab? Verwirrt blickte sie in die nahezu leeren Augen ihres Gegenübers. Unsicherheit beschlich sie. Irgendetwas war gerade unangenehm. Allerdings wusste sie nicht woher das stammte. Sicher bildete sie sich nur wieder etwas ein. Shaelyn fasste sich an ihren linken Arm, während sie dem undefinierbaren Starren auswich. „Ich denke, das ist also ein Ja?“ „Ja.“, folgte es monoton. Ihre Alarmglocken schrillten: Da stimmte etwas nicht. Hatte sie nun tatsächlich etwas Falsches gesagt? Unmittelbar sah sie hastig doch zu Rue hinüber, der sich jetzt allerdings umdrehte. War sie dabei ihren Mund erneut zu öffnen, als sie sich selbst stoppte. Sollte sie ihn fragen, ob alles in Ordnung war? Würde ihn das stören, wenn sie fragte? Sicherlich würde er wie sonst nicht darauf antworten. Bestimmt war es besser, wenn sie still blieb. Gegen ihr starkes Bedürfnis, ihn zu fragen, kam sie nur schwer an. Jedoch siegte der Gedanke, dass es besser wäre zu schweigen. Schließlich musste sie lernen seine Privatsphäre zu akzeptieren. Lernen geduldig und beherrscht zu sein. Das war ihr Vorsatz, an den sie sich bis vorhin gut gehalten hatte. Nicht aufdringlich sein. Warten, bis Rue etwas tat. Aber nicht ganz aus seinem Blickfeld verschwinden. Im Moment war es wirklich sehr schwer sich zu zurück zu halten. Sie hatte das Gefühl, sie müsste ihn aufmuntern. Warum, das wusste sie selbst nicht wirklich. Als Rue allerdings nicht auf seinem Sessel platz nahm, sondern an diesem vorbei ging, stutzte die Engländerin. Was tat er da? „Wo gehst du hin?“, stolperte sie ihm einen Schritt nach. „Du hast nach wie vor bis heute Abend Zeit. Bis dahin werde ich mich zurückziehen.“ Shaelyn verstand nicht was das zu bedeuten hatte. Wieso reagierte er so? Warum ging er? „Aber ich dachte...“ Rue hielt kurz vor der Tür inne und wandte seinen Oberkörper zu ihr um. Sein Ausdruck wirkte unnahbar. „Ich vertraue dir.“ Worte, die Glück auslösen sollten – doch große Sorge hinterließen. Shaelyn spürte stark, dass etwas nicht richtig war. Rue bedrückte was. Bevor sie nun doch fragen konnte, klackte die Türe des Wohnzimmers. Er war gegangen. Shaelyn begann zu zweifeln. Was konnte sie falsch gemacht haben? Oder hatte er verstanden, dass sie Ruhe brauchte? Aber er wollte doch dabei sein. Und dieser Ausdruck... Hatte das vielleicht rein gar nichts mit ihr zu tun? Wieso konnte sie so schlecht einschätzen, was er dachte und fühlte? Konfus ließ sie sich auf das Sofa nieder. Wäre Nachlaufen eine gute Idee? Ihr Gesicht versank in ihren Händen. Die Schatten im Raum wurden immer länger und breiter. Die tief stehende Sonne verriet den Abend und schließlich auch, dass es langsam Zeit für Shaelyn wurde. Nach dem seltsamen Gespräch, konnte sie sich weiterhin schlecht konzentrieren. Demnach brauchte sie tatsächlich bis zum Abend um die letzte Aufgabe in aller Ausführlichkeit aufzuschreiben. Einigermaßen zufrieden blätterte Shaelyn durch die Seiten, die sie dafür benötigt hatte. Was Rue von ihr verlangt hatte, war bestimmt das 20 Fache von dem, was der Lehrer wissen wollte. Aber sie hatte es endlich geschafft. Und als Belohnung dröhnte ihr Kopf. Mit einem Seufzen legte sie die vollgeschriebenen Seiten beiseite und gönnte sich ein paar süße Snacks aus den Schüsseln vom Tisch. Gleich würde bestimmt Rue kommen. Weswegen sie versuchte ruhig auf ihn zu warten und ließ ihren Blick über den Tisch schweifen. Schon lange wunderte sie sich nicht mehr. Es war Alltag so viel Süßes zu sehen. Und es war jedes Mal erstaunlich, was sich alles an Süßes finden ließ. Nicht immer dieselben Leckereien. Manches sah aus, als ob es von einem fernen Land kam. Demnach besah sich Shaelyn die bunte Masse an Süßigkeiten genauer an. Eine Schüssel sah verdächtig leer aus. Nur ein paar kleine weiße Kugeln lagen noch darin. Rue musste sie wohl besonders gern haben, was ihre Neugier anfachte. Mit einem Griff in die Schüssel, stellte sie sofort fest, dass es weißes Puder war, das an den Kugeln haftete. Allerdings ehe sie die Kugel verputzte, roch sie daran und stellte etwas Weiteres mit einem Lächeln fest. Natürlich war es Vanille. Aber was noch darin war? Vorsichtig biss sie in die Vanillekugel und war überrascht als es leicht knackte. Sie schmeckte gleich eine unverwechselbare Mischung. Die Kugel war mit Kirsche gefüllt. Verblüfft besah sie sich die übergebliebene Hälfte. Es war lockere Kirschcreme, ummantelt mit einer Waffel und außen herum mit Vanillepuder bestäubt. Rue hatte wirklich einen guten Geschmack. Weshalb es nicht nur bei der einen Kugel blieb, die sie aß und dabei in Ruhe nochmals sein Arbeitsblatt ansah. Mit Erstaunen, und vollem Mund, bemerkte sie erst jetzt, dass alles von ihm handgeschrieben und schön leserlich war. Rue hatte sich extra ein wenig Zeit dafür genommen. Shaelyn seufzte und fasste sich kurz an die Nase. Er tat mehr, als man auf den ersten Blick sah. Jetzt war ihr schlechtes Gewissen noch größer. Als Shaelyn die Schüssel geleert hatte, stellte sie beunruhigt fest, dass Rue noch immer nicht da war. Langsam fragte sie sich wo er blieb. Denn sie musste mittlerweile das Licht anschalten gehen, damit es nicht zu dunkel war. Nachdem sie den Lichtschalter betätigt hatte, hielt sie in der Bewegung inne. War es doch viel schlimmer gewesen als sie dachte? Shaelyn hatte angenommen, dass sie nur wieder zu viel hineininterpretierte – oder hatte versucht es sich einzureden. Außerdem wollte sie ihm Ruhe geben. Da fiel ihr etwas ein. Er sagte, er wollte sich zurückziehen. Hieße das vielleicht, dass er schlief? War er eventuell nur müde gewesen? Ihr Herz machte einen Sprung. Sie erinnerte sich an das letzte und eigentlich erste Mal, als sie ihn schlafen sah. Natürlich hatte sie nicht widerstehen können und küsste ihn gleich. Der völlig überraschend den Kuss auch noch erwiderte. Shaelyn lächelte in sich hinein. Wenn sie so darüber nachdachte, klang das seltsam schön. Wie ein Traum selbst, aus einer langen vergangenen Zeit. Ob Rue zu dem Zeitpunkt etwas geträumt hatte? Sollte sie jetzt zu seinem Zimmer gehen und einmal nachsehen? Aber würde das nicht wieder gegen ihren Vorsatz sprechen? Nein. Sie hatte einen guten Grund ihn aufzusuchen. Die Aufgaben waren alle fertig und bereit zur Begutachtung. Außerdem war Abgabetermin. Mit Bedenken, ob das alles wirklich richtig war, machte sie sich auf in den ersten Stock. Auf dem Weg dahin schaltete sie überall das Licht an. Es war in manchen Ecken im Dunkeln viel zu unheimlich. Das ganze Haus schien bei Dunkelheit eine ganz andere Seite zu haben. Aber viel mehr Sorgen bereitete ihr das Zusammentreffen auf Rue. Shaelyn schüttelte ihren Kopf. Sie würde es gleich sehen. Die Türe knarrte leise, als Shaelyn sie aufdrückte. Es war wie vermutet stockfinster, denn selbst die Vorhänge waren zugezogen. Leider brachte das schummrige Licht vom Gang auch nicht sehr viel. Allerdings horchte sie auf. Sie hörte eindeutig das Rascheln einer Kleidung. „Was gibt es?“, durchzog es die Schwärze, was sie zusammenzucken ließ. Rue war hier. Shaelyn konnte nicht ausmachen woher seine Stimme stammte. „Ich bin fertig mit deinem Aufgabenblatt...“, gab sie schwach zurück. Noch immer hatte sie die Türklinke fest im Griff. Sie fühlte die Anspannung deutlich. „Komm rein und setz' dich.“, vernahm sie nun deutlich näher. Gleich sah sie sich genauer um – auch wenn das nichts brachte. Warum saß er mitten in der Dunkelheit in seinem Zimmer? „Naja, eigentlich liegt die Arbeit unten.“ „Dann sollten wir dort hin gehen.“ Plötzlich blendete sie das Licht des Zimmers, weshalb sie die Augen zukniff. L studierte das Gesicht von Shaelyn, welche langsam die Augen öffnete. Ehe er sich ein Urteil über ihre Körpersprache bilden konnte, fiel ihm etwas sehr Prägnantes auf. Unschlüssig starrte er auf ihren Mund, teils ihre Wange und Nase. War das Puder? „W-Was ist?“, fragte sie als erstes, als sie seinen Blick bemerkte. L hob seine Hand an und deutete mit seinem Zeigefinger auf ihr Gesicht. „Du hast da was im Gesicht.“ „Oh!“, kam es erschrocken von ihr und sie wischte sich gleich das Puder von den Wangen und Mund. „Tut mir leid... ich habe diese Vanillekugeln entdeckt. Die waren so lecker, dass ich sie gleich alle gegessen hab.“, meinte Shaelyn mit einem Lächeln entschuldigend, was sein Interesse weckte. „Das waren die letzten.“, gab er gewollt traurig von sich, das Shaelyn einen regelrechten Schock versetzte. „Tut mir leid! Ich dachte... Eigentlich habe ich gar nicht daran gedacht.“ „Demnach ...“ L hob seinen Kopf an, besah sich kurz die Decke, ehe er Shaelyn erneut anblickte. Sie wartete gespannt auf seine Worte. „schuldest du mir etwas.“ Gleich änderte sich ihr Ausdruck. „Das ist gemein!“ Shaelyn versuchte ihn mit einem gekränkten Blick zu tadeln, was allerdings fehlschlug. Es war tatsächlich der letzte Rest gewesen – mit einer Ausnahme. L ließ es auf einen Versuch ankommen. Es war eine passende Gelegenheit. Als Rue seine Hand hob, blickte sie diese irritiert an. Was hatte er vor? Unsicher prüfte sie kurz den Ausdruck Rues, der jedoch vollkommen ungerührt schien. Ihr Herz begann wild zu klopfen. Kein Moment später strich er behutsam mit seinem Daumen abwärts über ihre Nasenspitze und berührte, wenn auch nur für einen winzigen Augenblick, darauffolgend ihren Mund. Von Schmetterlingsschwärmen in ihrem Magen benommen, registrierte Shaelyn nur halb, dass Rue wenig später über jenen Daumen leckte, der sie so sachte berührt hatte. Ihr Kopf war leergefegt. „Du hattest da etwas vergessen.“, kommentierte Rue gelassen seine Geste und hielt sie mit seinem Blick gefangen. Irgendwie konnte sie darauf nichts erwidern. Still nickte sie hastig und versuchte das wilde Pochen in ihrer Brust zu überstehen. Rue stellte ihre Geduld und Beherrschung auf eine sehr sehr harte Probe. Wie erwartet, hatte Rue gleich ihre Blätter studiert und kam später zu dem Ergebnis, dass sie, in seinen Augen, gerade so bestanden hätte. Wenngleich er ihr die Note 'Befriedigend' gab. Sie hatte resigniert und nahm seine harte Kritik zur Kenntnis. Rue war eben ein strenger Lehrer, der sehr viel Wert auf Genauigkeit und Sorgfalt legte. Als schließlich der richtige Test am darauffolgenden Tag anstand, war sie kaum nervös. Und die Aufregung verschwand völlig, als sie die wenigen Aufgaben vom eigentlichen Lehrer bekam. Somit war das Ergebnis tadellos und der Lehrer war mehr als zufrieden. Ihr Unterricht würde in einem Monat beginnen und ihr Zeit geben, noch alte Kenntnisse aufzufrischen. Man erwartete von ihr, dass sie gleich dem Unterricht folgen konnte, weshalb man ihr eine ganze Mappe an Unterlagen überreicht hatte. Jetzt hieß es; noch mehr lernen. Niedergeschlagen saß Shaelyn an ihrem Schreibtisch und betrachtete die Uhrzeit auf ihrem Wecker. Es war Morgen und sie hatte gestern ihre weitere Fahrstunde hinter sich gebracht – mit einem nicht verbesserten Ergebnis. Sie sei zu verkrampft. Was man am besten beobachten konnte, wenn sie Minuten versuchte, den Wagen zu starten. Die Theorie war absolut kein Problem, aber die Praxis war niederschmetternd. Und selbst der Gedanke, dass morgen Valentinstag war, verbesserte es nicht. Emma hatte sich doch dazu entschlossen, ein paar auserwählte Jungs einzuladen. Ihrer Meinung nach, waren sie ganz okay und sie würden für Spaß und Abwechslung sorgen. Demnach war es eine kleine Gruppe. Zwar mehr Mädchen als Jungs, aber es waren welche dabei. Mit einem lauten Seufzen, setzte Shaelyn sich letztendlich auf und betrachtete das Magazin, welches vor ihr auf dem Tisch lag. Sie hatte vor, heute noch ein wenig zu backen. Eigentlich tat sie das schon immer zu Valentinstag. Letztes Jahr war durch ihre Blindheit ausgefallen und davor... da war noch ihre Familie da. Ihr Vater mochte ihr Gebäck in Herzform immer am liebsten. Diesmal hatte sie sich aber nicht für Gebäck, sondern für reine Schokolade entschieden, mit ein paar Überraschungen. Es war einfach eine Tradition etwas zu dem Ereignis zu machen. Das stammte hauptsächlich von ihrem Vater und ihre Mutter wollte immer, dass sie ihr half – was sie immer gern getan hatte. Mit einem traurigen Lächeln, versuchte sie nach Vorn zu sehen. Sie würde es einfach weiterführen. Und Rue würde sich bestimmt darüber freuen. Auch wenn das Backen und Schokolade machen bisher nicht unbedingt romantische Hintergründe hatte, war es zum ersten Mal zum Teil so. Jetzt war sie doch etwas aufgeregt. Konnte sie denn ohne Hintergedanken Rue beruhigt Süßes in Herzform schenken und das an einem Valentinstag? Annehmen würde er es garantiert – immerhin war es Süßes. Nachdem Shaelyn die Küche betrat, sah sie ihren Großvater an der Theke stehen. Gleich wandte sich der alte Mann zum Gast um. „Hallo, Shaelyn.“ begrüßte er sie höflich. „Hallo, Opa.“, erwiderte sie gleich mit einem breiten Lächeln. „Hast du alles bekommen?“ Ihr Großvater nickte. „Ja.“ Freudig stellte sich sich ihrem Großvater gegenüber an die Theke. „Dann kann ich ja heute Abend loslegen.“, kam es erheitert über ihre Lippen. Aber hoffentlich kreuzte Rue nicht auf. Er besuchte natürlich gern die Küche. „Gibt es etwas, was ich wissen sollte?“ Wenn man vom Teufel sprach. Augenblicklich wandte sich Shaelyn um. Der Schwarzhaarige beäugte die Situation mit wachen Augen, während er die Küche betrat. „Nein...“, versuchte sie ihr bestes und bekam nur einen skeptischen Blick zugeworfen. Er roch einfach, wenn etwas vor sich ging. „Nur eine kleine Unterhaltung mit meinem Opa, nichts weiter.“ Eigentlich log sie nicht gern, aber es war zu einem guten Zweck, weshalb sie vergnügt lächelte. Und konnte man es ihr im Nachhinein übel nehmen? Es sollte eine kleine Überraschung werden. Zumindest für Rue. Ihr Großvater wusste bescheid, bekam aber natürlich auch etwas. Jetzt musste sie allerdings nur noch Rue von ihrer Unschuld überzeugen. Nicht, dass er doch noch etwas heraus bekam. Watari war mindestens genauso geschickt darin seine Mimik zu kontrollieren wie L, wenngleich der alte Herr es gezielt zum Einsatz brachte. Allerdings verriet die Körpersprache von Shaelyn genug, um seinen Verdacht zu bestätigen, weshalb er ihr schließlich auch gefolgt war. Nervös ließ sie von der Theke ab und strich sich ein paar Strähnen hinter ihr Ohr. „Möchtest du etwas?“, fragte sie ihn freundlich und er ließ sich es sich nicht zwei mal sagen. „Ein Stück Erdbeertorte“, bekam sie als Antwort, woraufhin sie gleich mit den Worten: „Ich hol dir eben eins.“, zum Kühlschrank ging. Watari hielt sich komplett im Hintergrund, was nicht das erste Mal war. Trotz der uneingeschränkten Treue und dem Vertrauen, wusste L, dass seine rechte Hand auch auf der Seite seiner Enkelin stand. Watari saß zwischen den Stühlen und hielt sich so gut es ging bedeckt – wobei L selbstverständlich wusste, was der alte Herr gern sah. Unter anderem gerade eben jene Situation. L war sich sicher: Watari betrachtete all das mit einem wissenden Lächeln. Als Shaelyn ihm einen Teller mit dem gewünschten Stück Torte hinhielt, besaß sie noch immer das liebliche Lächeln. „Hier, bitte.“ „Danke.“, kam es neutral von ihm und nahm ihr den Teller ab, nur um direkt unter ihrem überraschten Ausdruck ein Stückchen Torte zu verputzen. Unschuldig entgegnete er auf ihre Mimik: „Ihr könnt fortfahren.“ „Willst du nicht lieber ins Wohnzimmer essen gehen? Oder im Esszimmer?“ „Nein, hier ist es viel geselliger.“ Ihr Gesichtsausdruck änderte sich einige Sekunden gar nicht, ehe sie tatsächlich etwas zu lachen begann. Offensichtlich besaß sie gute Laune – was ihn nur neugieriger stimmte und er sich eine weitere beladene Gabel in den Mund steckte. „Du bist zu neugierig, Rue.“ „So?“ „Ja. Keine Sorge, was ich mit Opa besprochen habe, ist nichts schlimmes.“ „Und was?“, fragte er prompt. „Möchtest du noch etwas Kaffee oder Tee zum Verhör?“, hakte Shaelyn freundlich nach, was ihn, mit der Gabel am Mund, kurz grübeln ließ. „Kaffee.“ Er könnte dieses Spielchen den ganzen Tag lang betreiben. Shaelyn seufzte ergeben. Rue machte sich einen Spaß daraus. Sobald er auch nur ein kleines Geheimnis roch, war er voll bei der Sache und ließ nicht locker. Trotzdem würde sie nichts verraten! Vielleicht sollte sie das ganze Thema auf etwas anderes lenken, oder... „Morgen ist Valentinstag.“ Rue gab keine Regung von sich, sondern aß weiter munter an seinem Stück Torte. Sein unbeirrbarer Blick lag auf sie. Jetzt wurde sie wieder nervös. Es war vielleicht doch die falsche Entscheidung auf offensiv zu gehen. Doch! Sie hatte noch gar nichts von der Verabredung gesagt! Irgendwie war das in Vergessenheit geraten. Es war auch eigentlich nichts Schlimmes. „Ich gehe morgen aus.“ Rue, der sich gerade die nächste Ladung in den Mund stopfen wollte, hielt inne. Fragend beobachtete sie sein bewegungsloses Starren. „Ich wurde eingeladen und habe zugesagt.“, meinte sie ehrlich und wich dann seinem, noch immer, starren Blick aus. „Ist doch nichts Verkehrtes, oder?“ Eigentlich wünschte sie sich, er würde es jetzt bejahen. Aber sie wusste, dass das im Grunde gar nicht möglich war. Es war nur eine schöne Vorstellung. Ebenso, wenn er etwas mit ihr unternehmen würde. Was würde sie alles dafür geben... „Shaelyn, dürfte ich dich zuvor um Etwas bitten?“ Verwundert wandte sie sich ihrem Großvater zu, der sie freundlich anlächelte. „Natürlich. Was denn?“ „Übermorgen findet deine nächste Fahrstunde statt.“, begann ihr Großvater und sie schluckte augenblicklich. Sie ahnte nichts Gutes. „Dein Fahrlehrer macht sich große Sorgen und hat mich über deinen Fortschritt in Kenntnis gesetzt.“ Nervös biss sie auf ihrer Unterlippe herum. Das Thema zuvor war völlig vergessen. „Dein Lehrer hat vorgeschlagen, privat mit einem Fahrer zusätzlich etwas zu üben. Ich halte das für einen hervorragenden Vorschlag.“ Sie rieb sich unsicher ihren linken Oberarm. Es war ihr peinlich, dass ihr Opa es ansprach und das noch vor Rue, welcher vollkommen still war. „Und wie machen wir das? Und wann soll ich üben?“ „Hier auf dem Gelände. Das gute Stück von der Garage hinunter zum Tor. Da es Privatgelände ist, darf man auf eigenes Risiko mit einem Fahrer üben.“, erklärte er Shaelyn ruhig und freundlich. „Da deine Schwierigkeit beim Anfahren und dem Gänge schalten liegt, kannst du hier leicht ein paar Fortschritte machen.“ „Hmh... okay. Und wann machen wir das? Jetzt?“ „Nicht mit mir, Shaelyn. Ryuzaki wird dir zeigen, wie das von statten geht.“ Kaum war der Name gefallen, war ein klirrendes Geräusch zu hören und Shaelyn, wie sie erschrocken aufgluckste. „Rue... ?“, meinte sie misstrauisch und drehte sich zu ihm. Irgendwie sah er genauso geschockt aus wie sie? War das nicht abgesprochen? Und überhaupt... Rue? Sie wusste, dass er Autofahren konnte, aber... Das war doch abstrus. Außerdem half das ihrem Problem nicht weiter! Sie wäre sicher nur nervöser als vorher! „B-besser nicht.“ „Warum?“, gab Rue nun doch einen Ton von sich. Er sah skeptisch aus. „Ich mach so viel falsch und … ich bin einfach aufgeregt! Wenn du mir über die Finger schaust, wird das eher schlimmer als besser. Außerdem bist du so kritisch und … das klappt nicht.“ „Gib Ryuzaki eine Chance. Ich bin mir sicher, er wird dir eine Hilfe sein.“, war es von Watari zu hören und sie hätte sich am liebsten die Haare gerauft. Es war im Grunde gut, was ihr Großvater tat. Sie würde Zeit mit Rue verbringen. Das wollte sie mehr als alles andere. Aber sie wollte ihn mit ihrem Können beeindrucken und nicht anders herum... Fertig angeschnallt und alles eingestellt, saß Shaelyn wenig später am Steuer des englischen Wagens ihres Opas. Rue saß, ebenfalls angeschnallt, neben ihr. Fest umfasste sie das lederne Lenkrat. Schon jetzt erkannte man ihre verkrampfte Haltung. Es rasten so viele Fragen durch ihren Kopf, dass sie wie versteinert einfach nur am Steuer saß. „Shaelyn.“, wurde sie von der Seite angesprochen, sodass sie stark zusammenzuckte als wäre sie bei irgendwas ertappt worden. Direkt starrte sie zu Rue hinüber, der seinen Zeigefinger ziemlich nah vor ihr Gesicht hielt. „Die erste Regel: Entspanne dich. Zweite Regel: Das Auto tut nichts, solange du nichts tust. Folglich reagiert es auf deine Bewegungen. Daher dritte Regel: Deine Bewegungen werden durch Gefühl gesteuert. Jeder Wagen lässt sich minimal anders Anfahren und auch Steuern. Demnach, wenn du lernst deine Aufregung zu kontrollieren, wird dir auch der Rest gelingen. Eine simple Sache der Übung.“ Shaelyn nickte schwach. Soweit war sie schon. Zumindest hatte sie sich das denken können, aber die Umsetzung stockte stark. Der Finger senkte sich, sodass Shaelyn wieder Rue besah. Er saß dort ganz normal, wie es jeder andere tun würde. Ein seltsamer Anblick. „Und wenn wir schon hier sitzen, solltest du den Wagen starten.“, warf er nun monoton und den Vorschlag ein, woraufhin Shaelyn direkt an das Zündschloss fasste, in dem der Schlüssel steckte. Mit dem Blick auf den Kiesweg vor sich gerichtet, drehte sie den Schlüssel und der Wagen startete. Jetzt, nachdem der Wagen leise brummte, wurde sie nur nervöser. Es wurde ernst. „Langsam die Kupplung drücken und den ersten Gang einlegen.“, gab er vor und sie versuchte ihr bestes. Und sie tat ihr bestes – sie würgte den Wagen ab. Schon jetzt wäre sie gerne im Erdboden versunken. Natürlich. Also versuchte sie sich am zweiten Versuch, der wenig später auch in einem Desaster endete. Und der dritte Versuch versprach auch nicht mehr. Beim vierten Anlauf schien es fast geschafft, ehe der Wagen doch nach Hilfe schreiend aufgab. Sie war mit jedem Versagen nervöser. An dieser Stelle angekommen, ergriff Rue wieder das Wort. „Ruhiger. Und wenn du es geschafft hast, den Gang einzulegen, wieder langsam von der Kupplung und auf das Gas.“ Rue hörte sich recht neutral an, weshalb sie einen Blick riskierte und seinen Blick aufschnappte. Er wirkte so gelassen. „Noch eine Frage?“ „I-ich kann mich nicht beruhigen.“ „Das war keine Frage.“ „Rue!“, rief sie mehr Hilfe suchend als erbost. Sie brauchte ernsthaft Hilfe. „Einverstanden. Mach den Wagen aus.“ „Was?“ „Mach den Wagen aus.“, wiederholte er. Ohne Wiederworte zu geben, tat sie schließlich, was Rue wollte. Perplex sah sie dann mit an, wie er sich abschnallte und aus dem Wagen stieg. Großer Zweifel machte sich breit. War sie doch so schlecht, dass Rue aufgab? Sie hatte sich völlig lächerlich gemacht. Als sie mit dem Kopf auf dem Lenkrad lag und sich selbst aufgab, hörte sie, wie die Türe hinter sie geöffnet wurde. Gleich setzte sie sich auf und blickte in den Rückspiegel. Rue hatte auf dem Sitz hinter ihr platz genommen. „Lehne dich zurück und schließe deine Augen.“, wies er sie ruhig an und ihr Herz sprang fast aus der Brust. Sie sollte was machen? Zögerlich befolgte sie auch diesen Befehl und schloss die Augen. An Nichts denkend, fühlte sie kaum später, wie ihre Haare am Nacken fort gestrichen wurden und ihr ganz flüchtig ein wohliges Seufzen entlockte. Seine Finger berührten sie sachte am Nacken, bescherten ihr eine Gänsehaut, brachte ihr Puls zum Explodieren, wie es längst das Gefühl in ihrem Bauch war. Als Rue sanft begann ihren Nacken zu massieren, spürte sie jede einzelne Faser ihrem Körper zittern. Jeder Nerv war perfekt getroffen und löste eine Verspannung nach der nächsten. Ganz zu schweigen von ihren Gedanken, die er damit auch einfach auflöste. Shaelyn dachte nichts. Sie fühlte nur. Und das waren seine geschickten Finger an ihrem Nacken, wie sie immer wieder auf und abwanderten und dabei keine Stelle ausließen. Ihr blieb keine Wahl. Sie musste immer wieder glücklich Seufzen und ließ sich vollkommen fallen. Rue konnte einfach alles... Es setzte eine Erholung ein, die selbst dem Detektiven neu erschien. Shaelyn war vollständig im Dämmerzustand, das ihm bewies, wie viel Vertrauen sie ihm schenkte. Diese Technik war nur erfolgreich, wenn man sich darauf einließ und das tat sie mehr als bereitwillig. Jedoch konnte L sich bei ihrem Seufzen zunehmend nicht mehr konzentrieren. Es traf bei ihm auf ungewollte Reaktionen und auch Gedanken. Folglich ließ das Massieren nach und endete schließlich. „Rue, mach doch weiter... Du kannst das so... fantastisch.“, verließ es hingerissen ihren Mund, was seinen Herzschlag weiter beschleunigte. Entgegen seinem starken Bedürfnis, zog er seine Hände zurück. „Ich denke, du bist genug entspannt. Wir sollten jetzt fortfahren.“, sagte er unbeeinflußt und erwischte sich dabei, wie er kurz an seiner rechten Hand roch. ... Ganz wie vermutet duftete seine Hand nach ihrem Shampoo. Nachdem Rue wieder links neben ihr Platz nahm, realisierte sie, dass der Traum irgendwann ein mal ein Ende finden musste. Aber sie fühlte sich unbeschreiblich. Erholt und voller Leben. Ob das nur an der Massage lag? Shaelyn lächelte kurz in sich hinein, ehe sie zu dem Ergebnis kam, dass es sicher auch zum Teil an Rue selbst lag. Bei keinem anderen hätte das Berühren so viel angerichtet. Außerdem war sie ihm schon lange nicht mehr so nahe gewesen... Shaelyn fühlte sich, als könnte sie Bäume ausreißen. „Alles klar. Jetzt muss es ja klappen, oder?“, meinte sie begeistert, auch wenn sie natürlich teilweise noch aufgeregt war. Aber Rue seine Mühe von eben sollte nicht umsonst gewesen sein. Es wäre doch wirklich gelacht, wenn sie es nicht wenigstens schaffte fünf Meter voran zu kommen. Rue sagte nichts, sondern wartete anscheinend auf ihre Initiative, welche sie ergriff. Mit einem tiefen Luftzug drehte sie den Schlüssel um und probierte ihren nächsten Anlauf. Shaelyn schaffte es tatsächlich den Gang einzulegen und ein wenig aufs Gaspedal zu drücken, ohne dass der Wagen ruckartig zum Stehen kam. Allerdings war es noch zu früh für ein so breites Lächeln, wie es Shaelyn im Gesicht stand. Das war die Meinung von L, der kritisch ihre Bewegungen beobachtete und auch den Weg im Auge behielt. Einige Meter waren langsam gemeistert und L fand, es wäre ein guter Test um ihr Gefühl für die Bremse zu testen. „Halte jetzt vorsichtig an.“ Allerdings hörte sie diesmal nicht genau auf seine Anweisung und drückte die Bremse zu stark. Augenblicklich gab es einen heftigen Ruck und L war froh um den Gurt, auch wenn ihm die Luft aus der Lunge gepresst wurde. „Vorsichtig.“, betonte L nachdrücklich und mit dem Schock im Gesicht geschrieben. Shaelyn lächelte ihm schief entgegen. „Entschuldige...“, lachte sie schwach. „Ich... probiere es einfach noch mal.“ „... Ja.“ Als eine halbe Stunde vorbei war und in derer noch viele vergebliche Versuche getan wurden, fühlte L sich erschöpft. Die Schaukelei schlug auf seinen Kopf, weshalb ihn Kopfschmerzen plagten. L brauchte dringend eine Pause. „Das reicht für heute, Shaelyn.“, merkte er an, während er seinen Nasenrücken massierte. Sie schaltete den Motor ab. „Geht es dir gut?“, fragte sie, da sie aufmerksam geworden war. „Schon gut. Nur etwas Kopfschmerz.“ „Tut mir leid... Ich habe mein Bestes versucht.“ Bedrückt seufzte sie. „Es waren gute Anläufe dabei.“ Sofort hellte sich ihre Miene auf. „Dann heißt das, ich habe Fortschritte gemacht?“ „Das kann man durchaus sagen.“ „Toll!“, freute sie sich, schnallte sich unter seinen misstrauischen Blick ab und kam über dem Sitz zu ihm gekrochen. Mit einem Überschlag seines Herzens, stellte er erschrocken fest, dass er quasi in der Falle saß. Schließlich wurde er mit einem Kuss auf die Wange überfallen. „Das ist immer wieder toll, wie du mir hilfst.“, strahlte sie ihn an und setzte sich zurück auf ihren Platz. Überrascht hielt er sich die Wange. „Was ist? So geschockt? Ich freue mich. Und ich dachte, ihr zeige dir das...“, kicherte sie vergnügt. „Und wegen morgen. Keine Sorge, Emma hat mich und ein paar Mädchen eingeladen... und zwei völlig ungefährliche Jungs.“, zwinkerte sie ihm zu. „Wollen wir dann zurück laufen?“, fragte Shaelyn mit einem bezaubernden Lächeln. L musste feststellen, dass es bisher keinen Moment gab, in dem er sich so erleichtert gefühlt hat Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)