Jenseits von Gut und Böse von abgemeldet (~ Dean/Sam :'D) ================================================================================ Kapitel 6: Der Mottenmann ------------------------- Auf dem dritten Friedhof fanden die Winchester-Brüder endlich, wonach sie gesucht hatten: Das Grab von William Benning. Sie warteten, bis die Dunkelheit hereinbrach, ehe Dean zwei Schaufeln, eine Tüte mit Salz und ein Feuerzeug aus dem Wagen holte und sie damit begannen, das Grab auszuheben. Seit seinen Annäherungsversuchen auf dem Highway hatte Sam es unterlassen, mit seinem Bruder sprechen zu wollen und Dean hatte ebenfalls keinerlei Anstalten gemacht, die Initiative zu ergreifen. Erst, als sie etwa eine halbe Stunde lang Erde fortgeschaufelt hatten, begann er leise zu fluchen. “Wenn das hier vorbei ist, bestehe ich auf mindestens eine geister- und dämonenfreie Woche!“ “Das sagst du jedes Mal“, bemerkte Sam schmunzelnd und warf seinem Bruder einen viel sagenden Blick zu. Dieser ließ erneut ein abfälliges Schnauben vernehmen und rammte nachdrücklich die Schaufel in den Boden, ehe er sich auf dem hölzernen Griff abstützte und sich mit den rechten Handrücken vereinzelte Schweißperlen von der Stirn wischte. "Und jedes Mal kommt uns etwas in die Quere." Sam zuckte amüsiert mit den Schultern. Er konnte den Unmut seines Bruders diesbezüglich nur zu gut nachvollziehen, doch er wusste auch, dass Dean es eigentlich überhaupt nicht so meinte, wie er es eben gesagt hatte. Natürlich konnte es gehörig an den Nerven zehren, wenn sich ihnen eine übernatürliche Erscheinung nach der anderen in den Weg stellte, aber sie hatten sich nun mal darauf spezialisiert, Geister und Dämonen zu jagen. Das war - wie er sich mittlerweile eingestehen musste - immerhin um einiges abwechslungsreicher, als in der Universität zu pauken. Obwohl er ab und an sehnsüchtig an die ruhigen Vorlesungen zurückdachte, würde er ihren jetzigen Lebensstil um nichts in der Welt aufgeben. Und Dean ging es genauso, da war er sich sicher. "Aber was soll's." Dean schaufelte eine weitere Ladung Erde beiseite, und hob die Augenbrauen, als er daraufhin endlich auf etwas Hartes stieß. "Sieht aus, als wären wir auf Gold gestoßen, Sammy." Es dauerte noch etwa zehn Minuten, bis sie den hölzernen Sarg sauber freigelegt hatten und Dean sprang gekonnt in das ausgehobene Grab, um ihn zu untersuchen. Seine Diagnose lautete sauber zugenagelt, doch das sollte kein allzu großes Hindernis darstellen. Er orderte zuerst eine Zange, dann - als diese unvorhergesehen den Dienst quittierte - ein Brecheisen und Sam reichte ihm das gewünschte Werkzeug schweigend, nachdem er es aus dem Kofferraum des Impala geholt hatte. "Würdest du wohl so freundlich sein und deinen Arsch hier herunterschwingen, um mir zu helfen?" Dean fluchte lautstark und schlug mit dem Brecheisen kurzerhand auf den Sargdeckel ein, als sich dieser selbst nach größten Bemühungen nicht öffnen ließ - natürlich ohne Erfolg. Sam sprang ebenfalls hinab und gemeinsam gelang es ihnen letztendlich doch, den hölzernen Deckel vom restlichen Sarg zu stemmen. Ein fahler Geruch drang ihnen aus dessen Inneren entgegen und Dean hielt unwillkürlich die Luft an, während er die verbliebenen Überreste William Bennings genauer in Augenschein nahm. "Das darf doch nicht wahr sein." Sam hob alarmiert den Kopf. "Was darf nicht wahr sein?" "Na, sieh doch selbst hin." Dean wies auf die vereinzelten Knochen, die das Skelett repräsentierten - ein Skelett ohne Schädel. "Wer auch immer diesem Benning seine letzte Ehre erwiesen hat - er hat ihn wohl nicht besonders gemocht. Großartig." “Das ist höchstwahrscheinlich auch der Grund, weshalb der Geist ohne Kopf in Erscheinung tritt. Aber vielleicht ist der Schädel anderweitig abhanden gekommen“, mutmaßte Sam, während er sich über den Sarg beugte und das Skelett nun ebenfalls eingehend inspizierte. “Wie auch immer“, tat Dean die Bemerkung seines Bruders ab und zog die kleine, mit Salz gefüllte Plastiktüte aus seiner Hosentasche. „Lass uns diese Überreste hier verbrennen, dann sollten wir schnellstens zusehen, dass wir den Schädel ausfindig machen.“ Mit diesen Worten verstreute er eine gute handvoll Salz auf den einzelnen Knochen um sie anschließend mit seinem Feuerzeug in Brand zu setzen. Während sich die Flammen an den gesalzenen Überresten in die Höhe leckten, kletterten die Winchester-Brüder wieder aus dem ausgehobenen Grab und Dean klopfte sich den Dreck von seinen Jeans. Dann gab er Sam mit einem kurzen Blick zu verstehen, ihm zu folgen, ehe er sich auf den Weg zurück zum Impala machte. “Also, auf zur Fabrikhalle.“ Sam machte ein verdutztes Gesicht, während er zu Dean aufholte. “Zur Fabrikhalle?“ “Du bist doch sonst nicht so schwer von Begriff! Der Unfall ist in der Fabrikhalle passiert. Vielleicht haben wir ja Glück und finden den Schädel dort. Wenn nicht, dann wenigstens ein paar Hinweise darauf, wo er eventuell sein könnte. Muss ja einen Grund haben, dass sich Benning von dieser Sprengstofffabrik absolut nicht trennen kann.“ Diese Antwort leuchtete Sam ein, also nickte er nachdrücklich. Hinter ihnen brannte das Feuer langsam herunter und ließ nichts zurück außer verkohlte Asche und das nun leere Grab. Während sie den Highway Richtung Point Pleasant entlangfuhren, dröhnte Lonely Is The Night von Billy Squier aus den Lautsprecherboxen und Dean sang lautstark mit, während er mit den Fingern im Takt auf das Lenkrad trommelte. Sam verdrehte hoffnungslos die Augen, schoss seinen Bruder gedanklich auf den fernsten aller Planeten und richtete seinen Blick nach vorn auf die Fahrbahn. Gerade noch rechtzeitig, um die schwarze Gestalt zu erkennen, die auf der vor ihnen liegenden Autobahnbrücke stand. Sam schreckte zurück. “DEAN!“ Dean reagierte schnell; trat das Gaspedal durch und der Wagen schlug erst einen Haken, ehe er quer und mit quietschenden Reifen zum Stehen kam. “Verdammt, was soll der Scheiß? Hat man denn wirklich keine ruhige Minute mehr?“, begann Dean lautstark zu fluchen, um die innerlich aufkeimende Unruhe niederzukämpfen, die ihm der plötzliche Schrecken beschert hatte. Er war so sehr in dieses Lied eingetaucht, dass ihn erst Sam’s panischer Aufschrei auf die Gestalt aufmerksam gemacht hatte. Neben ihm atmete Sam nach dieser rasanten Vollbremsung erst einmal tief durch, ehe er einen Blick aus dem Fenster wagte. Nichts. Aber er hatte den Mottenmann doch ganz deutlich vor ihnen gesehen! Und nun schien er sich in Luft aufgelöst zu haben. Er spielte mit ihnen. Sam schluckte und warf einen kurzen Blick zu Dean. „Lass uns das ein für alle Mal beenden!“ Sie stiegen aus, Dean umrundete den Wagen und reichte Sam nach einem kurzen Zwischenstopp beim Kofferraum eine der beiden geladenen Schrotflinten. Bis zur Fabrikhalle war es nicht mehr weit, da konnten sie den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen, was unter diesen Umständen auch wirklich sicherer war. Nach etwas weniger als zehn Minuten und ohne Zwischenfälle – abgesehen davon, dass Dean aufgrund der nächtlichen Dunkelheit mehrmals über diverse Baumwurzeln gestolpert war und Sam irgendwann fluchend vorausgeschickt hatte – erreichten sie schließlich die Lagerhalle. Der Zugang stand noch offen, genau so, wie Dean ihn bei seiner Rettungsaktion zurückgelassen hatte, aber die Atmosphäre war eine komplett andere. Man konnte das Böse, das diesen Ort einhüllte, geradezu spüren und danach greifen und Sam behagte diese Tatsache überhaupt nicht. Wenige Schritte vor der Halle blieb er stehen und wandte sich zu Dean um. Er hatte ihn schon lange nicht mehr mit einem derart eisigen Gesichtsausdruck gesehen, doch der war – wie er zugeben musste – mehr als berechtigt. Immerhin hatte sie dieser Geist nun bereits zweimal und das binnen kürzester Zeit beinahe das Leben gekostet. Und er wusste, wie Dean auf derartige Herausforderungen reagierte – er konnte einfach nicht anders, als sich von ihnen provozieren zu lassen. „Augen zu und durch, Sammy.“ Dean wärmte seine Mimik für ein kurzes Grinsen auf, als er sich des Wortwitzes bewusst wurde und warf Sam einen viel sagenden Blick zu. Gemeinsam betraten sie die Fabrikhalle und zogen fast zeitgleich ihre Taschenlampen hervor, um sich etwas Licht verschaffen zu können. Auch das Innere der Halle hatte sich nicht im Geringsten verändert. Es fehlten nach wie vor vereinzelte Dielenbretter im Boden und auch die Maschinen standen noch an Ort und Stelle. Doch die Präsenz des Bösen war hier noch viel stärker zu spüren, als außerhalb des Gebäudes. Dean machte sich kurz mit ihrer neuen Umgebung vertraut, indem er den Lichtkegel der Taschenlampe mal hierhin, mal dorthin schwenkte, ehe er einen Entschluss fasste. „In dem Artikel hieß es, der Unfall sei bei der Arbeit passiert, richtig? Dann sind diese Maschinen hier unser erster Anhaltspunkt. Such du dort, ich nehme mir diese Seite vor.“ Er deutete kurz in die zwei entsprechenden Richtungen, Sam nickte und sie machten sich an die Arbeit. Sie untersuchten das Erdgeschoss eine gute halbe Stunde, allerdings mit einem relativ enttäuschenden Ergebnis: Sam hatte eine vergilbte Bedienungsanleitung ausgegraben und Dean war auf ein paar Rohstoffe zur Sprengstoffentwicklung gestoßen – alles Dinge, mit denen sie nicht das geringste anfangen konnten. Während sich Dean weiter in die Trümmer vorarbeitete, widmete sich Sam einer der Maschinen. Intakt schienen sie alle nicht mehr zu sein, zumal die Sprengstoffherstellung mittlerweile so sehr vereinfacht worden war, dass sie wahrscheinlich selbst funkionsfähig unbrauchbar wären. Sam ließ den Schein seiner Taschenlampe über die vereinzelten Hebel und Knöpfe schweifen und wollte sich gerade der nächsten Maschine zuwenden, als ihm die verstaubten und halb verblichenen Lettern eines Namensschildes in die Augen stachen. nning. Misstrauisch, aber auch neugierig trat er näher an die Maschine heran, wischte mit der Hand vorsichtig die millimeterdicke Staubschicht weg und – hielt unwillkürlich die Luft an. Leicht zu entziffern war der Name nicht, dafür aber unverkennbar: William Benning. Demnach musste er zu seinen Lebzeiten an dieser Maschine gearbeitet haben. Und an dieser Maschine hatte sich auch der Unfall zugetragen, dem Benning erlegen war. Sam drehte sich um, in die Richtung, in der er seinen Bruder vermutete. „Dean?“ „Hm?“, kam die gedämpfte und mürrische Antwort. „Ich glaube, das solltest du dir ansehen.“ Er hörte Schritte, etwas krachte lautstark und Dean fluchte. „Ich schwöre dir, wenn wir-“ Dean brach so abrupt ab, dass ihm der Mund offen stehen blieb. Er hatte die Taschenlampe suchend hin- und hergeschwenkt, um Sam's genauen Standort auszumachen, doch in geringer Entfernung hinter seinem Bruder hatte er noch etwas gesehen. Jemanden. Eine schwarze Gestalt, die reglos in der Dunkelheit verharrte und sie augenscheinlich bereits seit geraumer Zeit beobachtete. Seine Gedanken überschlugen sich und es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe er verstand. „AUGEN ZU, SAM!“ Er hörte Flügelschlagen und kniff die Augen zusammen. Wie zum Teufel sollte er eine Kreatur vernichten, die er nicht einmal sehen konnte? Er konnte ja nicht einfach wie ein wildgewordener Irrer in der Gegend herumballern – nicht, solange Sam in unmittelbarer Nähe war. „Sammy?“ „Ich bin hier.“ Großartig. Wo war hier? Dean verkniff sich diesen beißenden Kommentar und streckte stattdessen suchend den Arm aus, während er ein paar unsichere Schritte nach vorn machte. Er atmte erleichtert auf, als seine Fingerspitzen den Stoff von Sam's Jacke ertasteten. „Okay, er muss immer noch hier in der Nähe sein“, begann er und umfasste die Schrotflinte in seiner Linken etwas fester. „Egal was passiert: Du lässt die Augen geschlossen, verstanden?“ Seine Stimme hatte einen ungewohnt scharfen Unterton angenommen, der deutlich machte, dass er keinerlei Widerspruch dulden würde. Er wusste nicht, ob es ihm noch einmal gelingen würde, Sam hier herauszuschaffen, wenn diesem etwas zustoßen würde und er wollte es auch nicht riskieren. Sam murmelte eine leise Zustimmung, woraufhin sie sich mit dem Rücken zueinanderstellten, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Eine ganze Weile geschah – nichts. Dann erklang erneut das leise Geräusch von Flügeln, allerdings in einiger Entfernung. Dean spürte, wie Sam sich hinter ihm verkrampfte und er trat fast automatisch einen Schritt zurück; näher an seinen Bruder heran. Er biss die Zähne zusammen und öffnete erst das rechte Auge einen Spalt breit, dann das linke. Es hatte absolut keinen Sinn, wenn sie nun hier herumstanden und warteten, denn offenbar hatte der Mottenmann nicht vor, sich ihnen zu stellen. Er hinderte sie schlichtweg daran, nach weiteren Hinweisen bezüglich seines Schädels zu suchen, indem er gelegentlich um sie herumflatterte. Wenn das so weiterging, dann würden sie bis zum Sonnenaufgang noch hier stehen. „Was hast du eigentlich gefunden?“, erkundigte sich Dean schließlich mit leiser Stimme, in der Hoffnung, dass Sam vielleicht auf ein brauchbares Detail gestoßen war. Wurde ja langsam Zeit; so ein Schädel konnte sich ja bekanntlich nicht in Luft auflösen. „Die Maschine links von uns“, begann Sam und machte eine knappe Handbewegung in die entsprechende Richtung. „Was ist damit?“ „Benning hat sie bedient. Das heißt, genau hier muss sich der Unfall ereignet haben.“ Sam spürte, wie Dean sich von ihm löste und drehte instinktiv den Kopf, obwohl er mit geschlossenen Augen ja sowieso nichts sehen konnte. „Dean? Dean, was hast du vor?“ Dean zögerte einen kurzen Moment. „Mir die Sache genauer ansehen, das hab' ich vor.“ „Das ist Wahnsinn!“, zischte Sam, als er hörte, wie sich sein Bruder langsam von ihm entfernte. Obwohl er vorhin noch bereitwillig eingewilligt hatte, es nicht zu tun, öffnete er daraufhin vorsichig die Augen und schwenkte den Strahl seiner Taschenlampe nach links. Dean kniff unwillkürlich die Augen zusammen, als das ungewohnt helle Licht ihn erfasste. „Leuchte damit gefälligst woanders hin!“, fauchte er, ehe er in die Hocke ging, um einen Trümmerhaufen in knapper Entfernung der Maschine zu untersuchen. Sam trat neben ihn. „Du meinst doch nicht, dass-“ „Noch meine ich überhaupt nichts“, schnitt Dean ihm unwirsch das Wort ab, „aber irgendwo muss dieser verdammte Schädel ja sein. Und niemand hatte einen Grund, Benning nach seinem Tod zu enthaupten, vielleicht haben wir also Glück und der Schädel ist bei dem Unfall abhanden gekommen und einfach nicht gefunden worden. Wäre bei dem Chaos hier kein Wunder. Aber jetzt hilf mir lieber, anstatt dumme Fragen zu stellen.“ Er legte seine Schrotfinte auf den Boden, umfasste eines der ineinanderverkeilten Bretter mit beiden Händen und gemeinsam hievten sie es beiseite, um sich nach und nach vorarbeiten zu können. In unregelmäßigen Abständen hielten sie inne und lauschten, doch der Mottenmann schien sich wieder irgendwo niedergelassen zu haben und beobachtete sie – oder aber, er war auf seinen nächtlichen Beutezug auf dem nahegelegenen Highway gegangen. Beide Möglichkeiten waren alles Andere als wünschenswert. Während Sam ein weiteres Brett beiseite schaffte, leuchtete Dean in das soeben freigelegte Loch und stieß einen triumphierenden Pfiff aus. „Na also. Der Jackpot.“ Unter zwei weiteren Brettern eingeklemmt konnte er im Schein seiner Taschenlampe die Seite eines halb verwesten Schädels erkennen. „Seinen Verletzungen erlegen“, schnaubte Dean kopfschüttelnd, während er und Sam den letzten Überrest Bennings freilegten, „sehr unglücklich ausgedrückt, wenn man bedenkt, dass ihm der Kopf weggesprengt wurde.“ Er zog das Salz und sein Feuerzeug aus der Jackentasche und war gerade dabei, den Schädel zu präparieren, als ein markerschütternder Schrei erklang. Wie in der Nacht zuvor war es kein wirklicher Laut, sondern eher ein unerträgliches Gefühl. Sam ließ seine Taschenlampe fallen, die augenblicklich erlosch und Dean hielt verkrampft inne. Flügelschlagen, das rasch näher kam. Dann wurde es für den Bruchteil einer Sekunde erdrückend still, ehe Sam plötzlich nach hinten gerissen wurde. Er kniff instinktiv die Augen fest zusammen und landete wenige Meter entfernt mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden. „Sam, bist du in Ordnung?“ Dean war aufgesprungen, die Taschenlampe in der einen, die Schrotflinte in der anderen Hand. Sam tastete vorsichtig an seinen Hinterkopf, mit dem er gegen eine der Maschinen geknallt war und verzog das Gesicht, als ihn ein heftiger Schmerz durchzuckte. Aber wenigstens spürte er kein Blut. „J- ja, ich bin okay“, ließ er daraufhin verlauten und kam wankend wieder auf die Beine. Die Augen hielt er nach wie vor geschlossen und streckte nun wie vorhin Dean suchend die Arme aus, um nicht versehentlich irgendwo gegenzulaufen. Seine Finger ertasteten Stoff. „Dean?“ „Hier hinten“, kam Dean's Antwort von einer unerwarteten Distanz und aus der entgegengesetzten Richtung. Sam stolperte entgeistert zurück, als ihm gewahr wurde, wer da neben ihm stand. „DEAN!“ „Sam? Sammy, wo steckst du?“ „Er ist hier. Der Mottenmann!“ Dean spürte, wie ihm eiskalt wurde, als Sam's Worte in seinen Verstand sickerten und er wurde von einer unnatürlich starken Wutwelle überrollt. Er ging erneut in die Hocke, tauschte die Schrotflinte gegen das Feuerzeug und schwenkte die Taschenlampe ziellos in die Richtung, aus der Sam's Stimme gekommen war. Er erkannte die schwachen Umrisse einer gespenstischen Gestalt – einer Gestalt, ohne Kopf. Ihr Gesicht – konnte man das überhaupt Gesicht nennen, wenn sie keinen Kopf hatte? Egal – hatte sie Sam zugewandt, der sich in knapper Entfernung hilflos durch die Dunkelheit tastete. „Hey, Schmetterling!“ Die Gestalt fuhr herum und Dean kniff die Augen zusammen. Man konnte die Spannung zwischen ihnen regelrecht spüren und für ein paar Sekunden schien die Zeit stillzustehen. Dann hörte Dean hastiges Flügelschlagen und er fackelte nicht lange, sondern ließ die Flamme des Feuerzeugs aufflackern, um den Schädel in Brand zu setzen. Gierig leckten die Flammen an der gesalzenen Schädeldecke und den umliegenden Holzbrettern empor und im selben Moment hielt der Mottenmann inne, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Dean wagte es, vorsichtig die Augen zu öffnen und sah gerade noch, wie sich die Gestalt vor ihm krümmte, dann stieß sie einen letzten, durchdringenden Schrei aus – Dean musste sich die Ohren zuhalten – und verschwand im Nichts. Dean zögerte noch kurz, ehe er die Hände von den Ohren nahm und erleichtert durchatmete. Nach diesem ewigen Hin und Her hatten sie es endlich geschafft, den Mottenmann zu vernichten. Er stand auf und klopfte sich den Staub von der Jeans. „Sam?“ Er leuchtete in Sam's Richtung, der – die Augen mit einem Arm vom Licht abschirmend – auf ihn zugestolpert kam. Neben ihnen breitete sich das Feuer langsam aber sicher aus, indem sich die Flammen in das trockene Holz fraßen und Dean warf einen kurzen Blick auf die Asche, die der Schädel zurückgelassen hatte. „Man, ich hasse Insekten. Aber wenigstens wissen wir nun, warum der Mottenmann so einfach in der Fabrikhalle auftauchen und dich zu Boden starren konnte.“ „Weil ich in der Nähe seines Schädels war“, bestätigte Sam. Dean nickte. „Sehen wir zu, dass wir von hier verschwinden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)