Sleepless Beauties von Schneizel (Vollmondnächte und ihre Tücken) ================================================================================ Sleepless Beauties ------------------ Vollmond. Schneizel mochte keine Vollmondnächte. Er schlief furchtbar schlecht, lag eigentlich mehr wach und frustriert im Bett, wenn der Mond rund und glänzend am Himmel hing, doch sein Schlaf war dem Prinzen wichtig. Seine Arbeitstage waren lang, voller Entscheidungen, die nicht mit müdem Kopf getroffen werden mochten. Manchmal zogen sich Konferenzen bis spät in die Nacht, oder er musste früh morgens bereits erreichbar sein, um mit Vertragspartnern in anderen Zeitzonen zu sprechen. Seufzend blickte Schneizel aus dem Fenster. Auch das noch – Regen. Es war Oktober, kalt, nass und ungemütlich. Zum Glück würde die Avalon bald mit Kurs auf die Südsee abheben; Schneizel hasste das herbstliche Mitteleuropa. Erst recht an einem Abend wie diesem, wenn der Wind an den Fenstern seines Domizils rüttelte und Wolken über den tristen, grauen Himmel fegte. Die Sonne war bereits untergegangen, und der Mond glomm in sanftem Silber am Firmament. Vollmond. Eine Packung Schlaftabletten lag bereits auf Schneizels Nachttisch. Der Prinz wollte nicht alle paar Stunden aus unruhigem Schlaf wach werden, schließlich war er gerade erst seinen Jetlag losgeworden. Er hatte sich daran gewöhnt, in kurzen Abständen um die ganze Welt zu gondeln, und die Avalon, seine fliegende Basis, als „zuhause“ anzunehmen, weil er mehr Zeit an Bord verbrachte als in allen Palästen des Imperiums. Trotzdem, vier Kontinente in anderthalb Wochen brachten den biologischen Rhythmus ziemlich aus dem Konzept, und Schneizel gefährdete nicht gerade gerne seine Auffassungsgabe, wenn wichtige Dinge anstanden. Und genau das war der Fall, tagtäglich. Er war der zweitgeborene Sohn von Charles zi Britannia, und erster in der Erblinie des mächtigsten Imperiums seiner Zeit. Viel wichtiger war jedoch, dass er ein Genie war, der beste Stratege, der Britannia geblieben war, und der einzige, der es mit dem maskierten Feind aufnehmen konnte. Zero. Wie oft hatte Schneizel über ihn gegrübelt, wie oft war er zu spät ins Bett gekommen, weil ihn die Frage, wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg, nicht hatte loslassen wollen? Lelouch. Wie oft hatte Schneizel schlaflose Nächte ertragen müssen, weil der Gedanke, gegen seinen liebsten Bruder zu kämpfen, so penetrant und so schmerzhaft gewesen war? Angespannt verzog Schneizel das Gesicht. Inzwischen brauchte er keinen Vollmond mehr, um schlecht zu schlafen. Der Krieg reichte vollkommen aus. Er Schenkte sich ein Glas Rotwein ein und trat zur Balkontür. Der Regen klatschte auf die Marmorplatten des Balkons, rann die Glasscheiben der Tür hinunter, trommelte gegen die Wände. Das Wetter war wahrhaftig mies. Wenn es Sommer wäre, dann könnte dies durchaus eine schöne Nacht werden. Warme Wassertröpfchen, die einem nachtaktiven Prinzen ins Gesicht schlugen, während er den Mond anstarrte, der ihn nicht ins Traumreich gehen ließ. Oder wenn es kalt genug wäre, um das Wasser in Schneeflocken zu verwandeln, die vor dem silbernen Antlitz tanzten, während Schneizel in einem Sessel am Fenster saß, eine Tasse Tee in der einen Hand und ein gutes Buch in der anderen. Doch es war Oktober. Und obendrein tobte Krieg. Eine seltsame Idylle lag über dem Landhaus, dass dem Regen trotzte. Es schien weit weg von den Schlachten, von den Toden, von den Grausamkeiten, die Schneizel anordnen, befehligen, verantworten musste. Weit weg von den Laboren, in denen ein junger Neuzugang seiner Forschungsabteilung an einer tödlichen Bombe feilte. Weit weg von den Werkstätten, in denen Knightmares mit neuster Waffentechnologie ausgerüstet wurden. Weit weg von den Kasernen, in denen Soldaten vorbereitet wurden auf etwas, dem keinerlei Vorbereitung gerecht wurde. Und doch wusste Schneizel, wie nah das alles war. Es war zum Mittelpunkt seines Lebens geworden, Britanna zu schützen, zu stärken und zu führen. Immer wieder blickte er zum Thron, fest entschlossen, seinem Vater dorthin zu folgen. Es war ein steiler Weg, voller Steine und Sackgassen, doch Schneizel hatte nie einen anderen beschreiten wollen. Nachdenklich nippte er an seinem Wein; für gewöhnlich wurde er müde von Bordeaux dieses Jahrgangs. Seine Augen ließen den Mond los und schweiften durch den Schauer über die Fassade des Anwesens gleiten. Die meisten Fenster im Seitenflügel, wo die übrigen Quartiere lagen, waren unbeleuchtet. Der Prinz hatte eine eigene Etage für seine Gemächer, über Versammlungsräumen und einem pompösen, barocken Tanzssaal. Gäste wie Angestellte waren im Ostflügel untergebracht, je nach Stand auf anderen Fluren. Kein Mitglied des Adels würde es dulden, schräg gegenüber von einem Dienstmädchen zu nächtigen. Am Ende eines Gangens im obersten Stockwerk, in den Gemächern, die nach Schneizels den schönsten Ausblick auf die Parkanlagen versprachen, brannte Licht. Es waren Zimmer, die dauerhaft von der gleichen Person belegt waren, wenn Schneizel das Landhaus besuchte. Schneizels treuster, loyalster Untergebener bewohnte sie, wenn er sich mit dem Prinzen hier aufhielt. Ein Lächeln stahl sich auf Schneizels Gesicht, als er eine Silhouette erkannte, die genau wie er am Fenster stand und in den Regen starrte. Er schien nicht der einzige zu sein, der wie magisch angezogen vom Mond nach draußen starren musste, um seine Gedanken zu beruhigen. Vollmond. Kannon mochte Vollmondnächte. Er schlief nicht unbedingt beständig in dieser Mondphase, doch das machte ihm nichts aus. Im Gegenteil; er mochte es, die ganze Nacht auf der Fensterbank zu hocken, die Stirn an das kühle Glas gelehnt, und einfach nur den Mond anzustarren. Als Kind hatte er nicht verstanden, warum Werwölfe zu Monstern wurden, wenn der Mond sich in seiner volkommensten Schönheit zeigte; ihm hatte nicht in den Kopf gewollt, dass ein solch schöner Anblick in den Wahnsinn treiben sollte. Deshalb hatte er keine Gruselgeschichten gemocht, sondern lieber andere gehört, Märchen von Prinzen, Drachen und glücklichen Enden. Leise lachte Kannon, selbst, wenn niemand außer ihm es hören konnte. Wie die treuen Knappen, die so selten in den Märchen vorkamen, hatte er einen Prinzen gefunden, dem er loyal diente. Einen Prinzen, der Kannon mehr bedeutete als die Welt, welche dieser schuf. Er war stolz darauf, die rechte Hand Schneizel el Britannias zu sein, stets an seiner Seite, unerschütterlich in seiner Entscheidung, ihm zu folgen. Schneizels Weg war kein leichter, und oft fiel es Kannon schwer, ihm nachzueilen. Doch genau dass hatte er sich geschworen, vor vielen Jahren – dass er Schneizel folgte, selbst, wenn dieser ihn ins Verderben führte. Seufzend zog Kannon die Knie enger an seinen Körper. Die Fensterbank war aus poliertem Marmor und eisig kalt, doch in Kannons Händen ruhte eine Tasse mit heißem Tee, um ihn aufzuwärmen. Dennoch, eine Spur Kälte würde ihn nie loslassen, würde nie den Griff um sein Herz lockern. Die Kälte, die ein Mensch verspürt, der liebt. Liebe war immer mit Schmerz verbunden, das hatte Kannon längst eingesehen, einsehen müssen, selbst, wenn es schwer zu akzeptieren war. Je hoffnungsloser Liebe war, desto mehr tat sie weh, und doch kam man nicht los von ihr. Denn irgendwann wurde der Schmerz zu einem Freund, zu etwas, das man mit sich durchs Leben trug und das stärker machte, auf unnahbare Art. Kannon leugnete seine Gefühle nicht vor sich selbst. Sie mochten absurd sein, unverstanden von der Welt, vor der er sie verbergen musste, doch er hatte sie als echt angesehen, und er hatte gelernt, damit umzugehen. Wäre da nicht diese Bewunderung, wäre da nicht diese Sehnsucht, wäre da nicht dieses böse Wort mit „L“, dann wäre er vielleicht nie auf die Idee gekommen, dem Imperium als Schneizels Untergebener zu dienen, und hätte sich nie die Position als sein Assisstent und steter Begleiter verdient. Vielleicht wäre es gar nicht dazu gekommen, dass er sein Leben so für ihn hingab, dachte Kannon. Doch er vermutete, dass er diese Gefühle schon in der Schule gehegt und bloß nicht bemerkt hatte. Damals, vor so langer Zeit, als sie sich kennengelernt hatten, indem Schneizel ihn mit eine Peitsche für einen Regelverstoß bestrafte. Kannon würde nie das knallende Geräusch vergessen, als der lange Riemen durch die Luft gerast war, oder den Schmerz, als er sein Ziel fand. Doch die Wut und der oberflächliche Hass waren längst verflogen, ersetzt durch viel wärmere Emotionen. Ja, er war durchaus froh, dass alles so gekommen war, dass er sein Herz verloren und dafür einen Sinn für sein vorher so unbedeutsames Leben gefunden hatte. Und dennoch, das Sonnenlicht mochte warm sein, doch so hell der Vollmond auch hinter den Regenwolken strahlte, er wirkte stets kühl und distanziert. Genau wie Prinz Schneizel. Kannon kannte den Prinzen, vielleicht besser als seine eigenen Familie. Er war immer bei ihm. Auf ewig und bedingungslos. Er starrte aus dem Fenster, sah kurz hinauf zu dem Balkon, der sich vor Schneizels Gemächern spannte. Leise lachte Kannon. Schneizel stand ebenfalls am Fenster; Kannon konnte seinen Morgenmantel erkennen, strahlend weis vor dem matten Licht seiner Lampen. Mit einem schelmischen Grinsen trank Kannon seinen Tee aus, stieg von der Fensterbank und schritt zu dem kleinen Tisch, auf dem die Kanne stand. Der Vollmond schien in sein Zimmer, als er den Lichtschalter drückte und sachte Dunkelheit hineinfallen ließ. Seufzend stellte Schneizel sein leeres Weinglas zur Seite. Der Himmel war inzwischen schwarz und sternenübersät, doch sie verschwanden hinter den Wolken. Es hatte aufgehört, zu regnen. Verärgert blinzelte der Prinz den Mond an. Er wollte schlafen. So wie sein treuer Assistent, der sich scheinbar gerade hingelegt hatte. Manchmal, aber nur manchmal beneidete Schneizel Kannon. Doch für gewöhnlich war ihm sein Leben lieber als das des Grafen, der ihm so hoffnungslos verfallen war. Seufzend drehte Schneizel dem Mond den Rücken zu, schritt unschlüssig durchs Zimmer. Er ging zum Bücherregal, überflog Autoren und Titel, fand jedoch nichts, was er lesen mochte. Hatte er nicht irgendwelche Notizen, die er vervollständigen könnte, irgendwelche Protokolle, der noch überprüfen musste, einfach irgendeine nicht beendete Arbeit? Nein, hatte er nicht. Kannon hatte seinen Tag perfekt durchorganisiert, sodass nichts liegen geblieben war. Schneizel hatte gerade seinen Posten vor dem Fenster wieder eingenommen, als es dezent, aber hörbar an der Tür klopfte. Verwundert fuhr er herum. Wer besuchte ihn zu so später Zeit? Der Respekt vor dem Prinzen war groß genug, um jeden Störenfried aus der gesamten Etage zu verbannen, sobald er in seinem Tagesplan den Punkt „Feierabend“ erreicht hatte. „Herein, ist offen“, rief er mit einer etwas genervten Neugier. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen, und Kannon trat ein, ein Tablett mit zwei randvollen Tassen sowie einer Kanne dampfenden Tees in den Händen. Sein pastellrosa Morgenmantel hüllte ihn ein, darunter erkannte Schneizel jedoch noch Hemd und Hose von Kannons Dienstuniform. Pastellrosa war eine Farbe, die kaum einem Menschen stand – Kannon zählte sich stolz zu den wenigen Ausnahmen – und obendrein jeden Mann schwul aussehen ließ, doch Kannon machte schon seit Jahren kein Geheimnis mehr um seine Orientierung. Leuten wie ihnen war die High Society des Imperiums nicht wirklich wohl gesonnen; der Adel präsentierte sich meist konservativ. Wäre nicht Schneizels Affinität, ungewöhnliche Leute wie eine Sammlung um sich zu scharen, so hätte Kannon nie eine Chance gehabt, für die Regierung zu arbeiten. Der Imperator duldete keine Männer, die so hübsch in den Kleidern einer Frau aussahen. Schneizel hingegen hatte Kannon interessant gefunden. Einige seiner Angestellten waren extraordinär, und das waren meistens die, auf die er sich am besten verlassen konnte. Bloß, weil Graf Lloyd Asplund die Humanität einer Pampelmuse hatte, bis zum Nervtöten extrovertiert war und seine Liebe niemandem schenkte, der kein Roboter war oder mit Pudding bestach, war er nicht weniger ein Genie seines Faches. Nur, weil Nina Einstein eine obsessive Liebe für die verstorbene Prinzessin Euphemia li Britannia sowie einen neurotischen Hass auf Zero hegte, war sie nicht weniger die Erfinderin eines Verfahrens, mit dem sie die machtvollste Bombe seit Menschengedenken erzeugen würde. Manche seiner Geschwister nannten es sarkastisch „Schneizels Freakshow“, doch niemand zweifelte an den Fähigkeiten Kamelots und seiner anderen Untergebenen. „Gute Nacht, Euer Hoheit“, sprach Kannon, und seine sanfte Stimme ließ jegliche Anspannung von Schneizel fallen. Kannon war nicht als sein Assistent hier, sondern als das, was er stets zu sein leugnete. „Ich dachte, wenn Ihr zu so später Stunde noch am Fenster zu sehen seid, habt Ihr vielleicht Schwierigkeiten, einzuschlafen.“ Ein bitteres, freudloses Lachen wand sich aus Schneizels Kehle. „Es scheint, du kennst mich zu gut, Teuerster“, gab er zurück, während Kannon umständlich die Tür schloss, noch immer das Tablett ausbalancierend. „Ich würde mir nie anmaßen, Euch zu kennen“, erwiderte Kannon kopfschüttelnd, „zumindest nicht vollkommen.“ Die Tassen klirrten, als Kannon das Tablett abstellte. Vorsichtig hob er sie hoch und tänzelte zu Schneizel. „Aber vielleicht ist es gerade das, was mir verborgen bleibt, das die Faszination ausmacht“, sprach er leise, ehe er Schneizel eine Tasse reichte. „Altes Familienrezept“, erklärte er augenzwinkernd, „Apfeltee mit Caramell. Hilft immer.“ Lächelnd nahm Schneizel die Tasse entgegen und nahm einen vorsichtigen Schluck daraus. Sein Lächeln wurde breiter. „Schmeckt vorzüglich“, stellte er fest, „Hervorragende Arbeit, wie auch von dir zu erwarten.“ „Ich gebe mir stets größte Mühe, wenn es um Euer Wohl geht, Hoheit.“ Schneizels Augen suchten Kannons Blick, fingen ihn ein und schwelgten in dem hellen Blau, aus dem heraus Kannon ihn betrachtete. Er mochte Kannons Augen. Sie schauten ihn immer so liebevoll an. „Hatte ich dich nicht gebeten ‚du’ zu sagen, wenn wir unter uns sind?“, fragte er leise, etwas neckend. „Hattest du“, stimmte Kannon zu, während er mit zuckersüßem Gesicht an seinem Tee nippte, „aber es kommt mir immer etwas komisch vor.“ „Du arbeitest nun seit sechs Jahren für mich“, sagte Schneizel kopfschüttelnd, dann wies er zum Fenster, „und bei diesem Mond ist ohnehin alles etwas komisch.“ „Was du nicht sagst“, feixte Kannon, während er an seinem Prinzen vorbei zum Fenster stolzierte, „also kannst du wirklich nicht schlafen?“ „Streu kein Salz in meine Wunden“, forderte Schneizel, während er das Gesicht verzog und Kannon folgte. Für gewöhnlich war es Kannon, der nur wenige Schritte hinter seinem Prinzen lief, manchmal direkt neben ihm, doch eigentlich stets dahinter. Nur, wenn sie niemand sah, wenn sie ungestört waren, ließ er zu, dass ihre Stände vergessen wurden. „Es mag töricht sein, aber bei Vollmond kriege ich kein Auge zu“, seufzte der Prinz, und Kannon schenkte ihm ein mitleidsvolles Lächeln. Mitleid brauchte Schneizel nicht, von niemandem, doch von Kannon nahm er es dennoch an. Diesen Fakt konnte er sich selbst nicht ganz erklären, aber er nahm ihn einfach als unleugbar an. „Ich auch erst nach einer Weile“, gab Kannon leichtfertig zu, „aber ich finde das nicht sonderlich schlimm. Der Vollmond ist schön anzusehen, wenn du mich fragst.“ „Nun, ich bin nicht so der Naturmensch“, widersprach Schneizel kopfschüttelnd. Sacht legte er seinem Assistenten den freien Arm um die schmale, feminine Taille, die den Grafen so ärgerte und dem Prinzen so gefiel. „Wohl wahr“, murmelte Kannon nur. Die ersten Tropfen einer erneuten Regenschauer brachen aus den düsteren Wolken. Er lehnte sich an Schneizel, Zufriedenheit spannte sich über sein Gesicht. Wenn er bei Schneizel sein konnte, auf diese ganz besondere, intime Art, war er der glücklichste Mensch auf Erden, ungeachtet von Krieg und Elend, ungeachtet von Stand und Ehre. Doch die Momente, in denen sie mehr sein konnten als Monarch und Assistent waren rar gesät; Kannon genoss sie um so mehr. Und Schneizel mochte es, ihn so zu sehen. Er mochte es, wenn Kannon sich seinetwegen freute. Er mochte es, von Kannon geliebt zu werden. Doch das änderte nichts daran, dass Vollmond war und dass er schlafen wollte und dass seine Nerven überstrapaziert waren und dass die Nacht viel zu lang dauern würde und überhaupt. Irgendwie fühlte sich Schneizel an ein kleines Kind erinnert, dass die Situation mit einem patzigen „Ist doch alles doof!“ kommentierte. Allerdings war ein erwachsener Mann, und als solcher musste er eine Lösung finden. Böse funkelte er den Mond an, der zu allem Übel auch noch seinen Freund von ihm ablenkte. In vielen historischen Monarchien hatte der Herrscher behauptet, vom Sonnengott der jeweiligen Religion abzustammen. Wie konnte es sein, dass dieser Mond Schneizel auszustechen vermochte, wo er doch nur angestrahlt wurde vom Licht der Sonne, machtlos, alleine zu leuchten? Schneizel hingegen hatte seine eigene Stärke, sein eigenes Licht. Er war der Prinz. Der Mond jedoch, und mochte er noch so vollkommen sein in dieser Nacht, war bloß ein Himmelskörper, der den Glanz aufsammelte, den ein anderer im Weltall verteilte. Ein hinterhältiger, kleiner Dieb; was Kannon nur an ihm fand? „Aber du, du bist ein richtiges Mondkind, hm?“, raunte der Prinz, die Lippen so dich an Kannons Ohren, dass der Graf mit einem wohligen Schaudern zusammenzuckte. „Nicht wirklich“, erwiderte Kannon so leise, dass seine Stimme zu einem Flüstern erstarb, „nur, wenn ich nicht drüber nachdenke.“ „Dann fang lieber wieder an zu denken“, schmunzelte Schneizel, „du musst morgen arbeiten.“ „Du kannst ein verdammt anstrengender Chef sein.“ Mit einem Lächeln, das schöner war als die Sterne, die durch die Wolkendecke brachen, drehte Kannon sich um, und seine freie Hand strich sanft über Schneizels Wange. „Wie schaffst du es nur, dennoch so liebenswert zu bleiben?“ „Die Frage sollte wohl eher lauten“, gab Schneizel monoton zurück, „wie schaffst du es, mich dennoch zu lieben?“ „Es gibt Sachen, die kann nicht einmal ein Genie wie du verstehen“, war alles, was Kannon als Antwort hervorbrachte. Er wusste es nicht. Er wusste nicht, woher diese Gefühle kamen, warum der Prinz ihm den Kopf verdrehte. Alles, was er wusste, war, dass sein Herz förmlich gegen seinen Brustkorb hämmerte, wenn Schneizel seine Hand hielt, und dass er in seinen Augen versank, sobald Schneizels Blick ihn einfing. Dass eine angenehme Wärme durch seinen Körper wallte, wenn er in Schneizels Armen lag, und dass er nicht glücklich sein könnte, müsste er den Prinzen verlassen. Außerdem war ihm klar, dass Schneizel nicht so fühlte wie er, höchstens annähernd. Er hegte durchaus Sympathie für Kannon, unterstützt von einer eindeutig nicht freundschaftlichen Begierde, und irgendwo in seinem Herz aus Stein, irgendwo hinter Vernunft und Verstand hatte Schneizel seinen ganz eigenen Weg gefunden, sich in Kannon zu verlieben. Es mochte nicht so aufopfernd, nicht so intensiv sein wie Kannons Version, doch es war aufrichtig, und mehr verlangte der Graf nicht. Eigentlich verlangte er gar nichts, nur die Möglichkeit, weiter bei Schneizel zu bleiben, als sein Assistent zu arbeiten und alles mit ihm zu erleben, näher am Geschehen als jeder andere. Eine Beziehung hatte er sich nie erträumt. Selbst, wenn sie fragil sein mochte, selbst, wenn sie jeden Moment beendet sein könnte, seit mehreren Jahren führte Kannon ein vage Beziehung mit seinem Prinzen, fern aller Regeln, und vor allem fern allen Verstandes. Es war Wahnsinn, der sie zusammenhielt, sinnloses Ausleben von Gefühlen, die der eine zu stark hegte und der andere zu schwach, und doch hatte es sich als dauerhafter erwiesen, als sie vermutet hatten. Mit halb geschlossenen Lidern betrachtete er den Mond, musterte dann aus den Augenwinkeln Schneizel und versuchte, zu bestimmen, wer schöner war; die silbern glänzende Kugel vor oder das ehrliche Lächeln des Mannes hinter ihm. Beides war ein Anblick, der sich ihm nicht permanent bot; wobei Vollmond wenigstens ein regelmäßiges Ereignis war. Mit einem Seufzen schloss Kannon die Augen. Seine Hand glitt zu Schneizels Wange, als der Prinz das Gesicht in sein Haar drückte. „Das hindert mich nicht daran, drüber nachzudenken“, wisperte Schneizel. „Du denkst zu viel“, seufzte Kannon, und er schaffte es nicht ganz, die Melancholie aus seiner Stimme zu verbannen, „und fühlst zu wenig.“ Ein leises, eher freudloses Lachen löste sich aus seiner Kehle. „Aber so habe ich dich kennen und lieben gelernt, also solltest du dich nicht ändern.“ „Hatte ich ohnehin nicht vor. Britannia braucht mich so, wie ich bin.“ Kannon schlug die Augen wieder auf, starrte erneut den Mond an, der ihm leider nicht sagen konnte, wie dieser Schmerz zu handhaben war. Er wusste, dass er einen Platz in Schneizels kaltem Herzen hatte, doch wie könnte er es je mit einem so mächtigen Imperium aufnehmen? Schneizel war für Britannia geboren, so, wie Kannon für ihn lebte. Der Mond gehörte der ganzen Welt, nein, dem ganzen Universum. Einfach jedem, der ihn sehen konnte, und es war nicht schlimm, ihn teilen zu müssen. Doch wenn Kannon ehrlich war, fiel ihm das bei Schneizel nicht gerade leicht. Am liebsten wäre es ihm, den Prinzen nur für sich allein zu haben, so, wie er uneingeschränkt ihm gehörte. Doch Wünsche wie dieser waren utopisch. Kannon versuchte, sie sich abzugewöhnen, wenngleich er nicht sonderlich gut damit vorankam. Erfüllt würden sie nie. Also nahm er sich vor, sich heute Nacht nur zu wünschen, dass die Wolken den Vollmond nicht verdeckten, und dass Schneizel seine schlechte Laune ablegte. „Dann bleib so, wie du bist“, beschloss Kannon gähnend, und Schneizel grummelte gegen seinen Nacken. „Bleib mir ja weg mit deiner Müdigkeit, ich hab selbst genug davon“, murrte er, und Kannon löste sich lachend von ihm. „Sollen wir dann mal was Verrücktes machen, um dich wach zu bekommen?“, schnurrte er, den Kopf voller Schabernack, während sich seine Finger um die Klinke der Balkontür legten. „Verrückt bedeutet in den meisten Fällen dumm“, entgegnete Schneizel vorsichtig. Misstrauisch beäugte er Kannon, der lachend die Tür aufstieß. Endlich taten die Wolken wieder ihren Job und tilgten diesen furchtbaren Mond aus Schneizels Sichtfeld. „Aber dumm ist nicht in allen Fällen schlecht“, konterte Kannon augenzwinkernd. Mit verschmitzter Miene stellte er seine leere Tasse auf die Fensterbank und warf den Morgenmantel zu einem flauschigen rosa Häufchen auf den Boden. Dann schließlich trat er hinaus in den Herbstregen. Kalte, nasse Luft wehte durch die Tür, getrieben von dem Wind, der die Regentropfen selbst auf den überdachten Teil von Schneizels Balkon blies, griff mit neckenden Fingern nach Schneizel. „In diesem Falle scheint es mir aber nicht so.“ Kannons Antwort war ein lachen. Ein helles, fröhliches, beinahe unbeschwertes Lachen. Dieses Lachen war eines der Dinge, die Schneizel an ihm liebte. Und es war eines der wenigen Argumente, die seinen Verstand schlugen. Bald standen zwei Tassen neben der Glasscheibe, bald lagen zwei Morgenmäntel auf dem Boden. Doch während Kannons Haare schon schwer vom Regen an seiner haut klebten, lehnte Schneizel im Türrahmen, denn seine Vernunft verabschiedete sich nie für sonderlich lange. „Was machst du da überhaupt?“, fragte er seufzend, „wenn du nicht aufpasst, muss ich mich morgen mit deinem Stellvertreter herumschlagen, weil du mit einer Grippe im Bett liegst.“ „Ich habe einen Stellvertreter?“, wich Kannon ehrlich überrascht aus, „Seit wann denn das?“ „Schon seit du mein Assistent bist“, erklärte Schneizel gelassen, „aber er hat mehr Urlaub als Arbeitstage. Du feierst ja nicht einmal deine Überstunden ab, und zur Familie fliegst du nur an Weihnachten oder für höchstens drei Tage am Stück.“ „Ich bin halt lieber bei dir“, sprach Kannon, und er lief augenblicklich so rot an, dass er Schneizels vorherige Frage zu Rate zog, um der Situation entkommen, „und hier draußen bin ich, damit ich den Mond besser sehen kann.“ Tatsächlich verzogen sich beinahe wie auf Kommando die Wolken; scheinbar konnte sich Schneizel heutzutage auf nichts anderes als ihn selbst verlassen. „Du und dein dummer Vollmond“, seufzte Schneizel kopfschüttelnd. Kannon blickte ihn leicht irritiert an, dann lächelte er zuckersüß und unwiderstehlich. Mit einer kecken Geste schloss er die Finger um Schneizels Hand, zog den Prinzen zu sich hinaus in den eisigen Regen, unter dieses Gestirn, dessen Schönheit Schneizel nicht leugnen konnte. „Lass den Mond weg“, bat Kannon mit einem Flüstern, „und konzentrier dich nur auf den ersten Teil.“ „Mit größtem Vergnügen, Teuerster“, hauchte Schneizel gegen seine Lippen, ehe er sie küsste. Vollmond, Regen und ein Kuss erschienen Schneizel als das größte Ausmaß an Kitsch, das sein Leben je durchgemacht hatte. Zugegeben, er bewies zeitweise einen Hang zur etwas schwulstigen Romantik, doch diese Situation war ein bisschen zu viel des Guten. Glücklicherweise währte sie nicht sonderlich lange. Nichts desto trotz war es Oktober, und bald hasteten die beiden frierend zurück ins Haus. Die Balkontür fiel ins Schloss, und Schneizel hob mit zittrigen Fingern seinen Morgenmantel hoch, schlüpfte in weichen, warmen Stoff. „Ich hasse Vollmond“, kommentierte er trocken, „bei Vollmond kann man nicht schlafen und lässt sich zu sinnlosen Aktionen verleiten.“ „Och, letzteres finde ich gar nicht so negativ“, flötete Kannon, der sich bibbernd in seinen Mantel kuschelte. Sein Gesicht war blass, da er länger in der Kälte gestanden hatte als Schneizel. Der Prinz unterdrückte den Impuls, Kannon an sich zu ziehen; sie waren soeben stürmisch genug gewesen. Stattdessen verschwand er im Badezimmer, um nach Handtüchern zu suchen. Als Schneizel zurückkam, hatte Kannon es sich auf dem Lieblingssessel des Prinzen gemütlich gemacht, die Beine angezogen und eine frisch gefüllte Tasse Tee in den Händen. Auf dem kleinen Lesetischchen neben dem Sessel dampfte Schneizels Tasse. „Bei aller Liebe, das ist mein Platz“, stellte der Prinz fest, und Kannon hatte seine freche Laune in zu viel Karamell ertränkt, als dass sie noch wirksam wäre, also stand er folgsam auf. Doch Schneizel schien ohnehin nicht vorzuhaben, sich zu setzen. Zufrieden stellte er fest, dass Kannon deutlich kleiner war als er; bei der Arbeit trug er Absätze, und war dennoch nicht ganz auf Augenhöhe seines Prinzen, doch im Moment steckten seine Füße bloß in puschleigen Hausschuhen, die ihn unweigerlich auf seine tatsächliche Körpergröße reduzierten. Kannon fand es nicht wirklich schlimm, der kleinere von ihnen zu sein. Schneizels imposante Größe und die breiten Schultern hatte die Natur ihm nicht ohne Grund gegeben. Der Prinz forderte Respekt, wohin auch immer er gelangte, und schon allein seine Figur brachte ihn ihm ein. Dazu noch der kühle, distanzierte Blick, der Kannon schon so oft einen kühlen Schauder über den Rücken gejagt hatte, und schon war jedem klar, dass er stets die superiore Rolle einnahm. Er gab einen äußerst guten Vorgesetzten ab; Kannon könnte sich keinen besseren Chef vorstellen. Es gab wohl kaum einen Menschen auf dieser Welt, der glücklicher mit seinem Arbeitsplatz war als Kannon. Tag für Tag konnte er an der Seite des Mannes verbringen, für den sein Herz schlug. Und manchmal durfte er ihn des abends sehen, wenn sie niemand störte, durfte einen Teil der Nacht mit ihm verbringen. Doch wenn der Morgen graute wurden aus zwei Liebenden wieder der Prinz und der Graf, der Herrscher und sein Assistent. Wenn es etwas gab, das Kannon hasste, dann war es die Tatsache, dass es ihm verwehrt blieb, in Schneizels Armen aufzuwachen. Zugegeben, es war ein ziemlich altmodischer Wunsch, doch Kannon mochte die Vorstellung, den Tag neben seinem Geliebten zu beginnen, unbeschwert und sorgenfrei. Stattdessen huschte er durch dunkle Korridore, ehe sie beide getrennt zu Bett gingen, damit niemand erfuhr, was zwischen ihnen geschah. Der Graf hasste es, doch er konnte es nicht ändern, und so hatte er die Tatsache akzeptiert, dass er in seiner Beziehung Abstriche machen musste. Ziemlich viele Abstriche, um genau zu sein. Die Liste der Dinge, die gewöhnlichen Paaren offenstanden und auf die Kannon verzichten musste reichte von Händchenhalten in der Öffentlichkeit bis zu einem gemeinsamen Lebensabend mit Enkelkindern. Gut, dass er niemals Vater werden würde, wenn er sich nicht mit einer Frau zusammentat – woran Kannon nicht einmal im Traum zu denken wagte – war nichts Neues, und er hatte sich bereits daran gewöhnt. Doch manchmal, nur manchmal sehnte Kannon sich danach, zeigen zu dürfen, dass ein Teil von Schneizel nicht Britannia und keiner Frau der Welt gehörte, sondern ihm, und dass er diesen Teil niemals hergeben würde. „Ich hatte nicht vor, ihn dir wegzunehmen“, meinte Kannon mit einem Deut auf den Sessel, „aber ich muss schon sagen, das ist wirklich der gemütlichste Ort in deiner Suite.“ „Lügner“, feixte Schneizel, und Kannon grinste in seinen Tee. Rasch stürzte er ein paar Schlucke davon herunter, um den Tassenrand vor sein errötetes Gesicht zu schieben. Schneizel legte einen Arm locker um seine Taille und kam ihm so nahe, dass sein Atem über Kannons Nasenrücken strich, kühl verglichen mit dem heißen Dampf des Tees, und doch angenehm. „Mein Bett ist dir lieber.“ „Vielleicht“, erwiderte Kannon, doch sein geplantes Grinsen schaffte es nur zu einem kläglichen Lächeln, so peinlich war ihm die Situation. Es war nicht so, als handle es sich um ein Tabu-Thema, doch Kannon sprach trotzdem nicht gerne unvorbereitet einfach so darüber. Meistens liefen solche Dialoge nämlich darauf hinaus, dass er am nächsten Tag nicht ordentlich sitzen konnte. „Aber lass es für heute Nacht bitte gut sein, ja? Ich bin viel zu müde.“ Tatsächlich rutschte einen Gähnen über seine Lippen, und Schneizel nippte seufzend an seinem Tee. „Wem sagst du das, Teuerster?“, murrte er, sichtlich nach Schlaf hungernd. „Dir, mein Liebster“, entgegnete Kannon leise, ehe er Schneizel einen Kuss auf die Lippen hauchte, „versuch mal, eine Mütze voll Schlaf zu bekommen. Augenringe stehen Seiner Hoheit nicht.“ „Ich wünschte, das wäre so leicht, wie es gesagt ist“, knurrte Schneizel, während er in raschen Zügen seine Tassee leerte. Er zog Kannon an sich, um den Kopf auf seine Schulter zu legen, und Kannon nahm gerade noch rechtzeitig den Arm hoch. Beinahe hätte er seinen Tee auf der Brust des Prinzen verteilt, und die war ihm bei Weitem zu schade für Verbrennungen. Mit einem sachten Lächeln vergrub er die Finger seiner freien Hand in Schneizels Haar, strich ihm über den Kopf. Es gab nicht viele Momente, in denen Schneizel kuschelbedürftig wurde, und sie waren äußerst kurzlebig, doch Kannon kostete jeden einzelnen vollends aus. Es gab keinen Ort der Welt, an dem er sich je wohler fühlen könnte, als bei Schneizel. Durch halb geschlossenen Lider funkelte Schneizel den Mond an. Nervensäge. Käseblasse, pockennarbige Nervensäge. Ein Glück, dass Kannon bei ihm war, um seine Laune zu heben. Doch der Graf gehörte ins Bett, genau wie Schneizel, und da er im Gegensatz zu seinem Prinzen tatsächlich schlafen würde, konnte Schneizel ihn nicht aus purem Egoismus bei sich behalten. Und doch schmiegte Kannon sich an ihn, sichtlich glücklich darüber, dass er hier war und nicht alleine in seinem Schlafzimmer, das so weit weg im Nebenflügel lag und auf ihn wartete. Schneizel hob den Kopf, bis seine Lippen beinahe über Kannons Ohr strichen, und sein Assistent fuhr mit einer Gänsehaut zusammen, als Schneizel zu sprechen begann, doch er blieb, wo er war, unfähig sich jemals aus freiem Willen von Schneizel zu lösen. Seine Loyalität, seine Treue, seine Liebe schien grenzenlos. Größer als der Himmel, den der Vollmond verzweifelt zu erleuchten versuchte. Obwohl er wusste, dass er sie nie in diesem Maße erwidern könnte, nahm Schneizel sie an. Und es gab Tage, an denen er wusste, dass er Kannon brauchte, und dass auch er verliebt war, wenn auch nicht auf diese kopflose Art, das könnte er sich ohnehin nicht leisten. Es reichte, wenn einer von ihnen naiv war. „Ich bin halt nicht wie du. Nun gut, für gewöhnlich tun meine Schlaftabletten ihren Zweck“, seufzte er, und Kannon runzelte die Stirn, schüttelte dann den Kopf und machte sich mit in die Taille gestemmten Händen von seinem Geliebten frei. „Schlaftabletten sind Müll“, stellte er empört fest, „die machen abhängig.“ „Nicht, wenn man sie nur einmal monatlich nimmt“, stöhnte Schneizel, wobei er die Augen verdrehte. Manchmal, aber nur manchmal nervte Kannons fürsorgliche Masche. „Das ist pure Chemie, da könntest du auch direkt an Lloyd knabbern“, gab Kannon trotzig zurück. „Ich knabber nur dich an“, erwiderte Schneizel trocken, doch Kannon ließ sich nicht beirren. „Und ‚nur einmal monatlich‘ reicht jawohl. Ich hasse Tabletten.“ „Schön für dich“, seufzte Schneizel, „lässt du mich jetzt schlafen?“ Kannon blies die Backen auf wie ein kleines Kind, dann drehte er sich um und stolzierte in Schneizels Schlafzimmer. Mit skeptisch hochgezogenen Augenbrauen folgte Schneizel ihm. Einmal mehr - wie fast immer, wenn er hinter Kannon lief - fiel ihm auf, wie aufreizend Kannon mit dem Hintern wackelte, sobald er wütend war. Es musste unterbewusst passieren, und unterstrich seine Laune zugegebenermaßen eher schlecht, doch es gefiel Schneizel durchaus. Das konnte natürlich daran liegen, dass er Kannons Hintern mochte. Wenn er ehrlich war, dann hatte er auch schon darauf gestarrt, bevor Kannon ihm stammelnd erklärt hatte, dass er seinen Job besser kündigte, weil er seine Gefühlswelt nicht in den Griff bekam. Damals hatte Schneizel längst gewusst, was Kannon für ihn empfand, auch, wenn der Graf es nicht ahnte Kannon war sein Assistent geblieben, trotz allem, und es war deutlich, dass er diese Entscheidung nie bereut hatte. Jetzt, da Schneizel darüber nachdachte, merkte er, dass er Kannons Hintern sogar schon hübsch gefunden hatte, bevor ihm klar geworden war, dass dieser hoffnungslos verliebt in ihn war. Nichts desto trotz stiefelte Kannon zielgerichtet zu Schneizels Nachttisch, klaubte mit spitzen Fingern die Tablettenpackung davon und funkelte den Prinzen an. Schneizel lehnte inzwischen mit verschränkten Armen im Türrahmen, Kannon hingegen nahm die Abkürzung über sein Bett - er stolperte fast über ein verirrtes Kissen, weil seine Augen nicht auf seine Füße, sondern auf Schneizels Gesicht gerichtet waren - zum Fenster. „Das wagst du nicht“, stellte Schneizel fest, doch Kannon öffnete feixend das Fenster. „Oh doch.“ Es regnete noch immer. Die Packung flog ein Stück durch die Schauer und fand sich einsam neben dem Springbrunnen wieder. „Lässt sich besser werfen, als ich dachte“, kicherte er hämisch, doch Schneizel schien nicht gerade amüsiert. „Ganz große Klasse“, murrte der Prinz, „du kannst ein ziemliches Arschloch sein, weißt du das?“ „Nimm doch nicht so böse Wörter in den Mund“, forderte Kannon kopfschüttelnd, „das passt nicht zu dir.“ „Ich lass mir von dir bestimmt nicht sagen, was zu mir passt und was nicht.“ „Wer soll‘s denn sonst beurteilen, wenn nicht ich?“, fragte Kannon ernst. Er drückte das Fenster gegen den aufkommenden Wind zu und verriegelte es, dann wandte er sich Schneizel zu, ging zu seinem Prinzen. Schneizels Laune war sichtbar gesunken; er reagierte nicht, als Kannon ihm die Arme um den Hals legte. „Wer kennt dich denn besser als ich?“, hauchte er mit einem matten Lächeln. Schneizel fuhr mit dem Finger über Kannons Lippen fuhr, und eine distanzierte Kälte hielt Einzug auf seiner Miene. „Ich selbst, Teuerster“. Manchmal, aber nur manchmal nervte es, dass Schneizel immer recht behielt. Seufzend senkte Kannon den Kopf, lehnte die Stirn gegen Schneizels Brust. Er hasste es. Er hasste die Tatsache, dass er Schneizel nicht durchschauen konnte, was andersherum definitiv der Fall war. Er hasste es, zu einem Spielzeug zu werden, das sich nicht wehren konnte. Aber trotzdem liebte er Schneizel, und hier lag das eigentliche Problem. „Tut mir leid“, murmelte er beschämt, „ich sollte wohl wirklich schlafen gehen. Du hast recht, bei Vollmond macht man dumme Sachen.“ Endlich rang Schneizel sich durch, Kannons Umarmung locker zu erwidern. Es fühlte sich kalt an; Kannon wusste, dass sein Prinz nun nachdachte, über Dinge, die Kannon vermutlich nicht verstand. Wären Schneizels Gedanken ein Buch, so wäre es erstens nicht zu öffnen und zweitens in einer Sprache verfasst, die Kannon nicht verstand. Vermutlich hätte man auch noch Hieroglyphen verwendet. Er würde nie wissen, was in diesen Kopf vorging, hinter dem hübschen gesicht und unter den wunderbar weichen Haaren. „Ich wette, irgendwo im Haus gibt‘s noch welche“, nuschelte er in Schneizels Kragen, „also Pillen, meine ich.“ „Zum Suchen ist die Villa zu groß.“ „Auch wieder wahr“, räumte er mit schlechtem Gewissen ein. Für wahr, der Vollmond ließ ihn absurde Dinge tun. Absurder noch als eine Beziehung mit seinem Vorgesetzten zu führen, der Kronprinz Britannias war und sich niemals öffentlich mit einem Mann zeigen durften. „Naja, ich kann mich ja rächen“, sagte Schneizel, und obwohl er es nicht sehen konnte, hatte Kannon das berechnende Lächeln deutlich vor Augen. „In wie fern?“, fragte er gerade, da stieß ihn Schneizel mit einer leichthändigen Bewegung aufs Bett; er war kein Sportler, aber dennoch um einiges stärker als sein schmächtiger Assistent. „Ich dachte, wie hätten uns auf keinen Sex geeinigt?“, setzte Kannon an, doch Schneizel lachte bloß. „Haben wir auch, keine Sorge“, stimmte er zu, „aber ich finde, wenn du mich schon um meinen Schlaf bringst, dann kannst du wenigstens dafür sorgen, dass ich‘s warm hab heute Nacht.“ Kannon verstand nicht ganz, was Schneizel meinte, oder besser gesagt: er verstand es, aber er hielt es für mehr oder minder nicht möglich. Allerdings war Vollmond, sie waren beide hundemüde sowie zu sinnfreien Aktionen aufgelegt und es war nicht zu leugnen, dass Schneizel seine Nähe genoss. „Ich hab‘ keine Schlafsachen an“, murmelte er perplex, und wieder lachte Schneizel. Zwar fand Kannon es nicht gerade prickelnd, wenn man sich über ihn lustig machte, aber ein ehrliches Lachen war selten bei Schneizel, und so freute er sich beinahe. „Nimm was von mir“, schlug Schneizel leichtfertig vor. „Da geh‘ ich drin unter“, meckerte Kannon. Schneizels Kleidergröße entsprach eindeutig nicht der seinen; ihre Staturen konnten unterschiedlicher nicht sein. „Ich weiß“, erwiderte Schneizel nur. Er kniete über Kannon, lose Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht, und einige waren lang genug um Kannons Nasenrücken zu kitzeln „das ist niedlich.“ „Ich will aber nicht niedlich sein“, meinte Kannon patzig. Selbst, wenn er nicht unbedingt maskulin aussah, er war ein Mann, verdammt noch mal! Männer wollten nicht niedlich sein! „Das ändert auch nichts daran, dass du es bist“, lachte Schneizel, ehe er ihm einen Kuss auf die Nasenspitze setzte und sich aufrichtete, um nach Pyjamas zu suchen. Kannon blieb auf dem Bett liegen, puterrot, aber irgendwie zufrieden. Vielleicht war es gar nicht so schlimm, mit Adjektiven betitelt zu werden, die eigentlich zu kleinen Mädchen passten. Eigentlich, so fand er, war es beinahe schön, wenn Schneizel ihn niedlich fand. Denn solange er Kannon so nahm, wie er war, konnte dieser sich glücklich schätzen. Leuten wie ihm passierte es nicht gerade häufig, dass sie akzeptiert wurden, geschweige denn gemocht. Gar nicht erst zu reden von geliebt. Mit verklärtem Blick angelte Kannon nach dem Kissen, dass ihn vorhin fast zum Stürzen gebracht hatte, und schloss es in seine Arme, drücke das Gesicht in den Stoff, der so herrlich nach Schneizel roch. Draußen prasselte der Regen vors Fenster, und der Mond trotzte den Wolken. Kannons Herz pochte aufgeregt. Ein bisschen fühlte er sich wie ein Teenager vor dem ersten, langersehnten Date mit dem Schwarm, den man stets angehimmelt hatte. So oft hatte er es sich gewünscht; einfach einschlafen neben Schneizel, angekuschelt an ihn und eingehüllt in seinen Geruch, seine Wärme, mit seinem Herzschlag im Ohr und dem Wissen, dass er da sein würde, die ganze Nacht lang. Gäbe es kein Morgen, nachdem er so eingeschlafen war, so wäre es Kannon egal. Schnurzpiepegal, wie er als Kind gesagt hatte. Denn so konnte das Ende der Welt gerne kommen; er würde es mit offenen Armen empfangen. Als Schneizel umgezogen und mit einem Schlafanzug, der ihm seit Jahren klein war, über dem Arm zurückkehrte, schlief Kannon. Man konnte wirklich neidisch werden. Er wachte allerdings auf, als Schneizel sich gerade über ihn beugte, um ihn zuzudecken. „‘schuldigung“, nuschelte er, „eingenickt.“ „Kein Problem“, erwiderte Schneizel gelassen. Kannon setzte sich auf und schlüpfte in den Pyjama - er war eine Spur zu groß, aber besser als die, die Schneizel tatsächlich passten. „Riecht nach dir“, stellte er glücklich fest, „ich sollte mich wohl öfter bei deinen Sachen bedienen.“ „Ich erinnere einfach mal an das Hemd, das du mir geklaut hast“, warf Schneizel ein, und Kannon vergrub sich in den Kissen. „Lass mich, du warst selbst schuld! Zwei Wochen Urlaub, du weißt, wie ungewohnt das für mich ist.“ „Wohl wahr, wohl wahr“, wisperte Schneizel nur. Er konnte kaum nachvollziehen, was es für Kannon bedeutete, nicht an seiner Seite zu sein. Im Grunde genommen gab es für den Grafen keine Überstunden, nicht einmal Arbeitszeiten. Seinen Beruf sah er nicht als solchen an, sondern vielmehr als Chance. Für ihn war „Feierabend“ ein Schimpfwort gewesen, bis Schneizel angefangen hatte, ihn nach der Arbeit zu sich zu rufen. Seit er Angestellter des Prinzen war, hatte Kannon in keinem einzigen Jahr seinen Urlaub voll ausgekostet, sondern ganze Wochen einfach verfallen lassen, um nicht von Schneizel getrennt zu sein. Es war krank, aber Schneizel konnte nichts daran ändern. „Ich werde wahnsinnig, wenn ich nicht bei dir bin“, hatte Kannon ihm einmal erklärt, „also zwing mich bitte nicht dazu, Urlaub zu nehmen. Ich bin ein verliebter Workaholic, mein Chef ist mein Leben.“ Kannons Familie wusste nicht von seinem Verhältnis; vor einigen Jahren hatte Kannon es geschafft, ihnen beizubringen, dass er niemals eine Frau heiraten würde, weil er schwul war, doch es blieb geheim, wem sein Herz gehörte, und so fiel es des Öfteren schwer, Erklärungen zu finden, warum er lieber durch die grausame Welt des Imperiums reiste, als Berater eines Monarchen, dessen Entscheidungen Leben und Tod separierten, als mit ihnen Ostern zu feiern. Die offenkundige Unsicherheit, mit der Kannon der neuen Situation begegnete, belustigte Schneizel beinahe, doch rasch taute der junge Mann auf und schmiegte sich an Schneizel, ehe dieser die Decke über sie zog. Er schlang die Arme um Kannons schlanken Leib, drückte ihn noch ein Stückchen enger an sich, und Kannons Finger krallten sich in den Stoff seines Oberteils. Kannons Haare waren noch immer feucht vom Regen, doch Schneizel fuhr dennoch sachte mit den Fingern hindurch. „Schlaf schön“, schmunzelte er. Alle Lichter waren gelöscht, der Mond allerdings schien wie ein Scheinwerfer ins Zimmer, als wolle er nicht vergessen werden. Letzten Endes konnte er nicht verhindern, dass sich Schneizels Gedanken nicht um ihn drehten, darum, dass er den Abend so seltsam gestaltet hatte und den Schlaf fernhielt, sondern um den Mann in seinem bett, der glücklicher schien denn je. „Du auch“, wisperte Kannon zurück, und Schneizel sparte sich einen Kommentar, dass es dazu nicht kommen würde. Kannon korrigierte kurz seine Lage, ohne sich auch nur einen Zentimeter von Schneizel zu entfernen, und Schneizel schloss die Augen, um nicht den Vollmond anstarren zu müssen; warum hatte er sich ausgerechnet so hin gelegt, dass sein Blick zum Fenster ging? Kannons Flüstern war so leise, dass Schneizel es kaum hörte, doch er vernahm sie noch, diese drei Worte, die niemand ihm je so aufrichtig entgegenbringen könnte wie Kannon. „Ich liebe dich.“ Dann waren beide eingeschlafen. In der Aufruhr des vergangenen Abends hatte Schneizel vergessen seinen Wecker, zu stellen, was nicht weiter tragisch war. Der erste Termin des Tages war eine Konferenz um halb zwei, da die Programmpunkte des Vormittags aus unterschiedlichen Gründen ausgefallen waren. Somit war es kein nerviger Piepton, der Kannon weckte, sondern vermutlich seine biologische Uhr, er wusste es nicht genau. Es war noch nicht ganz hell, doch die Tage waren bereits kurz geworden, daher wollte Kannon einen Blick auf die Uhr werfen. Dummerweise stand diese auf dem Nachttisch, und der wiederum auf der Seite des Raumes, die hinter Schneizels Rücken lag. „Schneizel?“, fragte Kannon mit leiser Stimme, doch er erhielt keine Antwort. Ein Gähnen kletterte über seine Lippen. Im Laufe der Nacht hatte sich Schneizels Griff gelockert, daher kuschelte sich Kannon erneut an ihn, die Augen wieder geschlossen. Schneizel schlief tief und fest, mit ruhigen Atemzügen und Gott sei Dank ohne Schnarchen. Sanft strich Kannon über seinen Rücken, ganz vorsichtig, damit der Prinz nicht aufwachte. Von wegen Insomnie bei Vollmond. Es war ein gutes Gefühl, einfach so da zu liegen. Traumlos war die Nacht gewesen, dafür fing der neue Tag wahrhaftig traumhaft an für Kannon. So oft hatte er sich danach gesehnt, und so oft hatte er sich sagen müssen, dass es nicht möglich war. Und doch, hier war er, eingehüllt in Schneizels Decke und seine Arme, hatte hier die Nacht verbracht und startete in den neuen Tag. Eine ganze Weile verstrich, ehe auch Schneizel zurück unter die Lebenden kehrte. Kannon hätte nie geglaubt, dass sein sonst so brillanter Prinz morgens zunächst etwas verpeilt war. Seit sie mehr oder weniger zusammen waren, hatte Kannon ihn ein paar Mal zum Frühstück aufgesucht - als Assistent hatte er das nie gewagt - aber da war Schneizel stets schon mindestens eine halbe Stunde auf den Beinen gewesen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass Schneizel nicht damit gerechnet hatte, überhaupt ein Auge zuzubekommen. Jedenfalls wirkte der Prinz in den ersten Minuten nicht ganz wie das Genie, dass er zweifelsohne war. „Guten Morgen, Euer Hoheit“, säuselte Kannon, und Schneizel blinzelte verwirrt in die Sonne. „Morgen“, gab er gähnend zurück. Kannon ließ ein bisschen wehmütig von ihm ab, damit sie sich aufsetzen konnten, und Schneizel schüttelte erstaunt den Kopf. „Kann ja gar nicht angehen“, meinte er perplex, „dass ich durchgeschlafen hab.“ „Tja, mein Tee wirkt eben Wunder“, lachte Kannon. Schneizel streckte die Hand aus, legte sie an Kannons Wange. Warm, so wunderbar warm; die ganze Nacht über hatte Kannon in wohliger Behaglichkeit verbracht, bloß, weil Schneizels Körper wie jeder menschliche diese Wärme abgab. Oder vielleicht doch nicht wie jeder beliebige Mensch, vielleicht war es die Tatsache, dass er die eine große Liebe in Kannons Leben war, die diese Geborgenheit schuf. „Ich glaub, das Wunder war nicht dein Tee“, lächelte Schneizel nur, und Kannon errötete - Schneizel war der perfekte Antrieb für seine Gesichtsdurchblutung, wie es schien. Ihm fiel keine Antwort ein, und so fingerte er nur etwas nervös an der Bettwäsche herum. Schneizel hingegen legte die Finger unter Kannons Kinn und zog sein Gesicht zu sich. Der Kuss kam Kannon gerade recht, denn er nahm ihm diese dumme Antwort, die sich in seinem Kopf nicht finden ließ, und so erwiderte er ihn zärtlich; als hätte er das nicht ohnehin getan. Bevor Schneizel ein Dienstmädchen rief, um Frühstück zu servieren, huschte Kannon auf den leeren Korridor, gekleidet in das, womit er zu Schneizel gekommen war. Schneizel hatte ihm freigestellt, ob er bei ihm essen wollte oder dafür in seine eigenen Gemächer gehen wollte; Kannon überhörte die zweite Möglichkeit geflissentlich. Zumal Schneizel angedeutet hatte, die Zeit bis zur Konferenz mit gewissen Dingen zu füllen, gegen die man sich in der Nacht entschieden hatte. „Irgendetwas wollte ich dir gestern Abend noch sagen“, meinte Schneizel nachdenklich. ‚Gestern Abend‘ traf es nicht ganz, wenn man bedachte, dass Mitternacht bereits verstrichen war, als Kannon an Schneizels Tür geklopft hatte, doch diese Ungenauigkeit fiel beiden nicht auf. „Aber ich komme nicht drauf.“ „Macht nichts“, strahlte Kannon, „war bestimmt nicht wichtig.“ Er zupfte sein Hemd unter dem Morgenmantel zurecht und hatte bereits die ersten Schritte in Richtung seiner Zimmer getan, wo eine frische Uniform für den Tag auf ihn wartete. Für die äußere Maskerade, für das Versteckspiel musste er der Assistent sein, selbst, wenn Schneizel vermutlich allzu bald dafür sorgen würde, dass er die Uniform wieder auszog. „Ah, jetzt weiß ich es wieder“, bemerkte Schneizel. Kannon drehte sich kurz um und erhaschte noch einen Blick auf seinen Prinzen, der mit einem warmen Läcehln die Tür zuzog. „Ich wollte dich noch bitten, bei Vollmond öfter mal bei mir vorbeizuschauen.“ Die Tür fiel ins Schloss, und Kannon hüpfte förmlich den Gang entlang, randvoll aufgeladen mit guter Laune. Kaum zu glauben, dass der Mond den gleichen Effekt haben konnte wie eine Sternschnuppe - einen Wunsch zu erfüllen, den man nicht auszusprechen wagte. Vollmond. In jener Nacht, oder vielleicht eher an jenem Morgen begann Schneizel, ihn zu mögen. Kannon jedoch begann, ihn zu lieben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)