All the Wrong Reasons von Xynn (... are they the Right Decisions?) ================================================================================ Kapitel 24: On your side ------------------------ Dieses Kapitel ist einer besonderen Person gewidmet. Ich muss leider ein zwei Zeilen dafür opfern, eine Bekanntmachung zu geben. Da ich zurzeit massive private Probleme habe, muss ich die Story vorerst 2-3 Monate pausieren. Ich hoffe, ihr habt dafür etwas Verständnis. Ebenso, dass ich leider nicht dazu kam das Kapitel zu Ende zu führen und daher gespalten wird. Danke für die Aufmerksamkeit. ____ Teil 1 des Kapitels Shaelyn entschied sich doch für die Sachen, die sie in ihrem Kleiderschrank fand. Wollte sie nicht das Dress anziehen, das Emma ihr geliehen hatte. Es war nur für Rue bestimmt gewesen, das demnach auf der Party anzuziehen, wäre falsch. Zwar wirkte sie nun eher wie ein niedliches Mädchen als eine junge Frau, doch blieb ihr kaum etwas anderes übrig. Nachdem sie fertig angekleidet war, war es auch langsam Zeit aufzubrechen. Emma hatte sie schon eher zu sich gebeten – warum, das wusste Shaelyn nicht. Daher schlug die Uhr knapp 16Uhr und sie machte sich aufgeregt auf den Weg hinunter in den Eingangsbereich – wo sie prompt Rue begegnete, der sie gleich mit seinem intensiven Blick erfasste. Aus reinem Reflex stoppte sie auf der letzten Stufe der Treppe, hob ihre Hand an die aufgeregte Brust. Sie hatte eindeutig nicht mit Rue gerechnet und natürlich brach wieder Chaos über sie hinein wenn er sie so anblickte. Doch fiel ihr einen Moment später etwas sehr Entscheidendes auf: Sein sonst so reines weißes Shirt war nun rabenschwarz – Er trug ihr Weihnachtsgeschenk! „Du... trägst ja das schwarze Shirt!“, rief sie umgehend aus und lächelte freudig, tat dabei den letzten Schritt von der Treppe; und schließlich weitere auf ihn zu. Rue zog lediglich kurz eine Braue an. „Gute Beobachtungsgabe.“ „Ach, komm, sei mal wieder nicht so sarkastisch! Ich freu' mich!“ Als er schon seinen Mund öffnete, kam sie ihm blitzschnell zuvor: „Jaja, 'das sieht man'.“, nahm sie ihm die Worte aus dem Mund, den er wieder schloss und in eine Gerade zog. Shaelyn hingegen begann zu kichern. Mittlerweile war es ihr sogar möglich an ein paar Stellen zu erkennen, was er denn nun sagen würde. Was nicht hieß, dass sie ihn durchschauen konnte. Das würde sie wohl niemals. „Aber wieso hast du es angezogen... willst du damit deine Entschuldigung unterstreichen?“ Rue hob nachdenklich, mit dem Daumen am Mund, den Kopf an, starrte für einen Moment an die Decke, ehe er sie erneut mit seinen dunklen Augen anblickte und antwortete: „Ja, da hast du fürchte ich Recht.“ „Dann hatte die ganze Diskussion ja sogar was Gutes.“, erwiderte Shaelyn ehrlich. „Wie man es betrachtet.“ Sein nüchterner Tonfall brachte sie nun abermals zum Kichern. Dann zwinkerte sie ihm offen zu, was er tatsächlich mit ein wenig Interesse beobachtete. Sicher fragte er sich jetzt, was kommen würde. „Dann verrate ich dir auch was. … Nicht nur du trägst etwas Geschenktes.“ Ein Satz, der ihn nicht nur sofort geistig auf voller Höhe brachte. Zeigte er sogar umgehend Regung im Gesicht, da er seine Augenlider ein Stückchen weiter öffnete als er es für gewöhnlich tat. Fakt war, dass sich Bilder in seinem Kopf formten, die nicht dort sein sollten. „Entweder bist jetzt geschockt über das was ich gesagt habe, oder dir ist plötzlich was komisches eingefallen. Oder beides?“, erstaunte sich Shaelyn über seine Reaktion, fing L auch gleich ihr neugieriges Mustern seines Gesichts auf. Doch bei den Dingen, die sich gerade gedanklich abspielten, war es ihm schwieriger seine übliche Maske aufzusetzen. Ein weiterer Beweis, dass Denkvermögen und rationelles Verhalten nichts mit Liebe gemein hatte. Wie konnte diese Gefühlsregung all seine Gehirnzellen lähmen? Eine normale Frau würde nicht im Geringsten diese Dinge in ihm auslösen. Bevor er Shaelyn kannte war er unempfänglich für derlei gewesen – es herrschte nur noch Chaos in seinem sonst klaren Kopf. Es war nur ein Gedanke und trotzdem hatte L eine innere Unruhe. „Hey...“ Shaelyn war sichtlich besorgt, weshalb sie vorsichtig ihre Hand auf die seine legte, die sich an seinem Mund befand und zog diese behutsam runter. Augenblicklich klärte sich sein Blick auf – sie hatte wieder seine Aufmerksamkeit. „Alles okay?“, fragte sie umgehend. „Ja.“, gab er ruhig von sich, doch sein Herz raste. Gerade so, als habe er vor wenigen Augenblicken einen Marathon gelaufen. L behielt äußerlich die Fassung bei. „Wir sollten gehen. Watari wartet bereits im Wagen.“ Überrascht blickte sie ihn an, öffnete zunächst ihre Lippen, die sie schnell wieder schloss, ließ sie auch seine Hand los. Ohne einen Ton zog sie sich schließlich ihre kleinen Stiefel an, was er still betrachtete. Sie hatte begriffen, dass Hinterfragen nichts brachte. „Shaelyn! Da bist du ja und dein... Mitbewohner!“, begrüßte Emma ihre Freundin herzlich und mit einem kleinen Lächeln an L gewandt, jener nur kurz die Hand als Begrüßung anhob, dabei die andere Hand in seine Hosentasche steckte. Shaelyn umarmte gleich ihre Freundin. Emma erwiderte knapp die Geste, ehe sie Shaelyn an den Schultern fasste, auf etwas Abstand ging und die Engländerin von oben bis unten inspizierte. „Wie ich es mir gedacht habe...“, seufzte die Brünette mit angezogener Augenbraue. Verwirrt starrte Shaelyn Emma an – und L jene ebenfalls. „Komm' rein und ab in mein Zimmer. Wir müssen was an deinem Outfit machen.“ Dann blickte Emma direkt L an. „Du wartest aber fein im Wohnzimmer.“, gab die Amerikanerin schroff von sich, dann lockerte sich ihre Mine auf. „Schließlich soll es ja auch eine kleine Überraschung werden.“ Sofort fing sich Emma einen bösen Blick von Shaelyn ein, welche sie auch gerne in die Seite gestoßen hätte, wenn sie denn nahe genug an Emma gestanden wäre. „Schon gut, Emma... lass uns einfach hochgehen.“, lenkte Shaelyn brummig ein, bekam gleich ein neckisches Grinsen von Emma zugeworfen. L konnte kurz darauf beobachten, wie die zwei jungen Frauen sich nach oben verzogen, wobei er noch die leicht verärgerte Stimme von Shaelyn schwach vernehmen konnte. Er hatte sich lieber aus dem Gespräch heraus gehalten. Sogleich betrat er das Haus, schloss hinter sich die Türe und sah sich genauer um. Es war bereits alles vorbereitet worden – indes ihm direkt in der Küche auffiel, dass wohl mehr als nur vier Personen an dieser Party teilnehmen würden. Die Masse an Essen und Getränken sprach für eine große Feier, was ihm natürlich nicht sehr passte. Je mehr Leute es waren, stiegen die Wahrscheinlichkeiten, dass etwas Vorfallen würde. Reichte schon der Gedanke, dass Joel teilnehmen würde. Er musste wachsam bleiben, weshalb er sich zunächst freiheraus ein wenig verzuckertes Weingummi aus einen der Schalen in der Küche nahm – Nervennahrung war nie verkehrt. Als er ins Wohnzimmer ging, konnte er ungehindert in den Garten schauen, der ebenso für die Feier vorbereitet war. Ganz wie es aussah, nutzte man das gesamte Grundstück, was ihm ein leises Seufzen abnötigte. Das Überwachen würde schwierig werden. Mit der Erkenntnis versuchte er sich anzufreunden, weshalb er sich zunächst wie gewohnt auf die Couch setzte – vorher natürlich die Schuhe auszog. Ging er gedanklich noch einmal alle Szenarien durch, die auftreten könnten – und auch jene, die bereits eingetreten waren. So hatte der letzte Satz von Emma gereicht ihm klar zu machen, dass Shaelyn ihrer brünetten Freundin alles gesagt hatte. Galt es nun allerdings nur weiter auf der Hut zu sein. Denn wenn Emma im Bilde war – eben von Shaelyn wusste, dass er nichts von ihr wollte – durfte er keinen noch so kleinen Verdacht aufkommen lassen, der das widerlegte. Shaelyn war durch lange Zeit hinweg darauf fixiert, dass es unmöglich war. Emma hingegen betrachtete es aus einer anderen Sichtweise. Ein Außenstehender besaß nun einmal einen anderen Sichtwinkel. Bisher war er nur Shaelyns Aufpasser. Das sollte auch so bleiben. Plötzlich tauchte etwas Orangenes in seinem Blickfeld auf, was L sofort aufmerksam werden ließ. Eine orange-getigerte Katze lugte schüchtern um die Ecke, starrte ihn regelrecht an und L starrte schlicht zurück. Gehörte die Katze Emma? Viel mehr war die Frage wichtig, was das Tier hier zu suchen hatte, wenn später eine Feier stattfand. Ein paar Momente regte sich niemand, dann jedoch schien das Tier Mut zu fassen und tapste langsam auf ihn zu. Währenddessen beäugte L das Tier genau. Die doch recht füllige Katze kam näher, sprang erstaunlich gelenkig auf den Kaffeetisch und setzte sich vor ihn. Kritisch betrachtete er das Verhalten der Katze, verhielt sich dabei ruhig. Eventuell war es ein Streuer, der durch die offene Tür hineingelangt war. Wobei eine dicke Katze als Streuner eher unwahrscheinlich war. Ein Schnurren war plötzlich zu hören und der buschige Katzenschwanz schwang von einer Seite zur Anderen. Er war unsicher, denn es war ihm jetzt nicht klar was genau das Tier wollte. Vielleicht wollte es von ihm gestreichelt werden? Zögerlich nahm er seine rechte Hand von seinem Knie und streckte sie nach der Katze aus. Diese erhob sich und sobald L nah genug war, rieb sie sich genüsslich an seiner Hand. Überrascht blickte er die Katze an, zog auch schon seine Hand zurück. Das Fell war weich gewesen und die Zuneigung war deutlich zu sehen. Es war offensichtlich kein Streuner, da das Tier sehr anhänglich schien. Direkt sprang die Katze auf den Sesselsitz neben ihm und schmiegte sich an seine Seite, während sie weiterhin laut schnurrte. Er hatte keinen Sinn für ein Tier, weshalb er vorsichtig die Katze am Bauch umfasste, sie anhob, sich weit nach vorn lehnte um schließlich das aufdringliche Tier auf den Boden zu setzen. Allerdings zerschlugen sich gleich seine Hoffnungen, dass das Tier nun Ruhe gab: Denn sofort hopste die Katze wieder auf die Couch, schmiegte sich auch gleich wieder an ihn. Unzufrieden, dass das Tier sich so aufdrängte, versuchte er nun die Katze zu ignorieren. Ein Mauzen drang in seine Ohren, spürte er die Pfoten an seinem Bein. Diese Katze wurde langsam zu penetrant, weswegen er sie etwas Verärgert anstierte. „Das ist Blümchen.“ L hob gleich seinen Kopf an, wandte diesen umgehend in Richtung der ihm sehr bekannten Stimme um. „Und wie es scheint, mag sie dich. Tiere sollen sich ja bekanntlich spüren, wenn der Mensch ein gutes Herz hat. Aber ich glaube, hier fällt nicht nur Blümchen auf dich herein.“ Joel stand an der Wohnzimmertür gelehnt, schenkte L einen geringschätzigen Blick. Der Brünette hatte es klar ausgedrückt was er von L hielt. Somit war es ungeschminkt erkennbar: Die Antipathie beruhte auf Gegenseitigkeit – von der ersten Sekunde an. Der Schwarzhaarige musterte den Brünetten, stellte auch sofort fest, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Joel war, wie man es so bekanntlich in Amerika nannte, ein Sunnyboy. Und ganz wie es den Anschein machte, wusste der Brünette gleich, wen er vor sich hatte. Jemand, der zwischen ihm und Shaelyn stand. Allerdings hatte er mit L eindeutig den falschen Gegenspieler. „Ich weiß, wer du bist. Du bist der komische Mitbewohner von Shaelyn.“, begann Joel wenig begeistert. „Ich hab echt' gedacht, dass meine Schwester übertreibt. Aber wie es scheint...“ L hatte sich noch während Joel redete, wieder an die Katze gewandt, was dem Brünetten offensichtlich sofort missfiel. Er wurde ignoriert. Zurecht – L war von Joels Gerede gelangweilt. „Bist du nicht ganz richtig im Kopf? Ich hab' dich angesprochen.“ Joel war verstimmt, da er es nicht leiden konnte, überhört zu werden. Außerdem war an diesem Mitbewohner von Shaelyn etwas zu seltsam – und nicht zu vergessen das unterbrochene Telefonat. Das hatte er nicht vergessen. „Oh?“, meldete sich L plötzlich unschuldig zu Wort, wandte seinen Kopf zu Joel, jener verwirrt zu ihm hinüber blickte. „Entschuldige.“ Joel seufzte Angesichtes des dunklen, gleichfalls nüchternen Tonfalls, als dann L eine Hand hob und ungeniert in seinem rechten Ohr puhlte. „Ich hatte nur ein störendes Pfeifen in den Ohren. Hast du das auch gehört?“, verließ es ruhig und äußerst gefühllos seinen Mund, begegnete er dem Blick des Brünetten mit einem intensiven Starren. Joel standen sofort die Wutfalten auf der Stirn. Sein Gegenspieler hatte ihn auf Anhieb verstanden. L grinste kaum merklich. Hatte er sich jetzt etwa bei Joel unbeliebt gemacht? „Joel?!“, wurde es von oben hinunter gerufen, woraufhin der junge Mann sofort seinen Kopf von L abwandte. „Komm' mal eben hoch!“, zitierte ihn seine Schwester laut zu sich. Mit einem noch knappen wütenden Blick auf den unfreundlichen Gast gerichtet und den Worten; „Wir sprechen uns noch.“, verschwand er dann die Treppen hoch – und ließ jemand völlig unbeeindruckten zurück. Die Gedanken an Joel verflogen allerdings im Nu, als jemand anders dafür die Treppe hinunter kam, was er direkt genauer durch die Tür besah. Während die Katze verzweifelt versuchte die Aufmerksamkeit von L zu ergattern, wurde sie nur nebensächlich mit einer Hand auf Abstand gehalten. Viel mehr war es in diesem Augenblick interessant anzusehen, wie Shaelyn durch die Tür kam – leicht verschüchtert blieb sie stehen, zupfte an an ihrem knielangen dunkelroten Kleid. Ihre langen Haare waren leicht verändert, sodass sie anders nach Vorn fielen – und um ihren Hals trug sie seine Kette, die schwach bei einer Bewegung im Licht glitzerte. Sie musste seinen Anhänger die ganze Zeit über getragen haben. „Meinst du, das geht so?“, fragte Shaelyn leise, hob den Kopf schwach an, sodass ihre ebenfalls mit Farbe angehauchten Wangen gut zum Vorschein kamen. Was sollte er sagen? Nicht ein schmeichelndes Wort würde dem gerecht werden. Er war niemand, der Komplimente verteilte – jetzt allerdings wäre es selbst für seine Verhältnisse angebracht. L entschied sich jedoch für das zweckdienlichere – das Umgehen. „Wird dir darin heute Nacht nicht kühl?“, stellte er somit nüchtern die Gegenfrage und erhielt ein kleinmütiges Gesicht – sie war etwas enttäuscht von ihm. Ihm jedoch verging ein wenig Laune, wenn er daran dachte, dass Shaelyn so vor dem Rest der jungen Männer herumlaufen würde. Sie stellte das zur Schau, worauf junge Männer es abzielten. „Nein, wenn es was kühler draußen wird, dann kann ich eine Jacke haben. Sonst sind wir ja meist drinnen....“ Ihr vorsichtiges Lächeln drückte ihr Unwohlsein aus. Shaelyn hatte mehr von ihm erwartet, oder zumindest einen kleinen Zuspruch, was gleich an seinem tatsächlich vorhandenes Gewissen nagte. „Es steht dir, Shaelyn.“, verließ es zusammenfassend und ruhig seinen Mund. Sofort hellte sich ihre Mine auf. „Ich hatte schon Angst, du magst es nicht!“ In einem gewissen Sinne gefiel es ihm auch nicht. Wäre es allerdings eindeutig, dass sie seine Freundin wäre... Das wäre ein völlig anderer Aspekt. Auch wenn Rue sich wie immer vage ausgedrückt hatte, so freute sie sich darüber. Wenn er der Meinung war, dass es ihr stand, würde sie es anziehen. Gleiches würde auch für einen schmucklosen Sack gelten... Solange es ihm gefiel, gefiel es ihr auch. Und so schlecht war es schließlich nicht und in ihrer Lieblingsfarbe. Plötzlich fiel ihr die Katze an der Seite von Rue auf, die ihre Pfoten abwechselnd gegen seine Seite drückte. Sie suchte offensichtlich Aufmerksamkeit. „Oh, da ist ja Blümchen!“ Shaelyn trat umgehend hinzu, setzte sich mit ein wenig Abstand zu ihm auf das Sofa; nahm auch gleich die Katze zu ihr auf den Schoß – was Rue natürlich alles mit seinen wachsamen Augen verfolgte. „Sie ist so niedlich! Warum haben wir keine Katze?“, fragte sie ihn mit einem Lächeln, während Blümchen schnurrte und es genoss, dass sie jemand nun streichelte. Rue allerdings starrte nur eindringlich Shaelyn an. „Kommt nicht in Frage.“ „Och! Warum denn nicht?! Außerdem mag Blümchen dich, so wie das ausgesehen hat! Sie ist ja regelrecht in dich verknallt, was? Du hast ja gleich noch einen Fan.“ Shaelyn hielt kurz inne und kicherte ihm offenherzig entgegen. „Willst du sie nicht doch mal streicheln?“ „Nein.“, antwortete er ohne Widerspruch zu dulden, das sie nur nicht zu beachteten schien. „Sie ist doch total weich und kuschelig. Außerdem hat sie einen guten Geschmack!“ Shaelyn grinste, strich nebenbei weiter durch das zarte Fell der Katze, die sich auf ihrem Schoß räkelte. „Isst du etwa auch gern Katzenfutter?“ Ihr Grinsen erstarb augenblicklich – und L neigte den Kopf leicht. „Sicher...“, meinte sie schließlich entnervt, woraufhin L schwach überrascht war. Hätte Shaelyn denn nicht normalerweise überreagieren müssen? Irgendetwas sagte ihm, dass hier was seltsam war. „Ist etwas Vorgefallen?“, hakte er auch umgehend nach. Nun war es an Shaelyn, die verwundert blickte, sogar den Kopf seicht schief stellte. „Das ist nicht deine übliche Reaktion.“, führte L nun tonlos aus. „Achso...“ Die Engländerin blickt sich zunächst kurz um, lehnte sich dann weit zu ihm vor. Unweigerlich spitzte er die Ohren. „Ich will mich benehmen.“, flüsterte sie ihm zu. „Wir sind ja hier nicht alleine. Das sieht blöd aus, wenn ich mich aufrege. Wir sind ja Gäste.“ Statt, dass seine Pupillen weiter die von Shaelyn erfassten, wanderte der Blick automatisch tiefer. Dort, wo nun seine Kette baumelte und man wunderbar den schönen Ausschnitt bestaunen konnte. Man gewährte ihm in der Position einen guten Einblick. War er sogar in der Lage etwas von der roten Spitzenwäsche zu erkennen... „Und wenn du gleich nicht deine großen Augen von meinem Ausschnitt nimmst, kleb' ich dir eine.“, zischte sie auf einmal leise, sodass L gleich aufsah – oder mehr zu ihr starrte. Sie hatte ein süßes Lächeln auf den Lippen – was allerdings bedrohlich wirkte. „Du kannst Zuhause pervers sein, aber nicht hier. Klar?“ „Folglich... Zuhause wäre es erlaubt?“ Shaelyn seufzte verärgert, lehnte sich dabei zurück. „Du kannst, aber du sollst es nicht sein. Du Schwein! Sag' mal, … warum tust du das eigentlich, hm? Wenn du doch gar nichts von mir willst.“ Sie schien beleidigt, da sie spöttisch reagierte. L begann trotz dessen kaum merklich zu grinsen. „Ich bin auch nur ein Mann.“ Jetzt wurde sie doch ein wenig Rot um die Nase. Eigentlich versuchte sie gelassen zu sein, oder es anders zu überspielen, was allerdings mit der Zeit immer weniger funktionierte. Seine Worte waren nun viel zu verwirrend! Sagte er ihr also, dass er sie attraktiv fand? Man schaute ja nur, wenn es einen interessierte. Vor allem, da er es nicht zum ersten Mal tat. Damals im Park und dann dieser Spruch... Sah er sie also wirklich auch als Frau? Das musste so sein, wenn ihre Reize ihn nicht kalt ließen. Shaelyn war vollkommen durcheinander! Sie wusste überhaupt nicht woran sie bei ihm war! „Und wer sagt, dass der Blick deinem Dekolleté galt?“ Umgehend blinzelte Shaelyn einige Male. „Was denn sonst?!“ „Na,...“ Rue hob schwach seinen Zeigefinger an, deutete in Richtung Hals. „Die Kette. Du trägst sie.“ „... Was eine schlechte Ausrede. Wieso sagst du nicht gleich wie damals ' Ich konnte einfach nicht anders, du hast dich mir aufgedrängt'?“ Natürlich kaufte sie ihm das nicht ab! Shaelyn war doch nicht begriffsstutzig. Dahin glotzen, war dahin geglotzt! Und zu jener Zeit hatte er ja schon mal bei ihr in den Ausschnitt gelugt. Das hatte sie ja sogar bemerkt, als sie blind war! „Wäre das eine klügere Wahl gewesen?“, fragte er dreist und sie biss sich schon auf die Unterlippe, um die Worte in ihrem Mund herunter zu schlucken. Aber sie konnte es einfach nicht! „Soll ich was Süßes aus der Küche holen und in meinen Ausschnitt legen? Oder noch besser Sahne rein sprühen?!“ Die Antwort folgte prompt von ihm, wenn nicht so, wie sie gehofft hatte. „Solange du meine Hose verschonst, darfst du das ruhig tun, auch wenn mir der Sinn des Ganzen nicht klar ist.“ „Nargh! Ist doch klar! Damit du perverses Schwein gar keine Ausrede mehr finden musst, um mir da rein zu glotzen! Bei Süßes kannst du ja nie widerstehen!“ „Oh, in dem Fall, werde ich offensichtlich hinsehen.“ Jetzt wusste sie nicht mehr, ob sie nur sauer sein, oder vor Scham im Boden versinken sollte. „Wobei...“, begann er. „ich mich dann frage, wer hier pervers sein sollte.“, setzte er nachdenklich nach, legte dabei wie üblich seinen Daumen an die Unterlippe. Spätestens jetzt riss der Geduldsfaden. Ruhig hob sie die Katze an, setzte sie auf den Boden und L ging ganz aus Vorahnung schon einmal in Alarmbereitschaft. Das jedoch völlig umsonst, da sie seelenruhig in den Garten ging – was er äußerst misstrauisch beobachtete. Das sollte alles gewesen sein? L saß grübelnd auf dem Sofa. Sollte er ihr nachgehen? Shaelyn war außer sich vor Wut, was ihr nicht schwer anzusehen gewesen war. Besser er ging seiner Verantwortung nach und vergewisserte sich, dass sie nichts anstellte. Somit erhob er sich, zog seine Schuhe an und ging zur Gartentür, die weit offen stand, wurde von Blümchen allerdings nicht verfolgt, jene auf dem Sofa nun ein verdientes Nickerchen hielt. L musste für einen Moment eine Hand gegen die blendende Abendsonne halten, während er hinaustrat. Shaelyn stand mit dem Rücken zu ihm gewandt. „Lass' mich einfach in Ruhe! Ich will mich abregen...“, sprach sie gleich aus, bewies ihm damit, dass sie ihn wahrgenommen hatte. „Und gerade du hilfst mir nicht damit! Also lass mich alleine!“ „Das kann ich in deinem Zustand nicht verantworten.“ Sie war nun einmal recht Ungestüm und scheute nicht vor eventuellen Folgen. Der Satz jedoch löste eine Katastrophe aus. Wäre er besser im Wohnzimmer geblieben. „Jetzt is' Schluss hier! Du machst mich total verrückt!“ Nein, L konnte nicht so schnell reagieren, wie sie den Schlauch zu ihren Füßen hochhob, sich zu ihm wandte und das Wasser aus dem Gartenschlauch schoss, den sie schnell an der Spitze aufdrehte: Lediglich konnte er seine Hände anheben, damit der Wasserschwall nicht zu stark in sein Gesicht schlug. Shaelyn hielt unbarmherzig den Schlauch weiter auf Rue, jener recht unbeholfen versuchte den Wasserstrahl abzuwehren. Von oben bis unten hielt sie den Wasserstrahl drauf, durchweichte den Schwarzhaarigen vollkommen, kam nun auch ein Lachen von ihr auf. Er hatte es nicht anders verdient! Und das war wie Erlösung! Rechnete sie allerdings nicht damit, dass er plötzlich durch den Wasserschwall hindurch zu ihr kam, den Arm ausstreckte und die Hand vor die Öffnung hielt, somit das Wasser an den Rändern übersprudelte. Unvermittelt schluckte Shaelyn: Seine Augen sahen schwarz und sehr böse aus. Wenn er wütend war, dann sicherlich stinkend wütend! „Ups!“, gab sie direkt von sich und wollte flüchten, indem sie den Schlauch los ließ und über den nächsten Busch springen wollte. „Das bist du aber selbst schuld!“, rief sie noch verstärkend, ehe Rue den Spieß umdrehte. Sogleich spürte sie den Wasserstrahl auf dem Rücken. Das Wasser war eisig kalt, schüttelte sie sich durch und erreichte die Nässe all ihre Körperstellen. „S-Stopp!“, schrie sie verzweifelt aus, das allerdings von Rue nicht beachtet wurde. Doch das Wasser versiegte trotzdem. Rue blickte irritiert auf den Schlauch, Shaelyn holte erst einmal tief Luft, schlang dabei ihre Arme um den Oberkörper und eine Emma stand an dem Wasseranschluss an der Hauswand. „Was geht denn mit euch zwei?!“, hakte sie schroff nach. „Ihr habt alles total nass gemacht! Und seht euch mal an!“ Die Engländerin drehte sich um, blickte betreten zu Boden, hob dann aber bibbernd den Zeigefinger an, deutete gleich auf Rue. Jener hatte bereits den Schlauch fallen lassen und kaute auf seinem Daumennagel herum – als sei er unbeteiligt, war aber mindestens so auf die Knochen durchnässt wie Shaelyn. „Er macht mich immer total wütend!“, verteidigte sich Shaelyn und starrte erbost auf Rue. „Ab ins Haus!“, verlangte Emma verärgert. „Sofort! Und dann raus aus den Klamotten!“ „Warum hast du mich nass gemacht?!“, fragte Shaelyn nach einer kleinen Stille schließlich ungehalten, jene mit einer dicken Decke bekleidet in dem Zimmer von Emma auf und ab ging. Sie blickte Rue schon die gesamte Zeit über wütend an, der es noch nicht einmal für nötig gehalten hatte, seine Haare zuvor abzutrocknen. „Es gilt Auge um Auge. ... Und wie mir scheint, hat dir eine Abkühlung ganz gut getan.“, erwiderte der ebenso nur in eine Decke eingehüllte Detektiv, der leider nicht an einen seiner Daumennagel nagten konnte, da er den Stoff an zwei Stellen geschlossen hielt. „Was ein blöder Vorsatz! Du hast sie doch nicht mehr alle! Jetzt müssen wir hier stehen und warten, bis der Trockner fertig ist!“, meckerte die Schwarzhaarige und stampfte einmal mit dem nackten Fuß auf. „Du hast es dir selbst zuzuschreiben, Shaelyn.“, erwiderte er monoton. L hatte in dem Fall keinen Mitleid. „Ach, du bist doch d... ?“ Shaelyn stoppte, beobachtete plötzlich interessiert seine Gesichtszüge – die sich immer weiter verformten: Er versuchte angestrengt irgendetwas. … Es sah so aus, als müsste Rue niesen. Haargenau das passierte im nächsten Moment, was ihn allerdings dazu veranlasste, dass er eine Hand löste, die er vor seine Nase hielt und die Decke ein ganzes Stück an seinen Schultern hinunter rutschte – das bis zu seiner Hand an der Hüfte. Shaelyn lief rot an, starrte ungehalten auf seinen blanken Oberkörper, an dem nun Wassertropfen hinunter perlten. „Ge-Gesundheit...“, faselte sie leise daher, versteckte ihren Kopf ein wenig vor Verlegenheit in die dicke Decke, die sie noch enger an sich zog. „Danke.“, folgte es dann neutral und sie zählte gedanklich ein paar Schafe, was sie langsam beruhigte. Sie durfte nicht darüber nachdenken, dass sie eigentlich auch nur eine Decke trug. Praktisch nackt war, wie es Rue war. Ja, sie hatte Rue erst vor weniger Zeit nur in Shorts gesehen... und sie hatte ja eigentlich auch nichts an, aber sie fühlte sich irgendwie beklemmt. Lag es daran, dass es keine gewohnte Umgebung war? Oder viel mehr daran, dass ihre Gedanken und Wünsche verrückt spielten? Eines war klar: Es war aufregend. Demnach klebte ihr Blick förmlich an die nackte Haut, die er ihr ungeniert zeigte. Sie konnte sich nicht satt sehen. Und wie es schien, hatte er kein Interesse mehr daran die Decke hochzuziehen, da er nun lieber an seinem Daumennagel knabberte. „Wolltest du noch etwas Bestimmtes sagen?“, wandte er sich dann an sie und sie zuckte wie ein verschrecktes Huhn zusammen. Was, wo? „Hm, was?!“ „Anscheinend nicht.“, führte er mit angezogener Augenbraue aus und sah sich dann genauer im Zimmer um, ging sogar zum nahestehenden Nachttisch hinüber. Das rüttelte sie etwas wach. „Hey! Was hast du vor?“ Shaelyn betrachtete die unverschämte Neugierde Rues kritisch und stellte sich dann direkt neben ihn. „Du kannst doch nicht einfach so hier herumschnüffeln! Das seh' ich dir doch an.“, flüsterte sie nun, während ihr Blick immer wieder zur Tür huschte. „Wenn sie uns hier einschließt, sollte sie damit rechnen.“ Bei so viel Dreistigkeit fiel nichts ein, sondern zog nur unzufrieden ihre Brauen zusammen. War er komplett übergeschnappt?! Was wollte er schon finden? Schlimme belastende Dinge? Panik kroch in ihr hoch. Was war, wenn Emma zurück kam und Rue beim Stöbern entdeckte? Sie steckte kopfüber mit drin! L zog an dem kleinen Knopf, der die Schublade aufzog. Eventuell ließe sich etwas zum Öffnen der Tür finden. Eine Haarnadel oder ähnliches reichte vollkommen aus – auch wenn er nicht der Meister im Schlossknacken war, reichte sein Wissen und Können aus. Denn gefiel ihm diese momentane Lage nicht. Langsam wurde es problematisch. Shaelyn verriet sich durch ihren interessierten Blick. Nicht lange und L hätte tatsächlich ein großes Problem. Direkt hob er ein Heft aus der Schublade an, um tiefer zu blicken, da wurde er am Arm gefasst. „Lass' es liegen! Du sollst nicht an ihre Sachen! Und mach die Schublade wieder zu!“, beschwerte sich Shaelyn, bevor er jedoch antwortete, löste sich etwas aus dem Heft und fiel zu Boden. Überrascht blickte Shaelyn ihm erst ins Gesicht, ehe sie auf den Boden sah, was L ihr gleichtat. Es sah wie eine silberne kleine Verpackung aus. Neugierig wie er war, ließ er zunächst das Heft in die Schublade zurückfallen, hob dann die kleine Verpackung auf. „Was zum...“, meldete sich die Schwarzhaarige zu Wort, beäugte es dann genauer, als er es vor sich hochhielt – oder mehr zwischen sich und ihr, und es schließlich wendete. Unvermittelt stieß Shaelyn einen kleinen Kreischer aus – sodass L erschrocken zusammenzuckte. Was war denn nun wieder? „Ein K-K-...“ „Kondom?“ Alleine bei dem Erwähnen dieses Wortes kniff sie die Augen zusammen. „Sag bloß nichts dazu! Sei still!“, kam es schon fast panisch von ihr. Er hatte doch noch gar nichts dazu gesagt. Die Tür wurde just in diesem Augenblick aufgeschlossen. Gleich fuhr Shaelyn geschockt herum, wandte L lediglich nur seinen Kopf in Richtung Tür. Emma betrat ihr Zimmer, besah zunächst die Situation ruhig, ehe ein sehr breites Grinsen ihr Gesicht einnahm. „Da lässt man euch mal ein paar Minuten alleine... Soll ich später wiederkommen?“, fragte sie salopp, wobei Shaelyn hektisch und hochrot den Kopf schüttelte. Aber sie sah tatsächlich so aus, als wäre sie bei etwas Ertappt worden. „Hmmm... Dann spart es euch für später auf. Eigentlich wollte ich euch nämlich sagen, dass die Sachen gleich fertig sind. Die ersten Leute kreuzen auch bald auf.“, führte Emma erst belustigt aus. „Aber! Dafür, dass ihr den Garten so unter Wasser gesetzt habt, den man jetzt nur noch bedingt benutzen kann, gibt es eine Strafe!“ Irritiert starrte nicht nur Shaelyn Emma an, die nun an ihre Hintertasche griff und etwas Zückte, das beide gleichermaßen entsetzte. Pinke, mit plüschüberzogene Handschellen baumelten an ihrem Finger herab. „Wa... Auf gar keinen Fall! Niemals!“, rief Shaelyn aus und noch bevor L seine Meinung dazu kundtun konnte, kam jemand anderes hinzu: Joel, der umgehend die Handschellen aus der Hand seiner Schwester riss. „Spinnst du?“ Emma blinzelte einige Male, schnappte sich dann ihr Eigentum zurück. „Halt dich da raus, Brüderchen. Das ist ne' Sache zwischen Shae, mir und Rue.“ „Ich lass nicht zu, dass du die Dinger an Shae legst und sie mit dem da verbindest!“ Joel schenkte L einen kurzen, aber aussagekräftigen Blick. Jener grinste raffiniert, nahm seinen Daumen vom Mund. „Wenn ich es mir recht überlege, eine Strafe ist mehr als angemessen.“ Alle starrten L an – vor allem Shaelyn, die entgeistert den Mund offen stehen hatte. „Na dann, wunderbar!“ Emma lachte vergnügt. „Aber zunächst solltet ihr euch anziehen...“, verließ es bedenklich den Mund der Amerikanerin, die besonders L musterte – nicht unbedingt sehr angetan. Shaelyn zupfte an dem plüschigen Etwas an ihrem Handgelenk, probierte, ob sie es nicht doch lösen könnte. „Das ist zwecklos.“, sagte der junge Mann entspannt, der mit ihr fortan verbunden war – zumindest für den Abend. Nun wieder in dem roten Kleid, das vor weniger Zeit noch nass war, und Rue in seiner Kleidung, wurden sie beide aneinander gekettet. Und die Kette war viel zu kurz. „Wieso hast du dem blöden Vorschlag zugestimmt? Das ist doch schwachsinnig! Was ist, wenn ich mal auf die Toilette muss?“ „Dann werde ich mitkommen müssen, ... falls das nötig sein sollte.“ Shaelyn hielt sich ihre freie Hand vor dem Gesicht. „Ja... sicher.“ Das war doch ein Albtraum! Sie wollte ihm doch nicht zu nahe kommen! Dann verlor sie immer die Beherrschung! Und wohl die wichtigste Frage; was hatte er mit ihr auf dem Klo verloren?! ... Zumindest hatte sie nur Ärger wegen dem Garten bekommen und nicht noch fürs Herumschnüffeln. „Steht da nicht wie angewurzelt. Ihr könnt euch auch aufs Sofa setzen.“, kam es freundlich von Emma, die schon ein paar Süßigkeiten auf den Couchtisch stellte und dann sofort wieder in die Küche verschwand – mit einem zufriedenen Gesicht. Shaelyn sollte ihr im Nachhinein dafür danken. Auch wenn das nicht sonderlich vorteilhaft für das Kennenlernen der anderen Gäste war – sie dachte in erster Linie an die Engländerin. Ihre Freunde konnte sie auch noch wann anders kennenlernen. Eine Chance musste genutzt werden, wenn sie da war! Das war ideal zum Näherkommen. Und ihr Bruder sollte sich zurückhalten – was sie ihm vielleicht noch einmal klar machen sollte. Solange Shaelyn ihren Traummann nicht aufgab, würde Joel zurückstecken müssen. Emma unterstützte ihre Freundin, egal welchen Typen sie nun verfallen war. Rue setzte sich auch direkt nach den einladenden Worten Emmas in Bewegung, um sich ein paar Naschereien vom Tisch zu nehmen – die er auch ohne das Auffordern in nächster Zeit genommen hätte. Allerdings stoppte er abrupt: Shaelyn hielt an den Schellen dagegen. „Hey, wir hängen aneinander! Also sei mal Nachsichtiger!“ „Ist das nicht genau das, was dir eigentlich vorschwebt?“ Gelassen wie eh und je trug er dies vor und ging nun ohne Zwischenfall zum kleinen Tisch, schnappte sich ein paar Bonbons - Shaelyn hatte sich ohne Protest mitziehen lassen. „Ach, sei' doch still...“, flüsterte sie zaghaft. Argwöhnisch beobachtete Joel die Szene zwischen Shaelyn und ihrem Mitbewohner vom Flur aus. Da war es wohl gewesen mit dem Gespräch zwischen ihm und der Vogelscheuche. Zudem schien er langsam zu verstehen, was seine Schwester ihm versuchte einzutrichtern - denn war Emma nicht ganz klar mit der Sprache herausgerückt. Nur hoffte er, dass sich die Befürchtung nicht bewahrheiteten würde. Da klingelte es jäh an der Haustür. Jetzt ging wohl die Feier los – die er am Liebsten mit Shaelyn verbracht hätte, das allerdings nicht möglich war, wenn der zwielichtige Typ an sie hing. Die Handschellen hatten mehr Vorteile, als Nachteile. Das war auch der Grund, weshalb er eingewilligt hatte. Das die Kette so kurz war, war nun einmal einer der Nachteile. Doch blieb Joel mehr oder weniger auf Abstand, wie auch die anderen Gäste. Zumindest, was den männlichen Anteil der Leute betraf – doch die Freundin von Shaelyn fungierte als Vermittlerin für die weiblichen Gäste. Einige Mädchen hielten trotz dessen gewissen Abstand. So lernte Shaelyn nur ein paar Freundinnen von Emma kennen – und er gleich mit. So war es ihm sofort möglich, einzuschätzen, im welchen Kreis sich Shaelyn fortan bewegen würde. So schritt die Zeit ein wenig voran – und je mehr Gäste kamen, desto ausgelassener war die Stimmung. Und eines musste L der Gastgeberin lassen: Der selbst gemischte, nicht alkoholische Fruchtsaft war sagenhaft süß, woran sogar Shaelyn gefallen fand. Er sollte nach dem Rezept fragen. Ein Ziehen an seinem verbundenen Handgelenk war spürbar. Umgehend wandte er sich Shaelyn zu, die ihm mit ihrer freien Hand andeutete aus dem lauten Wohnzimmer zu verschwinden – was sie auch gleich taten. Im Flur, etwas Abseits der Leute, holte sie schließlich tief Luft. „Ich muss mal aufs Klo... ich halt es einfach nicht mehr aus.“, seufzte sie, als ob sie sich geschlagen gab – L hingegen zog eine Augenbraue hoch. Warum sagte sie nicht schon früher etwas? „Jaja, Einhalten ist nicht gesund! Ich weiß, haste mir schon gesagt... aber ich geh' für gewöhnlich alleine … na du weißt schon wohin! Also bitte... halte mir keinen Vortrag...“, stellte sie klar und warf ihm einen scharfen Blick zu. Sie wollte offensichtlich nichts dazu gesagt bekommen. „Allerdings habe ich eine Frage.“, meinte er nicht aus der Ruhe gebracht, woraufhin sie die Augen verengte. „... Und was?“ „Warum fragst du nicht deine Freundin, ob sie für die Zeit die Handschellen löst? Immerhin... hat sie nichts Genaues dazu erwähnt.“ Prompt starrte sie ihn entgeistert an. Für wenige Sekunden kehrte Stille ein, in der L schlicht zurück stierte. „... Warum hast du mir das nicht eher gesagt!? Ich muss voll dringend aufs Klo!“ Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass ihr der Einfall irgendwann einmal kommen würde. „Jetzt weißt du es.“, meinte er trocken. „Idiot!“ Verärgert wandte sie sich um und zog einfach an den Handschellen, sodass er ihr treu folgte. L grinste nur schwach; Shaelyn war mehr über sich selbst verärgert als das ihn die Schuld traf. Emma war unter der Menge trotz allem schnell zu finden, bettelte Shaelyn auch direkt darum, dass sie von den Handschellen wenigstens für die Zeit im Bad befreit würde – was Emma natürlich tat, wohl auch mit einem Lachen. Es war für sie selbstverständlich gewesen, sie hatte nie verlangt, dass Shaelyn mit ihm auf die Toilette gehen sollte. L behielt somit Recht, was die Engländerin nur weiter ärgerte. Als Shaelyn dann davon eilte, wurde L am Arm gepackt. „Ich muss mal mit dir reden, Rue.“, wandte sich Emma an ihn. „Es geht um Shaelyn. Lass' uns dafür an einen ruhigeren Ort.“ Interessiert hörte er sich die Worte der Brünetten an, die sehr ernst klangen. L folgte Emma in die erste Etage, wo zurzeit keiner der Jugendlichen standen. Direkt drehte sie sich zu ihm, verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich muss sagen, auch wenn ich Shaelyn jetzt noch nicht lang kenne, ist sie wirklich ein sehr nettes und liebes Mädchen. Sie ist unkompliziert, sie sagt was sie denkt und handelt sofort danach.“, begann Emma, was allerdings nicht sonderlich relevant für L war. Was sie ihm erzählte war ihm längst bekannt. „Kommen wir also zum Punkt, mein Freundchen.“, schlug sie plötzlich mit einem harten Ton an, das bei L auf Skepsis traf. „Ich will sie nicht traurig sehen. Das heißt für dich, dass du gut zu ihr sein sollst. Zwar hab' ich noch nicht raus, was wirklich zwischen euch läuft... und damit meine ich dich, aber für mich ist da was nicht ganz koscher. Das alles, das sag ich dir offen ins Gesicht, sieht nicht danach aus, als spielst du hier nur den Aufpasser. Das werde ich aus guten Gründen Shaelyn nicht sagen. Ich will sie damit nicht verunsichern, oder etwas in den Kopf setzen, was sie gleich verrückt werden lässt. Shaelyn ist nicht nur ein bisschen in dich verknallt. So wie ich sie erlebe merke ich einfach, wie süchtig sie ja schon fast nach dir ist. Also tu mir den Gefallen. Wenn du nichts von ihr willst, dann geh' auf Abstand. Sonst wirst du sie richtig heftig enttäuschen. Mädchen sind echt empfindlich, was Gefühle angeht. Und sie ist so unerfahren... Tu' ihr also nicht weh, sonst wirst du es wirklich sehr bedauern...“ L hatte begonnen an seinem Daumennagel zu nagen. Nicht da ihn ihre lasche Drohung Angst einjagte. Viel mehr war es ein anderer Grund, der ihn zum Nachdenken anregte. Denn wie er es bereits stark vermutet hatte: Emma musste eine Nase für solche Dinge haben und sie hatte ihm deutlich gemacht, dass sie seine Handlungen für seltsam hielt. Das war jedoch noch kein Grund beunruhigt zu sein. Zumal sie selbst erwähnte, dass sie es nicht Shaelyn verraten würde. Ihr Hauptaugenmerk schien viel mehr auf das Wohlergehen von Shaelyn zu liegen. Ihn dafür allerdings zur Seite zu nehmen und in einem solchen Ton mit ihm sprechen, war überflüssig. Wenn sie jedoch unsicher war, was die tatsächliche Beziehung von ihm zu Shaelyn anging; warum kettete Emma dann Shaelyn und ihn aneinander? Schadete die Brünette dann nicht mehr Shaelyn? Oder war das mehr ein Versuch? Ein Test um herauszufinden wie er zu Shaelyn stand? Auch die Situation zuvor im Zimmer, wie auch das verschließen. L schätzte Emma falsch ein: Sie hatte etwas Köpfchen. „Deine Sorge ist unbegründet.“, erwiderte er matt, erhielt auch augenblicklich einen misstrauischen Gesichtsausdruck von Emma. Sich hier in eine Diskussion zu verhaken brachte nichts – hatte er auch kaum Interesse daran. Dementsprechend war seine Antwort knapp ausgefallen. Wenn gleich ihm die Worte von Emma viel verraten haben. So konnte er Emma als Freundin für Shaelyn akzeptieren. Es war somit mehr ein Überprüfen von Emmas Absichten – die sie ihm schon so freiwillig lieferte. L fand keine Anzeichen für eine Lüge in den Worten der Amerikanerin. „Das hoffe ich doch. Ansonsten war's das auch schon.“ Nun lächelte sie ihm entgegen. „Aber wenn du auch was von der süßen Shae willst, dann warte nicht zu lang.“ Nun etwas aufmerksam geworden, jedoch äußerlich völlig uninteressiert, hob er eine Braue an, nahm dabei seine Hand herunter. „Und weshalb?“ „Das wirst du dann herausfinden... je länger du wartest. Falls du natürlich was von ihr willst...“ Ihr breites Grinsen konterte er durch eine emotionslose Mine. „Emma? …“ Shaelyn war die Treppe herauf gekommen, da ihr jemand der Leute sagen konnte, wo sie Emma fand, erblickte nun nicht nur diese, sondern auch Rue. Was taten die Zwei da? Es sah so aus, als ob sie sich unterhalten hatten. Verwirrt blieb sie stehen, bemerkten beide Shaelyn auch umgehend. „Da bist du ja wieder.“, begrüßte sie Emma lächelnd, zückte aber im selben Moment die Handschellen. „Ihr zwei müsst wieder an die Kette.“ Shaelyn lächelte gequält, jedoch mehr aus einem anderen Grund. Irgendwie fühlte sie sich miserabel. Das eben hatte mehr etwas mit einem geheimen Treffen gemein. Nachdem Emma ihr und Rue rasch die pinken Plüschketten erneut angelegt hatte, war diese wieder zu den Gästen zurückgekehrt. Aber Shaelyn fühlte sich unwohl, was sie nicht verstecken konnte. Ob Emma Rue irgendwas Wichtiges hatte sagen müssen, dass sie sogar hinauf in den Flur gingen? Das lag sicher an sie. Einen anderen Grund gab es auch nicht. Warum sollte ihre Freundin, die offensichtlich Rue nicht sonderlich leiden konnte, diesen soweit wegziehen und mit ihm reden? Über was hatten sie geredet? Machte es Sinn, Rue danach zu fragen? Er verriet auch sonst kaum etwas, wieso sollte er jetzt? Warum war es so extrem wichtig zu wissen, was zwischen den Beiden gesprochen wurde? War es nur alleine deshalb, weil sie wusste, dass es um sie ging? Oder... weil sie gesehen hatte, wie er seine Aufmerksamkeit einer anderen schenkte? Das war totaler Irrsinn! Emma war ihre Freundin, die noch dazu überhaupt kein Interesse an Rue besaß. Was aber wenn Rue... Ihre Gedanken liefen über! Wo war unten; wo war oben? War sie etwa... eifersüchtig? „Shaelyn.“, riss es sie aus dem Rausch, der sich in ihrem Kopf abspielte. Nur wenige Augenblicke später spürte sie eine warme Hand, an der ihren, die ihre vorsichtig anhob. Unvermittelt blickte Shaelyn Rue an, der ihre Hand gezielt besah. „Du blutest an der Handfläche.“ Ganz durcheinander starrte sie auf die Schnittwunde, schlug dabei ihr Herz bis zum Hals. „I-Ich... hab mich gerade im Bad... das war... eigentlich...“, stammelte sie zusammenhanglos, was ihn deutlich skeptisch stimmte, da er von ihr Handfläche aufsah – direkt in ihre Augen. „Ist alles in Ordnung?“ Fast hilflos erwiderte sie seinen stechenden Blick. „... Nein.“ „Wo liegt das Problem?“, hakte er recht sachgemäß nach, das sie im Moment vollkommen überhörte. „Ich glaub, ich bin eben eifersüchtig gewesen...“ Man sah deutlich, dass Rue umgehend interessiert die Augenbrauen anhob. „Auf Emma... das ist total der Schwachsinn und ich meine... du redest eigentlich mit keiner anderen und dann so zu sehen, wie du einer zuhörst, eben alleine mit ihr da stehst. Wie, als habt ihr euch vor mir versteckt. Das hat mir irgendwie weh getan. Ich … will nicht, dass du mit einer anderen Geheimnisse hast...“, verließ es aufgewühlt ihren Mund, gar nicht im Bewusstsein, dass sie es wirklich laut aussprach und vor allem Rue gegenüber. Viel zu sehr verdrehte sich alles in ihrem Kopf. Und ihr war viel zu heiß, was ihr noch weiter zusetzte. Dann realisierte sie beim nächsten Atemzug schlagartig, was sie eigentlich sagte, weshalb sie ihre Hand panisch zurückzog. „Schon gut! Vergiss' das! Ich bin nur durcheinander! Das ist eh Unsinn!“, verteidigte sie sich, wich allerdings seinem Blick aus. „Und das mit der Schnittwunde ist nicht schlimm! Das war nur ungeschickt von mir!“, lachte sie unsicher, wandte sich zum Gehen um, vergaß jedoch ein winziges aber doch entscheidendes Detail – die Plüschhandschellen. Ruckartig kam sie so schnell zum Stehen, da Rue ihr nicht folgte. „Du solltest nicht davonlaufen, Shaelyn.“ Es kribbelte überall auf der Haut. Seine Stimme klang tief, gleichermaßen ruhig. „Deine Annahme war korrekt. Es war Eifersucht.“, fuhr er im selben Ton fort, während sie weiterhin wie versteinert dort stand. „Allerdings ist sie völlig unbegründet.“ Unter seiner Stimme mischte sich etwas Anderes – etwas, als sei das was er sagte, aus voller Überzeugung. Kein Anzeichen einer Täuschung. Shaelyn sog direkt stärker die Luft ein. All ihre absurden Gedanken waren tatsächlich ganz grundlos? Auch der, dass Rue vielleicht eher etwas an Emma finden würde? Wie konnte er sich da sicher sein? Oder dachte er erst gar nicht daran? Und versuchte er sie so zu beruhigen? Seine Überzeugung beruhigte sie ein wenig, warf es jedoch nur mehr Fragen auf. „Also... ganz?“, fragte sie vorsichtig, drehte sie sich währenddessen zu ihm. Sein Gesicht war regungslos wie sonst auch. Nichts drückte eine Emotion aus, was sie doch kurz zweifeln ließ, ob sie auch wirklich seine Stimme richtig eingeordnet hatte. Sonst schien der Klang ebenso gefühllos wie seine jetzige Regung. „Ja, ganz.“, verließ es seinen Mund und es war als fiel ihr nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern eine ganze Steinlawine, ganz gleich wie er sie dabei anstarrte. Die Erleichterung war kaum zu verbergen, weshalb sie einen Schritt auf ihn zu tat, damit die Kette wieder entspannt an den Handgelenken baumelte. Sie hatte das Gefühl ihm nicht nur so näher gekommen zu sein, wenn auch nur für ein Stück. Denn dass er ihr das so sagte, ließ es ihr Vertrauen etwas wachsen. Besser sie sagte es aber nicht ihrer Freundin, die würde sie glatt für komplett irre halten... Shaelyn entspannte sich, weshalb sich ihr Kopf wieder klärte. „... Der Himmel wird heute Nacht sternenklar sein. Denkst du nicht auch, dass es schön wird?“ L hob eine Augenbraue an, da der abrupte Themenwechsel ihn verwunderte. Doch ehe er dazu etwas Erwidern konnte, sprach Shaelyn weiter – mit einem versunkenen Lächeln. „Weißt du noch? Ich habe damals zu dir gesagt, dass man das mit Freunden feiert. Wir haben uns gestritten. Ich habe gedacht, dass ich alleine unten stehen werde.... du bist dann doch gekommen. Ich war dann so glücklich darüber. Aber dann auch so besorgt, weil du so luftig locker in den Schnee gestapft bist! Naja, du hast ja meinen Schal bekommen...“ Der nach Vanille geduftet hatte. Das war das erste, was ihm dazu in diesem Augenblick einfiel. Ja, er wusste noch, wie er dort in der Wohnung stand und verwundert an dem Stoff roch. Es war angenehm gewesen. War es da der erste Indiz? Die erste Spur? Er hatte es nicht wirklich wahrgenommen. Zurückdenkend war es für ihn sonnenklar. Sein Körper verkrampfte sich leicht, als Shaelyn noch einen Schritt näher kam – das mit einer schier begeisterten Mimik. Er konnte schwach ihren Atem im Gesicht spüren. Was folgte jetzt? „Ich hab's!“, kam es entflammt von ihr. „Ich weiß jetzt, was du machen sollst!“ Shaelyn machte Pause und mit jeder weiteren stillen Sekunde mehr, wuchs seine Ungeduld. „Und das wäre?“ Ihm schwebte angesichts ihrem Enthusiasmus nichts Gutes vor. „Du sollst mit mir Eislaufen gehen. Wenn wir schon so keinen kalten Winter hier in Los Angeles haben, dann will ich wenigstens in eine Eishalle und du musst mich begleiten.“ Verstört stierte er in die geradezu funkelnden Augen Shaelyns – sie meinte es ernst. „Das geht nicht.“ „Wieso?!“ „... Ich kann kein Eislaufen.“, gab er zu, versuchte damit, dass das sie von ihrer wahnwitzigen Idee abbrachte. Allerdings lachte sie nur verzückt. „Kein Problem! Ich bring es dir bei. Ist gar nicht schwer... ehrlich nicht.“ Ihm gefiel diese Vorstellung überhaupt nicht, weshalb er voller Unmut auf seinen Daumennagel biss. Musste er sich tatsächlich an diese Abmachung halten? „Gibt es eine Mö-“ „Nein!“, trommelte sie gleich entschieden. „Mein Wunsch ist es, dass du mich zum Eislaufen begleitest. Und das verstößt auch nicht gegen die Regeln. Weil...“ Sie hob ihren Zeigefinger an, drückte unerschrocken mit der Fingerkuppe auf seine Nasenspitze. „... du Eislaufen eigenständig kannst, wenn auch nach ein paar Versuchen. Ich fass' dich nicht an, wenn du das nicht willst. Demnach hat es nicht direkt etwas mit mir Zutun.“ Zufrieden nahm sie ihren Finger von seiner Nase und grinste. „Aber wenn man es genau betrachtet... ist es im Grunde so.“ Gleich plusterte Shaelyn ihre Wangen verärgert auf. „Falls du allerdings gewillt bist mir eine Auskunft zu geben, werde ich mich geschlagen geben.“, begann er kooperativ. Die Luft wich aus ihren Wangen, blickte sie ihn auch gleich konfus an. Seit wann war er so entgegenkommend?! Da war doch was faul. „Aha... und das ist?“ „Warum hast du eine so ausgeprägte Abneigung gegen das Hintergehen?“ Natürlich, jeder Mensch mochte es nicht, das konnte L nicht bezweifeln, sondern fiel eher warum Shaelyn so empfindlich darauf reagiert hatte. Und es steckte etwas Dahinter – das hatte sie schließlich selbst zugegeben. Nur was es war, das hatte sie ihm nicht preisgegeben, wo sie doch sonst so gesprächig war. L wartete, konnte dabei beobachten, wie sie bedrückt zur Seite blickte und sich seitlich am Hals strich. Es war ihr sehr unangenehm. „Das... ist keine schöne Geschichte, Rue.“, begann sie leise, das beinahe von der lauten Musik im Untergeschoss übertönt wurde. Just kamen zwei junge Frauen in die erste Etage, sodass Shaelyn noch weiter zögerte und die kichernden Mädchen betrachtete. Jene liefen an Rue und ihr vorbei, waren ganz in ein Gespräch vertieft. „Hast du gesehen, wie Steve dich angeglotzt hat?“ „Jaja! Meinste mit dem geht was?“ „Und so was von!“ Die Mädchen verzogen sich einfach ins Bad, aus dem dann ein junger Mann, mit ebenfalls brünetten Haaren heraus trat. Shaelyn achtete zunächst nicht auf diesen, war sie sich unsicher wie sie überhaupt beginnen sollte. „Hey, ihr seid doch die zwei, die oben in den Hills wohnen, oder?!“, kam es plötzlich freundlich von der Seite. Umgehend wandten sich Rue und Shaelyn zur Quelle um. Die Schwarzhaarige legte den Kopf schief. Es war der junge Mann, der zuvor aus dem Bad kam – er trug ein breites Lächeln in seinem schmalen Gesicht, selbst, als er Rue musterte. Der Engländerin fiel sein, mit nassen Flecken überzogenes, gelbes T-Shirt auf. „Ja...“, antwortete sie leicht konfus, gedanklich noch wo anders – Rue hielt sich nach wie vor zurück. „Ah, sorry,... wo sind meine Manieren? Ich bin Dustin, ein enger Freund von Emma.“, stellte Dustin sich nun mit einer kleinen Handgeste vor, was allerdings reichlich suspekt erschien; wie letztendlich nicht nur Rue feststellte. Irgendetwas war komisch an dem Typen. „Äh, Shaelyn. Das ist Rue.“ Sie zeigte gleich auf ihren Begleiter, der von Dustin kurz noch genauer gemustert wurde – jedoch mehr mit Interesse als mit Abneigung. „Ihr zwei seid ein Paar, oder?“, fragte er kichernd und sofort stierte sie Dustin mit großen Augen an. „… ähm... Es ist kompliziert...“, beantwortete Shaelyn schließlich sehr ungenau, heimste sich gleich einen, selbst für sie, seltsamen Blick von Rue ein – er schwieg allerdings weiterhin eisern zum Gespräch. Eben ein stiller Beobachter. „Hmh.... Wieso die schicken Handschellen?“ „Ach, das war Emma. Wir hatten Mist gebaut und als Strafe müssen wir die Dinger tragen.“ Dustin nickte mit einem Lächeln. Er schien zufrieden. „Aber ich hab' eigentlich eine andere Frage. Ich bin ein riesen Fan von Gordon McLee! Wohnt der zufällig bei euch in der Nähe? Habt ihr den schon mal gesehen?!“ Irritiert blickte sie Dustin an, der regelrecht entflammt schien. „Der wohnt nebenan.“, mischte Rue sich nun ein, was ihm sofort die volle Aufmerksamkeit des seltsamen jungen Mannes einbrachte. „Wer?“, fragte Shaelyn in die Runde. „Kennst du ihn?“, überhörte der Brünette die Frage von Shaelyn, was sie etwas gemein fand. „Nein.“, hielt sich Rue knapp. Gleich konnte man hören, wie Dustin seufzte. „Schade. In die Gegend kommt man so schwer, wenn man nicht unbedingt da wohnt, oder man mit einen da befreundet ist. Da wohnen ja nur echt Reiche.“ „Dustin!“ Die drei Köpfe wandten sich zur Mädchenstimme um. Eine junge Frau mit blonden lockigen Haaren rief ihm vom Absatz der Treppe zu. „Komm' mal wieder! Ich hab' da was, was dich bestimmt brennend interessiert!“ Sie winkte ihm zu, deutete an, dass er kommen sollte. „Ich geh' dann mal wieder. Vielleicht komm' ich ja gleich nochmal vorbei! War nett euch kennenzulernen.“ Beim letzten Wort allerdings schien er mehr Rue damit zu meinen, als Shaelyn. Jener beobachtete ohne Regung wie der Brünette zu der Blonden hinüber ging und beide die Treppe hinunter nahmen. „Kann das sein, dass ich zuletzt ignoriert wurde?“ „Ja, das ist sehr wahrscheinlich.“, folgte es nachdenklich. „Wer sollte also dieser komische McLee sein?“, wandte sie sich zu Rue um. „Ein zurzeit bekannter Fernsehstar.“ „Du ... kennst dich da aus? Und wieso weißt du überhaupt, wer alles unsere Nachbarn sind?“ „Es ist für mich selbstverständlich zu überprüfen, wer in dieser Gegend zurzeit residiert.“, meinte er gelassen, was ihm nur verstörte Blicke einbrachte. „Hey, ihr zwei!“ Eine bekannte Stimme näherte sich von der Seite, sodass sie sich abermals umdrehten. Emma, die breit lächelte und wieder die Stufen nach oben erklommen hatte. „Ich hab noch was vergessen zu sagen! Ein Freund von mir wollte euch unbedingt was fragen, weshalb er mich schon mehrmals angesprochen hat.“ Shaelyn zog die Augenbrauen an. „Dustin? Den hast du nur ganz knapp verpasst.“ „Achso?“ Als Bestätigung erhielt Emma ein Nicken – von Rue nur ein Starren. „Kann es sein, dass der irgendwie komisch ist?“, hakte dann Shaelyn nach, woraufhin Emma sehr breit zu grinsen begann. „Komisch? Noch nie einen schwulen getroffen? Er redet manchmal ein wenig wie ein Mädchen und macht so komische Gesten. Ist aber echt top. Mit dem kann man viel Spaß haben.“ Rue entglitten umgehend seine Gesichtszüge, das Emma misstrauisch betrachtete. Shaelyn fasste sich vor Schock an den Kopf. Jetzt wusste sie, warum sie so gut wie ignoriert wurde. Das hatte sogar sie auf Anhieb verstanden. „Was ist denn los?“ Die Brünette verstand nichts von dem, was sich gerade abspielte. „Hat... Dustin einen Freund? Also festen Freund?“, fragte Shaelyn weiter nach, hoffte, dass sie doch nur Gespenster gesehen hatte. „Nicht das ich wüsste...“ Emma überlegte. „Aber er ist auf der Suche. Warum?“ Die Amerikanerin blickte interessiert zu Shaelyn, jene lächelte vorsichtig. „Reine Neugierde.“ Emma schien zufrieden. „Okay gut. Denkt dran, bald ist es soweit. Schnappt euch dann einfach aus der Garage ein paar Knaller. Und seid schnell, sonst ist schon alles vergriffen.“, flüsterte Emma zuletzt den beiden zu, bevor sie sich dann wieder von dannen machte. „... Sag mir, dass ich nur zu viel Fantasie besitze, Rue. Hab' ich alles richtig verstanden?!“ Der Angesprochene kaute angestrengt auf seinem Daumennagel herum, während sich sein Blick verfinsterte. „Ich fürchte ja.“ „... Der wird wiederkommen! Hat er zumindest gesagt.“ „Ich weiß.“ „Und was machen wir dann da?“, fragte Shaelyn ratlos, blickte sie L von der Seite an. Er wusste es nicht. Jedenfalls empfand er es als sehr unangenehm. L's Pupillen richteten sich auf Shaelyn. „Du hast keine Bedenken?“ Sofort stutzte sie. „Worüber.... ? Dass ein Schwuler dich toll findet? Oder du glaubst doch echt nicht, dass ich da eifersüchtig werde... ?“ L legte seinen Kopf für wenige Momente in den Nacken, knabberte weiter an seinem Daumen. „Ja.,... unwahrscheinlich.“ Dann zog sie eine Augenbraue an, betrachtete ihn skeptisch. „Ist aber doch egal. Wenn die Party vorbei ist, dann siehst du ihn nie wieder.“ Sie hatte vermutlich recht. Somit tat er dieses Thema ab. Wenn jener Dustin zu lästig wurde, konnte er sich noch immer etwas Einfallen lassen. Etwas Anderes war ohnehin interessanter. „Du wolltest noch etwas Loswerden.“, sagte Rue dann, was sie erst einmal zum Erinnern anregte. Schließlich presste sie ihre Lippen unzufrieden zusammen. Natürlich wollte er es noch immer wissen. „Als Loswerden würde ich es jetzt nicht bezeichnen...“, gab sie zweifelnd von sich. „Aber du hast Recht... komm'“ Öffnete er gerade seinen Mund, um etwas zu Erwidern, fasste Shaelyn ihn an die Hand und zog ihn einfach ins nächste Zimmer. Sie wollte alleine mit ihm sein, wenn sie darüber sprach. Und schließlich sollte keiner stören. So schloss sie die Tür hinter sich und lehnte sich an dieser, ihre Augen gen Boden gerichtet. Das flaue Gefühl von vorher kehrte zurück. Alleine der Gedanke an das, was sie sagen würde, behagte ihr nicht. Aber sie wollte, dass er alles von ihr wusste – nur war nie der richtige Zeitpunkt dafür gewesen. Letztlich harkte er selbst nach. Wenn sie weiterhin schwieg würde es zu einem Geheimnis kommen. Eigentlich sollte kein Geheimnis zwischen ihnen stehen. Und war es wirklich so schlimm? Es war nur eine alte Geschichte. Shaelyn biss sich kurz auf ihre Unterlippe, ehe sie zögernd begann: „Ich hab' dir doch mal vor einem Jahr was gesagt, … naja eher hast du mich ja ausgefragt.“ Er hatte sie viel gefragt. Zu viel, um genau sagen zu können, was sie explizit meinte. L gab ihr die Zeit zum Antworten. „Tja... von wegen Freund und so.“ Sofort hoben sich die Augenbrauen von L an. Er erinnerte sich. „Ja, das war so. Ich war 15 und in einen Typen in meiner Klasse verknallt. Ich dachte, ich hab' gar keine Chance bei ihm, weil er so beliebt war. Aber dann hatte er mich mal angesprochen. Naja, wir kamen dann ziemlich schnell zusammen.“ L schwieg zu dem was sie sagte. Zumal dieses Thema begann ihm sehr zu missfallen. Die Vorstellung, Shaelyn fand jemand anderen anziehend, löste Verärgerung aus. Ganz gleich, ob es längst vergangen war. Ihm passte es überhaupt nicht. Eine neue Erfahrung, die er gern missen würde. „Jedenfalls hatte ich meinen ersten Kuss mit ihm und es war auch ganz schön.“ Die Schwarzhaarige seufzte, strich sich nervös ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Hingegen L mit Zurückhaltung weiter zuhörte. Doch Shaelyn blieb still. „Was ist vorgefallen?“ Sie zögerte. „Er wurd' mir dann zu aufdringlich.“ L nahm seinen Finger vom Mund, ließ die Hand sinken. „Er wollte halt schnell mehr von mir als nur Küssen. Ich hab ihn halt immer abgeblockt, weil ich mich nicht wohl fühlte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es so nicht richtig war.“ Es gefiel ihm immer weniger was sich hinter der Sache verbarg. „Dann auf einmal von einem Tag auf den anderen, hatte er nur noch wenig Zeit. Ich hab' mir total viele Vorwürfe gemacht! Hab ihn dann auch immer gefragt, wenn er mal wieder Zeit hatte, ob alles okay wäre... hab ihn ja sogar gefragt, ob er vielleicht eine andere hätte. Er hat immer gesagt, dass ich mir das einbilden würde. Ich hab ihm vertraut und wenn ich daran denke, hab ich ja auch nicht daran geglaubt, dass er eine andere hat. Er hat mir sein Versprechen gegeben. Dann wollte ich ihn besuchen. Keine Ahnung wieso genau ich zu ihm wollte. Mich entschuldigen, glaube ich. Dachte halt, ich hab alles kaputt gemacht, weil es immer weniger wurde. Zwar sagte er, er hätte jetzt viel zu tun, weil er noch wo Praktikum machen würde, aber ich hab doch gemerkt, dass da was nicht stimmte! Also bin ich dahin gefahren, wo er halt Nachmittags gern mal mit seinen Freunden war. Ende der Geschichte ist eben, dass ich ihn mit einer anderen gesehen habe. Die haben heftig geknutscht und sich befummelt. Das war total widerlich! Ich war dann ein paar Tage zuhause und hab mir die Augen aus dem Kopf geheult. Mein Bruder hatte mich dann wieder aufgemuntert, gemeint, dass der Penner es doch gar nicht wert wäre und ich wen besseres verdienen würde.“ Shaelyn lächelte schwach in sich hinein, wich für wenige Momente seinem Blick aus. Die Gedanken an ihren Bruder schienen sie kurz träumen zu lassen. „Dann bin ich halt nächsten Tag zur Schule.“, fing sie schließlich nach einer kleinen Besinnung wieder an, begegnete seinem Blick allerdings mit leichter Scheu. „Da ich mir dann fest vorgenommen hatte Schluss zu machen, hab ich ihn dann in der Pause zur Seite genommen. Hab ihm direkt gesagt, dass er sich 'verpissen' soll. Er hat nur kalt mit den Schultern gezuckt und gemeint: Du warst eh total langweilig. Dann ist er gegangen... später hab ich dann mitbekommen wie er zu seinem Kumpel meinte, dass ich prüde wäre, er sich viel mehr versprochen hat und dass ich nur reine Zeitverschwendung war. Und... man könnte mich total einfach verarschen. Er hatte wenigstens da seinen Spaß gehabt. Weil geliebt hat er mich eh nicht.“ Der letzte Satz endete mit einer Träne, die sie sich schnell aus dem Gesicht wischte. An diesem Punkt angekommen, war L unschlüssig was er tun sollte – oder viel mehr wie er reagieren sollte. Er wusste mit derlei Dingen nicht umzugehen. Es fehlte ihm an Kenntnis in dieser Ebene. Stellte er jedoch fest, was für ein mieses Schwein Shaelyn benutzt hatte und wie sehr es sie heute noch verletzte. Und es schmerzte ihn sie so zu sehen. Mitgefühl war das, was er im Moment empfand. Ein Umstand, der ihm noch immer viel zu fremd war, um es handhaben zu können. „Schon gut. Ist ja lange her und du hast deine Frage beantwortet bekommen.“ Sie winkte ab, als wäre es ihr egal – konnte L allerdings weiterhin etwas Anderes erkennen. „Wir gehen besser wieder hinunter, bevor Emma auf die Idee kommt uns zu suchen und uns im Gästezimmer sieht. Wer weiß, auf was sie wieder für Sachen kommt. Sie ist viel zu hellhörig.“ Abermals trat sie die Flucht an, indem sie sich umdrehte und an die Türklinke fasste. „Ich stimme deinem Bruder zu.“, meinte L schließlich, was sie regelrecht einfrieren ließ. „Shaelyn, du solltest es aus einem anderen Blickwinkel betrachten.“, begann er sachlich – war der Sinn doch viel tiefer verstrickt als es seine Tonlage verriet. „Dieser junge Mann hat letztendlich nicht das erreicht, was er wollte. Es war richtig von dir so zu handeln. Demnach solltest du den Fehler nicht bei dir suchen. Er war lediglich frustriert, deshalb die haltlosen Anschuldigungen. Und ich bin davon überzeugt, dass er seinem Freund nur etwas Beweisen wollte.“ „W-Was meinst du damit?“ Vorsichtig wandte sie sich erneut um, begegnete seinem aufmerksamen Blick mit Verwirrung. „Indem er dich schlecht redet, steigt seine Anerkennung. Gehen wir davon aus... dass seine Worte der Wahrheit entsprechen würden. Sein Freund denkt nun, dass du auf nichts Anspringen würdest. Folglich wäre es niemanden gelungen, aber er hat dennoch sein Glück versucht. Das lässt den Respekt des anderen gegenüber steigen. Mache dir demnach darüber keine Gedanken mehr. Das er dich betrogen hat, war nur ein Zeichen, dass es ihm zu unbequem wurde. Und hier kann ich mich nur wiederholen. Das du ihn nicht zum Zuge hast kommen lassen, war klug von dir. Du hast damit bewiesen, dass du kein leichtes Mädchen bist. Du solltest lernen Meinungen zu ignorieren. Besonders eine Frau wird schnell für Dinge angeklagt, die nicht der Wahrheit entsprechen. Nur ein kleiner Hinweis.“ Für wenige Sekunden blieb es still, in der sie deutlich begann nachzudenken. „Also … hatte er es eigentlich gar nicht so gemeint?“ Ihre Stimmung war dabei sich etwas aufzuhellen. „Die Frage kann ich dir nicht beantworten, allerdings könnte ich dir von meiner Erfahrung berichten.“, lenkte er geschickt ein, um schließlich das Thema aufzulockern – und ebenso ihre Stimmung. Es zeigte unverzüglich Wirkung. Ihr war die Neugierde anzusehen. „Und die ist?!“ „Geheim.“, vervollständigte er mit einem kleinen Grinsen. Jedoch passte er ihr natürlich nicht. Shaelyn zog verärgert eine Schnute. „Komm schon! Du kannst mich doch nicht erst so darauf aufmerksam machen und mich dann fallen lassen! Das ist nicht fair!“, bettelte und meckerte sie gleichzeitig – sie hatte das vorherige Thema erst einmal beiseite geschoben. „Sei nicht so geheimnisvoll!“, hing sie an. L legte den Kopf seicht schief. „Wenn ich es allerdings gern bin?“ Angesichts seiner Worte, blieben die ihren buchstäblich im Halse stecken. Unzufrieden grummelte sie zunächst. „Unfair! Ich will ja alles von dir wissen, aber du sagst ja nie was! Und dann nicht mal deine Meinung über mich. Fies...“ Der Detektiv hob seinen Zeigefinger an, den er vor ihr Gesicht hielt, jener auch gleich von ihr angeschielt wurde. „In Ordnung. Ich verrate dir eine Kleinigkeit.“ Hellauf begeistert nickte sie schon. „Darf ich mir auch aussuchen was?!“ „Nein.“ Schlagartig flaute ihre Begeisterung ab. „Aber wieso denn nicht? Warte! Ich mach dir einen Vorschlag!“ Interessiert hob L eine Braue an. „Ich höre.“ „Also ich stell dir eine Frage nach der anderen. Wenn du eine nicht beantwortest, geh ich zur Nächsten. Und wenn du mir eine Frage davon beantwortet hast, hör ich auf. Quasi frag' ich solange, bis du eine einzige Antwort gegeben hast. Okay?“ Er legte den Daumen an den Mund, begann ihren Vorschlag zu überdenken. Zu verlieren hatte er nichts und er würde sich aus reiner Neugierde ihre Fragen anhören. Allerdings hatte er auch eine. „Willst du denn nicht meine Meinung über dich hören? Statt mich etwas Persönliches zu fragen?“ „Egal! Das kann ich auch noch wann anders und eigentlich weiß ich ja, dass du mich zumindest magst. So schlecht kann deine Meinung also nicht sein. Jetzt muss ich erst mal meine Chance nutzen!“ „Gut, ich bin einverstanden.“ „Hm... verrätst du mir deinen Vornamen?“, begann sie als erstes, auch wenn sie schon vermutete, dass er gerade die Frage nicht beantworten würde – behielt sie auch recht damit. Er hielt es nicht einmal für nötig überhaupt eine Antwort zu geben, so ging sie direkt zur Nächsten über. „Wann hast du Geburtstag?“ Wieder blieb es still, und sein Blick weiterhin stumpf. „Tja... als was arbeitest du? Du sitzt ja immer so vor dem Laptop und Opa hat ja auch irgendwas mit dir zu tun.“ Erneut erhielt sie nicht mehr als ein Starren. Direkt entfuhr ihr ein Seufzen. Vielleicht sollte sie oberflächlicher fragen. Jedenfalls brachte das so nichts. Aber wenn sie zu oberflächlich etwas wissen wollte, erhielt sie im Nachhinein nicht viel mehr als weitere Fragen. Ihr musste unbedingt etwas Gutes einfallen! Nur auf die Schnelle fiel ihr rein gar nichts ein. So brach eine kleine Pause an. „War das schon alles?“, hakte Rue nun nüchtern nach und sie verzog den Mund. „Nein! Ich muss nur überlegen! Gib mir noch was Zeit. Das ist gar nicht so einfach...“, erwiderte sie nachdenklich, kaute anschließend nervös auf ihre Lippe herum. Es gäbe so viel was sie ihn fragen würde. Aber ihr blieb eine einzige – und jene sollte gut gewählt sein, denn wenn sie zu lasch fragte, war ja die Chance vertan. Sollte sie ihn über seine Vergangenheit ausfragen? Gäbe er ihr da auch nur eine Erwiderung? Den Punkt, ob er eine Freundin schon einmal hatte, erübrigte sich schon von alleine. Die Unterhaltung im Musikzimmer hatte ihr deutlich gemacht, dass er bisher keine hatte – weil er einfach kein Interesse daran besaß. Was an sich schon verrückt klang. Sollte sie nun also fragen, woher er kam? Selbst das war ein Rätsel. Gut, sie konnte schon sagen, dass nicht aus einem arabischen Land kam, oder eben der asiatische Raum. Er war in der Lage viele Sprachen fließend zu sprechen. Nein, da käme sie nicht weiter. Eigentlich interessierte sie sich am Meisten für seinen Vornamen – den er ihr einfach nicht nannte. Dann für seinen Geburtstag, da sie dann auch gleich mit ihm feiern konnte. Obwohl er bisher auch da kein Interesse zeigte. Was war das nur für ein Kerl?! „Kannst du mir wenigstens sagen, wie alt du bist, wenn schon nicht das Datum?“ Sie erwartete keine Reaktion seinerseits, verlor sie langsam der Wille überhaupt mehr herauszufinden. Jetzt hatte sie Gelegenheit und eigentlich doch nicht, weil es so sehr einschränkte. Das nervte sie. Dementsprechend überraschte es sie, dass er seinen Mund öffnete. „21.“ Direkt zählte sie zurück. „Also von 1982?“ „Das wäre dann die zweite Frage.“, meinte Rue neunmalklug. Ein weiteres Grummeln verließ ihre Kehle. „Ja, schon gut. Aber immerhin... jetzt weiß ich, dass du drei Jahre älter bist.“ Das erste Mal, seitdem sie das Gästezimmer betreten hatten, lächelte Shaelyn wieder. „Ich wusste doch, dass du gar nicht so viel älter bist!“, band sie ihm stolz auf die Nase, ehe sie dann plötzlich verlegen zur Seite sah – was er sofort mit Interesse verfolgte. „Aber, Rue. Ich weiß deine Worte zu schätzen, wegen... du weißt schon. Ich fühl' mich deswegen echt nicht mehr so schlecht. Du bist eigentlich sehr aufmerksam...“ Blickte sie im selben Moment auf, wie sie den letzten Satz aussprach. L biss sich unmittelbar angespannt auf seinen Daumen. Ein bezauberndes Lächeln wurde ihm geschenkt – und noch viel mehr als das; denn ein Blick verriet mehr als tausend Worte. Ohne Zweifel drückte sie auf diese Weise vollends ihre tiefe Zuneigung aus. Sollte jemals eine Ungewissheit existiert haben, so war sie nun völlig im Keim erstickt. „Danke.“, flüsterte Shaelyn dann sanft zum Abschluss. L spürte daraufhin zu deutlich seinen rasenden Herzschlag – und auch die helle Aufregung in der Magengegend. War er geradezu ohnmächtig angesichts der Flut der Empfindungen. „Rue … ?“, fragte Shaelyn vorsichtig an, überkam ihr dabei eine Gänsehaut. Sein Blick … er sah sie ganz genau an. So intensiv, dass ihr der Atem wich und der Puls in die Höhe schoss. Als er dann seinen Mund schwach öffnete, rechnete sie fest mit Worten – doch verließ nichts seine Kehle. Wagte sie es sich nicht etwas weiteres zu sagen, oder auch nur zu denken. War sie auch nur noch kaum dazu in der Lage. Alles spielte verrückt. Flucht war sinnlos. Die Handschellen taten ihren Sinn. Wie sollte sie nun schon widerstehen können? Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)