All the Wrong Reasons von Xynn (... are they the Right Decisions?) ================================================================================ Kapitel 35: Annäherung ---------------------- Shaelyn musste erneut feststellen, dass sich Kalifornien sehr von ihrer Heimat unterschied. Es war schon früh am Morgen ungewohnt heiß, weshalb sie es sich nicht nehmen ließ, wieder in ihren Bikini zu schlüpfen um sich abzukühlen. Auf ihrem Weg hielt sie nach Rue Ausschau. Doch traf sie ihn weder im Wohnzimmer noch im Garten unter dem Pavillon an. Allerdings war das nicht ungewöhnlich, denn das Haus war groß und sie wollte ihm nicht das Gefühl geben beobachtet zu werden. Oder noch besser verfolgt. Mit einem Lächeln setzte Shaelyn sich an den Poolrand und ließ ihre Füße ins kühle Nass. Sie war ab jetzt immerhin alleine mit ihm – fast wie ein richtiges Paar, was ihr ein seltsames Gefühl gab. Zwar war es schon vorgekommen, dass sie alleine waren, aber nicht über einen längeren Zeitraum. Wie lange ihr Großvater wirklich fort sein würde, war unklar. Und der Gedanke an ihn stimmte sie traurig. Die Sache machte ihr immer noch Sorgen, obwohl man versuchte sie zu beruhigen. Vielleicht gerade deshalb war ihr unwohl. Denn wenn sie eines wusste, dann, dass gerade bei Rue und ihrem Großvater Geheimhaltung an erster Stelle stand. Da machte ihr Großvater bei ihr keine Ausnahme. Aber sicherlich würde eines Tages der Moment der Wahrheit kommen – da war Shaelyn sich sicher. Aus sicherer Entfernung, etwas von Gardinen abgeschirmt, beobachtete L still Shaelyn vom oberen Stockwerk. Es gehörte bereits zu seinen täglichen Handlungen und er war unfähig es zu unterbinden. Nein, das war eine Lüge. Er hatte es nur aufgegeben. Eine Niederlage gegen sich selbst, welche er bitter ertrug. Selbst er wusste seine Grenzen nicht mehr einzuschätzen. Wozu er fähig war und wozu nicht. Natürlich nur auf ihre Person bezogen, dennoch erfuhr L damit eine harte Lektion. Ein wichtiger Teil seiner Selbst stützte sich auf die Logik. Und was war daraus die logische Konsequenz? Die Objektivität verschwamm mit jedem Tag mehr mit seinem aufkommenden starken Bedürfnis. Es war der Wunsch der anderen Art der Aufmerksamkeit, die er bisher nicht erfahren hatte und auch bisher völlig außer Frage stand. Nun stand er hier, beobachtete Shaelyn beim Schwimmen. Es waren gerade die Momente, in denen er von seiner beruflichen Tätigkeit eine verdiente Pause nahm. Der Detektiv senkte seinen Daumen vom Mund und wandte sich vom großen Fenster ab – jedoch nicht von dem, was ihn antrieb und tiefer in die Widersprüchlichkeit seines Bewusstseins riss. Ein Seufzer entspannte Shaelyn tiefer, als sie sich rücklings auf dem Wasser treiben ließ und die Augen schloss. Die Sonne war im Wasser angenehm warm und auch ihre Gedanken wurden wärmer. Eigentlich war es immer noch unglaublich, wenn man daran dachte, was alles passiert war. Mittlerweile war es mehr ein Traum. Nicht etwas, was wirklich vorgefallen war. Eine schöne Vorstellung von einem Leben, das sie jetzt nicht mehr führte. Es gehörte alles der Vergangenheit an. Etwas, das nie mehr wiederkommen würde. Wie ein Film, den man sich einmal ansah und irgendwann zurückdachte. Als hätte es ihre Familie nie wirklich gegeben. Shaelyn begann sich verloren zu fühlen, weshalb sie versuchte, an andere Dinge zu denken. Zum Beispiel an ihr jetziges Leben in Kalifornien. Das Leben mit ihrem Großvater und Rue. Wie oft hatte sie schon daran gedacht, dass sie weder ihren Großvater noch Rue jemals kennengelernt hätte, wäre nicht alles so gekommen, wie es gekommen war. Nun hier zu sein überstieg alle Vorstellungen, die sie für die Zukunft einmal gehabt hatte. Unweigerlich musste Shaelyn sachte lächeln. Ja, ihr Bruder wäre gern einmal in Kalifornien gewesen. Vor allem die große Villa mitten in den Hollywood Hills hätte ihm gefallen. Ihr Vater wäre jedoch lieber nach Japan gegangen und ihre Mutter bevorzugte England. Wenn sie jetzt genauer darüber nachdachte, dann waren sich trotzdem alle einig gewesen. Das Zuhause war dort, wo die Familie war. Ob in Japan, England oder sonst wo auf der Welt, weswegen Shaelyn weiterhin lächeln musste. Jetzt bestand ihre Familie aus ihrem Großvater und auch Rue. Demnach war es gleich wo sie sich befinden würde - ihr Zuhause befand sich dort, wo sie waren. Das Derzeitige war hier. Doch der Gedanke daran, was passieren würde, wenn sie alleine wäre, konnte sie nicht einmal zu Ende denken. Zwar war Shaelyn nicht unbedingt ein Mensch, der Viele um sich haben musste, jedoch brauchte sie vertraute Personen. Einen Verwandten. Das Gefühl von einem Heim. Wohin sie zurückkehren konnte, selbst wenn alles schief lief und ein warmes Lächeln sie empfangen würde. Shaelyn schüttelte ihren Kopf leicht, damit sie abermals aus ihren Gedanken flüchten konnte. Ihr Großvater würde immer Acht auf sie geben, das wusste sie. Allerdings holte sie das wieder ein, was sie vergangene Nacht schlecht schlafen ließ. Die Abreise ihres Großvaters, der scheinbar etwas sehr Dringliches erledigen musste. Vielleicht hatte sie einfach viel zu viel Angst und eigentlich war es nicht so schlimm, wie sie es sich ausmalte. Immerhin könnte es auch mit seiner Arbeit zusammenhängen. Ein Seufzen entfuhr ihr leise. Wann hatte sie aufgehört sorglos zu sein? All das, was seit dem Unfall ihrer Familie passiert war, ließ Angst immer mehr zu einem engen Begleiter werden. Der Blick nach Vorn war nicht immer so leicht, wie es den Anschein hatte. Mit solchen und ähnlichen Gedanken verließ Shaelyn den Pool. In ihrem Kopf drehte es sich immerzu um dieselben Themen, ganz egal wie sehr sie versuchte sie loszuwerden. Voller Sorge wusste sie nicht recht wohin damit. Vielleicht würde ein kleines Gespräch mit Rue gut tun. Eine Ablenkung, die sie immer bei ihm fand. Oder sie rief doch Emma an, sodass sie sich etwas Zeit für sie nahm. In jedem Fall schnappte Shaelyn sich das zuvor bereitgelegte Handtuch von einer Liege und trocknete sich etwas auf dem Weg zur Balkontür ab. Rue würde eventuell schon dort sitzen, seinen alltäglichen Dingen nachgehen, wie er es stets tat. Alles was sie gerade brauchte war jemand, der sie auf andere Gedanken brachte – und das konnte Rue immer sehr gut. Als sie durch die Balkontür ging, schaute sie als erstes auf den Sessel und fand ihr Ziel. Er saß in gewohnter Manier auf seinem Sessel, knabberte irgendetwas und ließ sich nicht von ihr stören, was ebenfalls vollkommen normal war. Für gewöhnlich schenkte er ihr erst Aufmerksamkeit, wenn er etwas von ihr wollte, oder sie sich aufdrängte. Demnach begann Shaelyn zu lächeln und tat das, was sie gern tat: Sich Rue aufdrängen – in gewissen Maßen, denn sonst fiel sie in alte Verhaltensmuster, die sie bemühte zu vermeiden. „Guten Morgen.“, sagte sie freundlich, während sie auf Rue zu kam und an der Couch halt machte. Kaum einen Augenblick später zeigte Rue die gewünschte Reaktion; Seine schwarzen Pupillen wanderten zu ihr. Bevor er etwas erwiderte, schluckte er etwas herunter und schloss seinen Laptop. „Guten Morgen, Shaelyn.“ Ein Moment verstrich und keiner sagte ein Wort. Unsicher biss sie sich leicht auf die Unterlippe, lächelte schief und legte das feuchte Handtuch über ihre Schultern. Daraufhin setzte sie sich unter seinem aufmerksamen Starren auf den freien Platz auf dem Sofa, welches sich neben seinem Sessel befand. Nervös erwiderte sie sein Stieren. „Ähm...“ Tja, wie sollte sie beginnen? Einfach sagen, dass sie noch immer große Bedenken hatte? Eine direkte Frage über ihren Großvater würde Rue sicherlich kurz und knapp abtun. Also einfach darauf los quatschen? Ihre Unsicherheit war mehr als deutlich, da sie anfing mit ihren Fingern in ihrem Schoß zu spielen. „Ja?“ Sein Starren wandelte sich in einen fragenden Gesichtsausdruck, was sie etwas aufatmen ließ. Immerhin bedeutete das, dass sie seine volle Aufmerksamkeit besaß. „Ich tja... fragte mich so, wie es Opa geht und was so passiert ist...“, machte sie doch ihren Gedanken Luft. Shaelyn konnte schwer darum herum reden. Demnach reichlich angespannt beobachtete sie seine Reaktion, jene unerwartet in Schweigen ausartete. Wollte er wenigstens nicht etwas dazu sagen? War das ein ungutes Zeichen? Rue legte letztlich seinen Daumen an den Mundwinkel und Shaelyn bekam den leeren Blick zu spüren, der sie schon oft gequält hatte. War das etwas Positives? In jedem Fall bedeutete es, dass er nachdenken musste. Wahrscheinlich würde er sie wieder im Ungewissen lassen. So wie er es immer tat. Shaelyn blickte betrübt zur Seite. Wahrscheinlicher war es, dass er sie wieder anlog, weshalb sie traurig seufzte. Es war deprimierend, dass sie es nicht wissen durfte. Es war ihr Großvater und sie wollte doch nur wissen wie es ihm ging. Ob eben alles gut verlief. War es denn so falsch, sich um seinen noch einzig verbliebenen Verwandten zu Sorgen? L wusste, dass es ihre reine Besorgnis war. Das konnte er schon in der vergangenen Nacht feststellen. Allerdings war es unmöglich, sie in den Stand der Dinge zu setzen. Ganz gleich wie sehr es sie kränkte. Ihm waren bedauerlicherweise die Hände in diesem Fall gebunden. „Deinem Großvater geht es gut.“, setzte er an und bemerkte sofort, dass ihr diese Information nicht reichte. Shaelyn wich noch immer seinem Blick aus. „Aber wie ich sehe, reicht das nicht aus.“, stellte er nüchtern fest. Shaelyn sah ihn nun von der Seite an, sodass ihr Blick es weiterhin stumm verriet. L überlegte für einen kurzen Moment. Es gab eine Möglichkeit sie zu beruhigen und gleichzeitig nicht Gefahr zu laufen etwas preiszugeben. Und schließlich war es auch in seinem Interesse, dass es ihr gut ging. „Einverstanden.“, besiegelte er somit seinen Gedanken. Bei diesem Wort hoben sich ihre Augenbrauen an und L griff an seine vordere Hosentasche, wo er sein Handy herauszog. „Du wirst jetzt deinen Großvater anrufen und dich nach seinem Befinden erkundigen.“ Es verging eine Sekunde, bevor sie wirklich den Satz verstanden hatte und dementsprechend Handlung zeigte. Ganz ungläubig beäugte sie ihn zunächst, ehe sie realisierte, dass es sein Ernst war. Es zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. „I-Ich darf wirklich?“ „Ja.“ „Und das ohne irgendwelchen Bedingungen?“, vergewisserte sie sich dann schließlich misstrauisch, woraufhin er den Kopf schief legte. „Wenn du nicht willst, dann stecke ich es wieder weg.“ Blitzschnell beugte sie sich vor und entriss ihm das Mobiltelefon aus den Fingern, womit er in diesem Moment gerechnet hatte. „Und wo muss ich da jetzt.... ?“, fragte sie verwirrt in den Raum hinein, während sie in seinem Handy nach der richtigen Nummer suchte. L besah die Szene entspannt, während er eine Süßigkeit aus der Schale vom Tisch nahm. Er hatte keine Bedenken was die Sicherheit anbelangte. Das Handy war ohnehin nur zur Kommunikation mit Watari gedacht. „Da ist überhaupt nichts. Keine eingespeicherten Nummern... und du hast auch nichts eingegeben.“, wunderte sie sich leise und suchte schließlich den Blickkontakt zu ihm. „Das ist richtig.“, bestätigte er die Tatsache, woraufhin sie die Lippen unzufrieden zusammen presste. „Ja, das sehe ich. Das war eigentlich eine Frage.“ „Dann solltest du sie auch so formulieren.“, meinte er ungeniert, was sie schwach seufzen ließ. „Okay, gut. Würdest du mir den Gefallen tun und die Nummer von meinem Großvater in dieses Handy hier, was ich in den Händen halte und dir dann geben werde, eingeben?“ Damit versuchte sie offenkundig alle noch weiteren Fragen restlos auszuräumen, was ihn amüsierte. L musste etwas schmunzeln, das sie kritisch betrachtete. „Ja.“ Ganz klar. Er hatte sie gereizt. „Na, Gott sei Dank. Ich dachte, ich habe noch ein wichtiges Detail ausgelassen.“, meinte sie daraufhin sarkastisch. L hob daraufhin seinen Zeigefinger und symbolisierte ihr somit, dass sie aufpassen sollte. An dieser Stelle formten sich ihre Augenlider zu einem Strich. „Du hast vergessen zu erwähnen, dass das Handy mir gehört. Das wäre ein wichtiges Detail.“ „... Gleich schmeiß ich dir dein Handy, an [d]deinen Kopf.“ „Das wäre unerfreulich.“, meinte er traurig. „Also... wärst du jetzt bitte so nett und machst das, wonach ich dich gefragt habe? Und wage dich zu fragen was.“ Faktisch war er dazu eingeladen, genau das zu fragen. Aber da sie gerade sehr ungehalten war, ließ es der Detektiv besser bleiben. Seiner Gesundheit zu liebe. „Natürlich.“ Worte, die sie als eine weitere Anstachlung sah. Und L igelte sich vorsichtshalber etwas ein als sie aufstand – gewappnet für eine Attacke. Allerdings anstatt ihn anzufallen, verließ sie samt Handy in der Hand das Wohnzimmer durch die Balkontür. L seufzte angestrengt. Jetzt musste er ihr folgen. Unter dem Pavillon fand er sie auf der großen Bank an den Büschen sitzend. Nachdem sie ihn sah, grummelte sie aufgebracht. „Jetzt verfolgst du mich auch noch? Lass' mich einfach einen Moment in Ruhe...“ Es war nicht seine Absicht gewesen sie derart in Rage zu bringen, dass sie die Flucht ergriff. Nun. Es war jedenfalls angenehmer, als dass sie ihn angefallen hätte, das musste L zugeben. Jedoch hörte er nicht auf ihre Worte und setzte sich still neben sie auf die Bank. Eine angenehme Brise wirbelte kurz die heiße Luft fort. Wenigstens saß er im Schatten. „... Warum musst du immer so ein Blödmann sein? … Ich hatte doch nur Sorge um Opa.“, sagte sie leise, was L dazu veranlasste, sie von der Seite anzusehen. Shaelyn hatte sich etwas beruhigt. „'Tschuldige.“ In Anbetracht seiner Entschuldigung, wandte sie sich ihm jetzt auch zu. Ihre grünen Augen suchten die Wahrheit in seinen Worten. „Aber“, begann er ruhig. „für einen Moment hast du deinen Kummer vergessen.“ Shaelyn öffnete voller Überraschung ihre Augen weiter. Wenn es L nicht besser wüsste, hatte er gerade die Situation gerettet. Langsam bekam er Übung in diesen Dingen. „... Ja... du hast recht.“, meinte sie verblüfft und begann ihn schwach anzulächeln. Ohne Worte zog er schließlich Shaelyn das Handy aus der Hand auf ihrem Schoß – mit Bedacht darauf sie nicht zu berühren. Als er die Nummer fertig eingegeben hatte, hielt er ihr das Mobiltelefon entgegen, welches sie sich umgehend ans Ohr hielt. L konnte jedoch nicht umhin die Möglichkeit zu nutzen, die sich ihm bot. Ungehemmt studierte er sie nah von der Seite – und ihm fiel auf, dass sie noch recht nass war, weshalb er damit anfing unwillkürlich noch genauer hinzusehen und auf seinem Daumennagel zu kauen begann, was für sie jedoch alles unbemerkt blieb, da sie darauf fixiert war zu telefonieren. Demnach verfolgte er mit großem Interesse jeden einzelnen Tropfen, der sich seinen Weg über ihren nackten Körper bahnte. Ihm gefiel der plötzliche Gedanke, jede Spur mit seinem Zeigefinger auf ihrer weichen Haut nachzuziehen - und die anschließende Vorstellung wie sehr es ihr gefallen könnte. Ob sie ... . L biss nun auf seinen ganzen Daumen und musste seinen Blick von ihr abwenden. Es war gefährlich was er tat. Jeglicher weiterer Gedanke sollte im Keim erstickt und nicht weiter fortgeführt werden. Allmählich war es ein großes Problem. Seine Selbstkontrolle wies immer mehr Risse auf. Je mehr er versuchte zu widerstehen, desto stärker wurde es – und es schien bislang kein Ende gefunden zu haben. Dem Meisterdetektiven musste dringend was einfallen. Angespannt lauschte sie dem Freizeichen des Handys. Ihr Herz raste förmlich vor Aufregung und es dauerte einige Sekunden bis sich etwas tat. Dann war die Stimme von ihrem Großvater zu hören. „Bitte?“ „Opa?! Ich bin`s, Shaelyn!“, meldete sie sich eifrig. Es tat unendlich gut seine Stimme zu hören. „Hallo, Shaelyn. Ist etwas vorgefallen?“ Auf seine Worte hin stutzte sie kurz. Ihr Großvater klang ernst. „Oh, nein... ich wollte nur hören wie es dir geht. Ich habe mir Sorgen gemacht...“, verriet sie ihm ehrlich. „Mir geht es gut. Mach dir keine Gedanken. Bald kehre ich wieder Heim.“ Sofort hellte sich ihre Mine wieder auf. Das waren tolle Nachrichten! Dann brauchte sie sich wirklich keine Sorgen zu machen. Allerdings hatte sie durchaus bemerkt, dass er sich zurücknahm und das Gespräch kurz halten wollte. Vielleicht hatte sie ihn bei der Arbeit gestört. „Wirklich? Das ist schön zu hören! Dann... lass ich dich wieder an deine Arbeit und wir sehen uns bald.“ „Vielen Dank. Ich wünsche noch einen schönen Tag.“ „Dir auch noch einen schönen Tag.“, meinte sie mit einem Lächeln und legte mit einem guten Gefühl auf. Ihr war eine riesige Last von den Schultern gefallen. Auch wenn das Gespräch sehr kurz war und sie ihn wohl gestört hatte, es beruhigt sie enorm. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wandte sie sich zur Seite und bemerkte, dass Rue sie mit großen Augen anstarrte. Kurz hielt sie inne und erwiderte seinen Blick. Wie lange tat er das schon? Und war die Distanz kleiner geworden? Sie berührte schon fast seine Schulter – das machte sie nervös. „... Danke, dass du mir dein Handy gegeben hast.“ „Bitte.“, war es bündig zu hören, was sie nur noch nervöser werden ließ. Irgendetwas hatte sich verändert, weshalb sie besser still blieb. Nach einer seltsamen Pause, unterbrach sie den Blickkontakt. Nicht, dass sie wieder eine Dummheit beging. Zu oft hatte er sie in den Bann gezogen. Besonders jetzt, da er so nah war und er sie mit großen Augen ansah. Shaelyn konnte nicht einschätzen was es für ein Blick war, aber ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Somit stand Shaelyn von der Bank auf und reichte das Handy Rue, wonach er seine Hand ausstreckte. Unerwartet berührte sanft ihre Finger, als er ihr das Handy diesmal aus dem Griff zog. Direkt bekam sie eine Gänsehaut, die sich über ihren ganzen Körper ausbreitete. Und ihr Herz schien sich gar nicht mehr zu beruhigen... Sie musste Abstand zu Rue gewinnen. Alles andere wäre gerade fatal. „Shaelyn.“, sprach sie Rue plötzlich an, weshalb sie irritiert blinzelte. „J-Ja?“ „Bleibe bitte still stehen.“, wies er sie ruhig an, was sie nicht recht verstand. Wieso sollte sie still stehen bleiben? Da erhob Rue sich von der Bank, steckte das Handy in die Tasche und schien ihren Kopf zu beäugen. „Ich fürchte, du hast da ein Insekt im Haar.“ Sofort riss sie ihre Augen auf und wirbelte hektisch herum. „Was?! Was ist es?! WO?!“, rief sie panisch. Ehe sie sich ins Haar fasste, um das Tier daraus zu streifen, fasste L nach ihren Handgelenken, um sie zum Stillhalten zu zwingen. So beugte er vor, dass es nicht eventuell ein Tier war, dass sie stach. „Mach es weg!“, rief sie verzweifelt und tippelte unruhig mit den Füßen auf dem Boden. Vorsichtig nahm er seine Hände von ihr und griff wieder nach seinem Handy, das er letztlich als eine Art Verlängerung nahm. Vorsichtig fischte er somit das Insekt aus ihrem Haar, das nun auf seinem Mobiltelefon lief. „Was... was ist das?“, fragte sie. Eine Frage, die ihn ebenfalls interessierte, weswegen er das Handy zwischen sich und Shaelyn hielt. Es stellte sich als ein schwarz gelber kleiner Käfer heraus. In genauerer Betrachtung erkannte er, dass es eher ein vollkommen harmloses Tier war. „... Ist das Vieh gefährlich?“ „Nein.“ „Sicher?“ „Ja.“ „Und was machen wir jetzt damit? Ich will das nicht anfassen...“ L sah darin allerdings kein Problem, weshalb er seine andere Hand dazu nahm und den Käfer auf seinen Zeigefinger lud. Shaelyn sog hörbar die Luft ein. „Keine Sorge, er ist ungefährlich.“, versicherte er noch einmal die Unschuld vom Käfer. Es musste ein verirrter Pflanzenkäfer sein, der von dem Busch hinter der Bank kam. „W-Wenn du das sagst. Ich kann solche Tiere aber nicht anfassen... egal wie klein und harmlos sie sind. Aber ich wusste gar nicht, dass du so unempfindlich bist.“ Angesichts dieser Frage warf er Shaelyn einen fragenden Blick zu, jene mit den Schultern zuckte. „Warum sollte mir ein so harmloses Tier Angst machen?“ „Keine Ahnung. Aber Käfer und so... eben. Dachte halt, du bist da empfindlicher.“ L verstand ihr Problem nicht. „Das sind auch nur Tiere, Shaelyn.“ „Hmm, ja, das ist mir klar. Trotzdem muss ich sie nicht gern haben. Jetzt setz den Käfer lieber ab.“ Bevor er etwas tun konnte, entschied sich das Insekt doch von selbst davon zu fliegen, was L kurz beobachtete. Shaelyn atmete erleichtert auf. Sie konnte diesen Tieren einfach nichts abgewinnen, ganz gleich wie harmlos sie waren. Hoffentlich waren nicht all zu viele in diesem Garten – oder eher waren dazu bereit sie anzufallen. Shaelyn versuchte den Vorfall zu verdrängen, was auch im nächsten Moment gelang, da Rue ihr wieder Aufmerksamkeit schenkte. Er sah sie neugierig an. … Was hatte das zu bedeuten? „Ist was?“, fragte sie verwundert. „Nein.“, kam es im Gegensatz zu seinem Gesichtsausdruck emotionslos. „Und warum guckst du dann so?“ „Nur so.“ Wieder einmal musste sie seufzen. Die Antwort kannte sie doch und sich darauf einzulassen, war sinnlos. „Okay, gut. … Ich geh jetzt wieder ins Wasser... willst du vielleicht mit?“ Prompt erhielt sie eine Resonanz. Rue wechselte seinen Ausdruck. Nichtssagend durchbohrte er sie mit seinem Blick. „Nein.“, war es resolut zu hören, was sie stutzig machte. Er lehnte es sofort ausdrücklich ab. Sollte sie enttäuscht sein, dass er nicht einmal mit ihr schwimmen gehen wollte? „Es ist doch total warm und du stehst hier die ganze Zeit im langen Shirt 'rum.“, versuchte sie ihn spontan mit einem Lächeln zu überzeugen. „Deshalb bevorzuge ich das klimatisierte Haus.“, gab er weiterhin unerschütterlich von sich, was Shaelyn allerdings nicht beeindruckte, denn sie hatte schon eine Idee. Sie wollte doch nur mal mit ihm im Pool schwimmen oder was spielen. „Ich habe dir einen Deal vorzuschlagen.“ „Kein Interesse.“, kam es unverzüglich von ihm, das sie schon beinahe erschreckte. „Was? Du willst nicht mal den Deal hören? Ist das so schrecklich mit mir im Wasser zu planschen? Ich würde so gerne mal Wasservolleyball ausprobieren. Opa hatte mir doch extra den Ball gegeben und ein Netz gibt es auch dazu.“ „Wie ich bereits sagte; Nein.“ „Alleine kann ich das aber nicht spielen... und du bist hier. Es ist doch ein heißer Tag und das Wasser angenehm kühl.“ Rue hob seinen Zeigefinger an. „Dann solltest du deine Busenfreundin kontaktieren und mit ihr im Wasser planschen.“, gab er monoton von sich und steckte seine Hände in die Hosentaschen. „Ich werde jetzt wieder ins Haus gehen, denn wie du bereits angemerkt hast, ist es heiß.“ Bei so viel Ablehnung stand sie mehr als fassungslos dar. Wie konnte die Stimmung in so wenigen Sätzen nur so kippen? Hatte sie ihn mit dem Angebot beleidigt, oder weshalb reagierte er so heftig? Sie verstand es nicht und sah ratlos zu, wie er sich auf den Weg zurück machte. „Du bist so ein Langweiler!“, rief sie dann Rue hinterher, der sich daraufhin auch nicht umdrehte und im Haus verschwand. „Fein! Dann ruf ich halt meine Busenfreundin an und gehe mit ihr zum Strand!“ Warum war er nur so … abweisend? Irgendetwas stimmte nicht. Dabei hatte sie einen so guten Deal, den er eigentlich niemals ausgeschlagen hätte. Mit noch einem bösen Blick an Rue gerichtet, der sich bereits wieder auf seinen Sessel gesetzt hatte, ging sie durch das Wohnzimmer. Emma würde sicher mit ihr zum Strand gehen. „Emma?“ „Ah! Shae! Alles klar?“, meldete sich Emma am anderen Ende der Leitung. „Ja, alles klar. Steht die Einladung zum Strand noch?“, fragte Shaelyn, während sie sich auf ihr Bett setzte und ihre Füße am Boden betrachtete. „Ähm... schon ja.“ Verwirrt blickte Shaelyn auf, da die Stimme von Emma nicht überzeugt klang. „Heißt das nein?“, fragte sie traurig. „Ich wollte schon zum Strand. Mein Bruder trainiert heute mit seinen Freunden.“ Jetzt verstand Shaelyn warum Emma zögerte. Ihre Freundin wusste Joel war ein schwarzes Tuch für Rue. Anders herum galt das sicher auch. Wenn Rue davon erfuhr... „... Was? Echt? Was denn?“ „Surfen. Die Wellen sollen heute super sein.“ Plötzlich kicherte Emma leise und lockerte damit die Stimmung. „Verrate es keinem, aber da gibt es einen Freund, der sieht echt mega aus. Da komme ich beim Zuschauen immer ins Schwärmen.“, schwärmte Emma jetzt schon, sodass Shaelyn diesmal kichern musste. Es war lustig zu hören, wie ihre Freundin jemanden anhimmelte. Und warum sollte sie sich das nicht mitansehen. Rue und Joel hin oder her. „Kann ich dann nicht mitkommen?“ „Wenn du möchtest, sicher.“, meinte ihre Freundin, woraufhin Shaelyn lächeln musste. Für einen Moment dachte sie, dass Emma ablehnen würde, denn irgendwie hatte sie zögerlich geklungen. Plötzlich hörte sie eine Stimme im Hintergrund. Emma wurde angesprochen. „Ja, Joel. Shae. Sie will mit an den Strand.“, hörte Shaelyn mit an. „Nein, ich werde sie abholen. Geh' du besser schon zum Treffpunkt. … So, Sorry. Aber hast ja gehört. Mein Bruder ist wieder zu neugierig. Wann soll ich dich abholen kommen?“ „Jetzt?“ „Okay, bin auf dem Weg.“ Joel grinste über beide Ohren. Shaelyn würde mit an den Strand kommen. Vielleicht war das seine Chance. „Man sieht dir an, was du denkst...“, kommentierte seine Schwester skeptisch. „Und? Endlich wieder Zeit mit ihr verbringen. Ohne den Freak.“ „Sieh' dich vor. Du weißt ja, was letztes Mal passiert ist.“ Geschockt blickte er Emma an. „Kommt der Typ etwa mit?!“ „Um Himmels Willen, nein. Aber was ich damit sagen will: Lass deine Finger von ihr. Das meine ich ernst. Sie ist immer noch total in den Typen verliebt und wenn du sie verschreckst, hast nicht nur du ein Problem. Nachher lässt der komische Typ Shaelyn gar nicht mehr zu mir. Und er hat jetzt schon ein Auge auf dich geworfen. Der weiß, dass du in sie verliebt bist.“ Joel verschränkte seine Arme vor der Brust. „Ich mach das schon.“ Emma seufzte laut und holte aus ihrer Tasche die Autoschlüssel. So leicht würde man ihn nicht loswerden. Shaelyn schlüpfte nur schnell in ein leichtes Sommerkleid und behielt ihren Bikini darunter an. Sie freute sich auf den Strand. Außerdem interessierte das Surfen sie. Bisher hatte sie diesen Sport nur einmal im Fernsehen gesehen und das in Verbindung mit einem Haiangriff. Ob es hier in Los Angeles auch so war? Über Haie hatte sie sich bis eben gar keine Gedanken gemacht. Bestimmt war der Strand sicher. Oder? Shaelyn hoffte das Beste und packte in ihre Tasche ein großes Handtuch, ihre Sonnenbrille und Sonnencreme. Zur Not blieb sie auf ihrem Handtuch. Vor der Türe zog sie sich noch schnell die bequemen flachen Schuhe an, ehe sie ohne Bescheid zu sagen das Haus verließ. Es war ohnehin besser, wenn sie nichts zu Rue sagte. Nachher stritt sie sich noch mit ihm. Am Strand angekommen, sog Shaelyn erst einmal die salzige Luft auf. Sie wusste jetzt schon, dass es eine gute Entscheidung gewesen war herzukommen. Ganz egal, ob es Rue mit Joel passen würde. Und dennoch war das ein mulmiges Gefühl. Irgendwie konnte sie diesen Gedanken nicht abschütteln. Aber was konnte sie tun? Emma war ihre Freundin und Joel ihr Bruder. Er hatte ihr nie etwas getan. Im Gegenteil, er war immer sehr nett gewesen. Shaelyn biss sich angespannt auf die Unterlippe. Sie war hin und hergerissen – trotz dem vermeintlichen Neufang mit Rue. Immerhin bedeutete das noch lange nicht, dass es ihm gefallen würde, was sie gerade tat. „Was ist los? Du siehst unglücklich aus.“, bemerkte Emma, jene halt gemacht hatte, was Shaelyn ihr daraufhin gleich tat. Überrascht blickte sie ihrer Freundin entgegen. War es so offensichtlich gewesen? Und sollte sie es ihr erzählen? Die Schwarzhaarige begann schwach zu lächeln. Besser sie erzählte es nicht. Das war ein Problem zwischen ihr und Rue. Oder eher zwischen Rue und Joel. Ein Thema, das Shaelyn nicht gern mit Emma anschnitt. Ihr tat das mit dem Bruch immer noch sehr leid. „Ach, nichts. Nichts Wichtiges zumindest.“ „Sicher?“ Emma machte sich offensichtlich Sorgen. „Nein, alles gut. … Wo müssen wir denn jetzt hin?“ Ihre Freundin seufzte geschlagen, was Shaelyn versuchte mit einem Lächeln zu überspielen. Sie war einfach nicht gut im Lügen – oder Ausweichen. „Etwas weiter in diese Richtung.“, meinte die Brünette und deutete mit ihrem Zeigefinger den Strand herunter, was die Engländerin verfolgte. Und erst jetzt fiel ihr auf, dass der Strand voller Menschen war, weshalb sie verwirrt blinzelte. War sie so in Gedanken gewesen? Unerwartet wurde sie sachte bei der rechten Hand gefasst, sodass die Schwarzhaarige zurück zu Emma blickte. „Wenn du aber reden willst, bin ich immer da.“ Shaelyn lächelte nun offen. „Ja, das mach' ich.“ Nachdem sie ihr großes Handtuch auf dem Strand ausgebreitet hatte, setzte sie erst einmal die Sonnenbrille auf. Noch immer musste sie diese Brille tragen. Zumindest an so einem hellen Ort, an dem selbst der Sand blendete. Und wie Shaelyn feststellen musste, hatte Emma sie verlassen, was sie dazu nutzte und ihr Kleid auszog. Ohne ließ es sich in der Hitze besser aushalten. Kurz darauf kam Emma jedoch mit einem handlichen Sonnenschirm zurück, den sie in den Sand steckte. „Sonst verbrennen wir noch.“, lachte Emma an sie gewandt. „Vor allem du, Shae. Deine Haut sieht nicht so aus, als ob sie durchhält.“ Verwundert blickte Shae an sich herunter. Sie war im Vergleich zu ihrer Freundin schon sehr weiß, was sicherlich daran lag, dass sie nicht so oft vor die Türe ging. Plötzlich wurde sie von der Seite angestupst. „Soll ich dich eincremen?“, fragte die Brünette freundlich, worauf Shaelyn nickte und aus ihrer Tasche die Creme holte. „Hey! Da seid ihr ja!“, hörte Shaelyn rufen, als sie gerade Emma die Tube reichte. Joel kam auf sie zugelaufen und er trug genau das, was man von einem Surfer erwartete. Ein lockeres Shirt und eine kurze bunte Hose, die sich bereits als Badehose entpuppte. Allerdings hatte er gar kein Surfbrett dabei. Joel stellte sich zu ihnen und lächelte verschmitzt. „Hallo, Shae.“ „Hi.“, erwiderte sie lächelnd. Emma musterte ihren Bruder kritisch. „Wo sind deine Freunde?“ Der junge Mann deutete mit seinem Daumen über die Schulter an, dass sie nicht fern waren. Emma neigte sich direkt zur Seite und sah an ihrem Bruder vorbei. „Ach, ihr wollt euch eincremen? Kann man helfen?“ Sofort erntete er von seiner Schwester einen Todesblick, jener schon fast Shaelyn Angst machte. „Nein. Das machen wir fein selbst. Nicht, Shae?“ Sie nickte daraufhin heftig, was Joel enttäuscht zur Kenntnis nahm. Alleine bei der Vorstellung, dass er sie eincremte, konnte sie schon Rue sein Gesicht sehen. Das wäre eine Katastrophe. Außerdem dürfte es ohnehin nur Rue tun und kein anderer Mann. Jetzt nahm die Fantasie ihren Lauf. Wie es wohl wäre, wenn er sie mit der Creme einrieb? Shaelyn musste errötet zu Boden schauen. Gefallen würde es ihr ... sehr. „Shaelyn?“ Prompt blickte sie auf, geradewegs in das fragende Gesicht von Emma. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“ „...Nirgendwo.“, sagte sie verlegen. Dann war ein tiefes Seufzen zu hören. „Alles klar, Mädels. Ich lade mal hier mein Shirt ab. Bis gleich.“ Joel verließ die beiden jungen Frauen und trat zu seinen Freunden, die unweit entfernt standen. Jäh öffnete Emma die Tube mit der Sonnencreme. „Ich bin zwar nicht dein komischer Typ, aber meine Künste zum Einreiben müssen reichen.“, meinte jene mit einem breiten Grinsen, was Shaelyn umgehend schockte. Waren ihre Gedanken so offensichtlich gewesen?! „Jaja, ich weiß, dass du an ihn gedacht hast. Das hat man dir angesehen.“ Verschämt setzte Shaelyn sich daraufhin still auf ihr Handtuch und Emma begann sie am Rücken einzureiben. „Das muss dir nicht peinlich sein.“ „...D-Doch.“ Ihre Wangen glühten. Am liebsten wäre sie im Boden versunken. Ständig ertappte Emma sie dabei, wie sie an Rue dachte. Und dann noch bei solchen Dingen. „Glaub mir, das ist total normal und echt harmlos. … Zumindest solange es sich am Strand unter Leuten abspielt. Zu Zweit kann das schon mal mehr werden.“ Gleich brannten ihre Wangen noch mehr. Was sagte Emma denn da?! „Emma... das kannst du doch nicht sagen.“ Ihre Freundin begann zu lachen. „Du bist so unschuldig. Glaub mir... ich kenne Mädchen, die haben sich schon anders ihren Schwärmen genähert. Und du wirst rot, wenn du daran denkst, dass dein Ritter dich mit Sonnencreme einreibt.“ Entrüstet wandte sie sich mit dem Oberkörper um und blickte ihrer Freundin ins Gesicht. Emma hob entschuldigend ihre Hände. Shaelyn mochte es nicht, wenn sie Rue so nannte. Aber warum musste Emma immer wieder mit ihr darüber reden? Sie schämte sich nicht dafür, dass sie bereits 18 und noch nie weiter als Küssen gekommen war. Aber alleine die Vorstellung Rue so nah zu sein. Das war ein Traum. Etwas, wovon sie noch gar nicht träumen dürfte. Jede Berührung von ihm war etwas Unvergleichbares. Da war die Vorstellung von einem harmlosen Einreiben eben sehr besonders. Jede andere Frau sah das als normal an. Nur sie konnte das nicht. Rue war … einzigartig. Nachdem schon eine Weile Ruhe eingekehrt worden war und beide junge Frauen auf ihren Handtüchern lagen, entschied sich Shaelyn dazu sich aufzurichten. Die Menschenmenge nahm eher zu, als dass sie sich verringerte. Jung und Alt erfreute sich an dem guten Wetter und auch an den Wellen, die auf den Strand niedergingen. Leider konnte Shaelyn nicht genau sagen, wer nun die Surfer auf den Wellen waren, aber es sah beeindruckend aus. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb Emma nur auf ihrem Handtuch lag. Ihren Schwarm konnte man so nicht ausmachen. Da fiel ihr das mit den Haien wieder ein. „Sag mal, Emma.“ „... Hm?“, kam es entspannt von der Amerikanerin, welche ungerührt liegen blieb. „Gibt es hier Haie?“ „Ja, die gibt es hier. Aber dafür gibt es Patrouillen. Die kontrollieren immer, ob Gefahr besteht. Hier passieren nur selten Angriffe.“ Entsetzt starrte Shaelyn auf den Ozean. Das war furchtbar! „In Australien ist es schlimmer. Aber da gibt es auch genug andere gefährliche Tiere. … Warum fragst du? Willst du ins Wasser?“ Emma richtete sich neben ihr auf und blickte sie von der Seite an. „... Ne, gerade nicht. Danke...“ „Du müsstest mal dein Gesicht sehen!“, lachte die Brünette, was die Sache auch nicht besser machte. „Ich werde mal auf die Toilette gehen...“, meinte Shaelyn und stand nun komplett auf. „Okay, du weißt wo die sind?“ „Ja, da hinten an der Bar ist ein Häuschen, oder?“ „Genau.“ „Hm... dann kauf ich mir da auch gleich was Kaltes zu trinken. Willst du was haben?“, fragte Shaelyn freundlich nach, das sehr gut bei ihrer Freundin ankam. „Ohja! Eine Limo wäre genau das richtige.“ Shaelyn zog sich das lockere Kleid über, warf sich ihre Tasche mit dem Geldbeutel darin über die Schulter und machte sich auf den Weg. Als sie von der Toilette kam, ging sie direkt auf die Strandbar zu. Eine kleine Schlange hatte sich gebildet, wo Shaelyn sich auch gleich anstellte. „Hey, Shae.“ Direkt wandte sie sich um und erkannte Joel, der sich zu ihr in die Schlange stellte. Er war noch komplett nass. „Auch Durst, was?“, begann er mit einem Lächeln und wich kurz ihrem Blick aus, das sie stutzig machte. „Ja. Es ist wirklich heiß und was Kaltes zu trinken kann Wunder wirken.“, stimmte sie in den Smalltalk ein. Irgendwie hatte sie ein seltsames Gefühl bei dem Gespräch. Joel benahm sich gerade komisch. Ob sie es ansprechen sollte? „... Willst du nicht auch mal das Surfen probieren?“, kam auf einmal die Frage von Joel, welche die kurze Stille zwischen ihnen brach. Skeptisch hob Shaelyn eine Augenbraue. „Nein, lieber nicht. Hast du keine Angst vor den Haien?“ „Nö.“, meinte Joel noch gelassen, ehe sie Beide an der Reihe waren. Shaelyn packte auch gleich die kalte Flasche für Emma in ihre Tasche, während sie die Andere direkt öffnete. Joel tat es ihr gleich. „Willst du dich nicht einen Moment setzen?“, fragte er freundlich und deutete auf einen freien Tisch. Shaelyn nickte und setzte sich neben ihm an den Tisch. Nachdenklich nahm sie einen Schluck von ihrem Getränk. „Ich wollte mit dir über etwas reden, Shaelyn.“, kam es jäh von Joel, das sie überrascht aufblicken ließ. Schon lange wurde sie nicht mehr von ihm bei ihrem vollen Vornamen angesprochen. Ihr Gefühl schien recht zu behalten. „Was ist denn los?“, fragte sie demnach neugierig. Joel jedoch begann verkrampft leise zu lachen, was Shaelyn nur verwirrte. Schließlich wich er erneut ihrem Blick aus. „Weißt du... ich habe oft an diesen Moment gedacht und mich gefragt, wann der richtige Zeitpunkt ist. Aber... irgendwie gibt es dafür keinen Richtigen. Und bevor ich noch verrückt werde, sag ich es lieber jetzt kurz und knapp... aber das habe ich jetzt schon vermasselt, oder?“ Aufmerksam verfolgte sie seine nervösen Worte. Ihr Bauchgefühl wurde mulmiger. Das klang seltsamerweise nach einem Geständnis. Nein... Joel konnte doch nicht? Mit einem mal sah er auf, direkt in ihre Augen. „Ich liebe dich, Shaelyn.“ Es waren jene drei Worte, die einfach alles veränderten. Doch stammten sie nicht von Rue, sondern von Joel. Ihr stand der Mund offen. … Hatte sie eben richtig gehört? Joel war in sie verliebt? Es schockte sie. Was sollte sie jetzt sagen? … Ihr Kopf war leergefegt. „Ja... ich weiß. Du stehst auf den Freak und das kann ich überhaupt nicht verstehen. Aber sollte dein Herz irgendwann frei sein, dann bin ich da. … Mensch, das klingt total kitschig.“ Shaelyn wollte etwas dazu sagen, aber sie konnte nicht. Sie hätte nie damit gerechnet. Plötzlich tat er ihr leid. Joel hatte recht damit. Sie erwiderte seine Liebe nicht. Traurigerweise saßen sie somit im selben Boot. Sie konnte verstehen wie er sich fühlte. „... Ich geh besser. Deine Antwort kenne ich schon.“ Joel machte sich daran aufzustehen, was sie ruckartig auch tat. „I-I-Ich … Es tut mir leid.“ Joel lächelte sie schwach an. „Du kannst nichts dafür, Shae. Keiner.“ Seine traurigen Worte berührten sie und sie war nicht im Stande ihm irgendwie helfen zu können. „Eins noch.“, hörte sie ihn vor sich sagen – bevor er sich zu ihr hinunter beugte und seine Lippen flüchtig auf ihre rechte Wange legte. „Sieh das als Versprechen.“ Dann ging er und sie fasste sich vor lauter Schock an die Wange. Hatte er sie gerade wirklich geküsst? Gerade nahm L einen Schluck von seinem Zuckerkaffee, als ihn ein sehr ungutes Gefühl beschlich. Doch so plötzlich es gekommen war, verschwand es wieder. Dennoch nachdenklich setzte er die Tasse ab und starrte vor sich auf den Laptop. Etwas stimmte nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)