Jenseits von Gut und Böse von abgemeldet (~ Dean/Sam :'D) ================================================================================ Kapitel 5: Schuld ----------------- „Der Mottenmann.“ “Der Mottenmann?“, hakte Sam perplex nach und warf seinem Bruder einen undefinierbaren Blick zu, der eindeutig sagte, dass er nicht das Geringste von dem verstand, was Bobby eben gesagt hatte. “Ganz genau, der Mottenmann“, bestätigte Dean, wobei ihm anzusehen war, dass er sich ein amüsiertes Grinsen verbeißen musste. Sam fühlte sich soweit wieder gut und nachdem er noch etwa eine halbe Stunde lang das Bett gehütet hatte – Dean hatte quasi darauf bestanden, ansonsten wäre er schon viel früher aufgestanden – hatte er ziemlich glaubhaft deutlich gemacht, dass er wirklich keine Kopfschmerzen mehr hatte und, dass ihm auch sonst nichts fehlte. Inzwischen war es zwölf Uhr und Sam, Dean und Bobby saßen am Küchentisch, sämtliche Informationen bezüglich des so genannten Mottenmanns vor sich ausgebreitet und beratschlagten, wie sie die ganze Sache angehen sollten. Als bei Sam der Groschen immer noch nicht gefallen zu sein schien, setzte Bobby zu einer Erklärung an. „Die Presse hat sich diese Bezeichnung für unsere Erscheinung damals ausgedacht, da viele Augenzeugen mitunter berichtet hatten, eine mannsgroße Motte sei auf der Autobahnbrücke vor ihnen aufgetaucht.“ Sam nickte kaum merklich, woraufhin sich ihm nun allerdings eine andere Frage stellte: „Und wie kommt es, dass in meinen Nachforschungen kein Wort darüber verloren wurde, dass man ihm nicht in die Augen sehen soll?“ “Weil du nicht gründlich genug recherchiert hast, Sammy“, warf Dean ein, noch bevor Bobby überhaupt den Mund aufmachen konnte und schob seinem Bruder die Kopien von einigen Zeitungsausschnitten hin. Einer davon stammte aus dem Jahr 1961. Sam’s Augen huschten kurz über die wenigen Zeilen, dann fasste er Dean wieder ins Visier und schluckte. Sein Gesicht hatte fast sämtliche Farbe verloren. „Er ist also doch über vierzig Jahre lang regelmäßig in Erscheinung getreten und es gab nur fast keine Zeugen, weil die meisten seiner Opfer tödlich verunglückt sind“, fasste er den Inhalt der Artikel zusammen und Dean bestätigte mit einem knappen Kopfnicken. “Richtig. Die paar wenigen, die überlebt haben und durch die du dann auch auf ihn aufmerksam geworden bist, haben ihm anscheinend nicht direkt in die Augen gesehen, ansonsten hätten sie es vermutlich ebenfalls nicht überlebt.“ Sam schwirrte regelrecht der Kopf. Wie hatte er nur so blind sein können? Es lag doch offen auf der Hand, dass rachsüchtige Geister in regelmäßigen Abständen töteten und nicht rein nach Belieben zwischendurch mal ein paar Jahre Pause einlegten. Und nur, weil er an dieses kleine Detail nicht gedacht hatte, hätte er seinen kleinen Ausflug zu der stillgelegten Sprengstofffabrik um ein Haar mit dem Leben bezahlt. Aber wenigstens war seine Aktion nicht ganz umsonst gewesen. Er zog den Zeitungsausschnitt, den er in der Halle gefunden hatte, unter dem übrigen Papierkram auf dem Tisch hervor und hielt ihn Dean unter die Nase. „Was meinst du? Könnte das unser Mann sein?“ Dean runzelte die Stirn, während er den Artikel kurz überflog, dann reichte er ihn Bobby, der wiederum nickte. „Allerdings, das ist er.“ “Dann sehen wir zu, dass wir den Kerl um die Ecke bringen“, ließ Dean verlauten und wollte schon aufstehen, doch Bobby hielt ihn zurück. Er hatte während ihres Gesprächs in der Tageszeitung geblättert, die er den beiden Winchester-Brüdern nun hinschob. “Das solltet ihr euch vielleicht ansehen.“ Seine Stimme hatte einen eigenartigen Klang angenommen, der Sam und Dean gleichermaßen dazu veranlasste, den Artikel, von dem Bobby sprach, genauer unter die Lupe zu nehmen. Studenten verunglücken tödlich – hat der mysteriöse Mottenmann wieder zugeschlagen? In der Nacht vom 20. auf den 21. November ereignete sich auf der Autobahn nahe Point Pleasant ein tödlicher Unfall. Die beiden Studenten Kelly Morgan und Neal Andrews befanden sich gerade auf dem Nachhauseweg, als Neal die Kontrolle über den Wagen verlor und dieser ins Schleudern geriet. Beide Insassen waren sofort tot. Das Auto wurde mitsamt ihren Leichen am frühen Morgen von einem vorbeifahrenden Ehepaar entdeckt, die sofort die Polizei und den Krankenwagen verständigten. Der Wagen wurde noch vor Ort untersucht, allerdings konnten keinerlei Schäden festgestellt werden. Selbstmord wird ebenfalls ausgeschlossen, da beide Studenten laut ihren Freunden und Familienmitgliedern äußerst lebensfrohe Menschen gewesen waren. Nun stellt sich uns die Frage, ob hierbei erneut der mysteriöse Mottenmann seine Finger im Spiel hatte, der bereits seit mehreren Jahrzehnten auf der Autobahn nahe Point Pleasant sein Unwesen treibt. Sam war der erste, der seine Stimme wieder fand. „Was zum …?“ Dean schüttelte energisch den Kopf. „Das kann nicht sein.“ “Reiner Zufall“, bestätigte Sam und versuchte seine Worte ebenfalls mit einem entschlossenen Kopfschütteln zu unterstreichen. „Seid ihr euch sicher?“, hakte Bobby zögernd nach und sein Blick wechselte mehrmals zwischen den beiden Brüdern. “Hundertprozentig!“ Dean schob die Zeitung zurück in die Mitte des Tisches. „Du weißt doch selbst, dass es Geistern unmöglich ist, zu einer beliebigen Zeit aufzutauchen. Sie sind an den Tag ihres Todes gebunden und der war in diesem Fall vor etwas weniger als einer Woche.“ “Es sei denn, sie bekommen Hilfe von außen. Eine Beschwörung, oder-„ “Du glaubst doch nicht etwa, dass jemand auf die Idee kommt, jemanden wie den Mottenmann zu beschwören?“, unterbrach Dean Bobby’s Mutmaßung und erntete dafür einen strafenden Blick, der allerdings durch ihn hindurchzugehen schien. „Moment“, schaltete sich Sam ein, „wie ist es dem Mottenmann dann gelungen, in der Fabrikhalle in Erscheinung zu treten?“ Eine plötzliche Stille trat ein, bis Bobby nachdenklich das Wort ergriff. „Sicher bin ich mir nicht, aber es kann natürlich sein, dass du für seine weitere Existenz eine Gefahr dargestellt hast. Unter diesem Umstand ist es Geistern möglich, sich zu schützen. Aber vermutlich trifft das nur zu, wenn man sich wie du in der Fabrikhalle befindet. Die Erscheinung auf der Autobahn, da muss etwas Anderes dahinterstecken. Es muss nicht unbedingt eine Beschwörung gewesen sein, es könnte auch einfach der Bann, der den Geist an den Jahrestag seines Todes bindet, gebrochen worden sein. “Und wie soll man einen solchen Bann brechen?“ Sam wirkte wenig überzeugt. „Einen Bann“, setzte Bobby zu einer Erklärung an, wobei er jedes einzelne Wort genauer als nötig betonte, sodass Sam instinktiv den Kopf einzog. „kann man brechen, indem man den Geist – oder Dämon, wie auch immer – befreit. Das hat rein gar nichts mit Hokuspokus zu tun, wie viele vielleicht denken mögen; man muss ihm schlicht und ergreifend die Tür zur Außenwelt öffnen.“ Dean’s Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er endlich verstand und Bobby nickte bestätigend. Auch Sam war erneut schlagartig schlohweiß im Gesicht geworden. „Du hast es verabsäumt, den Zugang zur Fabrikhalle wieder zu schließen, richtig?“ “Woher hätte ich denn wissen sollen, dass dieser beschissene Geist das gleich als Einladung in die Außenwelt betrachtet?“, verteidigte sich Dean heftiger als nötig und Bobby hob beschwichtigend die Hände. „Es bringt absolut niemandem etwas, wenn ihr euch jetzt gegenseitig die Köpfe einschlagt. Lasst uns lieber beratschlagen, wie wir den Mottenmann ein für alle Mal vernichten.“ “Die Knochen salzen und verbrennen?“, schlug Sam vor und schaute fragend in die Runde. “Klugscheißer“, murrte Dean, „weil wir ja auch so viel Ahnung davon haben, wo seine Leiche begraben liegt.“ “Sag bloß, das habt ihr nicht herausfinden können?!“ “Würde ich sonst noch tatenlos hier sitzen?“ “Jungs!“, fuhr Bobby dazwischen und nachdem Dean seinem Bruder einen letzten, beeindruckend scharfen Blick zugeworfen hatte, kehrte schlagartig Ruhe ein. „Wir haben einen Namen und wir haben einen Todestag. Das heißt, ihr müsst nur die umliegenden Friedhöfe abklappern, um fündig zu werden. Am besten macht ihr euch sofort an die Arbeit, um dem Mottenmann nicht noch mal die Gelegenheit zu bieten, ungestört zuschlagen zu können.“ Dean sah zwar wenig begeistert aus, nickte allerdings und auch Sam gab sich geschlagen. Sie standen auf und Bobby begleitete sie zur Tür. „Ich melde mich, sobald ich auf wichtige Informationen stoßen sollte.“ Auf dem Highway hing erneut diese eisige Stille zwischen ihnen, bis Sam es nach etwa einer halben Stunde nicht mehr aushielt und seinem Bruder einen zögernden Blick zuwarf. “Dean?“ Dean brummte zum Zeichen, dass er zuhörte, starrte allerdings weiterhin verbissen nach vorn auf die Straße, als erfordere es höchste Konzentration, den Impala geradeaus zu lenken. “Das alles ist nicht deine Schuld, hörst du?“, versuchte Sam zaghaft die Situation zwischen ihnen zu entspannen, woraufhin nur ein abfälliges Schnauben erklang. „Dean!“ Erst, als Dean nach etwa einer Minute immer noch nicht reagiert hatte, wurde Sam schmerzlich bewusst, dass sein Bruder ihn ignorierte. Er seufzte leise, schüttelte verständnislos den Kopf und richtete seinen Blick ebenfalls wieder nach vorn. Wenn Dean nicht wollte, dann konnte er noch so lange an ihn heranreden; das hatte in etwa denselben Effekt, wie wenn er sich mit einer Wand unterhalten würde. Dean wollte wirklich nicht darüber sprechen und zwar, weil er genau wusste, was Sam ihm versuchen würde einzureden: Dass er es nicht hatte wissen können; dass es tagtäglich vorkam, dass jemand versehentlich einen Geist oder einen Dämonen befreite. Blablabla. In störte weniger die Tatsache, dass der Mottenmann von nun an jede Nacht sein Unwesen auf der Autobahnbrücke treiben würde, wenn sie ihn nicht schnell genug aus dem Weg räumten, als die Hinsicht, dass er es zu verschulden hatte. Die Menschen, die den übernatürlichen Wesen ansonsten den Weg in die Außenwelt bereiteten, wussten meist nicht, was sie taten, ganz im Gegensatz zu ihm. Er wusste, was in dieser gottverdammten Welt vor sich ging und er wusste, wie man es aufhalten konnte. Da war es geradezu ein Unding, dass ein solcher Fehler jemandem wie ihm passierte. Aber in der stillgelegten Fabrik hatte er einfach nicht daran gedacht. Er hatte nur Augen für Sam gehabt; der Geist oder der Rest der Menschheit war ihm in diesem Augenblick vollkommen gleichgültig gewesen. Alles, woran er hatte denken können, war sein Bruder gewesen und, dass er ihn schnellstmöglich in Sicherheit bringen musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)