Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Prolog: ~Prolog~ ---------------- Antonin "Warum nochmal, müssen wir uns mitten in der Nacht den Arsch am Hafen abfrieren?", grummelte ein hochgewachsener Kerl mit etwas zu dunkler Hautfarbe, um als einwandfreier 'Weißer' durchzugehen, und trommelte nebenbei nervös auf der Motorhaube herum. "Weil sich Toni, der verdammte Bastard, unbedingt hier mit dem Typen treffen wollte der CI-4 testen sollte", gab der neben ihm sitzende Zwilling zurück und warf einen Blick über seine Schulter zu dem etwas abseits stehenden jungen Mann. "Ey Toni! Kommt der Penner heute auch nochmal, oder was?" Antonin verdrehte die Augen, nahm einen letzten Zug von seiner Kippe und schnipste den Filter dann achtlos ins dunkel daliegende Wasser. Hier war der salzige Fischgeruch fast unerträglich und die immer mal wieder an und ausgehende Lampe, welche einige Meter entfernt stand, warf seltsame Schatten auf die Wellen. Genau der Stoff mit welchen man Papi-Töchtern genügend Angst bereitete, damit sie sich einem freiwillig in die Arme warfen. „Hey Jake“, erhob er schließlich seine Stimme und schlenderte zu seinen beiden Kumpels, die gerade mehr oder minder erfolgreich seine Motorhaube mit ihrem Gewicht eindrückten. "Mein Name ist Antonin, oder nenne ich dich vielleicht Schwanzlutscher, nur weil das so schön zu deinem Namen passt?" Während Luke wiehernd loslachte, sprang Jake vom Auto und kam auf ihn zu. "Schwanzlutscher kommt nicht in meinem Namen vor!" Gelassen holte Antonin seine Kippenschachtel hervor, öffnete sie und hielt sie Jake hin. "Jetzt wo du es sagst, Kumpel", grinste er sein übliches verplantes Grinsen und sah dabei zu wie jener sich zwei der Glimmstängel nahm und eine Luke zuwarf. "Also was ist jetzt? Kommt der Typ heute noch oder nicht?" Antonin zuckte mit den Schultern. "Sehe ich aus wie ein beschissener Hellseher, man? Er hat diesen Ort und diese Zeit genannt." Gerade als Luke schon den Mund aufmachte, um seinen Senf dazu zugeben, fuhr ein Wagen vor und hielt neben ihrem. Man sah direkt, dass es eine andere Preisklasse war, aber das störte Antonin nicht. Solche Karren schrien doch geradezu danach, von den Bullen angehalten zu werden, während seine gemütliche Omaschaukel ihn sicher durch die Stadt kutschierte. Aus eben jenem Fahrzeug stiegen dann auch zwei Typen aus, die Antonin mit Sicherheit noch nicht gesehen hatte. Wo zum Henker war Stavros? Einer der Kerle holte einen Koffer hervor, öffnete ihn schweigend und zeigte ihnen den weißen Inhalt. Leise pfeifend zog Antonin eine Augenbraue hoch und trat ein paar Schritte näher. Was den Typen dazu veranlasste den Koffer wieder zu schließen. "Erst die Kohle." "Hey Alter, ich glaub du verwechselst uns", gab Jake zurück, bevor er genüsslich an der eben angezündeten Zigarette zog und den Rauch tief inhalierte. "Verwechseln?", die beiden Fremden tauschten einen schnellen Blick aus und dann ging alles ganz schnell. Scheinbar war es schon ein Fehler gewesen, die Verwechslung zuzugeben, denn im nächsten Moment hatte Luke auch schon eine Kugel in der Schulter stecken. Auch nur deshalb, weil er sich schnell genug vom Auto gerollt hatte. "Schieße Mann! Verpisst euch!", jaulte Jake auf, der seinen Zwilling zu Boden gehen sah, und ging ebenfalls hinter dem Auto in Deckung. Derjenige, der gerade noch auf Luke geschossen hatte, schien fest entschlossen, das Ganze zu beenden, und trat auf den liegengebliebenen zu als ihn ein dumpfer Laut herumfahren ließ und er noch zusehen konnte, wie sein Partner in die Knie ging. "Was sind das denn für Manieren?", fragte Antonin mit tadelnder Stimme, seine Desert Eagle auf den Liegenden gerichtet. "Dabei hätten wir so gute Freunde sein können. Blutsverbrüderung und so!" "Antonin, MANN!", fluchte Luke mit schmerzverzerrter Stimme. "Knall ihn ab und wir verpissen uns!" "Aber er hat sich noch nicht einmal vorgestellt!", jammerte der Angesprochene und ließ den noch stehenden nicht aus den Augen. "Am besten wandert deine Waffe jetzt mal über dem Boden zu mir, sonst muss ich mich der geballten Macht meiner Kumpels hier beugen. Das wäre echt schade, wo ich euch grad so liebgewonnen habe." Jener schien absolut nicht glücklich, aber offensichtlich schien Antonin hier jemanden erwischt zu haben, dem was an seinem Partner lag. So dauerte die Übergabe auch nicht lange und während der Halbrusse den entwaffneten, schließlich zum Pier beförderte und ins Wasser schubste, ließ er den anderen Kerl - welchen er mit seinem Kolben einen klitzekleinen Schlag am Kopf verpasst hatte - einfach liegen. Allerdings warf er den Koffer dem bereits schwimmenden nach. "Hier! Was zum festhalten. Cyaaaa!" ~ Cole "ngh... jahh... ah...", stöhnte der Mann über ihm übertrieben. Irgendwie langweilte der Typ unglaublich... Als das Telefon klingelte war es wie eine Erlösung für Cole, der den Typen mit einer unwilligen Bewegung von seinen Hüften holte und somit vom Bett schmiss, um ans Telefon zu gehen. "Ja", sagte er kurz, und lauschte der Stimme am andren Ende. Seine Miene verdüsterte sich. Mittlerweile hatte sich der Junge, den er erst vor etwa 30 Minuten aufgerissen hatte, wieder aufgerappelt und blickte ihn verwirrt an, bevor er zu Cole krabbelte und an ihm rumfingerte. "Ist gut, ich komm gleich.“ Mit einer geübten Bewegung war das Handy ausgeschaltet. Unwirsch schob er den anderen zur Seite. "Fass mich nicht an", zischte er und stand auf, um seine Klamotten zusammen zu suchen. "Du kannst doch jetzt nicht gehen", hörte er eine Stimme im Hintergrund. "Jetzt, wo es gerade so schön war." //Idiot...// dachte sich Cole und antwortete nicht. Hektisch zog er sich an, Boxer, Lederhose, weißes Hemd..., als er schon wieder etwas an sich kleben spürte. "Hey, Cole, was kann denn jetzt so wichtig sein." Der Angesprochene verharrte in der Bewegung, blickte den anderen mit hochgezogenen Augenbrauen an, legte den Kopf schief, bevor sich ein amüsiertes Lächeln auf seine Lippen legte. "Alles?", fragte er und schob den anderen wieder von sich. Die letzten Knöpfe zugeknöpft, seine Waffe angelegt und die schwarze Lederjacke, dann ging er zur Tür. Doch offenbar schien der andere immer noch nicht genug zu haben, denn er stand plötzlich vor ihm. "Wann setzen wir fort, was eben begonnen hatte?" Die Augen des anderen verrieten Hoffnung. Cole schob ihn zur Seite, öffnete die Tür. "Niemals", antwortete er. "Du warst zum kotzen. Und wage es ja nicht, mich anzurufen." Das Gezeter und Gefluchte verfolgte ihn die Treppe hinunter, doch mit seinen Gedanken war er schon bei ganz anderen Dingen. Wie um alles in der Welt hatte das passieren können? Wer um alles in der Welt waren diese Idioten, die es gewagt hatten an seinem, wohlgemerkt SEINEM Hafen auf irgendjemanden zu warten, und ihm seine Übergabe zu versauen. Welche dreckige Kanalratte konnte das gewesen sein? Unten angekommen strömte der Straßenlärm, die vielen Lichter, die Hektik der Großstadt wieder auf ihn ein. Er stieg in seinen Aston Martin V8 Vantage und war schon unterwegs zur Zentrale, wo zwei etwas kläglich aussehende Idioten auf ihn warteten. "Simon, JJ", sagte er nur und blickte den einen in seinen nassen Klamotten etwas zitternden JJ und den mit einer mittlerweile dunkellila gefärbten Stirn versehenen Simon, die beide vor ihm standen, fragend an. "Es lief alles nach Plan, aber es waren nicht die Kunden, die eigentlich da sein sollten, Cole. Wir hatten uns schon gewundert, weshalb die so bald da waren, aber hätten nicht damit gerechnet, dass es nicht die Kunden sind..." Cole schloss einen Moment die Augen, lehnte sich zurück, überschlug die Beine und legte die legte die Fingerspitzen aufeinander, nachdenkend. "Das heißt also mein lieber JJ, dass du mit Stoff im Wert von 20 Riesen auf Leute zugehst, ohne sie überprüft zu haben. Du hättest die also auch den Bullen oder sonst wem gegeben, was?" Er blickte den Angesprochenen fragend an, der den Kopf gesenkt hatte und betreten zu Boden blickte, erschrocken aber wieder aufblickten, als sie die Sicherung einer Pistole klicken hörten. "Kann mit einer einen Grund nennen, warum ich euch jetzt nicht einfach erschießen sollte?" JJ und Simon blickten verängstigt. "Chef, die haben uns überrumpelt..." Cole lachte leise. "Dann erklär mir doch mal, wie sie euch so zurichten konnten..." Scheinbar geduldig blickte er die beiden an, doch innerlich kroch Wut. "Es waren nur drei, zwei Vollidioten und ein schneller...", murmelte Antonin verlegen.“Es ging zu plötzlich, den einen hab ich erwischt, den anderen aber nicht und der Schnelle hat erst Simon niedergeschlagen, dann mich ins Meer gestoßen." Cole blickte ihn kühl an. "Einer, ja? Ein einziges kleines Arschloch ist nötig, um euch auszuknocken, ja?" Wieder wurde geschwiegen. "Und der Stoff? wer ersetzt mir den?" JJ blickte erleichtert auf. "Den haben wir bekommen... Der Kerl hat den Koffer ins Meer geschmissen. ich habe ihn behalten." Nun war es Cole, dem man die Verwirrung ansah. JJ deutete auf einen Koffer, der an der Wand neben der Tür stand. Cole stand auf, steckte seine 6mm wieder weg, nahm den Koffer, der fischig roch und öffnete ihn, die Kombination wissend. Alles da... "Und die Kunden?" "Welche Kunden?", fragte JJ, was er nicht hätte tun sollen. Mit einer schnellen Bewegung hatte Cole dessen Arm gepackt und ihm diesen hinter dem Rücken verdreht, so dass dieser aufheulte, als es seltsam knackte. "Die Kunden, mein lieber", zischte er ihm ins Ohr, "die an diesem Abend meinen Koffer bekommen sollten." "Chef", schaltete sich Simon ein. "Wir sind nicht dort geblieben." Cole ließ von JJ ab, der sein Handgelenk hielt und blickte nun Simon an. "Und weshalb glaubst du, seid ihr zwei Vollidioten heute überhaupt dort gewesen?" Er hatte den Finger gehoben und Simon auf die Stirn getippt, wo die Blutunterlaufene Beulte sich deutlich abzeichnete. Jener zuckte unter den Berührungen zusammen. "IST MAN DENN HIER NUR VON IDIOTEN UMGEBEN?!!!", polterte Cole mit einem mal los. "Aaargh... Warum, um alles in der Welt könnt ihr nicht euren Job machen, wie jeder andere auch?" Er schüttelte ungläubig den Kopf. "Dream-Dienst. Vier Wochen", sagte er dann kurz und machte eine Bewegung mit dem Kinn, die den zwei sagte, sie sollten sich schnell vom Acker machen, bevor er es sich anders überlegte, was sie auch taten. Dann griff er zum Telefon. Schadensbegrenzung. Wenig später saß er vor einem Bildschirm, auf dem man die Aufzeichnungen einer Überwachungskamera sehen konnten. Das Kennzeichen hatten sie, bald auch den Namen, der dazu passte. Antonin Marakow, offenbar irgend so ein Wodka; Drogen kurier oder etwas in der Art, schien sich grad nach oben kämpfen zu wollen... Nun ja, Zeit ihm die wichtigste Regel beizubringen: Mein Gebiet- dein Gebiet Wenige Minuten später stellte er seinen Wagen vor der Adresse ab, die er herausgefunden hatte und wartete ab. Licht schien nicht zu brennen, also musste er warten. Ratten kehrten immer wieder nach Hause zurück. Kapitel 1: DEIN und MEIN - niemals ein WIR ------------------------------------------ Antonin Gemächlich tuckerte er seine Straße entlang, hielt an und ließ noch ein paar Takte des 300-Soundtracks laufen, bevor er den Motor abstellte und Anstalten machte auszusteigen, was kurzzeitig durch sein Handyklingeln unterbrochen wurde. Dieses fand er nach kurzem Suchen unter dem Beifahrersitz und warf einen Blick auf die Nummer des Anrufers. Seufzend öffnete er das zusammenklappbare Gerät und stieg nebenbei aus. "Jo?", fragte er und fingerte an seinen Schlüssel im Schloss, um seinen Omaschlitten abzusperren. "Ah, Clarissa! Du auf wundersame Weise wandelnder Traum auf zwei Fässern. Kannst du mir erklären, warum ich mich heute nicht über die CI-4 Ergebnisse machen kann, sondern seltsame Bekanntschaften schließen musste?" Das Telefon zwischen Schulter und Kopf einklemmend holte er seine Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug aus seinem halblangen schwarzen Mantel und zündete sich gleich darauf eine der Kippen an, scheinbar der Antwort lauschend, bevor sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. "Clari, Darling.. Luke wurde angeschossen und ich konnte wohl schlecht in ein Krankenhaus marschieren und eine herzerweichende Geschichte erzählen, um an einem Besuch der Bullen herumzukommen. Also... ich könnte schon, aber sobald man auf einem Radar erscheint, sehen einen alle aus der Flotte. Verstehst du, was ich dir damit sagen will, Mausi?" Er sog den Rauch seines nächsten Zuges tief ein und begrüßte zwei vorbeilaufende Halbstarke mit einem Nicken, bevor er sich wieder mehr auf sein Gespräch zu konzentrieren schien. "Neiiiiin, das macht gar nichts, wenn das über deinen zu kleinen Intellekt geht Süße, aber es wäre das Beste wenn du mir Stavros jetzt mal rüber reichst, damit er seine bestimmt hochspannende Ausrede loswerden kann, jaahaa?", sang er förmlich in sein Telefon und wandte sich dann ab, um die zwei Häuser weiter hoch zu gehen. Er parkte sein Fahrzeug nie genau vor seinem Gebäude. Eine Eigenart, die er schon besaß, seitdem er die Fahrerlaubnis hatte. Vorbei an anderen geparkten Fahrzeugen, schnippte er schließlich seine Kippe weg und begrüßte seinen neuen Gesprächspartner auf Russisch, bevor er wieder ins Englische verfiel. "Die Höflichkeiten erledigt wissend, frage ich mich natürlich, warum ich mir den Arsch an so einem beschissen beleuchteten Platz am Hafen abgefroren habe, Luke zu Granny bringen musste, damit er mir nicht an Blutverlust oder Blutvergiftung eingeht, und - oh! wo bist du eigentlich gewesen?", raunte er ins Telefon weil sein Nachbar gerade an ihm vorbeiging, welchen er ohne stehenzubleiben mit einem schnellen Handschlag begrüßte und schließlich seine Auffahrt hochhielt. "Beschäftigt?", echote Antonin und hielt sein Handy ein Stück weit weg, um es ungläubig zu betrachten. "Beschäftigt damit, deine Schnecke zu vögeln, oder was?! Alter, ich habe dir das Zeug nicht gegeben, damit du dich selbst damit zupumpst... du hast es doch nicht wirklich selbst eingeschmissen, oder Stavi? Weißt du, man macht solche Aktionen ja eigentlich, damit irgendwelche armen Hunde, die man nicht kennt und bei denen auch kein Mitleid mit großen Kulleraugen aufkommen kann, die bösen, bösen Nebenwirkungen austesten. Huh? Klingelt`s?" Er lauschte, diesmal nach seinem Haustürschlüssel kramend und lachte dann rau auf. "Jaja, du mich auch. Bring mir das Zeug morgen Mittag vorbei und ich übersehe, dass ich mich heute schon wieder unnötigerweise wegen dir prügeln musste. Mann.. ausgerechnet am Hafen! Lass dir das nächste Mal einen gemütlicheren Treffpunkt einfallen. Vielleicht ein Footballspiel?", grinste er ins Telefon und steckte den Schlüssel ins Schloss. "Ja.. ciao Bello!", gab er zurück und wartete auf das Zeichen, dass die Verbindung beendet wäre. "Wenn er daran krepiert ist das nicht meine Schuld, dummer Hurenbock!" Cole Cole beobachtete den Russen im Rückspiegel. Dieser schien nicht zu ahnen, dass er heute etwas erlebt hatte, was er lieber nicht erlebt haben sollte. Oder er hatte keine Angst. Letzteres hatte er zu häufig schon erlebt, dabei war eine gute Portion Angst oft lebensrettend. Aber gut, er würde ja gleich sehen, wie jener tickte. Cole stieg aus seinem Wagen, der aufblinkte und sich hörbar verschloss während er schon die Straße überquert hatte und nun die letzten Sätze eines Telefongesprächs belauschte. Noch bevor der Schlüssel im Schloss umgedreht war, hatte er seine Waffe entsichert und hielt sie dem Mann, dessen Name er schon wieder vergessen hatte, an den Kopf. "Hände an die Ohren, eintreten", befahl er und sein Tonfall war eindeutig. "Wir haben zu reden." Cole folgte dem Mann in den Hausflur, drückte diesen dann dort an die Wand und mit geübten Fingern tastete er nach den Waffen des anderen, befreite diese vom Magazin und ließ sie zu Boden fallen. Im Hausflur war es dunkel und das war auch gut so. Weiter würde er hier in das Haus nicht eindringen. Er kannte sich hier nicht aus, im Gegensatz zum anderen, und daher war es sicherer, hier zu bleiben. Nun trat er einen Schritt zurück, aus der Reichweite des anderen, noch immer seinen Revolver auf diesen gerichtet. Diese kleinen Fische, die versuchen an der Oberfläche nach Luft zu schnappen, waren oft die, deren Hände zu nahe am Waffengurt ruhten. Sie dachten nie nach, sondern handelten vorschnell. Und Cole hatte alles, nur keine Lust sich mit einem Halbstarken rumprügeln zu müssen. "Umdrehn' ", knurrte er und blickte den anderen fixierend an. "Du hast mir einen Fick versaut und einen Deal platzen lassen." Gut, bei ersterem musste der andere ja nicht wissen, dass es eher eine Erlösung gewesen war. "Und das nur, weil du offenbar in deinem Spatzenhirn eine Sache noch nicht geschnallt hast." Cole hatte die Waffe noch immer auf den anderen gerichtet. Dann sprach er weiter mit ruhiger, ein wenig genervter Stimme. "Weißt du, in dieser Branche, für die du wie ich gehört habe, eben die Beine breit machst, gibt es immer ein dein und ein mein und niemals ein wir. Das bedeutet ganz konkret für dich, dass es meinen Hafen gibt, und dieser Hafen niemals ein unserer sein kann, soweit klar?" Er hob die Augenbrauen und seufzte. Es kam schon immer mal wieder vor, dass irgendwelche 'Kinder' sich einbildeten, sie müssten einmal austesten, was sie tun durften und was nicht. Normalerweise setzte er dann ein paar andere darauf an, aber heute wollte er wissen, was das für ein Typ war, der JJ und Simon platt gemacht und sich 20 Riesen durch die Lappen hatte gehen lassen. "Aber zumindest scheint dein Hirn noch von mein und dein insofern unterscheiden zu können, dass du es nicht gewagt hast, mein Eigentum an dich zu nehmen. Und ich vermute, das ist auch der einzige Grund, weshalb ich überhaupt ein Wort an dich richte." Cole lächelte kalt. "Also, wenn du das nächste Mal beschließen solltest dich mit deinen 'Kumpels' zu einem Rendezvous zu treffen, dann macht das im Streichelzoo oder im Sandkasten und nicht in meinem Hoheitsgebiet, klar?" Er lächelte süffisant. "Ich denke wir haben uns verstanden und das nächste Mal, wenn wir uns sehen, bist du tod, also werden wir uns nicht noch einmal sehen, wenn du dich an das soeben Besprochene hältst." Antonin Holy Shit! Die eine Sekunde hatte er noch die Hure seines dämlichen Testers dran und in der nächsten hielt man ihm ne Knarre an den Schädel?! Heute war ein ganz eindeutig beschissener Tag. Die Stimme des Kerles kannte er nicht, aber was er da hörte war nicht das übliche 'blabla ich mach dich kalt blabla'. Das hier war mehr das: 'blinzel einmal zu häufig und ich mach dich kalt - ohne blabla'. Wunderbar. Er hob die Hände wie befohlen zu den Ohren und trat in seinen eigenen, verfluchten Hausflur, nur um sich dann gegen die Wand drücken und begrabschen lassen zu müssen und seine beiden Babys zu Boden gehen zu hören. Dieser verdammte Mistkerl! Doch abermals folgte er auch dem nächsten Befehl, ohne zu mucken, und musterte dann erst mal den Typen, sich nur halb auf dessen Worte konzentrierend. Meistens waren so ein Eindruck lebensrettender als die üblich dahingeblubberten Worte, die meistens sowieso nur das gleiche beinhalteten. 'Yo, hör auf meine Alte zu Vögeln. Yo, die letzten Drogen waren Scheiße. Yo, yo, yo.’ Problem hier schien zu sein, das der Kerl, den er im Halbdunkeln nur so ungefähr erkannte, scheinbar zu den beiden Vollpfosten am Hafen gehörte. Na prima. Sollte er seinen Galgenhumor gleich rausholen oder ihn erst noch eine Minute reifen lassen? Och bitte, er hatte ihm einen Fick versaut? Der sollte mal nicht so tun, als ob er ihm dafür in seinem eigenen, gottverdammten Haus mit einer Knarre bedrohen würde, wenn es nur der verfluchte Fick wäre! Kurz wanderte sein Blick vom Gesicht des anderen zu der Waffe, bis hin zur Pose des anderen, bevor er ihn wieder anhob. Mister Redenschwinger war kein Anfänger. Wäre der Typ am Hafen dabei gewesen, hätte es anders ausgehen können. Sein Glück oder Pech? Sein Mundwinkel zuckte nur ganz kurz, als er den anderen von seinem Hafen sprechen hörte. Warum schlichen ihm eigentlich immer in so denkbar ungünstigen Momenten so beschissene Gedanken durch den Kopf? Weil es immer die letzten sein könnten und er lächelnd sterben wollte? Antonin musste zugeben: Er war ein Idiot. "Klar doch.", entgegnete er schließlich, als er sich das ganze Gelaber zu Ende angehört hatte. "Wenn du den beiden Vollpfosten sagst, dass sie kleine Markierungen für dein Gebiet auslegen sollen, dann sind sie vielleicht auch ihren Fähigkeiten entsprechend beschäftigt. Nicht das man da noch aus Versehen doch über die imaginäre Linie tritt. Wissen die beiden, was imaginär bedeutet?" Oh.. er übertrieb es schon wieder. Etwas das Antonin nur zu genau wusste, aber hallo... er hatte recht, oder etwa nicht? Seine grauen, inzwischen ein wenig mehr an das Dämmerlicht gewöhnten Augen huschten wieder zu der Waffe. Würde der Kerl jetzt abdrücken müsste er schnell sein, wenn er nicht gleich verrecken wollte. Treffen würde es ihn so oder so. Und warum konnte er sein Maul nicht einfach einmal halten?! Cole Cole lachte leise. War es die Art des anderen, sich weit aus dem Fenster zu lehnen? War es Dummheit oder Leichtsinn? Oder beides? Oder wusste der andere einfach nicht, wie man in der Szene Respekt zeigte? War er immer so herausfordernd? Oder war es einfach nur die Unwissenheit eines Neulings, der meinte, weil er zwei zugegebenermaßen schöne Waffen besaß, tun und lassen konnte was er wollte? Nun, eigentlich konnte ihm das ja egal sein... "Du bist ganz schön mutig und du hast einen interessanten Humor", sagte er schließlich und lächelte. "Das gefällt mir..." Er blickte den anderen an und völlig unvermittelt hob er die Waffe in seiner Hand und schoss. Die Kugel hinterließ neben Antonins Kopf ein Loch in der Wand, leicht rauchte es daraus. Der Schalldämpfer, den Cole darauf geschraubt hatte, hatte den Schuss nicht sehr laut werden lassen, dennoch trat kurz eine zerreißende Stille ein. Den Moment der Irritierung, die der andere haben musste, nutzte Cole, um auf diesen zuzutreten und ihm seine Waffe an den Kehlkopf zu drücken. "Leider ist Humor im Moment gar nicht das, was ich vertrage." Er blickte den anderen fast schon mitleidig an. "Ganz im Gegenteil, er drängt mir noch mehr den Gedanken auf, dass kleine Fehler gleich bestraft gehören. Hmm.." Kalt blickte er in die Augen des anderen, aus denen er wenig lesen konnte. Sicher, ein wenig roch es nach Angst, aber sein Gegenüber schien erstaunlich ruhig. "Informiere dich in Zukunft besser, wo du hintreten darfst, sonst findest du dich in einem Holzkasten wieder." Leicht stieß er Antonin vor die Brust und ging zur Tür. "Aber die beiden 'Vollpfosten' hast du treffend charakterisiert...", murmelte er nachdenklich, bevor er die Tür hinter sich zuzog. Antonin Der Typ war nicht nur ein Irrer, das war ein gefährlicher Irrer! Nur kurz huschten seine Augen zur Seite, wo sich das Einschussloch befinden musste, bevor er hart schluckte, als er das Metall plötzlich an seiner Kehle spürte. Und nicht nur das altbekanntes Adrenalin schob sich endlich in Wellen durch seinen Körper. Blieb nur fraglich ob ihm das etwas nutzen würde. Dieser Bastard hatte ja nicht mal mit dem kleinen Finger gezuckt, bevor er die Waffe hochgerissen und abgedrückt hatte! Er erwiderte den Blick, der ihn traf, und war kurzzeitig fast in der Versuchung zurück zu zucken. Jenen ganz speziellen Ausdruck in den Augen hatte er bereits ein paar Mal zu häufig gesehen und es war eines der ganz wenigen Dinge, die ihm wirklich panische Angst machen. Augen, die nichts verrieten, die im einen Moment noch lachen konnten, nur um sich danach am ausbluten einer Person zu erfreuen. So sank er auch langsam die Wand hinab als der andere Kerl sein Haus verließ und verschwendete keinen Gedanken daran hinter diesem her zu hechten und sich auf einen Schusswechsel einzulassen. Das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut... Jemanden wie den wollte er gar nicht wieder treffen und er würde in Zukunft einen weiten Bogen um den Hafen machen. Da hingen zu viele Erinnerungen an jenen Augen und zu viele Dinge, die sie fähig waren, auszulösen. Cole Keine Angst, aber auch nicht dumm; und ein loses Mundwerk... Cole lief zu seinem Auto. Er hatte sicher keine Minute bis der Mann seine Waffen wieder zusammengesetzt haben würde, aber dennoch lief er gemütlich zu seinem Auto, die Waffe bereithaltend; Leichtsinn ist die Mutter des Sargnagels. Vielleicht war der Kleine auch ein wenig zu cool; Cole zuckte mit den Schultern, öffnete per Knopfdruck seinen Wagen und stieg ein. Er hatte noch Stoff im Wert von 20 Riesen im Kofferraum, der überbracht werden musste. Kapitel 2: Die Prüfung ---------------------- Antonin Und auch wenn er in jener Nacht noch bestimmt zwei Stunden einfach so in seinem Hausflur verbracht hatte, so saß er doch drei Nächte später völlig entspannt in einem Ledersessel in einem der besseren Strip Clubs. Seinen Gegenüber mehr aus den Augenwinkeln betrachtend, angeblich total in den Anblick eines der leichtbekleideten Mädchen versunken. Jake saß einige Meter entfernt mit anderen Kerlen zusammen und ließ sich irgendeinen Sprudel schmecken, der ihn vermutlich viel zu teuer käme, während Luke immer noch das Haus hüten musste. Armes Bürschchen. "Also jetzt mal die Karten auf den Tisch", wandte sein Gesprächspartner das Wort schließlich wieder an ihn. "Diese CI-4 wie du es nennst, ist also eine bewusstseinserweiternde Droge, die sich so schnell zersetzt, dass sie nach 12 Stunden nicht mehr im Blut nachweisbar ist?" Antonin nickte nur und griff nach seinem Glas mit Wodka. "Die Kurzzeitnebenwirkungen sind ein wenig härter als die von zum Beispiel X-tasy", murmelte er schließlich gerade laut genug, um die Musik zu übertönen. "Für Langzeitwirkungen befindet sich das Produkt noch nicht lang genug bei den Testpersonen." "Und wer sagtest du, stellt das her?", hinterfragte der Mann, der selbst in diesem abgedunkelten Raum mit Sonnenbrille saß. Dazu natürlich der schwarze Anzug, der bei solchen Typen ja nie fehlen durfte, und die beiden Gorillas im Hintergrund. Antonin war bis über alle Maßen amüsiert. "Ich sagte gar nichts dazu", antwortete er schließlich, nachdem er sein Glas zuprostend erhoben hatte und den Inhalt in einem Zug leerte. "Mein Kopf gefällt mir nämlich ganz gut an meinem Hals." "Ts...", gab der Kerl, den hier alle nur Don nannten, verächtlich von sich und überschlug die Beine. "Du bist nicht so dumm wie du aussiehst, Junge. Aber du solltest es nicht übertreiben. Drogen bekommt man überall, das alleine macht dein Leben nicht wertvoll genug." Antonin grinste breit und füllte sich aus der Wodkaflasche nach. "Ich nehme diesen Hinweis dankend an, Don. Aber dieses Zeug schickt die Kunden auf einen Trip, von dem sie nicht mehr runter wollen. Zwei Pillen für eine Technoparty ist das Minimum, das sie für den durchgehenden Kick ausgeben müssen. Und ich habe mir sagen lassen, dass es ziemlich süchtig macht." "Einer meiner Leute wird sich nächste Woche bei dir melden. Wir wollen uns selbst davon überzeugen, ob das so alles der Wahrheit entspricht. Solange ist dein Hals nur in der Schlinge. Ob ich ihn wieder rausnehme oder zuziehe, bleibt der Ware überlassen, mit der wir selbst einige Tests durchführen werden." Damit war er entlassen, bedankte sich fürs Gespräch und schlenderte dann an die Bar. Man durfte nach solchen Aktionen nie sofort gehen, denn das bedeutete Angst und Erleichterung darüber, dass man noch lebte. Zudem Jake, dem gerade eine vollbusige Blondine auf dem Schoss herumtanzte, auch ganz gut amüsiert aussah. "Wodka pur", bestellte er und lehnte sich schließlich mit dem Rücken zum Tresen, den Kopf in den Nacken gelegt, an die Decke starrend. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass die Jungs auch genügend herstellen könnten, um diesen Don auch zufrieden zu stellen. Tests.. ja sicher doch. Cole Das "Lady-Dream" erstrahlte mit blinkenden Leuchtreklamen, Musik und vielversprechenden 'Schaufenster'-bildern. Auf dem Parkplatz standen die dicken Autos jener, die sich mit ihrem Geld den Arsch abwischen konnten, jenen Männern, die diese Welt lenkten und steuerten. Anwälte, Richter, Firmenchefs... Das "Lady-Dream" war eines der angesagtesten Nachtclubs der Gegend. Im Keller befand sich eine Diskothek, schallisoliert, groß genug und mit den besten DJs, so dass dort unten jedes Wochenende ab Donnerstag die Hölle los war. Im Parterre gab es den Stripclub, und oben waren Räume für Firmentreffen mit 'weiblicher' Bedienung und andere 'Hinterzimmer'. Sicher, die Mädchen hier durften nicht betatscht werden, sofern sie das selbst nicht wollten, aber wenn sie es wollten, durften sie gerne ihr Taschengeld aufpolieren. JJ und Simon waren noch immer damit beschäftigt die Toiletten zu reinigen. Vier Wochen Dream-Dienst bedeutete nichts anderes, als hier den Deppen vom Dienst zu spielen. Eine Ehre, der sie leider schon zu oft zum Opfer gefallen waren. Aber in einer Stunde würden sie endlich frei haben. Und dann war man ja am rechten Ort, um sich seines Frustes zu entledigen. In der Regel brummte das Geschäft hier und der Laden war brechend voll. So voll mit 'normalen' Menschen, dass diese nicht mitbekamen, wie unter der Oberfläche noch ganz andere Dinge abliefen: Drogenhandel, Waffenhandel, Schmuggel, Mordaufträge, Machtkämpfe - New Yorks Schattenseite. Und das Ganze war in der Hand der irischen Organisation und diente dieser nicht selten als Treffpunkt für Geschäftliches. Der Boss persönlich hatte die Leitung und würde diese wohl auch nie hergeben, wahrscheinlich. Wie so oft betrat Cole das Etablissement durch die Hintertür, einen Koffer in der Hand. Er betrat die Bar, nickte hie und da ein paar Personen zu, wechselte ein paar Worte mit einem der Wachmänner, die dafür sorgten, dass die Männer ihre Finger bei sich hielten. Lucy, die gute Seele der Damen hier, die den Zickenkrieg und andere Sorgen gerne glättete, trat auf ihn zu und küsste ihn auf seine Wange, so dass er wusste, dass sich dort nun ein roter Lippenstiftabdruck befinden musste. "Hey Cole, du warst zu lange nicht mehr hier", begann sie ihr traditionelles Spiel, das sie jedes Mal spielten, wenn er hier war. "Aber heute gehörst du mir, nicht wahr, und wage es ja nicht, mich wieder abblitzen zu lassen." Sie hatte sich an ihn geschmiegt und strich ihm sanft über seine Wange den Hals hinab über den Oberkörper in Zonen, die keine Frau berühren durfte. "Sorry Lucy, aber ich bin mit der Arbeit verheiratet..." Er schob sie weg und lächelte sie an. "Aber deine Versuche werden besser." Er nickte anerkennend mit dem Kopf und grinste, als Lucy zu lachen begann. "Mach dir nen schönen Abend...", lächelte sie und schien schon ein neues Opfer erspäht zu haben, zu dem sie sich auch gleich aufmachte. Cole wischte sich den Lippenstift ab und seufzte. Warum konnte sie wenigstens das nicht unterlassen... Er blickte sich kurz um und erspähte auch schon den, den er gesucht hatte. Er trat an den Tisch heran, an dem Don noch immer saß. Der Mann, der ihm gegenüber saß und offensichtlich ein einfacher Dealer war, erhielt einen Blick, der ihn ohne zu zögern aufstehen und weggehen ließ. Auch Don stand schnell auf und reichte ihm für seinen Geschmack zu ehrfürchtig die Hand. "Don", sagte er gleichgültig und nickte, bevor er sich setzte den Koffer hinstellte und der Bedienung mitteilte, dass er einen 'Green Gras' wolle, den er auch wenige Minuten später erhielt. "Das Übliche", sagte er knapp und musterte Don, der sich schnell seine Sonnenbrille abnahm. Warum waren diese Affen eigentlich immer so ... so proletenhaft und ließen ihre Position so übertrieben idiotisch heraushängen. Cole konnte das nicht nachvollziehen. "Irgendwelche Neuigkeiten?" Cole war kein Mann der großen Worte, er kam immer direkt zur Sache und besonders, wenn er seine Geschäftspartner nicht wirklich mochte. Don war einer jenen hochgekommenen Parasiten, die durch einen Glücksgriff an Ansehen gekommen waren und nun das Gefühl hatten, die Könige der Straße zu sein. Was diese Leute nicht mitbekamen war meistens, dass ihnen an den Stuhlbeinen schon längst gesägt wurde. Auch Don war in Verruf gekommen. Gepanschtes Zeug, das einigen Kunden den letzten Schuss verabreicht hatte. Er sollte aufpassen. Vielleicht war es auch der Grund, weshalb er sich an Cole gewandt hatte. Aber das bezweifelte er. Er glaubte nicht, dass Don bewusst war, dass er in der Schusslinie stand. Unter dem Tisch wurden die Koffer ausgetauscht. "Der Kleine dort drüben, der Wodka", Don deutete zu Antonin und Cole folgte seinem Fingerzeig. "Der hat nen neuen Stoff. Es scheint gutes Zeug zu sein. Nächste Woche teste ich." Coles Miene verriet keine Emotion. Stattdessen trank er aus, stand er auf und nahm seinen neuen Koffer. Cole trat auf den Russen zu. "Ich würde hier an deiner Stelle nicht lange bleiben. JJ und Simon sind sicher erfreut, dich hier zu sehen, wenn sie gleich von der Arbeit kommen, denn dann können sie ihren Frust an dir auslassen, schließlich bist du der Grund dafür." Er klopfte dem anderen auf die Schulter. "Lustig, dass man sich sieht, und du darfst deinen Kopf sogar behalten." Kurz zögerte er. Eine neue Droge? "Möchtest du mich vielleicht ein Stück begleiten? Ich könnte dich auch bei deiner Mami abliefern." Musternd fixierten seine grünen Augen die bläulich-grauen des anderen. Antonin Antonin mochte die Musik hier nicht und wenn man es genau nahm, mochte er nicht einmal den Wodka. Es war einfach nicht seine Marke. Er verglich das häufig mit Zigarren, auch wenn Jake behauptete, er wäre verrückt. Aber jemandem mit einer ganz bestimmten Zigarrensorte konnte man auch nicht einfach eine billige aus dem Supermarkt unterjubeln. So ähnlich war das mit dem Zeug, das sie einem hier als puren Wodka vertickern wollten. Er nahm gerade das neue Glas zur Hand, als er aus den Augenwinkeln jene Person sah, die er namentlich nicht benennen, auf den er aber gut noch so fünfzig bis sechzig Jahre hätte verzichten können. "Hey!", beugte er sich zum Barkeeper. "Das hier zählt doch nicht unmittelbar zum Hafen, oder?" Jener sah ihn nur an als ob er ein weiterer besoffener Irrer wäre, der dumme Fragen stellte. "Sicher doch und wenn’s nächste Schiff vorbei schippert, kauf ich dir ne Karte." Na toll, das war ja nun nicht sehr aussagekräftig, aber er war der Annahme verfallen, sich außerhalb des 'Hoheitsgebiets' dieses verfluchten Bastards zu befinden. Aber er schien ebenfalls in Kontakt mit Don. Kam nur ihm die Stadt auf einmal so klein vor, oder was lief hier gerade ab? Er gab Jake ein Zeichen, welcher kurz darauf zielstrebig auf ihn zukam und warf ihm die Autoschlüssel zu. "Bring ihn weg, Jake." "Kommst du klar?" Antonin nickte und sah seinem Kumpel nach, wie jener sich nach draußen begab, um sein Auto umzuparken. Im schlechtesten Fall erzählte dieser Don von ihrem Deal, was bedeutete, dass er ein Problem bekäme, wenn jene die Drogen tatsächlich in unmittelbarer Umgebung fänden. Oder den Testbericht in seinem Handschuhfach. Tatsächlich dauerte es dann keine drei Minuten mehr, bis er angesprochen wurde und er sich auf dessen Schulterklopfen hin zu diesem Kerl umdrehte. Das Wodkaglas in der Hand behaltend. Notfalls würde es Bekanntschaft mit dem Kopf des Arschlochs machen. Sofort zierte wieder jenes nichtssagende Lächeln seine Lippen, das auch Don schon hibbelig hatte werden lassen. Etwas Besseres gab es nicht. Seine Art Leute unaufmerksam werden zu lassen war die einfachste, aber dennoch effektivste der Welt. Dons beiden Gorillas waren nie in freier Schussbahn zu ihm gestanden, ohne eben ihren Boss in der Linie zu haben und Don selbst war in diesem beschissenen Anzug niemals schneller als er selbst, wenns ums Ziehen einer Knarre ging. Den Blick des anderen Mannes erwidernd stellte er mehr als nur etwas erleichtert fest, dass der Blick heute nicht genau jenes Fünkchen enthielt, das ihn in die Knie gehen ließ. "Der Grund für ihren Frust sind Aufmerksamkeitsdefizite und zwei zu groß geratene Egos", gab er zurück und hob das Glas an, um es zu leeren. "Nen kleinen Spaziergang, huh?", hinterfragte er und biss sich ganz offensichtlich unentschlossen auf die Unterlippe, bevor er mit den Schultern zuckte. "Darf ich meinen Kopf dabei auch noch behalten? Ich hab zwar gehört, dass es jemanden gab, der noch kopflos an seiner Kompanie vorbeirannte, aber als Testobjekt würde ich mich nicht freiwillig melden...", murmelte Antonin, warf Geld auf die Theke und stieß sich dann von selbiger ab. Wenn der Typ da ihm diesmal wirklich an den Kragen wollte, könnte er es eh nicht ändern. Aber CI-4 würde er mit ins Grab nehmen. Cole Besonders erfreut schien der andere nicht zu sein. Offenbar hatte er den Eindruck hinterlassen, den er hatte hinterlassen wollen. In seiner Position galt es allen aufstrebenden Keimen gleich einmal die Triebe zu stutzen, bevor sie sich wie Unkraut verbreiteten und einem letztendlich die Luft zum Atmen nahmen. Aus dem Lächeln des anderen wurde er nicht recht schlau. Schutz? Unsicherheit? Wie auch immer.. Dass jener sich nicht anmerken lassen wollte, was in ihm vorging, war in Coles Augen ein Pluspunkt. Nur wenn man seine Mimik im Griff hatte, konnte man es hier zu etwas bringen. "Zumal du gar keine Kompanie hast...", stellte Cole fest, ohne wirklich die Frage des anderen zu beantworten, und lächelte kurz. Dann wandte er sich ab und lief zielstrebig durch den Club auf den Ausgang zu, nickte den Türstehern kurz zu und stieg die wenigen Stufen der Freitreppe, die protzig zum Eingang des Clubs führte, hinab. Bei seinem Wagen angekommen öffnete er den Kofferraum, legte den Koffer zu einer Sporttasche und einem größeren Beutel dazu, und ging zur Fahrertür. "Einsteigen", sagte er knapp und kurz darauf waren sie auf der Straße. "Du panscht also auch mit Drogen herum", stellte er fest. "Und du möchtest groß rauskommen. Interessante Sache." Sein Ton war etwas belustigt und es schien fast, als würde Cole mehr mit sich als dem anderen reden. "Ich hoffe du hast entweder etwas in petto, was dir eine gute Stellung ermöglicht, oder du kennst die Regeln in diesem Haifischbecken." Wieder eher eine Feststellung als eine Frage, dann schwieg er. Kurz darauf läutete sein Handy. Cole ergriff es und lauschte, klappte es wieder zu und schlug Richtung Industriegebiet ein. Dort parkte er seinen Wagen so, dass man an ihm mit einem anderen Wagen nicht vorbeikommen würde. Vor ihnen befand sich ein kleiner 'Platz', der auf zwei Seiten von Lagerhallen umschlossen war, wodurch der Platz sozusagen als Durchfahrt diente. Cole stieg aus, deutete mit einem Wink mit seinem Kinn an, dass Antonin ihm folgen sollte. "Keine Sorge, dir wird nichts geschehen, wenn du tust, was ich dir sage", sagte er fast schon ironisch. Dann ging er zum Kofferraum, öffnete diesen und blickte einen Moment nachdenkend hinein. Plötzlich blickte er auf, als von der anderen Seite der Durchfahrt ein Auto auf sie zukam. Die Limousine blieb in einigem Abstand stehen und schaltete das Licht aus. Ein kurzes triumphierendes Lächeln erschien auf Coles Gesicht, was aber schon wieder verschwunden war, bevor er Antonin ansah. "Hör zu, nimm den Beutel - er reichte ihm eine weiße Tüte, die deutlich spürbar Stoff enthielt - geh zur Beifahrerseite, und gib dem Typen das Zeug. Wenn er dich fragt, wo JJ sei, sagst du, dass er heute Dream-Dienst hat. Wenn er dich fragt, wer du bist, dann sagst du ihm deinen Namen und sagst, dass du für Cole arbeitest. Hast du mich verstanden?" Eindringlich bohrten sich seine Augen in die des anderen, lesend. Er ging hier im Moment ein großes Risiko ein, aber das zeigte er nicht durch seine Mimik. Gefahr war etwas, was er gerne roch. "Und geh unbedingt zur Beifahrerseite", wiederholte er. Antonin Was war er? Ne abgerichtete Töle? So kam Antonin sich zumindest vor, als er neben dem teuren Fahrzeug zum Stehen kam und dem Kerl dabei zusah wie dieser einen Koffer in den Kofferraum stellte. Und dann ständig dieses heiß-kalt Gefasel. Lächeln hier - unterschwellige Morddrohung da. Es passte Antonin so überhaupt nicht, wie der Abend schon wieder seine Möglichkeiten zum Eingreifen und Ausbremsen zu übersteigen schien. So blieben am Schluss nur noch Instinkte und er mochte es nicht, sich nur auf diese verlassen zu müssen. Seufzend folgte er dem nächsten Befehl und ließ sich in das, zugegebenermaßen angenehme Leder sinken. Als er die Worte seines 'Gastgebers' vernahm, warf er diesem einen schnellen Seitenblick zu. Also hatte Don das ganze natürlich gleich weitergetratscht? Antonin hätte auf seinen ersten Eindruck von dem Typen hören sollen... wirklich. "Panschen", wiederholte er ohne jede Wertung. "Wenn man es so sehen will." Seine Augen folgten der Straße und versuchten Wegepunkte auszumachen. Würde das hier nur ne kleine Spazierfahrt werden, oder hatte der Typ ein bestimmtes Ziel? Ganz geheuer war ihm die Sache nicht mehr, vor allem da dieser Penner über Don zu stehen schien - jetzt wo er so darüber nachdachte. Und das bedeutete dann auch, dass dessen Versprechen, die Schlinge um Antonins Hals noch nicht zuzuziehen, nichts mehr wert war. War es er, der solche Situationen heraufbeschwörte, oder landete er da tatsächlich nur immer zufällig? "Blutgeruch lässt sich auch in Salzwasser mit Pisse überdecken", murmelte er auf die neuerlichen Worte seines seltsamen Fahrers. Er hasste es, diesen nicht einschätzen zu können. Er hasste es, jetzt hier in dessen Karre zu sitzen, und er hasste sich selbst langsam dafür, sich keine andere Stadt ausgesucht zu haben. Doch dann seufzte er so gut wie lautlos und machte es sich bequem. Kein Grund wegen einer erst mal ausweglosen Situation auf Komfort zu verzichten. Doch als sie schließlich an den Lagerhallen hielten, fiel das seichte Lächeln kurz aus Antonins Gesicht. Nur einen Augenblick, gerade lange genug, um zu beschließen sich nicht einfach wie einen tollwütigen Hund abknallen zu lassen. Wie gewünscht stieg er aus und lauschte auf die unheilbringenden Worte. Ihm würde schon nichts passieren? Da kam der Gedanke an den Hund doch schon wieder zutage und er verzog die Lippen unwillig, zeigte ansonsten jedoch keinen offiziellen Widerwillen. Der Typ hatte ihn schon mal fast abgeknallt, das reichte erst mal. Wortlos nahm er den Beutel und musterte diesen kurz bevor er wieder aufsah. Als wolle er sagen: "Und jetzt?" - was ihm auch sofort erklärt wurde. Zur Beifahrerseite gehen, das Zeug übergeben, seinen Namen sagen und für JJ eine Ausrede abliefern. Kein Problem soweit. Sofern die Typen da nicht beschließen sollten, ihn sofort abzuknallen natürlich. Ob er verstanden hatte? Er erwiderte den Blick kurz und hob eine Augenbraue. "Beifahrerseite, Beutel rein, für diesen JJ eine Geschichte auftischen, falls nötig, umdrehen und wieder herkommen. Die paar Meter kann ich mir das merken." Sah er vielleicht aus wie ein Primat oder was?! Verdammt, verdammt, wenn das kein Aufstieg war? Vom Hund zum Paketdienst. Was genau veranlasste diesen Cole dazu, ihn jetzt für diesen Mist zu missbrauchen? Konnte der seinen Arsch nicht selbst zu dieser Übergabe schwingen? Man, wie er begann den Kerl zu hassen der sich selbst so toll vorkam und ihn behandelte wie ein kleines, ungezogenes Kind. Soviel älter sah der miese Penner gar nicht aus! Den Beutel fester umgreifend machte er sich auf den Weg - zur Beifahrerseite - wo auch gleich darauf das Fenster runter gelassen wurde und leider bekam das Drehbuch genau hier eine Änderung. Noch bevor er sein Paket freundlich lächelnd überreichen konnte, kam auch schon die harsche Frage, welches Arschgesicht er denn sei und dass JJ erwartet worden wäre! Cole Ein loses Mundwerk, offenbar keine Angst, aber dennoch fühlte er sich unwohl in seiner Situation. Nun ja, Cole würde es wahrscheinlich auch nicht anders gehen. Zumindest hatte er eine gesunde Einstellung. Vielleicht würde dieser Test ja positiv ausgehen. Er würde es gleich sehen. Cole blickte dem anderen kurz hinterher, zog seine Handschuhe an, nahm eine Waffe aus dem Kofferraum, dann begab er sich in den Schatten, der durch die Lagerhalle in einem breiten Band die Trasse entlanglief, wissend dass der Gang des Russen die Aufmerksamkeit des Fahrers von ihm ablenken würde. Mit Genugtuung stellte er fest, dass der Fahrer des Wagens, wie üblich sein Fahrerfenster heruntergelassen hatte, denn normalerweise ging man ja nicht ans Beifahrerfenster. Und so trat er aus dem Schatten heraus, an das offene Fenster und noch bevor Antonin zu irgendeiner Erklärung ansetzen konnte, sackte der Fahrer schon in sich zusammen, von einer Kugel direkt in den Kopf getroffen worden. Blut spritzte, vor allem in Richtung Beifahrerseite. Dann ging Cole um den Wagen, nahm Antonin die Tüte ab, ergriff zwei Päckchen weißen Pulvers, blickte kurz in den Wagen, in dem das Blut des Toten ziemlich verteilt worden war und entschloss sich dann die Drogen ins Handschuhfach zu bugsieren, da dort am wenigsten Blut klebte. Dann warf er die Waffe neben den Wagen und blickte den Russen an. "Sorry für die Kleidung", sagte er und blickte an diesem herab, der teilweise auch ein wenig abbekommen hatte. "Kannst mir ja ne Rechnung schicken." Dann ging er zu seinem Wagen zurück. "Komm, ich bring dich nach Hause." Keine Antworten, keine Erklärungen, keine Rechtfertigungen. Spätestens am nächsten Morgen würde der Kleine sicher aus dem Fernsehen erfahren, dass er soeben Zeuge am Mord des zweiten Bürgermeisters geworden war. Ein Mord mit der Waffe eines asiatischen Stadtteilführers, der wegen eines Techtelmechtels mit der Frau des zweiten Bürgermeisters, kein Alibi haben wird. Ein Mord, bei dem Drogen entdeckt wurden, die aus einem Deal der gleichen asiatischen Gruppierung stammte. Und ein Mord, für den der Russe ihn sicher nicht verpfeifen konnte, denn immerhin waren dessen Fingerabdrücke an der weißen Tüte. Cole liebte es, wenn ein Plan funktionierte. Antonin Gerade als er augenrollend zu der ihm genannten Erklärung ansetzen wollte, ging schon wieder alles ganz schnell. Etwas, das mit diesem Cole-Typen immer im Doppelpack anzutanzen schien. Mit Überraschung in den Augen sah er den nur schlecht erkennbaren Mann in sich zusammensacken und gleich darauf stieg ihm der altbekannte, leicht metallische Geruch in die Nase. Blut. Blinzelnd betrachtete er die Gestalt, ließ sich den Beutel ohne Widerstand abnehmen und griff dann nach seinem Hemdbund und trat ein Stück zurück in einen etwas besser beleuchteten Lichtkegel. "What the fuck!", fluchte er da auch schon und versuchte mit aller Kraft sein Adrenalin unter Kontrolle zu bekommen. Es würde ihm jetzt nichts helfen, sich mit Cole auf eine Schießerei einzulassen. Ungläubig wandte er den Kopf und sah dem Penner dabei zu, wie er im Handschuhfach des Fahrzeuges herumhantierte. "Man, das war ein neues Hemd! Die Rechnung kommt aber postwendend!", grummelte er und sah immer mal wieder ungläubig zwischen seinem Hemd, diesem Penner und dem Auto mit der Leiche hin und her. Zumindest bis er den Stoff losließ und in Gedanken abspielte, was der Mistkerl da gerade abgezogen hatte. Was waren seine Möglichkeiten? Er könnte sich übertrieben geschockt zeigen und nen deutlicheren Ausraster bekommen und danach seine Leiche vermutlich gleich neben dem Schlitten wiederfinden. Er könnte ein wenig gelassener reagieren und versuchen Antworten zu bekommen. Oder er könnte einfach die Fresse halten, sich sein Hemd ersetzen lassen und dadurch den Deal mit Don nicht gefährden. Oder.. er könnte den Penner doch erschießen. Ein Gedanke der immer verlockender wurde, je länger er darüber nachdachte. Dieser Cole-Typ, wenn er denn wirklich so hieß, wusste wo er wohnte, und das passte ihm so ehrlich gesagt spätestens jetzt ganz und gar nicht mehr. Wie lange würde es dauern, bis er in seiner unnachahmlichen Art nicht doch wieder über irgendwelche Linien trampelte, bis jener ihm dann wirklich eine Kugel in den Kopf schoss? Aber da blieb es fraglich, wie schnell Antonin an seine Waffen käme. Wie viel Reaktionszeit er Cole zugestehen sollte. Ob er sich selbst das noch zutraute, so in vollen Gedankengängen? Langsam begann er, auf das Auto zuzugehen, und schließlich wurde sein Atem tiefer, langsamer und seine Augen wichen nicht einen Moment von dem, dessen Augen es schafften, ihn in Panik zu versetzten. Sie nahmen jede kleine Muskelbewegung desjenigen auf, der ihm gerade bewiesen hatte, dass Antonins Eindruck von dem Kerl, ihn nicht betrogen hatte. Und er hasste sich selbst dafür, dass er das so schnell hatte einschätzen können. Russland ließ sich nicht verdrängen, was den einzigen Grund dafür darstellte, dass er blöd genug war, sich doch wieder auf dem Beifahrerplatz nieder zu lassen. Allerdings schwieg er inzwischen, relativ uncharakteristisch. Die einzige Tätigkeit, die er vollführte, war den kleinen Spiegel der Sonnenblende herunter zu klappen und zu überprüfen, ob er auch Blut im Gesicht hatte. Cole Die erste Äußerung bezüglich der postwendenden Rechnung stempelte Cole unter 'Schockzustand' ab, und dann kam ein langes Schweigen. Sehr erholsam. Endlich mal jemand, der schwieg. Es zeugte von Intelligenz, von einer Person, die intelligent genug war, darüber nachzudenken, was die einzig sinnvolle Möglichkeit war, die er in so einer Situation hatte. Einige schrien hysterisch, weinten und zitterten. Viele versuchten ihm Vorwürfe zu machen, wofür sie bald darauf ihr Leben ließen. Manche übergaben sich und waren danach zu nichts mehr zu gebrauchen. Manche machten Witze und Cole wusste, dass sie zu Hause weinen würden. Manche zückten selbst die Waffe, als ob sie ihr Leben schützen müssten - was sie dann auch wirklich mussten und nie schafften. Die wenigsten schwiegen. Antonin hatte die Prüfung bestanden. Jetzt würde es unter Umständen interessant werden, was jener aus seiner Chance tun würde. Cole warf den Beutel in den Kofferraum, stieg in seinen Wagen und achtete beim Verlassen des Ortes genau wie bei der Hinfahrt darauf, nur auf Asphalt zu fahren, damit die Polizei nicht seinen Reifenabdruck erhalten würde. Kapitel 3: Ein Falkenkopf ------------------------- Cole Als sie wieder auf richtigen Straßen unterwegs waren, brach Cole das Schweigen. "Don ist ein Vollidiot. Lass dich nicht von ihm einschüchtern. Er hat viel Dreck am Stecken und ist mir schon lange ein Dorn im Auge." Kurz blickte er zu Antonin und dieser durfte nun das erste Mal behaupten, dass Coles Blick etwas wärmer, vertrauter geworden war. "Er hat letzte Woche seine Geliebte umbringen lassen und hat das Problem, dass ihm zwei Unterkunden hopsgegangen sind, weil er meinen wirklich guten Stoff mit anderem Scheißdreck unter anderem mit Rattengift panscht." Er überlegte kurz. "Die Geliebte war eine in der Szene angesehene Edelnutte. Keine Frau lässt ihn momentan an sich ran. Es gibt eine, die sich rächen will. Sie würde dir helfen, an ihn ranzukommen. Und was das Gepanschte angeht: dadurch hat er sehr viel Ansehen verloren, andere Drogendealer wie er sägen an seinem Stuhl, arbeiten nicht mehr mit ihm und warten nur darauf, dass er einen größeren Fehler macht, um ihn bei Seite zu schaffen. Sie hätten kein Problem damit, wenn jemand anderes diese Arbeit übernähme und an seine Stelle träte. Es wird dann zwar Machtkämpfe geben, aber wenn man geschickt verhandelt, und hier und da vorteilhafte Eingeständnisse macht, hat man eine gute Ausgangsbasis, um weiter zu machen." Cole bog um die Ecke und hielt vor Antonins Haus. Er stellte den Motor ab und blickte seinen Mitfahrer an, nun wieder ernst und unnahbar. "Du willst nach oben? Hier hast du die Möglichkeit dazu. Es bleibt dir überlassen, was du tun möchtest. Aber vielleicht sieht man sich ja dann doch noch einmal, ohne dass Köpfe rollen müssen." Er blickte auf das Hemd, das mit Blutspritzern voll war. "Wenn du die Rechnung abgeben willst, komm ins Lady-Dream und frag nach mir." Kurz stutzte er. "Wie heißt du eigentlich?" Antonin Was hätte er jetzt alles für eine Kippe getan. Ja, der Drang, sich das Nikotin tief in die Lungen zu inhalieren, war fast übermächtig. Aber er hielt still, klappte sie Sonnenblende wieder hoch, verfiel tiefer in sein Schweigen. Wen hatte Cole - er hatte beschlossen den Typen jetzt einfach so zu nennen, egal ob es dessen Name war oder nicht- da eigentlich um die Ecke gebracht? Und gerade dass er es nicht wusste, ließ ihn davon ausgehen, dass er sich heute mit Alkohol betäuben müsste, um nicht wieder von seinen eigenen alptraumgeplagten Schreien aufwachen zu müssen. Obwohl ihm fremde Menschenleben nichts bedeuteten, so hatte Blut leider eine ganz unangenehme Wirkung auf ihn. Sein Schweigen war in Antonins Ohren doppelt laut, als Cole anfing, ihn mit Informationen zu füttern. Trotzdem sah er stur nach vorne, verpasste damit auch den etwas wärmeren Blick. Etwas, das ihn vermutlich sowieso nur noch misstrauischer hätte werden lassen, und versuchte das Gehörte mit seinen Plänen zu vereinbaren. Eigentlich wollte er der Herausgeber seiner eigenen Drogen werden, kein Mittelsmann zwischen einem irren Psycho und den kleineren Kurieren. Aber es wäre wohl nicht so gesund, so etwas jetzt verlauten zu lassen. Um in so einer Stellung akzeptiert zu werden, brauchte man einen Namen, oder etwa nicht? Und jenen Namen würde er also erhalten, wenn er Don beiseite räumte und sich selbst auf der anderen Seite des Tisches niederließ? Nun, das blieb sehr fraglich, denn ab jenem Moment wäre er nicht nur auf Coles Radar zu sehen, sondern auf vielen in weitläufiger Umgebung. Er stieß etwas heftiger Luft aus und dachte nach. Im Endeffekt würde er Cole doch damit einen Gefallen tun, indem er einen unfähigen Bastard beiseite räumte, der schlecht gepanschtes Zeug verkaufte und damit im Endeffekt nicht nur seinen sondern auch Coles Ruf ruinierte. Und seine Bezahlung wäre dessen Position. Kurz sah er aus den Augenwinkeln zu seinem Haus. Seinen ursprünglich ruhigem Hafen, welchen der miese Psycho da neben ihm ruiniert hatte. Zeit umzuziehen. Langsam, fast als müsste er seine Muskeln dazu überreden, wandte er Cole den Blick zu. Der Penner wusste wo er wohnte, aber nicht wie er hieß? Fast war er geneigt die Augen zu verdrehen. "Antonin", antwortete er kurz angebunden und reagierte auch nicht näher auf das Angebot mit der Rechnung. "Wie heißt die Frau?" Cole "Sie heißt Clara. Sie arbeitet im 'One Shot' als Hure. Die Tote ist ihre Schwester gewesen und Don versucht sie gerade für sich zu gewinnen. Ihm scheint es Spaß zu machen, auf blanken Hass zu stoßen. Er spielt gerne den, der die Macht in der Hand hat. Es ist zum Kotzen..." Cole blickte Antonin hinterher, wie dieser zu seinem Haus ging. Ob er ihn doch etwas zu hart drangenommen hatte? Aber in dieser Branche musste man abgehärtet sein. Bei ihm hatte man auch keine Gnade gehabt. Nun es würde sich zeigen, was Antonin aus dieser Chance machen würde. Entweder wollte er wirklich nach oben, und dann musste man sich einen dementsprechenden Ruf machen, oder eben nicht. Egal wie er sich entschied, Cole würde ihm keinen Strick daraus drehen. Cole fuhr nach Hause, parkte seinen Wagen in der Tiefgarage und fuhr in den obersten Stock hinauf, um seine Wohnung zu betreten. Er hatte ein Loft mit großer Dachterrasse. Kaum hatte er seine Wohnung betreten streifte auch schon sei Kater um seine Beine. "Hey Corleone", murmelte er und kaum hatte er die Tür geschlossen, schien die ganze Anspannung von Cole zu fallen. Er ging ins Bad, zog sich aus und Schlabberklamotten an, fütterte den Kater, schob sich eine Tiefkühlpizza rein und setzte sich letztlich mit einer Flasche Bier und der Pizza vor die Glotze, den Kater streichelnd, der neben ihm Platz genommen hatte. Langsam kam er runter, langsam verdrängte er alles, was an dem Tag geschehen war. In seine Wohnung durfte nichts vom Tagesgeschehen mit hineinkommen. Nichts. Hier war sein Ruhepunkt. Antonin Am nächsten Tag betrat Antonin die Sicherheitszone seines Arbeitsplatzes, zeigte seine ID-Karte vor, die ihn als Mikael Grombowitsch auswies, und befand sich einige Sicherheitsvorkehrungen später in seinem Labor. Einem Labor, das ursprünglich einmal für hochgiftige biologische Waffen verwendet worden war und deshalb bis zur Sicherheitsstufe 4 hochgeschalten werden konnte. Bis zur Fünf hatten sie es wohl beim Bau nicht mehr geschafft. Abgeschlossener Luftkreislauf mit Verbrennungsanlage und so weiter und so fort. Nicht dass Antonin das wirklich für seine Arbeit gebraucht hätte, aber so war er durch die ganze Vorkehrungen immer darauf vorbereitet, wenn jemand tatsächlich bis zu ihm wollte. Was nicht sehr häufig vorkam, da er die meiste Zeit ja auch seine Arbeit erledigte. Normalerweise... nun wenn es nicht tat, beschäftigte er sich entweder mit CI-4 oder wie heute zum ersten Mal mit Informationssuche zu Don. Und als er am späten Nachmittag sein Labor verließ und mit seinem Auto in eine bessere Gegend fuhr, sich dort in eine Toilette umzog und sich die MP3 Player in die Ohren tat und sich für seinen Lauf dehnte, schossen ihm unendlich viele Gedanken durch den Kopf. Er könnte sich Coles Gedankengängen beugen und der neue Bauer in dessen Schachspiel werden, mit der wagen Option sich hochzuarbeiten. Oder aber er könnte das alles komplett sein lassen, der andere Mann hatte ihm keinen Druck aufgebaut, sondern ihm eine Möglichkeit gegeben sich 'einzukaufen'. Doch die Ausgänge dieser Optionen begannen ihm immer weniger zu gefallen, als er durch den Park lief und hin und wieder Müttern mit Kinderwägen zunickte. Er würde niemals in seinem Viertel laufen. Er war dabei viel zu abgelenkt. Während er also den kleinen See umrundete und der Reflexion der sinkenden Sonne zusah, kam ihm ein weiterer Gedanke. Dafür müsste er auch auf seine Ausbildung zurückgreifen und doch würde er anders dastehen. Nämlich an einem Platz auf dem Schachfeld, wo man ihn laut seiner Radius als Bauern nicht erwarten würde. Damit begann auch die Observation Dons und dessen neuestem Ziel Clara. Die Information, die Cole ihm gegeben hatte, schien ihm zutreffend. Denn als er sich mit einer Konsumtüte und in stark verkrümmter Haltung, über und über mit stinkenden Klamotten und einer gewissen mies stinkenden 'Nässe' am Hintereingang des besagten Bordells herumdrückte, konnte er alsbald einen Pattern hinter Dons Besuchen feststellen. Besuche, die weder der hübschen, wenn auch nicht mehr taufrisch wirkenden Hure noch dem panschenden Typen gut zu tun schienen. So in seiner Verkleidung unauffällig ließ sich das Gelände gut ausloten, auch wenn er hin und wieder recht rüde vertrieben wurde und er die Leute in gebrochenem Englisch beschimpfte. Die Emailadresse von Clara war schnell ausgemacht und als sie eine Email von Falcon@netsurf.com erhielt mit der Information, dass sie - wenn sie Don loswerden wollte - am kommenden Abend besser nicht schreien sollte, egal was sie sehen würde, bekam er wenig später eine befriedigende Antwort. Als er sich am nächsten Morgen in seine übliche Kleidung für solche Dinge warf, verzog der den Mund angewidert, als er sich selbst im Spiegel erblickte. Schwarze Lederhose, Schuhe mit haftender Gummisohle, der schwarze aus feinstem Stoff bestehende Pullover und dazu die dunkelbraunen Handschuhe. Wenn es ihm nicht so bitter aufstoßen würde, hätte er gelacht. Klischeehafter ging es ja schon nicht mehr. Seine Sporttasche schulternd machte er sich - inzwischen war es früher Nachmittag - auf den Weg ins Bordell, wo es denkbar leicht war, sich zu Claras üblichem Zimmer Zutritt zu verschaffen und sich in deren Schrank zu verstecken. Weder die schlafende, noch sonst jemand bekam etwas mit als er sich für eine lange Wartezeit mit seinem MP3 Player bequem machte. Der Rest war so simpel wie nur irgendetwas, wenn man keine Angst davor hatte, ein anderes Menschenleben auszuradieren. Don betrat das Zimmer wie immer alleine und zog die Vorhänge zu. Was für ein Idiot, alles nur damit man nicht sah wie die Hure sich wehrte... Kopfschüttelnd schraubte er den Schalldämpfer auf seine extra für diesen Mord herausgesuchte Waffe, öffnete die Schranktür einen Spalt als Don das arme Ding gerade mit einer saftigen Ohrfeige aufs Bett befördert hatte, schob den Lauf durch den entstandenen Spalt, zielte und drückte ab. Emotionslos sah er dabei zu, wie der Penner auf das Bett fiel und Clara sich selbst in die Hand biss, um nicht doch zu schreien. Antonin trat aus dem Schrank, holte eine Visitenkarte aus der Hosentasche und legte sie auf den Toten. Darauf zu sehen war nur ein Falkenkopf. Schließlich richteten sich seine hart gewordenen Augen auf die Frau. "Das erledigt... kannst du etwas für mich tun?" Sie konnte und so übergab er ihr eine schwarze Plastiktüte, die er aus seiner Tasche holte, und instruierte sie, diese an niemand anderen als an Cole im Lady-Dream zu übergeben. Das Rauskommen war recht einfach, wenn man sportlich genug war, um sich übers Dach zu hangeln, und bald darauf saß er in seinem Wagen auf dem Weg in sein Labor. Er konnte jetzt nicht nach Hause. Nicht, wenn ihm immer und immer blutige Bilder vor die Augen sprangen. Nicht wenn ihm das Herz bis zum Hals klopfte und ihn sich selbst hassen ließ. Er würde nicht als Mörder in sein Haus zurückkehren, also kehrte er lieber zu seinen Drogen zurück. Auch wenn er kurz an das blutige Hemd und die Notiz dachte, die Cole von Clara erhalten würde: "Sieh es als Bezahlung für jenes Leben, das du im Hausflur hättest aushauchen können, aber sieh es nicht als die Einwilligung, dein neuer Bauer zu werden. Ich bin Hersteller, kein Lieferant und sehe mich selbst in fünf bis zehn Jahren nicht von dummen, ignoranten Bodyguards umgeben, während ich in einem Stripclub darauf warte, dass so Typen - wie ich es selbst einer bin - ankommen und mich umlegen. P.S. Ich würde das Hemd nicht einfach so wegwerfen." Ja.. Obermacker Cole würde da eine kleine Kostprobe finden. Allerdings von CI-2, das zu teuer in der Herstellung für den Großvertrieb wäre, aber eine Anregung von CI-4 einmal hinführen sollte. Kein Pulver, nichts zum spritzen. Kleine, mit flüssigem Inhalt ausgestattete Kapseln. Antonin wollte nach oben... aber nicht um jeden Preis und nicht an jedem Fleck. Cole Die nächsten Tage mussten etwas ruhiger vergehen. Besonders, weil die Polizei angesichts des Mordes am zweiten Bürgermeister in höchster Alarmbereitschaft war. Unterschwellig brodelte es aber, denn einige machten sich daran, den frei gewordenen Posten des Asiaten, den die Polizei recht bald verhaftete, und besonders das unkontrollierte Gebiet sich unter den Nagel zu reißen. Cole hielt sich bewusst heraus, denn auch wenn der Mord offenbar ohne Zweifel dem Asiaten zugeordnet worden war, so wollte er mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Sein Boss sah das zwar etwas anders, gab sich dann aber mit dem Argument geschlagen, dass man der Polizei noch nicht vertrauen könne und sicher noch beobachtet werden würde, welche Organisationen Interesse gehabt hatten. Es dauerte in etwa eine Woche, als etwas Gras über die Sache gewachsen war und sich Cole vor einem ganz anderen Problem wiederfand. Nun ja, nicht wirklich Problem, denn zumindest mit der einen Hälfte des Ereignisses hatte er ja gerechnet, nur die andere Hälfte war unerwarteter... Die erwartete Hälfte war das Ableben eines Idioten, der zuletzt ohnehin unhaltbar geworden war. Die unerwartete Hälfte war, dass es keinen Nachfolger, keinen Täter gab. Nun, zumindest bis er jenes Paket und jenen Brief bekommen hatte. Cole las die Nachricht zweimal, bevor seine Lippen ein breites Grinsen zierte und er in eines der Hinterzimmer verschwand, um den Rest seines 'Geschenks' zu überprüfen. Ein Hersteller, kein Lieferant? Interessante Kapseln... Er hätte nicht gedacht, dass er jenem im Hausflur wirklich so sehr imponiert hatte, dass dieser als 'Ausgleich' ihm einen Mord erledigte... Aber gut, er wollte nicht klagen. Zumindest schien jener damit sein Leben bezahlen zu wollen. In der nächsten Woche wurde Dons Platz von einem fähigen Mann namens Ragnar eingenommen, den Cole schon seit seiner Kindheit kannte. Cole war zufrieden mit dem Verlauf der Ereignisse. Er war froh, dass er Don losgeworden war und wertete den Mord, den Antonin ausgeführt hatte, als Auftragsmord, den er selbst beantragt und jener ausgeführt hatte. Letztlich blieb Antonin in seinen Augen noch immer ein Bauer, denn noch hatte dieser nicht den Status eines Läufers oder Springers für sich einnehmen können. Es würde spannend werden, wie sich das alles weiterentwickelte. Eigentlich hatte Cole nicht vor gehabt, auf das Angebot Antonins einzugehen, mit ihm Geschäfte zu machen, allerdings entwickelte sich der Markt momentan schlecht. Durch die Unstimmigkeiten zur Neubesetzung und durch die tiefen Kerben, die Don hinterlassen hatte, brauchten sie allerdings dringend etwas 'Neues', etwas mit einem besonderen Kick. Nun und da musste Cole an die Tabletten denken. Und wenn er sie schon hatte, dann würde er sie auch ausprobieren. ~*~ Es würde noch über eine Woche dauern, bis ein kleines Paket bei Antonin abgegeben wurde, in dem jener ein gereinigtes Hemd und ein Bündel Geld finden würde. Und eine Nachricht: Ein Hemd, das es wirklich in sich hatte... Kein Bauer? Aber bist du dann ein Läufer? Oder ein Springer? Als Turm kann ich mir dich nicht vorstellen und von König und Königin bist du Dimensionen entfernt. Aber vielleicht fangen wir beim Laufen an?! Termin, Treffpunkt, Verhandlungsbasis call Ragnar: 03962810283 Das einzige, woraus er nicht so schlau zu werden schien, war die Visitenkarte, die man bei Dons Leiche entdeckte. Aber er würde schon noch dahinter kommen, was der Falke für eine Bedeutung hatte. Und wenn er sich recht entsann, hatte er es tatsächlich schon einmal erlebt, dass man so eine Art Karte bei Opfern hinterlassen hatte. Kapitel 4: Von Kunst und trocknender Farbe ------------------------------------------ Antonin "Mann! Pass doch auf was du da machst! Das ist ein Original. Original! Das kann sich so ein Wicht wie du es bist nicht einmal leisten, wenn er hundert Jahre darauf hin spart!", motzte Antonin einen der Möbelpacker an und beobachtete mit Argusaugen wie jener plötzlich sorgsamer mit einem seiner geliebten Bilder umging. Antonin stand unter Stress. Ja, so konnte man das wohl ausdrücken. Zwar hatte er nichts mehr von Cole gehört, doch jener bestimmte Abend hatte es noch in sich gehabt. Vermutlich war er nahe an einer Alkoholvergiftung gestanden. Einer der Sicherheitsleute hatte ihn schließlich heimgefahren, ihm einen ellenlangen Vortrag gehalten, sich dann aber dazu überreden lassen, ihn nicht zu melden. Wegen 'guter Führung'. Ha! Dazu noch die Wohnungssuche, die sich auch komplizierter gestaltete als ursprünglich geplant. Eigentlich hatte er sich weiterhin in einem der eher unten anzusiedelnden Gegenden gesucht, wie eben seiner bisherigen. Aber schlussendlich könnte er sich mit seinem Gehalt selbst offiziell etwas Besseres leisten und war mit diesen Gedanken an einen Makler herangetreten, der einem Prof der Chemie, Grombowitsch, natürlich gegen eine satte Summe auch nur zu gerne half. Etwas Gutes hatte die Sache ja, philosophierte er, während er einem plötzlich aufgetauchten Boten den Empfang quittierte. Sein Park zum Laufen wäre nur kurz um die Ecke und er wohnte jetzt im ersten Stock. Dazu kam aber dann noch, dass er sein Auto ummelden musste, da ihm inzwischen ein ganzer Kronleuchter aufgegangen war, wie Cole ihm auf die Schliche gekommen sein musste. Also lief dieses jetzt auf Mikael Pablow, einen Namen, der weder zu ihm noch zu seinem Decknamen für die Arbeit führen würde. Was musste ihm aber auch so ein dämlicher Fehler unterlaufen?! "Ey!", brüllte er schließlich. "Ihr könnte es euch aussuchen: Entweder geht ihr jetzt endlich pfleglich mit meinen Sachen um, oder es gibt statt einem satten Bonus einen gepflegten Tritt in den Arsch!" Diese Vollidioten! Nur weil er hier wohnte, hieß das nicht, dass er nicht an seinen Dingen hing! Leise fluchend riss er das Paket auf und kurzzeitig schien alles um ihn herum einzufrieren als er ein wenig ungläubig auf sein Hemd blickte. What the fuck?! Man, man, Antonin hätte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit sein gutes Stück per Expresskurier zurückzubekommen. Dann erst bemerkte er die beigelegte Notiz und überflog sie stirnrunzelnd. Ein Läufer?! Aber immerhin schien die Anspielung aufs Schachspiel angekommen zu sein. Wieder ein Verdacht, der sich bestätigte. Dieser Cole war keiner von diesen Flachanglern. Um bei Metaphern zu bleiben, so war jener eher bei Tiefseeangern anzusetzen. Sich unwillig auf die Lippen beißend betrachtete er sich die Nummer. Wer zum Henker war jetzt bitteschön Ragnar? Nur nicht zu viele Informationen auf einmal bitte. Wie zum Beispiel was er diesem erzählen sollte? 'Hey, Cole hat gesagt ich soll dich anrufen... lass uns doch mal auf nen Kaffee treffen?' Antonin verdrehte die Augen und seufzte tief. Vielleicht war er doch nicht für diese Geschäft gemacht. Es hieß doch immer: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Vielleicht sollte er den Markt solange mit kostenlosen Kapseln überschwemmen, bis es gar nicht mehr anders ging und die Leute zu ihm kommen würden? Das wiederrum würde allerdings bedeuten, dass sich einer dieser angepissten Gangsterbosse seinen Kopf wohl an ein Brett genagelt im Trophäenzimmer aufhängen würde. Also nein, wohl lieber doch nicht. Und dann erst fiel ihm das Geld auf und er begann trocken zu lachen. Kohle für die paar Kapseln würde das ja wohl kaum sein... Hatte er es also endlich geschafft und einen Auftragsmord hinter sich gebracht, huh? Na, wenn das mal nicht ein perfekter Start in den Tag war, wusste er auch nicht mehr weiter. Aber mit solchem Geld konnte man nicht vorsichtig genug sein, besonders nicht wenn Cole seine Finger im Spiel hatte. Womöglich kam das Zeug gerade aus einem riesigen geplatzten Deal und irgendwelche Schlitzaugen würden sich ihm an die Fersen heften. Ne, Ne.. das Zeug müsste erst gewaschen werden, danach könnte es gut und gern in seine weiteren Versuche einfließen. Abermals las er die Nachricht. Antonin hatte ja keine Ahnung was Cole unter einem Turm verstand, aber er sah die Geradlinigkeit darin, die man brauchte. Egal wie weit man weg stand, wenn du einem Turm im direkten Weg stehen würdest, wäre es das Ende. Allerdings waren Springer deutlich wendiger und das passte auch. Er konnte sich anpassen, das wusste er besser als jeder andere. Aber Läufer?! Da wäre er ja noch lieber ein unbeweglicher Bauer der mit viel Geduld, Gerissenheit und Vorsicht zu allem werden konnte was er wollte, wenn er lange genug überlebte... Tief seufzend entfernte er sich einige Meter von seinem Haus und wählte die angegebene Nummer und hielt sich dann nicht mit langen Begrüßungsfloskeln auf als tatsächlich jemand ranging: "Mir wurde die Nummer gegeben um einen Termin auszumachen, da ich scheinbar etwas besitze, das euch interessieren könnte. Zeitpunkt ist euer Bier, aber das Treffen findet in der Galerie NEXUS statt oder gar nicht." Er würde jetzt ganz bestimmt nicht anfangen zu kriechen. Mit Cole schien sein Mundwerk nicht so ganz zu funktionieren wie sonst, aber durchs Telefon könnte ihn ein fremder Typ wohl kaum abknallen. Und Antonin Marakow würde in weniger als 2 Stunden unbekannt verzogen sein, während Mikael Grombowitsch es sich in neuen vier Wänden gemütlich machen würde. Cole Ragnar ließ ihm an diesem Abend eine Nachricht zukommen, dass sich der Russe gemeldet habe und ein Treffen mit ihm für den nächsten Abend um 19 Uhr in einer Galerie vereinbart sei. Zufrieden nickte Cole, als er es las und schmiss den Zettel weg. Interessant war, dass Antonin sich seinen Treffpunkt selbst ausgesucht hatte. Entweder hatte er Grund, ihm zu misstrauen, oder er hatte anderweitig Probleme. Doch Cole sollte sich darüber keine Gedanken machen, letztlich sprach es für den Russen, dass er selbst sein Herr sein wollte. Das Zeug, das Antonin ihm geschickt hatte, war erstklassige Ware gewesen und hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Es gab schon einige Anfragen, ob es mehr davon gebe, allerdings war die Menge, die Antonin geschickt hatte, nicht sehr groß gewesen. Noch hatten sich weder negative Kurzzeitnebenwirkungen, noch Langzeitwirkungen abgezeichnet, wobei letztere nach so kurzer Zeit ohnehin nicht absehbar waren. Klar war, dass das Zeug high machte, die Konsumenten antrieb bis ins Äußerste zu gehen, ihnen einen kräftigen Kick verpasste und zudem noch ziemlich süchtig macht. Also das Ideal, um einen zufriedenen Kundenstamm, und gleichzeitig auch einen treuen Kundenstamm zu haben. Die Frage war nur, ob Antonin bereit sein würde, nur ihnen zu liefern. Aber das würde das Verhandlungsgeschick von Ragnar ausmachen. Damit hatte Cole nichts zu tun. Cole hatte die Art und Weise, wie Antonin mit den Informationen umgegangen war, imponiert. Es hatte gut getan, jemanden vor sich zu haben, der sein eigener Herr bleiben wollte, sich nicht benutzen lassen wollte. Leute, die immer machten, was man ihnen sagte, die immer taten, was offensichtlich war, die einem immer nach dem Mund redeten und keine eigene Meinung, keinen eigenen Willen zeigten, ödeten ihn tierisch an. Andererseits würde er jetzt nicht mehr wirklich viel mit ihm zu tun haben. Wenn jener nur ein Lieferant war, hatte nur Ragnar etwas mit ihm zu tun. Aber wie dem auch sei. Cole war froh, dass langsam aber sicher die Leute, die in seinem konkreten Umfeld waren, Leute waren, von denen er wusste, dass sie etwas drauf hatten. Es hatte lange gedauert, bis er die Position, die er im Moment hatte, sein eigen nennen durfte. Und nun dauerte es auch schon einige Zeit, seit er begonnen hatte diese Position von Schmarotzern und unfähigen Idioten zu reinigen. Langsam aber sicher sah er Land. Doch nun galt es, sich weiter zu beweisen. Costello hatte ihn ihm Auge, wie er ihn sein ganzes Leben nie aus den AUgen gelassen hatte. Nicht, weil er sich bisher wirklich etwas zu Schulden hatte kommen lassen, ganz im Gegenteil, sondern weil sein Chef schon immer Angst gehabt hatte, Cole könne sich irgendwann gegen ihn wenden. Aber konnte er das wirklich? Nein, das schien Cole unmöglich. Zu viel gab es, was Cole nicht riskieren durfte. In wenigen Tagen würde es einen großen Deal am Hafen geben. Einen wirklich großen Deal. Und bis dahin war noch viel zu tun. Ragnar Ragnar betrat die Galerie und sah sich um. Wie besprochen hatte er seinen grünen Schal um, der ihm wirklich ein wenig den Anschein eines Intellektuelle gab. Langsam ging er durch die Galerie, sah sich die modernen Bilder an und blieb dann vor dem Bild des nackten Frauenkörpers stehen, der in einem unwirklichen Licht dargestellt war, wie eine Wasserleiche, die sich nach Liebe sehnte. Interessant, wie sich alte Strömungen und Gedankengänge doch immer irgendwann wieder wiederholten... Nun hieß es warten und wenn er Coles Worten folgte, so würde er gleich einem jungen fähigen Mann begegnen, der wusste was er wollte. Antonin Antonin stand auf der Galerie und sah den Typen, wie versprochen mit einem grünen Schal um den Hals tragend herein kommen. Aufmerksam verfolgte er dessen Schritte, den Blick auch immer wieder zur Tür werfend. Der kam tatsächlich alleine, oder was? Sich das dunkelblaue Hemd ein wenig glattziehend, welches er über der schwarzen Stoffhose trug - natürlich mit langen Ärmeln - machte er sich auf den Weg nach unten. Vorbei an den eifrig schwatzenden Galeriebesuchern und an den diesmal eher surrealen Bildern, die ausgestellt waren. Wenn alles glatt ging, war ihm noch ein Treffen mit der Künstlerin versprochen worden. Eines dieser Bilder hatte seine Aufmerksamkeit erregt und er wollte fragen, ob sie ihm vielleicht so ein ähnliches anfertigen würde. An mehr als das dachte er heute gar nicht, die letzten kurzen Nummern hatte einen schalen Nachgeschmack in seinem Mund hinterlassen und das Gefühl, dass es besser gewesen wäre, seinen kleinen Freund eingepackt zu lassen. Ob er sich mal nach anderen Sexpraktiken umsehen sollte? Härteres Zeug? Nur so ein bisschen Titten und dahin gehauchtes Stöhnen langweilten ihn tierisch. Wobei die Weiber auf dem ersten Blick schon immer wirklich heiße Feger waren und trotzdem nicht schwer rumzukriegen. Antonin wusste um sein Aussehen und jene Ausstrahlung, die er versprühen könnte wie Gärtner das mit Pestiziden taten. Er trat neben dem Kerl, den er für Ragnar hielt, an ein Bild und warf ihm einen Seitenblick zu, bevor er breit grinste. "Sie haben gerufen und hier bin ich.", stellte er fest, bevor er den Kopf zur Begrüßung neigte. Und gerade als er zum nächsten, bestimmt völlig sinnlosem Satz ansetzen wollte, klingelte sein verdammtes Handy in jenem bestimmten Klingelton, den er so ungern ignorierte. So hob er nur kurz die Hand entschuldigend und wandte sich ein paar Schritte ab, bevor er ranging und seinem Gesprächspartner eine Weile ruhig zuhörte. "Er ist also doch...", murmelte er schließlich und hob eine Hand, um sich durch die Haare zu wuscheln.“Hm.. ja...... mh.... gefährliches Pflaster zur Zeit. Wie geht es seinem Bruder?", er warf einen kurzen Blick zu Ragnar und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. "Ich komme später vorbei", damit klappte er sein Handy zu, trat wieder auf Ragnar zu und hob die Augenbraue. Ganz so als wollte er sagen: "Ich höre?" Ragnar Ragnar musterte den jungen Mann amüsiert. Ein Lächeln zierte wie meistens seine Lippen. Als jener endlich zu Ende telefoniert hat, blickte er ihn offen an. Die offensichtliche Abwehrhaltung des anderen amüsierte ihn, doch das ließ er sich nicht anmerken. Offenbar hatte jener Respekt vor der Szene, was sicher gesünder war. "Ich bin beeindruckt", erklärte er und blickte das Bild noch einmal kurz an, das er betrachtet hatte. "Die Kunstwerke hier ist wirklich erstklassig. Sicher in der Form nicht für einen größeren Markt zu produzieren, aber annähernd hohe Qualität wäre auch in Ordnung. Die Kunden hier sind sehr zufrieden, das habe ich schon mitbekommen. Und ich glaube für diese Art von Bildern wäre ich bereit, eine angemessene Bezahlung zu leisten, vorausgesetzt es würde mir versichert sein, dass ich der einzige bin, der diese bekommt. Und auch dafür bin ich bereit, mehr zu bezahlen." Abwartend blickte er Antonin an, suchend in den Augen des anderen, ob jener verstand, worüber er redete. "Ich kann natürlich nicht wissen, ob Sie schon einen Abnehmer haben, aber ich garantiere ihnen eine regelmäßige Abnahme, wenn wir ins Geschäft kommen. Mehr von dieser Art Kunst kann ich immer gebrauchen. Aber wohlgemerkt unter der Voraussetzung, dass ich der einzige bin und bleibe, was wie gesagt nicht zu deinem Nachteil gereichen soll." Er lächelte den anderen an. Antonin Antonin lauschte Ragnar und nahm einem der vorbeieilenden Kellner ein Glas Sekt ab, an welchem er hin und wieder nippte. Und als sein Gesprächspartner ihn nach dem kleinen Kunstmonolog abermals anlächelte, erwiderte er eben jenes überdeutlich. "Wissen Sie, was das Problem mit erstklassiger Kunst ist?", setzte er an und deutete mit der Hand die den Sekt hielt auf das Bild. Brachte die helle Flüssigkeit damit leicht zu schwanken und es konnte nicht so genau bestimmt werden, ob er das Glas oder das Gemälde betrachtete. "Es ist teuer und normalerweise über gewisse Galerien hinaus nicht wirklich an den Käufer zu bekommen. Deshalb bin ich auch von den eher altmodischen Ölfarben zu etwas skurieleren Methoden übergegangen." Immer noch breit lächelnd nahm Antonin einen weiteren Schluck von seinem Sekt, während er mit der anderen Hand eine kleine Kapsel aus der Hosentasche holte. Sie war mit ebenso dunkelblauer Flüssigkeit gefüllt, wie die Farbe seines Hemds. "Wenn ich mich recht entsinne habe ich euch Fotos meiner CI-2 Galerie zukommen lassen? Jene sind genau für die hochrangigen Kunden. Während die Bilder um die sich zukünftige Gespräch drehen sollten, den normalen Markt wohl mehr ansprechen. Aber ihre Farbe ist noch nicht trocken genug, um sie schon aufzuhängen." Lässig warf er dem Mann die kleine Kapsel zu. Gerade diese offene zur Schaustellung machte das ganze so unauffällig. "Aber wussten Sie, dass es mit dem Malen nicht getan ist? So aufwändige Bilder brauchen natürlich auch zwei Kerle, denen so exzentrische Künstler wie ich es einer bin auch blind vertrauen. Ich bin sicher, dass können gerade Sie nachvollziehen?", diesmal wurde das Glas so punktgerecht geleert, um es dem abermals vorbeilaufendem Kellner direkt wieder auf das Tablett stellen zu können. "Hierbei geht es gerade um die Besorgung und Vermischung jener ganz speziellen Farben, die ich verwende. Und stellen Sie sich vor...!", gespielt erstaunt hob er sich eine Hand an den Mund und seine Augen wurden kalt, ohne dass sich sonst großartiges an seiner Mimik verändern würde. Als er weitersprach war seine Stimme ein wenig tiefer und leiser geworden. "Jetzt stellen Sie sich vor, einer der Staffelhalter eines meiner zukünftigen Kunden hat es geschafft einen meiner Farbjungs mit einem anderen Kunden zu verwechseln. Eifersucht wird im Kunstgeschäft großgeschrieben und ich konnte schlimmeres verhindern, nur leider musste ich gerade erfahren dass ich eben leider doch nichts verhindert habe. Verstehen Sie, Ragnar?", hinterfragte er mit ruhiger Stimme. "Die Unfähigkeit dieser Männer hat mich einen sehr wichtigen Mann gekostet, der im Alltag ziemlich dämlich, aber im Zusammenmischen in richtigen Mengen ein Genie war. Und ganz offen gestanden macht dieser Umstand die Herstellung nicht wirklich einfacher für mich. Etwas, das Sie grundsätzlich nicht zu interessieren hätte, wenn wir bereits Termine und Mengen vereinbart hätten...", ließ er den letzten Satz auslaufen und nickte auf die Hand seines Gegenübers, welche die Kapsel aufgefangen hatte. "Jene Kapsel da ist ein Schmerzmittel, wie man es in jeder Apotheke bekommen kann, und genau so sieht auch CI-4 aus. Wenn wir allerdings näher auf dieses Thema eingehen wollen, sollten wir uns vorher vielleicht erst über die nun offenstehenden Dinge unterhalten?" Ragnar Cole schien recht gehabt zu haben. Dieser Mann wusste, was er wollte, was sehr angenehm war. Mit solchen Leuten machte Ragnar nur zu gerne Geschäfte. Alles, was er bisher von diesem Antonin sah war, dass er durchschaute, was die Regeln waren. Und er schien, als würde er gute Chancen sehen und wahrnehmen können. Ragnar fing die Pille und musterte sie kurz, bevor er sie in seine Hemdtasche gleiten ließ. "Die Bilder, die Sie uns zukommen haben lassen, waren wirklich sehr eindrucksvoll. Sicher wird für die breite Masse weniger Qualität taugen, dennoch hoffe ich, dass auch die hochwertigen weiterhin für spezielle Kunden zu erhalten sind." Einen Moment überlegte er. Die Informationen, die ihm Antonin bezüglich seines nun ehemaligen Geschäftspartners gab, stellten unter Umständen ein Problem dar, denn schließlich gab er zu, dass die Produktion langsamer verlaufen würde, als vielleicht gut wäre, allerdings gab er auch zu verstehen, dass ihre Organisation daran nicht unschuldig war. Erwartete er, dass sie halfen? Dass sie für ihre Fehler gerade stünden? "Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sie nur mit Mitarbeitern arbeiten wollen, denen sie vertrauen und es tut mir leid, dass ihnen ein besonders guter Arbeiter abhanden gekommen ist. Ich denke, das wird wohl an höherer Stelle durchaus Reaktionen auslösen." Er kratzte sich am Hinterkopf. Schwierig. Hier war eigentlich Cole gefragt - der hatte die Fäden in der Hand. "Was die Terminierung anbelangt, darüber lässt sich verhandeln, das wird kein Problem sein, solange wir schon einen Vorschuss erhalten, um den Markt aufmerksam zu machen und das Interesse an der Kunst zu wecken. Bleibt nur die Frage offen, ob ihr Farbexperte zu ersetzen ist." Er blickte Antonin an, abwartend, wie jener reagierte. "Und um ehrlich zu sein, kann es gut sein, dass an höherer Stelle auch jene Experten zur Verfügung gestellt werden könnten, wenn das Grund für Lieferengpässe wäre. Schließlich stehen wir ja offensichtlich in ihrer Schuld. Allerdings weiß ich auch, dass Sie sicher nur ungern mit jemand Fremdem arbeiten. Demnach würde ich fast vorschlagen, wir finden einen Termin, an dem wir die genaueren Details besprechen, und bei dem dann auch noch weitere Interessenten anwesend sind, die Ihre Probleme sicher einfacher lösen könnten." Nun würde sich herausstellen, welche Ziele Antonin verfolgte. Würde er auf eine engere Zusammenarbeit eingehen, was für Ragnar bedeutete Cole hinzuziehen zu müssen, oder nicht. Antonin Antonin legte den Kopf ein wenig schief und besah sich den Kerl nachdenklich. Na schön, dann war der Kerl eben ein anderes Kaliber als Don. Eines mit dem Hirn am richtigen Fleck, der mit dem Kunstmonolog nicht einfach nur was vor sich hingeblubbert hatte, was ihm ein anderer vorher auswendig hatte lernen lassen. Außerdem wirkte er fast ein wenig sympathisch, was Kerlen wie diesem Ragnar bestimmt nicht ungelegen kam. Antonin jedoch schon. Wenn er Leute verabscheute konnte er sehr gut mit ihnen umgehen, sobald sie ihm sympathisch wurden, schien sich irgendein Schalter in seinem Hirn zu betätigen, der ihn wirklich verhandlungsbereit machte. Schade, schade... Schließlich nickte er nur. "Das mit den hochwertigen Bildern ist das allerkleinste aller Probleme. Wenn das Geld da ist, um die verschiedenen Komponenten zu beschaffen, ist die Menge im Grunde genommen nur noch eine zu verwirklichende Zahl auf einem Papier." Und das war nicht einmal gelogen. Gerade Antonin saß an der Quelle in seiner Arbeit mit einer Karte, die ihm eine Sicherheitsstufe zusicherte, die ihm Zutritt zu allen wichtigen Einrichtungen des Konzernes zusicherte. Der Rest war eher ein Kinderspiel, für jemanden der sich auskannte. "Auf die Reaktionen will ich aber hoffen.", brummte er dann ungnädig und sah Ragnar dabei zu wie dieser sich am Kopf kratzte. Bisschen verwirrt nun der Gute, huh? "Ich bin kein Auge um Auge, Zahn um Zahn-Typ und im Grunde genommen könnte man behaupten der Kerl wäre selbst schuld gewesen, aber ich bin einfach furchtbar nachtragend...", murmelte Antonin und wank Ragnar mit sich zu einem weiteren Bild. Eines, das direkt dahinter eine leichte Einbuchtung in der Wand zu verzeichnen hatte, wo sich ein Feuerlöscher befand. "Was den Vorschuss betrifft, so hab ich mir das irgendwie gedacht. Allerdings wird das die letzte Übergabe jeglicher Art, bei der ich nicht mit vollen Taschen wieder in mein Labor zurückkehre", versicherte er ernsthaft und betrachtete das Bild enthusiastisch. "Diese grandiosen Farben! Ich bin schon so gespannt auf die Künstlerin. Und dieses herrlicher Feuerlöscherrot.. man fragt sich direkt, was dahinter für Gedanken stecken mögen!" Er erlaubte sich ein leises Lachen bevor er sich Ragnar wieder zuwandte. "Ein Experte soll mir gestellt werden? Der sich dann meine Rezeptur schnappt und sich verpisst, noch bevor jemand meine Leiche aus dem Meer fischt?", sein Lachen wurde lauter und er musste sich schließlich sie Hand vorhalten bis er sich beruhigt hatte. "Ich nehme an, ich muss nicht erwähnen wie wertvoll ein Rezept für eine solch durchschlagende Farbmischung ist, die man bereits zwölf Stunden nach Benutzung nicht mehr auf der Leinwand erkennen kann? Wussten sie das eigentlich?", er runzelte die Stirn nachdenklich. "Ich glaube ich habe es Don gegenüber erwähnt, aber der Gute ist ja recht schnell umgekippt. Hab ich mir sagen lassen. Traurig, traurig. Aber wie dem auch sei. Die Farbe an sich ist also ganz hervorragend, aber wirklich überragend und damit so scheißteuer und wertvoll macht sie die Unsichtbarkeit auf der Leinwand. Und nein ich übertreibe nicht. Dokumente dazu befinden sich bei vorher erwähntem Vorschuss." Dann streckte er abrupt die Hand aus. "Ich habe kein Problem damit, nur einen Kunden zu beliefern, aber ich bin nicht der Depp vom Dienst. Ich habe durchaus Ahnung davon, was für ein Schätzchen ich da in den Händen habe, und nach den letzten Tests, die ich euch durchführen lasse, und mit jenen Dokumenten, die ich beigelegt habe, wird das nicht nur mir klar sein. Mein Ziel ist es nicht ein Farb-Monopol aufzubauen, sondern etwas Perfektes zu entwickeln. Dafür braucht es nicht nur Zeit und Geld sondern auch Kontakte. Das sind meine Konditionen für den Fall, dass Sie beschließen einzuschlagen und auf einen weiteren Termin zu vertagen." Abwartend sah er Ragnar in die Augen. Ragnar Ragnars Augen leuchteten. Wirklich, Antonin kannte sich aus. In allem, was dazu gehörte. Und eigentlich wunderte es ihn nicht. Denn nicht umsonst hatte Cole ihn an diesen verwiesen. Cole arbeitete nur mit Leuten zusammen, die er für fähig befand. Auch wenn er das nie jemandem sagen würde, dass er ihn für fähig hielt. Und dass dieses Zeug mehr als nur genial war, stand mittlerweile außer Frage. Ohne zu zögern schlug er ein, mit seiner rechten Hand, in der sich eine Garderobenmarke befand. Dort würde Antonin einen Koffer ausgehändigt bekommen, in dem sich ein ordentlicher Vorschuss befand. "Dann denke ich, dass wir im Geschäft sind. Ihre Kompetenzen sind ohne Zweifel außergewöhnlich und daher auch unsererseits einen Vorschuss wert. Sie sollten also nehmen, was Ihnen zusteht und dann regelt sich der Rest, sobald wir uns gemeldet haben. Und bis dahin sollten Sie aber dennoch eine vorzeigbare Menge an 'Bildern' haben, damit wir die Kunden beglücken können." Er lächelte zufrieden und zog seine Hand zurück. Wenn diese Droge hielt, was sie versprach, und wenn es möglich war, genug davon zu produzieren, so würden sie die Szene ganz schön in Aufruhr bringen. "Ich denke wir melden uns, wenn es Neuigkeiten gibt und dann, wenn ein neuer Termin ansteht. Ansonsten haben Sie ja auch meine Nummer. Halten Sie sich an die Abmachungen!" Antonin Antonin lächelte sein charmantestes Lächeln und schob die Marke ungesehen ein. "Falls es mal brennen sollte, vergessen Sie nie ihren Feuerlöscher. Ich warte auf Ihren Anruf", wies er nochmal auf die Stelle hin, wo er ein kleines Päckchen mit 500 der CI-3 Pillen und die Dokumente über deren Auswirkungen verstaut hatte, und machte sich dann mit einem letzten Winken auf den Weg. "War nett Sie kennenzulernen, Ragnar", warf er dem anderen noch zu bevor er sich mit einem Kopfnicken verabschiedete und noch beim Gehen nach seinem Handy griff. Der Typ war ihm deutlich lieber als Mister Unberechenbar, musste er doch nicht alle paar Millisekunden darüber nachdenken, wer die Waffe nun schneller ziehen würde, sobald sie sich die Rücken zudrehten. An der Garderobe bekam er den Koffer problemlos ausgehändigt und hielt dann weiter auf die Tür zu. Schnell erledigte er einige Anrufe, zum einen um der Künstlerin abzusagen und zum anderen, um zu erfragen, ob Luke sicher in Kanada angekommen war. Dessen Schusswunde hatte sich tatsächlich drastisch verschlimmert. So hatte Antonin beschlossen das Ganze zu seinem Vorteil zu drehen und dem Guten eine kleine Kurreise zu spendieren, die wohl eine ganze Weile andauernd würde. Tatsächlich waren Jake und Luke sowieso mehr für kleine Besorgungen zuständig. Als ob er wirklich andere Leute an seine Forschungen ranließe!? Eher würde er eine Woche Tag und Nacht durcharbeiten und nach einer erfolgreichen Übergabe einfach mal nen Monat schlafen, als das zuzulassen. Allerdings waren sie schon so etwas wie seine persönlichen Kuriere, auch wenn man sie im Grunde genommen eher Freunde nennen konnte. Aber das Wort 'Freund' war in diesem Geschäft ein klein wenig vorbelastet. Fröhlich pfeifend fuhr er seinen Wagen in die zur neuen Wohnung gehörige Tiefgarage und warf sich in seiner Wohnung angekommen in seine weißen Arbeitsklamotten bevor er sich wieder auf den Weg ins Chemiewerk machte. Beizeiten würde er darüber nachdenken müssen ein eigenes Labor anzumieten, doch das ginge erst mit den entsprechenden Geldmitteln. Die sich hoffentlich auch tatsächlich gerade vor ihm auftaten. Jetzt müsste nur noch CI-4 fertig entwickelt werden... Problem daran war nur das es momentan leider zu einem Anteil von mindestens 50% zu Schlaganfällen führte und Antonin hatte noch nicht herausgefunden, was diese heftige Reaktion auslöste. Sogar bei Erstbenutzern. Kapitel 5: Über das Klarstellen von 'Dingen' -------------------------------------------- Cole Cole erhielt natürlich Bericht von Ragnar - genauesten Bericht - und ihm wurde auch eine Kopie der Statistiken vorgelegt. Aber er schaffte es erst einige Tage später, sich damit auseinander zu setzen. 50%, die einen Schlaganfall bekamen? Das musste sich noch ändern, denn auch wenn das Zeug nach einigen Stunden nicht mehr nachweisbar sein würde, so würde es dennoch irgendwann eindeutig sein, dass es die Droge war, das neue Superzeug, das krank machte. Aber gut, sie waren ja auch noch nicht in Produktion gegangen. Die neue 'Lieferung' war bereits unter das Volk gebracht und die Nachfragen mehrten sich. Lange wollte er nicht mehr warten, bis es weitergehen konnte. Vielleicht sollte er sich selbst einmal ein Bild machen. Was ihn auch beschäftigte war die Schilderung Ragnars, dass jener Typ, den Simon umgenietet hatte, offenbar über den Jordan gegangen war. Hatte es nicht Armverletzung geheißen? War er nicht ins Krankenhaus gegangen? Eine Schussverletzung war doch nichts Außergewöhnliches mehr. Hier in New York wird im Schnitt alle 14 Minuten jemand mit einer Schussverletzung eingeliefert und meist wieder entlassen, bevor die Bullen Fragen stellen konnten. Und selbst wenn man etwas aus dem Kerbholz hatte, so dass man lieber keinen Namen in öffentlichen Gebäuden ließ, so gab es doch auch in der Szene genügend 'Ärzte', die sich gerne bestechen ließen, so dass man richtig versorgt werden konnte. Cole wusste nicht, ob er misstrauisch oder sauer sein sollte. Und er wusste auch nicht so recht, wie er darauf reagieren sollte. Würde er Simon dafür umlegen, womit er prinzipiell keine Probleme hatte, außer dass er dann für eine Frau mit zwei Kindern würde aufkommen müssen, dann wäre damit niemandem geholfen und er hätte noch Arbeit damit. Klar, der Typ war ihm keine Hilfe, aber er war treu, bedingungslos treu, auch wenn er noch nicht wusste, weshalb. Und welche Genugtuung sollte Antonin dann von ihm fordern? Wollte er Geld? Eine Rente für eine zurückgelassene Frau? Cole beschloss abzuwarten und Antonin direkt zu fragen, wenn er ihn sah. Und so entschied er an einem Abend, bei Antonin vorbei zu fahren. Cole war ehrlich überrascht, als er sah, dass jener dort nicht mehr wohnte. Und es stimmte ihn ärgerlich. Hatte jener kalte Füße bekommen? Warum war er untergetaucht? Hatte er anderen Dreck am Stecken? Oder war es womöglich wegen ihm? Weil er in sein Haus eingedrungen war? Ihn dort bedroht hatte? Cole hoffte, dass es Letzteres war, denn dann würde er es verstehen können. Etwas genervt rief er Ragnar an, er solle mit Antonin ein Treffen vereinbaren, möglichst noch in dieser Woche und ausschließlich auf Coles Einzugsgebiet. Ob es im Lady-Dream oder irgendwo anders in dem Stadtteil war, den er sein eigen nannte, war ihm dann egal. Cole war misstrauisch geworden. Und das Treffen würde ihm nun beweisen müssen, dass sein Misstrauen unbegründet war. Antonin Antonin betrachtete Zähneknirschend sein Handy und warf es dann achtlos auf die Couch bevor er zum Kühlschrank ging und sich einen Orangensaft herausholte. Ein Treffen mit Cole? Er hatte Lukes Abgang doch mehr als verdeckt. Schließlich war ihm mehr als bewusst, was davon abhing. Neuer Name, gefärbte Haare, ein neues Auto und mit diesem hatte er ihn sogar bis nach Kanada kutschieren lassen, um keine Spuren zu legen. Dazu noch die Leichenverbrennung und die Urne die nun etwas geschmacklos in Jakes Haus stand. Nein... das konnte es nicht sein. Was also trieb dieses Raubtier auf zwei Beinen dann aus seiner Höhle zu einem Treffen mit ihm? Hatte er sich Ragnar gegenüber nicht ausgesprochen höflich verhalten? Stirnrunzelnd war er dennoch auf das ganze eingegangen und würde Cole am nächsten Abend im Lady-Dream treffen. Zuerst hatte es ihn gejuckt auf den Hafen zu bestehen, oder sonst wo, wo es notfalls einfach nur Antonin gegen Cole heißen würde. Aber schlussendlich war das seiner Meinung nach zu offensichtlich. Es roch geradezu nach der Angst, die immer in ihm schlief. Genau wie alles andere, das dort noch vergraben war. Und es waren jene Dinge, die er nicht beachten wollte, die Cole aber in den verfickt wenigen Treffen so zielsicher herausholen konnte. Verflucht sei dieser Bastard! Am nächsten Abend fuhr er sogar noch viel schlechter gelaunt vor das Lady-Dream und lehnte den Kopf dann eine Weile gegen den Lenker. Der heutige Tag war eine einzige Katastrophe wenn es nach ihm ging. Die erhofften Ergebnisse waren nun leider nicht so gut ausgefallen. Nein, tatsächlich waren sie miserabel und Antonin wünschte sich inzwischen nichts mehr als ein Häuschen mit einem Labor und jeder Menge Zeit und 'Zutaten'. Er würde CI-4 knacken und wenn es das letzte wäre, das er tat. Diese verschissene Droge würde ihm zu allem verhelfen, was er erst einmal ersehnte, nur um dann weiter seinen Weg gehen zu können. Wenn es um chemische Bestandteile ging, konnte ihm so schnell niemand etwas vormachen und er würde - ja verdammt, er ganz alleine! - eine Droge entwickeln, die niemand so schnell ablösen könnte. Ganz davon abgesehen, dass man sie ihm nicht einfach 'nachbrauen' konnte. Was er mit einem komplizierten Verfahren auch jetzt schon zu verhindern wusste. Schließlich aufseufzend, richtete er sich wieder gerade und stieg aus. Zeit, den Löwen in der Höhle zu besuchen.. Ragnar Ragnar wartete bereits auf das Eintreffen von Antonin und trat ihm entgegen, als dieser die Türsteher passierte. "Hi", erklärte er lächelnd. "Ich hoffe deine Woche war gut." In seinen Worten war pure Ehrlichkeit zu hören, nichts anderes. "Cole braucht noch kurz. Lass uns erst mal was trinken." Sie gingen beide zur Bar und Ragnar bestellte sich etwas und ließ auch Antonin einen Wunsch aussprechen, woraufhin der Barkeeper unter die Theke griff, um die Wünsche zu erfüllen. Hier bekam man das Beste vom Besten, wenn man einen Namen hatte. Ansonsten war hier alles genauso wie in jedem anderen Club auch. Ragnar sprach Antonin nicht auf die Droge an. Cole würde später sagen, was zu klären wäre. Und es dauerte auch nicht lang, bis Ragnar sah, dass ein paar Typen aus dem hinteren Bereich raus kamen, und schließlich den Club verließen. "Komm", teilte er Antonin mit, und führte ihn in jenes Hinterzimmer, das eigentlich dem Chef vorbehalten war, aber mehr und mehr zu Coles Dreh- und Angelpunkt wurde. Bevor man es betreten konnte, ging es an zwei Bodyguards vorbei durch zwei Türen, wobei die letztere eine Sicherheitstür war. Der Chef hatte vorgesorgt. Cole Die ganze Woche war sehr anstrengend gewesen. Ein wirklich großer Deal lag vor ihm, der Einiges an seiner Position in der Stadt verändern könnte. Gleichzeitig hatte er aber das Gefühl, irgendwo eine Lücke im System zu haben. Irgendetwas, das nicht ganz rund lief, irgendein kleiner Widerstand, schwarzer Fleck.. Aber Cole sah ihn nicht genau, als dass er das ändern konnte. Und das machte ihn wahnsinnig. Er hasste es, wenn er das Gefühl hatte, nicht alles in der Hand zu haben. Zumindest konnte er das Drogengeschäft zunächst in Ragnars Hände legen. Dass Ragnar gerade jetzt aus Europa zurückgekehrt war, war absolutes Glück gewesen, denn die kumpelhafte Art des anderen stellte sich in dem Geschäft nicht als Nachteil, sondern viel mehr als Vorteil heraus, denn dadurch wurden die Leute unvorsichtig im Umgang und so konnten sie einige schwarze Schafe aus der Herde verbannen, die die Ernsthaftigkeit ihrer Arbeit offensichtlich nicht genug gesehen hatten. In der letzten Zeit hatte sich in der Drogenszene wirklich Einiges verändert. Und es würde sich noch viel mehr verändern, wenn endlich dieses CI-4 auf dem Markt wäre. Doch offenbar musste man da jemandem mal in den Hintern treten. Cole saß auf seinem Schreibtisch mit einem Glas Whiskey in der Hand und blickte auf, als Ragnar und Antonin eintraten. Dann stand er auf, musterte den Chemiker. "Wir müssen ein paar Unklarheiten beseitigen." Er deutete Antonin einen Sessel und setzte sich selbst hinter den Schreibtisch, den anderen nicht aus den Augen lassend. Antonin wirkte wieder angespannt, oder bildete er sich das nur ein? Irgendwie bekam er bei ihm immer das Gefühl eines lauernden Löwen, der einem jederzeit ans Genick springen könnte, um einem dieses zu brechen. Und in Coles Augen strömte er eine Unruhe aus, die ihn selbst ein wenig berührte. "Erstmals hat mich der Testbericht etwas erstaunt. Das schwächere Zeug hat Nebenwirkungen, die wir nicht tragen können, selbst wenn der Wirkstoff nicht mehr nachzuweisen ist. Wie lange wirst du brauchen, um das beheben zu können?" Seine kühlen Augen ruhten auf dem anderen, ohne jegliche Emotion auszustrahlen. Er wollte eine unverfälschte Reaktion des anderen haben, denn nur so konnte er sehen, was er zwischen den Zeilen lesen würde können. "Weißt du, wir können kein Zeug unter die Leute bringen, das denen schneller als alle anderen Drogen den Tod vor Augen führt. Das funktioniert nicht. Auch wenn die saubere Version genial ist und sich großer Beliebtheit erfreut, so brauchen wir ein Massenprodukt, das unsere Kunden dennoch am Leben hält. Alles andere geht einfach nicht." Er legte den Kopf leicht schief. "Erklär mir also bitte, was du gedenkst zu tun, um dieses kleine Problem aus der Welt zu schaffen." Antonin Sein seichtes Lächeln war wieder an Ort und Stelle als er auf Ragnar traf. Ja, mit jenem Kerl konnte er zusammenarbeiten, dessen Art ließ ihn nicht alle paar Sekunden die Wände hochgehen wollen. Auch wenn Antonin irgendwo bewusst war, dass genau das Ragnars große Stärke zu sein schien. Aber das war kein Problem, wenn dann eine angenehme Zugabe. "Hey, das kommt drauf an wie man gut definieren möchte", antwortete er und ließ sich mit an die Theke nehmen. Den blöden Blick als er sich Wasser ohne Sprudel mit Eiswürfel bestellte überging er gekonnt. Seit dieser Geschichte mit Don war er Alkohol so gut als möglich aus dem Weg gegangen. Seine Arbeit brauchte einen freien Kopf und er hatte vor, diese heute Abend noch fort zu setzen. Das Glas in der Hand belassend folgte er Ragnar schließlich, vorbei an den Bodyguards und durch eine Sicherheitstür. Was die Frage aufbrachte, wie hoch Cole eigentlich tatsächlich in der Hackordnung stand. War er hier wirklich derjenige mit dem allerletzten Wort? Was wollte er dann noch von ihm direkt? Im Grunde genommen war er dafür noch ein zu kleiner Fisch. Und noch vielmehr wünschte er sich, dass es tatsächlich so wäre als der Typ direkt bei ihrem Eintreten aufstand und ihm so freundliche Worte der Begrüßung an den Kopf warf. Antonin zog es vor zu schweigen und sich wie gewünscht einfach zu setzen. Nebenbei auf Ragnars Schritte achtend, wo genau der Kerl sich hinter ihm befand. Eine Situation, genauso wie er sie eigentlich nicht haben wollte. Er schnaubte leise und trank abermals von seinem Wasser, Cole nicht aus den Augen lassend. Aber immerhin, entweder lag es an dessen Augen oder an Antonins Weglassen von Hochprozentigem, da kroch momentan noch nichts von den bekannten Gefühlen seine Wirbelsäule hoch. Das wiederum war ausgesprochen gut. Man musste einfach immer nur die positiven Dinge in einer scheiß Situation finden, right? Doch dann runzelte er die Stirn. "Wieso das schwächere Zeug? CI-2 ist marktreif aber zu teuer. CI-3 ist komplett ausgetestet, aber nicht das Wahre wenn es um den Kick geht. Die wirklich kritischen Nebenwirkungen hat nur CI-4", er hielt kurz inne und dachte nach. "Womöglich habe ich mich in dem Bericht nicht klar genug ausgedrückt...", meinte er gedehnt, obwohl er der festen Überzeugung war, dass es eben nicht so wäre. Er war gewissenhaft mit seiner Arbeit und konnte sich da kleine Schlampereien leisten. Was war das hier? Ein beschissener Test? Halbwegs frustriert stellte er das Glas auf dem Schreibtisch ab und verzog die Lippen. "Das ist mir alles durchaus klar, schließlich habe ich das Zeug entwickelt, oder etwa nicht?", brummte er ungnädig. "Und wenn ich nicht ständig von einem Treffen zum nächsten hechten müsste, nur um zu erklären, was bereits in den Berichten steht, dann könnte ich jetzt auch gut und gerne weiter daran arbeiten. Was ich auch noch bis vor 30 Minuten getan habe." Oh... seine Klappe funktionierte bei Cole auch noch? Seltsam.. "Tatsächlich aber muss ich meine beschissene Zeit mit beschissenen Einäscherungen rumbringen. Und damit nicht genug: Damit mir nicht ständig uneingeladener Besuch ins Haus fällt und mich in meinem eigenen verfickten Hausflur mit ner Knarre bedrohen kann, musste ich auch noch umziehen! Soll ich Don jetzt auch noch in meinem kleinen Zeitplan erwähnen?", setzte er noch hinten dran. Entweder Cole hatte Ragnar unter Kontrolle oder eben nicht. "Ich habe damals gesagt, dass das Zeug unfertig ist und lasse mir daraus keinen Strick drehen, wenn eure interne Kommunikation nicht zu funktionieren scheint. Wie ich also denke das Problem zu lösen? Da fällt mir auf Anhieb das Zauberwort Ruhe ein. Das ist verdammt nochmal kein Koks, das man einfach irgendwie zusammenpanscht, sondern scheisskomplizierte Arbeit." Er verschränkte die Arme abwehrend und wartete auf die Reaktion. Vielleicht würde Cole ihm diesmal nicht neben sondern in den Kopf schießen, aber wirklich was erwartete dieser Kerl? Antonin war ja selbst deutlich frustrierter und angepisster mit CI-4 als Cole das jemals sein könnte und dann stellte sich diese Raubkatze in Menschenhaut hin und wollte ihm sagen wie unzufrieden er wäre? Ha! Ein großes, lautes. HA! Zudem jedes seiner Worte seinen Frust nur zu deutlich heraushören ließ, etwas, das er nach so einem Tag kaum noch unterdrücken konnte. Er war auch nur ein Mensch und seine schauspielerischen Fähigkeiten schienen leider im Zusammenhang mit Wodka zu stehen. Und nur ganz am Rande fragte er sich, was Ragnar nun wohl für ein Bild von ihm hätte, mit diesem war er schließlich ganz anders umgegangen. Andererseits war man ihm da auch auf anderer Ebene begegnet, mit einer Art und Weise auf die Antonin auch antworten konnte. Während Cole über das eindrucksvolle Talent zu verfügen schien ihn von halbwegs entspannt zu nahe an der Klippe in weniger als zwei Sekunden zu bringen. Was war nur los mit diesem Kerl? Was irritierte ihn so furchtbar? Gnah! Am liebsten hätte Antonin sich trotz der Situation die Haare gerauft und sich selbst zu ein wenig mehr Professionalität ermahnt. Cole Coles Lippen zierte ein kaltes Lächeln. Antonin schien offenbar der Typ Mensch zu sein, der sagte, was er dachte, auch wenn es ihn Kopf und Kragen kosten könnte. Interessant. Aber offenbar wusste dieser auch einfach gar nicht einzuschätzen, in welcher Situation er sich befand. Offenbar war ihm gar nichts wirklich bewusst. Zeit ihm ein wenig mehr Klarheit zu verschaffen? Vielleicht... Und dann sprach er auch noch das zweite Thema des heutigen Abends an. Coles Miene verdüsterte sich zusehends, ein unwilliger Funke leuchte in seinen Augen auf. Er hörte zu, aber mit jedem Wort des anderen rührte sich mehr und mehr der Wunsch, jenen einfach zu verabschieden. Kurz fing er Ragnars Blick ein, der die Augenbrauen gehoben hatte und den Kopf leicht schüttelte. Cole atmete tief durch. "Antonin", begann er dann und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, um die Haare aus seinem Gesicht zu streichen. "Antonin, du machst mich wahnsinnig." Wieder erschien ein kühles Lächeln auf seinen Lippen. "Und ehrlich gesagt weiß ich grad gar nicht, weshalb Ragnar dich nicht verabschieden will." Cole trank einen Schluck Whiskey und lehnte sich nachdenklich in seinem Sessel zurück. Die Abwehrhaltung die Antonin eingenommen hatte, indem er die Hände vor der Brust verschränkt hatte, sprach Bände, auch die Intonation. Das war eigentlich das Schöne an den Menschen, die so ungestüm waren, und erst handelten, bevor sie das Denken anfingen. Man konnte sie leicht lesen... "Uns ist durchaus bewusst, dass du Zeit brauchst und 'Ruhe'. Ich bin schon lange genug in dem Geschäft, dass ich das weiß." Er blickte den anderen musternd an, während er noch immer Zeit schindete, damit der in ihm aufgekeimte Drang, hier nicht weiter zu machen, langsam aber sicher zurückging. "Wir haben nicht vor dir einen Strick daraus zu drehen, dass es noch etwas dauert, bis CI-4 auf den Markt kann. Es geht mir einzig darum, dass wir wissen müssen, ab wann wir damit rechnen können, dass wir ein Produkt haben, das mehr als brauchbar ist. Denn wie du selbst so treffend beschrieben hast, ist CI-2 auf Dauer zu teuer. Es ist fantastisch, um die Kunden einzustimmen, aber wie mit jedem Produkt, das neu und teuer auf den Markt kommt, braucht die breite Masse etwas adäquates, das nicht mehr ganz so teuer ist. Wir brauchen CI-4, und zwar ohne dass uns jeder zweite deswegen hops geht." Er seufzte. "Und da du offenbar keine Ahnung hast, wo du mit deiner Droge gelandet bist, solltest du wissen, dass es hier nicht nur um ein paar Clubs geht, um ein paar Diskos, wo dein Zeug vertickert wird, sondern es geht in der ganzen Stadt und mittlerweile auch in Chicago und in LA auf den Markt." Coles Blick wurde ernst. "Begreifst du endlich, dass du es nicht mit irgendwelchen Vorortidioten zu tun hast, sondern das Ganze etwas globaler gesehen werden sollte? Dass du durch uns die Chance hast, in ganz Amerika dein Zeug abzusetzen?" Er sprach bedächtig und langsam, als dächte er, Antonin sei nicht ganz hell in der Birne. "Entschuldige, wenn ich dir jetzt zu nahe trete, aber ich hatte gedacht du hättest mehr drauf, du wärst klüger. Ich dachte du bist nicht nur gefrustet, sondern würdest Probleme, die bei jeder Produktion auftreten, etwas ... nun sagen wir 'professioneller' lösen." Er hob die Augenbrauen und sah den anderen herausfordernd an. Er wusste, dass er gerade einen Löwen piesackte, aber er hoffte darauf, dass er nur den Ehrgeiz des anderen ankratzte, damit es nun doch etwas schneller voranging. Wenn Antonin deswegen nun aussteigen würde, so könnte Cole sich immer noch überlegen, ob er ihm das Genick brach, oder nochmal auf ihn zuging. "Ich würde also vorschlagen, dass du in Ruhe weiterarbeitest und dich ran hältst. Schau, wir wollen CI-4, das du uns liefern kannst, und du willst Geld, das wir dir zur Verfügung stellen. Eigentlich sollte das Ganze dann doch nur noch eine Frage der Zeit sein, die aber bitte so kurz wie möglich ist! Und da du von Ruhe gesprochen hast, hast du mich auch schon auf das zweite Thema gebracht, das wir besprechen müssen." Er griff zum Telefonhörer und tippte eine Zahlenkombination. "Schick mir Simon", befahl er und legte wieder auf. Wenig später trat der Gerufene ängstlich ein. "Du hast dich nun schon wiederholt über den Verlust deines Freundes geäußert. Nun, hier hast du den, der dafür verantwortlich ist. Wie Ragnar mir berichtete, seist du für eine Entschädigung. Nur ich frage mich, wie du dir das vorstellst." Cole stand auf und zog seine Waffe. Simons Augen weiteten sich angsterfüllt. "Weißt du, du hast Geld bekommen, einen ordentlichen Betrag. Dennoch beschwerst du dich heute schon wieder darüber. Was möchtest du? Wie soll die Vergeltung, die du offenbar forderst aussehen?" Wieder blickte er den anderen herausfordernd an und trat auf Simon zu. Dann hob er unvermittelt die Waffe, ein Colt, und richtete sie auf Simon. "Soll ich ihn umlegen? Was soll ich deiner Meinung tun, damit du zufriedener bist?" Neben ihm sackte Simon etwas in sich zusammen und begann zu wimmern, betete von seiner Familie, seinen zwei Kindern. "Wie bitte, verrat mir das, soll ich dir in diesem Punkt Befriedigung verschaffen? Denn was das andere Problem und dein Frust diesbezüglich betrifft, da kann ich dir nicht helfen, aber offenbar forderst du, dass ich dir hierbei helfe..." Antonin Schon als er seinen Namen aus Cole's Mund hörte, war eigentlich alles klar. Er hatte es schon wieder übertrieben. Gott verfluchte Scheiße nochmal! Aber er machte Cole wahnsinnig? Na, wenn das mal nicht ein wenig ironisch war, wusste Antonin auch nicht mehr weiter. Aber er war sich sicher: In einem wahnsinnigkeitsmachendem Wettbewerb würde Cole ihn um Längen schlagen! Um Längen! Weshalb Ragnar ihn nicht verabschieden wollte? Nun Antonin würde da schon der ein oder andere Gedankengang dazu einfallen, aber es war wohl geschickter momentan die Klappe zu halten. Zwar war diesmal noch nicht geschossen worden, aber man sollte sein Glück ja nicht übermäßig auf die Probe stellen. Schon lange im Geschäft? Er musterte Cole diesmal mit ein bisschen mehr Abstand - oder zumindest versuchte er es. Wie alt war der Typ? 26? 27? Naja, wenn man hier aufgewachsen war, kam man da wohl kaum drum rum. Antonin selbst kannte seine alte Jugendgang, aber hatte sich schnell aus diesen Kreisen herausbegeben. Nur um jetzt mit einem Kopfsprung wieder hinein zu springen. Ole, ole. Er hörte dem anderen noch eine Weile zu, bevor er seine Haltung aufgab und dann tatsächlich eine Hand hob um sich einmal durch die Haare zu fahren. Zeit für eine 180 Grad Drehung. Und darin war er gut... meistens. "Ok, ok. Die Nachricht kam an und mir ist schon irgendwie klar, dass es gerade der denkbar ungünstigste Zeitpunkt und vor allem Ort ist um meinen eigenen Frust loszuwerden. Es tut mir leid, ok? Auch wenn ich weiß, dass gerade jene Worte hier sowieso meist erst dann ausgesprochen werden, wenn man die Knarre am Kopf hat... Ich nehme auch den Rüffel mit der Professionalität hin und gelobe Besserung", er hielt den Blickkontakt, schließlich war er niemand der sich durch Worte und Gesten kleiner machte als es sein musste. Auch wenn es ihn unsagbar wurmte wie Cole gerade mit ihm sprach und er seine Zähne arg zusammenbeißen musste, um nicht wieder mit einem Kommentar auszuholen. Irgendwann würde er den Kerl mal in einer dunklen Gasse ganz alleine treffen... ah so Fantasien waren schon etwas Schönes. Zudem ihm das gar nichts bringen würde, außer noch mehr Ärger. Vermutlich nicht mal Befriedigung, denn solche Leute mit Gewalt von sich zu überzeugen, war nicht Antonins Stil. Zudem da gerade andere Worte interessanter waren. Die Drogen über die Stadt hinaus? Wusste der Kerl was er da verlangte? Er alleine könnte niemals solche Mengen herstellen und seine - wenn sie denn mal fertig wäre - Rezeptur rausgeben? Never ever! Nope... nicht in diesem Leben. Aber auch dazu hielt er erstmal fein die Fresse. Lieber nochmal in Ruhe drüber nachdenken.. Als das Gespräch zu Luke kam, hielt Antonin alle Muskeln so entspannt wie nur eben möglich. Da zuckte kein Lid und auch sonstige Gesichtsregungen änderten sich nicht großartig. Wenn er jetzt auch nur nach Angst riechen würde, wäre das ganze hier trotz der vielversprechenden Droge vorbei. So sah er gelassen dabei zu wie jener Simon hereingerufen wurde und Cole die Waffe zog. An dem ganzen interessierte ihn die Waffe momentan mehr als der Rest. War das die gleiche mit der er bedroht worden war? Schickes Teil, durchaus. Könnte er sich auch mal überlegen. Als das Gespräch dann aufs Geld kam, hob er eine Augenbraue. "Umlegen?", echote er kopfschüttelnd. "Davon hätte ich ja nunmal gar nichts. Ich will seine Handynummer", äußerte er gelassen. Tatsächlich fehlte ihm mit Luke jemand für die Besorgungen bestimmter Dinge. Das konnte er nun wirklich nicht auch noch auf den Zeitplan setzen. "Und so an die fünf Stunden seiner Zeit in der Woche." Cole Gut, Cole blickte zufrieden und ließ die Waffe sinken. Offenbar war Antonin zwar vorlaut und eilig mit seinen Worten, aber immerhin schien er zu wissen, wann es genug war. Er hätte Simon nie erschossen. Dafür war er ihm viel zu treu ergeben und Simon wusste das eigentlich. Dennoch nahm sich Cole vor, nachher diese Situation mit Simon zu klären. Hätte Antonin wirklich von ihm „Genugtuung“ gefordert, h#tte dieser daran glauben müssen. "Prima", murmelte er übertrieben höflich und ließ seine Waffe wieder sinken. Cole streckte sich leicht. "Dann hätten wir ja alles geklärt." Simon, dem der Schweiß auf der Stirn stand, bekreuzigte sich, während Cole wieder zu seinem Schreibtisch ging und seinen Whiskey nahm, um einen Schluck zu trinken. Kurz überlegte er, dann wandte er sich wieder Antonin zu. "Du bekommst ihn so oft du ihn brauchst", erklärte er und sah in das unbewegte Gesicht des anderen. Da war sie wieder, die Professionalität, die er brauchte, das kühle, undurchschaubare, das er selbst ausstrahlte. Er hatte das geschätzt an jenem Abend, als sie den zweiten Bürgermeister aus dem Weg geräumt hatten. Und jetzt hatte er es wieder gesehen, dass jener dazu in der Lage war. Er konnte es einfach nicht leiden, wenn man die Emotionen anderer in allen Worten, jeder Bewegung, jedem Blick sehen konnte. Er hatte es früh gelernt, dass es nichts brachte, dass man dann nur Ärger bekam. Vielleicht konnte aus dem Kerl doch noch ein akzeptabler Geschäftspartner werden. Mal sehen. Er griff nach einem Zettel und schrieb die Handynummer des Handlangers auf, reichte sie Antonin. "Simon du wirst tun, was er von dir verlangt, außer es verstößt gegen deine Moral, von der du ja nicht viel besitzt." Er machte eine Bewegung mit dem Kopf, die Simon nur nicken und den Raum verlassen ließ. "Ich denke wir sind uns soweit einig. Du hältst uns auf dem Laufenden, was die Entwicklung betrifft und auch abschätzen kannst, wie lange es noch dauert, bis CI-4 fertig ist." In diesem Moment läutete sein Handy, kurz blickte er aufs Display, dann ging er ran. Er grüßte nie, dann seine Handynummer hatten ohnehin nur die wichtigsten Leute um ihn herum. Er lauschte, dann warf er Antonin einen Blick zu. "Ist gut, ich komm und bring jemanden mit." Dann legte er wieder auf. "Eigentlich wollte ich dich gehen lassen, aber ich befürchte ich brauche dich heute Abend nochmal. Du darfst mir auch eine Rechnung schreiben für deine Dienste." Er blickte Ragnar an. "Es war Xander, die Russen scheinen Probleme zu machen und schmutziges Zeug verkaufen zu wollen. Bleib du hier und halt die Stellung. Ich kümmer mich darum." Dann drehte er sich wieder zu Antonin. "Komm mit. In ner Stunde bist du wieder hier. Ich brauche nur deine Sprache und deine chemischen Kenntnisse." Antonin Er griff sich den Zettel und steckte ihn unbeachtet in die Innentasche seines schwarzen, halblangen Mantels. Was sollte dieses rumgestrecke jetzt wieder? Ah.. egal er würde sich nicht anmerken lassen wie sehr ihn diese 'kleinen' Machtdemonstrationen auf den Sack gingen! Das entschied er zumindest mit dem rationalen Teil seines Gehirns, der eher emotionale wollte über den Tisch springen und Cole würgen bis er blau anlief. Und das wo er gerade beschlossen hatte nicht mit Gewalt von sich zu überzeugen. Was war er nur für ein Fähnchen im Wind? Er nickte zu Coles Worten um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Über die Entwicklungen würde er Ragnar so oder so Berichte abliefern. Das gehörte einfach mit dazu wenn man Verträge abschloss. Doch als dann das Telefon klingelte und Cole ihm einen Blick zuwarf, da war es wieder: Dieses eine ganz miese Gefühl, das in letzter Zeit immer nur im Zusammenhang mit dem Typen aufzutauchen schien. Antonin nahm es inzwischen als böses Omen und schien auch diesmal wieder recht damit zu behalten. Eine Rechnung für seine Dienste? Wollte der Typ jetzt auch noch den ersten Bürgermeister umlegen? Ja, Antonin wusste durchaus, wen Cole da abgeknallt hatte und in Hinblick auf dessen Kaltschnäuzigkeit war ja auch seine eigene Lebensversicherung bei seinem Rechtsverdreher hinterlegt worden. Doch als er hörte, um was es ging, zog er unheilvoll seine Augenbrauen zusammen. Russen. Na, wer wollte raten was schlimmer als eine Stunde mit Cola wäre? Richtig, viele Stunden mit Cole PLUS ein paar Russen. Antonin hasste Russen. Und er hasste es, dass seine eigenen Waffen im Zusammenhang mit der anderen Hälfte seiner Herkunft immer so furchtbar locker saßen. Er hasste russisches Temperament und er hasste die Russische Sprache. Und überhaupt, woher wollte Cole eigentlich wissen, dass er russisch sprach, hä? Nur weil er hin und wieder in Russisch fluchte vielleicht? Aber verdammte Axt.. natürlich sprach er es. Sich das tiefe Seufzen verkneifend erhob er sich und griff langsam nach seiner Desert Eagle. Ganz offensichtlich so, dass es nicht wie ein geplanter Angriff oder nach ähnlicher Konfrontation aussehen würde. Er ließ das Magazin herausgleiten und überprüfte es kurz bevor er es wieder hineinschob und das gute Stück wieder sicher verstaute. Von seiner Magnum wusste er, dass sie voll geladen war, jene benutzte er nur wenn es wirklich sein musste. Und wieder wünschte er sich eine Zigarette. Er müsste beizeiten Mal herausfinden, ob es in Gegenwart von Cole eine gute Idee wäre zu rauchen. Zudem ein ganz, ganz anderer Teil seines Gehirns langsam aber sicher wieder in Betrieb ging. Zumindest bezeichnete Antonin das Geschehen ganz gern so. Er würde schon wieder einem direkten Befehl von Cole ungefragte Folge leisten, richtig? Über kurz oder lang müsste er sich ehrliche Gedanken darüber machen, denn wenn das so weiterging, hätte er ein Problem. Ein ziemlich großes Problem. "Rechnung?", brummte er dann. "Mir würde es schon reichen wenn das nicht wieder so wie letztes Mal endet." Kapitel 6: Unerwartete Situationen - schlechte Positionen --------------------------------------------------------- Cole Cole war zufrieden. Offenbar war Antonin mit seiner Behandlung nicht unzufrieden. Er hatte es oft gehabt, dass Leute sich ungerecht behandelt gefühlt haben, nur weil Cole ihnen Tatsachen auf den Tisch legte, und deshalb zu einer Zusammenarbeit nicht mehr fähig gewesen sind. "Das wird es nicht", erklärte er bereitwillig und lächelte kurz. Schweigend ging er aus dem Raum, nachdem er sich noch einen Revolver aus dem Schreibtisch genommen hatte, dann verließ er mit Antonin den Club. In seinem Auto erklärte er, um was es ging. So teilte er Antonin mit, dass einer seiner Unterhändler gerade begonnen hatte, mit Russen zusammen zu arbeiten. Diese hielten erstens trotz Anzahlung alle Beteiligten ein wenig länger hin als üblich, und nun schienen sie auch noch schlechte Ware zu liefern. Letztlich ging es nur darum, ihnen klar zu machen, dass sie so nicht weiter zusammen arbeiten würden. "Am liebsten wäre es mir, wenn du erstmal nicht offenbarst, dass du Russisch verstehst. Diese Typen scheinen nämlich untereinander nur Russisch zu reden, wodurch mein Unterhändler natürlich Probleme hat. Und du solltest dir das Zeug mal ansehen, ob du erkennst, was sie da reingepanscht haben..." Cole seufzte leise. Xander war neu dabei, er sollte sich bewähren und hat sich offenbar einen zu großen Fisch geangelt, mit dem er nicht fertig werden konnte. Der Dunkelblonde schwieg einen Moment. "Sag, Antonin, was würdest du tun, wenn du das Gefühl hast, dass einer deiner Partner nicht ehrlich zu dir ist und damit dein Leben in Gefahr bringt", fragte er unvermittelt ohne Antonin anzusehen. "Würdest du ihm eine Falle stellen, um herauszufinden, was er vorhat, oder würdest du ihn zu Rede stellen? Oder würdest du kurzen Prozess machen? Und was würdest du tun, wenn egal was du tust, dein Leben dennoch auf Messers Schneide stehen würde?" Cole wusste nicht, weshalb er eine solche Frage an den anderen richtete, aber er erklärte es sich damit, dass jener einfach noch zu wenig in seinem Umfeld agierte, dass er letztlich noch fremd war, aber dennoch in Coles Augen vertrauenswürdig erschien. Ja, irgendwie vertraute er dem Hitzkopf. Antonin Er nahm Cole's Worte so hin und hoffte, dass es auch wirklich nicht wieder auf irgendwelche Schusswechsel hinauslaufen würde. Einseitig oder nicht. Nach so etwas hatte er keinen Kopf mehr für seine Forschungen, sondern nur noch den Drang soviel zu saufen wie nur reinpasste. Und das war eine Menge. Er folgte Cole zu dem bereits bekannten Wagen und ließ sich ein weiteres Mal in die gemütlichen Polster sinken. Wirklich, das war etwas an das er sich gewöhnen könnte. Ein wenig Luxus hier und da schadete einem doch wirklich nicht, oder? Wie auch beim ersten Mal fuhr Cole zuerst eine Weile schweigend bevor er ihm langsam Informationen hinwarf. Doch diesmal grinste er nur schief. "Kein Problem", gab er in akzentfreiem Englisch zurück. "Je weniger Russisch ich sprechen muss, desto besser ist meine Laune. Aber mach dir nicht zu große Hoffnungen, dass sich das mit dem Panschen so schnell vor Ort feststellen lässt. Ich probier das Zeug nicht", er hielt kurz inne und sah den vorbeiziehenden Lichtern zu. "Auch nicht wenn du mich dafür abknallst. Das ist kein Versuch gegen gesetzte Dominanz vorzugehen, sondern meine Einstellung", setzte er erklärend hinzu. Er wollte nicht schon wieder direkt Stress mit Cole. Ihm war er halbwegs berechenbar lieber. "Aber prüfen lässt sich das so oder so auf alle Fälle." Das gesagt war er mehr oder minder erstaunt als er Cole's Fragen hörte. Hatte das jetzt mit Luke zu tun? Aber vermutlich nicht, sonst würde der andere ja nicht von Messers Schneide sprechen. Seltsamerweise wüsste er auf Anhieb eine Antwort, aber die war ihm nicht recht. Ganz und gar nicht und vermutlich würde Cole das Ganze auch falsch auffassen. Um etwas Zeit zum Nachdenken heraus zu schinden, kramte er seine Zigaretten hervor und fragte, ob das hier in Ordnung wäre. Scheinbar war es, denn Cole wollte nur selbst eine angezündet haben. Kein Problem, wirklich überhaupt nicht. Auch wenn ihm da gerade wieder das lustige Sätzlein des anderen über mein und dein in den Sinn kam. Etwas das ihn ganz kurz zum Grinsen brachte, als er jenem eine anzündete und hinhielt, bevor er sich selbst das gleiche gönnte und tief inhalierte bevor er den Rauch zufrieden brummend wieder ausstieß. "Also... rein hypothetisch...", fing er schließlich an. "Kommt es immer darauf an, wie hoch dein Partner steht. Im Endeffekt macht das Ganze aber auch nur dein letzter Satz kompliziert", murmelte er, seinen eigenen Gedankengängen laut folgend. Das Szenario langsam vor ihm aufbauend und alles aus verschiedenen Winkeln betrachtend. "Es kann schon mal niemand über dir sein, solche stellt man in diesem Geschäft nicht zur Rede. Also ist es im schlimmsten Fall ein Gleichgestellter oder die hochgelobte rechte Hand. Letzteres wäre ärgerlicher, da man da ja doch eine Art persönliche Bindung aufbaut, auch wenn das natürlich alle abstreiten", abermals gönnte er sich einen tiefen Zug und sah danach dem Rauch eine Weile fasziniert zu wie er sich wieder im Wagen verteilte. Doch dann seufzte er. "Ach scheiß drauf... du brauchst entweder deine rechte Hand, die diesen Partner auskundschaftet, oder einen … ah wie nennt man das auf Englisch… Bluthund. Direkte Konfrontation endet normalerweise sowieso im Streit und Blut oder in vielen Lügen, die das Ganze nur noch komplizierter machen und den Partner vorsichtiger agieren lassen. Ich wäre also in jedem Fall für die Falle. Auch wenn man dafür natürlich eine gewisse Kompetenz, wie die einer rechten Hand oder eben Bluthundes braucht - besonders wenn das eigene Leben da mitspielt." Antonin sah Cole dabei nicht an. Nicht einmal einen Seitenblick. Er wusste nicht genau wo er Cole's Fragen einordnen sollte und vertraute seinen eigenen Augen gerade im Moment nicht besonders. Daher war die Straße oder das Seitenfenster die eindeutig bessere Möglichkeit sich bedeckt zu halten. Cole Antonin mochte es nicht, Russisch sprechen zu müssen? Cole saugte gerne dergleichen Informationen über seine 'Partner' auf und er hatte ein gutes Gedächtnis für Details. Und da war noch ein Detail, das er aufsog: 'Auch nicht wenn du mich dafür abknallst.' Hatte er den anderen tatsächlich so beeindruckt? Vorhin schon hatte er mit innerem Erstaunen festgestellte, dass Antonin tatsächlich wegen seines Hausbesuchs umgezogen war. Hatte er so große Angst vor ihm? Dann ließ er es sich relativ wenig anmerken... Dass der andere keine Drogen probierte, ehrte ihn. Cole hatte mittlerweile auch Abstand von ihnen genommen, war ohnehin nie abhängig gewesen. Das war es ein Bonuspunkt, den er dem anderen gutschreiben musste. "Es reicht, wenn du ein Urteil abgibst und dabei sehr überzeugend aussiehst." Cole lächelte kurz. In seinem Geschäft war das meiste Show. Nur zu gerne nahm er auch eine Zigarette und stellte fest, dass er nur dann rauchte, wenn ihm eine angeboten wurde, oder jemand in seiner Nähe sich eine anzündete. Cole hatte selten in seinem Leben selbst eine Packung gekauft. Nur einmal hatte er eine Phase gehabt, in der er sehr viel geraucht hatte. Aber diese Zeit war zum Glück nun vorbei. Er lauschte den Ausführungen des anderen. Ein Bluthund. Hm.. vielleicht war das eine Lösung. Doch er sagte nichts zu dem Gesagten, nahm es schweigend zur Kenntnis und hielt schließlich vor einem Club namens 'Pregreschenie' (Sünde). Der Türsteher ließ sie vorbei und einer begleitete sie ins Hinterzimmer. Bereits als er eintrat merkte Cole die angespannte Stimmung und mit einem Mal hatte er das Gefühl, dass er Antonin lieber nicht mitgenommen hätte. Etwas hier gefiel ihm gar nicht, und ob er dem anderen das Versprechen erfüllen könnte, dass es nicht so ausging, wie beim letzten Mal, konnte er nun nicht mehr beschwören. Er blickte Xander an, dessen Unwohlsein er deutlich spüren konnte. Dann blickte er die beiden Russen an, die vor einem Koffer voll Stoff standen. Auch neben der Tür stand einer, die Waffe bereits in der Hand. "Wo liegt das Problem?", kam er in seiner typischen Art gleich zur Sache. "Chole, mein Frreund", begann der eine Russe mit russischem Akzent, und trat auf den Angesprochenen zu. Cole blieb ungerührt. "Dein chjunger Mann hier behauptet, wir chätten zu wenig und schlechten Stoff für ihn geliefert. Aber du weißt, dass wir uns an Abmachungen chalt..." Cole fiel dem Russen ins Wort, indem er unwillig die Hand hob. "Ihr habt euch noch nie an Abmachungen gehalten also komm mir nicht auf die Tour. Seit fast einem Monat warten wir auf das Zeug und Gnade dir Gott oder woran auch immer du glauben magst, dass mein Freund hier gleich nicht bestätigt, dass der Stoff Scheiße ist." Seine Miene hatte sich verfinster. Er hasste es, wenn man ihn 'Freund' nannte. Und er hasste Lügen. Er nickte Antonin zu und verschaffte sich noch einmal einen Überblick über den Raum. "Гомосексуалист имеет плохой день" (Der Schwule hat einen schlechten Tag) Der Russe trat zur Seite und machte eine ausladende Bewegung zum Koffer. "Bitte schön, chüberzeugt euch selbst, dass das guter Stoff ist." Dann trat der schmierige Typ einen Schritt zurück. Cole nickte Xander zu, er solle zu ihm kommen, was dieser tat. "Geh ins Auto und hol den Koffer mit dem Geld erklärte er und drückte diesem einen Schlüssel in die Hand. „Ist gut", erklärte dieser, der genau wusste, was sein Chef wollte. Die Wache an der Tür schien einen Moment zu zögern, ließ Xander dann aber doch gehen. "Наконец, по-видимому кое-что предшествует. Они, конечно, не замечают, что ткань плоха."(Anscheinend geht endlich etwas voran. Die merken sicher nicht, dass das Zeug schlecht ist.) Cole beobachtete Antonin. Er hoffte inständig, dass jener ein wenig Zeit schindete, damit Cole einen guten Augenblick bekam, in dem er sie beide hier rausholen konnte. Antonin Cole schien nichts mehr zu der Sache sagen zu wollen und das war Antonin ehrlich gesagt gerade sehr recht. Das mit der Schauspielerei würde er schon hinbekommen. Bisschen dumm gucken und an weißem Zeug rumschnüffeln bekam man auf der Straße quasi in die Wiege gelegt. So folgte er Cole schließlich an einem typischen Türsteher vorbei in ein ebenso typisches Hinterzimmer. Allerdings war er sich nicht so sicher ob die Stimmung hier auch eine typische war. Dieser Xander hatte sich gerade nicht so perfekt unter Kontrolle wie es schien, denn dessen Mimik war eindeutig nicht gestellt. Und sah er da kleine Schweisstropfen auf der Stirn oder bildete er sich das jetzt aus Gehässigkeit ein? Und dann fiel sein Blick auf seine 'Landesmänner' und er fühlte sich schon wieder an billige Filme erinnert. Drei Stück, davon einer bereits mit gezogener Waffe und momentan standen sie selbst in denkbar ungünstiger Position. Na toll. Wo hatte Cole ihn nun wieder mit hin gekommen? Wenn es nicht der zweite Bürgermeister war, war es eine Schießerei in einem billigen Hinterzimmer? Antonin wusste nicht so recht ob das jetzt ein Auf oder Abstieg auf seiner Karriereleiter darstellte. Dem Gespräch nur lange genug folgend, damit er sich den Stoff schnappen und damit zur Seite an einen kleineren Tisch treten konnte - er würde sich doch wirklich nicht als Zielscheibe mitten in den Raum stellen -, vertiefte er sich augenscheinlich ganz in sinnlosem Herumtasten und Schnüffeln. Bitte! Da würde ja seine streng katholische Mutter sogar noch sofort erkennen, dass dieses Zeug einfach nur super Scheiße war. Sogar zu Schade für die Klospülung. Doch er ließ sich nichts anmerken, beobachtete aus den Augenwinkeln wie Xander den Raum verließ. Damit gäbe es einen Zeugen weniger für seine eigenen Fähigkeiten, was schonmal ein guter Schachzug war. Er hielt ein neutrales "Hm... mhh"- Lächeln auf den Lippen und nickte hin und wieder, ganz so als ob er mit dem Stoff hochzufrieden wäre, während er sich seltsam über den Koffer beugte. Der Typ an der Tür gehörte als erstes ausgeschaltet, denn die anderen müssten erst zu ihren Knarren greifen. Das wäre kein Problem, philosophierte er während er nach seiner Magnum griff. An die Eagle kam er in dieser Position leider ein wenig schlecht heran ohne irgendwelche Aufmerksamkeit zu erzielen. "Was schnüffelt der Hurenbock da so lange herum?", fragte eben sein neuestes Ziel und Antonin hörte nur noch am Rande, wie der andere daraufhin wies, dass der dümmlich aussehende Motherfucker ja immerhin zufrieden schien. Antonin räusperte sich kurz und richtete sich wieder auf, die Magnum zwischen Wand und seinem Körper versteckend. Allerdings war ihm der 'dümmliche Mutherfucker' Gesichtsausdruck aus eben selbigen gefallen und er sah den Typen mit der offen getragenen Waffe nur kalt an bevor sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. "Der Motherfucker wird dir jetzt dein kleines Lebenslicht auspusten", verkündete er noch freudestrahlend auf Russisch, hob die Magnum und drückte ab. Ein glatter Kopfschuss wie er zufrieden bemerkte und sich dann herumwarf und dabei nach seiner Eagle griff. Jetzt blieben nur zwei Dinge zu hoffen: Erstens, dass Cole schnell genug bei seinem Räuspern geschaltet hätte, auch wenn nix dergleichen ausgemacht gewesen war und zweitens, dass er das hier überleben würde - während der Schießerei und auch danach. Aber irgendwie glaubte er nicht daran das Cole ihm deswegen so böse wäre... hoffentlich. Cole Cole war konzentriert. Konzentriert darauf, was die drei Männer um sie herum taten, konzentriert darauf, wo Antonin stand, wie er sich bewegte. Offenbar hatte jener sich aus einer Intuition heraus schon aus dem Zentrum des Zimmers verzogen, etwas, das Cole nicht tun konnte. Aber dass Antonin nicht mehr im Mittelpunkt des Zimmers stand, beruhigte ihn. Er spürte, wie in ihm wieder dieses Gefühl von Gleichgültigkeit aufkam, wie jedes Mal, wenn er wusste, dass es eng werden würde. Es war ihm egal, ob er drauf ging, schlichtweg egal. Nicht aber, ob er unschuldige hineinzog, und Antonin hatte wirklich nichts hiermit zu tun. Doch dann sah er eine Bewegung des anderen, ein Räuspern und seinen 'Partner' sich aufrichten und mit einem Mal war ihm klar, dass jener genauso verstanden hatte, was hier geschah. Und auch er schaltete nun schnell. Antonin hatte sich zu demjenigen gedreht, der an der Tür stand. Weise, denn der war der einzige, mit schussbereiter Waffe. Dann ging alles ganz schnell: Mit geübter Bewegung hatte Cole seine Waffe in der Hand und keine Sekunde später, sackte der Russe, der vorher das Reden übernommen hatte, zusammen. Cole duckte sich in einem Reflex weg, spürte aber einen Streifschuss am Arm, drehte sich noch in der Bewegung und verabreichte dem Schützen zwei Kugeln, auch wenn dieser auch schon von Antonin getroffen worden war. Ohne nachzudenken hechtete Cole einen Stuhl ergreifend zur Tür und verriegelte diese mit Hilfe der Stuhllehne. Dann blickte er sich um, nahm den Geldkoffer, den Xander mitgebracht hatte, ging zum Fenster und öffnete es. Er blickte hinunter. "Ist nicht sehr tief...", murmelte er zum anderen, schwang sich auf das Fensterbrett und sprang, sich abrollend. Kaum hatte er festgestellt, dass Antonin ihm gefolgt war, rannte er zum Auto. Antonin Manchmal bekam Antonin das Gefühl in Zeitlupe zu sehen, zu hören und zu riechen. So auch in dem Moment als er das Geräusch von zerschossener Kleidung hörte das nicht zum Abfeuern seiner Kugel passte und zu knapp nach Coles Schuss gewesen war. Was nur bedeuten konnte, dass einer der Russen tatsächlich getroffen hatte, eine Tatsache, die ihn tatsächlich rot sehen und ohne zu zielen auf den fremden Bastard einschießen ließ. Wenn auch nur einmal, denn dann hatte Cole das selbst erledigt, etwas das Antonin kurz sauer aufstieß und es war jener Moment als er begriff, dass er für den Abend wirklich gefickt war. Aber noch kontrollierte er seinen Atem, sah relativ emotionslos dabei zu wie sein neuer Boss die Tür versperrte und ihm mitteilte, dass es kein sehr hoher Sprung wäre. Also folgte er jenem schnell, auch wenn er sich beim Abrollen etwas ungeschickt anstellte und sich einen Schmerzenslaut verkniff. Scheiß Schulter! Aber in dieser Scheiße war er nie gut gewesen. Kapitel 7: Von Mann zu Mann --------------------------- Cole Keine Sekunde zu früh fuhren sie los, als sie auch schon hinter sich Schüsse hörten. "Gnade ihnen Gott, wenn sie mein Auto treffen...", knurrte er düster und brauste davon. Einen Moment hielt er die Luft an, denn erst jetzt nahm er wieder wahr, was in ihm geschah. Herzrasen, Schmerzen aber vor allem Adrenalin. Einige Zeit schwieg er, um sich wieder beruhigen zu können, wieder zu seiner unnahbaren Kühle zurückkehrend, dann blickte er Antonin an. "Entschuldige, dass ich dich da mit reingezogen habe. Ich habe die Situation vorher nicht richtig eingeschätzt." Kurz überlegte er, ob er Xander nachher lynchen sollte, denn letztlich hatte er ihnen das alles eingebrockt. "Du warst ziemlich gut", sprach er dann weiter. "Ziemlich sehr gut sogar. Meine Hochachtung." Er sprach selten Lob aus, aber hier war es tatsächlich angebracht. "Soll ich dich zum Lady-Dream zurückbringen? Oder…“ Er zögerte einen Moment. „Mir geht es nach solchen Aktionen immer so, dass ich mich abreagieren muss, und das mache ich beim Tanzen. Wie sieht's aus? Lust auf einen Club?" Antonin Ins Auto hechtend, ignorierte er Cole's Gelaber über eben jenes und warf einen genaueren Blick - so gut das eben ging - auf dessen Wunde. Streifschuss, huh? Und dann konnte er irgendwie losgelöst von sich selbst miterleben wie sie beide verschiedene Wandlungen durchmachten. Während der andere von Minute zu Minute ruhiger wurde, trat bei ihm das zu erwartende Gegenteil ein. Oh... eine Entschuldigung und ein Lob. Davon konnte er sich jetzt auch nichts mehr kaufen! Seinen Blick vom anderen losreißend biss er sich erstmal fest in seinen Handrücken, um genügend Druck und Schmerz aufzubauen um eine Hyperventilierung zu verhindern. Dennoch ging sein Atem schnell und ruckhaft. Zeit das woanders los zu werden! Er ruckte mit den Kopf herum und stierte Cole an: "Cole, mal so von Mann zu Mann, ja?", fing er recht abgehackt und mit selbst für ihn erstaunlichen Akzent an. "Also.. danach bist du wieder mein absolut unerreichbarer Boss und ich der kleine, miese Chemiker, ok?", murmelte er wartete jedoch nicht auf eine Antwort. "Und so von Mann zu Mann, Cole, muss ich dir sagen, dass du mich ebenfalls wahnsinnig machst, ok? Du machst mich so wahnsinnig, dass ich alle fünf Minuten die Decke hochgehen möchte!" Antonin musste selbst nach so wenigen Worten kurz eine Pause machen um seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Weißt du wie sich das Ganze eigentlich vor meinen Augen abspielt, huh? Das erste Mal, treffen wir uns als du mir erst eine Knarre an den Kopf und dann an die Kehle setzt, um mir einen Vortrag über dein und mein zu halten. Eine Tatsache, die mich immer noch so unglaublich irritiert! Denkst du vielleicht inzwischen noch immer, dass ich es mir von Hinz und Kunz gefallen lasse, in meinem Haus bedroht zu werden, huh? Jedem anderen hätte ich zumindest versucht die Fresse zu polieren. Und das ist nur der erste Irritationspunkt", einmal angefangen konnte er nicht umhin weiterzusprechen. Da war zu viel Adrenalin in seinen Adern, zu viel Schock und viel zu wenig Alkohol. "Dann stehe ich nichtsahnend an einer Bar, werde einkassiert und zum Mord an du-weißt-schon-wem mitgenommen. Warum verflucht?!", murrte er mehr zu sich selbst und hangelte nach einer Kippe. Eine, die er Cole ungefragt hinhielt, bevor er sich eine eigene nahm. Seine Stimme war nicht besonders laut, es war nicht seine Intuition Cole anzuschreien. Er wollte die Scheiße aus seinem System und danach nichts mehr damit zu tun haben. "Danach gibst du mir aus unerfindlichen Gründen quasi den Mordauftrag an Don mit der vaaaagen Option mich hochzuarbeiten. Warum? Gibt‘s irgendwo ne schlaue Akte über mich, die erzählt ich will irgendwo hochkommen? Ob es irgendeinem dieser schlauen Aktenersteller wohl mal in den Sinn kam, mich zu fragen, was ich eigentlich will? Nein! Und auch du bist einfach von Dingen ausgegangen!", er inhalierte tief und beobachtete sich seine eigene Hand dabei, wie sich zwischen zitternd und total ruhig schwankte. "Trotzdem hab ich es erledigt... und Cole wir sehen uns hier und heute erst zum dritten beschissenen Mal und ich fühle mich ein klein wenig verarscht. Könnten wir uns vielleicht darauf einigen, dass du mich nie, nie wieder anlächelst und behauptest eine Situation würde nicht schon wieder darauf hinauslaufen?!", diesmal war Antonins Stimme etwas lauter geworden und der Akzent wurde langsam wieder normal. "Weil... wie du verflucht nochmal weißt - hätte ich nicht wirklich mitkommen müssen. Ja, du hast mir nen verfickten Befehl gegeben, aber wir wissen beide, dass ich ein verfluchter Chemiker bin. Ich hätte Nein sagen können und du hättest es zähneknirschend akzeptiert, weil du weißt das du früher oder später gute Ware von mir bekommst." Er zog abermals an seiner Zigarette und warf Cole einen Seitenblick zu. "Aus irgendwelche Gründen hatte ich genug Vertrauen zu dir - woher auch immer - ein weiteres Mal in dein Auto zu steigen und jetzt sieh dir die Scheiße an! Selbst ein verfickter Kloputzer aus eurer Organisation hätte ein bisschen weniger Unvorsicht und mehr geistige und moralische Vorbereitung gut vertragen können in so einer Situation. Also können wir uns BITTE darauf einigen, dass du demnächst einfach sagst: 'Antonin, halt die Fresse und sei auf alles vorbereitet!' Oder vielleicht: 'Ich habe keine Ahnung, aber geh vom Schlimmsten aus'. Das kann nicht zuviel verlangt sein! Und dann decke ich dir deinen Rücken ja auch ohne zu murren, das ist schließlich was ich gelernt habe - ok?!" Er öffnete das Fenster ein Stück und warf die Kippe aus dem Fenster. "So.. jetzt bist du wieder mein hohes Bosstier und ich wieder .. keine Ahnung, der Chemiker. Und ich werde mir weitere Ausbrüche dieser Art verkneifen und fände einen Club ausgezeichnet, wenn es dort genügend Wodka gibt, um diese Scheiße wieder aus meinem System zu bekommen.", er hielt kurz inne. "Und genügend Zeug, um deine Wunde zu säubern und ansatzweise zu verbinden." Cole Cole musste lächeln, als Antonin begann. Er der unerreichbare Boss? Er der kleine Chemie-Panscher? Er machte ihn wahnsinnig? Na zum Glück war er zumindest nicht Hinz und Kunz... Die Fragen nach einem warum, die dann folgten, ließen ihn wieder realisieren, was er schon vermutet hatte, dass Antonin zwar durchaus über ein gewisses Erfahrungspotenzial verfügte, aber eigentlich noch nicht wirklich hinter die Tür geschaut hat, in die er seine Zehenspitze gestreckt hatte. Dankbar nahm er die Zigarette. Eine interessante Geste in diesem ja doch sehr vorwurfsvollen Gespräch. Cole amüsierte sich kurz über den Gedanken, dass er gerade von Antonin verbal geohrfeigt wurde, dennoch aber einen indirekten Kuss von ihm erhielt. Aber er sollte weiter zuhören. Und so schwieg er, saugte weitere interessante Details auf, die er in den Karton mit der Aufschrift 'Antonin' steckte. Schließlich schien der andere offenbar zuende gesprochen zu haben, und Cole blickte ihn kurz an. "Fertig?", fragte er ein wenig müde. Dann zog er noch einmal an seiner Zigarette, inhalierte tief und schnippte sie dann aus dem Fenster, langsam den Rauch auspustend. "Erstens", begann er langsam und blickte auf die Straße. "Ich habe dich bedroht, weil ich leider aufgrund der Situation davon ausgehen musste, dass du kein kleiner Fisch, sondern etwas Größeres bist, wenn du dich an meinem Hafen mit Geschäften herumtreibst. Ganz offensichtlich kennst du dich in der Branche aber weniger aus, als ich vermutet hatte, was ich damals aber nicht wissen konnte. Zweitens, hast du mit Don Geschäfte machen wollen, also konnte ich davon ausgehen, dass du indirekt mit ihm zusammenarbeiten wolltest, auch wenn dir das nicht bewusst war. Aber jeder, der mit Don zusammengearbeitet hatte, wurde von mir erstmal eingehender gemustert. Nur bei dir bot es sich an, zu schauen, welche Art von Typ du warst, also hab ich dich kurzentschlossen mitgenommen. Und um ehrlich zu sein, hast du die Prüfung mit sehr gut bestanden, denn sonst säßest du nicht hier. Dass du nie nach oben wolltest, kann ich dir nicht glauben, wenn du solche Drogen entwickelst. Dann musst du mir erklären, weshalb du es sonst tust. Drittens, tut mir das heute wirklich leid. Allerdings glaube ich, dass du wissen solltest, dass du in meiner Gegenwart immer vom Schlimmsten ausgehen musst. Für die Zukunft könnte das ganz hilfreich sein. Es ehrt mich, dass du mir vertraust, aber ich muss dich warnen. Es ist nie einfach in meiner Gegenwart. Dafür wollen mir zu viele Leute an den Arsch und mich unter der Erde sehen. Aber ich hoffe, dass ich dich einfach nie wieder bemühen muss. Viertens, bin ich niemals ein 'hohes Bosstier', denn ich bin irgendwann einfach weg und austauschbar. Ich habe nur eine Position, in der ich ein wenig koordinieren muss, weil sonst nichts läuft. Und du bist auch nicht der 'kleine' Chemiker, sondern du bist du, wie ich ich bin. Und dieses du ist in meinen Augen jemand, der zielstrebig ist und weiß was er will. Und allein damit bist du mindestens schon auf der gleichen Stufe wie ich. Fünftens: Irgendwann musst du mir erklären, weshalb du von dir als 'nur Chemiker' sprichst und gleichzeitig erklärst, dass du ausgebildet wurdest, mir den Rücken decken zu können. Ich muss nämlich sagen, dass ich deine Aktion heute ziemlich genial fand. Und zu guter Letzt: Ich mag solche Ausbrüche. Ich hasse nichts mehr, als Unehrlichkeit, und du bist immer ehrlich." Antonin Er ließ Coles Worte auf sich einprasseln und versuchte sie irgendwie, irgendwo einzuordnen. Wirklich, wer sollte bei dem Kerl noch durchblicken? Zuerst bekam er quasi eines mit dem Baseballschläger übergebraten, weil er sich nicht an die 'du Chef-ich Nix' Nummer hielt und dann bekam er gesagt das jener seine Ausbrüche mochte? Mann, ein Handbuch für dieses Geschäft hier wäre nicht das übelste. Cole Cole bremste ab und parkte ein. Dann stieg er aus, trat an den Kofferraum und holte etwas zum Desinfizieren heraus. "Das ist nur ein Kratzer", erklärte er, zog kurzerhand seine Jacke und das Hemd aus, leise fluchend, weil die Jacke im Eimer war, und machte sich daran die Wunde am Arm zu desinfizieren. Sie hatte bereits schon aufgehört zu bluten. Er hatte verdammtes Glück gehabt. Etwas weiter links und er stünde jetzt nicht mehr hier. Schließlich kramte er im Kofferraum und zog sich ein neues Hemd drüber, ein dunkelrotes, figurbetontes Hemd. Er wuschelte sich durch die Haare und überlegte kurz, dann ließ er eine der Waffen im Auto zurück. Antonin Er stieg zusammen mit Cole aus und beobachtete wie dieser sich versorgte. "Ich sagte vertraute. Das ist im allgemeinen Sprachgebrauch eine Vergangenheitsform", brummte er schließlich verdrießlich. Wobei er mehr darüber verärgert war das ihm das rausgerutscht war. Wie scheinbar noch so das ein oder andere Detail, das dieser sich auch perfekt rausgepickt hatte. "Und erklären muss ich gar nichts. Was in meiner Vergangenheit liegt, hat nichts damit zu tun was wir momentan für einen Deal haben." Antonin verschränkte die Arme vor der Brust nur um sie gleich darauf wieder zu lösen und an sich herunter zu sehen. Grundsätzlich konnte er so wohl in den Club gehen. Vorausgesetzt er hatte keine Blutspritzer irgendwo, aber er vermutete Cole würde ihm das dann schon gegebenenfalls mitteilen. Dazu dass er immer ehrlich wäre, sagte er auch mal besser nichts. Er seufzte und strich sich durch seine Haare um sie wenigstens halbwegs in irgendeine Form zu bekommen und beobachtete wie Cole eine seiner Waffen zurückließ. Etwas das Antonin vielleicht auch getan hätte, aber nicht in den Klamotten, die er momentan trug. Er hatte nur ein kurzärmliges Hemd unter der Jacke und damit war es sowieso ausgeschlossen jenes auszuziehen. Sollte Cole tanzen bis er nen Drehwurm bekam, ihm würde die Theke und der Wodka reichen. Kapitel 8: Regeln und Prinzipien - oder: Wie man sich begehrt macht ------------------------------------------------------------------- Cole "Komm, der Club ist gleich um die Ecke", teilte Cole seinen Plan mit und ging in die Richtung. "Dort gibt es genügend Wodka, keine Sorge." Spätestens als sie unten waren, und sich nur Männer dort aufhielten, könnte Antonin erkennen, dass es ein Gay-Club war. Aber jener hatte ja nichts von Frauen gesagt, also sollte er sich nicht aufregen. Zielstrebig ging er zur Bar, ließ sich einen Gin Tonic geben und bestellte einen Wodka für seinen Begleiter. Antonin Er nickte auf Coles Worte hin und folgte ihm bis in den Club hinein. Wo er sich fragte, warum genau dieser ihn in eine Schwulenkneipe brachte. Auch wenn es ihm im Grund genommen egal war, Weiber brachten es grad eh nicht und seine nächste dringende Verabredung war die Bar. Wohin er sich zusammen mit seinem 'Partner' gesellte und das Glas auch ergriff, kaum dass der Barkeeper seine Finger davon genommen hatte. Er roch nur kurz daran, um sich einzustimmen und kippte das Ding mit jahrelangem Training hinunter. Die Augen kurz schließend und sich an die Theke lehnend genoss er das altbekannte Brennen und visualisierte dabei leider aus Versehen nochmal das vorher erlebte. Und dabei blieb das Blut nicht aus. Etwas, das ihn die Augen wieder aufreißen, sich herumdrehen ließ, um dem Barkeeper mit wenigen Gesten verstehen zu geben dass er ihm mal besser die ganze Flasche ranschippern sollte. Was jener auch nur nach kurzem Zögern tat und als der ihm einschenken wollte, wank Antonin ihn ungeduldig weg und übernahm das selbst. Genau zwei Fingerbreit. Doch bevor er auch jenes Glas hochnahm wandte er seinen Blick zu Cole. "Wo ich hinwill? Ich sag dir wo ich hinwill Cole. In ein Labor. In ein schickes, gemütliches Hightech Labor mit eingebautem Soundsystem, wo oben drüber ein noch schickeres kleines Häuschen mitten in nem Wald steht. Ich will selbst entscheiden, was ich da entwickle und wem ich es gebe. In diesem Labor gibt es keine Typen, die mich über den Haufen schießen wollen oder die ich über den Haufen schießen muss. Da gibt es nur mich und meine Entscheidungen. Was an meine Tür klopft, das will was von mir und nicht umgekehrt. Das ist mein ganzes, bescheidenes Ziel. Prost!", damit hob er sein Glas nun doch und leerte es abermals in einem Zug. Cole Während er das Glas vor ihm ansah, rekapitulierte Cole ihr Gespräch von draußen. Vielleicht war es besser, wenn Antonin ihm nicht vertraute. Das könnte unter Umständen bedeuten, dass dieser länger lebte. Wie oft hatte er es schon erlebt, dass Menschen, die ihm vertrauten, sterben mussten. Und dass dieser ihm nicht seine Lebensgeschichte erzählen würde, wusste er auch. Aber vielleicht würde es doch irgendwann eine Gelegenheit dafür geben, diese zu erfahren. Mal sehen... Cole trank seinen Drink im Gegensatz zu Antonin langsam, genüsslich und er konnte dem anderen nur einen zweifelnden Blick zu werfen, als dieser sein zweites Glas runterstürzte. Ob es Antonins Art war, mit solchen Extremsituationen umzugehen? Vielleicht. Coles war es, einen Quickie zu schieben, oder zu seiner Katze nach Hause zu gehen. Heute war ihm eher nach ersterem. Seine Augen blickten sich im Raum um, musterten die Männer einschätzend, wie leicht sie zu haben wären. Doch als Antonin ihn wieder ansprach, wandte er sich diesem wieder zu. "Eine interessante Vorstellung", kommentierte er die Worte des anderen und dachte einen Moment darüber nach. Auch er hatte einmal gehofft, dass er irgendwann seine Ruhe haben könnte, irgendwann einmal. Aber je mehr er zur rechten Hand des Chefs wurde, desto weiter rückte diese Hoffnung weg. Andererseits hatte man ihm keine Wahl gelassen. Er hatte Verpflichtungen auferlegt bekommen, aus denen er sich nicht so schnell würde zurückziehen können. Und als er es doch einmal getan hatte, hatte er zu spüren bekommen, wie der Chef dazu stand... Cole hatte den Blick gesenkt und blickte abwesend auf das Glas in seiner Hand. "Hey Cole", wurde er mit einem Mal angesprochen und er blickte überrascht auf. "Du hättest dich ruhig melden können." Warum konnte er eigentlich nie weggehen, ohne irgendwem zu begegnen, der ihm genau das sagte? "Nein, hätte ich nicht", erklärte er unterkühlt und wendete sich einem Mann zu, den er vielleicht schon einmal gesehen haben könnte. Aber sicher war er nicht. "Zieh ab, wenn du nicht was Wichtiges zu sagen hast, ich bin mit meinem Partner hier", knurrte er ruppig und trat einen Schritt näher an Antonin heran. Die Zweideutigkeit seiner Worte war unverkennbar, und er ging davon aus, dass Antonin verstand, wie er es meinte. Der andere hob beschwichtigend die Hände. "Ist ja gut…", murmelte dieser und gesellte sich zu einer Gruppe unweit von ihnen entfernt. Cole sagte nichts zu dieser Begegnung. "Ich geh mal kurz was erledigen...", sagte er und sah Antonin an. "Ich seh ja, dass du beschäftigt bist." Dann verschwand er in einen Nebenraum. Er brauchte jetzt Sex, kurzen heftigen Sex. Danach würde es ihm besser gehen. Und ein Darkroom war genau das richtige dafür. --- Kaum war er verschwunden trat der Typ von eben an Antonin heran. "Auf den würde ich mich nicht einlassen", sagte er zu dem Russen. "Der ist nicht gut für dich und du solltest ihm in keinem Fall vertrauen. Wetten, dass er dich jetzt schon wieder hintergeht?" Wie ein Held, der ein Lamm vor einem Wolf geschützt hatte, blickte er den anderen an. Antonin Holla die Waldfee! Einmal zurückspulen und repeat drücken, bitte. War er gerade von Cole vor diesem Kerl zu dessen neuesten, schwulen Nummer deklariert worden? Er sollte seine Karriereleiter wirklich mal irgendwo auf einem Flipchart festhalten, denn inzwischen war er sich sicher, dass es dort interessante Kurven zu sehen gäbe. Und keine weiblichen. So darüber nachsinnend nickte er nur als Cole sich verdrückte und schenkte sich das nächste Glas ein, bevor der fremde Typ anscheinend beschloss den Samariter spielen zu wollen. Und was für ein Glück für jenen, der Wodka begann bereits zu wirken und Antonin fand seinen Humor für schräge Szenen wieder. So hob er den Kopf weit genug um den Typen zu mustern. Helle grüne Augen, einen frechen dunklen Haarschnitt und das Gesicht war keines, bei dem man das Gefühl bekam reinschlagen zu müssen. Na, dann konnten die Spiele doch beginnen. "Warum sollte er nicht gut für mich sein?", fragte er und bat den anderen mit einer einladenden Geste neben sich, auf Coles verlassenen Platz. Das war jetzt allemal besser als hier sinnlos mit seinem Wodka rum zu sitzen. Jener nahm die Einladung lächelnd an und lehnte sich verschwörerisch zu ihm herüber. Weit genug um ein Aftershave der eher aufdringlichen Sorte in die Nase zu bekommen. Aber gut, wer die Wahl zwischen Blutgeruch und Aftershave hat, wird immer Zweiteres nehmen. "Der ist nur für schnelle, einmalige Nummern zu haben. Hatte er dich einmal in der Kiste wars das. Auf Nimmerwiedersehen", erzählte ihm Mr. Aftershave und Antonin konnte das dunkle, belustigte Lachen nicht verhindern. Er richtete sich weit genug auf um sich dem anderen ebenfalls ein Stückchen näher zu beugen und murmelte leise: "Na dann bin ich wohl so ein richtiger Bringer, schließlich reicht meine Rechnung mit Cole schon ein Stück über die Eins hinaus. Ja, sogar noch über die Zwei,", bevor er frech zwinkerte und sich wieder aufrichtete. "Wie heißt du eigentlich?" "Ben", gab der andere etwas perplex wirkend zurück, ehe jener die Arme verschränkte und den Kopf schüttelte. "Aber ich glaube dir nicht. Warum sollte er denn dann nach hinten verschwinden?" "Das, mein Freund Ben", setzte Antonin an und goss sich abermals nach, wobei er diesmal jedoch nur an seinem Getränk nippte, "ist eine ausgezeichnete Frage. Eine, die ich mir selbst schon gestellt habe. Und ich bin sogar zu einer Antwort gekommen." Er selbst gab sich innerlich eine neun auf einer Skala von eins bis zehn. Vermutlich würde er sich selbst glauben. Ob das auch auf Kerle sexy wirkte, wenn man die Stimme ein wenig dunkler klingen ließ? Zeit zum testen.. "Und die Antwort ist so logisch, wenn man einmal drauf gekommen ist", setzte er noch nach und ein belustigter Funke schlich sich in seine Augen, als er bemerkte wie Ben ihm an den Lippen hing. "Was ist es denn nun?", wollte der wissen und knabberte sich an der Unterlippe rum. Das sollte dann wohl niedlich sein und Beschützerinstinkte wecken, oder wie? Das war ja spannender als jede wissenschaftliche Abhandlung. "Regel Nummer Eins: Man rennt Cole nicht nach. Kapiert? Damit geht jeder Jagdinstinkt flöten. Absolut Tote Hose im Süden", erklärte er mit Grabesstimme und musste sein Glas dann doch ex'en, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Besonders als Ben den Kopf senkte, nickte und etwas von "Ja, das klingt echt logisch", murmelte. "Regel Nummer Zwei: Du musst derjenige sein der danach, egal wie gut es war, eher gelangweilt wirkt. Das kratzt am Ego", setzte Antonin nach und versuchte so nach und nach sein Hirn nach logischen Dingen zu durchwühlen. Und mal ehrlich, wem würde so etwas nicht ans Ego gehen? Keiner wollte nach ner Nummer als der Loser zurückgelassen werden. Abermals nickte Ben und sah ihn an als wäre er der neue David Copperfield. "Und jetzt Benny-boy, die letzte und wichtigste Regel. Passt du gut auf?", fragte Antonin und fühlte sich wie ein Lehrer vor einer Klasse voller Erstklässler während er den Ferienplan vorlas. "Es bringt nichts so zu tun als wärst du gut, du musst gut sein." Er stellte sein Glas auf dem Thresen ab. "Ach was gut, gigantisch wäre das Zauberwort", flötete er und drehte sich kurz weg, um das überbreite Grinsen wenigstens ganz kurz zuzulassen. Sonst bekäme er langsam das Gefühl vor unterdrücktem Lachen zu platzen. Er sollte nach jedem Kill in ne Schwulenkneipe gehen, das war ja quasi der perfekte Ort für ihn. "Wow..", hauchte Ben beeindruckt und Antonin drehte sich ihm wieder zu. "Und darum wird Cole wieder zu dir zurück kommen?" Antonin spürte einen Mundwinkel verdächtig zucken, doch er verkaufte es als nachsichtiges Grinsen. "Und darum wird Cole danach wieder herkommen", bestätigte er. "Aber warum ist es dann für dich in Ordnung wenn er.. du weißt schon." Antonin hob eine Augenbraue und zuckte mit den Schultern. "Ich hab offenbar nen anderen Befriedigungsgrad." Und ganz offensichtlich lief bei ihm eher das Programm Wodka, wo bei Cole sich das Programm Sex zu aktivieren schien. Nun, leben und leben lassen. Aber das Cole schwul war hätte er nicht so auf Anhieb vermutet. Machte ihn ein klein wenig menschlicher, bzw. sympathischer. Antonin hatte diese Erfahrung auch schon hinter sich, auch wenn er sich an diese Situationen eher unklar erinnerte da sie nicht in seinem nüchternsten Zuständen passiert waren. Doch als dieser Ben ihm seine Hand auf den Oberschenkel legte und langsam damit nach oben fuhr, beschloss er, dass dieser Zustand noch nicht erreicht war. Und selbst wenn, der Typ fiel sowas von aus dem Schema. So fiel ihm das Grinsen auch recht kurzfristig aus dem Gesicht. "Nimm deine Pfoten da weg oder ich zeige dir mal worin ich noch gigantisch bin." Cole Entspannend... Sehr entspannend. Cole schloss einen Moment die Augen. Nur einen Moment genießend, um wieder vollkommen runterzufahren. Als der vor ihm Kniende sich von ihm löste und sich wieder aufrichtete und den Ansatz machte ihn zu küssen, warf ihm Cole einen eisigen Blick zu, der diesen zurückschrecken ließ. Er küsste nicht. Niemals. Und schon gar nicht jemanden, der ihm gerade einen geblasen hatte. Und so zog er sich wortlos wieder richtig an, den irritierten und zornigen Blick des anderen ignorierend. "Und ich?", fragte dieser schließlich. "Such dir einen anderen", erwiderte Cole und bahnte sich seinen Weg zurück zu Antonin. Von weitem sah er, wie jener Typ von vorhin offenbar mit ihm redete und seine Miene verdüsterte sich kurz. Als er bei ihnen ankam blickte er den 'Besuch' an. "Solltest du dich nicht vorhin verziehen?", fragte er nachdenklich. "Ist das so schwer?" Ben machte Cole Platz und blickte ihn abschätzend an. "Ich wollte dir nur noch sagen, dass ich kein Interesse daran habe, dir hinterher zu laufen. Der Sex mit dir war ohnehin schlecht. Also lass es dir ja nicht einfallen, mich anzurufen." Ben hob, wie eine Drama-Queen die Nase und wandte sich theatralisch ab. Cole hob die Augenbrauen und wusste einen Moment nicht, ob er lachen sollte. Was hatte den Typen denn geritten? Dachte er, er würde mit solchen Äußerungen ihn dazu bekommen, bei ihm angekrochen zu kommen? Offenbar begriff auch dieser Typ nicht, dass er niemals zweimal jemanden an sich ranließ, und wäre der Sex noch so gut gewesen. Niemals. Und er machte daraus auch keinen Hehl. Er hatte seine Prinzipien. Dann blickte er Antonin an. "Was hast du ihm erzählt?", fragte er und ein amüsiertes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Sicher hat er dich doch vor mir gewarnt, habe ich recht?" Er signalisierte der Bedienung, dass er ein RedBull wollte, was er dann auch bekam. Er durfte nichts mehr trinken, wenn er nachher noch Autofahren wollte. Antonin Antonin hätte es vielleicht noch geschafft nicht loszulachen, als Cole aus dem Nichts wieder dastand und Ben vertrieb. Aber als jener ihm dann diese Worte an den Kopf warf konnte er nicht mehr anders. Er begann zu lachen bis ihm die Tränen kamen und musste sich sogar an der Theke festhalten, damit er nicht einfach von seinem Hocker rutschte. Das war zu gut! Das war einfach zu gut! "Ich kann nicht mehr!", japste er und versuchte zwischendrin fast hysterisch Luft zu holen. "Oh Gott, dein Gesicht.. und sein Gesicht! Ich glaube ich sterbe." Doch schließlich beruhigte er sich wieder und warf Cole ein schiefes Grinsen zu. "Was ich ihm erzählt habe? Nun, nachdem er mich tatsächlich davor gewarnt hat, dass du nur ne schnelle Nummer für Zwischendurch suchst, war ich so freundlich ihm so ein paar Dinge über das männliche Ego zu erzählen. Irgendwie scheint er das auf dich bezogen zu haben. Warum nur?" Besser er erzählte Cole nicht alles, auch wenn dieser gerade durchaus relaxt wirkte. "Ah, aber ich weiß nicht, ob ich so begeistert darüber sein soll, dass du ihn mir jetzt vergrault hast, 'Partner'. Gerade als ich auf meine gigantischen Fähigkeiten eingehen wollte...", schmollte er und musste gleich darauf schon wieder lachen. Das hier war so viel besser als Chaossaufen, warum hatte ihm das vorher nur niemand erzählt? Cole Cole musste mitlachen. Das Lachen des anderen war so ansteckend, auch ohne dass er wusste, worum es ging. Und er spürte, dass das Lachen sehr befreiend war. Einmal hat er gelesen, dass eine Minute Lachen entspannender war als 45 Minuten Joggen. Nun, im Moment konnte er das nachempfinden. Und es war ungewohnt einmal wirklich Lachen zu können. Und Antonin schien ungewohnt locker in seiner Gegenwart zu sein. Offenbar gefiel es ihm hier wirklich gut. Seltsam, normalerweise machten die Heten immer unglaublich viel Stress, wenn sie hier auftauchten und hatten hysterische Angst, jemand könnte sie vernaschen. Schließlich hinterließ es ein Lächeln auf seinen Lippen, was sich irgendwie seltsam anfühlte, aber doch irgendwie nicht ganz unangenehm war. "Das männliche Ego als? tztztz", er erwiderte das Grinsen des anderen. "Das bedeutet also, dass man, um bei einem Mann zu landen, ihm nicht hinterherrennen darf, Desinteresse zeigen muss und ihm auch noch sagen sollte, das er schlecht im Bett ist? Sehr amüsant. Aber tut mir leid mein Lieber, da muss ich dir leider den Professorentitel aberkennen. Offenbar hast du da noch einiges an Erfahrungen zu sammeln, Herr Experte." Er blickte auf die Flasche Wodka des anderen, die sich sichtbar geleert hatte. "Wenn du gehen willst, dann sag Bescheid." Antonin Antonin wank ab und sah ein wenig neugierig gewordener durch den Club, das Wodkaglas ignorierend. "Nur keine falsche Hektik wegen mir, wo ich doch gerade beginne Spaß an der ganzen Geschichte zu haben." Seine Augen huschten von Person zu Person und vermaßen sie im Geiste. Zu groß.. zu klein.. zu aufgetakelt.. zu kindisch.. zu klischéhaft. "Wonach genau sucht man sich nen Kerl aus? Ich meine, fragt man nen heterosexuellen nach dessen Vorlieben bekommt man meist den Busen und den Arsch genannt. Mit viel Glück noch die Augen, aber das hat ihnen dann vermutlich Mutti eingetrichtert. Aber ich schätze dazu müsste man erst mal seine eigenen Vorlieben kennen." Ja, Antonin begann sich für die ganze Sache zu erwärmen auch wenn er keineswegs vorhatte hier irgendwas zu tun was er sich zuhause nicht aus mit der Hand geben könnte, aber wenn er schon mal hier war, könnte er sich ja auch mal umsehen. Oder etwa nicht? Kapitel 9: Das Versuchskaninchen -------------------------------- Cole Nun war es Cole, der kurz lachte. Doch er wurde ernst, als er Antonins nächste Frage hörte. Kritisch blickte er den anderen an. "Nun, das kommt ganz darauf an, worauf du stehst.", sagte er wenig aussagekräftig. Konnte es sein, dass jener wenig Vorurteile gegen Schwule hatte, vielleicht sogar selbst einmal Erfahrungen gesammelt hatte? "Nun, da gibt es den Typ Bodybuilder", begann er nun ausführlicher zu werden, und deutete auf jeweilige passende Beispiele. "Sie stehen unglaublich auf die wahre Männlichkeit und lieben harten, sadomasochistischen Sex. Die männlichen Attribute Kraft und Muskeln scheinen sie besonders anzumachen. Dann haben wir das genaue Gegenteil. Die Mannsweiber, die in ihrer ganzen Art und Weise jeder Frau das Wasser reichen können und diese vielleicht sogar noch übertreffen. Das sind so eher die Kuschelknaben, die gerne am Schwanz anderer lutschen. Dann haben wir die Sorte Schrankschwule. Das sind Jungs wie die da, die gemeinsam in die Schwulendisko gehen, um zu sehen, wie Männer auf sie reagieren, aber größte Angst haben, dass ihnen jemand den Hintern wegvögelt, wenn sie sich bücken müssen. Sie bleiben deshalb immer im Pulk, aber irgendwann traut sich mindestens einer von ihnen auch alleine her. Nun und dann gibt es noch die Transgender, die die sich operieren und dafür sorgen, dass niemand etwas vermisst. Und zuletzt kann man noch die Normalos nennen. Sie sind meistens etwas sensibler als normale Männer sind aber letztlich auch für eine wichtige Sache immer zu haben: Sex. Das ist die nächste Kategorie, in der man unterscheiden kann. Es gibt die Schmuser, das sind vor allem die Mannsweiber, die meisten aber wollen einfach nur guten, unkomplizierten und befriedigenden Sex, den sie eben nur mit einem Mann bekommen können. Man sieht das alles hier zum Glück nicht so eng, gut auch nicht alle, es gibt immer wieder feste Bindungen, es sei ihnen gegönnt, aber wenn nicht, dann ist es in gewisser Weise normal sich über Sex kennenzulernen. Nun ja und um zu entscheiden, worauf man steht, gibt es wiederum Attribute, die einen Mann eben attraktiv machen: Muskeln, breite Schultern, schmale Hüften, ein schöner Nacken, ein markantes Gesicht, der knackige Hintern. Was ich mag, sind klar definierte Bäuche." Kurz schwieg er und musterte Antonin. "Du bist auch kein schlechter Typ. Der Typ 'Unnahbar und mysteriös'. Außerdem hast du interessante, ausdrucksstarke Augen. Ich wette es vergeht keine Minute auf der Tanzfläche, bevor du angetanzt und angeflirtet wirst." Herausfordernd mit einem Funken Schalk in den Augen blickte er den anderen an. Antonin "Woah, woah! Immer langsam mit den jungen Pferden, Cowboy. Du kannst mir nicht ne Million an Infos hinwerfen ohne mich darüber nachdenken zu lassen", lachte er und runzelte dann die Stirn dann leicht. "Also zuerstmal habe ich keinen Professorentitel in Homosexualität gemacht, aber ich persönlich wäre ziemlich am Ego getroffen wenn mir jemand sagen würde, dass ich Scheiße war. Und ich bleibe ein Verfechter des Jagdtriebes. Interessant ist nur, was man nicht haben kann. Nicht für ewig, aber definitv für länger", fasste er zusammen und fummelte sich eine neue Kippe aus seiner Schachtel, die er sich gleich darauf auch genüsslich anzündete. Diesmal bot er Cole keine an, schließlich war er kein Zigarettenautomat. "Und, hast du in deiner kleinen Rede eigentlich ein einziges Klischee ausgelassen? Du hast doch gerade all das runtergebetet was die allgemeine Meinung ist, oder nicht?", grübelte er und versuchte Coles Fingerzeigen nachträglich nochmal zu folgen. "Was bedeuten würde, das Männer, die sich gern fit halten, automatisch auf SM stehen. Wo wir dann auch bei der Schlussfolgerung wären, das sie eigentlich nur andere Bodybuilder haben können, da deine vorher genannten Schmusekatzen und Transen und Co da rausfallen. Und ich dachte immer solche Typen wollen dominieren? Wie kann man nen Schrank dominieren?", er klang so irritiert wie er sich fühlte. "Dann also die Kuschelknaben, die dann im Grunde mit Normalos zusammenfinden oder mit anderen Kuschelknaben, ja? Und nur damit ich das richtig verstehe, diese Schrankschwulen haben also mehr Panik als jeder homophobe Hetero und gehen deshalb nur im Rudel hierher?", er schüttelte halbwegs verzweifelt den Kopf. "Entweder liegts am Alkohol oder das ganze hier ist komplizierter als das Einreichen von Einwanderungspapieren." Doch dann wandte er den Kopf wieder zu Cole und grinste. "Siehst du, mit solchen Attributen kann ich eher was anfangen. Das sind Dinge, nach denen man aussortieren kann, ohne in diese Schubladendenke zu fallen", er zog an seiner Zigarette und hätte sich fast verschluckt als er Cole's letzte Sätze hörte, doch begann dann kopfschüttelnd zu lachen. "Na das übertrumpft doch das Kompliment von dem letzten Kerl, der sich mal an mir probieren wollte. Schöner Stil, die Firma dankt", er neigte den Kopf bevor er aufsah und den Schalk sowie die Herausforderung erkannte. Etwas das ebenfalls etwas in seinen Augen aufblitzen ließ. "Soso, wettest du also? Und wie genau sähe diese Wette aus? Dass ich angetanzt werde? Dass ich begrabscht werde? Dass du die Art von Typ vorher sagen kannst? Was springt da für mich dabei raus? Immerhin wäre das doch im Endeffekt rein zu deiner Belustigung, denn ich sehe so auf Anhieb nichts auf dieser Tanzfläche, von dem ich denke, dass es mir wert oder gewachsen wäre." Cole Amüsiert lauschte Cole den Ausführungen des anderen hinsichtlich des Egos eines Mannes. "Hm..", überlegte er. "Dann ist mir zum einen offenbar noch niemand über den Weg gelaufen, den ich erstens nicht hätte haben können und zweitens dem ich gerne hinterher gestiegen wäre. Und zum anderen habe ich wohl schon einigen am Ego gekratzt. Vielleicht sollte ich ihnen nicht immer die Meinung sagen..." Er grinste schief. Nun ja, letzter Punkt war ihm noch nie gesagt worden, das Verhalten der anderen ließ ihn nicht daran zweifeln, dass er was drauf hatte, aber selbst wenn man ihm sagte, dass er schlecht war, würde ihm das wahrscheinlich nicht viel ausmachen, wenn zumindest er selbst zum Zuge gekommen war. Denn darum ging es ihm, um nicht mehr und nicht weniger: seine eigene Befriedigung. "Moment", legte Cole Einspruch ein. "Sicher habe ich hier Klischees ausgerollt, aber glaube mir, wenn du ein wenig mehr dich hier auskennen würdest, würdest du mir recht geben. Gleich und gleich gesellt sich gerne, genauso wie sich Gegensätze anziehen - oder eben ausziehen, je nachdem, wie man es sieht. Sicher gibt es den ein oder anderen Muskelprotz, der mit einem Mannsweib zusammen ist, oder andere Verbindungen, und es gibt auch Normalos, die es lieber härter wollen, aber generell kann man da schon Gruppierungen erkennen. Die Typen, die dominieren gibt es hier eigentlich seltener... Das ist keine Typische Eigenschaft für Schwule, im SM-bereich kommt es eigentlich immer zu einem Ausgleich. Und es gibt auch die Muskelprotze, die sich gerne dominieren lassen." Cole lachte leicht über die Verzweiflung des anderen. "Ja, es ist kompliziert, aber was im Leben ist schon einfach..." Cole trank aus und stellte seinen Becher wieder auf die Theke. "Keine Sorge, ich habe keinen Gedanken daran, mich an dir zu versuchen." Er lächelte amüsiert. "Hm.." Seine Augen glitten musternd über Antonins Gesicht, seinen Körper. "Ich sage, dass dir ein Normalo mit einem seltsamen Spruch kommt, oder ein Mannsweib dich betatscht, oder ein Schrank sein Hemd vor die entblößt. Wenn nur eines davon eintrifft, dann habe ich einfach nur Recht, wenn nichts dergleichen geschieht, dann darfst du..." - er überlegte kurz. Eigentlich hatte er keine Lust auf große Überraschungen, deshalb wäre es doch vielleicht besser, vorher die Bedingungen zu klären. "Schlag was vor, dann entscheide ich, ob ich den Einsatz adäquat finde. Antonin Antonin schüttelte belustigt den Kopf. "Du gehörst genau zu den Typen denen man rein aus Gehässigkeit mal nen Bauchklatscher gönnen möchte", gab er bekannt und deutete dann auf seine Wodkaflasche. "Du übernimmst meine Rechnung wenn das nicht eintritt, wobei das sowieso sehr human von mir ist, da du nicht nur eine Situation, sondern gleich drei vorher gesagt hast." Antonin erhob sich von seinem Hocker. Doch anstatt sich sofort zu Bewegen blieb er erst einmal stehen und testete seine momentane Verfassung ein wenig aus. Aber obwohl ihm inzwischen ziemlich warm war, schien der Wodka durch die Geschwindigkeit noch nicht seine volle Wirkung erzielt zu haben. Was ihm zum einen noch nicht lallen und zum anderen wohl noch gerade gehen ließ. Sehr schön. Er grinste und griff unter dem Mantel nach hinten, um seine Desert Eagle hervor zu holen und sie mehr oder minder unauffällig in Coles Hände zu drücken. "Das ist meine große Liebe und du solltest besser gut auf mein Baby aufpassen", verkündete er, bevor er sich über seinen Hocker beugend nochmal nachschenkte. Vermutlich war das jetzt doch so eine Art Mut ansaufen, immerhin könnte er die Kerle da schlecht in einer Schwulenbar dumm anmachen, nur weil sie ihn angruben. Die zwei Finger waren schnell geleert und er wandte sich Cole nochmal grinsend zu: "Keine Sorge, huh? Ich bitte dich Cole, bis gerade eben war ich geneigt dich ernst zu nehmen. Aber jetzt schwinge ich meinen mysteriösen Arsch auf die mysteriöse Tanzfläche, auch wenn ich mich ohne mein Baby ziemlich nackt fühle." Er knöpfte den einzigen zugemachten Knopf seines halblangen Mantels auf und gab damit besseren Ausblick auf die gut sitzende Jeans und das dunkle Hemd, bevor er sich auf den Weg zur Tanzfläche machte. Eigentlich tanzte Antonin eher selten und wenn dann nur zu absolut harten Bässen und so wenig Stimme wie möglich, aber wer wollte schon kleinlich sein? Auf dem Weg durch die Kerle fragte er sich, ob es gegen die Abmachung verstoßen würde seinerseits jemanden außerhalb des Musters anzumachen, beschloss dann aber, fair zu spielen. Er hatte nichts außer ein paar Dollern zu verlieren, right? So hielt er kurz inne um sich ein wenig auf die Musik einzustellen, bevor er tatsächlich begann sich zu bewegen. Und er schob es, innerlich breit grinsend auf den Alkohol, dass sich seine Bewegungen aufreizender als sonst anfühlten. You spinn my head right round.. Na wenn das mal nicht zu seinem schon ein wenig benebelten Verstand passte, wusste er auch nicht mehr. Doch aus solchen Gedanken war er schnell herausgerissen als ihn tatsächlich ein Typ antanzte. Cole Seine Stirn legte sich in Falten, als Antonin in Richtung Tanzfläche verschwand. Hatte Antonin seine Worte als Kompliment aufgefasst? Als ein Kompliment mit Weiterleitung? Nun, Antonin würde sich bestimmt keine Sorgen machen müssen. Er fing nie etwas mit Geschäftspartnern an. Noch eine seiner Prinzipien, an die er sich hielt und mit denen er immer gut gefahren war. Cole beobachtete die Tanzeinlage des anderen und ein Lächeln zierte seine Lippen. Er würde morgen sicher Muskelkater haben. Wenn er ehrlich zu sich war, dann hatte er sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt, dass er länger lächeln konnte. Es war eine gute Idee gewesen, hier her zu kommen. Besonders wegen des entspannenden BlowJobs... Antonin machte sich wirklich nicht schlecht auf der Tanzfläche, auch wenn es seltsam war, dass jener seine Jacke nicht ausgezogen hatte. War ihm nicht verdammt warm? Doch dann wurde Coles Gesichtsausdruck mürrischer, denn er musste zusehen, wie so eine Leiche sich an sein Versuchskaninchen heranmachte. Das war so aber nicht abgemacht... Antonin Schwarze Kinnlange Haare und waren das schwarze Kontaktlinsen? Antonin blinzelte perplex, bevor sich ein einladendes Grinsen auf seine Lippen schlich. Den konnte Cole ja wohl kaum als normal werten, oder? War das ein Grufti? Aber liefen die nicht in mehr Leder herum? Der hatte ja auch nur ne verdammt enge Jeans und nen noch enger sitzendes Shirt an. Vielleicht doch nur ne neue Modeerscheinung? Selbige Erscheinung tanzte ihn gerade wirklich äußerst frech an, nahe genug, dass man kaum noch ein Blatt zwischen sie schieben könnte. Etwas das Antonins Grinsen nur noch verbreiterte. Das war so verflucht einfach. Er ließ sich darauf ein, legte seine Hände auf die deutlich zu schmächtig geratene Brust, registrierte das erfreute Aufleuchten im Gesicht des anderen und ließ seinen Körper zum Takt der Musik mehr oder weniger am anderen zuerst langsam nach unten und denn wieder nach oben gleiten. Nichts leichter als sich Sachen bei Frauen abzuschauen. Doch auf das geraunte: "Kommst du mit nach hinten?", gab es nur ein Kopfschütteln als Antwort. Und einen Griff an dessen Kopf, zu dem er sich hinüberbeugte und in das fremde Ohr hauchte: "Sei dankbar für die Show, die du hier kostenlos bekommst, mein Kleiner. Alles andere würde dich gebrochene Finger kosten." Kapitel 10: Vertraue mir nie deine Liebe an ------------------------------------------- Cole Cole zog einen Schein aus seiner Hosentasche und bezahlte sowohl Wodka als auch seine Getränke, dann steckte er die Desert Eagel, die er schon bewundert hatte, in sein zweite Halfter am Rücken -zum Glück hatte er die andere Waffe im Auto gelassen - und machte sich auf den Weg zur Tanzfläche, Antonins Tanzpartner fixierend und auf dem Weg sein Hemd aufknöpfend. Bei den beiden angekommen, sah er wie der Gothler aufblickte und von Antonin scheinbar zurückschreckte. Ein Blick Coles reichte, damit dieser verschwand. Dann trat er auf Antonin zu und raunte ihm ein -"Du hast gewonnen. Der Wodka ist bezahlt." - zu. Sein Blick verriet, wie es ihn wurmte, doch nun begann auch er sich zur Musik zu bewegen. Ein wenig abzappeln (wie er es nannte) würde sicher nicht schaden, den ganzen Frust der Woche einmal zu vergessen. Und es dauerte auch nicht lange, bis zwei Typen ihn antanzten, mit denen er gerne Spielchen trieb. Ein Spiel aus vielsagenden Blicken, flüchtigen Berührungen, bewussten Bewegungen und dennoch einer Aura von Unnahbarkeit, die niemand wagte zu überschreiten, solange er selbst das nicht wollte. Cole kannte sich aus, wusste um seine Stärken. Und er bekam immer was er wollte. Nicht nur im Job... Würde ihm eine Bruchlandung gut tun? Nein. Im Job wäre er tot, hier würde er sich einen anderen suchen. Es gab keine Gefühle in seinem Leben. Eine Bauchlandung in dem Sinne, wie es sich Antonin offenbar für sich wünschte, würde er selbst nie als solche empfinden. Und das würde ihm ein längeres Leben ermöglichen. Ein Grund mehr, niemals etwas an sich, seinen Regeln und Prinzipien zu ändern. Ob er sich noch einen heute aufreißen sollte? Aber wer würde dann Antonin nach Hause bringen? Mal sehen... Antonin Jetzt hatte dieser Sack ihm schon wieder jemanden vertrieben, wo er gerade anfing einen gewissen Kick aus den bewundernden Blicken zu ziehen. Zumindest dachte er, dass sie bewundernd gewesen waren, so sicher konnte man sich mit den Kontaktlinsen ja nicht sein. Aber immerhin war sein Wodka bezahlt, auch wenn er jetzt hier stand wie bestellt und nicht abgeholt. Wie sah das denn aus? Obermacker Cole guckte einmal böse, vertrieb ihm sein Spielzeug und lachte sich selbst dann gleich zwei an?! Böse vor sich hingrummelnd verließ er die Tanzfläche und ließ sich an der Theke ebenfalls ein RedBull geben. Unter normalen Umständen würde er sich jetzt ein Taxi rufen, aber er hatte Cole dummerweise seine Lieblingswaffe gegeben. Andererseits konnte er sich von dem auch nicht einfach so nach Hause fahren lassen, da wäre ja der ganze Umzug umsonst gewesen und sein Auto stand auch noch vor dem Stripclub, da er ja ursprünglich nur von einem kurzen Gespräch ausgegangen war. Einmal ganz abgesehen davon, dass er morgen arbeiten musste. Gnah, wenn man mal anfing realistisch zu denken war der Spaß eigentlich sowieso schon gelaufen. So warf er nur noch einen kurzen Blick auf die Tanzfläche, bevor er die Lokalität kopfschüttelnd verließ. Das Ganze war eindeutig lustig gewesen, aber er würde sich das nicht nochmal geben, nur um ihm das Stück seines Humors wieder von Cole vertreiben zu lassen. Draußen angekommen inhalierte er die frische Luft tief, bevor er sich seinen Mantel wieder mit zwei Knöpfen zuknöpfte und aus der Innentasche sein Handy fummelte. Nur, für ein Taxi müsste er erst einmal feststellen, wo genau er eigentlich war. Leise fluchend sah er sich nach irgendwelchen Straßenschildern und Hausnummern um, bis er endlich eines gefunden hatte. Anderen wäre es vielleicht unangenehm mitten in der Nacht, unter der Woche durch die Straßen zu marschieren aber ihm machte ein bisschen Dunkelheit schon lange keine Angst mehr. Es waren vielmehr die Alpträume, die dort auf ihn warteten. Nacht für Nacht, in einem satten Blutrot. "Aber keine Sorge, Boss. Eines Tages wird dich dein eigener, kleiner Falke erledigen. Verlass dich drauf", murmelte er düster und suchte im Telefonbuch des Handys nach seinem üblichen Taxiunternehmen. Wo er dann auch auf darauf wartete, dass jemand ranging. "Guten Abend, Grombowitsch hier. Ich bräuchte ein Taxi in der Walheiserstreet 189", verkündete er, bedankte sich dann als es ihm bestätigt wurde und lehnte sich gelassen neben den nächsten Laternenmasten. Einzig das mit seiner Knarre wurmte ihn jetzt noch, aber die würde er schon beizeiten wieder bekommen. http://www.youtube.com/watch?v=WDfY5c5j4FQ Cole Stirnrunzelnd blickte Cole Antonin hinterher, als dieser die Tanzfläche verließ, sich dann einen Redbull gönnte und kurz darauf den Club verließ. War er dafür verantwortlich, dass jener mit einem Mal schlechte Laune hatte? Was bitte ging denn nun in dem Typen nur vor? Cole begriff es nicht. Nun ja, zumindest hatte jener den Spaß mitgemacht. Ob ihm der Grufti zu weit gegangen war? Ob ihn die Situation hier doch nicht so gefiel, wie es den Anschein gehabt hatte? Warum war jener mit einem Mal wieder so ernst, sah so nachdenklich und verschlossen aus? Eben schien er doch eine Menge Spaß gehabt zu haben. Und es wäre sicher keine Minute vergangen, dass ein anderer mit ihm getanzt hätte. Aber Heten sollte man mal verstehen. Nein, das war nicht richtig. Antonin sollte man mal verstehen... Er bremste vor dem anderen, beugte sich hinüber und öffnete die Tür. "Komm, ich bring dich hin, wo du hin möchtest", sagte er und blickte den anderen an. Er war ihm doch gefolgt. Einen Moment hatte er gedacht, er könnte sich noch einen schönen Abend machen und den ein oder anderen abschleppen, aber dann hatte ihn das schlechte Gewissen überkommen. Er hatte Antonin hierher gebracht, also würde er ihn auch zurückbringen, wo auch immer dieses Zurück sein würde. Außerdem hatte er noch ein Baby zurückzugeben, eine Liebe. Eben jenes Baby hatte er auf den Beifahrersitz gelegt. "Du kannst mir doch nicht deine Liebe anvertrauen", sagte er nun vorwurfsvoll. "Ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht vertrauen kannst." Antonin wirkte unterkühlt. Ein Blick den Rückspiegel zeigte ihm, dass ein Taxi kam. Nun, Antonin würde entscheiden müssen, was er tun wollte. Cole wäre es egal. Er wollte sich nur nicht vorwerfen lassen, dass er Antonin im Stich gelassen hatte. Antonin Das war kein Taxi, sondern sein persönliches böses Omen, dachte Antonin stirnrunzelnd als der altbekannte Wagen vor ihm hielt. Ein Gedanke, der sich nur noch tiefer einbrannte, als ihm das Oberomen die Tür öffnete und irgendwas von Vertrauen faselte. Der war doch gerade noch tanzen gewesen? Wie konnte er dann so schnell hier sein? Antonin befürchtete, dass sein Zeitgefühl inzwischen stark angeschlagen war. Aber das mit der Liebe, das stimmte, und so öffnete er Cole's Tür ein Stück weiter, nachdem er dem Taxi mit einer Handbewegung deutlich gemacht hatte zu warten. Schnell fischte er sich seine geliebte Eagle und warf Cole noch einen Blick zu. "Sag deinem Xander-Mann dass er noch viel im Umgang mit Russen zu lernen hat", gab er noch bekannt, richtete sich dann auf und wollte die Tür schon zuwerfen als er nochmal inne hielt. "Ah ja.. danke fürs Angebot, aber ich kann nicht mehr fahren und da ich morgen arbeiten muss, kann ich auch nicht lange genug warten, um wieder nüchtern zu werden. Und meine Adresse ist privat." Damit warf er sie dann doch zu und ging Richtung Taxi. Etwas, das mit jedem Schritt schwerer und auch wankender wurde und fast hätte er vergessen seine Eagle sicher zu verstauen. Was es auch noch eher auffällig als unauffällig tat und sich dann in den wartenden Wagen setzte und seine Adresse angab. Ihm war jetzt nur noch nach seinem schönen, großen, ruhigen Bett zumute. Der Fahrer stellte keine blöden Fragen, sondern fuhr ihm zu seiner Adresse, was Antonin mit großzügigem Trinkgeld belohnte, bevor er zur Haustür wankte und sich nach jener und noch einer weiteren Tür endlich in seiner geräumigen, ruhigen Wohnung befand. Wo er auch endlich den scheißwarmen Mantel ausziehen und sich auf die Couch sinken lassen konnte. Was für ein Abend. So schnell würde er nicht mehr in Coles Auto steigen, soviel stand fest. Kurz dachte er an jenen zurück wie er mit offenem Hemd mit den beiden anderen Kerlen gespielt hatte, bevor er sich ächzend wieder aufraffte und beschloss die Dusche auf morgen früh zu verschieben. Sich ausziehend und noch schnell den Wecker stellend, versank er bald darauf in einen tiefen und ausnahmsweise traumlosen Schlaf. Cole "Das kann ich gut verstehen", murmelte Cole, als Antonin die Tür zugeschlagen hatte und er war auch schon losgefahren, bevor der andere sein Taxi erreicht hatte. Letztlich hatte er gewusst, dass jener ihn sich nicht nach Hause bringen lassen würde, aber zumindest hatte er ihm seine Waffe zurückgegeben. Zu Hause angekommen spürte Cole, dass er in dieser Nacht nicht würde schlafen können. Und so griff er wie so häufig in der letzten Zeit zu seinen Unterlagen, um zu lernen, an seiner Hausarbeit weiterzuschreiben. In einem Monat hätte er wieder Prüfungen und wie jedes halbe Jahr fragte er sich, wie er die überhaupt bestehen sollte, aber irgendwie ging es dann doch immer. Und er war auch recht produktiv, wenn man bedachte, dass er seit nunmehr ungefähr 48 Stunden nicht mehr wirklich geschlafen hatte. Nur hin und wieder erwischte er sich dabei, dass er darüber nachdachte, was an diesem Abend alles geschehen war. Und langsam aber sicher schlich sich das dunkle Gefühl in sein Inneres, dass es keine gute Idee gewesen war, Antonin in einen Bereich seines Lebens mitzunehmen, der eigentlich allen aus der Szene verborgen blieb. Cole wusste, dass viele ahnten, wohin er hin und wieder verschwand, dennoch achtete er tunlichst darauf, beide Welten nicht miteinander zu kombinieren. An diesem Abend war es gescheitert, und er hatte das unbestimmte Gefühl, dass das nicht gut war. Oder eher, dass es ihn störte. Kapitel 11: Zwei Arten des 'Fertig-Seins' ----------------------------------------- Cole Die nächsten Tage vergingen hektisch. Wegen der umgelegten Russen musste interveniert werden. Einige andere Clans waren von der Aktion nicht sehr begeistert gewesen, weshalb Treffen stattfinden mussten, die Cole hasste, aber in denen er gut war. Es dauerte eine geschlagene Woche, bevor es wieder ruhiger wurde. Aber eigentlich stand noch etwas ganz anderes aus. Im Laufe der nächsten Woche würde ein Waffenhandel über die Bühne gehen müssen, der mehr als riskant war. Besonders, weil Coles Vermutung, dass einer seiner Leute zweigleisig fuhr, sich immer mehr verhärtete. Cole hatte sich entschlossen eine Falle zu stellen. Die Aktion würde heikel werden, aber Ragnar war eingeweiht und wenn Cole dabei drauf ging, dann würde dieser zumindest wissen, wer mit falschen Karten spielte. Letztlich war er selbst der Köder. Aber momentan machte ihm das nichts aus. Momentan war er müde. Durch verschiedene Tests hatte er die Zahl der potentiellen Verräter verkleinert. Bei der morgigen Übergabe würde sich kurzfristig etwas ändern, und dann würde sich zeigen, wer mit den anderen arbeitete, und wer nicht. Am Abend vor dem Ereignis hatte Cole sich vorgenommen, bald nach Hause zu gehen. Vielleicht würde er ja einmal wirklich schlafen können. Dennoch wurde er im Lady-Dream aufgehalten, um allen möglichen Kleinscheiß zu erledigen. Vielleicht sollte er auch noch einmal in einen Club fahren, oder sonst irgendwen aufreißen. Aber er spürte seine Antriebslosigkeit nur zu deutlich und so setzte er sich schließlich an den Tresen und trank von einem Daquiri. Auch wenn man es ihm nicht ansah: er spürte, dass ihn der morgige Tag beunruhigte. Es frustrierte ihn, so wenig in der Hand zu haben. Ja, der morgige Tag würde entweder seine Position erhöhen, oder ihn für immer zum Schweigen bringen. Antonin Euphorie! Pure, kindische, absolut unbegreifliche Euphorie! Diese Emotion kroch Antonin nun bereits seit mehreren Stunden durch die Venen und es sah nicht danach aus als würde es so schnell ein Ende nehmen. Er hatte CI-4 geknackt! Sein Problem war gewesen, dass die verschiedenen Bestandteile der Droge durch sein entwickeltes Verfahren zu gefährlichen Bestien wurden. So hatte er zumindest gedacht und darum war er auch ständig an der Lösung des Problems gescheitert. Aber sein wahres Problem, war die Scheiß-Kapsel gewesen. Dadurch dass die Flüssigkeit noch warm war, wenn es in die Hülle kam, bildeten sich fiese Ableger einer Chemikalie und die wurde dann zu der Bestie. Aber er hatte sie besiegt und dabei sogar noch eine gut verträgliche Kapselhülle entwickelt, die er seinem Konzern vorgestellt hatte. Sie waren begeistert und wollten damit sogar an die Presse, um es gut zu vermarkten. Mit ihm als Steckenpferd, aber das würde er ihnen schon noch ausreden. Wie dem auch war, das Zeug hatte er dann Stavros gegeben, der es in den Nachbarstädten weiterverteilt hatte und tada: Keine Schlaganfälle. Nun, was in der Ferne war, ließ sich nicht sagen, aber sie war keinesfalls mehr zu 50% halbwegs tödlich. Und wenn das kein Durchbruch war, dann wusste er es auch nicht mehr. Daher war der heutige Tag so etwas wie sein erster Urlaub. Zuerst hatte er ewig lange geschlafen, war joggen gegangen und hatte sich sogar bei seinem alten Thai-Boxen wieder mal ne Stunde blicken lassen. Danach hatte er sich den fettigsten und größten Hotdog aller Zeiten nur so reingewuchtet und sich über den Tag verteilt fettige Pommes, Cola in rauen Mengen und Unmengen an Zigaretten bei einem Footballspiel der dritten Liga gegeben. Und das ausgerechnet er, der seinen Körper als Tempel ansah. Nun, sofern man ihn nicht mit Gewalt und Blut konfrontierte natürlich. Dann wurde aus dem Tempel eher eine Lagerhalle für Nikotin und Alkohol. Und mit einem Paket von 500 seiner neuen Schätzchen stand er nun vor dem Lady-Dream und musste sich stark zusammenreißen, um sich das dumme Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Er hatte Ragnar mit voller Absicht nicht angerufen, schließlich sollte das ganze eine Überraschung werden und ein schweigender, dezenter Hinweis darauf, dass es eben manchmal doch das beste war, ihn in Ruhe arbeiten zu lassen. Was er auch getan hatte. Er hatte sich in seinem Stufe 4 Labor mit jeder Menge Salat, Vollkornbrot und Wasser eingesperrt, seine Vorgesetzten ignoriert und nur verkündet, dass er in Ruhe an einer neuen Umhüllung für Medikamente zu arbeiten gedachte. Hatte er ja auch. Mehr oder weniger. Sogar in dem dummen Ding geschlafen hatte er, auf einer gänzlich unbequemen Luftmatratze. Was zu viel Schlaf ausschloss und ihn nur noch mehr zum Arbeiten brachte, in voller Beschallung von sämtlichen Soundtracks dieser großen, weiten Welt. Und ja, er war ein scheiß-verfluchtes Genie in seinem Bereich. Vermutlich könnte er es auf legalem Weg schneller noch weiter bringen als so. Aber das war nicht der Masterplan. So betrat er die Lokalität, wie immer im gewohnten Outfit, nur dass er sich zu Feier des Tages ein weißes Hemd gegönnt hatte, und versuchte im Dämmerlicht ersteinmal klar zu sehen. Hm, na war Ragnar hier? Müsste er sich durchfragen? Und dann sah er jene Person von der er immer noch nicht so ganz wusste, wie er diesen einen Abend abstempeln sollte. Oder unter was? Und er hätte Cole fragen sollen auf welchen Typ der stand, denn das interessierte ihn im Nachhinein aus irgendwelchen Gründen brennend. Aber rein aus dem Bauch und den Informationen, die er hatte, wäre es wohl der Typ: fickbar. Womit Cole leider aus den von ihm selbst genannten Schubladen rausflog und er ihm keine Angriffsfläche für dumme Sprüche bot. Zu schade.. Ungefragt trat er neben jenen, der da so seltsam in seinen Drink stierte und schob ihm das kleine Paket zu. Er hatte sogar an eine Briefmarke gedacht und jener Gedanke brachte ihn fast schon wieder zum Grinsen. "Ausnahmsweise erfolgt er Lieferdienst frei Haus", begrüßte er jenen. Cole Cole blickte müde auf, als ihm das Päckchen vor die Nase geschoben wurde, und sah in Antonins Gesicht, wurde schier schon von der offensichtlich guten Laune des anderen geblendet. Seine Miene verdüsterte sich. Nicht jetzt hier mit Geldgeschäften und Verhandlungen anfangen, bitte. Er wollte heute einfach nur seine Ruhe haben. Doch davon konnte Antonin ja nichts wissen. Und so sah er den anderen wieder an, diesmal gezwungenermaßen etwas freundlicher. "Ragnar ist noch nicht da, aber er ist unterwegs. Ich warte auch auf ihn. Hast du dich mit ihm verabredet? Er hat mir davon gar nichts erzählt." Er musterte noch einmal das Paket. "Er hat auch nichts erzählt, dass es vorangegangen ist." Er stand langsam auf und trank den Daquiri zuende. "Komm mit, wir sollten hinten weiterreden." Ohne auf eine Antwort zu warten, bahnte er sich seinen Weg durch die Menge. Mit einer Zahlenkombination öffnete er die Tür zu mittlerweile seinem Zimmer. Dann trat er ein und schritt auf seinen Schreibtisch zu. Träge ließ er sich in seinen Sessel nieder. Er spürte, wie schwer es ihm fiel, irgendeine Energie noch dafür zu erübrigen, stärker zu wirken, seine normale Fassade aufrecht zu erhalten. Wenn Antonin aus irgendwelchen Gründen heute beschließen sollte, ihn anzugreifen, so würde er sich wahrscheinlich nicht wehren, nicht wehren können. Er hatte keine Kraft mehr und wusste, dass er morgen alle seine Kräfte aber mobilisieren müsste. Morgen würde es darauf ankommen, Kraft zu haben. Und vielleicht würde er morgen dann endlich wieder einmal länger als 3 Stunden schlafen können. "Magst du was zu trinken?", er deutete auf eine Minibar. "Bedien dich." Gleichzeitig nahm er sein Handy, wählte und lauschte. "Kommst du?", sagte er in seiner typisch direkten Art. "Wir haben einen Boten hier, der eine Überraschung mitgebracht hat." Dann legte er wieder auf und blickte Antonin an. "Wie mir scheint, hast du den Fehler gefunden. Freut mich." Wirklich euphorisch klang es nicht, aber er bemühte sich. "Das heißt dann also, dass wir den Markt erobern können." Antonin wirkte heute so ausgeglichen, so strahlend. Irgendwie beängstigend, verglich man ihn mit den Malen zuvor, besonders als er deutlich gemacht hatte, dass er gefrustet war. Aber heute sah er richtig gut aus. Cole würde neben ihm wahrscheinlich wie der letzte Penner aussehen, eine Tatsache, die ihn ein wenig wurmte. Aber er hatte auch noch keinen Erfolg vorzuweisen. Im Gegensatz zum anderen. Antonin Man, man sein Bossmann war ja nicht gerade das sprühende Leben. Aber trotzdem schaffte jener es, dass er sich schon wieder wie ein gut abgerichteter Hund vorkam. Ironie des Schicksals. Stirnrunzelnd beobachtete Antonin wie Cole sich einfach hinter seinen Schreibtisch sinken ließ, bevor er der Minibar nur einen kurzen Blick zuwarf und sich dann dem anderen einfach gegenüber setzte. "Gefunden, abgeschafft und ganz nebenbei noch verbessert", nickte er und streckte seine Beine aus, die Arme gemütlich auf den Lehnen des Stuhls abgelegt. Was er heute wohl noch so unternehmen könnte? Man hatte schließlich nicht jeden Tag Urlaub, auch wenn ihm das fettige Essen ein wenig im Magen drückte - der himmlische Geschmack war es eindeutig wert gewesen. "Versteh mich nicht falsch, Cole", erhob er schließlich seine etwas träger werdende Stimme. "Aber du siehst so richtig schön scheiße aus." Und dabei untertrieb Antonin keineswegs. Zudem er das mit dem Markt erobern damit erstmal beiseite wischte wie eine lästige Fliege. Irgendwie erschien ihm sein Gesprächspartner nicht bereit für Verhandlungen und er wollte seine scharfe Zunge ausnahmsweise nicht auf ihn loslassen. Gerade wenn es ein Synonym für 'absolut ko und erledigt und super fertig mit Gott und der Welt' geben würde, dann wäre das in diesem Moment wohl 'Cole'. Dadurch fühlte er sich aber auch sicher genug um seinen Kopf weit genug an die Stuhllehne zurückfallen zu lassen und die Augen zu schließen. Man musste ja nun wirklich nicht ständig Kaffeekränzchen abhalten und so konnte er sich auch besser überlegen, ob er heute noch ins Kino gehen sollte. Ein paar Nachos würden sich bestimmt noch ganz gut in seinem eh schon überforderten Magen machen. Blieb nur die Frage, ob momentan überhaupt etwas Vernünftiges lief? Immerhin hatte er bis heute früh sogar übersehen welcher Wochentag momentan überhaupt war. Von einem Datum ganz zu schweigen. Aber es hatte sich gelohnt und zudem mochte er es wirklich in seiner eigenen kleinen Welt aufzugehen und so vor sich hin zu arbeiten. Mit lauter Musik - ob er in ein Konzert gehen sollte? Mal wieder eine richtig schöne Dröhnung Klassik? Antonin runzelte die Stirn und überlegte ob er überhaupt noch einen passenden Anzug für solche Gelegenheiten besaß. Cole Cole hob die Augenbrauen. "Ich weiß zwar nicht, was es daran falsch zu verstehen gibt, aber du kannst deine Wahrheiten für dich behalten", seine Worte klangen patzig. "Besonders, wenn du keine Ahnung davon hast, was du da redest." Er wusste, dass er scheiße aussah, wieso musste ihm der Typ das auch noch unter die Nase reiben? Der wusste doch gar nicht, was hier los war! Und was ging es ihn überhaupt an, wie er aussah!? Coles Miene hatte sich verdüstert, er versuchte sich aber zurückzunehmen. Letztlich war er nicht wegen Antonins Bemerkung gefrustet, obwohl dieser ihm gerade eigentlich ein schönes Ventil sein könnte, sondern wegen anderer Dinge, für die jener nichts konnte. Dennoch ärgerte ihn die Bemerkung irgendwie, auch wenn sie wahrscheinlich nicht böse gemeint war, sondern sogar viel mehr darauf schließen ließ, dass jener sich über ihn Gedanken machte. Dennoch hoffte Cole, dass Ragnar bald da war und er gehen konnte. Er strich sich seine Haare aus der Stirn und seine Augen schlossen sich kurz. Er war so verdammt müde. Ob er selbst überhaupt noch fahren sollte? Wie schön es wäre, wenn er sich teleportieren könnte. Er seufzte und zwang sich seine Augen wieder aufzumachen. Doch dann hörte er die Tür gehen und blickte auf. Ragnar betrat den Raum. Erleichtert sah Cole ihm, der ein zufriedenes Lächeln aufsetzte, als er Antonin sah, entgegen. "Er ist fertig", erklärte Cole die Situation und dachte ein /und nicht nur er/ hinzu. "Ich geh dann lieber nach Hause. Du weißt ja wegen morgen Bescheid. Und wenn noch was ist, ruf mich halt an." Ragnar blickte Cole besorgt an. "Du meinst, du kommst nach Hause? Willst du nicht lieber kurz warten, dann fahre ich dich..." Doch Cole schüttelte den Kopf. "Kein Problem. Ich brauch morgen früh mein Auto, ich kann es hier nicht lassen." Doch Ragnar ließ nicht locker. "Und wenn Antonin dich nach Hause fährt und ich ihn hierher wieder mitnehme? Cole, du solltest schnell schlafen, aber du musst dafür sicher in dein Bett kommen." Cole schloss einen Moment die Augen, dann blickte er Ragnar zornfunkelnd an. "Wenn ich einen Babysitter brauche, rufe ich euch an. Aber ansonsten bin ich einfach nur dankbar, wenn man mich in Frieden lässt", zischte er und der drohende Unterton war nicht zu überhören. Damit verließ er das Zimmer und lief zu seinem Wagen, in den er sich setzte und kurz die Augen schloss, um sich auszuruhen, doch sein Körper schien andere Pläne zu haben, und nachholen zu wollen, was er sich die letzten Tage zu wenig gegönnt hatte: Schlaf Kapitel 12: Ein Auftrag an den Falken ------------------------------------- Ragnar "So ein verdammter Sturkopf", fluchte Ragnar, als Cole das Zimmer verlassen hatte. "Wenn der Kerl sich nur einmal helfen lassen würde, ich glaube, das wäre wert, es rot im Kalender zu markieren. Dann soll er halt völlig übermüdet nach Hause fahren und einen Unfall bauen. Dann bin ich wenigstens seinen Dickschädel los." Ragnar schien erst jetzt wieder zu registrieren, dass ja auch noch Antonin im Zimmer saß. "Entschuldige", murmelte er und setzte sich hin, wo vor wenigen Augenblicken noch Cole gesessen hatte. "Und du bist fertig?", er lächelte Antonin ruhig an. "Das ist super. Hast du die Testergebnisse?" Er sah ihn fragend an. "Wenn alles stimmt, dann müssen wir uns über den Preis unterhalten", fuhr er fort und man merkte, dass er sich noch immer um Cole sorgte. "Und du kannst uns also ab sofort regelmäßig damit versorgen." Auch wenn er davon zu wenig Ahnung hatte, so musste er doch das Geschäftliche unter Dach und Fach bringen. Cole würde morgen nicht hier sein. Antonin Antonin ignorierte die pampigen Worte absolut gekonnt und klopfte sich dafür innerlich selbst auf die Schulter. Tatsächlich rührte er sich erst wieder, als Ragnar eintrat indem er ihm grüßend zunickte. Dem Gesprächsverlauf zwischen den beiden folgte er mit stetig steigender Augenbraue und mit wachsendem Interesse an Coles Gesichtsausdruck. Na aber hallo, meine Freundin: die Überraschung. Immerhin sah er keineswegs den typischen nichtssagenden Ausdruck, sondern einen, der Gefühle verriet, die nicht unbedingt mit Gleichmut und Sarkasmus übersetzt werden konnten. Was seltsamerweise nicht zu irgendwelchen gehässigen Gedanken oder einfacher, simpler Überraschung führte, sondern zu Skepsis. "Na, das nenne ich einen Sonnenuntergang", murmelte Antonin kaum dass sie die Tür hinter Cole geschlossen hatte und sah Ragnar ruhig an. In seiner eher gelümmelten Position bleibend. Doch er schob die Gedanken beiseite und widmete sich kurzweilig wieder seinem kleinen Projekt. "Ich bin fertig", nickte er und deutete auf das kleine Paket. "Die ersten Testergebnisse liegen bei, keine stärkeren Kurzzeitprobleme mehr. Dafür musste ich allerdings, um die Droge in dieser Form zu lassen ein paar Zugeständnisse eingehen. Die Zeit zum Nachweisen ist damit von 12 auf 18 Stunden gestiegen. Allerdings hat sich dadurch aus der Kick erhöht, wie ich mir sagen lassen konnte." Er hielt kurz inne und musterte Ragnar mit nachdenklichem Blick. "Einen Preis, Ragnar? Sollte man sich nicht erstmal über die Menge einig werden? Coles Vorstellungen sind ein wenig zu weitflächtig fürs erste. Allerdings", er hob eine Hand um etwaige Einwürfe zu unterbinden, "liegt dort neben den Testergebnissen auch ein Dokument über alle Zutaten bei und welche Mengen ich davon benötige, um wiederrum andere Mengen an Pillen herzustellen. Damit könnt ihr sie immer noch nicht selbst herstellen, aber ich würde darum bitten, dass die gesamte Liste trotzdem irgendwie unter uns bleibt. So unter Freunden." Antonin dehnte das letzte Wort und seufzte dann. "Genaugenommen ist das auch momentan mein Preis. Ich arbeite für die Herstellungskosten aber - und vorsicht hier kommt der zu erwartende Haken - ich verlange dafür bis in 4 Monaten ein komplett eingerichtetes Labor nach meinen Vorstellungen. Billiger wird‘s nicht mehr." Ragnar "Nun gut, das sind Kleinigkeiten, die nicht der Rede wert sind", kommentierte Ragnar Antonins Aussage bezüglich der Dauer der Nachweisbarkeit. "Wichtig ist, dass keine Kurzzeitschäden entstehen, die dafür sorgen würden, dass überhaupt ein Drogentest durchgeführt wird. Und wenn die Idioten dann sich erwischen lassen, ist es auch schon egal, ob es 12 oder 18 Stunden sind..." Ragnar machte sich eine kurze Notiz. "Nun die Menge ist schwierig. Derjenige, der das entscheiden kann ist gerade durch die Tür und kann die Entscheidung morgen auch nicht treffen. Ich weiß, dass er nach Chicago und LA bereits Proben geschickt hat, aber wahrscheinlich ist es ohnehin erst einmal wichtig hier die Drogen zu verticken. Alles andere wird sich dann geben." Erstaunt hob er die Augenbrauen, als er von dessen Bezahlungsideen sprach. "Und wieder ist der, der das zu entscheiden hat, gerade durch die Tür...", murmelte er und runzelte die Stirn, nachdenkend. "Ich kann dir da keine Zusagen machen, aber die Materialliste sollte kein Problem sein. Simon ist dir doch ohnehin verpflichtet" Antonin Antonin richtete sich ein Stück auf und sah Ragnar eine ganze Weile forschend in die Augen bevor er ein wenig resigniert die Augen schloss und sich die Nasenwurzel rieb. "Pass auf, ich werde gleich wieder etwas sagen, das über meine Kompetenzen hinaus geht und du kannst selbst entscheiden, wie du damit dealst", fing er an, öffnete seine Augen wieder und fixierte seinen Gegenüber mit einem harten Blick. "Cole gehört zu den Leuten, die nur auf dem Stuhl sitzen, auf dem er nunmal sitzt, weil er ein gerissener Kerl ist. Das Problem mit gerissenen Leuten ist, das sie perfektionistisch veranlagt sind und jedes noch so kleine Detail selbst nochmal überprüfen müssen. Dabei übersehen sie häufig das wichtigste Detail, ohne dass es aber gar nicht mehr funktionieren kann: Sich selbst. Und ich bin mir sicher bis hierhin kannst du mir bedenkenlos zustimmen." Kurz hielt er inne und verzog die Lippen ein wenig unwillig, was jedoch nichts an der Intensität seines Blickes änderte oder daran, dass sich seine Muskeln wie zum Sprung bereit zusammengezogen hatten. "Ich kann nicht wirklich behaupten der größte Fan von Cole zu sein, aber er hat mich auf einer Ebene beeindruckt, die schon lange niemand anderes mehr erreicht hat, und daher kann ich dir nur rein intuitiv raten: Pass die nächsten Tage gut auf seinen Rücken auf. Leute wie er verausgaben sich nur wenn etwas ansteht, das ihnen auf den Magen schlägt, und die paar Informationen, die er mehr oder minder unfreiwillig ausgespuckt hat, lassen ebenfalls darauf schließen. Wenn du ihn also weiterhin wie eine Glucke bemuttern möchtest, dann tu das nicht verbal sondern mit deiner Knarre. Er wird‘s dir vermutlich besser danken als das gerade eben der Fall war." Ragnar Als Ragnar hörte, was Antonin über Cole sagte. Ragnar musterte Antonin eine geraume Weile schweigend. Er wusste nicht so recht einzuordnen, was sein Gegenüber ihm da eben gesagt hatte. Aber zwei Dinge wusste er: 1. Antonin hatte ohne Zweifel recht und 2. Es störte ihn, dass jener offenbar etwas wusste, wovon er angenommen hatte, dass Cole sich nur ihm anvertraut hatte. Wusste Antonin wirklich mehr? Er hatte nur Andeutungen gemacht... "Offenbar hast du ein paar Informationen, was hier momentan geschieht." Seine Augen musterten Antonin kühl, sein Lächeln war verschwunden. "Dabei bin ich davon ausgegangen, dass er nur mir anvertraut hat, was morgen läuft." Langsam ließ er sich in den Sessel sinken. "Aber auch wenn ich dir zu all deinen Worten recht geben muss, so muss ich dir leider sagen, dass dieser sture Esel auch nicht zulässt, dass man ihm den Rücken stärkt. Er hat es verboten und opfert sich lieber selbst, bevor jemand anderes dieser Geschichte zum Opfer fällt. Er hat mir keine Möglichkeit gegeben, ihn irgendwie zu schützen. Nichts. Nicht die kleinste Info. Ich weiß nur, dass es sein kann, dass morgen etwas geschehen wird, was entweder einem der unseren das Leben kostet, oder Cole." Er verstummte. Irgendwie wirkte diese Aussage, wenn er sie aussprach, wesentlich beängstigender als seine Gedanken dazu, in denen er immer versucht hatte sich einzureden, dass es nicht so schlimm kommen würde. "Deshalb würde mich doch zu gerne interessieren, was du weißt. Denn dann kann ich vielleicht deinen Ratschlag befolgen und ihm den Arsch retten." Abwartend blickte er Antonin an. Antonin Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, doch es war kein freundliches. Ab hier war das Gespräch für sie beide tiefes Gewässer im kalten Meer. In einem mit Haien verseuchten Meer und einer der Mitschwimmer hatte eine stetig blutende Wunde. Die Frage war nur, ob jener gefressen werden würde... Kurz blitzte etwas in Antonins Augen auf und er ließ Ragnars Änderung komplett auf sich einfließen. "Na aber hallo Ragnar, nett dich kennen zu lernen.", murmelte er und fast könnte man meinen er wäre ein klein wenig zufrieden. Antonin mochte sich im Drogengeschäft und im Allgemeinen mit den Regeln der New Yorker Unterwelt nicht auskennen, aber Gefahr lockte ihn an wie eine läufige Töle den Köter. Zudem ihm Situationen wie jene hier nur zu bekannt waren und endlich hatte es einmal nichts mit Chefsein und Drogendealer und sonstigem Scheiß zu tun, sondern mit Wissen, Halbwissen und den Umgang mit potentiell gefährlichen Menschen. Altbekanntes Adrenalin schoss ihm durch die Adern und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hieß er es mit Freuden Willkommen. Vielleicht weil es um Coles Rücken ging, vielleicht aber auch weil sich Vergangenes nie ganz begraben ließ. Wer wollte das schon so genau sagen? Er lehnte sich ein Stück nach vorne. "Er hat mir nichts anvertraut und ich bin mir ziemlich sicher, dass er momentan denkt, ich hätte nicht den Hauch einer Ahnung. Was ich im Grunde genommen auch nicht habe, aber wenn ich etwas kann, dann ist es gewisse Zeichen erkennen." Er machte eine abwinkende Handbewegung. "Stress, untypische Verhaltensweisen, Wortwahl… such dir etwas aus. Hat mir bisher schon häufig den Kopf aus Schlingen gezogen, gerade in diesem Bereich hier, wo ich mich im Grunde genommen kein Stück auskenne und das meiste aus dem Bauch heraus entscheide. Was auch den Grund dafür darstellt, dass ich ständig teste, wie weit ich gehen kann", gab er zu. Aber Antonin wusste, dass er sich damit nicht unter Wert verkaufte, schließlich waren das Dinge die für alte Hasen offensichtlich sein mussten. Doch dann fiel das Lächeln aus seinem Gesicht und er runzelte die Stirn. "Also, das bedeutet, dass wir momentan von einer… ich glaube ihr nennt es Ratte ausgehen, richtig? Warum sollte sonst womöglich einer von euren Männern sterben. Ich sehe daran kein Problem, normalerweise kann man solchen Instinkten trauen, wenn man Coles Kaliber bedenkt. Trotzdem wäre es doch sehr leichtsinnig, ihn sein Leben einfach so riskieren zu lassen, nur weil er einen Alleingang vorzieht", brummte er. "Der Ersatz von Don durch dich war mir ja ganz recht, aber ein Ersatz für Cole käme mir eher ungelegen. Und wenn die Informationen nicht zu dir kommen, dann musst du eben zu den Informationen kommen. Das ist wie mit dem Berg und dem Propheten." Er stand auf, holte sich eine Kippe hervor und zündete sie sich an, bevor er in dem Raum auf und ab ging. So konnte er besser nachdenken. "Du hast mehr Informationen als ich, also musst du meine Lücken für dich selbst ausfüllen", er sah kurz zu Ragnar. "Natürlich nicht laut, schließlich vertrauen wir uns nicht. Genaugenommen mache ich das hier nur, weil ich es zufällig kann." Er zog von seiner Zigarette und sah dem exhalierten Rauch dabei zu wie er zur Decke zog. "Eigentlich ist es ganz simpel: Du musst ihn morgen beschatten." Er lachte bei jenen Worten kurz auf, doch es war kein fröhliches Lachen. "Was nicht leicht werden wird, du hast da mein vollstes Mitleid, aber so auf die Schnelle fällt mir nichts anderes ein. Vermutlich kann man diesen Menschen nicht einmal zu den einfachsten Regeln für dessen Sicherheit prügeln. Ich weiß schon, warum er mich so wahnsinnig macht!" Abermals blieb er stehen und musterte Ragnar. "Und du brauchst andere Waffen, mit diesem Kleinkaliberspielzeug musst du zu nahe ran und beißt am Ende noch ins Gras, bevor irgendwas passiert. Oder du fliegst auf und alle beißen ins Gras. Dazu ein Auto, das unauffällig ist und nicht bekannt. Dazu noch das Handy - vorausgesetzt Cole hat eines dieser neumodischen Dinger - dann rufst du nämlich bei der Telefongesellschaft an und erzählst eine tragische Geschichte über deinen verschwundenen Bruder und lässt das Ding orten. Wenn du selbst mobilen Zugang ins Internet hast, kannst du dir so jede Menge Abstand zu ihm erkaufen und trotzdem immer wissen, wo er ist. Voraussetzung für den ganzen Kram ist natürlich, dass du für morgen nicht offiziell eingeplant bist“, endete er und zog abermals genüsslich an seiner Zigarette. Er konnte es noch. War wohl doch wie mit dem Radfahren.. Ragnar Ragnar überging das erneute 'Vorstellen'. Er wusste, dass viele überrascht waren, wenn sie ihm einmal wirklich gegenüberstanden. Aber das war nun einmal seine Strategie. Und bisher war sie sehr erfolgreich. Er wusste so stets, mit wem er es zu tun hatte... Doch was Antonin betraf, so war er nun selbst ein wenig überrascht. Cole hatte sich ihm gegenüber offenbar auch nicht deutlicher geäußert. Dass sie eine 'Ratte' hatten, ein Maulwurf, war in den letzten Wochen deutlicher geworden und im Moment stand eine Waffenlieferung in Millionenhöhe auf dem Spiel. Überraschend war nur, wie Antonin plötzlich aufblühte, wie er begann nachzudenken und sich ganz offenbar für Cole einsetzte. Ragnar war misstrauisch, das verriet sein Gesicht auch, aber dennoch war er auch ein wenig erleichtert, denn er spürte, dass er allein nicht weiterkam. Und das der einzige Grund für seine Bemühungen war, dass er keinen Ersatz für Cole haben wollte, das schien ein wenig zu abwegig. Dafür hatte Antonin mit seiner Droge noch immer zu viel Macht. Jeder der Nachzügler würde an einer Fortführung der Geschäfte interessiert sein. Oder begriff Antonin nicht, welche Macht er letztlich über sie hatte? Nun, jetzt war nicht der Zeitpunkt darüber zu reden. Ragnar seufzte tief als er die letzten Worte des anderen hörte. "Und damit hast du schon eines meiner beiden Hauptprobleme angesprochen", erklärte er. "Cole kam heute auf mich zu und hat mich gebeten, um Punkt 18 Uhr morgen hier zu sein und auf seinen Telefonanruf zu warten. Er sagte, es ginge um Leben und Tod, um alles. Und ich solle nicht wagen, irgendwo anders zu sein, und irgendetwas anderes zu machen." Cole sah Antonin an. "Und ich fürchte ich werde da dann Informationen erhalten, die für das wesentliche 'Projekt' notwendig sind. Das heißt ich bin schon draußen. Und ich werde es nicht wagen irgendwas anderes zu tun." Auch Ragnar stand auf und nahm sich nun seine Zigaretten, um sich ebenfalls eine anzuzünden. Dann trat er ans Fenster und blickte nachdenklich hinaus. "Und das zweite Problem ist, dass ich genauso wie jeder andere hier, nicht die leiseste Ahnung habe, wie ich an Cole herankomme. Denn niemand weiß, wo er wohnt. Und ich glaube, wenn ich bei ihm auftauchen, ihn beschatten, ihm hinterher schleichen würde, dann triebe ich ihn in eine Enge, die für mich tödlich wäre. Das hat mit seiner Vergangenheit zu tun." Kurz schwieg er. "Aber die Idee mit dem Handy ist gut. Es wäre ein Versuch wert. So könnten wir zumindest wissen, wo er die Falle aufgestellt hat, um die Ratte zu fangen." Ragnar haderte mit sich selbst. Wie viel sollte er Antonin verraten? Wie viel sollte er an Informationen herausrücken? Er drehte sich zu jenem. "Der Deal morgen ist etwas ziemlich Großes. Ein Projekt, in das der Chef ziemlich viel investiert hat, und bei dem auch viel herausspringen soll. Unsere 'Partner' arbeiten sauber und es gab bisher noch nie Probleme. Die Ratte, die es zu fangen gilt, arbeitet nicht für unsere Geschäftspartner, sondern für einen anderen Clan. Sie wollen die Waren an sich bringen, um selbst einen großen Profit herauszuholen. Cole wird eine Falle stellen, um herauszufinden, wer von unseren Leuten für einen anderen Clan arbeitet. Wie er das machen möchte, davon habe ich keine Ahnung." Ragnar wuschelte sich unwillig durch die Haare. "Ich könnte mich so über diesen Hurensohn aufregen. Er ist ein verbohrter Idiot." Antonin Einen unzufriedenen, aber zustimmenden Laut von sich gebend, setzte er sich doch wieder. Den Kopf weit genug zurück gelehnt, um an die Decke starren zu können. Antonin musste das gerade Gehörte erst einmal verdauen und für sich durchdenken. Dieser große Deal brachte schon ohne Verdächtigungen Probleme mit sich, oder zumindest dachte er sich das so. Egal was die Ware war, wenn viel davon von einer Hand in die nächste wanderte, wären beide Parteien angespannt. Und angespannte Leute hatten den Finger ständig an der Waffe. Lieber einmal zu viel geschossen als einmal verloren. Und so wie sich das anhörte, wusste Ragnar noch nicht einmal, wo das ganz über die Bühne gehen sollte. Was ziemlich schlecht war, da es etwaige Vorbereitungen einschränkte. Ganz zu schweigen davon, dass dieser sich morgen Abend hier befinden musste, wenn man Cole's Pläne nicht gefährden wollte. Wie man es auch drehte und wendete, sie waren im Nachteil. Genauer gesagt, lief alles darauf hinaus eine Nadel gezückt zu halten und zu hoffen, damit auf dem Dartbrett aus viel zu weiter Entfernung ins Schwarze zu treffen. Frustriert rieb er sich über die Nasenwurzel, immer noch im Anblick der Decke versunken. "Du hast Recht, er ist ein verbohrter Idiot. Einer der es Leuten wie dir nicht leicht macht.", brummte er schließlich. "Schade, dass er schon weg ist, sonst hätte man sein Auto einfach anzapfen können." Aber es brachte ja bekanntlich nichts, sich mit Wunschdenken zu befassen. Man musste mit den Karten spielen, die man hatte. Was in Ragnars Fall ziemlich schlechte waren. "Und wenn du sagst, niemand hat eine Ahnung, dann bedeutet das am Ende auch, dass er diesen Deal ganz alleine abhandelt? Er wird sich doch wohl vorher mit irgendwem treffen, um dort gemeinsam hinzufahren oder nicht? Das müsste doch rauszufinden sein. Ohne Anhaltspunkt hat man im Grunde genommen nur das Handy und wenn der Plan nicht zieht, dann löst sich das ganze Gerüst sowieso in Luft auf." Dazu, dass Ragnar Cole nicht beschatten wollte, sagte er lieber nichts. Ziel einer Beschattung war es schließlich, nicht bemerkt zu werden. Auch Cole war kein Gott. Er war vermutlich gut, aber kein übernatürlicher Scheißkerl. Schließlich senkte er den Kopf weit genug, um Ragnar wieder in die Augen sehen zu können. "Im Endeffekt kannst du das gar nicht alleine schaffen. Was dir ebenfalls bewusst ist, denn sonst würdest du mir überhaupt nicht so viel erzählen", dachte er laut und seufzte anschließend. Er würde in Zukunft nicht nur Cole und dessen Wagen als schlechtes Omen sehen, sondern auch diesen Club. Jedesmal lief es auf die gleiche Tour hinaus. "Ich habe keine Ahnung, ob du weißt, dass ich Don beiseite geschafft habe. Das ‚Warum‘ hat dich nicht zu kümmern. Ich weiß auch nicht, ob dir bewusst ist, wohin mich der sogenannte 'Hurensohn' daraufhin mitgenommen hat und was wiederrum danach passierte. Aber ich kann dir sagen, dass ich keines dieser Dinge aus eigenem Antrieb gemacht habe oder weil ich gerade Bock darauf hatte, ein paar Leute über den Jordan zu schicken. Tatsache ist, dass vor all diesen Dingen etwas passierte. Und das muss auch diesmal passieren, wenn du wirklich Hilfe dabei willst. Denn sonst werde ich keinesfalls aktiv." und selbst dabei war es sehr fraglich. Nicht jeder hatte das Zeug ihm simple Befehle zu erteilen. Etwas das Cole schaffte, weil er jenen Blick hatte, den Antonin sich eher beim nächsten Eismann gewünscht hätte. Jener würde ihm vielleicht mehr Kugeln Eis verkaufen, aber das wäre es auch schon. Cole dagegen gab einfache Befehle und löste damit eine Kettenreaktion aus. Steig ins Auto - Antonin hatte es getan und war nach dem Mord an dem zweiten Bürgermeister auch seelenruhig wieder eingestiegen. Schalte Don aus, wenn du nach oben willst - auch wenn anders als vermutlich von Cole geplant, aber er hatte es umgesetzt. Befehl war Befehl, ob indirekt oder nicht. Komm mit und dolmetsche die dummen Russen - auch hier waren keine Widerworte erfolgt. Vermutlich bräuchte es nur noch ein oder zwei weitere von diesen Befehlen und Cole hätte einen Falken in seiner Sammlung, ohne es zu wissen. Genervt verzog er die Lippen und verfluchte ganz Russland in allen drei Sprachen. Egal was er auch tat, gegen diese drei Jahre konnte er selbst mit all seinem Intellekt nicht dagegenhalten. Er konnte die Dinge nur bemerken, aber nicht bremsen. Und da hieß es, Gehirnwäsche wäre nur fiktiv... Ragnar Ragnar lächelte ehrlich. "Du bist die einzige Hoffnung, die ich habe. Und sie kam vollkommen unverhofft", erklärte er auf Antonins Kommentar hin, dass er nichts in der Hand hatte. Was dann kam, ließ ihn stutzen. Cole hatte Antonin getestet und für gut befunden, obwohl jener nur ein Chemiker war? Sehr interessant. Und er hatte ihn einen Auftragsmord ausführen lassen? Noch interessanter... "Ich hatte keine Ahnung davon, dass Cole dich getestet hat." Ragnars Blick wurde nachdenklich. "Um ehrlich zu sein, kenne ich nur zwei Personen, die diesen Test bestanden haben und nicht tot sind." Er striff sich über das unrasierte Kinn. "Und diese beiden Personen sitzen gerade in diesem Zimmer. Er schwieg einen Moment. "Offenbar schein Cole mehr in die zu sehen als nur den Chemiker, weshalb er dich an sich ran lässt. Du kannst dich geehrt fühlen." Er seufzte. "Das bedeutet dann also, dass ich dich bitten muss." Er sah Antonin aufmerksam an. "Ich bitte dich also, morgen Coles Arsch zu retten. Ich möchte nicht dass er drauf geht, nur weil er einmal mehr alle Schuld der Welt auf seine Schultern lädt. Wenn Cole morgen tatsächlich das Ende des Tages nicht mehr mitbekommt, dann bedeutet das für unseren Deal, dass er hinfällig ist. Dass alles hinfällig ist, weil nichts mehr Bestand hat. Cole ist der einzige, der es geschafft hat, dass es hier in der Stadt ein wenig ruhiger zugeht, der es regelmäßig schafft Kriege zu verhindern. Und daher gehe ich davon aus, dass du mehr als nur ein wenig Interesse daran haben solltest, dass er diesen Job auch wirklich weitermachen kann. Deswegen möchte ich, dass du morgen herausfindest, was Cole vor hat, dass du dich ihm an die Fersen heftest und ihm den Arsch rettest." Ragnar stand auf und nahm sich ein Glas Whiskey. "Ich kenne mehrere Orte, an denen er normalerweise Übergaben stattfinden lässt." Er nannte ihm die Orte am Hafen, eine Industriehalle und zuletzt ein Haus in der Umgebung des Clubs. "Letzterer Ort ist sein ehemaliges Elternhaus. Eigentlich macht er dort keine Übergaben, aber er hält sich manchmal dort auf. Vielleicht hast du Glück. Und Glück wirst du morgen brauchen, damit du ihn verwischst. Wenn ich meinem Gefühl trauen kann, dann wird er der Gruppe, die mit dem Deal zu tun hat, gesagt haben, wann sie sich wo treffen. Dann wird er mich anrufen und andere, bei denen er sich sicher sein kann, darüber informieren, wo die Übergabe wirklich stattfindet. Die, die er testen wird, wird er an einen anderen Ort bestellen und hoffen, dass sie sich dort selbst verraten. So oder so ähnlich wird er wohl vorgehen." Antonin "Geehrt fühlen!", spie er aus und funkelte Ragnar von eine Sekunde zur anderen voller Zorn an. "Es wäre mir lieber gewesen diesen Teil meines Lebens weit hinter mir zu lassen, aber Gratulation..", fuhr er mit eisig gewordener Stimme fort und hob sich aus dem Stuhl, um seinen Geldbeutel hervor zu holen und eine Packung Tempos. Mit einem der Tücher zuppelte er eine weiße Visitenkarte mit einem Falkenkopf hervor und warf sie auf den Schreibtisch. "Ich akzeptiere den Auftrag. Du kannst die Bedingungen nicht kennen, aber das ist dann wohl Pech. Die Bezahlung ist deine Verschwiegenheit, wenn ich mich Cole nicht dummerweise verrate, wirst du ihm auch nichts davon sagen", fuhr er fort und die Veränderung vom halbwegs entspannten Antonin zum durch und durch aufmerksamen und zu allem bereiten Mann war damit für ihn abgeschlossen. Ragnar hatte ihn ohne einen Befehl hervorgeholt, was für Antonin nur noch deutlicher machte, dass es eigentlich an Cole lag, und jener sich etwas angelacht hatte, das er nicht kannte. "Schick mir die Daten dieser drei Orte per SMS an diese Nummer." Damit warf er eine weitere Karte auf den Tisch. "Du kannst versuchen anzurufen, aber ich werde nicht rangehen. Es gibt von jetzt bis zum Ende der Aktion nur noch Kontakt per SMS, außer ich rufe dich an. Dann wirst du allerdings auch nur ein 'erledigt' oder ein 'unerledigt' von mir bekommen. Da ich Coles Handynummer nicht habe, wirst du das erledigen müssen und mir dann die Zugangsdaten zu der Internetseite fürs Orten seines Handy ebenfalls per SMS zukommen lassen. Wenn du mich nun also entschuldigst, ich habe viel zu tun in den paar Stunden. Immerhin muss ich irgendwie an drei Orten gleichzeitig sein, nicht wahr?" Damit wandte er sich einfach ab und verließ das Zimmer. Ragnar Ragnar hatte gar nicht mehr viel sagen können, hatte nur genickt, bestätigt, dass er tun würde, was Antonin wollte. Nun saß er da und hielt jene Karte in der Hand, von der er wusste, dass sie auch bei Dons Leiche gefunden worden war. War Antonin zum Profikiller ausgebildet worden? Wo hatte er gelernt, so strategisch zu denken und zu handeln? Von nichts kam doch so ein Talent nicht... Er würde ihn niemals fragen dürfen, er würde auch zu Cole nichts sagen können... Ragnar drehte sich zu dem Laptop, fuhr ihn hoch und googelte. Viel fand er nicht, aber immerhin war eine Verbindung zu Russland offensichtlich. Doch was die Hintergründe waren konnte er nicht erkennen. Nun ja, wenn er soeben einen Killer oder was auch immer angeheuert hatte, dann würde dieser zumindest hoffentlich dafür sorgen können, dass Cole diese Geschichte überstand. Und so machte er sich nun daran, die hoffnungslose Ortung des Handys anzuleiern, die tatsächlich erfolglos blieb, da dieses Handy offenbar vollkommen verschlüsselt war. Nun, wen wundert's, sonst könnten sich die Bullen ja auch daran vergehen... Und so schrieb er etwa drei Stunden nachdem Antonin den Raum verlassen hatte die genaue Lage der drei Übergabeorte und die Nachricht, dass eine Ortung des Handys nicht möglich war an die Nummer, die er von Antonin erhalten hatte. Nun hieß es wohl zu hoffen, dass Antonin dennoch einen Weg fand, Cole zu helfen... Kapitel 13: Insomnia -------------------- Antonin Schon auf dem Weg nach draußen griff Antonin nach seinem Handy aus dem Kopf eine Nummer wählend. Die Durchwahl betätigte er allerdings erst, als er vor dem Club stand. Die ganze Sache war ein paar Nummern zu groß und zu eilig, um sie mit seiner Standartausrüstung durchziehen zu können. Es war sozusagen unmöglich. Und daher würde er wohl oder übel heute noch jemandem einen Besuch abstatten müssen. Danach die Besichtigung dieser drei Orte, am besten wären dazu noch Lagepläne, auch wenn ihm sein Instinkt zu diesem erwähnten Elternhaus tendierte. Wenn er es sich aussuchen könnte, wo er zu sterben gedachte, wenn etwas schief ging und sein Elternhaus sich ebenfalls auf dieser Liste befinden würde... Nun er würde sich dafür entscheiden. Ob er Nicholas ganz mit ins Boot holen sollte? Aber wenn sie doch auffliegen sollten, dann gäbe das nur ein noch größeres Problem. Andererseits hatte er solche Sachen schon lange nicht mehr gemacht und eigentlich hatte sein Boss auch immer gewusst, wenn er beschützt wurde – was die ganze Sache unwahrscheinlich viel einfacher machte. Genervt biss er sich auf die Unterlippe und hoffte, dass er seine Klappe im Büro gerade eben nicht zu weit aufgerissen hatte. Andererseits hatte er bei Don ja auch gemerkt, dass seine Ausbildung noch zog. Schwer seufzend schob er sich die Ärmel ein Stück nach oben und besah sich die Ausläufer seiner Narben. Er würde hiernach schon wieder umziehen müssen. Vielleicht Boston? Oder Miami? Aber dort wäre es viel zu heiß. Doch dann fiel sein Blick auf einen altbekannten Wagen und er unterbrach den Wahlvorgang. Das war doch jetzt aber nicht tatsächlich Coles Prachtstück, oder doch? Konnte er so viel Glück haben? Ha! Jemand da oben meinte es doch gut mit ihm. Oder mit Cole, ganz wie man das sehen wollte. Schnell eilte er zu seinem eigenen Wagen, öffnete den Kofferraum und den sich darin befindlichen Hohlraum. Von wo er einen schwarzen Aktenkoffer hervor und aus jenem ein kleines Gerät holte, das er mit wenigen Knopfdrücken aktivierte. Wer brauchte schon ein Handy, wenn man einen echten Sender anbringen konnte? Zufrieden grinsend eilte er zu dem anderen Wagen, linste kurz hinein nur um den Kopf zu schütteln, als er Cole schlafen sah und schlich dann einmal drum herum, um den Sender hinter dem Nummernschild fest zu machen. Zack - und schon wäre Mister Unnahbar plötzlich sehr nahe auf seinem Laptop zu erkennen. Doch es wäre nicht gut, sein neues Ziel hier einfach so schlafen zu lassen, weshalb er zur Beifahrertür ging und jene öffnete. "Du solltest lieber heimfahren, bevor dich deine Oberglucke findet. Notfalls kann ich dir auch nen Platz zum Schlafen anbieten, wenn du nicht mehr selbst fahren kannst. Aber hier solltest du nicht so bleiben.", begrüßte er ihn, da Cole wie erwartet sofort hochgeschreckt war. Cole Cole war aufgeschreckt und in einer zweiten Bewegung hatte er sofort seine Waffe in der Hand, die er auf Antonin richtete, bevor er überhaupt ganz bei Sinnen war. Verwirrt blickte er den anderen an, kritisch, kühl musternd. Bis er schließlich begriff, was hier vorgefallen war. War er tatsächlich in seinem Auto eingeschlafen? Langsam ließ er die Waffe sinken und richtete sich leicht auf, wobei er spürte, dass sein Kreislauf im Moment vollkommen im Eimer war. Sein Kopf dröhnte, sein Körper schrie nach Schlaf. Ihm fiel es schwer, die Augen offen zu halten. Er fuhr sich mit der linken Hand durchs Gesicht und murmelte ein "Es geht schon", schließlich wollte er erstens nicht, dass Antonin ihn irgendwohin brachte, und schon gar nicht, dass jener ihn zu sich nach Hause begleitete. Aber eigentlich musste er da ja auch nicht unbedingt hin, oder? Doch, er musste zu seiner Katze. "Ich brauch nur ne Minute", sprach er weiter und versuchte glaubhafter zu klingen. "Danke, dass du mich geweckt hast." Cole verstand nicht, wie er in so einer Situation überhaupt hatte schlafen können. Es wäre für einige ein leichtes gewesen, ihn auszuschalten. Er war offenbar nicht mehr ganz bei Trost. Cole zwang sich, sich zu strecken und sah Antonin dann an. "Habt ihr alles besprochen? Wenn ihr meine Hilfe für irgendwas braucht, dann können wir uns in den nächsten Tagen noch einmal unterhalten." Ein Platz zum Schlafen... Irgendwo weit weg, wo ihn nichts und niemand kannte, wo nichts und niemand war, der ihm an die Gurgel wollte. Irgendwo, wo er einfach nur leben konnte, entspannt, ohne das, was er jeden Tag tun musste, ohne die Bilder dessen, was er schon alles getan hatte? Das musste das Paradies sein. Und auf dieser Welt existierte das sicher nicht. Cole öffnete unvermittelt seine Tür und stieg aus. Er spürte, dass er nicht wirklich Kontrolle über seine müden Glieder hatte. Doch er ging um den Wagen herum, wankend auf Antonin zu. "Ok", murmelte er und sah den anderen aus schläfrig glasigen Augen an. "Bring mich irgendwo hin, wo ich schlafen kann, ruhig schlafen kann. Was es kostet ist mir egal. Ich zahle dir auch das Taxi für den Heimweg." Dann ließ er sich auf dem Beifahrersitz nieder, nestelte an seinem Handy und sprach schließlich. "Hey Susan, kannst du dich um Corleone kümmern... Entschuldige dass ich dich so spät noch störe. Und danke!" Müde ließ er den Kopf zurückgleiten, schloss die Augen. Antonin Antonin verfolgte das ganze Drama, das sich da vor seinen Augen abspielte zwischen Perplexität und Irritation schwankend. Mann, so würde der Kerl doch morgen im Leben nicht fit sein! Ein Gedanke der ihn Cole am liebsten packen und durchschütteln lassen wollte. So ein Idiot! So ein großer, verdammter Idiot! Er zog es vor auf nichts von dem sinnlosen Gefasel zu antworten, auch wenn er erstaunt war, dass Cole sich tatsächlich noch genug auf den Beinen halten konnte, um nicht einfach aus dem Fahrersitz raus zu kippen. Kopfschüttelnd setzte er sich hinter das Steuer, hörte dem Gespräch zu, während er den Sitz ein klein wenig verstellte und ließ den Wagen dann an. Schnurrte wie ein Kätzchen. Nur, wohin jetzt mit Cole? Das jener wirklich auf die Worte eingehen würde, war ja nicht abzusehen gewesen. Ein Ort an dem jener wirklich ruhig schlafen konnte? Na, Antonin wüsste da schon etwas... und da er eh vorhatte die Stadt zu verlassen, war das auch schon egal. Also fuhr er den Wagen vorsichtig vom Parkplatz und warf Cole nur von Zeit zu Zeit einen kopfschüttelnden Seitenblick zu, bevor er seine Tiefgarage mit Knopfdruck öffnete und den Wagen nach unten fuhr. Dort angekommen, stoppte er das Fahrzeug auf seinem Parkplatz, stieg aus und ging einmal um den Wagen herum, um die Beifahrertür zu öffnen und Cole raus zu helfen. Darüber gab es nur ein sehr kurzes, heftiges Wortgefecht, das auf Coles Seite eigentlich vielmehr dahingemurrt als tatsächlich gesagt war und auf Antonins Seite mehr durch puren Kraftaufwand gewonnen wurde. Danach ging es in den Aufzug in den ersten Stock und schon waren sie in seiner Wohnung. Seine neue, geliebte Wohnung, die er bald schon wieder aufgeben müsste. Sein Leben war einfach Scheiße. Er bugsierte Cole in sein Schlafzimmer und drückte ihn zu einer sitzenden Bewegung auf das große Bett. "Da ist das Badezimmer, auf dem Kasten neben dem Bett steht ein Wecker und du kannst das Ganze von innen absperren", gab er noch bekannt, bevor er das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss. Momentan wäre Cole viel zu fertig, um den ganzen wirklich viel Aufmerksamkeit schenken zu können, aber wie würde diese Wohnung wohl auf ihn wirken? Antonin hatte das ganze eher spartanisch eingerichtet. Hauptsächlich in Edelmetall und Glas. Einzig im Wohnzimmer gab es eine gemütliche Couch und einen dazu passenden Lesesessel. An jeder größeren Wand hing ein Bild. Bilder, die eigentlich nur abstrakte Formen darstellten. In absolut jeder Farbe – außer rot. Rot würde man in dieser gesamten Wohnung nur an Lebensmitteln finden. Etwas auf das er sehr viel Wert legte. Ansonsten gab es nur in der Küche geordnetes Chaos. Verschiedene Ordner lagen so ziemlich auf jeder freien Fläche herum, Blätter mit Formeln und Statistiken klebten an den Wänden und so ziemlich überall gab es gelbe Post-its mit angefangenen Ideen. Tief seufzend schüttelte er den Kopf und griff zum untersten Regal, wo er verschiedene Pulver aus unbeschrifteten Behältern hervorholte und daraus mit Wasser einen Drink zusammenstellte, den er in eine leere Glasflasche füllte und im Kühlschrank verstaute. Danach tauschte er die eine Handykarte gegen eine andere und griff sich einen leeren Zettel und Stift: "Im Kühlschrank ist eine durchsichtige Flasche mit gelbem Inhalt. Trink es! Garantiert unvergiftet, dafür aber hochkonzentriert und deutlich schneller im System als jeder Kaffee und Redbull. Im Schlafzimmerschrank sollten frische Handtücher zu finden sein, falls du duschen möchtest. Schließ die Tür hinter dir, wenn du gehst! Dein Auto ist in der Tiefgarage - falls du das nicht mehr mitbekommen haben solltest." Jenen Zettel legte er noch vor die Schlafzimmertür, so dass es kaum zu übersehen war und verließ dann seine Wohnung. Er hatte die Nacht über noch viel zu tun. Kapitel 14: Ziel gesichtet, Aktion läuft ---------------------------------------- Nicholas Nicholas hielt sein Handy noch immer ein wenig fassungslos in der Hand und das, obwohl schon einige Zeit seit dem Anruf vergangen war. Genügend Zeit, um den Anrufer gerade aus einem Taxi steigen zu sehen. Ruhig steckte er das Gerät weg und trat seinem Gast entgegen, um ihn in eine heftige Umarmung zu ziehen. Eine die sofort ebenso stark erwidert wurde. Was immer Antonin gerade zu ihm trieb, er war froh den Kerl wiederzusehen. Ohne viel Worte ausgetauscht zu haben, gingen sie durch die Werkstatt in einen Hinterraum, der nur mit einem speziellen Schlüssel geöffnet werden konnte. Nicholas hatte nicht mehr daran geglaubt, dass Antonin sich seine Ausrüstung jemals wieder holen würde. Und schon gar nicht für einen wirklichen Auftrag, aber er würde es nicht hinterfragen. Vielleicht wenn die morgige Nacht herum war, aber nicht jetzt. Jetzt erging er sich lieber in einer vorsichtigen Fachsimpelei darüber, ob Antonin sich wirklich alle drei Orte ansehen sollte, schließlich wäre es nicht weiter schwer, an die Baupläne der verschiedenen Gelände zu kommen. Und wenn Antonins Schützling schon einen Sender dran hatte, könnte dem Russen selbst ein wenig Schlaf nicht schaden. Nicht nur der, dessen Leben bewacht wurde, sollte fit sein. Etwas das Antonin zähneknirschend hinnahm und ihm dann die Daten gab, die vor kurzen von jemand anderem geschickt worden waren. So setzte Nicholas sich an seinen Rechner, während Antonin seine Ausrüstung begutachtete und überlegte, was er wohl bräuchte und wie er vorzugehen hatte – laut überlegte. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Person, die er irgendwie als Familienmitglied betrachtete, eigentlich gar nicht so richtig dafür bereit war. Warum also? Warum ging Antonin dieses Risiko ein, wenn er noch drum herum kommen könnte? Doch wenn Nicholas in etwas gut war, dann in Geduld üben. Und so gab er seinen Ratschlag, wann immer er nach seiner Meinung gefragt wurde und hielt ansonsten die Klappe. Er würde beobachten, beschloss er ein weiteres Mal. Und er würde dafür sorgen, dass dem Kleinen nichts passieren würde. So brummte er nur, dass Antonin endlich diese lächerliche Jacke ausziehen solle, schließlich wüsste er genau, wie jener aussehe, und machte sich wieder an die Arbeit. Cole Cole wachte am nächsten Morgen auf. Er hatte es noch geschafft, sich seine Hose auszuziehen und war dann schon unter die Decke geschlüpft. Tief hatte er den Geruch, der an der Decke und im Bett haftete und eindeutig der des anderen war, eingezogen. Ein angenehmer Geruch... Dann war er auch schon weg gewesen. Nun war es bereits 10 Uhr und Cole fluchte halblaut vor sich hin. Es war später als er hatte aufstehen wollen, auch wenn das kein größeres Problem darstellen würde. Während er ins Bad ging, sich dort neugierig umschaute und sich schließlich unter die Dusche stellte, fiel ihm auf, dass er so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen hatte, und dass er sich sehr ausgeruht fühlte. Nun ja, das konnte ja heute nichts schaden. Die Dusche tat gut, seine Lebensgeister endgültig wieder zu wecken, dann zog er sich wieder an, wissend, dass er nun erst einmal nach Hause fahren würde, um sich umzuziehen, bevor er irgendetwas anderes machen würde. Als er das Schlafzimmer wieder verließ, stolperte er über den Zettel. Stimmt, Antonin war ja gar nicht da... Sicher war er in seinem Labor. Er las die Nachricht. Die Handtücher hatte er auch so gefunden. Und das Getränk... Er ging in die Küche, sah sich in der stilvoll eingerichteten, sehr schlichten Wohnung um. Im Kühlschrank fand er beschriebenes Getränk. Nun, im Moment brauchte er es nicht, aber vielleicht würde es später gut tun, wenn er etwas hatte, das ihn wacher werden ließ. Und so verließ er schließlich die Wohnung wieder und holte seinen Wagen aus der Tiefgarage. Wenn Antonin heim kam, würde er auch eine Nachricht finden. "Ich danke dir vielmals für die Hilfe. Ich hoffe wir sehen uns wieder! Cole Ps.: Dein Bett ist toll..." Dann fuhr er nach Hause, zog sich um, saß ein wenig auf seinem Sofa mit Corleone, den er durchkraulte. Schließlich verließ er die Wohnung, kündigte seiner Nachbarin an, dass er in der nächsten Zeit wohl beruflich bedingt nicht daheim sein könnte und machte sich schließlich auf den Weg zum Haus seiner Eltern. In jenes Haus, in dem er heute Abend auf die treffen würde, die ihm sein Geschäft vermasseln wollten. Um Punkt 18 Uhr rief er Ragnar an und teilte ihm mit, er solle in eine Lagerhalle am Hafen fahren und dort den Warentausch machen. Er erklärte ihm genau, was er zu tun hatte, wann er wo sein sollte, wo die Waffen waren, mit wem er sich traf. Dann rief er die 6 Mitarbeiter an, von denen er wusste, dass sie zuverlässig waren und teilte ihnen das gleiche mit. Er hatte noch niemandem den Ort verraten, keinem. Ragnar würde Unterstützung haben. Der Plan war bekannt nur noch Ort und Zeit hatten gefehlt. Auch hatte er es vermieden, den anderen zu erklären, dass sie nicht alleine waren, hatte sie aber gebeten über die Aktion Verschwiegenheit zu bewahren. Um 20 Uhr würde das Geschäft abgewickelt werden. Dann würde er hier im Haus seiner Eltern denjenigen gegenüberstehen, die gegen ihn gearbeitet hatten. Es wird nicht einfach sein, herauszufinden, wer falsch spielte, aber er musste es auf sich zukommen lassen. Cole schaffte die 'Waffenkisten' ins Wohnzimmer. Es sollte ja niemand gleich Verdacht schöpfen. Hier an diesem Ort würde es ihm leichter fallen, zu töten, sich zu schützen oder zu sterben. Er rief die drei letzten Helfer an, und nannte ihnen als Ort des Deals sein Elternhaus. Es würde nicht spannend werden, wer kam, sondern wer nicht alleine kam. Cole hoffte nur inständig, dass die anderen Beiden würden gehen dürfen, wenn sie unschuldig waren. Dann wartete er. Antonin Es war bereits nach zwölf Uhr als Antonin seine Wohnung am nächsten Tag betrat. In der Sicherheit zu wissend, dass Cole nicht mehr hier wäre. Was auch den Grund dafür dargestellt hatte, dass er von Nicholas geweckt worden war. Mit den freundlichen Worten: "Dein Vöglein ist ausgeflogen." Jetzt würde er sich erst einmal selbst eine Dusche gönnen, dann vielleicht noch ein bis zwei Stunden Schlaf und dann wäre seine Konzentration wirklich gebraucht – und das über lange Stunden hinweg. Allerdings verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck als er jene Nachricht von Cole bemerkte und las. "Ich hoffe wir sehen uns wieder!", äffte er nach und zerknitterte den Zettel wütend, um ihn in die nächste Ecke zu pfeffern. Dieser Idiot sollte lieber ganz sicher sein, dass sie sich wieder sehen würden, denn sonst hätte er versagt. Und Antonin hatte nicht vor zu versagen – er würde Cole den Knackarsch retten und sich dann aus der Stadt verpissen. Etwas, das ihn immer noch nicht wirklich glücklich stimmte, aber das wohl sein müsste. Cole kam ihm zu nahe. Und zwar auf anderen Ebenen als man annehmen konnte, wenn er sich so ausdrückte und man bedachte, dass der andere wohl stockschwul war. Leider - denn auch wenn das keine innerlichen Volkstänze abspielen ließ, so wäre ihm eine solche Annäherung deutlich gelegener gekommen als den anderen in das Schutzprogramm aufnehmen zu müssen. Wobei ‚müssen‘ hier sehr großzügig verwendet wurde, denn auf Ragnars Bitte hin, hätte er jenem auch ins Gesicht lachen können. Aber wer nahm die Dinge schon so genau? Zufrieden bemerkte er dass die Flasche aus dem Kühlschrank verschwunden war, bevor er sich duschte und sich dann zufrieden seufzend auf sein Bett fallen ließ. Home, sweet Home. Antonin wollte sich selbst auf die Schulter klopfen als Nicholas ihn anrief und mitteilte das Cole sich tatsächlich in dessen Elternhaus befand. Manchmal war auf seine Intuition eben wirklich verlass. Er bedankte sich, wartete noch 15 Minuten und begab sich dann in die Tiefgarage zu dem schwarzen Baby, das er sich von Nicholas geborgt hatte. Einem Jeep dessen Marke ihm total egal war, wichtig und interessant waren die verspiegelten Schreiben und die verstärkte Lackierung. Mit jenem fuhr er dann auch bis einen Block an das Elternhaus heran und holte dann in aller Seelenruhe die dunkle Sporttasche aus dem Kofferraum. Er selbst war ebenfalls in Schwarz gekleidet und je nach Situation hatte er sogar noch eine Maske dabei. Das A und O einer solche 'Beschattung' war, das niemand das mitbekam. In diesem Fall leider auch der Geschützte nicht. Zusammen mit Nicholas hatte er sich die Baupläne des Hauses angesehen und sich entschlossen, es erst mal mit dem Dach des Nachbarhauses zu versuchen, denn normalerweise fanden solche Übergaben im unteren Bereich eines Hauses statt. Von dort oben hätte er erst mal Einblick auf Wohnzimmer und Küche, wovon zu hoffen blieb das es reichte. Sein nächstes Problem stellte eben das erreichen jenes Daches dar, doch auch das erwies sich als lösbar. Dank dicht gewachsenem Efeu und einer momentan abwesenden Familie. Dort angekommen positionierte er sich am Schornstein und baute das Scharfschützengewehr mit wenigen Handgriffen zusammen – setzte ihm dann noch die Vergrößerung auf und sah einmal probeweise hindurch. Inzwischen war es 19:30 Uhr und ein trockenes Lächeln umspielte seine Lippen als er tatsächlich einen Blick auf Cole im Wohnzimmer erhaschen konnte. Danach holte er das Seil hervor, befestigte es zuerst am Schornstein, dann am Karabiner seines Gürtels und warf den Rest davon übers Dach. Wenn er näher ranmüsste, musste es schnell gehen. Oder wenn er sich ganz schnell verdrücken musste. Jetzt blieb nur noch eines zu tun, so holte er sein auf lautlos geschaltetes Handy aus der Seitentasche der Sporttasche und mühte sich mit den Handschuhen ab eine SMS an Ragnar zu schreiben: "Ziel gesichtet, Aktion läuft." Und jetzt, hieß es abwarten und Daumen drücken... verdammter Cole! Das ganze wäre so viel besser zu handhaben, ohne diese Geheimniskrämerei. Elende Einzelgänger! Elender Scheißkerl! Und so einen hatte er in seinem Bett schlafen gelassen... tsss Kapitel 15: Die Rattenfalle schlägt zu -------------------------------------- Cole Cole hatte sich im Wohnzimmer ans Fenster gestellt und beobachtete die Straße. Er trank in ruhigen Zügen das Getränk, das ihm Antonin gebraut hatte, und abgesehen davon, dass der Geschmack fremd, aber nicht schlecht war, bildete er sich ein, dass es wirklich aufputschend war. Sicher würde es ihm helfen, konzentrierter sein zu können. Es ging schließlich um seinen Arsch. Jake war der erste der kam, allein, aber das hatte noch nichts zu bedeuten. Als dieser schon an der Tür war, hielt auch der Wagen von Sean und der Wagen von Christian vor dem Haus. Cole löste sich vom Fenster und trat in die Mitte des Raumes, setzte sich auf die Kisten und wartete. Jake trat ein und lächelte ihn an. "Da bist du ja", erklärte er und trat auf Cole zu. "Wann kommen die Geschäftspartner?" Cole erwiderte nichts, und Jake drehte sich um, als Christian und Sean auch eintraten. "Wir sind nicht allein?", rutschte ihm heraus. "Nun ja, dann ist es sicherer." Coles Miene blieb unbewegt. Er musste Informationen sammeln, Hinweise, damit er dann richtig handeln konnte. Er wollte niemanden unschuldig sterben sehen. Sean und Christian unterhielten sich, hatten sich wohl gegenseitig bestätigt, dass Cole sie beide informiert hatte. "Kommt noch jemand?", fragte Sean an Cole gewandt. "Wie wird der Deal jetzt ablaufen?" Cole blickte sie ruhig an. "Nein es kommt niemand mehr. Der Deal wird ablaufen, indem wir warten." Nun, da hier kein Deal stattfinden würde, blieb ihnen tatsächlich nichts anderes übrig. Und so schwieg er, abwartend, äußerlich vollkommen ruhig, aber innerlich bis zum Äußersten gespannt. Jake war der erste, der unruhig wurde, der auf die Uhr blickte, der ein wenig nervös wirkte. "Ich schau einmal, ob ich etwas sehe...", murmelte er und ging aus dem Wohnzimmer hinaus in die Küche. Coles Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Doch er wartete weiter. Christian und Sean standen ungerührt da. Warteten offensichtlich einfach nur, was geschehen würde. Eigentlich reichten die Indizien schon. Als Jake wiederkam hatte jener seine Waffe in der Hand. "Ich habe sie nicht gesehen", erklärte er und blickte etwas unruhig zur Tür. Dann hörte man draußen Wagen halten, aus denen Personen ausstiegen. Also würde die Show jetzt beginnen. Cole stand auf. Dann sah er Sean und Christian an. "Verschwindet durch den Hintereingang. Beeilt euch." Die Irritation der beiden war nicht zu übersehen, doch der Tonfall mit dem Cole den Befehl gegeben hatte, war deutlich gewesen. Und so gingen sie zögerlich, aber die gingen. Jake blickte ihnen irritiert nach. "Was soll das, Cole?", fragte er und sah ihn an. Cole zuckte mit den Schultern. "Sag du es mir..." Doch bevor Jake etwas sagen konnte erschienen hinter an die zehn Männer, die Cole teilweise kannte. Es waren vorwiegend Leute aus der afroamerikanischen Szene, die in letzter Zeit bei diesen Unruhen ausgelöst haben, weil sie sich selbständig machen wollten. Daher wehte also der Wind. Jake hatte offenbar bei diesen das Gefühl gehabt, dass er aufsteigen könnte. Und um einen guten Putsch zu machen, brauchte man die entsprechenden Waffen. "Guten Abend, die Herren", begann Cole und stand auf. "Nun, da ich weiß, wer hinter meinem Rücken gegen mich agiert, können wir ja wieder nach Hause fahren, nur du, Jake, solltest mir noch einiges erklären." Einer der Dunkelhäutigen blickte Jake an. "Wovon redet der?", fragte er ihn. "Wo sind die Waffen?" Cole lachte leise und trat auf den zu, der offenbar der Chef war. "Es gibt keine Waffen...", erklärte er und hob beschwichtigend die Hand, als jener ihm in einer schnellen Bewegung einen Revolver vor die Brust hielt. Kritisch betrachtete er Cole, der ungerührt dastand, bis er schließlich einem anderen mit einer Kopfbewegung zu verstehen gab, dass er nachsehen sollte. "Da sind keine Waffen drin, Chef", erklärte dieser und Cole konnte gar nicht so schnell schauen, da hatte der Angesprochene schon den Revolver von ihm weg auf Jake gerichtet. "Du hast versagt", sagte er und drückte ab. Nun, Cole kannte diese Methoden. Man gab einem Wurm, der hoch hinaus wollte einen Auftrag, und wenn er versagte, dann konnte man vor den anderen ein Exempel statuieren. Eine Methode, die er selbst niemals anwenden würde. Denn seine Leute um sich zu versammeln, indem man ihnen Angst machte, davon hielt er nichts. Niemals würde er seinen eigenen Leuten zu verstehen geben, dass er sie jederzeit abknallen würde, wenn sie ihre Arbeit nicht gut machten. Da gab es wahrlich bessere Methoden, ihnen klar zu machen, wer der Chef war, ohne dass diese Anerkennung auf Angst beruhte. Antonin kam ihm in den Sinn, der so viel Angst vor ihm gezeigt und zugegeben hatte. Eigentlich lustig... Aber im Moment hatte er keine Zeit, an den Russen zu denken. "Wo sind die Waffen?", wurde er gefragt. Cole lächelte. "Die sind schon lange bei dem, der sie haben wollte." Wieder zeigte der Lauf des Revolvers auf ihn. "Wo fand die Übergabe statt?" Wieder ein Befehl, was Cole nicht mochte. "Das kann dir scheißegal sein", zischte er mit einem Mal seine Freundlichkeit ablegend. Er senkte die Arme und blickte sein Gegenüber feindselig an. Er befand sich in keiner guten Ausgangsposition. Der Mann vor ihm würde keine Sekunde zögern, ihn umzulegen. Das wusste er. Die Kisten, die ihm ein wenig Schutz bieten würden, standen zu weit von ihm weg. Und Cole hatte sich geschworen, dass wenn er heute abdanken musste, wenigstens ein paar mitnehmen würde. Doch er hatte ja noch ein Ass im Ärmel. Es musste nur alles schnell gehen... Und das tat es dann auch. Cole drückte den kleinen Knopf an seinem Ärmel und hinter der Gruppe von Menschen hörte man etwas leicht explodieren. Das war der Überraschungseffekt, den er sich ausgerechnet hatte, und der ihm jetzt dazu verhalf, den Moment, in dem die Aufmerksamkeit der anderen von ihm abgelenkt war, auszunutzen, um sich hinter den Kisten in Sicherheit zu bringen, und seine Waffe zu ziehen. Wenige Sekunden später hörte er auch schon den ersten Schuss in seine Richtung gehen. Jetzt würde es um Leben und Tod gehen... Antonin Wollte Cole ihn verarschen?! Antonin hatte die ersten drei Wagen mit Misstrauen verfolgt, die einzelnen Leute aussteigen und das ganze so gut es eben ging durch das Zielfernrohr mit angesehen. Da musste dann wohl die Ratte dabei sein, wenn es denn nur eine war. Immerhin wäre Cole dann nicht ganz alleine. Ein Gedanke, der sein Adrenalin auch noch ein wenig in Grenzen hielt, als die nächsten Wagen anhielten. Doch als sein Bossmann die anderen beiden offensichtlich wegschickte fluchte er herzzerreissend. War so viel Dummheit auf zwei Beinen eigentlich erlaubt? Hatte dieser verdammte Penner wirklich so eine Todessehnsucht? Antonin spie aus, robbte sich näher ans Dach und sah abermals durch das Fernrohr. Jetzt war es amtlich, dass er näher musste, weshalb er seine Tasche schnell über den Dachrand kickte und mit Schweiß auf der Stirn mitverfolgte wie so ein Arschloch die Waffe auf sein Ziel richtete. Oh, die wussten gar nicht wie zielsicher sie gerade ihre Unterschrift auf ihre Sargbestellung gesetzt hatten. Fast wäre der Finger am Abzug schon abgeglitten, doch dann - und er hätte bei Cole nicht anderes erwarten dürfen - ging schon wieder alles ganz schnell. Der Idiot hechtete hinter die paar Kisten als irgendetwas im Haus passierte. Antonin war zu weit weg, um das sicher abschätzen zu können, aber ab jetzt waren diese Penner Freiwild. Was derjenige der die Waffe auf Cole gerichtet hatte, auch sogleich mit einem Kopfschuss erfahren durfte. Im momentanen Chaos würde noch niemand weit genug denken, um einen Scharfschützen zu vermuten. Er schoss noch dreimal, in der Sicherheit zwar getroffen zu haben, aber nicht wissend, ob tatsächlich tödlich. Dazu herrschte da gerade viel zu viel Chaos. Gehetzt ließ er sein Gewehr liegen und sprang dann mehr oder weniger vom Dach, sich nur einmal am Seil abstützend. Kam ächzend neben seiner Tasche auf und griff sich die beiden automatischen Handfeuerwaffen daraus. Wobei ihm nur kurz der Gedanke kam, dass Cole nicht mal irgendwas Kugelsicheres trug. Nicht einmal ein verflixtes Polster am Herz. Er würde ihn eigenhändig umbringen, wenn das hier vorbei wäre! Mit einem weiteren Handgriff zerrte er sich die Maske über das Gesicht und hechtete über den Zaun und dann die Straße. Hintereingang.. Hintereingang.. Antonin hörte Schusswechsel und betete, dass er schnell genug wäre. Auf seinem Weg sah er plötzlich auch die anderen beiden Pfeifen und riss sofort beide Waffen hoch, entsicherte sie. "Was macht ihr noch hier?! Entweder ihr verpisst euch, oder ihr macht was Sinnvolles!", knurrte er durch die Maske und lief dann auch schon weiter. Die würden ihm jetzt nicht mehr in den Rücken schießen, dazu wirkten sie viel zu verwirrt und wohl auch unsicher. Aber das waren Sekundeneindrücke, keine die wirklich etwas wert waren. Das einzige das hier Momenten wert hatte, war Coles Leben, welches er auch teuer zu verkaufen gedachte. Mit schnell klopfendem Herzen schob er sich durch die Tür und versuchte sich erst mal einen Überblick zu verschaffen. Wo war Cole? Noch bei den Kisten? Waren die besonders gesichert? Vorsichtig schob er sich tiefer ins Haus und sah schließlich ins Wohnzimmer. Cole Chaos war wohl das richtige Wort, das hier angebracht war. Besonders, da Cole irgendwo Glas splittern hörte. Hatte jemand nach draußen geschossen? Wurde von draußen hereingeschossen? Es folgten Schreie. Jemand schrie "Da ist noch einer draußen", weitere Anweisungen folgten, Schritte entfernten sich. Das Kugelgewitter prasselte hinter ihm an der Wand und auf die Kisten ein, die er bewusst kugelfest gewählt hatte. Doch jeder Aufprall einer Kugel ließ sie dennoch durch die Wucht erzittern. Er hörte, wie Körper zu Boden gingen, dabei hatte er noch gar nicht angefangen zurückzufeuern!? Er war verwirrt, doch als er sich hinter der Kiste positioniert hatte, begann er selbst zu schießen. Ob Sean oder Christian ihm zur Hilfe kamen? - Doch diese beiden waren gerade erst zurückgelaufen, als sie die Schüsse gehört hatten und waren nun verwirrt wegen des in Schwarz gehüllten Mannes, der sie anschnauzte. Doch offensichtlich gab er ihnen den Befehl, Cole zu helfen, und das würden sie auch tun. Und so zogen sie ihre Waffen, liefen vorsichtig um das Haus herum, um durch den Vordereingang zu kommen. Eine schlechte Idee, wie sich herausstellen sollte. - In den Bruchteilen von Sekunden, in denen er sich einen Blick auf die Lage gönnte, sah er, dass drei der Gegner bereits neben Jake zu Boden gegangen waren. Während sich zwei hinter den Resten des Sofas verschanzt hatten, waren mindestens drei in die Küche geflüchtet. Cole wusste aber, dass es genau zehn Personen sein mussten, also waren wohl zwei nach draußen geeilt, um Sean und Christian entgegenzutreten. Kurz überlegte er, hörte, dass jemand hinter dem Sofa stöhnte. Ob dieser angeschossen war? Nun als nächstes musste er diese beiden ausschalten. Cole wechselte das Magazin, lauschte, dann richtete er sich auf, zielte zunächst in Richtung Küche, um sich kurz Zeit zu verschaffen, dann hielt er auf das Sofa, die Lehne, die sicher bald nicht mehr standhalten würde. Einer der beiden versuchte zur Tür zu flüchten - zwei Personen weniger. Dafür feuerte die Küche wieder. Cole duckte sich weg, spürte aber, dass ihn eine Kugel in der Schulter getroffen hatte. Er wartete die nächste Salve hinter der Kiste ab, betrachtete sich seine taube linke Schulter, die noch nicht schmerzte, da zu viel Adrenalin in seinem Blut war. Erleichtert stellte er fest, dass es ein glatter Durchschuss war. Zumindest konnte er seinen linken Arm noch heben, also war es nicht zu schlimm, es blutete nur unglaublich. Kurz schloss er die Augen. Er wusste nicht genau, wie er an die Küche kommen konnte. - Währenddessen waren jene zwei, die Cole vermisst hatte, hinausgerannt und auf Christian und Sean gestoßen, die diese zu spät gesehen hatten... Beide Männer stiegen in Autos und brausten davon. - Ein neues Magazin war schnell eingesetzt, doch wie sollte er nun weitermachen? Langsam aber sicher spürte er, wie sein Arm zu schmerzen anfing, wie das Blut seinen Arm hinab lief. Der Geruch von Blut und von Kugeln, Schwefel lag schwer in der Luft. Und mit einem Mal strömte auf ihn etwas ein, was er längst vergessen glaubte, was er doch eigentlich abgelegt, verdrängt hatte. Bilder traten vor sein Auge. Und mit jedem dieser Bilder wurden seine Augen leerer. Bilder von vergangenen Tagen, als er in einer Kiste gesessen hatte, als er hören musste, sehen musste, riechen musste, wie seine Familie genau hier ermordet wurde. Der gleiche Geruch, der gleiche Raum, eine ähnliche Situation... Und mit einem Mal stand Cole auf, richtete seine Waffen auf die Küchentür und feuerte, auf diese zutretend, feuerte und feuerte. Sollten sie ihn doch töten, dann hätte er endlich seinen Frieden. Kapitel 16: Russisch Roulette ----------------------------- Antonin Antonin sah rot. Absolut rot! Und das lag nicht am allgemein herumspritzenden Blut. Nein, es lag ganz speziell an Cole, der offensichtlich getroffen war und nebenbei eine deutliche Todessehnsucht zur Schau stellte. Da blieb einfach keine Zeit mehr zum Nachdenken, sondern nur noch zum Handeln. Mit zwei großen Laufschritten, war er bei Cole und stieß ihn mit aller Gewalt an die nächste Wand, raus aus der direkten Schusslinie der Penner in der Küche. Dadurch sowieso an Gleichgewicht eingebüßt, ließ er sich in die Hocke fallen, hob die beiden automatischen Handfeuerwaffen und drückte ab. Salve um Salve, donnerte er in Richtung Küche. Wo er auch einen weiteren Mann bereits in einer Blutlache liegen sah. Offensichtlich hatte Coles Kamikazeaktion immerhin jemanden mit sich gerissen. Schließlich nur noch mit einer Waffe feuernd, sprang er wieder auf die Beine hinein in die Küche, wo er selbst einen Streifschuss an die Seite bekam. Er hoffte zumindest das es ein Streifschuss war, bevor er die letzten Kugeln in die beiden ebenfalls schon getroffenen Kerle versenkte. Und rein um sicher zu gehen, noch eine an den bereits liegenden. Und dann.. war Stille. Einfach so, war von jetzt auf gleich einfach nur Stille im ganzen Haus zu hören. Vorausgesetzt man könnte sagen, dass Antonin irgendetwas hörte, denn das Blut rauschte laut in seinen Ohren und sein Atem ging heftig. Stoßweise, ganz so, als könnte er nicht genügend Luft in seine Lungen pumpen. Kurz gesagt: er stand schon wieder kurz vorm Hyperventilieren und, um sich davon abzulenken, griff er sich vorsichtig an die Seite. Beide Waffen einfach unbeachtet fallen lassend, zuckte er zusammen und betrachtete das Blut an seinen Handschuhen. Das war kein Streifschuss... Scheiße! Verdammte Scheiße! Voller Wut trat er der nächstbesten Leiche in die Seite und wandte sich dann herum, um ins Wohnzimmer zurück zu gehen. Auch hier sah die Lage nicht besser aus. Im Gegenteil, das Geräusch, das seine Schuhe verursachten als er durch die Blutlachen trat, ließen ihn fast an Ort und Stelle vor lauter Übelkeit Ohnmächtig werden. Doch auch hierfür war jetzt keine Zeit. Wichtig war es, Coles Gesundheitszustand zu überprüfen und dann auf schnellsten Wege zu verschwinden. Seine Maske ganz vergessend, trat er auf eben jenen zu und musterte ihn kurz. Der Kerl gehörte in ein Krankenhaus und das ein bisschen plötzlich. Und danach bräuchte er, wenn es nach Antonin ginge, eine ordentliche Tracht Prügel für so viel Unvorsichtigkeit, Größenwahn und Todessehnsucht. "Was ist eigentlich los mit dir, Scheißkerl?!", er merkte kaum, dass er es laut aussprach, trat näher heran und überlegte, wie er den anderen am besten und mit möglichst wenig Schmerzen hier raus brächte. Seine eigene Wunde ignorierte er erst einmal gekonnt, auch wenn sie brannte wie Feuer und sie sicherlich auch behandelt gehörte. Aber sein Auftrag war noch nicht erfüllt, solange er sich nicht sicher sein konnte, dass Cole überleben würde. Cole Cole hatte gar nicht gemerkt, dass jemand hinter ihm gewesen war. Und so war der unerwartete Stoß umso heftiger, ließ ihn gegen die Wand taumeln, an der er kraftlos hinabrutschte. Seine Augen waren noch immer leer, er selbst wirkte apathisch, noch immer jene Bilder von damals vor Augen habend. Die Schüsse, die Antonin, den Cole als solchen nicht wahrnahm, abfeuerte, schlugen auf ihn ein, hallten in ihm wieder, ließen die Bilder nicht verschwinden. Und dann war Ruhe. Eine beängstigende Ruhe. Cole sackte in sich weiter zusammen, starrte auf den Boden. Der Geruch des Blutes drang stärker und stärker auf ihn ein, doch nun mischte sich ein neuer Geruch mit dazu: Feuer. Offenbar hatte seine fingierte Explosion ein Feuer ausgelöst. Doch von all dem bekam Cole auf rationaler Eben nichts mit. Schließlich nahm er nur noch wahr, dass jemand auf ihn zukam, und als Cole aufblickte, den anderen ansah, ohne zu verstehen, was jener sagte, sah er nur jemand mit einer schwarzen Maske. Nun kroch Angst in ihn, tief sitzende Angst, die seine Augen erschrocken sich weiten ließ. Angst, hier und jetzt tatsächlich abgeknallt zu werden, tatsächlich sterben zu müssen. Eine Angst, die vorhin noch gar nicht so präsent gewesen war, weil er sich ja verteidigen konnte. Es war eine Angst, die er noch nie gefühlt hatte, aber nun, da er sie empfand, wusste er, dass er sich nach ihr gesehnt hatte: Die Angst, zu sterben. Ohne zu zögern hob er seine Waffe, die er krampfhaft festgehalten hatte, richtete sie auf Antonin, den er noch immer nicht erkannt hatte, und drückte ab - doch nichts geschah. Cole ließ seine Waffe wieder sinken, wissend, dass das Magazin leer war und blickte der ihm fremden Gestalt entgegen, während sich seine Augen mit brennender Flüssigkeit füllten. Nun war es also doch soweit. Er würde sterben, in diesem Wohnzimmer, 18 verdammte Jahre nachdem er eigentlich hätte sterben sollen. Das, was er all die 18 Jahre ersehnt hatte, würde heute geschehen. Aber heute spürte er, dass er es zwar akzeptieren musste, aber eigentlich nicht wollte. Antonin Woah! Für Sekunden setzte Antonins Herz aus, nur um danach nur noch heftiger wieder in seiner Brust zu hämmern. Wie in einem schlechten Film hatte Cole die Knarre gehoben und tatsächlich abgedrückt! Nur um mit einem leeren Klicken zu enden. Scheiße, man! Scheiße! Der hätte ihn jetzt fast abgeknallt nachdem er ihm den Arsch gerettet hatte?! Und dann... langsam aber sicher kam ihm die Erleuchtung und er riss sich die Maske mit einer heftigen Bewegung herunter und ging von Cole in die Hocke. Die eigenen Augen vor Schreck und Schock noch weit aufgerissen sah er da etwas vor sich, auf das er gut verzichten konnte. Das hier war nicht derjenige, den er im halben Scherz für sich selbst ‚Bossmann‘ nannte. Da war keine innere Stärke mehr zu sehen, kein lebhaftes Funkeln in den grünen Augen, die von einer Sekunde zur nächsten so eiskalt werden konnte. Er wandte den Blick von ihnen ab, wollte das Ganze nicht genauer sehen. Für ihn war Cole in ihren wenigen Treffen jemand geworden, den er zu jeder Zeit als eine Konstante in ein Feld setzen würde. Eine feste Konstante, die immer wusste. was zu tun war, und die nach eigenen Regeln handelte. So einen leeren und irgendwie einfach nur akzeptierenden Blick würde er so nicht dulden! "Du hättest mich gerade fast umgebracht und das nachdem ich so viel Mühen auf mich genommen habe, um dir deinen Knackarsch zu retten", murmelte er und zog Cole dann ein Stückchen zu sich, um eine Schulter unter dessen Arme zu bekommen und ihn dann wieder auf die Beine zu wuchten. "Und ich wäre sehr dankbar, wenn du mir jetzt nicht wegsterben würdest, ok?", setzte er noch dran. Am liebsten hätte er Cole eine gescheuert, um eine echte Panik oder sollte er besser sagen ein Trauma zu vermeiden, aber dafür war ihm das Ganze noch zu kritisch. Zudem ihm seine eigene Wunde auch zu schaffen machte und der Gestank von Rauch sich immer mehr ausbreitete. "Jetzt sei ein guter Junge und unterstütz mich mal ein wenig. Deine Beine sollten noch funktionieren!", fuhr er ihn dann aber dennoch an und hievte ihn so gut es ging aus dem Haus. Sie müssten es nur bis zum Jeep und bis zum nächsten Krankenhaus schaffen. Das konnte doch so schwer nicht sein. Und danach würde so viel unglaublicher Wodka auf ihn warten - nachdem Cole und er selbst versorgt wären natürlich. Aber er musste seine Welle an Adrenalin noch ausnutzen, sonst säßen hier bald zwei geistig abwesende mit dämlichen Wunden und würden vor sich hin blutend darauf warten, dass die Bullen antanzten. Nein, nein. Einmal würde Antonin derjenige sein, der den Überblick über eine Situation behielt. Auch wenn ihm das Herz bis zum Hals schlug. Cole durfte jetzt nicht sterben und es würde ihnen schon helfen, wenn jener das jetzt auch so sehen und sich nicht wie eine Puppe verhalten würde! Kapitel 17: Graublauer Sturm - Grüner Trotz ------------------------------------------- Cole "Antonin?", fragte er und blickte den anderen, dessen Gesicht er nun sah überrascht an. Langsam kehrte Leben in seine Augen zurück, welches wahrscheinlich zusammen mit der Erleichterung einkehrte, die er empfand, als er nun langsam begriff, was gerade vor sich gegangen war. Cole schluckte, wischte sich mit der Hand über das Gesicht, die Tränen weg, hinterließ dabei eine Blutspur und richtete sich langsam auf, mit einem Mal wieder wachsende Kraft spürend. "Antonin", stellte er erneut fest, als würde er jetzt erst wirklich davon überzeugt sein. Dann legte er ihm seine Arme um die Schultern, umarmte ihn sozusagen. Nur einen Moment, bevor Antonin ihn hochhob, auf seine Beine stellte, wobei ihn Cole so gut es ging unterstützte. Währenddessen sah er den anderen noch immer an, als würde er ihn das erste Mal wirklich sehen. Hatte dieser ihm wirklich das Leben gerettet? Und hatte er diesen beinahe gerade umgebracht? Er nahm wahr, was jener zu ihm sagte, aber er konnte noch nicht recht reagieren. Er spürte den Schmerz in seiner Schulter, aber deswegen sterben? Nein. Erst als Antonin losgefahren war hatte er so langsam seine sieben Sinne beieinander. Er realisierte mehr und mehr, was nun alles geschehen war. Und je mehr er realisierte, desto mehr verdrängte er auch jenen Augenblick, an dem er fertig mit der Welt war. "Dr. Kellman", sagte er schließlich. "860 Fifth Avenue. Wenn du mich ins Krankenhaus bringst, dann komme ich nie wieder raus, weil mich die Bullen gleich einkassieren." Er sah Antonin von der Seite an, kritisch musternd. Auch jener schien verletzt. Die schwarze Kleidung glänzte an der Seite dunkel und Cole meinte ein Einschussloch zu erkennen. Vorsichtig tastete er sich nach seinem Handy ab, suchte in seinem Telefonbuch nach der Nummer des Arztes, der für ihn arbeitete. Er merkte, dass er noch immer nicht seinen Körper richtig unter Kontrolle hatte. "Raphael, ich komme und bringe noch jemanden mit. Es könnte heute etwas länger dauern." Dann legte er wieder auf. "Er wartet auf uns. Keine Sorge, er wird uns wieder herrichten." Dass diese Aussage eher ihm zur Beruhigung diente, merkte er dabei nicht. Als sie beim Arzt angekommen waren, empfing dieser sie bereits zusammen mit einem Kollegen. Sie wurden auf einen OP-Tisch gelegt, örtlich betäubt, mit einer Bluttransfusion versehen und behandelt. Während Cole einen glatten Durchschuss hatte, der zum Glück, keine wichtigen Organe verletzt hatte, wurde aus Antonin eine Kugel herausgezogen, die aber offensichtlich nur eine war, die sich verirrt hatte und daher mit nicht so großer Wucht ihn getroffen hatte, so dass auch diese Verletzung vor allem großen Blutverlust, aber keine großen Schäden mit sich zog. Beide hatten das Glück, dass sie nicht innere Blutungen haben würden. Schließlich erhielten sie noch die Dosis Antibiotikum als Infusion, die dafür sorgen würde, dass sie nicht an einer Blutvergiftung sterben würden. Nun fanden sie sich mit gut sitzenden Verbänden im Behandlungszimmer wieder. Cole war auf seiner Liege hereingeschoben worden. Und auch Antonin lag noch da, auch mit einer Infusion am Arm. Raphael musterte sie kritisch. "Was auch immer ihr Idioten getan habt, ihr hattet mehr Glück als Verstand", knurrte er und sah vor allem Cole an, von dem er ja so Einiges schon gewohnt war. "Für euch ist jetzt mindestens eine Woche Ruhe angesagt. Klar? So lange brauchen die Nähte mindestens, bis sie verheilt sind. Und wenn ihr euch nicht daran haltet, dann werden die Narben noch hässlicher." Er sah von Cole zu Antonin und durch seine beeindruckende Größe würde ihm wohl eh niemand widersprechen. "Und nun ruht euch noch ein wenig aus, bis die Infusion durchgelaufen ist." Damit ließ er sie beide allein. Cole kam der Moment, in dem er mit Antonin alleine war plötzlich sehr bedrohlich vor. Was sollte er dem anderen sagen? Er hatte während der Behandlung einige Zeit gehabt, sich zu überlegen, was nun eigentlich wirklich geschehen ist. Mittlerweile war er sich ziemlich sicher, dass Ragnar Antonin auf ihn angesetzt hatte. Aber dass jener sich in so eine Kamikazesituation stürzen würde? Gut, er hatte ihm seinen 'Knackarsch' gerettet, aber eigentlich hätte er auch dabei drauf gehen können. Und wenn das geschehen wäre, wüsste er, wen er dafür bestrafen würde: Ragnar. "Du bist ein Vollidiot, dass du da mit reingegangen bist", begann er schließlich. "Du hättest dich niemals in diese Gefahr begeben dürfen." Er schwieg ganz kurz und fuhr dann mit wärmerer Stimme fort. "Aber ich danke dir, dass du mich da rausgeholt hast. Und es tut mir leid, dass ich auf dich schießen wollte. Ich war nicht ich selbst." Letzteres war das, was ihn eigentlich am meisten belastete. Er hatte auf Antonin gezielt und abgedrückt. Sicher, er konnte nicht wissen, wer da vor ihm stand, aber er hätte begreifen können, dass jener ihm gerade das Leben gerettet hatte. Antonin Immerhin erkannte Cole ihn jetzt, dachte Antonin sarkastisch, als er jenen in den Jeep bugsierte. Als er die Beifahrertür hinter jenem zuschlug griff er zu seinem eigenen Handy und wählte die erste Nummer an, um Coles Wagen von Nicholas wegbringen zu lassen. Mehr erzählte er nicht, mehr wurde er auch nicht gefragt. Zudem Antonin sicherlich mehr als geschockt gewesen wäre zu erfahren wie nahe jener wirklich an ihm dran war. Tatsächlich gab es diese Nacht noch zwei weitere Leichen aus ihren Autos zu zerren, denn Nicholas hatte sie nicht entkommen lassen. Der zweite kurze Anruf ging an Ragnar um ihm genau das zu sagen, was er ihm bereits versprochen hatte: "Erledigt." Danach hielt er sich an Coles Anweisungen und war mehr als erleichtert, wieder ein wenig Leben in diesem zu erkennen. Mann, der hatte ihm aber auch genug Schrecken für ein halbes Leben eingejagt! Hob der echt die Knarre und drückte ab! Etwas das immer noch nicht so recht in seinen Kopf wollte. Und gerade konnte er nicht mit Sicherheit bestimmen, wer von ihnen beiden eigentlich der kaputtere Typ war. Aber die Aussage mit dem herrichten nahm er mit einem abrupten Nicken zur Kenntnis. Das konnte mal absolut nicht schaden. Was dann jedoch erstmal folgte war eine Abfolge an bereits mehr als bekannten Dingen, denn obwohl dieser Arzt wirklich imposant war, gab es Dinge die Antonin wichtiger waren. Und das war es sein abgefucktes Hemd anzubehalten. Etwas das nur eine sehr kleine, aber schon wieder heftige Diskussion auslöste. "Schneid mir den Pullover vom Leib und du schließt heute Abend zum letzten Mal die Augen!", knurrte er vom Schmerz - der inzwischen immer heftiger wurde - nur noch mehr aufgestachelt. Woraufhin der Doc ihm zwar sagte, dass er ihn hier auch sehr gut verbluten lassen könnte, ihm aber den Gefallen dennoch tat. Scheinbar war der schwierige 'Kunden' gewöhnt. So wurde das Ding einfach hochgeschoben und drum herum behandelt. Etwas, das er nach dem kleinen Zwischenfall mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen ließ. Ebenso wie die kleine Rede am Schluss als er sich mit Cole wieder in einem Raum wiederfand. Was wollte der Kerl ihm schon von hässlichen Narben erzählen? Ächzend hob er seinen freien Unterarm über seine Augen und versuchte in der Stille nichts Bedrohliches zu entdecken. Sein ursprünglicher Plan, nämlich Cole gar nichts von seiner Anwesenheit wissen zu lassen, war mal ordentlich in die Hose gegangen. Was also jetzt tun? Der Umzug wurde immer verlockender, aber die Frage war, ob es noch so einfach möglich wäre. Als Cole schließlich sprach, ließ er seinen Arm wieder von den Augen fallen und wandte den Kopf zur Seite, blickte den anderen Mann ruhig an. Zumindest bis sich wie auf Knopfdruck kaum unterdrückte Wut und blanker Zorn in ihnen wiederspiegelte. "Ich bin hier der Vollidiot?", fragte er mit sarkastischer Stimme. "Wer von uns beiden geht denn hier vollkommen ungesichert in so eine Todesfalle?", er schluckte kurz um die Bilder wieder aus seinen Gedanken zu verdrängen und fuhr mit etwas ruhigerer Stimme fort. Auch sein Blick wurde abermals einfach nur ruhig, ganz so als hätte er mit jenen zwei Sätzen alles gesagt, was es zu seinem Zorn zu sagen gäbe: "Du hast mich nicht erkannt. Meine eigene Schuld. Oder deine, weil du ein stures Arschloch bist, das nicht erkennt, dass es ganz offensichtlich ein paar Leute gibt, die bereit wären dir zu helfen. Das ganze da drinnen hätte ganz anders ablaufen können", grummelte er und wandte den Blick von Cole ab und wieder an die Decke. Cole Cole sah zu dem anderen hinüber, wie er dalag, zur Decke starrte, verletzt, weil er ihm geholfen hatte. Noch immer begriff er letztlich nicht, weshalb Antonin ihm geholfen hatte, noch immer begriff er nicht, warum jener sich in solch große Gefahr gebracht hatte. Selbst wenn Ragnar ihn darum gebeten hätte, wieso hätte er es tun sollen? Die Wahrheit darüber würde er vielleicht auch nie erfahren. Dafür trafen die Worte des anderen gerade heftig, trafen wie Faustschläge. Einen Moment schloss er die Augen. Ja, er war stur. Und er war auch noch so viele gehabt hätte, die ihm geholfen hätten, er war immer allein gewesen. Immer. Cole drehte sich, um ebenfalls an die Decke zu sehen. "Ich bin seit ich sieben Jahre alt bin allein", er redete gegen die Decke, sah den anderen nicht an, wie er da mit seinen Verletzungen lag. "Seit 18 verfluchten Jahren lebe ich in dieser Welt vollkommen auf mich allein gestellt. In dieser Welt, die voll von Intrigen, Hass, Gewalt, Drogen und Waffen ist. Ich habe lernen müssen, in der Höhle des Löwen zu überleben. Ich habe gelernt, meine Probleme selbst zu lösen. Und ich bin immer gut damit gefahren. Ich habe es immer geschafft, mich durchzubeißen, egal welche Steine mir in den Weg geworfen wurden. Es war mir nie vergönnt zu erfahren, was es bedeutete, jemandem sein Leben anzuvertrauen. Im Gegenteil, denn wenn ich vertraute, wurde ich immer enttäuscht. Oder noch schlimmer: Die Menschen, denen ich vertraute wurden deswegen verletzt oder getötet." Seine Worte klangen voll Bitterkeit. Seine Augen waren dunkel und voll Kälte. "Mag sein, dass ich ein stures Arschloch bin. Mag sein, dass es hätte anders laufen können. Aber ich werde niemals, hörst du, niemals jemanden in eine Situation bringen, von der ich nicht weiß, wie sie ausgehen wird. Und ich werde niemals jemandem mein Leben anvertrauen." Kurz schwieg er, dann sprach er weiter und die Kälte und die Wut klangen nur leise mit. "Und um ehrlich zu sein, halte ich dieses beschissene Leben nicht unbedingt für so wertvoll, als dass ich es auf Biegen und Brechen bewahren müsste." Dass er durch Antonin eigentlich doch gespürt hat, dass dem nicht so war, dass er gerne am Leben blieb, war etwas, das zum einen der andere nicht wissen musste, zum anderen er selbst für sich erst noch einmal begreifen musste. Würde es etwas ändern? Er wusste es nicht. Er hatte nur dieses Gefühl, das ihm sagte, dass er leben wollte. "Dennoch danke ich dir, dass du meinen 'Knackarsch' da rausgeholt hast." Ein Grinsen schob sich bei dem Gedanken an die Worte des anderen auf sein Gesicht. "Seit wann schaust du Männern eigentlich auf den Hintern? Hat dich der Abend mit mir umgepolt?" Er wollte das Thema wechseln. Mit Antonin über die Wertigkeit seines Lebens zu diskutieren war so in etwa das letzte, was er wollte. Antonin Antonin wusste, dass er die meiste Zeit ein eher gefühlsmäßiger Trampel war, der problematische Gefühle nicht einmal erkannte, wenn sie ihn ansprangen. Dennoch hatte Coles kleine Rede die Kraft etwas in ihm aufzuwühlen. Etwas das er schon sehr lange nicht mehr gefühlt hatte. Zumindest nicht für andere: Mitgefühl. Ganz kurz glaubte er sogar das Bedürfnis, aufzustehen und den anderen einfach mal in den Arm zu nehmen, aufblitzen zu sehen. Etwas, das er natürlich so schnell wieder verdrängte, da er sich im Nachhinein auch nicht mehr ganz sicher sein konnte, ob ihm da nicht doch ein paar blanke Nerven einen üblen Streich spielten. Mit seltsam anstrengendem Kraftaufwand richtete er sich auf seiner Liege auf und warf dem Tropf einen bitterbösen Blick zu. Noch nicht einmal halb durchgelaufen das Teil. Grummelnd zog er trotzdem seinen Pullover wieder ganz über seinen Bauch und lies seine Beine schließlich lose über die Liege baumeln. Er konnte solche Gespräche einfach nicht im Liegen führen. Zu liegen bedeutete Schwäche... Unsicherheit.. und soviel er von beidem momentan auch haben mochte, so war er keines Falles bereit mehr davon zu zeigen als absolut nötig. Besonders nicht wenn er so dämlich gewesen war, um sich Anschießen zu lassen. Und ganz besonders nicht, wenn Cole ihm hier gerade Türen einen Spalt weit öffnete, von welchen sie vermutlich beide nicht wussten, ob sie das wirklich so wollten. Sie waren schließlich keine Freunde, richtig? Cole gab ihm auch gerade schon wieder zu verstehen, dass er sich selbst am nächsten stand und obwohl ihm andere Leute scheinbar genug bedeuten konnten, um sie nicht in solche Todesfallen mitzunehmen, würden sie ihm auch nie genügend bedeuten, um sie selbst entscheiden zu lassen, ob Cole ihnen genug wert war, ihr Leben für ihn zu riskieren. Also eine Art und Weise, die so gänzlich gegen seine eigene Ausbildung ging... die ganze Situation war so surreal wie auch schwierig zu handhaben. Er atmete tief durch, betrachtete seine Knie eine Weile, bevor er der Nadel in seinem Handrücken noch einmal nach oben zu dem Tropf folgte bevor er leise zu lachen begann. Es war kein ironischer Laut, der ihm da entkam, sondern vielmehr ein Ausdruck der ganzen Situation die gerade von ihm abfiel. Sein Auftrag war erfüllt, Cole lebte und er selbst hätte nur eine neue Narbe aufzuweisen. Genügend Gründe für ihn um zu lachen. Was er auch eine ganze Weile tat, bevor er seinen Blick wieder auf Cole richtete: "Ich bin mir sicher du bereust morgen was du mir gerade gesagt hast, daher werde ich wohl so tun als hätte ich es nicht gehört, huh?", fragte er mit ein wenig rauer gewordener Stimme. "Aber erst morgen, Cole. Denn heute habe ich es gehört und ich finde uns beide so unglaublich kaputt, dass mir dafür kein wissenschaftlicher Ausdruck mehr einfällt. Und ich muss sagen, dass ich enttäuscht davon bin, dass du mich selbst in diesem Zustand so dreist anlügst. Dein beschissenes Leben war dir wertvoll genug es zu verteidigen zu wollen und darüber Salzwasser zu vergießen. Darüber solltest du bei Gelegenheit einmal nachdenken, bevor du mir die nächste schön verpackte Rede servierst und meine Arbeit damit mehr oder minder durch den Dreck ziehst", kurz runzelte er die Stirn. "Zudem ich ein wirklich schönes Scharfschützengewehr dadurch verloren habe und Ragnar dadurch vermutlich unseren schönen Deal zum Platzen gebracht hat", philosophierte er weiter und musterte Cole dabei unentwegt. Er würde hier und jetzt nicht mit verdeckten Karten spielen, schließlich standen sie gerade auf einer Ebene. Auf Augenhöhe ohne irgendwelche drückenden Geschäfte, die Antonin nicht riskieren wollte. "Aber ich nehme deinen Dank natürlich trotzdem an", fuhr er mit etwas belegter Stimme fort. Das war neu. Dank dafür, seinen Job erledigt zu haben, anstatt Vorwürfe über das wie. Und dann war das Lächeln wieder da. Jenes Lächeln, das er stets mit sich herumtrug und das ihm besser diente als jede kugelsichere Weste. "Cole...", fing er gedehnt an. "Solltest du in diesem Club denn wirklich nicht bemerkt haben, dass der Gedanke an sich kein Neuland für mich ist?", hinterfragte er mit eben jenem Lächeln in der Stimme. "Allerdings würde ich mich weder in die eine noch in die andere Richtung als gepolt bezeichnen, also hier leider kein Preis für dich. Beide Geschlechter haben ihre Chance mich zu überzeugen, was beiden jedoch nur selten gelingt. Dass Männer dabei eine noch niedrigere Trefferquote als die Frauen haben, liegt eben am 'treffen'", er zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht, als ein unangenehmes Ziehen von der Seite her daran erinnerte, warum genau er hier saß. Doch dann brachte ihn ein weiterer Gedanke und eine kleine Rechnung zum Grinsen und er schob es auf die Schmerzmittel: "Und ich wusste, dass du gar nicht so viel älter sein kannst wie du immer tust. Ha!", da glomm Triumph in seinen Augen, erinnerte er sich doch noch zu genau an jene Momente, wo er sich wie ein kleiner ungezogener Junge in der Gegenwart des anderen vorgekommen war. Cole Cole sah irritiert zu Antonin, als dieser da saß und lachte. 'Absurd' war das Wort, das ihm zu dieser Situation einfiel. Nicht, weil das Lachen absurd war, sondern die ganze Geschichte. Und so schloss er einige Moment die Augen, lauschte dem Lachen, das auch für ihn ein wenig befreiend war. Dann erwiderte er den Blick des anderen, spürend, dass er selbst nicht dir Kraft hatte, sich aufzusetzen, was ihm letztlich unangenehm war, denn er fühlte sich ein wenig wie auf einer Schlachtbank liegend. Die Worte des anderen und die Wahrheiten, die er aussprach ließen seine Augen wieder kühl werden, das Lächeln verschwinden. Er schaffte es aber nicht alle Emotionen aus seinem Äußeren zu verbannen, denn dafür waren die Erfahrungen, die er schmerzlich hatte sammeln müssen, zu frisch. Und Antonin hatte ihn durchschaut. Zum einen in dem Punkt, dass er bereits jetzt schon bereute, diesem etwas über sich und seine Vergangenheit erzählt zu haben, zum anderen darin, dass er sein Leben offenbar doch für schützenswert hielt. Doch er würde auf das Gesagte nicht hier und jetzt eingehen. Viel zu viel war für ihn darin noch im Unklaren. Daher erwiderte er nichts. Zumindest erstmal und lauschte dafür den anderen Dingen, die Antonin sagte. Und auch wenn er nicht mehr bereit war, wurden seine Augen milder. "Hm…", meinte er nur und musterte den anderen. "Ich hätte es mir denken können. Und deine Sorte sind die Schlimmsten: Nichts Halbes und nichts Ganzes..." Langsam kam ein Grinsen auf seine Lippen. "Ich tue so als sei ich älter?", fragte er erstaunt. "Ich glaube ich muss mir eine andere Anti-Falten-Creme kaufen. Die alte taugt offenbar nichts. Ich kann mich nämlich nicht erinnern, jemals mein Alter verschwiegen oder verkannt zu haben. Also muss ich wohl alt aussehen..." Er warf Antonin einen kritischen Blick zu. "Nun ja, wahrscheinlich bin ich älter als du. Aber wesentlich groß wird die Differenz nicht sein." Cole wusste, dass er älter wirken mochte, durch seine Art und Weise. Letztlich haben ihn auch die Umstände altern lassen. Schnell, viel zu schnell war er gealtert... Aber das musste er ja nicht zugeben. Er seufzte, betrachtete kurz die Infusion, die langsam aber stetig durchlief, und blickte wieder zur Decke hinauf. Die ersten Worte des anderen drängten sich wieder in den Vordergrund. Aspekte taten sich auf, die eine Antwort verlangten. "Wieso platzt der Deal mit Ragnar? Hat er dich eigentlich beauftragt mich zu schützen?", er blickte ihn fragend und wieder völlig ernst an. "Ihr seid euch doch einig geworden, was CI-4 betrifft oder?" Er schwieg kurz nachdenklich. "Warum kannst du eigentlich als Chemiker das alles? Ich meine, warum konntest du mich dort rausholen, oder auch bei den Russen neulich. Aus welchem Grund hast du das alles geschafft, obwohl du dich selbst nur als 'Chemiker' betitelst." Cole hoffte, dass er vielleicht ein Puzzleteil erhalten könnte, von dem riesigen Puzzle namens 'Antonin', von dem er erst wenig hatte. Antonin Die Emotionen von Cole waren diesmal wirklich erkennbar, auch wenn Antonin sie nicht alle benennen konnte. Das konnte er selten, wenn es über die übliche Kühle hinaus ging. Trotzdem war es nicht schön, das leichte Lächeln auf den Lippen des anderen wieder verschwinden zu sehen. Es fühlte sich falsch an. Gerade nach so einem Erlebnis sollte er dem anderen wohl mehr Zeit zum aussortieren geben. Wobei das schon ein wenig selbstverleugnend war, immerhin befasste Antonin sich selbst gar nicht mit solchen Dingen. Weshalb er auch kaum noch eine Nacht durchschlafen konnte und ständig aus Alpträumen hochzuckte. Sein Unterbewusstsein ließ sich zu jenen Stunden nicht mehr vorgaukeln. Aber auch das war inzwischen eine Routine. Eine die er nur direkt nach neuen problematischen Erlebnissen mit Alkohol ertränkte. Er fühlte wie sich seine Muskeln abermals entspannten, sich darüber wundern, dass sie überhaupt immer noch angespannt gewesen waren, während er Cole zuhörte. Diesmal schlich sich eine andere Art von Lächeln ein. Antonin würde es zwischen nachsichtig und amüsiert einordnen, wenn man ihn fragen würde. "Ich bezweifel, dass ich so schlimm bin, schließlich steht Sex aus diversen Gründen nicht ganz oben auf meiner ToDo-Liste", schon alleine deshalb weil er sich für so kurze Geschichten niemals komplett zeigen würde. Und so kurze abgefuckte Nummern gaben ihm seit geraumer Zeit nichts mehr. Ein Teufelskreis. "Und ich habe nicht behauptet, dass du alt aussiehst, ich habe damit nur darauf hingewiesen, dass du mich des Öfteren wie einen rotznäsigen, zwölfjähigen ohne Hirn behandelt hast", stellte er klar und grinste kurz. "Keine Sorge, man bekommt noch nicht das Gefühl, dich nach Silicon Valley abschieben zu müssen, wenn man dich sieht." Das Schweigen danach nutzte Antonin, um sich nach seiner Jacke umzusehen, welche er auch neben der Tür aufgehängt vorfand. Da war schließlich sein Handy drinnen und das war wichtig. Doch dann ruckte sein Blick wieder zu Cole und ein unentschlossener Ausdruck huschte über sein Gesicht. Jener hatte ein paar Antworten verdient, nur was konnte er sagen, ohne zu viel zu verraten? Ohne zu verraten, wie sehr Cole ihn bereits an der Angel hatte? Er seufzte und biss sich unwillig auf der Unterlippe herum, bevor er sich zu etwas durchrang. "Er hat mich darum gebeten, nachdem ich ihm ein paar Ansatzpunkte gegeben habe, wie er sein Gluckenverhalten besser anbringen könnte", fing er vorsichtig an und merkte zwar wie seine Augen unfokusiert durch den Raum huschten, konnte sich aber nicht überwinden Cole einfach nur anzusehen. "Und wir sind uns nicht einig geworden, da der Mann des letzten Wortes nicht mehr anwesend war. Zudem Ragnar keine Ahnung hatte, was die Bedingungen für so einen Auftrag an mich sind", er stockte und schluckte kurz hart. "Und ich denke meine Bedingung ist es auszusteigen. Ja, ich denke sogar eine andere Stadt täte mir nicht schlecht…", er ließ diese Aussage im Raum stehen und sah schließlich in Ermangelung bessere Aussichten auf seine Hände. "Im Grunde genommen bin ich auch nur ein Chemiker, es ist zumindest das, was ich mir mal für mein Leben vorgestellt hatte", murmelte er und sah schließlich doch nachdenklich zu Cole. "Ich bin, mehr oder weniger unfreiwillig durch eine ziemlich üble Ausbildung gelaufen, Cole. Das ist wie mit ... ah ich weiß nicht", er zögerte kurz doch entschied sich dann für ein Beispiel. "Das ist wie mit dem Radfahren. Was man einmal gelernt hat, vergisst man nicht und wenn man auf ein Rad gesetzt wird, dann fährt man es eben. So ähnlich läuft das bei mir ab. Du hast diesen Teil wieder hervor geholt und ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll." Er runzelte die Stirn und lächelte dann ein wenig schief geraten. "Damit haben wir uns beide heute Dinge erzählt die den anderen nichts angehehen sollten. Ich denke das macht uns quitt." Cole "Nun ja, ganz unrecht habe ich damit ja auch nicht..", murmelte Cole halblaut und mit einem Lächeln, hinsichtlich der Bemerkung des rotznäsigen Zwölfjährigen. Doch dann hörte er dem anderen ruhig zu. Seine Augen glitten über das markante, eher grobe Gesicht des anderen, seine grauen Augen. Die Unruhe und Unsicherheit, die seine nervösen Augen ausstrahlten, passten im Moment nicht so recht in das Bild, das er von ihm gehabt hatte. Antonin war immer so geradlinig gewesen, eine Konstante, die wusste, was sie wollte. Und damit war er für ihn auch jemand gewesen, den er gerne bei sich hatte, den er gerne mitnahm. Doch jetzt sah er einen kleinen Punkt, der jenen sich unwohl fühlen ließ, der ihn nervös machte. Nun, letztlich wäre das bei ihm bei gewissen Themen nicht anders. Er ließ dennoch seine Augen auf dem anderen ruhen, hörte bis zu Ende, was jener ihm zu sagen hatte, dann schwieg er. Antonin war also so etwas wie ein ausgebildeter Killer, der unter welchen Umständen auch immer zu dem geworden ist, den er bei den Russen gesehen hatte, der ihn eben gerettet hatte und der auch Don um die Ecke gebracht hat. Cole erinnerte sich an die Karte des Falken. Ob das sein 'Zeichen' war? Und nun hatte Ragnar jenen beauftragt, ihn zu schützen. Und wie es bei solchen Leuten üblich war, hatte er nun vor, die Stadt zu verlassen? Er blickte zu seinem Tropf und irgendwie kam es ihm so vor, als sei dieser die Sanduhr, die für einen Zeitraum ablief, in dem sie beide sich so nahe waren, einander Dinge verraten zu können. Und lange würden sie keine Zeit mehr haben. "Das ist Bullshit", sagte er schließlich, ließ dabei offen, was er unter 'das' meinte und mühte sich nun doch ab, sich aufzurichten, was mit einem Arm schwieriger war, als gedacht. Nun blickte er den anderen an. "Ich möchte nicht, dass du die Stadt verlässt." Cole strich sich die Haare aus der Stirn, die sich fremd, schmutzig anfühlten, wohl weil noch Blut darin klebte, weil der Geruch von Waffen, daran haftete. "Ich weiß, dass ich dir da nichts zu sagen habe. Und wenn du meinst, dass wir quitt sind, dann sind wir es wohl. Aber dennoch möchte ich dir meine persönliche Meinung noch einmal aufs Auge drücken, bevor der Tropf durch ist und ich dich nicht mehr sehe." Seine Augen waren noch immer ruhig. Langsam aber sicher hatte er sich und seine Emotionen wieder ganz gut unter Kontrolle. Und diesmal fiel es ihm auch nicht schwer, eine gewisse Wärme auszudrücken. "Deine Ausbildung wird ohne Zweifel hart gewesen sein, wenn du zu dem fähig bist, was ich bisher von dir gesehen habe. Ich kann mir auch vorstellen, dass du einige üble Dinge erlebt hast. Aber so wie du dich anhörst, könnte man meinen, dass du diese Seite von dir gar nicht akzeptiert hast, gar nicht akzeptieren willst. Also ist die Ausrede, dass deine Bedingungen eine Flucht aus der Stadt ist, Blödsinn. Du fliehst nur vor dem Selbst, das du in diesen Situationen siehst und verbindest etwas damit, vor dem du fliehen willst. Dass ich der Auslöser dafür bin, dass du wieder Bekanntschaft mit einer verschollen geglaubten Eigenschaft gemacht hast, tut mir nicht leid. Denn du wirst nie ein ruhiges Leben als Chemiker in deinem eigenen Labor leben können, wenn du dich nicht dem stellst, was dich sonst so ausmacht." Er runzelte die Stirn. "Du scheinst nicht eine Sekunde akzeptiert zu haben, dass du bist, wie du bist. Kein Wunder, dass dir als einziger Weg die Flucht bleibt." Es war schwierig auszudrücken, was er dachte. "Aber mich geht das nichts an, wie du mit dir selbst umgehst. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich dennoch zu gerne mit die Geschäfte machen möchte. Das Angebot steht also, letztlich musst du dich selbst entscheiden, welchen Weg du gehen willst." Er zuckte mit den Schultern und bereute es sogleich. Der Schmerz zog dich beißend durch die linke Schulter. Kurz verzog er das Gesicht, bevor er aufblickte, da sein Infusionsgerät zu piepsen angefangen hatte. Nun würden sie hier bald draußen sein. Und dann würden sie getrennte Wege gehen. Getrennt, weil Antonin in Coles Augen vor sich selbst fliehen musste. Antonin Es kostete ihn eine fast unmenschliche Willenskraft Cole aussprechen zu lassen. Und mit jedem weiteren Wort das jener so lapidar aussprach, zogen sich seine Muskeln fester zusammen. Bis es ihn schließlich fast schmerzte, doch er konnte sie nicht einfach so lösen. Antonin war damit beschäftigt seine Hände vom Zittern abzuhalten und die Zähne zusammen zu beißen. Immer und immer wieder musste er sich vorbeten, dass Cole keine Ahnung von den Dingen hatte, die er da so offensichtlich überzeugt aussprach. Dass es keinen Sinn hätte, jetzt einen Tobsuchtsanfall zu bekommen. Dass es ihm momentan mehr Schaden würde, als nutzen... und dennoch… Ruckartig sah er auf seine Nadel hinab, zog die Augenbrauen unheilverkündend zusammen und zog sich das Ding dann mit einer einzigen Bewegung samt Pflastern aus der Hand. Warf sie achtlos neben sich aufs Bett und ließ sich dann von der Liege auf die Beine gleiten. Noch immer schaffte er es den eisigen Sturm in seinem Inneren zu ignorieren und vielleicht hätte er es tatsächlich bis zur Tür geschafft. Doch er beging einen Fehler, der ihm das verbauen sollte - er sah Cole an. Er musterte ihn nicht nur innerhalb dieser wenigen Sekunden, nein er sah ihn. Das blutverklebte Haar, die leichten Augenringe, die kurzen Schmerzen in den Augen als jener sich rührte und vor allem aber sah er die Gewissheit, dass jener dachte, recht zu haben. Dass er mit all dem recht hätte. Und das brachte all das Eis in seinen Adern mit einem kleinen Feuerwerk zum Schmelzen. Und damit trat leider auch jenes Temperament zu Tage von dem Cole selbst schon einmal behauptet hatte, er würde diese Ausbrüche mögen. Na dann… Er bewegte sich langsam auf den anderen Mann zu, ließ ihn nicht eine Sekunde aus den Augen. Nein... er sog dessen Blick an wie ein Magnet und er würde vor der kommenden Konfrontation nicht mehr zurückweichen. Er warf nicht einmal einen kurzen Blick auf die Tätowierung, die ihm bereits zum zweiten Mal auffiel und die er sich unter anderen Umständen gerne einmal näher angesehen hätte. Cole war selbst schuld. Er war, verflucht nochmal, selbst schuld. "Du denkst ich renne vor meinen Erfahrungen davon, ja?", fing er an, selbst darüber erstaunt, wie klar und gelassen seine Stimme klang, obwohl in ihm ein Flächenbrand tobte. "Du glaubst also zu wissen, dass ich mich selbst nicht akzeptiere? Du sagst, das alles geht dich nichts an und trotzdem wagst du es mir mit deinem beschissenen Halbwissen solche Dinge an den Kopf zu werfen?", er schüttelte den Kopf inzwischen nahe genug am anderen dran, um auf ihn herabsehen zu können. Die Augen wütend verengt, machte er jedoch keine Anstalten mehr, näher zu kommen oder Gewalt anwenden zu wollen. "Das ist ganz schlechter Stil Cole, weißt du das?", murmelte er ein wenig höhnisch. "Aber nachdem du dir ja so sicher bist und nachdem ich ja eh wieder flüchten werde, kann es ja nicht schaden dich ein wenig aufzuklären, nicht wahr?" Nun beugte er sich ein Stück herunter den Blickkontakt nicht abreißen lassend wurde seine Stimme leiser, durchdringender. Hier und jetzt war an ihm nichts gespielt. Er konnte gar nicht mehr genug Gehirn abzweigen, um jetzt tatsächlich noch zu schauspielern. Cole hatte ihm seine Maske höchst erfolgreich herunter gerissen. Jener Cole dessen Augen ihm gerade so gar nichts sagen, die ihn in einer anderen Situation wieder unsicher werden lassen würden. Jener Cole, für den er zwischendurch ehrliche Bewunderung aufgebracht hatte. Es war der gleiche, mit dem er vor Tagen so offen hatte lachen können. Ein Rätsel auf zwei Beinen. Eine Raubkatze... er blieb bei dieser Ansicht. "Ich akzeptiere durchaus, dass ich, als ich aus Russland wiederkam, ein Guard war und irgendwie auch bin. Weißt du was das ist? Das ist die so unglaublich viel teurere Variante eines Bodyguards. Mein Ziel ist blind? Dann kann ich ohne Probleme seine Augen sein. Mein Ziel ist taub? Ich habe meine Ohren für ihn überall. Mein Ziel wird bedroht? Ich schalte sie alle ohne mit der Wimper zu zucken aus. Mein Ziel braucht Informationen, ohne die sein Leben vielleicht in Gefahr wäre?", und hier hob er seinen Arm und rollte den Pulloverärmel ein Stück weit nach oben. Genug damit Cole die dort endenden Narben sehen könnte. "Ich weiß was ich tun muss und wie weit ich an einem menschlichen Körper gehen kann, um jene Informationen zu bekommen. Ich weiß das aus erster Hand, Cole." Er rollte den Ärmel wieder herab und schnaufte leise. "Dazu weiß und akzeptiere ich ebenfalls, dass nicht jeder dazu in der Lage ist, dieses Ziel zu sein. Mein bisher einziges Ziel und ich sind nicht als Freunde auseinander gegangen und dann kamst du", er lächelte kurz humorlos. "Hast du inzwischen eine Idee worauf ich hinauswill? Wogegen ich selbst nichts unternehmen kann? Ich gebe dir noch einen Hinweis." Diese folgenden Worte hauchte er mehr als das er sie aussprach. Alles um ihm von einem ausgemachten Schreikrampf abzuhalten und inzwischen konnte er auch das Zittern seiner Hände nicht mehr unterdrücken. Trotzdem blieb sein Blick zielgenau auf Cole gerichtet. "Ragnar hatte zu absolut keiner Zeit auch nur den Hauch einer Chance mich zu dieser Aktion anzuwerben. Und wäre es um jemanden anderen gegangen, hätte ich ihm ins Gesicht gelacht. Na? Klingelts?" Abrupt richtete er sich auf und trat von Cole weg. "Du hast selbst gesagt, du willst nicht, dass jemand für dich in solche Situation springt. Du hast auch gesagt, ich soll in der Stadt bleiben und weiterhin mit dir Geschäfte machen. Ich befürchte du musst dich entscheiden, denn ich dachte vor deiner kleinen Rede, dass es dir so am liebsten wäre. Aber vielleicht sollte ich das wirklich dich entscheiden lassen, huh, Bossmann?" Cole Der Blick des anderen fesselte Coles Blick und ließ ihn nicht mehr los. Aus einem natürlichen Reflex, manche mögen es Selbstschutz nennen, verhärtete sich sein Gesichtsausdruck, als Antonin auf ihn zutrat, als die Worte auf ihn einprasselten. Kälte stieß er aus, drückten seine Augen aus, doch diese Kälte hielt nicht lange. Er konnte seinen Selbstschutz nicht lange aufrecht erhalten, und so mischten sich bald Schrecken, schließlich fast schon so etwas wie Verzweiflung in seinen Blick, der weiterhin auf den Mann vor ihm gerichtet war. Nur kurz sah er die Narben am Arm des anderen, bevor er wieder in ein feuriges Graublau blickte. Coles Kiefer knirschte aufeinander, seine Muskeln spannten sich, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Nicht, weil er Angst hatte, dass Antonin ihn angreifen konnte und er sich verteidigen musste, sondern weil sich in ihm alles verkrampfte. Erst als Antonin zuende gesprochen hatte, als er sich von ihm wieder distanzierte, ließ er den Blick sinken. Aber nur einen kurzen Moment, den er brauchte, um sich kurz zu sammeln. Seine Gedanken überschlugen sich. Das, was gerade auf ihn eingeprasselt war, brannte sich in ihn, wie Säure, ätzte die Betonmauer um ihn herum weg, ließ seine Schutzmauer einstürzen. Erst einmal in seinem Leben hatte er sich gefühlt, wie er sich jetzt fühlte: schuldig. Und genau wie damals stand er diesem Gefühl hilflos gegenüber. Doch es hatte auch etwas Gutes. Die Ehrlichkeit des anderen, die Wahrheit, die dieser im präsentierte, sie waren letztlich wichtig, um zu begreifen, um zu verstehen, was vor sich ging, was vor sich gegangen war. Antonin verprügelte ihn verbal, doch nun konnte Cole endlich erkennen, welches Bild das Puzzle irgendwann einmal ergeben könnte. Die Schemen wurden deutlicher. Und da Cole in diesem Moment vollkommen ehrlich zu sich war, wusste er, dass ihn dieses Bild zum einen faszinierte, zum anderen erschreckte. Faszination für einen Mann, der unglaublich stark war, Schrecken darüber, welchen Preis dieser dafür gezahlt haben muss, und darüber, dass er mit einem Mal eine Verantwortung hatte, der er sich nicht gewachsen fühlte. Denn ganz offensichtlich war es nun an ihm, über die Zukunft des anderen zu entscheiden. Cole hob erneut den Blick und ein Funken von Trotz erklomm kurz in seinen Augen. Ein Trotz, den er nun brauchen würde, um mit der Situation fertig zu werden. Ein Trotz, der aber niemals gegenüber Antonin verwendet werden würde. Er fühlte sich schuldig, aber er wäre nicht er selbst, wenn er daran verzweifeln würde. Und er trug Verantwortung. Nun zumindest das war etwas, was er mittlerweile gut beherrschte. "Nenn mich nicht Bossmann", fauchte er und er hob sein Kinn. Kurz schwieg er. "Halbwissen trifft es wohl nicht ganz", fuhr er dann fort und seine Stimme war ruhig. "Ich hatte keine verdammte Ahnung." Er merkte, dass es ihm schwer fiel, seine Gedanken auszudrücken, flüssig zu sprechen, was ihm normalerweise nicht schwer fiel. Doch diesmal war alles ein wenig anders. "Ich entschuldige mich für die unverzeihlichen Worte, die ich dir eben an den Kopf geschmissen habe und du musst die Entschuldigung nicht annehmen. Ich möchte nur, dass du bedenkst, dass ich wirklich keine Ahnung haben konnte." Cole schluckte. "Und genauso wenig Ahnung hatte ich davon, welche Position ich in deinem Leben eingenommen habe." Er strich sich mit der Hand noch einmal die Haare aus der Stirn, merkte erst jetzt, dass er noch immer an dem beschissenen Tropf hing, woraufhin er die Nadel aus seiner Armbeuge zog. Schwerfällig stand er auf. "Aber auch wenn ich das unwissentlich getan habe, trage ich doch die Verantwortung dafür." Seine Stimme war trauriger, nachdenklicher geworden. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, das schwer zu deuten war, aber letztlich wohl von einer gewissen Überforderung herrührte. "Ich kann diesbezüglich nur wiederholen, was ich bereits gesagt habe: Ich möchte nicht, dass du gehst." Er wartete einen Moment. Seine eigenen Worte hallten in ihm wieder, langsam begriff er, was er da soeben gesagt hatte, nur die Konsequenzen daraus blieben noch etwas im Dunkeln. "Ich möchte nicht, dass du gehst, weil ich dich aus mir noch unbekannten Gründen brauche. Nicht, weil ich mit dir Geschäfte machen will. Das ist etwas, das unabhängig davon ist." Er biss sich kurz auf die Lippe. Es war verdammt schwer auszusprechen, was man für sich selbst noch kaum verarbeitet und begriffen hatte. "Ich möchte, dass du bleibst, weil du der einzige bist, dem ich mein Leben anvertrauen würde. Und frag mich bitte nicht warum, denn das ist mir selbst ein Rätsel." Nun war ausgesprochen, was er eigentlich schon in seinem Elternhaus gewusst hatte, als er Antonin erkannt hatte. Und was ihm vielleicht auch schon bei dem Drogendeal mit den Russen aufgefallen war, und was ihn veranlasst hatte, Antonin mit in den Club zu nehmen. Und dennoch wog es ausgesprochen so viel mehr, als in seinem Kopf verdrängt. Antonin Antonin merkte wie er blass wurde und wie sich kurzzeitig alles vor seinen Augen drehte und so trat er schnell wieder näher und ließ sich ungefragt auf die verwaiste Liege von Cole nieder. Sein Herz schien gerade den Lord of Dance nachschlagen zu wollen und auch sein Atem ging wieder ruckartig. Cole hatte gerade nicht tatsächlich das gesagt, von dem er dachte, dass jener es gesagt hatte, oder? Fragend sah er zu eben jenem hoch und schluckte schwer. Darauf war er jetzt absolut nicht vorbereitet. Er war nicht einmal auf dessen Emotionen vorbereitet gewesen. Emotionen wie die kurze Verzweiflung und Traurigkeit, die er in den grünen Augen zu erkennen geglaubt hatte. Emotionen wie sie in dessen Stimme gelegen hatten. Hatte Cole ihm nicht vor ein paar Minuten noch gesagt, dass er niemanden wollte? Dass er niemandem sein Leben anvertrauen konnte, weil er niemandem vertraute? Und jetzt bekam Antonin nicht nur eine Entschuldigung für Dinge, die Cole wirklich nicht hatte wissen können, sondern auch die Bestätigung tatsächlich gebraucht und gewollt zu werden? Als Guard? Also gerade wusste er weder ein noch aus. Er schloss es kategorisch aus, dass der andere ihn gerade verarschte. Nicht mit den ganzen verschiedenen Emotionen. Nicht mit den Pausen am Schluss, als Cole sich offensichtlich irgendwie dazu überwinden musste, ihm das ganze mitzuteilen. Hoch verwirrt strich er sich mit der einen Hand fahrig durch die Haare, den anderen nicht aus den Augen lassend, auch wenn er jetzt dessen Tätowierung genauer musterte. Eine Waffe - das war irgendwie passend. Und das war auch das Wort nach dem er sich gerade das Gehirn schier herausgewunden hatte: Es passte einfach alles. Cole war doch schon sein Ziel geworden, egal ob Antonin sich das eingestehen wollte oder nicht. Er hatte doch bereits sein Leben für den anderen riskiert und jetzt wusste jener eben auch noch, was es bedeutete. Mehr oder weniger. "Ich bleibe", murmelte er schließlich und fand kaum genügend Kraft, um seine Stimme akzentfrei zu halten. Geschweige denn sie irgendwie laut werden zu lassen. "Natürlich bleibe ich... und ich nehme deine Entschuldigung an. Du konntest es wirklich nicht wissen, es war falsch von mir, dir das alles so an den Kopf zu werfen. Mit sowas rechnet ja niemand." Und es rechnete auch niemand damit, dass Coles Worte eine ungewohnte Zufriedenheit in ihm auslösten, nachdem der erste Schock langsam abklang. War das so? Cole wollte ihn also bei sich wissen, weil er tatsächlich jemanden bräuchte, der darauf aufpasste, dass jener sein Leben nicht wieder so leichtfertig opfern wollte? Das wäre ein schöner Gedanke, denn im Grunde genommen hätte er sich dann Cole genauso rausgesucht, wie jener ihn. Etwas das ihn leicht zum lächeln brachte und ihm genug Kraft gab um wieder aufzustehen und zu seiner Jacke hinüber zu gehen. "Ich halte es für das Beste wenn wir beide erst einmal in Ruhe über alles nachdenken", meinte er schließlich wieder mit fester gewordener Stimme. "Und irgendwie fällt es mir auch schwer, dich so fertig zu sehen, und würde das ganze Nachfolgende daher lieber verschieben, bis wir beide wieder mehr auf dem Damm sind", gab er zu bevor er kurz nachdachte und dann ein entschlossener Ausdruck sich in seinen Augen niederließ. Ein wenig umständlich schlüpfte er in seine Jacke und trat wieder auf Cole zu, bevor er seine rechte Hand hob und sich einen Kuss auf die Fingerkuppen von Zeige und Mittelfinger drückte und jene dann kurz auf Coles Stirn und Herz legte. Er murmelte dabei etwas auf Russisch und blickte jenem dann kurz in die Augen: "Ein paar wachsame Augen und ein zusätzliches Herz", übersetzte er bevor er sich rückwärts entfernte und sich ein schiefes Grinsen erlaubte. "Ich nehme an, du kommst nach Hause?", er wartete gerade noch auf das ruckartige Nicken bevor er mit einem: "Du weißt ja inzwischen, wo du mich findest, dein Auto steht am Parkplatz vom Lady-Dream", durch die Tür entfernte. Zeit nach Hause zu gehen und nachzudenken. Einfach in aller Ruhe nachdenken. Cole Antonin so verwirrt zu sehen, erschreckte Cole von neuem. Hatte jener gar nicht damit gerechnet, dass er wollte, dass jener blieb? War er immer so abweisend zu ihm gewesen, so kühl, dass er das nicht für wahr halten würde? Nun, wenn Cole ehrlich zu sich selbst war, dann musste er die Fragen mit 'ja' beantworten. Er war immer kühl und abweisend gewesen, so wie er es zu jedem war, aber andererseits war Antonin der erste, den er mit in eine andere Welt von sich genommen hatte. Und allein der Gang in den Club war für ihn schon ein enormer Vertrauensbeweis gewesen. Aber das konnte jener ja auch nicht wissen. Doch die Verwirrung, die Antonin ausstrahlte war bei Cole nicht minder. Hatte er tatsächlich den anderen gerade gebeten, an seiner Seite zu bleiben? Was hatte ihn da nur geritten? Aber es fühlte sich nicht wirklich falsch an... Als Antonin bestätigte, dass er bei ihm bleiben würde, blickte er auf und sah den anderen nickend an. Er konnte nicht wirklich etwas erwidern. Er konnte den anderen nur ansehen und nicken. Mehr schaffte er nicht. Ja, er war einfach zu fertig. Aber dass es dem anderen schwer fiel, ihn so zu sehen? Cole verdrängte den Gedanken. Er sollte sich auch etwas Ruhe gönnen. Ruhe war super, Ruhe war genau das, was er jetzt brauchte. Und dann tat Antonin etwas, das ihn noch einmal vor ein Rätsel stellte. Er ließ diesen nahe an sich herantreten, ließ es zu, dass er ihn indirekt auf die Stirn und auf das Herz ‚küsste‘, ließ es zu, dass jener ihn dazu brachte, Herzklopfen zu bekommen, ließ es zu, dass seine Augen die des anderen tiefer erblickte. Er nickte nur, zu mehr war er nicht fähig. Dann war Antonin verschwunden und Cole blieb zurück, blieb noch einige Zeit sitzen, bevor er Ragnar anrief und sich abholen ließ. Am Lady-Dream stieg er in seinen Wagen um und fuhr nach Hause. Das Autofahren war mit dem behinderten Arm schwer, aber möglich. Zu Hause sagte er der Nachbarin Bescheid, dass er wegen eines kleinen Unfalls doch zu Hause blieb. Dort bunkerte er sich für die nächste Woche ein. Einzig mit Ragnar kommunizierte er, wies ihn immer wieder an. Ansonsten saß er einfach nur mit Corleone da und dachte nach. Kapitel 18: Unsexuelle Taten ---------------------------- Cole Es war nicht nur dieses Gespräch gewesen, worüber er hatte nachdenken müssen. Es war vor allem jene Situation im Haus gewesen, jener Moment, als ihm klar wurde, dass er aus ihm unerfindlichen Gründen an seinem beschissenen Leben hing. Und es dauerte eine Weile, bis er sich davon erholte hatte, es wieder verdrängt hatte, es aus seinen Gedanken getilgt hatte. Und was ihm dabei nun mal am besten half war Sex, den er sich in seiner selbstverschriebenen Auszeit zu Genüge gönnte. Schließlich bat er Ragnar die geschäftlichen Beziehungen zu Antonin wieder aufzunehmen, damit das Geschäft endlich wieder unter Dach und Fach war. Die Bedingungen, die jener damals gestellt hatte, befürwortete er. Sollte Antonin nur bekommen, was er wollte. Dann ließ er sich die Nummer des anderen geben. Und rief ihn an. Er spürte, dass er nervös war, als er das Läuten hörte. Aber als er die Stimme des anderen hörte, war er irgendwie beruhigt. „Hey Antonin“, meinte er und bemerkte, dass er ihn tatsächlich begrüßte, was er nie tat. „Können wir uns sehen?“ Antonin An jenem Abend war er mit dem Jeep zu sich gefahren, hatte sich wie ein Roboter in seine Wohnung geschleppt und sich einfach nur noch ins Bett gehauen. Natürlich hatten Alpträume ihn mehrmals wieder hochgerissen, aber das war abzusehen gewesen. Besonders da er auf den Alkohol verzichtete. Der nächste Tag war seltsam. Ein anderes Wort wollte ihm dafür nicht einfallen und so blieb er dabei. Nicholas hatte angeboten vorbei zu kommen, doch Antonin schlug dieses Angebot dankend aus. Tatsächlich stellte er sich nach einem leichten Frühstück mit bloßem Oberkörper vor den Spiegel im Schlafzimmer und musterte sich kritisch. Den Verband den er bald einmal wechseln müsste, den gut ausmodelierten Brustkorb mit Schultern, die dazu passten und nicht übertrieben wirkten, und zu guter Letzt das, dem er sich so ungern stellte. Jene beiden Narben, die Cole zwar nicht komplett gesehen, aber durch die Cole durchaus richtig erkannt hatte, dass Antonin vor sich selbst davonlief. Auch wenn er es offensichtlich recht erfolgreich abgestritten hatte. Nachdenklich folgte er den beiden blasseren Linien wie sie sich um seine Arme wanden. Nicholas hatte ihm mehr als einmal gesagt, dass ihn diese Narben nicht entstellten, doch Antonin sah das anders. Obwohl sie im Grunde genommen nicht so furchtbar offensichtlich waren, sprangen sie ihm jederzeit sofort ins Blickfeld, wenn er nach der Dusche in den Spiegel sah. Und mit diesem Auftakt begannen ein paar äußerst schwierige Tage für ihn. Natürlich nachdem er sich auf unbestimmte Zeit unentgeltlich von seinem Konzern beurlauben ließ. Jene gewährten ihm das gern nach seinem kürzlich vorzuweisenden Durchbruch und Antonin wusste nicht so genau, ob er darüber jetzt erleichtert und erbost sein sollte. Aber schlussendlich war es so in Ordnung, denn so erhielt er die Möglichkeit, sich wirklich bewusst zu werden, dass er jetzt doch das war, was er niemals wieder werden wollte. Und dass der Gedanke daran, dass es Cole betraf, ihn nicht mit Abscheu, Hass und noch mehr Selbsthass untergehen ließ. Nein, tatsächlich war da kaum mehr als Ruhe in ihm. Jener Ruhe nicht unähnlich, die er empfunden hatte, als er Coles Wagen angezapft hatte. Es war also in Ordnung? Als Ragnar ihn anrief, um ihren Deal wieder aufzunehmen, wusste er ebenfalls zuerst nicht so recht, was er davon halten sollte, wie er damit jetzt umzugehen hätte. Doch dann gab er sich einen Ruck und bestätigte, dass sie im Geschäft wären, aber er aus gesundheitlichen Gründen momentan nichts herstellen könne. Nun, Ragnar war nicht begeistert, aber ändern konnte er es auch nicht. Danach begab sich Antonin zu seinem Arzt, ließ die Wunde nochmal begutachten und neu verbinden. Nicht dass er Coles Arzt nicht vertrauen würde... Er vertraute ihm nur einfach nicht. Als ihm sein Doc bestätigte, dass er mit einer weiteren Narbe zu rechnen hätte, verdrehte Antonin nur noch die Augen. Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. So alles in allem konnte er also ruhigen Gewissens von sich behaupten, sich ein wenig mehr mit sich selbst befasst zu haben, als die ganzen letzten vier bis fünf Jahre. Was immer noch nicht viel oder genügend war, aber es war ein Ansatz. Etwas, das er irgendwie für Cole und nicht für sich selbst tat, richtig? Immerhin brächte es nichts, weitere Zusammenbrüche zu riskieren, nur weil jener dachte, Antonin würde sich selbst wirklich akzeptieren. Als das Telefon klingelte und statt Ragnar oder einer seiner Bekannten tatsächlich Cole dran war, machte sein Herz einen kurzen Hüpfer. Bis jetzt konnte er es einfach nicht realisieren, dass jener die Worte in dem Krankenzimmer wirklich voller Überzeugung gesagt hatte. Doch er musste abwarten... ihr Gespräch und noch so einiges mehr. Dennoch, er würde Cole keinen Rückzieher mehr zugestehen, schließlich hatte er jenem seine Augen und Herz doch quasi schon übergeben. Das dämliche kleine Ritual, bei dem er seinem ersten Ziel am liebsten ins Gesicht gespuckt hätte. "Heya Cole", begrüßte er ihn schließlich, als ihm auffiel, dass er zu lange geschwiegen hatte. "Entschuldige, ich war in Gedanken. Sag mir wann und wo und ich werde da sein." Cole "Dann hol ich dich in 30 Minuten ab. Bis dann!", entschied er und legte auf, bevor Antonin überhaupt etwas sagen konnte. Er wollte es endlich hinter sich bringen. Er wollte endlich ein paar Dinge los werden, wollte Informationen haben, um abschätzen zu können, worauf er sich eingelassen hatte. Cole blickte einen Moment auf sein Handy. Dann stand er auf, nahm sich seine Jacke und zog sie umständlich an. Mittlerweile musste sein Arm zwar nicht mehr in einer Schlinge ruhen, doch er war noch immer nicht richtig beweglich. Raphael hatte diesbezüglich sogar angedeutet, dass dieser 'Defekt' sehr langsam weggehen würde, wenn überhaupt. Aber gut. Das würde nur eine Frage des Trainings sein. Und auf den linken Arm konnte man ja normalerweise ein wenig verzichten. Und er war ja auch nicht vollkommen unbeweglich. Er konnte ihn nur nicht mehr richtig heben, ab einem gewissen Punkt schien er zu blockieren. Cole ging zu seinem Auto und fuhr schließlich zu Antonin. Es war schon seltsam, was an jenem Tag alles geschehen war, und noch immer hatte Cole nicht das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Oder sagen wir besser, er wusste nicht, ob er alles für sich begreifbar machen konnte. Angefangen von der Situation im Haus, in dem er sich ganz offensichtlich wirklich selbst opfern wollte, in dem er eine Todessehnsucht ausgelebt hatte, die er nie zuvor so intensiv erlebt hatte. Er dachte schon seit er 7 Jahre alt war, darüber nach wie es wäre, selbst zu sterben. Mehr als einmal war ihm alles, was mit seinem Leben zusammenhing über den Kopf gewachsen, und er hatte das Gefühl gehabt, dass es nicht das Schlechteste wäre, würde ihn jemand einfach umlegen. Aber in jenem Haus hatte er an diesem Tag wirklich wie im Delirium gehandelt und sich wahrer Todesgefahr ausgesetzt. Nun und das Ergebnis war, dass er das erste Mal hatte spüren können, dass er Angst vor dem Sterben hatte. Und zwar so große Angst, dass er weinen musste, so groß, dass er aus Verzweiflung auf Antonin gefeuert hatte, und so groß, dass ihm Antonin wie ein Engel, ein Schutzengel vorgekommen war, dem er vollkommen vertraute, sich von ihm hatte wieder aufrichten lassen, der ihm wieder Kraft gegeben hatte. Und das war auch schon der zweite Punkt, den er für sich begreifbar machen musste. Nämlich die Tatsache, dass Antonin ein Bestandteil in seinem Leben geworden ist. Nicht plötzlich, sondern schleichend, und zuletzt doch wie eine Explosion. Wann es begonnen hatte, dass er jenen an seiner Seite duldete, könnte er gar nicht mehr genau betiteln. Er wusste nur, dass ihm dessen Art, seine Hitzköpfigkeit, sein Selbstvertrauen und seine Entschlossenheit imponiert haben. Und letztlich war er auch fasziniert von dessen 'Arbeit' gewesen, als sie sich bei den Russen unbeliebt gemacht hatten. So fasziniert, dass es für ihn normal gewesen war, diesen mit in seine Welt zu nehmen - zumindest ein kleines Stück weit. Aber auch, wenn Cole mittlerweile wusste - und das hatte er dem anderen ja auch gesagt -, dass er Antonin bei sich haben wollte, so wusste er mittlerweile auch, dass jener ihm niemals über bestimmte Punkte hinaus nahe kommen durfte. Jener indirekte Kuss auf die Stirn und das Herz hatte ihn überrumpelt, hatte ihm vollkommen an Nähe gereicht – für den Rest seines bescheidenen Lebens. Klar ließ er Menschen an sich heran. Menschen, die er fickte und danach wieder vergaß. Aber Antonin war in dieser Situation auf einer Ebene an ihn herangetreten, die absolutes Sperrgebiet war, die niemand betreten durfte. Niemals. Und dies galt es jetzt zu besprechen. Er hielt vor dem Haus, in dem Antonin wohnte und zog sein Handy, um ihn anzurufen und ein "Komm runter", in das Handy zu sprechen, als jener dran ging. Wieder legte er auf, ohne abzuwarten, was der andere erwidern würde. Er war es so gewohnt. Er gab immer knappe Anweisungen. Dass er seine Leute dabei wie gut dressierte Hunde behandelte, das fiel Cole gar nicht auf. Er wartete bis Antonin eingestiegen war, nachdem er ihn schon auf dem Weg zum Wagen beobachtet hatte. Ruhig blickte er ihn an. "Schön, dich wieder zu sehen", erklärte er dann und seine Augen lächelten leicht, während er in gewohntem Maße relativ kühl wirkte. Die Fahrt dauerte nicht lange und endet schließlich an einem Parkplatz, der zu einem griechischen Restaurant gehörte. "Ich hoffe du hast ein wenig Hunger. Ich für meinen Teil kann Tiefkühlpizza nicht mehr ausstehen." Er lächelte matt. Mit diesen Worten betrat er die Taverne, setzte sich an einen Tisch am Fenster, von dem aus man das anschließende Meer gut sehen konnte. Und nun, da dies geschehen, spürte Cole mit einem Mal die Anspannung wieder, bezüglich dessen, was er los werden wollte. "Ich denke, wir sollten uns ein wenig unterhalten...", begann er zögerlich. "Ich weiß viele Dinge noch nicht über dich. Und gleichzeitig habe ich auch Fragen, die dich betreffen." Antonin Perplex starrte er auf sein Handy bevor er es schulterzuckend wieder einsteckte. War ihm auch recht, dann würde Cole ihn eben abholen. "Aber was wenn ich gar nicht zuhause gewesen wäre, Bossmann?", brummte er noch bevor er sich ins Schlafzimmer begab, um sich aus seinen gemütlichen Klamotten zu schälen und sich in etwas für die Öffentlichkeit Vorzeigbares zu werfen. Statt der Jeans gab‘s heute mal eine schwarze Stoffhose, weil es mit seiner Wunde so einfacher zum sitzen war und einen schlichten aber gut sitzenden beigen Pullover dazu. Er ging jetzt einfach mal davon aus, dass er seine Waffen heute nicht brauchen würde. Vermutlich utopisch, wenn man seine kleine aber feine Vergangenheit mit Cole bedachte, aber andererseits war dieser bestimmt auch noch angeschlagen und würde keine großen Sprünge machen. So steckte er sich nur seinen Geldbeutel sowie seinen Schlüsselbund ein und zupfte seine Haare noch mit Gel zurecht. Irgendwie wurden die gerade ein wenig zu lang, dagegen müsste er beizeiten einmal etwas tun. Als das Handy abermals klingelte fiel ihm auf, dass Frauen es mit Handtaschen viel einfacher hatten. Sollte er doch die Jacke auch mitnehmen? Kaum dass er rangegangen war wurde er auch schon sehr freundlich, rücksichtsvoll und zuvorkommend darum gebeten, nach unten zu kommen. Bei diesem Gedankengang verdrehte er die Augen und nahm sich eine seiner normalen Jacken vom Haken, wo er auch noch schnell seine Zigaretten mitsamt dem Handy verstaute und dann über die Treppen nach unten lief. Wo auch schon das altbekannte, bestimmt überteuerte aber superschicke Auto auf ihn wartete. Sein Omen - nach wie vor. Ob‘s allerdings noch ein böses war? Es blieb irgendwie spannend in seinem Leben. Relativ entspannt nahm er auf dem Beifahrersitz Platz und warf Cole eines seiner üblichen Lächeln zu. "Dito, auch wenn du mit deiner überschäumenden Freundlichkeit am Telefon keine Bonuspunkte sammelst", gab er zurück und wunderte sich selbst wie schnell er wieder zurück auf die Spur fand. Auf jene Spur, von der er so drastisch abgewichen, die aber so ungemein wichtig für seinen eigenen Seelenfrieden war. Und daher war er mehr als erleichtert, hier auch wieder jenen Mann sitzen zu sehen, für den er langsam aber sicher ein Gefühl entwickelte, wie er ihn zu händeln hatte. Auch wenn ihm die immer dahinschlummernde Unberechenbarkeit in jenen grünen Augen nach wie vor verunsichern würde, dessen war Antonin sich sicher. Aber alles war besser als blutige Tränenspuren und diese leeren Augen. Wirklich alles. Er grinste nur, zustimmend nickend auf Coles Bemerkung hin und folgte ihm in das Gebäude. Was er nach einem schnellen Rundumblick als durchaus tauglich einstufte. Vielleicht bekam er hier tatsächlich nicht den üblichen Fraß, sondern etwas das er sich auch selbst kochen würde. Die Zeit für fettige Pommes war schon eine Weile wieder rum. Zudem er mehr als stolz auf sich selbst war, trotz aller Geschehnisse nicht zum Alkohol gegriffen zu haben. Alpträume hin, Alpträume her. Gelassen zog er seine Jacke aus und hängte sie über die Stuhllehne, er war niemand, der solche Dinge unbeaufsichtigt an der Garderobe zurückließ, bevor er sich schließlich ebenfalls setzte und es sich gemütlich machte. Doch jene, ein wenig träge gemütliche Stimmung, die er in sich trug hielt nicht besonders lange an, denn Cole schien nicht vorzuhaben bis nach dem Essen zu warten. Schade eigentlich. Aufmerksamer für sein Gegenüber werdend maß er ihn mit einem langen Blick ab, bevor er seufzte und nickte. "Na schön, unterhalten wir uns", stimmte er zu. "Mit Fragen habe ich kein Problem, aber du wirst hinterher noch immer vieles nicht wissen. Ich bin kein Buch, das man je nach Laune auf einer bestimmten Seite aufschlagen kann, um seine Neugierde zu befriedigen. Ich verstehe und unterstütze Fragen die hierfür wichtig und nötig sind, aber ich verspreche nichts darüber hinaus ohne einen: 'Auge um Auge, Zahn um Zahn'-Deal" Immerhin war Cole hier nicht der einzige den mal ein paar Dinge interessieren würden.. Cole Seine kühlen grünen Augen erwiderten den Blick des anderen ruhig. "Gut", entgegnete Cole. "Kündige mir an, wenn es eine 'Auge um Auge - Zahn um Zahn'-Frage ist, dann kann ich mir immer noch überlegen, ob ich sie zurückziehe." Cole wandte den Blick von Antonin ab, als der Wirt an ihren Tisch trat. "Cole", begrüßte er den Halbiren. "Man, du hast dich ja rar gemacht in letzter Zeit." Ein typischer Grieche, der wirklich jedes Klischee erfüllte, angefangen von dem schwarzen Schnurrbart, über den südländischen Typ bis hin zu seinem untersetzten Bauch, blickte Cole strahlend an. Cole lächelte milde. "Christos", begrüßte er den Restaurantbesitzer. "Ich hatte viel zu tun, und viel nachzudenken." Er warf Antonin einen kurzen Blick zu. "Aber nun genieße ich es, wieder hier zu sein." Christos lachte. "Ich werde dich und deinen Freund verwöhnen." Er reichte jedem eine Karte. "Was darf ich euch zu trinken bringen?" Nachdem sie ihre Wünsche genannt hatten, wuselte Christos los, um die Wünsche zu erfüllen und es dauerte nicht lange - Cole hatte eben erst die Karte aufgeschlagen -, bis er zurück war, jedem sein Getränk zusammen mit einem Glas Ouzo hinstellte. "Wisst ihr schon, was ihr esst?" Cole blickte ihn ruhig an. "Gib uns noch 5 Minuten" Christos nickte und verschwand. Cole musterte kurz Antonin, dann erklärte er. "Ich weiß zwar nicht, was du gerne isst, aber ich kann dir ein paar Sachen empfehlen. Zum einen die überbackenen Auberginen. Das ist eigentlich eine Vorspeise, aber wenn man noch einen Salat, Zaziki oder ein Fladenbrot dazu nimmt wird man ausreichend satt, nun ja, ich zumindest. Und die überbackenen Hackfleischbällchen sind auch Klasse. Was auch unglaublich gut ist, ist das Lamm oder der Fisch als Hauptgerichte. Du kannst aber auch verschiedene Fleischspezialitäten zusammenmischen. Wenn du damit einverstanden wärst, könnten wir uns auch etwas teilen. Ich kann mich, wenn ich essen gehe nie entscheiden, weil ich so vieles gerne probieren möchte. Eine furchtbare Unart von mir." Er lächelte kurz. Nachdem sie bestellt hatten, blickte Cole kurz aus dem Fenster, auf das Meer, als müsste er sich noch einmal Kraft holen, um mit dem Thema fortzufahren, bei dem sie zuvor unterbrochen worden waren. "Ich habe ein wenig nachgedacht. Nein, eigentlich habe ich sehr viel nachgedacht. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich in dem Haus meiner Eltern tatsächlich das erste Mal in meinem Leben gespürt habe, dass ich leben möchte, dass ich nicht sterben will. Das ist eine Erfahrung, die mich ziemlich aus der Bahn geworfen hat, denn dieses Gefühl hatte ich bisher noch nie gehabt." Seine Augen wanderten wieder zu Antonin. Er hatte in der Woche, in der er auch das niedergebrannte Haus besichtigt hatte, viel darüber nachgedacht, wie er Antonin gegenübertreten wollte. Und er hat sich dazu entschlossen so ehrlich wie möglich und nötig zu sein. "Und du warst der, der mir das vor Augen geführt hat. Sicher nicht ganz taktvoll, aber ich bin nicht weniger taktvoll gewesen zu dir." Er lächelte unsicher. "Nun ja, letztlich hat das Ganze dazu geführt, dass wir nun offenbar in gewisser Weise miteinander verbunden sind. Und das ist ein Punkt, der mich unsicher macht. Ich habe noch niemals jemanden an meiner Seite gehabt, aber wenn ich dich recht verstanden habe, wird das nun auf uns zukommen. Daher ist meine erste Frage, was genau auf mich zukommen wird. Bist du auf Abruf, oder stets präsent? Bei ersterem wäre ich ganz zufrieden, wenn es so weiterginge, wie bisher. Und bei letzerem kann ich dir nicht versprechen, dass du es einfach mit mir haben wirst. Ich bin ein einsamer Wolf, und dieses Leben gefällt mir eigentlich ganz gut." Aufmerksam musterte er den anderen, während er nun zu seinem Bier, das er sich bestellt hatte, griff und trank. Antonin Er beobachtete den Umgang der beiden Männer mit mildem Interesse. Hauptsächlich, weil er immer ein gewisses Amüsement über so klischeehafte Menschen hegte und pflegte. Meistens meinte er das nicht einmal böse, aber er fand es einfach herrlich wenn man Personen sofort an der Nasenspitze ansah, woher sie kamen, oder was sie taten. Zudem es irgendwie in seinem Blut lag, andere zu beobachten. Die meiste Zeit bemerkte er es selbst nicht einmal, bis er sich gewisse Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen hatte. Vermutlich könnte er jetzt noch sagen an welche Stelle ihm Cole die Waffe an den Hals gehalten hatte. Ok, nicht nur vermutlich. Er konnte es. Er bestellte sich ein Wasser ohne Sprudel und lauschte dann aufmerksam den Vorschlägen und beschloss dann einfach großzügigerweise Cole bestellen zu lassen. Wenn auch mit dem Hinweis, dass es nichts vor Fett Triefendes für ihn sein sollte und dass es ihm auch recht wäre, wenn sie teilen würden. Antonin war kein großer Esser, dafür aber umso häufiger. Also genau die Art von Einstellung, die laut Gesundheitsfritzen korrekt war. Daran hielt er sich, bis Probleme im Labor oder mal wieder eine Schießerei anstanden. Denn dann ging sowieso wieder alles den Bach runter. Sich von diesen Gedanken lösend beobachtete er Cole dabei wie jener durchs Fenster blickte. Eigentlich hatte sein Bossmann ein recht markantes Profil. Es gab keine übermäßig weichzeichnenden Gesichtszüge, aber genau das machte es zu einem interessanten Gesicht. Sein Gegenüber war definitiv keiner dieser Stereotypen und hier sprach er nur vom Aussehen, denn dass diese Einschätzung vom Charakter her auch zutraf, wusste er ja schließlich bereits. Er griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck bevor er nickte. "Es ist manchmal nicht leicht den Wert seines eigenen Lebens zu erkennen und meine eigene Erfahrung dazu war ziemlich ernüchternd. Ich denke die meisten Menschen könnten darauf verzichten. Trotzdem weiß ich nicht so ganz, ob ich jetzt damit unzufrieden sein soll, die Person zu sein die dir das vor Augen geführt hat. Ich denke in deinem Job ist es wichtig seinen eigenen Wert auf einer Skala einzuschätzen und danach zu handeln." Coles Lächeln war gerade unsicher, oder? ... oder?! Und das reichte um ihn selbst ein wenig unruhig zu werden. Natürlich war das eine Emotion die Meilen von jenem Abend entfernt war, aber sie war trotzdem vorhanden. Woraufhin Antonin gleich nochmal einen Schluck von dem Wasser nahm um sich mit irgendetwas anderem als Coles Gesicht beschäftigen zu können. Doch schließlich sah er wieder auf, ein wenig ernster geworden. Die Fragen die Cole nun stellte waren wichtig und da war es von Nöten seinen Standpunkt klar zu machen. Seine ganze Funktion klar zu stellen. "Verbunden trifft es ganz gut", fing er an und lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück. "Und zum Rest: das liegt offen gesagt ganz an dir, Cole. Du bist weder blind noch taub, daher brauchst du im Endeffekt auch niemanden, der ständig um dich herumtanzt und einen auf Glucke macht. Das ist dann auch nicht meine Aufgabe." Er hielt kurz inne und sah seinerseits ein wenig nachdenklich durchs Fenster hinaus aufs Meer. "Im Grunde hast du alle Zügel in der Hand und damit volle Befehlsgewalt. Wenn dein Leben davon abhängt, werde ich keinen einzigen davon in Frage stellen. Ansonsten... naja, das Ganze ist ein wenig schwer zu erklären…" Er wandte den Blick vom Meer ab, sah zu Cole und beobachtete diesen wie er sein Bier wieder abstellte. "Ich bin, obwohl ich mich solchen Befehlen nicht entziehen kann, keine hirn- oder gefühlslose Maschine. Wenn ich das Gefühl einer Bedrohung für mein Ziel habe, dann wird mich nichts davon abhalten können, nach Informationen zu graben und die Gefahrenquelle gegebenfalls auszuschalten. Streng genommen muss sich aber auch gar nichts an deinem Leben ändern, schließlich bin ich keine Krankenschwester, die einem ständig mit einem Blutdruckgerät hinterher rennt. Ich bin mehr so eine Art stille Lebensversicherung, deren Aufgabe ich mich selbst nicht entziehen kann." Er zuckte mit den Schultern und sah dem Kerl entgegen, der da wohl gerade ihr Essen brachte. Cole Schweigend lauschte er den Worten des anderen und hin und wieder nickte er nachdenklich. Seine Augen musterten Antonin aufmerksam. Was dieser wohl schon alles in seinem Leben gesehen und erlebt hatte? Aber diese Frage war sicher eine derer, auf die er selbst mit Informationen zum selben Thema herausrücken würde müssen. Und das war für Cole Tabu-Zone. Seine Vergangenheit war vergangen. Auch wenn sie ihn immer wieder einholte, aber das, was er Antonin bereits gesagt hatte, musste reichen. Erst, wenn es notwendig werden würde, würde er mehr sagen – wenn überhaupt. Das, was ihm Antonin mitteilte, beruhigte ihn sehr. Er hasste es, wenn man ihn bevormundete, wenn man die 'Glucke' machte - wie Antonin es so treffend formulierte. Er konnte es nicht ertragen, wenn ihm jemand zu nahe kam, genauso wenig, wie er es leiden konnte, wenn jemand ihn kontrollierte, seine Bewegungen verfolgte, ihn im Auge behielt. Es gab einen Menschen, der das tat und gegen den er sich nicht zur Wehr setzen konnte – aber mehr durften es in keinem Fall sein. Allerdings bereitete ihn die Aussage, dass er volle Befehlsgewalt haben würde, Unbehagen. Deshalb, weil er es stets vermied, seine Leute in gefährliche Situationen zu bringen. Klar, er wusste, dass sein ganzes Milieu eine einzige Gefahr darstellte, aber man musste seinen Mitarbeitern nicht in unnötige Risiken verwickeln. Und Cole hatte ein Gespür für Gefahr, der er sich nur zu gerne selbst aussetzte, um seine eigenen Leute zu schützen. Und er genoss diesen Nervenkitzel normalerweise bis zu einer gewissen Stelle. Aber im Moment wusste er nicht, ob das in Zukunft auch weiterhin so sein würde. Das würde abzuwarten sein. Eine stille Lebensversicherung - die aber auf Kosten eines anderen Lebens gehen konnte. Und da war der Punkt, der ihn am meisten bei dieser ganzen Geschichte störte. Was war mit Antonin? Was war mit seinem Leben? Was war mit seiner Sicherheit? Er sagte er sei keine willenlose gefühllose Maschine, aber dennoch würde er für ihn in die Presche springen, wenn es darauf ankam. Eine schwierige Situation... Und eines war Cole klar. Er wollte eigentlich alles, nur Antonin nicht gefährden. Als er ihn bei den Russen in Gefahr gebracht hatte, hatte ihn schon sein schlechtes Gewissen geplagt. Cole blickte auf, als vor ihnen verschiedene kleine Teller abgestellt wurden, die verschiedenste Leckereien bereithielten. "Also", begann er Antonin zu erklären. "die Auberginen sind fantastisch, Zaziki und Schafkäse kennst du sicher, Krautsalat, Hähnchenspieße und das sind die Hackfleischbällchen. Dazu Salat und Pita." Zufrieden nickte er. Cole war kein großer Esser. Meistens hatte er nicht einmal Appetit. Ragnar bezeichnete ihn als unterernährt und als Hungerhaken, an dem nichts dran war. Aber sein Leben, so hatte er für sich analysiert, ließ ihn nur dann Hunger haben, wenn es ihm potentiell gut ging, wenn er entspannt war oder wenn er längere Zeit Ruhe hatte, so wie heute. Wenn er viel zu tun hatte, aß er oft am Tag nur einmal und manchmal auch nur irgendwelchen Scheißdreck. "Lass es dir schmecken." Cole nahm sich etwas von dem Brot und aß einen Bissen. "Ich bin froh, dass du das alles sagst", fuhr er dann ihr Gespräch fort. "Ich mag es nicht, wenn man mir zu nahe kommt. Ich mag es nicht, wenn man mich kontrolliert und mir auf Schritt und Tritt hinterherrennt. Ragnar nervt mich da teilweise schon. Aber er weiß meistens, wann er stehen bleiben muss." Erneut nahm er einen Bissen, blickte kurz aus dem Fenster. An dieser Stelle wäre es unklug zu erwähnen, dass schon einige versucht hatten, ihm zu nahe zu kommen. Und diese Personen lebten entweder nicht mehr oder waren zwangsversetzt worden. "Deshalb wäre ich eigentlich ganz glücklich damit, wenn wir einfach so weiter machen, wie bisher. Und wenn ich das Gefühl habe, dass ich deine Hilfe brauchen könnte, versuche ich dich darüber in Kenntnis zu setzen. Aber da du ja ohnehin nun mehr mit Ragnar wieder zu tun haben wirst, wenn du gesund bist, werden wir uns denke ich öfters sehen." Erneut suchten seine Augen die des anderen. "Eine Sache würde mich noch interessieren. Ich möchte wissen, was deine Sicherheiten sind. Du sagst, du bist meine stille Lebensversicherung, aber wer ist die deine?" Antonin Antonin wandte seinen prüfenden Blick von Cole auf das vor ihnen stehende Essen und folgte den Erklärungen. Das meiste erkannte er, schließlich war er ja nicht im Hinterhof eines McDonalds aufgewachsen, aber er würde Cole die kleine Freude lassen und nickte nur als jener geendet hatte. Dann nahm er sich seinen leeren Teller und füllte ihn zielgerecht mit Salat, ein paar Auberginen und einem von den Hähnchenspießen. Erstmal probieren und danach könnte er sich ja gegebenfalls immernoch nachnehmen. "Danke, du dir auch", erwiderte er den Wunsch des anderen und pickte sich probeweise ein paar Salatblätter auf die Gabel um gleich darauf genüsslich darauf herum zu kauen. An solchen Dingen ließ es sich meist recht gut sagen, ob ein Restaurant mit frischen Waren arbeitete oder nicht, und Cole schien ihn in ein gutes mitgenommen zu haben. Tatsächlich war der Salat sogar vorzüglich und so griff er ersteinmal eine Weile herzhaft zu, bevor er eine Pause einlegte und über das Gehörte nachdachte. "Kein Problem", erwiderte er schließlich. "Für mich ändert sich eigentlich sowieso nur, dass ich es jetzt offen akzeptiert und weniger zögerlich zu reagieren habe. Und du kannst weiterhin tun, was du eben so tust - nur mit der Gewissheit, dass ich dich KO schlagen und ganz unsexuell ins nächste Bett zerren werde, wenn ich dich noch einmal in einem solchen Zustand erwische." Bei jenen Worten sah er Cole nicht an, sondern säbelte an seinem Hühnerspieß herum, um das Fleisch herunter zu bekommen. Besser er sah dem anderen jetzt nicht in die Augen, denn für ihn änderte sich damit eigentlich jede Menge. Aber was Cole nicht wusste, machte Cole auch nicht wütend oder unsicher. So wie Antonin ihn einschätzte würde jener ihm sowieso nur zähneknirschend das absolute Minimum zugestehen und das inzwischen auch nur noch aus Schuldgefühlen heraus oder weil er gerade nichts Besseres mit der Situation anzufangen wusste. Aber mit einem solchen Minimum ließ sich nunmal nicht arbeiten und somit würde er wohl zu ein paar der eher trickreicheren Methoden greifen müssen. Und wenn Antonin irgendetwas war, dann war das trickreich. Genau genommen war er ein fulltime Schauspieler, der nur in diesem Krankenzimmer für einige Minuten aus allen Rollen herausgeschlüpft war. Und nicht einmal das freiwillig, sondern weil Cole ihn weit genug in die Ecke gedrängt hatte, um zuschlagen zu wollen. Endlich das Fleisch nicht mehr am Spieß sondern auf seiner Gabel wiederfindend blickte er auf, genau in Coles dunkle Augen, die da so prüfend auf ihm lagen. Am liebsten hätte er aus reiner Unsicherheit gefragt, ob er denn ein Foto von ihm wollte, aber das verkniff er sich lieber. Auf so etwas würde der andere Mann anspringen wie eine Schlange die Maus. Aber nicht, weil es als Anmache interpretiert werden würde, sondern weil er Cole zutraute, zielgenau hinter diese Worte zu sehen. Phu… am liebsten hätte er mal tief geseufzt. Das ganze würde Kraft kosten, soviel war jetzt schon sicher. "Meine Sicherheiten?", das brachte ihn nun wirklich zum Lachen und so legte er die Gabel mit dem Fleischstück wieder auf den Teller und blinzelte ein paar Mal bevor nur noch ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen zurück blieb. "Das erheitert mich jetzt wirklich", gab er zu und griff nach seinem Glas, um einen Schluck zu trinken. "Denn ich habe das einen meiner ersten Ausbilder auch gefragt. Seine Antwort bestand darin mir den Kinnhaken meines Lebens zu verpassen und zu erwidern, dass es 'sicher' gewesen wäre dem Schlag auszuweichen", er zuckte mit den Schultern und kam dann endlich dazu von dem Fleisch zu probieren, das er sogleich auch als fantastisch einstufte. "Aber worauf du wahrscheinlich hinaus willst, ist warum es so Leute wie mich überhaupt gibt, wenn wir ohne Sicherheiten arbeiten, richtig?", hinterfragte er schließlich mit ruhiger Stimme, auch wenn etwas in seinen Augen kurz flackerte. "Die Wahrheit ist, dass Leute mit meiner Ausbildung im Grunde genommen unbezahlbar sind. Das liegt zum einen an der Art und eben jenen nicht vorhandenen Sicherheiten und zum anderen an der Ausbildung an sich. Wo wir auch schon bei der nächsten Wahrheit wären", er breitete die Hände ein wenig aus, ganz so als wollte er etwas präsentieren. "Tada! Antonin Marakow ist im Grund ein Fehlschlag wie er im Buche steht. Ich habe mich ab einem bestimmten Punkt geweigert andere bestimmte Dinge zu tun und habe dafür eine ganz eindrückliche Strafe erhalten und ein dickes Failture in meinem 'Lebenslauf' stehen. Daher gab es kein Geld für mich - nicht dass ich das jemals gewollt hätte - und mein Käufer und damit erstes und einziges Ziel hat mich auch sehr schnell und ebenfalls sehr eindrücklich aus meinen Diensten entlassen", er stockte und spießte das nächste Salatblatt mit mehr Nachdruck als nötig von seinem Teller auf. "Soviel zur Geschichtsstunde." Cole Cole nahm sich nun da Antonin sprach selbst auch etwas zu Essen auf seinen Teller. Doch er musste bald aufsehen und den anderen kritisch mustern, als dieser davon sprach ihn KO schlagen zu müssen. Weshalb betonte jener es, dass es eine unsexuelle Bettzerrerei wäre? Und warum konnte er ihn dabei nicht ansehen? Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen und in seinen Augen klomm ein triumphierender Funke auf. Aber er erwiderte erst einmal nichts. Er mochte kleine Details, die er provokant ausspielen konnte. Und so aß er einen Bissen von den Auberginen, nahm sich noch ein wenig Schafkäse dazu. Er mochte griechisches Essen, auch wenn es sehr fleischlastig war. Aber er würde nicht viel essen können. Letztlich lag ihm das Vergangene immer noch im Magen. Zumindest würde er von allem, was er gerne mochte, ein wenig probieren. Ebenso schweigend registrierte er die Ausführungen Antonins hinsichtlich dessen Sicherheiten. Also würde jener jedes Mal sein Leben für ihn riskieren, ohne dass jemand ihn schützte. Nun, außer ihm selbst natürlich. Kein schöner Gedanke, ein sogar überhaupt nicht schöner Gedanke, wenn man bedachte, dass genau das etwas war, was Cole absolut nicht mochte, überhaupt gar nicht mochte. Cole blickte von seinem Essen auf und sein Gegenüber an. Auch wenn er es dem anderen nicht sagen würde, aber sicherlich würde er ihn unter diesen Umständen niemals mit in wirklich gefährliche Situationen nehmen, auch wenn jener sich auf den Kopf stellen und mit dem Knie wackeln würde. Niemals. Dann würde er wohl Antonin KO schlagen müssen und ganz ‚unsexuell‘ ins Bett zerren müssen, bevor dieser es mit ihm tun würde. Ein amüsanter Gedanke. Doch dann verdunkelten sich Coles Augen, als er Antonins 'Geschichtsstunde' vernahm. Er war bestraft worden, weil er sich geweigert hatte, etwas zu tun. Nun zum einen war interessant, welchen Punkt jener nicht hatte überschreiten wollen, zum anderen, welche Strafe... Cole blickte kurz auf die Arme des anderen, die wie ihm nun bewusst wurde, immer verdeckt gewesen waren und sind. Und daher hatte Antonin sicher auch die Jacke nicht ausgezogen, als sie gemeinsam im Club gewesen waren. Langsam aber sicher wurde das Bild deutlicher und deutlicher, nahm Konturen an. Und dass er ihn doch richtig durchschaut hatte, was das Verstecken, das Fliehen vor sich selbst betraf, nahm er für sich wahr, würde es dem anderen aber sicher nicht mehr so schnell unter die Nase reiben. Die Diskussion war sehr hart gewesen, so hart, dass Cole noch immer innerlich daran zu knabbern hatte, was man ihm sicher niemals ansehen würde, aber es war so. Und auf so eine Diskussion würde er sich nie wieder einlassen wollen. Dieses Krankenzimmer lag hinter ihm als auch ein Stück Vergangenheit. So wie er es mit vielem machte, was ihn jemals wirklich belastet hat. Hoffend, dass es nicht wieder zurückkehrte. "Nun, dann muss ich mir weniger Sorgen machen, denn ich werde dich niemals dazu zwingen eine Grenze zu überschreiten, die du nicht überschreiten möchtest", erklärte er nachdenklich. "Und ich muss sagen, dass ich das sehr beruhigend finde." Er schwieg kurz, beobachtete, wie jener von den erzählten Dingen offensichtlich leicht wütend geworden war. "Ich halte dich in keinster Weise für einen Fehlschlag. Und ich bin froh, dass du keine hirn- und gefühllose Maschine bist. Das gibt mir die Sicherheit, dass du dein Leben nicht sinnlos in Gefahr gibst, denn das ist das letzte, was ich möchte. Du darfst gerne ein wenig auf mich aufpassen, aber wenn es zu heiß wird, hältst du dich raus." Eindringlich sah er den anderen an und sein Tonfall ließ durchscheinen, dass er sich darüber nicht streiten würde. Auch wenn Antonin ihm angedroht hatte, dass er ihn in solchen Situationen nie wieder erleben wollte. Es gehörte zu seinem Leben. Er würde nie seine Ruhe haben, nie Sicherheit, niemals frei sein. "Da ich möchte, dass du dich vor allem auf deine Arbeit als Chemiker konzentrierst, wirst du auch keine Lücke mehr in deinem Lebenslauf haben, Herr Doktor. Und was die Bezahlung betrifft. Möchtest du pro Einsatz Geld, oder möchtest du einfach nur die Mittel bekommen, deinen Traum vom eigenen Labor zu verwirklichen?" Fragend sah er den anderen an, bevor er sich entschloss weiterzuessen, damit es nicht kalt wurde. Er würde Antonin bezahlen, wenn dieser es wünschte. Komisch an dem Gedanken war nur, dass er ihn dann wirklich wie einen Angestellten behandeln würde, wie jemand, der für ihn arbeitete, aber eine Arbeit, die ihn eigentlich mit Unwohlsein erfüllte. Ihm wäre es also viel lieber, wenn er Antonin in der Erfüllung seiner Träume unterstützen könnte. Hm.. ein seltsamer Gedanke, jemandem einen Wunsch zu erfüllen. Gut, es war eine geschäftliche Forderung gewesen, die er ohnehin akzeptiert hatte, und das Geld war nach dem Waffendeal ohnehin kein Problem mehr, aber dennoch war es das erste Mal, dass er jemandem eine Wahl ließ, und es war das erste Mal, dass er bereit war, jemandem einen Wunsch zu erfüllen. "Wie geht es eigentlich deiner 'Verletzung'?", fragte er und deutete damit an, dass er das Thema wechseln wollte. Eigentlich hatten sie doch nun alles Wichtige besprochen. Anonin Damit sprach Cole genau das aus, was Antonin befürchtet hatte. Er hätte sich rauszuhalten? Entweder hatte jener es immer noch nicht begriffen oder er wollte sich dem ganzen nicht stellen. "Cole, mach dir einfach nicht so viele Gedanken und lass uns weitermachen wie bisher", brummte er schließlich ohne darauf einzugehen, dass der andere offensichtlich froh darüber war, dass Antonin nicht alle Grenzen überschreiten würde. Auch dazu dass jener ihn für keinen Fehlschlag hielt, würde er nichts erwidern. Er hatte das nicht erwähnt, um irgendwelche unwahre Lobeshymnen zu erhalten, sondern um diesen 'Beruf' ein klein wenig näher zu erklären. "Wenn du jemanden brauchst, der bei ein wenig Schusswechsel nicht den Kopf verliert, ruf mich an. Das kann doch so schwer nicht sein. Vor allem da ich keineswegs lebensmüde bin und bestimmt nicht vorhabe, so schnell ins Gras zu beißen. Ich habe das Ganze nur einmal deutlich machen wollen, wie es sein könnte, ok? Kein Grund jetzt zu meiner Glucke zu mutieren.." Doch als Cole das mit dem Chemiker erwähnte huschte ein ehrliches Lächeln über sein Gesicht und erhellte es damit kurzzeitig ein ganzes Stück. "Tatsächlich habe ich in diesem Lebenslauf alles andere als Fehlschläge aufzuweisen. Und es heißt Professor", zog er den anderen ein wenig auf. Natürlich war da in Russland auch gedreht worden, er war viel zu jung für so einen Titel, aber angeblich war er so eine Art Wunderknabe, der diesen Titel früher verdient hatte. Stimmte nicht, aber früher oder später hätte er ihn auch so gemacht, also befand Antonin das als nicht so tragisch und auch nicht wirklich gelogen. "Geld für Einsätze?", echote er dann mit ein wenig Unglauben in der Stimme. Was sich gleich darauf auch von einem Blinzeln zum nächsten in zornig verengten Augen niederschlug. "Wage es nicht, Cole!", zischte er erbost. "Darüber wird es keine Diskussion irgendeiner Art geben. Mein Labor finanziert sich durch CI-4 und dabei bleibt es auch." Doch wie so viele Male zuvor verzog sich auch jene Gewitterwolke über seinem Kopf sehr schnell und er ging breitwillig auf die Frage nach seiner Verletzung ein: "Naja, es wird wohl eine weitere Narbe zurückbleiben aber mein Doc meinte es war gute Erstversorgung und ich bin bald wieder fit. Was bedeutet, dass ich bald wieder arbeiten gehe, und Ragnar damit endlich wieder aus meinem Nacken raus habe. Und wie sieht‘s bei dir aus? Hast du noch Schmerzen?", hinterfragte er bevor er seinen inzwischen leeren Teller beiseite schob und sich zufrieden mit seinem Sättigungsgefühl entspannt im Stuhl zurücklehnte. Tatsächlich ging es ihm wieder so gut, dass er sogar beschließen könnte heute auch einmal wieder nach ein wenig Sex Ausschau zu halten. Seine eigene Glucke, Namens Nicholas und dessen Frau hatten ihn vor ein paar Tagen daran erinnert, was er wohl nie haben würde. Also wäre es an der Zeit sich dafür etwas zu holen, das er sehr wohl haben könnte, right? Cole Cole nickte zu der Aussage, dass sie weitermachen sollten wie bisher. Ja, das war das Beste. Damit würden wohl alle zufrieden sein. Er aß noch ein paar Bissen von dem Fleisch, das er sich mittlerweile auf den Teller gelegt hatte, und hob dann ungläubig aber doch auch anerkennend die Augenbrauen, als Antonin ihn darüber aufklärte, dass er einen Professorentitel hatte. War jener nicht etwas jung dafür? Ein wenig war er neidisch. Nun ja, etwas in der Art. Die Woche, in der er nun zu Hause geblieben war, hatte ihn in seinem Studium weitergebracht. Dennoch war noch Einiges zu tun, bevor er sich zur Abschlussprüfung anmelden würde. Aber selbst wenn er irgendwann fertig wäre, letztlich würde er niemals diesen Beruf ausüben können. Der Abschluss lief auf einen fremden Namen, niemals würde man mit seinem Register bei der Polizei ihn als Referendar nehmen. Und noch etwas unterschied sie grundlegend: Antonin hatte einen Lebenslauf, den er vorzeigen konnte. Und was hatte Cole? 'Besondere Fähigkeiten: Ich habe schon mehr Menschen getötet, als ich zählen kann; Ich kann hören, ob eine Kugel im Revolver drin ist oder nicht...‘ Er seufzte innerlich bei dem Gedanken. Er würde niemals auch ein 'normales' Leben haben. Damit musste er sich abfinden. "Nun ja, wenigstens kannst du einen Lebenslauf vorweisen. Aber du bist ein alter Sack, wie mir scheint", bemerkte Cole trocken. "Professor klingt alt, aber offenbar hast du dich ganz gut gehalten oder die richtigen Medikamente und Operationen. Ein Glück, dass ich auf natürliche Art jung geblieben bin." Er grinste den anderen kurz an. Blickte dann aber in strafende Augen, denen er mit Kühle begegnete. Nun, wenn der andere so viel Stolz hatte, dass er sich nur über seine Arbeit als Chemiker finanzieren wollte, dann konnte ihm das nur recht sein. Das würde ihm einige Kosten ersparen. Es war faszinierend, wie Antonin zwischen Sonnenschein und Regenwetter hin und her schwenken konnte. Ob er wohl im April Geburtstag hatte? Bei jenem hatte man wirklich das Gefühl, dass seine Emotionen zum einen teilweise recht offen in seinem Gesicht standen, zum anderen, dass sie sich binnen weniger Sekunde einmal komplett umdrehen konnten. Aber gut, das machte es ihm teilweise leichter, zu sehen, mit wem er es zu tun hatte. Allerdings ahnte Cole, dass vieles von dem was Antonin so scheinbar auffällig mit sich herumtrug nur eine große Maskerade war. Eine Maskerade, die notwendig war aufgrund der Ereignisse, und die er geschafft hatte herunterzureißen, als sie in jenem Krankenzimmer waren. Wieder ein Detail im Puzzle. "Es passt", antwortete er auf die Frage, wie es ihm mit seiner Verletzung ginge. Und das tat es ja auch. Es ging - einigermaßen. "Ich fange morgen wieder an. Da sind grad ein paar unschöne Dinge passiert. Mal sehen, was das wird." Er schob seinen Teller, auf dem die Hälfte dessen, was er sich draufgeladen hatte, noch lag. Er hatte keinen Hunger mehr, besonders nicht, wenn er daran dachte, was nun auf ihn warten würde. Die Tage, in denen er zu Hause gewesen war, fehlten offensichtlich deutlich. Nun würde er einiges wieder geraderücken müssen. Außerdem stand bald der nächste Waffendeal an. Die Kunden waren sehr zufrieden gewesen, während er und Antonin sich in seinem Elternhaus vergnügt hatten. Wie als ob seine Gedanken bestätigt werden sollten, klingelte sein Handy. Cole ging ohne Umschweife mit einem "Hm" ran und hörte Ragnar zu, der am Ende der Leitung war. Dann nickte er zu einem "In Ordnung" und legte wieder auf. Cole blickte kurz nachdenklich auf sein Handy, dann sah er wieder Antonin an. "Da gibt es einen Typ, der Reihenweise die kleinen Dealer abwirbt und ihnen Koks etc. gibt, damit sie es verticken können. Und wenn die Dealer etwas tun, was ihm nicht gefällt, zum Beispiel das Zeug strecken, dann knallt er sie ab. Die meisten Dealer, die strecken sind eigentlich immer arme Schlucker, die aus der Not heraus das Zeug panschen. Sie erhoffen sich damit, mehr Gewinn zu machen. Sie machen das, weil sie sonst zu wenig verdienen. Oder weil sie etwas von dem guten Stoff zurückhalten wollen, um damit auch letztlich wieder Geld herauszuschlagen. Aber deswegen muss man sie doch eigentlich nicht abknallen und seine gesamte Familie mit dazu." Cole seufzte. Man konnte fast davon ausgehen, dass es sich um einen Irren handelte, der wahrscheinlich selbst zu viel konsumierte. "Und nun hat er einen ehemaligen Dealer von uns zusammen mit seiner Nutte und zwei Kindern auf dem Gewissen. Und auch wenn er in letzter Zeit häufiger aufgetreten ist, so weiß doch niemand, wer das ist. Es kennt ihn niemand." Cole zuckte mit den Schultern. "Aber eigentlich sollte ich mich wirklich erst morgen wieder damit beschäftigen." Antonin Antonin blickte skeptisch auf Coles Teller. Waren gerade 'Iss die Hälfte'-Wochen bei dem, oder wie? Überhaupt, jetzt wo er so zurückdachte war ihm Cole auch nicht wirklich schwer vorgekommen als er ihn hochgewuchtet hatte. Selbst mit seiner eigenen Wunde nicht. Ein wenig unwillig runzelte er die Stirn und dachte nach. Würde er dem anderen jetzt sagen, dass er mehr essen sollte, käme das ziemlich schlecht. Er selbst wäre auch angepisst wenn sich jemand ungefragt über seine Essgewohnheiten auslassen würde. Also musste man das Ganze ein wenig besser verpacken. Antonin war schon bewusst, dass diese Art der Sorge nichts mit ihrem Deal zu tun hatte, sondern eher damit, dass er sich ehrliche Gedanken um Cole machte. Hin und wieder. Wenn er es gerade zuließ. Doch so hob er schließlich ein wenig herausfordernd den Blick von dessen Teller bis hoch zu den so kühlen grünen Augen. "Auf natürliche Weise jung gehalten, ja?", begann er ein wenig spielerisch, noch auf der Suche nach dem richtigen Tonfall für seine nächsten Worte. "Wenn du dich nur auch auf natürliche Weise so anziehend gehalten hättest…" Er hob die Hand, in der er die Gabel hatte und deutete damit über den Tisch. "Du hast mich mal irgendwas mit geheimnisvollen, mysteriösen Typen genannt, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, und ich hab ne Weile überlegt was man in dir sehen könnte. Tatsächlich vergleiche ich dich in Gedanken eigentlich hin und wieder mit unberechenbaren Raubkatzen. Schätze dafür sind deine Augen mit verantwortlich." Er zuckte mit den Schultern als ob es eigentlich gar nicht wichtig wäre, was er da von sich gab. "Aber dieser interessante Hauch von 'Gefahr' wird ein wenig durch dein Gewicht gemindert. Wenn du dir mal ein paar Kilos angefuttert hast, schleppe ich dich gern wieder in so eine Bar und dann wette ich mal was für Sprüche und Anmachen dann kommen." Antonin klopfte sich innerlich auf die Schulter. Es war eher unwahrscheinlich, dass Cole sich jetzt wirklich angegriffen fühlen würde. Wahrscheinlicher war es, dass der jetzt dachte er würde sich selbst für ihn interessieren. Was er ja auch tat. Wenn auch nur auf andere Art und Weise. Aber lieber ein kleines Missverständnis, bei dem er seine Sorge gut versteckt anbringen konnte, als die Wahrheit, um dann wieder jenes unheilvolle Aufblitzen in den grünen Augen zu erkennen. Dann nickte er nur auf die Informationen die Cole zu seiner Wunde rausgab. Wenn der sagte, es passe, dann würde es wohl auch passen. Niemand, der ganz bei Sinnen wäre, würde sich mit wirklich Schmerzen wieder auf den Stuhl des anderen setzen. Andererseits... war jener wirklich immer bei Sinnen? Prüfend glitt sein Blick über Cole, doch natürlich befand sich da kein kleines Schild das Informationen über das Seelenleben des anderen preisgab. Und überhaupt... Er hatte nicht den Hauch einer einzigen Information bekommen, die er für den Schutz des anderen gebrauchen konnte. Außer dass Cole nicht bereit war Antonins Leben zu gefährden natürlich. Was für ein zäher, verschlossener Kerl. Und Antonin hatte sich für einen Panzerschrank an verschlossenen Emotionen und Geheimnisse gehalten. Na, da war Cole dann wohl der dazu passende Atombunker. Aus jenen Gedanken wurde er erst durch das Telefonklingeln gerissen und verfolgte das Mienenspiel des anderen neugierig. Zumindest bis jener ihm die Informationen zu einem irren Serienmörder gab. Er seufzte dazu erstmal nur tief. "Es gibt schon kaputte Typen, wirklich", murmelte er schließlich. "Ich meine, wenn man sich angepisst fühlt und einen ausradiert bin ich der letzte, den das interessiert. Jeder ist sich selbst der nächste. Aber was es so einem Irren bringt die Familie dazu auszulöschen... Sowas geht mir wirklich nicht in den Kopf." Er stockte kurz und dachte nach. "Oder es geht mir doch in den Kopf…", brummte er schließlich ein wenig zwigespalten." Allerdings nur, wenn davor die Familie des Täters ebenfalls angegriffen worden wäre. Dann gäb‘s da auch kein Erbarmen und kein Unterscheiden zwischen schuldig und unschuldig. Wer meiner Familie weh tut, der hat selbst bald keine mehr." Er griff nach seinem Wasser und trank die letzten Schlucke langsam aus. "Und ja, du solltest dich wirklich erst morgen damit beschäftigen. Einen Tag hin oder her wird die Suppe nicht noch dicker machen", beschloss er und schielte ein wenig sehnsuchsvoll zum Aschenbecher. Aber noch bestand ja die Möglichkeit, dass Cole doch noch etwas mehr Nahrung zu sich nehmen würde. "Ich selbst habe für mich beschlossen heute noch wegzugehen. Allerdings bin ich mir noch nicht ganz schlüssig wohin und aus welchen Gründen." Wollte er einfach nur ein wenig den Kopf frei bekommen oder war ihm wirklich nach einer schnellen Nummer? Schwierig, schwierig. Cole Coles Augenbrauen rutschten nach oben, als er die Ansprache des anderen hörte, die offensichtlich darauf hinauslaufen sollte, dass er zu dünn war, um attraktiv zu sein. Ein fast schon herablassendes Lächeln erschien auf seinen Lippen. "Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass du mir weißmachen kannst, ich sei nicht attraktiv, nur weil ich ein paar Kilos weniger habe." Er lachte leicht. "Erstens wer schleppt hier wen? Wenn ich dich erinnern darf, mein Lieber, habe ich dich geschleppt, nicht umgekehrt. Und zweitens kannst du mir glauben, es hat sich absolut noch niemand darüber beschwert, wie ich aussehe, geschweige denn, dass ich zu dünn bin." Die Bemerkung mit der Raubkatze ließ er bewusst unter den Tisch fallen. Ein interessanter Vergleich, besonders wenn er ganz ähnliche Gedanken bei Antonin hatte. Zumindest anfangs. Neuerdings war er noch nicht sicher, womit er Antonin vergleichen konnte. Durch diese zwei Seiten, war der Vergleich hinfällig geworden. Seine Augen musterten Antonin gelassen. Jener schien sich ja ganz schön mit seinem Körper zu beschäftigen. Erst bemerkte er seinen Knackarsch, dann legte er Wert darauf, ihn unsexuell ins Bett zu ziehen, und nun drückte er ihm rein, dass er ein Hungerhaken war. Unwillig griff Cole zu seiner Gabel und stocherte im Essen herum, bevor er noch einen Bissen aß. "Und drittens würdest du dich wundern, was mir die Typen so alles zuflüstern, wenn ich irgendwo auftauche. Geschweige denn, dass ich 'erfolglos' von der Jagd zurückgekommen wäre." Seine Augen funkelten den anderen an. So was... tztztz. Cole wusste, dass er vom Typ her allem entsprach, was in der Szene als 'höchst begehrenswert' galt. Nichts und niemand würde ihn jemals von der Bettkante weisen... Aber offenbar hatte Antonin ein Problem mit seiner Figur. Aber was ging ihn das an? Er aß einen Bissen. Sollte er selbst doch mehr essen. Gut, er musste zugeben, dass Antonin wirklich gut gegessen hatte. Aber es ging ihn doch verdammt nochmal gar nichts an, wie viel Cole aß. Mürrisch schob er den Teller wieder weg. "Ich habe keinen Hunger mehr." Fast ein wenig zu patzig kamen seine Worte heraus. Fast hätte Antonin ihn soweit gehabt, dass er mehr aß, aber eben nur fast. Vielmehr lauschte er nun den Ausführungen des anderen hinsichtlich der Familie. Seine Miene verhärtete sich von einer Sekunde auf die andere. Der eben noch trotzige Ausdruck war sofort verschwunden und einem dunklen Grün gewichen. "Es gibt niemals einen Grund dafür, eine Familie auszulöschen. Niemals", knurrte er. "Weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Und wenn sich jemand auf dieses Niveau hinab begibt, heißt das noch lange nicht, dass man selbst auch so handeln muss. Das ist absoluter Bullshit." Ein Glück, dass er nicht noch mehr gegessen hatte. Sein Magen verkrampfte sich. Kein gutes Thema, absolut kein gutes Thema. Die Aussage, dass er sich erst am nächsten Tag wieder in die Arbeit stürzen sollte, überhörte er in Gedanken. Der 'Irre', wenn man bei diesem Wort bleiben wollte, hatte etwas an sich, das Cole abstieß. Er war sich nicht schlüssig darüber, ob er Nachforschungen anstellen würde, aber letztlich wusste er schon jetzt, dass er es eben aus dem Grund, dass er Familien auslöschte, tun würde. Vielleicht würde er doch irgendwann... Nein, das war vorbei. Ein Stück Vergangenheit. "Hm?", er blickte auf, als er die letzte Bemerkung Antonins hörte. Er hatte sich wieder unter Kontrolle, blickte gleichgültig. "Du meinst, ob du nur abzappeln willst, oder ob du nen Fick brauchst? Und dann muss sich deiner einer ja auch noch entscheiden, welche Art von Fick." Er hob die Augenbrauen. Zumindest bei der einen Art, kann ich dir einige gute Clubs nennen. Wenn du dir beides offen halten möchtest, könnte ich dir auch etwas empfehlen." Kurz überlegte er, ob er auch weggehen wollte. Eigentlich hatte er geggen einen Fick nie etwas einzuwenden, aber im Moment fühlte er sich irgendwie nicht ganz danach. Andererseits war er momentan entspannt genug, dass er ruhig mal wieder etwas Intensiveres gebrauchen könnte... "Weggehen ist vielleicht keine schlechte Idee", überlegte er halblaut. "Ich könnte dich also auch mitnehmen, wenn du möchtest." Antonin Anontin hatte Mühe sich seine Gereiztheit mit sich selbst nicht anmerken zu lassen. Das kam dann wohl davon wenn man sich selbst für so überaus gewieft hielt: Ein sowas von übler Schuss in den Ofen. Am liebsten würde er jetzt vor sich hinknurren und unwillig mit den Fingern auf dem Tisch herumtrommeln, aber das war dann wohl auch kein guter Stil und so hob er einfach nur geschlagen die Hände. "Schon gut, schon gut", er verdrehte die Augen. "Demnächst sage ich dir einfach, dass du meiner Ansicht nach zu wenig isst, dann kannst du es mir ersparen, zu erzählen was für ein toller Hengst du doch bist. Und natürlich will ich dir keineswegs weißmachen, dass du unattraktiv bist. So offensichtlich sind meine Lügen eigentlich nicht." Antonin schwieg kurz und beschloss, nicht mehr so viel nachzudenken. Das hatte vor Coles kleinen Ausflug in die Selbstmörderspalte ja auch ganz gut funktioniert und überhaupt, was juckte es ihn eigentlich, ob der was vernünftiges zu sich nahm oder nicht? Und warum irritierte es ihn gerade so furchtbar, so offensichtlich abgewatscht zu werden, dazu noch mit Worten, die verkündeten, was für ein super Abschlepper der andere war? Konnte ihm doch herzlich egal sein. Sollte Cole sich doch durch die ganze Stadt ficken, nur um zu beweisen, dass er nicht zu dünn war. Wen juckte das schon? Anscheinend… also allem Anschein nach juckte es: ihn. Denn er brachte das Lächeln nicht mehr auf sein Gesicht. Ums verrecken nicht. Und noch schlimmer - Antonin war sich sicher, dass jede Menge Unwille in seinen Augen stand. Ähnlich wie der Trotz, den er in Coles Augen zu erkennen glaubte. Hmpf, was sollte es? Sie waren ja schließlich keine Chorsänger. Er warf dem Glas Ouzo einen kurzen Blick zu, hielt sich dann jedoch selbst am kurzen Zügel. Er würde doch jetzt nicht auch noch wegen so einem minimalen Rückschlag zu Alkohol greifen! Cole trieb ihn echt noch in den Wahnsinn. Er sah es wirklich kommen. Und vom Wahnsinn dann auch direkt in einen trockenen Schwamm der Informationen jeder Art in sich aufsog wie frisches Wasser. Woah, was war das? Da kam sie aus dem Nichts angesprungen, die Seite an Cole, die ihn ursprünglich mal auf Zehenspitzen um jenen rumtanzen hatte lassen. Und diesmal war sie noch viel eindrücklicher und deutlicher als all die anderen Male zuvor. Was den Grund dafür darstellte, dass er dieses Wissen bei sich ablegte und erst einmal ruhen ließ. Wenn auch mit dem Entschluss, tiefer danach zu graben. Es war nur fair, dass er hier nicht der einzige war, der höchst private Dinge von sich gab. Aber alles zu seiner Zeit. Alles zu seiner verfluchten Zeit. Noch lief ihm nichts davon. So ließ er dieses Thema ohne weiteren Kommentar dazu fallen. Ob es jetzt daran lag, dass er vom Tonfall des anderen wirklich ein wenig eingeschüchtert war, oder tatsächlich daran, dass er das rein aus taktischen Gründen tat, hinterfragte er nicht. Antonin hinterfragte sich selbst nie. Und dann war sie da wieder, die absolute Gleichgültigkeit. Wo er selbst zwischen offensichtlichen Emotionen zu Neutralität umsprang wie ein Lichtschalter, waren das bei Cole gedämpfte, unterdrückte Emotionen und die kühle Gleichgültigkeit. Waren sie sich eigentlich wirklich so unähnlich? Noch immer wollte das Lächeln nicht zurückkehren und so beließ er es bei einem Schulterzucken. "Ich glaube du verstehst mich falsch, aber im Gegensatz zu dir habe ich nicht das Gefühl, mich und mein Libido in diesem Zusammenhang näher erklären zu müssen." Sonst hätte er wohl erwähnt, dass er bisher nur Sex mit Männern gehabt hatte, wenn etwas wirklich Übles passiert war. Weshalb ihm auch fremd war, wonach man bei Männern ging, was man an ihnen wirklich anziehend finden konnte. Er war besoffen gewesen und hatte sich dann mehr oder minder überrumpeln lassen. Viermal insgesamt und er hatte nur dem ersten einen Arm gebrochen als er wieder nüchtern gewesen war. Als Strafe für seinen schmerzenden Hintern. Beim Rest glaubte er im Nachhinein gewusst zu haben, dass eine gewisse 'Mindblowing' Befriedigung in ihrer sexuellen Interaktion Platz gefunden hatte. Und trotzdem bezweifelte er, dass er sich im normalen Zustand, selbst wenn er besoffen wäre, so einfach dazu hinreißen lassen könnte, das zu wiederholen. Dazu war er zu sehr Kontrollfreak. Was seltsam war, denn andersherum verspürte er überhaupt keinen Reiz, einen Kerl unter sich selbst zu wissen. Dann lieber eine Frau. Womöglich hatte er dazu aber auch zu wenig Erfahrung in dieser ganze Schwulenszene und er verpasste dadurch das 'Beste'. Aber wie bereits gesagt, im Gegensatz zu Cole musste er mit seinen Gedanken nicht hausieren gehen. Zudem er sich selbst auch nicht ansprechend fand - was an den Narben lag. Selbst wenn er seinen Oberkörper nicht zeigte. Noch ein Grund dafür, sich fast ins Koma gesoffen zu haben für den Sex mit dem gleichen Geschlecht. Cole hatte es da sicherlich einfacher. Wonach man nach dessen Worte auch ausgehen konnte. Jener wusste um seine Wirkung, wusste um sein 'Können' und nutzte das weidlich für sich und seine Triebhaftigkeit aus. "Wenn du nicht rein in einen Fickclub fährst, komme ich mit", beschloss er schließlich und zündete sich endlich die heißersehnte Zigarette an. Manchmal verwirrten ihn seine eigenen Gedanken. Cole Seine Augen, die auf Antonin ruhten, registrierten den Unwillen, des anderen, darüber, dass er zugeben musste, dass Cole ihn anscheinend wirklich durchschaut hatte. Die Frage war nur, worüber er genau genervt war. Dass Cole ihm auf die Schliche gekommen war, oder waren es die Inhalte gewesen? Cole beschloss dass lieber nicht so genau wissen zu wollen. Genauso wie jener offenbar - und zu dessen Glück - nicht nachfragte, was das Thema 'der Irre' anbelangte. Cole wusste, dass Gerüchte über seine Vergangenheit kursierten. Aber die wenigsten kannten die Wahrheit. Und er selbst würde sie niemandem erzählen. Niemand stand ihm so nahe, dass er es ihm erzählen wollte. Und das war gut so. Und so war er erleichtert, als sie endlich beschlossen hatten, was sie diesen Abend tun würden. Eigentlich wunderte es ihn, dass er wieder mit Antonin wegging, aber es störte ihn auch nicht. Sie sollten beide ein wenig ihren Spaß haben, nach er den jüngsten Ereignissen. Sie sollten sich beide ein wenig entspannen. Cole trank sein Bier aus und signalisierte Christos, dass er zahlen wollte. "Dein Wunsch sei mir Befehl", murmelte er und drückte dem Griechen Geld in die Hand, als dieser kam. "Du bist eingeladen", sagte er zu Antonin. Dann stand er auf und nahm seine Jacke und verließ das Restaurant und stiegen ins Auto. "So mein Lieber, rein homo oder gemischt?" Er blickte Antonin fragend an und wartete auf die Antwort, die ein "egal" war. "Gut, dann homo." Cole startete den Motor und fuhr los. Kapitel 19: Der Teufel unter den Engeln --------------------------------------- Cole Gemeinsam fuhren sie zu einem Club mit dem Namen "Savoy". In dem Club gab es einen großen Raum mit zwei Bars, einer großen Tanzfläche, wobei heute offenbar der Themenabend 'Engel' war, denn auf Podesten tanzten einige Männer in knappen, silbernen Shorts und Engelsflügel, um das Publikum anzuheizen. Um den großen Raum herum zog sich eine Art Balkon, auf dem auch einige standen und tanzten. Die Musik war mit reichlich Beats unterlegt, so dass man gut würde tanzen können. Es gab zudem einen Chilloutroom, in dem aber meist nur knutschende Pärchen saßen. Das wichtigere war der Darkroom, in dem man sich schnelle Befriedigung holte, ohne viele Fragen stellen und beantworten zu müssen. Cole war oft hier. Man konnte sagen, dass es sein Stammladen war. Cole blickte sich kurz um, dann wandte er sich Antonin zu. "Magst du was trinken?", fragte er, sich rüberbeugend, da die Musik zu laut war und er nicht schreien wollte. "Wir können aber auch gleich tanzen gehen..." So nah am anderen fiel ihm auf, dass jener gut roch, etwas, was ihm persönlich recht wichtig war. Antonin Er bedankte sich höflichkeitshalber für das bezahlte Essen und ließ sich dann, nachdem er seine Antwort gegeben hatte ohne weitere Worte von Cole zu dem Club kutschieren. Also wenn jener mal nen anderen Berufszweig einschlagen wollte, Chauffeur wäre definitiv mit auf der Liste der möglichen Jobangebote. Tatsächlich konnte Antonin sich diesmal sogar wirklich entspannen und nicht nur so tun als ob. Immerhin würden sie diesmal wirklich nicht in irgendwelche schrägen, total abgefuckte Situationen kommen – hoffte er zumindest. Als sie am "Savoy" ankamen hob Antonin ein wenig beeindruckt die Augenbraue. Scheinbar war es wirklich an ihm vorbeigegangen, dass sich Homosexuelle nicht mehr zu verstecken hatten. Das Ganze hier war schon von außen größer als erwartet. Aber da drinnen würde er in seinem Pullover verrecken und so zog er sich diesen auch kurzentschlossen über den Kopf und warf ihn unbeachtet auf den nun verwaisten Beifahrersitz. Ebenfalls zurück ließ er seine Jacke mit dem Handy und dem Schlüsselbund. Den Wagen würde schon keiner stehlen und egal was passieren würde, Cole würde sich bestimmt nicht einfach so verpissen. Und wenn doch, würde er eben ein Taxi zu Nicholas nehmen. Sich kurz in den ein wenig spiegelnden Fensterscheiben des Fahrzeuges betrachtend war er sich auch gleich darauf sicher, sich so vorzeigen zu können. Statt dem beigen Pullover war es nun eben das weiss-schwarz gemusterte - auf zerknitterte gemachte Hemd. Perfekt für unter den Pullover aus genau jenem Grund. So folgte er dem anderen schließlich hinein und sah sich neugierig um. Themenabend, huh? Und ja, manche der Kerle würde er inzwischen als durchaus ansprechend bezeichnen. So ganz im Stillen für sich selbst – was ein selbstamüsiertes Lächeln hervor rief und seine Laune wieder um ein ganzes Stück hob. Sollte Cole sich ruhig wieder was zum Ficken suchen, er könnte sich hier wohl auch ganz gut so unterhalten. Als jener sich schließlich zu ihm beugte musste er nicht lange überlegen, auch wenn er überrascht war von einem 'wir' zu hören. Ja, sie waren zusammen hergekommen, aber er hatte bis eben eigentlich fast noch vermutet, dass Cole sich gleich abseilen würde. Daher war er kurzzeitig wirklich erstaunt, doch nicht lange genug, um sich nicht entscheiden zu können: "Tanzen." Ja, danach stand ihm heute erstaunlicherweise wirklich der Sinn und mit der Musik konnte er auch klarkommen. Zudem er sich auf einer viel kleineren Tanzfläche schon blamiert hatte, da machte das hier auch keinen Unterschied mehr. Er warf Cole noch schnell einen Blick zu, den jener wohl als Aufforderung werten könnte, wenn er denn wollte und hielt auf die Tanzfläche zu. Ohne seine Waffen und Mantel würde das Ganze schon mal mit Sicherheit mehr Spaß machen. Dazu noch völlig nüchtern und ohne Blutvergießen vorher. Fast war Antonin von sich selbst beeindruckt. Der Abend verlief bisher so normal. So fand er auch nichts dabei doch ein wenig suchend durch die Menge zu blicken. Wer wusste schon ob es ihn nicht vielleicht doch reizen würde? Cole "Gut", entgegnete er, fing den Blick des anderen mit einem Nicken auf. Dass jener den ganzen Abend noch nichts getrunken hatte, überraschte ihn. Das letzte Mal hatte er den Alkohol nur so in sich hineingeschüttet, aber das konnte eventuell auch an dem ‚Vorspiel‘ liegen. Offensichtlich betrank sich Antonin nur, wenn er wirklichen Stress gehabt hatte, oder? Nun ja, das würde er vielleicht noch herausfinden. Nun folgte er ihm auf die Tanzfläche. Antonin hatte wirklich immer langärmlige Hemden an. Dennoch sah er gut aus. Sicher verbarg sich da unter dem Hemd ein gut geformter Oberkörper, ein schöner männlicher Oberkörper, der von der Ausbildung her auch gut bepackt war, worauf die doch recht breiten Schultern schließen ließen. Cole, der eher schmächtig, oder sagen wir drahtig war, war vielleicht größer als der andere, aber nicht ganz so breit. Aber kein Grund neidisch zu sein. Und so bahnten sie sich ihren Weg durch die Menge, in der einige dem Thema folgend in Weiß gekommen waren. Lustig, dass er, wie so oft, ein dunkelrotes Hemd anhatte, was im ziemlichen Kontrast stand. Aber er mochte dunkelrote Farbtöne. Dennoch wirkte er rein optisch im Moment wohl wie ein schwarzes Schaf, oder besser noch: wie der Teufel unter den Engeln. Ein amüsanter Gedanke, der ihm ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Kaum waren sie an einer Stelle angelangt, an der sie ein wenig Platz hatten, um sich zu bewegen, begann Cole sich zu der Musik zu bewegen, die zum Glück schnell genug war, und mit passenden Beats unterlegt war. Er mochte es nicht, wenn die Musik zu langsam war. Cole schloss einen Moment die Augen, sich einfach von der Musik treiben lassend, genießend, dass er einfach einmal an nichts anderes denken musste. An nichts und an niemanden... Hm, dieser Abend würde schön entspannend sein. und das war gut so, denn er hatte es verdammt nötig, einmal wirklich wieder runter zu kommen. Sicher, die Zeit zu Hause war auch entspannend gewesen, und seine Besuche in der Männersauna, aber hier konnte er auf einer anderen Ebene entspannen. Und er hatte keine Bücher daliegen, die darauf warteten, durchgearbeitet zu werden. Als er die Augen öffnete sah er schon, dass er angetanzt wurde. Es verging wirklich nie viel Zeit, bis die Typen angetanzt kamen. Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Von wegen er wäre ein unattraktiver Hungerhaken. Antonin hatte ja keine Ahnung. Und doch würde er heute nicht bis zum Äußersten gehen. Zum einen, weil er Antonin nach Hause bringen musste, zum anderen, weil er das Gefühl hatte, auch so heute Abend gänzlich entspannen zu können. Normalerweise brauchte er den Fick immer nur, um einen kurzen Moment der Entspannung zu haben. Aber den hatte er jetzt schon hier und jetzt dadurch, dass sie hier waren. Seine hell leuchtenden Augen suchten kurz seinen Begleiter, der offenbar auch schon Zuspruch gefunden hatte, dann erwiderte er das Antanzen der zwei Männer, von denen er den einen dem Typ 'Muskelprotz' zuordnen würde, den anderen eher zum Typ 'selbstbewusster Normalo'. Es war erstaunlich, aber die Männer, die ihn antanzten, waren meistens diese kräftigeren Kaliber, oder eben solche, die eher selbstbewusst waren. Offenbar strahlte er doch eine gewisse Autorität aus. Die weicheren musste immer er antanzen, worauf sie dann aber immer sehr schnell und bereitwillig einstiegen und er nie lange warten musste, bis es in den Darkroom ging. Antonin Es war schon irgendwie erstaunlich, wie viel anders sich die Menschen hier in der Szene zu verhalten schienen. Während man sich in normalen Clubs eher die Zeit nahm jemanden zu suchen mit dem man vielleicht tanzen wollte und dem man vielleicht einen Drink ausgeben würde, war man hier kaum auf der Tanzfläche, bevor man auch schon den ersten an sich drankleben hatte. Aber, oh Wunder, der Mann vor ihm sah absolut normal aus und war auch nicht übermäßig frech. Nur ein Stückchen größer und auch recht normal gebaut. Kurz, Antonin konnte sehr gut damit leben jenen in seine persönlichen Radius zu lassen. Wobei er schließlich noch besser damit leben konnte, als jener ihn fragte ob sie etwas trinken wollten. Na klar, ein Drink klang jetzt wirklich nicht übel. Sie hielten auf eine der beiden Bars zu und hatten sogar das Glück zwei relativ gute Plätze dort zu erwischen ohne sich wie in der Sardinenbüchse fühlen zu müssen. Während sie auf ihre Getränke warteten - RedBull für Antonin und irgendeinen Alkoholischen für den anderen - erfuhr er, dass sein Gegenüber Jens hieß und Kaufhausdetektiv war. Woraus sich folgend ein recht flüssiges, angenehmes Gespräch entwickelte, auch wenn Antonin nicht drum herum kam, sich hin und wieder unwohl zu fühlen. Was er einige Minuten später auch zwei weiteren Kerlen zuordnen konnte, die gar nicht so weit weg standen und immer mal wieder abschätzige Blicke in ihre Richtung warfen. "Bist du so ne Art Haremsmann oder was wollen die beiden Typen da?", fragte er schließlich und sah erstaunt dabei zu wie Jens rote Wangen bekam und plötzlich ein wenig unwohl in seiner Haut zu sein schien. "Sei mir nicht böse, aber das sind meine Kumpels und sie glauben, dass ich noch nicht wieder reif bin, um hier zu sein. Ich hatte vor kurzem eine recht unschöne Trennung." "Das tut mir leid", war die erste automatische Erwiderung, doch dann ruckte eine Augenbraue nach oben. "Ich hab mich mit meinen Gefühlen hierzu noch nicht so auseinandergesetzt, aber es kam mir bisher immer so vor, als wäre das ganze hier eher für ne Nacht. Es gibt also durchaus längere Beziehungen hier?", hinterfragte er neugierig und bekam dafür ein amüsiert klingendes Lachen als Antwort. "Na sicher gibt es die! Nur sieht man davon in Clubs eher weniger. Gerade wenn man selbst noch recht neu ist. Du bist dir also noch nicht ganz sicher?" Antonin zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck von seinem Energydrink. "Schwer zu sagen. Aber ich denke ich bin grundsätzlich ein wenig überfordert hier." "Kein Problem. Sich zu unterhalten ist ja noch keine Todsünde, richtig?" Nun, das war tatsächlich richtig und so unterhielt Antonin sich wirklich ziemlich gut mit Jens. Sogar als dessen zwei Kumpel dann doch misstrauisch näher kamen, beteiligten sich diese dann recht bald ebenso eifrig am Gespräch. Mit dem Motto: "Wir überzeugen uns jetzt mal, ob du zum Schwulen geeignet bist." Er beantwortete nachsichtig und recht gut gelaunt die sinnlosesten Fragen, deutete wahllos durch die Gegend, als er gefragt wurde welcher Art von Typ ihm am ehesten gefallen würde und fühlte sich unerwarteterweise wohl in dieser kleinen Runde. Auch wenn seine Gedanken hin und wieder zu Cole sprangen. Aber jener war erwachsen, sie vertrauten sich gegenseitig nur so weit wie bis zum Ende ihres Waffenlaufes und waren im Grunde genommen auch keine Freunde. Zudem ihm die Worte von Cole noch immer schwer im Magen lagen. Da konnte man sich nach so viel Stress doch wirklich mal ein wenig Zeit mit netten Menschen gönnen, oder etwa nicht? Zudem sich irgendetwas in ihm sträubte Cole dabei zuzusehen wie der sich neue Opfer anlachte. Darauf hatte er mal wirklich überhaupt keinen Bock, weshalb er diese Gedanken auch unwillig beiseiteschob und sich weiterhin gutmütig von seinen neuen 'Freunden' aufziehen ließ. Cole konnte wenn es nach ihm ging in die Hölle fahren. Unverletzt, sonst hätte er seinen Job nicht gut gemacht. Cole Ausgelassen tanzte Cole mit den zwei Typen, provozierend und doch mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, der es jenen unterband, ihn anzufassen oder zu berühren. Er liebte dieses Spiel. Beide zappeln lassen, wer zuerst näher darf, aber beide nie über eine gewisse Grenze hinauslassen. Leider spürte er nur zu deutlich die Einschränkung, die sein Arm hatte. Es würde wohl noch einiges an seiner Geduld erfordern, bis er seinen Arm wieder voll und ganz einsetzten würde können. Aber gut. Kein Grund Trübsal zu blasen. Es war ja nur sein linker Arm. Und zumindest brauchte er keine Armbinde mehr, wie sein Arzt ihm gestern erst eingestanden hatte. Er solle sich schonen und den Arm in Ruhe lassen. Nun ja, ein wenig tanzen würde doch nicht schaden. Als er sich schließlich wieder nach Antonin umsah, bemerkte er, dass jener die Tanzfläche bereits verlassen hatte. Cole stoppte in der Bewegung, was einer der beiden Typen als Anlass nahm, sich zu ihm zu lehnen und ihn anzumachen. Cole warf ihm einen allessagenden Blick zu, der jenen zurückwies. Auch der andere schien zu begreifen, dass er hier nicht weiter erfolgreich sein konnte. Coles Blick wanderte durch die Tanzenden, um ihn herum, doch er konnte Antonin nicht ausmachen. Ob jener gegangen war? Wie damals, das letzte Mal als sie gemeinsam in einem Club waren? Er hatte bis jetzt noch nicht begriffen, weshalb jener so schnell gegangen war. Besonders, weil Antonin damals etwas verärgert gewirkt hatte. Nun spürte aber Cole Ärger in sich aufsteigen. Wo verdammt noch mal, war der andere? Als er schließlich den Vermissten sah, atmete Cole erleichtert aus. Also schien er sich ganz gut zu amüsieren. Kritisch musterte er die drei Männer, die mittlerweile um Antonin herumstanden. Hm,... ob jener vorhatte, heute nicht allein nach Hause zu fahren? Wenn dem so wäre, dann könnte er sich auch... Mal sehen. Sie waren gemeinsam gekommen. Und Antonin war diese Welt ja noch relativ fremd, soweit er das aus ihrem Gespräch im anderen Club hatte entnehmen können. Er sollte sich ein wenig um ihn kümmern, schauen, ob alles in Ordnung war. Ein wenig darauf zu achten, dass jener nicht Opfer von jemandem wie ihm selbst wurde, könnte doch nicht schaden, oder? Und so bahnte er sich seinen Weg durch die Menge zum Tresen, um sich neben die Gruppe zu stellen und sich etwas zu trinken - ein Flying Horse und eine kleine Falsche Wasser - zu bestellen. Den Energydrink trank er zügig leer. Das Wasser nahm er mit, um sich zu Antonin zu gesellen, diesem gut gelaunt seinen einen Arm um die Schultern legend. "Wie mir scheint", sagte er und blickte die drei Männer genauer an, "hat mein persönlicher Schutzengel schon Ablenkung gefunden." Er nickte anerkennend. "Dann bin ich froh, dass ich dich offenbar in den richtigen Schuppen mitgenommen habe." Dann beugte er sich zu ihm, um ihm ins Ohr zu flüstern. "Sag mir Bescheid, wenn du nach Hause willst." Sacht blies er dem anderen spielerisch die Halsbeuge und den Nacken hinab. "Oder wenn du etwas aus meinem Auto brauchst. Wobei ich es aber vielleicht gar nicht zulassen kann, dass du abgeschleppt wirst. Das muss ich mir nochmal überlegen." Er grinste leicht, dann löste er sich von Antonin. Er biss sich neckisch auf die Unterlippe. "Schade, dass wir es noch immer nicht geschafft haben, gemeinsam zu tanzen..." Seine Augen ruhten in denen des anderen, während er sich schon umdrehte und wieder in Richtung Tanzfläche verschwand. Kapitel 20: Ein besonderes "Danke" ---------------------------------- Antonin Gerade schmunzelte er über die Aussage von Marvin, dass jener seinen Begleiter wohl irgendwie auf der Tanzfläche verloren hatte, als sich plötzlich ein Arm um seine Schultern legte. Was seinen ganzen Körper für Sekunden unter absolute Vollspannung versetzte, sich aber sofort auflöste, als er die dazu gehörige Stimme erkannte. Was ihn direkt wieder ärgerte. Was bitteschön war an Coles Stimme schon entspannend? Besonders wenn man den Inhalt der dazugehörigen Worte in Betracht zog. Auch dessen Geruch stieg ihm in die Nase und er konnte sich nicht einmal zufriedenstellend genervt davon zeigen, denn es war ein angenehmer Geruch. Diese Komponenten, vermischt mit den geflüsterten Worten hätten alleine schon für die aufgestellten Härchen an seinem Nacken gereicht. Doch als Cole dann auch noch gegen seine Haut pustete, begann sein dämliches Herz dazu auch noch schneller zu schlagen! So hatte er sich auch nicht genügend im Griff und stand von einer Sekunde zur nächsten wieder vollkommen neben der Spur. Er erwiderte Coles Blick voller Verwirrung und sah dabei zu, wie jener wieder zwischen den Menschen verschwand. Was zur Hölle?! Antonin schluckte hart und versuchte sich davon zu überzeugen, dass dies noch an ihr Gespräch im Lokal dran gehängt gehörte. Vermutlich wollte ihm der andere nur wirklich beweisen, was für ein toller Hecht er doch war. Etwas, das ihm zugegebenermaßen auch noch zu gelingen schien. Zumindest ging er davon aus, denn warum sonst sollte er das fehlende Gewicht des Armes auf seinen Schultern bemerken? Warum sonst hatte er eine Gänsehaut bekommen? Warum sonst schlug sein Herz ein paar Takte schneller als normal? "Du bist mit so einem Kerl hier und hängst mit uns ab?", durchbrach Jens erstaunte Stimme seine Gedankengänge und so sah er diesen nicht minder verwirrt an, als gerade eben noch Cole. "So einem Kerl?", hinterfragte er mit schwacher Stimme und Marvin begann zu lachen. "Fast bin ich neidisch", worauf hin die anderen beiden zustimmend nickten und Antonin sich nur noch vielmehr wie im falschen Film fühlte. Was man ihm wohl ausnahmsweise auch am Gesicht ablesen konnte, denn Thorsten - der dritte im Bunde - erbarmte sich schließlich: "Wenn mich jetzt nicht alles täuscht, hat er uns damit gerade zu verstehen gegeben, was wir übertrumpfen müssten, um an dich ran zu kommen." Das jedoch entlockte Antonin nur ein sehr ehrlich gemeintes: "Hä?", woraufhin ihm gesagt wurde, dass er nicht so viel nachdenken, sondern lieber zum Tanzen gehen sollte. Immerhin hatte er dazu doch gerade so eine Art schriftliche Einladung erhalten. Hatte er? Sollte er? Fand er das ansatzweise lustig? Völlig irritiert erhob Antonin sich, nahm dann jedoch die Visitenkarte von Jens noch gerne an und versprach sich zu melden, bevor er sich tatsächlich in Richtung Tanzfläche begab. Und mit jedem zurückgelegten Meter war er sich unentschlossener, ob er sich jetzt für Zorn oder für Unsicherheit entscheiden sollte. Zorn darüber, wie Cole ihm gerade anscheinend so eine Art Stempel aufgedrückt hatte, indem er so.. so... flirtend gewesen war. Oder doch Unsicherheit darüber, wie er sich selbst darauf reagieren spürte. Nicht Cole war in der Hölle... er selbst war es. Und in der Hölle war es heiß und demnach entschied Antonin sich dann eben für einen Kopfsprung. Zu so einem Spiel gehörten ja wohl zwei. Sein persönlicher, in rot herausstechender kleiner Teufel war dann auch relativ problemlos ausgemacht. Und dessen Bewunderer auch. Fast kam es ihm vor, als hielte jener gerade Hof. Woraufhin sich sein Ausdruck erstmal einige Nuancen verdüsterte und er dem am nächsten dran Tanzenden einen Blick zuwarf, der Footballspieler zum Weinen gebracht hätte. Welcher auch mehr als erschrocken ein wenig zurückzappelte und ihm die Möglichkeit gab, seinen Blick wieder Cole zuzuwenden. Noch immer wusste er eigentlich nicht zu reagieren. Zumindest nicht aus dem Kopf heraus und so überließ er das notgedrungen ein paar eindeutig niederer angesiedelten Instinkten. Er machte seine Bewegungen geschmeidiger und knöpfte wie nebenbei zwei Hemdknöpfe auf. Als ob ihm zu warm wäre und so natürlich als hätte er das nicht gerade eben rein zur Show gemacht. Und als er schließlich nahe genug bei Cole angelangt war, blieb es ihm nur noch mit einem geraunten: "Glaube nicht, dass ich mich von deinem Harem beeindrucken lasse. Ich teile meine Tanzpartner nicht", die Spiele zu eröffnen. Cole Ein zufriedenes Lächeln hatte sich auf seine Lippen niedergelegt. Nun, jetzt wüssten die Typen, dass er ein Auge auf sie hatte. Er hatte seine Schuldigkeit getan, Antonin davor zu bewahren, Dummheiten zu begehen. Nun ja, so ganz war dem zwar nicht, aber es hörte sich ganz gut an. Cole stellte das Wasser auf einen Tisch, der der Tanzfläche nahe stand. Später würde er etwas zu trinken brauchen, aber jetzt wollte er erst weitertanzen. Weiter auf dieser Welle der Entspannung, der Freude, der Sorglosigkeit treiben, bevor ihn morgen die Realität wieder einholen würde. Heute Abend würde er feiern und tanzen und sich das erste Mal seit sehr sehr sehr langer Zeit einfach einmal freuen, dass er er war und dass er lebte. Ein Gefühl, das er erst seit einer Woche wieder haben konnte. Und das hatte er jemandem zu verdanken, der sich anscheinend seine Worte zu Herzen genommen und sich auf den Weg zur Tanzfläche gemacht hatte. Coles Stimmung schien noch ein wenig besser zu werden. Die Typen, die bereits wieder angefangen hatten, ihn anzutanzen, bemerkte er gar nicht, denn seine Augen verfolgten lieber, wie Antonin sich zu ihm hintanzte. Hm... Antonin konnte gut tanzen, seine Bewegungen wirkten geschmeidig, wie eine Katze. Von wegen er war das Raubtier... Und wenn er sich Antonin so richtig betrachtete, wirkte dieser in diesem Moment auch wesentlich gelöster, als jemals zuvor. Vielleicht sollten sie beide sich dem Gefühl der Sorglosigkeit und der guten Laune ergeben und auskosten, dass sie sich einmal so begegnen konnten. Viele Gelegenheiten gab es dafür nicht und wird es auch nicht geben. Als der andere schließlich bei ihm angekommen war, vernahm er die Worte und sein Schmunzeln auf den Lippen wurde deutlicher. Das 'Harem', das Antonin erwähnte, fiel ihm erst jetzt auf, als er sich kurz umblickte. Sein Schmunzeln wurde zum Grinsen. Nun, er hatte doch Antonin erklärt, dass er nie alleine blieb, wenn er in ein solches Etablissement ging. Aber dass er seinen 'Verehrern' gerade den Krieg erklärte, war eine durchweg interessante Sache, die er in die gleiche Schublade packte wie den 'Knackarsch', das 'unsexuelle' ins Bett zerren und der Tatsache, dass er ihn so genau musterte, dass er es wagte ihn als Hungerhaken zu bezeichnen. Langsam füllte sich diese Schublade mit kleinen Details, die er irgendwann vielleicht einmal brauchen konnte. Mal sehen. http://www.youtube.com/watch?v=-oJbgbOKVz8 Coles grüne Augen glitten an dem Körper des anderen herab, bemerkten die offenen Knöpfe. Kurz entschlossen zog er sich sein Hemd über den Kopf, über seiner Schussverletzung noch immer einen Verband habend, was ihn jetzt aber nicht im Mindesten störte. Kurze Zeit beobachtete er die Bewegungen seines Tanzpartners und schließlich passte er sich diesen an und tanzte Antonin herausfordernd an. Langsam aber sicher rückte er provokant näher an ihn, bis sie sich schließlich so nahe waren, dass sie sich fast berührten. "Ich bin nur mit dir hier...", raunte er nun Antonin entgegen. "Und von einem Harem wüsste ich." Seine Hand hob sich, legte sich Antonin auf die Brust, einen weiteren Knopf öffnend, bis er ihn schließlich am Hemd packte und ihn näher an sich zog, so dass ihre Gesichter sich sehr nahe kamen. Ruhig mit einem Funkeln in den Augen ruhte sein Blick in den Augen des anderen. "Du tanzt gut...", stellte er leise fest, den Atem des anderen über seine Lippen rieseln spürend. Sein rechter, beweglicherer Arm legte sich um die Schultern des anderen, seine Hand glitt spielerisch durch Antonins Haare seinen Hals hinab, während sich seine andere Hand um die Hüfte des Russen legte und ihn so nah an sich zog, dass sich ihre Unterleibe nun wirklich berührten, wobei Coles Bein sich zwischen denen des anderen eingefädelt hatte. Cole lächelte. "Wirklich gut...", wisperte er und löste den Blick nicht, während er sich weiterhin an die Bewegungen des anderen angepasst hatte. Antonin Antonin beobachtete wie Cole sich das Hemd vom Körper zerrte und bekam das Gefühl, jenen zum ersten Mal zu sehen. Als Cole sich zum ersten Mal das Hemd im ersten Club geöffnet hatte, war ihm nur das Tattoo kurzweilig aufgefallen. Als der andere mit bloßem Oberkörper im Krankenzimmer gesessen hatte, war ihm abermals das Tattoo und die nicht ganz 100%ig gesunde Hautfarbe aufgefallen. Doch hier und jetzt, ließ er zu, mehr zu sehen. Er erlaubte sich den anderen tatsächlich als Mann zu mustern und nicht als Bossmann. Und was er sah, war wirklich nicht übel. Nicht so breite Schultern wie bei sich selbst und auch nicht so viel überzeichnete Muskeln, aber durchaus ein ansehlicher Body - auch mit dem Verband. Soviel gestand er dem anderen ohne zweite Gedanken durchaus zu. Würde auch gar keinen Sinn machen so etwas abstreiten zu wollen. Cole hatte einen guten Körper und eine dazu passende gefährliche Ausstrahlung. Und nicht nur das war gefährlich, denn er ließ es ein wenig neugierig geworden zu, dass jener so nahe in seinen persönlichen Bereich trat. Nahe genug, um sich fast zu berühren und die geraunten Worte trieben ein wenig Skepsis zutage. Was sollte das jetzt werden? Eine Frage, auf die er die Antwort auch sofort postwendend erhalten sollte, denn Cole übertrat die nächste Linie und trieb ihr Spiel damit auf eine neue Ebene. Auf eine Strecke, die Antonin nicht kannte und sich demnach ganz offensichtlich im Nachteil befand. Wie sollte er Spiele spielen ohne die Regeln zu kennen? Doch der weitere geöffnete Hemdknopf stellte vielmehr nur ein Vorspiel zu verheißenden Streicheleinheiten und deutlichem Körperkontakt dar. Es fiel ihm trotz all dieser Reize noch relativ leicht seinen Rhythmus beizubehalten und kurzweilig blitzte so etwas wie eine Gewitterwolke in seinen Augen auf, während er ihren Blick ebenfalls nicht löste. Nicht lösen konnte von diesem herausfordernden Grün. Na - wenn man die Regeln nicht kannte, musste man sie eben lernen… So schlang er eine Hand ebenfalls um Coles Hüfte und zog diesen aktiv in den Rhythmus ihres Tanzes mit ein und ließ diesen nicht mehr die ganze 'Arbeit' erledigen. Während er seine andere Hand bis zur unverletzten Schulter des anderen hob und dann die blanke Haut mit zwei Fingern berührte. Damit die Muskeln nachfuhr und schließlich den Kopf leicht zur Seite neigte. Nicht ,um Cole zu küssen, sondern, um diesem ins Ohr flüstern zu können. Dass er damit ihre Oberkörper ebenfalls näher zusammenbrachte war in diesem Spielabschnitt nur ein kleiner Bonus. "Danke", nur jenes eine Wort und mehr war in seinen Augen auch nicht nötig. Cole wusste mit absoluter Sicherheit, dass er gut tanzen konnte, also hätte es eher wenig Sinn, ihm jetzt damit Honig um den Mund zu schmieren. So beschränkte er sich darauf, nahe genug an dessen Schulterbeuge zu bleiben bis er dessen herben, männlichen Geruch tief genug inhaliert hatte, um ihn als wirklich gut zu empfinden, bevor er wieder ein Stück zurückwich und sich ein leises Lächeln auf seine Lippen schlich. Vermutlich wäre er deutlicher auf all das hier angesprungen und ein inzwischen nicht mehr allzu leiser Teil in ihm schrie gerade zu danach, aber er war nüchtern, was ihn ein Spiel erkennen ließ, wenn er eines sah. Und so nahm er sich den Spaß daraus, wohlwissend, dass das nicht das einzige sein würde, was ihm später im Magen läge, aber er versuchte keine weiteren Annäherungsversuche. Cole war hier der Erfahrenere und er würde sich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Und wenn ihn der Köper des anderen noch so anmachte. Ja, anmachte - verdammte Scheiße! Wann immer das passiert war, es war nicht wirklich positiv. Vor allem wenn man Coles Art mit in Betracht zog. Damit hieß es jetzt gut hinterm Berg halten, sonst würde er sich noch viel, viel längere Reden über dessen super Männlichkeit anhören dürfen. Welche vielleicht auch zugegebenermaßen nicht so weit hergeholt waren, beschloss er als eine weitere Reibung ihrer Unterleiber durch ihr gemeinsames Tanzen entstand. Cole Cole war positiv überrascht, dass Antonin sich auf sein Spiel einließ. Er hatte einen Moment geglaubt, dass jener sich zurückziehen würde, was er ihm natürlich eingestanden hatte, aber stattdessen spürte er, wie sich die Hand des anderen an seine Hüfte legte, wie sich ihre Unterleiber aneinander rieben, wie sie noch näher aneinander rückten. Einen Moment folgte er der Hand Antonins, die über seine Haut strich. Eine fast schon zu zärtliche Berührung für seinen Geschmack. Cole war, was das betraf, sehr vorsichtig. Sein Sex war heftig, leidenschaftlich, aber wenig emotional. Er küsste nicht auf die Lippen, streichelte nicht ohne Hintergedanken. Und Berührungen, die zu zärtlich waren, schreckten ihn eher ab, denn er mochte es nicht, wenn sein Gegenüber sich zu sehr auf ihn einließ. Das war nie gut für den anderen. Und hier stand noch jemand vor ihm, mit dem er eigentlich arbeitete. Ein Gedanke, der ihm soeben bewusst wurde, und ihm sagte, dass er vorsichtig sein sollte. Aber er ließ den anderen gewähren. Zur Not würde er später einschreiten. Als sein Gegenüber den Kopf neigte, fiel sein Blick wieder auf den schönen Hals, den er schon vorhin am Tresen hatte begutachten können. Cole lauschte dem einen Wort und sein Schmunzeln kehrte auf seine Lippen zurück. Antonin war wirklich ein interessanter Typ. Und er beeindruckte ihn in diesem Moment in gewisser Weise. Kurz schloss er die Augen, ließ das Wort auf sich wirken, das ausreichte, um ihm zu zeigen, dass Antonin verstand, mit ihm umzugehen. Ja, die Art, wie Antonin gerade mit ihm umging, gefiel ihm. Cole registrierte das kurze Verweilen des anderen in seiner unmittelbaren Nähe, provokant ließ er seine Hüften an denen des anderen ruhen. Und sacht blies er ihm erneut Atem über die Haut an dessen Hals, die weich aussah. Die Hand, die noch immer in den Haaren des anderen sich verfangen hatte, strich nun über das Schlüsselbein herab zur Brustwarze des anderen, über die er wie aus Versehen fuhr. Als Antonin sich wieder von ihm leicht entfernte, betrachtete Cole wieder den gesamten Menschen, der vor ihm stand, der ihn antanzte und ihn zugegebenermaßen ein wenig in seinen Bann zog. Denn auch wenn es ihm nicht bewusst war, hatte er alles andere um sich herum vergessen und es schien ihm vielmehr, als sei Antonin der einzige Mann hier im Raum. Aber Cole war momentan nicht willig dazu, die Situation rationaler zu betrachten. Wo blieb denn da der Spaß? Und Spaß hatte er mit Antonin soeben. Während Coles Oberkörper sich nun auch ein wenig von Antonins entfernte, ließ er seine Hüften hingegen genauso nah an denen des anderen und provozierte damit, dass sich diese weiterhin berührten. Die Hand, die eben noch am Rücken seines Tanzpartners geruht hatte, wanderte tiefer zum Hintern Antonins, wo sie durch entsprechenden Druck dafür sorgte, dass jener auch nicht entkommen konnte. Vorsichtig erkundete er den wohlgeformten Hintern. Hm, ein gutes Gefühl. Vielleicht sollte er sich heute doch noch jemanden suchen, an dem er die eben aufsteigenden Gelüste nach Sex abbauen konnte. Antonins Körper machte ihn ohne Frage an. Wen würde diese Art des Tanzens nicht anmachen? Aber ihn auch wirklich als Möglichkeit zu benutzen, seine Hormone wieder einmal ins Gleichgewicht zu bugsieren? Nein, eher nicht. Seine linke und müde werdende Hand strich über das Hemd nach unten und nahm schließlich Abstand vom Oberkörper des anderen, keine Kraft mehr habend, und er ließ den Arm einfach hängen. Antonin Langsam aber sicher wünschte Antonin sich, vorher einfach zugegriffen und sich ein wenig Alkohol hinter die Binde gegossen zu haben. Er würde etwaige Aussetzer darauf schieben können und müsste sich nicht fragen, warum es ihn so ganz ohne Zweifel gefiel so zu tanzen. Er müsste sich nicht fragen, warum er Coles Blick erwiderte und nicht eine Sekunde daran dachte, diesen Blickkontakt abzubrechen. Er müsste sich auch nicht fragen, warum er das ganze hier überhaupt zuließ, nachdem er doch bemerkte, dass es durch seine Masken drang. So aber blieb der ständig wachsame Teil von ihm auch genau das: wachsam. Keine Frage, er genoss es Coles Atem an seiner Haut zu spüren, dessen Finger über seinen Oberkörper gleitend zu haben. Ja sogar die Hand an seinem Hintern war ihm nicht unangenehm, sondern schmeckte viel eher nach mehr. Und das an sich war schon eine beängstigende Feststellung für seinen nüchternen Zustand. Dass es Cole war, machte das Ganze zu einem ausgewachsenen Fiasko. Und obwohl dieses Wissen sich siegessicher in seinem Kopf niedersetzte, brachte er es nicht über sich es abzubrechen. Es mochte daran liegen, dass er nicht als das Weichei dastehen wollte. Es könnte aber auch daran liegen, dass er keinen Grund dafür sah das alles abzubrechen, denn obwohl es natürlich nicht gut im übertragenen Sinne war, so war es ganz ausgezeichnet im viel näheren Körperkontakt. Eine klassische Zwickmühle, doch er traute Cole und sich dennoch genügend Verstand zu, um es nicht weiter treiben zu lassen, als es bisher gekommen war. Er hoffte, dass Cole genügend Verstand dazu besaß, denn sein Körper signalisierte ihm ganz klar, dass er sonst die Kontrolle übernehmen würde, und wenn er sich noch so im Klaren darüber wäre, wie bescheuert das enden könnte. Doch schließlich schüttelte er diese und ähnliche Gedanken ab und konzentrierte sich auf den Mann, der da so nahe an ihm dran war. Bemerkte den leichten Schweißfilm über dessen Haut und fragte sich, ob er nüchtern schonmal einen männlichen Oberkörper gesehen hatte, der ihn mehr nach SEX anschrie als dieser. Er war irre. Absolut verrückt. Kapitel 21: Ein besonderes "Danke" - zensiert --------------------------------------------- Antonin Gerade schmunzelte er über die Aussage von Marvin, dass jener seinen Begleiter wohl irgendwie auf der Tanzfläche verloren hatte, als sich plötzlich ein Arm um seine Schultern legte. Was seinen ganzen Körper für Sekunden unter absolute Vollspannung versetzte, sich aber sofort auflöste, als er die dazu gehörige Stimme erkannte. Was ihn direkt wieder ärgerte. Was bitteschön war an Coles Stimme schon entspannend? Besonders wenn man den Inhalt der dazugehörigen Worte in Betracht zog. Auch dessen Geruch stieg ihm in die Nase und er konnte sich nicht einmal zufriedenstellend genervt davon zeigen, denn es war ein angenehmer Geruch. Diese Komponenten, vermischt mit den geflüsterten Worten hätten alleine schon für die aufgestellten Häärchen an seinem Nacken gereicht. Doch als Cole dann auch noch gegen seine Haut pustete, begann sein dämliches Herz dazu auch noch schneller zu schlagen! So hatte er sich auch nicht genügend im Griff und stand von einer Sekunde zur nächsten wieder vollkommen neben der Spur. Er erwiderte Coles Blick voller Verwirrung und sah dabei zu, wie jener wieder zwischen den Menschen verschwand. Was zur Hölle?! Antonin schluckte hart und versuchte sich davon zu überzeugen, dass dies noch an ihr Gespräch im Lokal dran gehängt gehörte. Vermutlich wollte ihm der andere nur wirklich beweisen, was für ein toller Hecht er doch war. Etwas, das ihm zugegebenermaßen auch noch zu gelingen schien. Zumindest ging er davon aus, denn warum sonst sollte er das fehlende Gewicht des Armes auf seinen Schultern bemerken? Warum sonst hatte er eine Gänsehaut bekommen? Warum sonst schlug sein Herz ein paar Takte schneller als normal? "Du bist mit so einem Kerl hier und hängst mit uns ab?", durchbrach Jens erstaunte Stimme seine Gedankengänge und so sah er diesen nicht minder verwirrt an, als gerade eben noch Cole. "So einem Kerl?", hinterfragte er mit schwacher Stimme und Marvin begann zu lachen. "Fast bin ich neidisch", worauf hin die anderen beiden zustimmend nickten und Antonin sich nur noch vielmehr wie im falschen Film fühlte. Was man ihm wohl ausnahmsweise auch am Gesicht ablesen konnte, denn Thorsten - der dritte im Bunde - erbarmte sich schließlich: "Wenn mich jetzt nicht alles täuscht, hat er uns damit gerade zu verstehen gegeben, was wir übertrumpfen müssten, um an dich ran zu kommen." Das jedoch entlockte Antonin nur ein sehr ehrlich gemeintes: "Hä?", woraufhin ihm gesagt wurde, dass er nicht so viel nachdenken, sondern lieber zum Tanzen gehen sollte. Immerhin hatte er dazu doch gerade so eine Art schriftliche Einladung erhalten. Hatte er? Sollte er? Fand er das ansatzweise lustig? Völlig irritiert erhob Antonin sich, nahm dann jedoch die Visitenkarte von Jens noch gerne an und versprach sich zu melden, bevor er sich tatsächlich in Richtung Tanzfläche begab. Und mit jedem zurückgelegten Meter war er sich unentschlossener, ob er sich jetzt für Zorn oder für Unsicherheit entscheiden sollte. Zorn darüber, wie Cole ihm gerade anscheinend so eine Art Stempel aufgedrückt hatte, indem er so.. so... flirtend gewesen war. Oder doch Unsicherheit darüber, wie er sich selbst darauf reagieren spürte. Nicht Cole war in der Hölle... er selbst war es. Und in der Hölle war es heiß und demnach entschied Antonin sich dann eben für einen Kopfsprung. Zu so einem Spiel gehörten ja wohl zwei. Sein persönlicher, in rot herausstechender kleiner Teufel war dann auch relativ problemlos ausgemacht. Und dessen Bewunderer auch. Fast kam es ihm vor, als hielte jener gerade Hof. Woraufhin sich sein Ausdruck erstmal einige Nuancen verdüsterte und er dem am nächsten dran Tanzenden einen Blick zuwarf, der Footballspieler zum Weinen gebracht hätte. Welcher auch mehr als erschrocken ein wenig zurückzappelte und ihm die Möglichkeit gab, seinen Blick wieder Cole zuzuwenden. Noch immer wusste er eigentlich nicht zu reagieren. Zumindest nicht aus dem Kopf heraus und so überließ er das notgedrungen ein paar eindeutig niederer angesiedelten Instinkten. Er machte seine Bewegungen geschmeidiger und knöpfte wie nebenbei zwei Hemdknöpfe auf. Als ob ihm zu warm wäre und so natürlich als hätte er das nicht gerade eben rein zur Show gemacht. Und als er schließlich nahe genug bei Cole angelangt war, blieb es ihm nur noch mit einem geraunten: "Glaube nicht, dass ich mich von deinem Harem beeindrucken lasse. Ich teile meine Tanzpartner nicht", die Spiele zu eröffnen. Cole Ein zufriedenes Lächeln hatte sich auf seine Lippen niedergelegt. Nun, jetzt wüssten die Typen, dass er ein Auge auf sie hatte. Er hatte seine Schuldigkeit getan, Antonin davor zu bewahren, Dummheiten zu begehen. Nun ja, so ganz war dem zwar nicht, aber es hörte sich ganz gut an. Cole stellte das Wasser auf einen Tisch, der der Tanzfläche nahe stand. Später würde er etwas zu trinken brauchen, aber jetzt wollte er erst weitertanzen. Weiter auf dieser Welle der Entspannung, der Freude, der Sorglosigkeit treiben, bevor ihn morgen die Realität wieder einholen würde. Heute Abend würde er feiern und tanzen und sich das erste Mal seit sehr sehr sehr langer Zeit einfach einmal freuen, dass er er war und dass er lebte. Ein Gefühl, das er erst seit einer Woche wieder haben konnte. Und das hatte er jemandem zu verdanken, der sich anscheinend seine Worte zu Herzen genommen und sich auf den Weg zur Tanzfläche gemacht hatte. Coles Stimmung schien noch ein wenig besser zu werden. Die Typen, die bereits wieder angefangen hatten, ihn anzutanzen, bemerkte er gar nicht, denn seine Augen verfolgten lieber, wie Antonin sich zu ihm hintanzte. Hm... Antonin konnte gut tanzen, seine Bewegungen wirkten geschmeidig, wie eine Katze. Von wegen er war das Raubtier... Und wenn er sich Antonin so richtig betrachtete, wirkte dieser in diesem Moment auch wesentlich gelöster, als jemals zuvor. Vielleicht sollten sie beide sich dem Gefühl der Sorglosigkeit und der guten Laune ergeben und auskosten, dass sie sich einmal so begegnen konnten. Viele Gelegenheiten gab es dafür nicht und wird es auch nicht geben. Als der andere schließlich bei ihm angekommen war, vernahm er die Worte und sein Schmunzeln auf den Lippen wurde deutlicher. Das 'Harem', das Antonin erwähnte, fiel ihm erst jetzt auf, als er sich kurz umblickte. Sein Schmunzeln wurde zum Grinsen. Nun, er hatte doch Antonin erklärt, dass er nie alleine blieb, wenn er in ein solches Etablissement ging. Aber dass er seinen 'Verehrern' gerade den Krieg erklärte, war eine durchweg interessante Sache, die er in die gleiche Schublade packte wie den 'Knackarsch', das 'unsexuelle' ins Bett zerren und der Tatsache, dass er ihn so genau musterte, dass er es wagte ihn als Hungerhaken zu bezeichnen. Langsam füllte sich diese Schublade mit kleinen Details, die er irgendwann vielleicht einmal brauchen konnte. Mal sehen. Coles grüne Augen glitten an dem Körper des anderen herab, bemerkten die offenen Knöpfe. Kurz entschlossen zog er sich sein Hemd über den Kopf, über seiner Schussverletzung noch immer einen Verband habend, was ihn jetzt aber nicht im Mindesten störte. Kurze Zeit beobachtete er die Bewegungen seines Tanzpartners und schließlich passte er sich diesen an und tanzte Antonin herausfordernd an. Langsam aber sicher rückte er provokant näher an ihn, bis sie sich schließlich so nahe waren, dass sie sich fast berührten. "Ich bin nur mit dir hier...", raunte er nun Antonin entgegen. "Und von einem Harem wüsste ich." Seine Hand hob sich, legte sich Antonin auf die Brust, einen weiteren Knopf öffnend, bis er ihn schließlich am Hemd packte und ihn näher an sich zog, so dass ihre Gesichter sich sehr nahe kamen. Ruhig mit einem Funkeln in den Augen ruhte sein Blick in den Augen des anderen. "Du tanzt gut...", stellte er leise fest, den Atem des anderen über seine Lippen rieseln spürend. Sein rechter, beweglicherer Arm legte sich um die Schultern des anderen, seine Hand glitt spielerisch durch Antonins Haare seinen Hals hinab. Cole lächelte. "Wirklich gut...", wisperte er und löste den Blick nicht, während er sich weiterhin an die Bewegungen des anderen angepasst hatte. Antonin Antonin beobachtete wie Cole sich das Hemd vom Körper zerrte und bekam das Gefühl, jenen zum ersten Mal zu sehen. Als Cole sich zum ersten Mal das Hemd im ersten Club geöffnet hatte, war ihm nur das Tattoo kurzweilig aufgefallen. Als der andere mit bloßem Oberkörper im Krankenzimmer gesessen hatte, war ihm abermals das Tattoo und die nicht ganz 100%ig gesunde Hautfarbe aufgefallen. Doch hier und jetzt, ließ er zu, mehr zu sehen. Er erlaubte sich den anderen tatsächlich als Mann zu mustern und nicht als Bossmann. Und was er sah, war wirklich nicht übel. Nicht so breite Schultern wie bei sich selbst und auch nicht so viel überzeichnete Muskeln, aber durchaus ein ansehlicher Body - auch mit dem Verband. Soviel gestand er dem anderen ohne zweite Gedanken durchaus zu. Würde auch gar keinen Sinn machen so etwas abstreiten zu wollen. Cole hatte einen guten Körper und eine dazu passende gefährliche Ausstrahlung. Und nicht nur das war gefährlich, denn er ließ es ein wenig neugierig geworden zu, dass jener so nahe in seinen persönlichen Bereich trat. Nahe genug, um sich fast zu berühren und die geraunten Worte trieben ein wenig Skepsis zutage. Was sollte das jetzt werden? Eine Frage, auf die er die Antwort auch sofort postwendend erhalten sollte, denn Cole übertrat die nächste Linie und trieb ihr Spiel damit auf eine neue Ebene. Auf eine Strecke, die Antonin nicht kannte und sich demnach ganz offensichtlich im Nachteil befand. Wie sollte er Spiele spielen ohne die Regeln zu kennen? Doch der weitere geöffnete Hemdknopf stellte vielmehr nur ein Vorspiel zu verheißenden Streicheleinheiten und deutlichem Körperkontakt dar. Es fiel ihm trotz all dieser Reize noch relativ leicht seinen Rhythmus beizubehalten und kurzweilig blitzte so etwas wie eine Gewitterwolke in seinen Augen auf, während er ihren Blick ebenfalls nicht löste. Nicht lösen konnte von diesem herausfordernden Grün. Na - wenn man die Regeln nicht kannte, musste man sie eben lernen… So schlang er eine Hand ebenfalls um Coles Hüfte und zog diesen aktiv in den Rhythmus ihres Tanzes mit ein und ließ diesen nicht mehr die ganze 'Arbeit' erledigen. Während er seine andere Hand bis zur unverletzten Schulter des anderen hob und dann die blanke Haut mit zwei Fingern berührte. Damit die Muskeln nachfuhr und schließlich den Kopf leicht zur Seite neigte. Nicht ,um Cole zu küssen, sondern, um diesem ins Ohr flüstern zu können. Dass er damit ihre Oberkörper ebenfalls näher zusammenbrachte war in diesem Spielabschnitt nur ein kleiner Bonus. "Danke", nur jenes eine Wort und mehr war in seinen Augen auch nicht nötig. Cole wusste mit absoluter Sicherheit, dass er gut tanzen konnte, also hätte es eher wenig Sinn, ihm jetzt damit Honig um den Mund zu schmieren. So beschränkte er sich darauf, nahe genug an dessen Schulterbeuge zu bleiben bis er dessen herben, männlichen Geruch tief genug inhaliert hatte, um ihn als wirklich gut zu empfinden, bevor er wieder ein Stück zurückwich und sich ein leises Lächeln auf seine Lippen schlich. Vermutlich wäre er deutlicher auf all das hier angesprungen und ein inzwischen nicht mehr allzu leiser Teil in ihm schrie gerade zu danach, aber er war nüchtern, was ihn ein Spiel erkennen ließ, wenn er eines sah. Und so nahm er sich den Spaß daraus, wohlwissend, dass das nicht das einzige sein würde, was ihm später im Magen läge, aber er versuchte keine weiteren Annäherungsversuche. Cole war hier der Erfahrenere und er würde sich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Und wenn ihn der Köper des anderen noch so anmachte. Ja, anmachte - verdammte Scheiße! Wann immer das passiert war, es war nicht wirklich positiv. Vor allem wenn man Coles Art mit in Betracht zog. Damit hieß es jetzt gut hinterm Berg halten, sonst würde er sich noch viel, viel längere Reden über dessen super Männlichkeit anhören dürfen. Welche vielleicht auch zugegebenermaßen nicht so weit hergeholt waren, beschloss er. Cole Cole war positiv überrascht, dass Antonin sich auf sein Spiel einließ. Er hatte einen Moment geglaubt, dass jener sich zurückziehen würde, was er ihm natürlich eingestanden hatte, aber stattdessen spürte er, wie sich die Hand des anderen an seine Hüfte legte, wie sich ihre Unterleiber aneinander rieben, wie sie noch näher aneinander rückten. Einen Moment folgte er der Hand Antonins, die über seine Haut strich. Eine fast schon zu zärtliche Berührung für seinen Geschmack. Berührungen, die zu zärtlich waren, schreckten ihn eher ab, denn er mochte es nicht, wenn sein Gegenüber sich zu sehr auf ihn einließ. Das war nie gut für den anderen. Und hier stand noch jemand vor ihm, mit dem er eigentlich arbeitete. Ein Gedanke, der ihm soeben bewusst wurde, und ihm sagte, dass er vorsichtig sein sollte. Aber er ließ den anderen gewähren. Zur Not würde er später einschreiten. Als sein Gegenüber den Kopf neigte, fiel sein Blick wieder auf den schönen Hals, den er schon vorhin am Tresen hatte begutachten können. Cole lauschte dem einen Wort und sein Schmunzeln kehrte auf seine Lippen zurück. Antonin war wirklich ein interessanter Typ. Und er beeindruckte ihn in diesem Moment in gewisser Weise. Kurz schloss er die Augen, ließ das Wort auf sich wirken, das ausreichte, um ihm zu zeigen, dass Antonin verstand, mit ihm umzugehen. Ja, die Art, wie Antonin gerade mit ihm umging, gefiel ihm. Cole registrierte das kurze Verweilen des anderen in seiner unmittelbaren Nähe. Und sacht blies er ihm erneut Atem über die Haut an dessen Hals, die weich aussah. Als Antonin sich wieder von ihm leicht entfernte, betrachtete Cole wieder den gesamten Menschen, der vor ihm stand, der ihn antanzte und ihn zugegebenermaßen ein wenig in seinen Bann zog. Denn auch wenn es ihm nicht bewusst war, hatte er alles andere um sich herum vergessen und es schien ihm vielmehr, als sei Antonin der einzige Mann hier im Raum. Aber Cole war momentan nicht willig dazu, die Situation rationaler zu betrachten. Wo blieb denn da der Spaß? Und Spaß hatte er mit Antonin soeben. Während Coles Oberkörper sich nun auch ein wenig von Antonins entfernte, ließ er seine Hüften hingegen genauso nah an denen des anderen und provozierte damit, dass sich diese weiterhin berührten. Antonins Körper machte ihn ohne Frage an. Wen würde diese Art des Tanzens nicht anmachen? Aber ihn auch wirklich als Möglichkeit zu benutzen, seine Hormone wieder einmal ins Gleichgewicht zu bugsieren? Nein, eher nicht. Seine linke und müde werdende Hand strich über das Hemd nach unten und nahm schließlich Abstand vom Oberkörper des anderen, keine Kraft mehr habend, und er ließ den Arm einfach hängen. Antonin Langsam aber sicher wünschte Antonin sich, vorher einfach zugegriffen und sich ein wenig Alkohol hinter die Binde gegossen zu haben. Er würde etwaige Aussetzer darauf schieben können und müsste sich nicht fragen, warum es ihn so ganz ohne Zweifel gefiel so zu tanzen. Er müsste sich nicht fragen, warum er Coles Blick erwiderte und nicht eine Sekunde daran dachte, diesen Blickkontakt abzubrechen. Er müsste sich auch nicht fragen, warum er das ganze hier überhaupt zuließ, nachdem er doch bemerkte, dass es durch seine Masken drang. So aber blieb der ständig wachsame Teil von ihm auch genau das: wachsam. Keine Frage, er genoss es Coles Atem an seiner Haut zu spüren, dessen Finger über seinen Oberkörper gleitend zu haben. Das alles schmeckte viel eher nach mehr. Und das an sich war schon eine beängstigende Feststellung für seinen nüchternen Zustand. Dass es Cole war, machte das Ganze zu einem ausgewachsenen Fiasko. Und obwohl dieses Wissen sich siegessicher in seinem Kopf niedersetzte, brachte er es nicht über sich es abzubrechen. Es mochte daran liegen, dass er nicht als das Weichei dastehen wollte. Es könnte aber auch daran liegen, dass er keinen Grund dafür sah das alles abzubrechen, denn obwohl es natürlich nicht gut im übertragenen Sinne war, so war es ganz ausgezeichnet im viel näheren Körperkontakt. Eine klassische Zwickmühle, doch er traute Cole und sich dennoch genügend Verstand zu, um es nicht weiter treiben zu lassen, als es bisher gekommen war. Er hoffte, dass Cole genügend Verstand dazu besaß, denn sein Körper signalisierte ihm ganz klar, dass er sonst die Kontrolle übernehmen würde, und wenn er sich noch so im Klaren darüber wäre, wie bescheuert das enden könnte. Doch schließlich schüttelte er diese und ähnliche Gedanken ab und konzentrierte sich auf den Mann, der da so nahe an ihm dran war. Bemerkte den leichten Schweißfilm über dessen Haut und fragte sich, ob er nüchtern schonmal einen männlichen Oberkörper gesehen hatte, der ihn mehr nach SEX anschrie als dieser. Er war irre. Absolut verrückt. Kapitel 22: Du bist toll! ------------------------- Cole Sie tanzten eine Weile so weiter, wobei Coles Blick nicht eine Sekunde von Antonins Gesichtszügen wich, bis schließlich ein langsameres Lied angespielt wurde. Cole ließ seine Bewegungen ebenfalls langsamer werden, zog Antonin ohne lange zu überlegen, nahe an sich heran, um, wie viele andere auch, zu den langsamen Beats enger zu tanzen, wobei er seinen Arm wieder um Antonins Schulter legte, seinen Gesicht ein wenig in der Halsbeuge des anderen vergrub, als müsste er sich kurz ein wenig ausruhen, als sei Antonin der Ruhepol dafür. "Sag, wenn du eine Pause brauchst", wisperte er gegen die Haut des anderen, die durch das geöffnete Hemd sichtbar wurde. Er merkte, dass er durch das Tanzen ins Schwitzen gekommen war, was dem anderen nicht anders ging. Antonin roch gut, stellte er in diesem Moment wieder fest. Antonin Sich ein wenig hin und her gerissen über die Lippen leckend, um sie zu befeuchten, ließ er es dennoch zu, als Cole ihn dann schließlich sogar als eine Art Anker benutzte. Wie würde das für einen Außenstehenden wirken? Vielleicht wie zwei Kerle, die scharf aufeinander waren? Und vielleicht waren sie das ja sogar, aber alles für das ‚Danach‘ fehlte. Cole würde sich nicht auf ihn einlassen und umgekehrt. So hielt er jenen relativ gesichert an den Hüften und ließ sich mit der langsameren Musik mittreiben. Man sollte sich in solchen Situationen vielleicht nicht auch noch selbst einen gedanklichen Overload zufügen, zudem er sich sicher war, der einzige von ihnen beiden zu sein, der sich überhaupt Gedanken dazu machte. Das Ganze war an Seltsamkeit aber auch an einer gewissen Erotik kaum noch zu überbieten. Zumindest nicht auf einer öffentlichen Tanzfläche. Als er dann die Worte des anderen vernahm, war er hin und her gerissen. Zum einen fühlte sich dessen Körper so nah an seinem einfach nur gut an. Aber zum anderen wäre es vernünftig, es hier und jetzt gut sein zu lassen. Besser er unterbrach es, als Cole. Richtig? "Pause klingt gut", stimmte er so zu und schob die Tonart seiner Stimme auf die Luft, die hier im Club herrschte. Natürlich durfte da nichts anderes daran schuld sein und so löste er sich langsam aber bestimmt von Cole und warf ihm einen weiteren Blick zu. Antonin wurde einfach nicht schlau aus dem Kerl. Und jedes Mal wenn er dachte, endlich ein Puzzlestück erhalten zu haben, durfte er danach feststellen, dass es nirgendwo dazu passte. Oder wie sollte er das ganze jetzt werten? War es schlussendlich doch nur der Beweis, dass Cole alles und jeden haben konnte? "Wollen wir etwas trinken?", fragte er schließlich und beschloss sein Hemd soweit aufgeknöpft zu lassen. Solange seine Schultern nicht freilagen war im Endeffekt egal wie viel Bauch oder Oberkörper er zeigte. Doch dann runzelte er kurz die Stirn, als er den herunter hängenden Arm bemerkte: "Ist alles in Ordnung mit deiner Wunde?" Cole Cole wusste nicht, ob er enttäuscht sein sollte, oder erleichtert, dass Antonin sich für die Pause entschied. Enttäuscht, weil er es zugegebenermaßen genoss, jemanden zu haben, an den er sich kurz anlehnen konnte; Erleichtert, weil er dieses Gefühl zwar auf seine jüngsten Erlebnisse schob, aber es eigentlich niemals zulassen durfte. Und so gab er Antonin letztlich frei, ließ zu, dass dieser sich von ihm löste und konnte aber nicht umhin, den Blick des anderen länger als unbedingt nötig zu erwidern, bevor er sich bewusst machte, dass dies alles hier ja nur eine Spielerei gewesen war, und er sich wieder seine Gleichgültigkeit aufsetzte, die ihn schon so oft geschützt hatte. "Ja", Cole nickte. "Lass uns was trinken..." Und nun löste er endlich endgültig den Blick und ging zu dem Tisch rüber, an dem noch sein Wasser stand, welches er zusammen mit seinem Hemd nahm und mit Antonin weiter zum Tresen ging. Auf die andere Frage ging er erst einmal nicht ein. Er wusste es selbst nicht so recht. Und so nahm er die Gelegenheit während Antonin etwas bestellte wahr, um sich prüfend über den Verband zu fassen, und festzustellen, dass sich der Verband feucht anfühlte, weil wohl Wundsekret oder Blut ausgetreten war. Kurzerhand zog er sein Hemd wieder drüber. Aus den Augen aus dem Sinn. Wahrscheinlich war der Abend jetzt, da sie etwas tranken ohnehin zuende. Zumindest fühlte sich Cole im Moment so, als würde er heute Abend nichts mehr Vergleichbares erleben. Und wenn es am schönsten war, sollte man doch gehen, oder? Zumal er da in sich jenes Gefühl der Unzufriedenheit spürte, dass er eigentlich nur daher kannte, wenn er seinen sexuellen Bedürfnissen nicht nach kam. Dass Antonin ihn so angemacht hatte, war ihm beim Tanzen gar nicht so hundertprozentig bewusst geworden. Eine ungute Sache. Sicher, jener Mann war attraktiv, er sah gut aus, hatte einen tollen Körper, schöne Augen, einen tollen Arsch und roch auch noch gut. Eigentlich eine optimale Kombi. Cole war schon mit wesentlich unattraktiveren Männern in die Kiste gestiegen. Aber der Haken bestand aus drei Dingen. 1. er arbeitet mit ihm, 2. er hatte ihm sein Leben zu verdanken, 3. er wollte auch morgen noch etwas mit ihm zu tun haben. Und gerade letzterer Punkt wäre unmöglich, wenn er tatsächlich Antonin verführen würde. Also: Durchatmen und so tun, als wäre nichts geschehen. Cole öffnete die Wasserflasche und trank in langen Zügen, bevor er die Flasche absetzte und sich das restliche Wasser übers Gesicht laufen ließ. Er brauchte eine Abkühlung. Er spürte, wie das kühle Nass über sein Gesicht, seine geschlossenen Augen lief, wie sein Hemd sich durchnässte. Das tat gut... Schließlich schüttelte er den Kopf, strich die Haare aus dem Gesicht, die teilweise auch nass geworden waren und öffnete seine Augen wieder, kurz bewundernde Blicke eines anderen Mannes einfangend, der nahe bei ihnen stand, bevor er sich Antonin zuwandte. "Wollen wir dann gehen? Ich glaube ich werde müde. Und morgen wird kein leichter Tag." Er blickte Antonin nicht länger als nötig an, wendete sich wieder den anderen Menschen zu, die er erst jetzt wieder richtig registrierte. Antonin Es war alles in absolut bester Ordnung. Cole zog sich das Hemd wieder an, während er sich selbst ein Wasser bestellte, auch wenn ihm der lange Blick vorher doch ein wenig seltsam vorkam. Auf eine Weise, die irgendwas in ihm zu klingeln gebracht hatte, was er jedoch sofort wieder zum Schweigen verdonnerte. Dann, als er ein paar genüssliche Züge von seinem kühlen Wasser trank und Cole ihm wieder die übliche, eher minimale Aufmerksamkeit zukommen ließ, war fast wieder alles wie vorher. Gewohntes Territorium und damit auch wieder auf eine ganz andere Art und Weise entspannend als das vielleicht vorher beim Tanzen der Fall gewesen war. Doch als er seinen Blick von den Tanzenden zurück zu Cole gleiten ließ, war er sich sicher dass alle um ihn herum das laute Reißen aus seinem Inneren hören könnten. Und das was da so eindrucksvoll zerriss, war ja auch nur sein Geduldsfaden welcher seine überaus sorgsam verstauten Emotionen mit einer aufschäumenden Welle freiließ. Verdammte Scheiße! Wollte Cole ihn absichtlich quälen oder tat er das völlig unbewusst? Dieser verdammte Scheißkerl! Fast war ihm, als könnte er einzelne Tropfen in Zeitlupe dabei beobachten, wie sie über die Haut glitten. Sich ihren Weg in fast streichelnden Bewegungen nach unten über die Augen, durch die Wimpern hindurch bis über den Hals hinweg bahnten. Unhörbar grollend verbreiterten sich seine Pupillen und machten seine Augen damit dunkler, weshalb er auch nur ruckartig nickte, als Cole das Wort an ihn richtete. Er brachte es gerade noch so fertig sein Getränk zu zahlen und dem anderen zum Wagen zu folgen. Die Zähne so fest zusammenbeißend, dass sein Unterkiefer sich fast schmerzhaft verspannte, konnte er es kaum abwarten bis das dämliche Auto offen war und er sich endlich hinein setzen konnte. Etwas das durch einen Ausruf von hinten verhindert wurde. "Antonin!" Verwirrt wandte er sich um und sah einen der drei von vorher auf sich zukommen. Diese Tatsache schaffte es immerhin ihn von seinem kleinen Flächenbrand im Inneren abzulenken und so begrüßte er jenen mit einem ein wenig fragenden: "Thorsten?" "Ihr haut schon ab?", fragte jener und Antonin nickte. "Die Arbeit ruft morgen doch schon recht früh zum Apell. Warum?" Thorsten, der doch ein Stück größer als er selbst war, lächelte wieder jenes entspannte Lächeln, das ihm auch schon vorher an jenem aufgefallen war. "Ich würd dich gern wieder sehen und war mir nicht sicher, ob du dich wirklich bei Jens melden würdest", meinte dieser da auch schon überhaupt nicht verlegen oder irgendwie nervös. Es klang so als würde er einfach eine Tatsache aussprechen und das verschlug Antonin kurzzeitig die Sprache bevor er nachdenklich den Kopf neigte: "Warum?" "Warum was?", fragte Thorsten verwirrt und diesmal sah Antonin doch ein wenig Nervosität, etwas, das ihn normalerweise amüsiert hätte. Doch gerade wo er kaum an etwas anderes denken konnte, als sich zu Hause mal ein wenig um sich selbst zu kümmern, war es fast ein wenig entspannend. "Warum du mich wiedersehen willst", wurde er genauer und bekam ein leises Lachen als Antwort. "Du meinst, ob ich nur nen schnellen Fick suche? Wer weiß? Du bist dir ja angeblich noch nicht sicher, obwohl eure kleine Tanzeinlage schon recht heiß war." Antonin hob eine Augenbraue. "Das hast du beobachtet?", doch dann wank er ab. "Das ist nur eine Spielerei zwischen uns. Darin ist mein Freund hier ein echter Meister." "Also? Sehen wir uns wieder?" Eine Weile sah er dem anderen forschend ins Gesicht, bevor er dessen Handy verlangte und seine eigene Nummer einspeicherte und es ihm zurückgab. "Ich denke schon. Ruf mich an und wir sehen weiter", antwortete er schließlich und wollte sich schon wieder herumdrehen um einsteigen zu können, als Thorsten sich zu ihm beugte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. "Du bist toll, lass dir nichts anderes erzählen. Drinnen warst du selbstbewusster." Damit wandte sich der andere um und verschwand wieder in Richtung des Clubs. Während Antonin immer noch ein wenig irritiert da stand und ihm nachsah, bevor er die Schultern zuckte und sich zu Cole in den Wagen setzte. Er war toll, huh? Seufzend ließ er sich ins Polster sinken und schloss die Augen. Warum fühlte er sich jetzt kein Stück euphorisch, obwohl dieser Thorsten wirklich vielversprechend für einen besseren Einstieg in diese Szene war? Lag vermutlich daran, dass er ein paar Gelüste zu befriedigen hatte und es war nicht Thorstens Gesicht, das da vor seinem inneren Auge auftauchte. Cole Cole blickte irritiert zu jenem, der Antonin zurückrief. Musternd glitt sein Blick über den groß gewachsenen Mann. Kurz hörte er die ersten Worte, die die beiden Männer wechselten, bevor er beschloss die Wagentür gänzlich zu öffnen und sich hineinzusetzen. Sein Blick hatte sich verdüstert. 'Warum willst du mich wiedersehen?' äffte er in Gedanken den anderen nach. Doch dann stutzte er. Eine Spielerei. Ja, nicht mehr. Cole seufzte und lehnte sich zurück, und blickte auf die Straße. Ein echter Meister für Spielereien? Ja, das war er wohl. Und es hatte Spaß gemacht. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, ein Lächeln, das kalt erschien. Kurz blickte er in den Rückspiegel in seine Augen. Er schluckte. War er wirklich so ein guter Schauspieler? Ein Meister im „Sich verstellen“, im „Spielen“. Er wandte den Blick wieder ab. Ja, das war er. Und eigentlich war das auch ganz gut so. Es schützte ihn, hatte ihn immer schon geschützt und wird ihn in Zukunft auch schützen. Und der Gedanke, dass er Antonin eigentlich nicht als Spieler gegenübertreten wollte, war so schnell vergessen, wie er gekommen war. Er lauschte den eingetippten Ziffern in das Handy des anderen. 'Ruf mich an' äffte er erneut in seinem Geiste den anderen nach. Nun, dass jener gut bei den anderen ankam war keine Frage. Antonin sah ja wirklich nicht schlecht aus. Und dann kam der Satz, der ihn beinahe zum Lachen gebracht hätte. 'Du bist toll.' Was für ein Idiot, was für ein beschissener Idiot dieser Kerl doch war. Cole schüttelte ungläubig den Kopf. Wenn ihm jemand so etwas sagen würde, würde er sich wahrscheinlich totlachen. Jener kannte ihn doch gar nicht... Aber er kannte Antonin, wenn jemand das Recht hatte, diesem solchen Honig ums Maul zu schmieren, dann doch wohl er. Oder? Cole stutzte. Nein, er kannte Antonin absolut gar nicht. Vielleicht wusste er ein paar Geheimnisse mehr, als andere, aber er konnte nicht behaupten, dass er den anderen kannte. Dafür war das Bild des Puzzles immer noch viel zu verschwommen. Sollte ihn das stören? Nein, sollte es nicht. Und dann kam auch noch dieser Kuss. Cole konnte nicht sehen, wohin er Antonin küsste, aber er hörte es. Dabei hatte er doch gehofft, den anderen vor solchen schmierigen Typen geschützt zu haben... Aber ihm sollte das egal sein. Cole startete den Motor, nachdem er dem anderen einen abschätzigen Blick zugeworfen hatte und registrierte, dass dieser mit geschlossenen Augen dasaß, sich offenbar entspannend. Dann fuhr schweigend los. Noch immer war seine Miene düster und er versuchte, sie ein wenig gleichgültiger werden zu lassen. Das ganze konnte ihm doch auch wirklich scheißegal sein. Solange Antonin seine Arbeit machte, konnte dieser sich treffen, mit wem er wollte, und vögeln, mit wem er wollte, und tanzen, mit wem er wollte, und sich unterhalten, mit wem er wollte,... Als er schließlich vor dem Haus des anderen hielt, blickte er diesen mit seiner zurückgewonnenen Gleichgültigkeit an. „Setzt du dich mit Ragnar in Verbindung, sobald du liefern kannst?“, fragte er und seine Augen glitten einen Moment zu jener Stelle am Hals, die er heute ausführlicher betrachten hatte dürfen. Doch nur kurz, bevor er sich wieder zur Vernunft zurückrief. Er spürte, dass er müde wurde. Müdigkeit mit einem Schuss Niedergeschlagenheit. Es war schon ein langer Tag gewesen und seine Schulter schmerzte mittlerweile höllisch. Er hoffte, dass die Narbe nicht wieder aufgegangen war. Sein Hemd war mittlerweile getrocknet, nur über dem Verband war es noch feucht, was er als kein gutes Zeichen wertete. Aber zu Hause würde er sich darum kümmern können. „Und wenn ich was brauch, melde ich mich bei dir“, fügte er an und blickte wieder auf die Straße als wollte er damit sagen, dass es nichts mehr zu sagen gab. Antonin Antonin öffnete die Augen, als der Wagen hielt und warf Cole einen Blick zu, als dieser ihn fragte, ob er sich melden würde. Und da seine Laune sowieso schon auf dem Null Punkt angelangt war, gab er sich auch keine Mühe mehr zivilisiert zu sein: "Nein, ich warte bis er hellseherische Fähigkeiten entwickelt und sich das Zeug abholt", knurrte er und hiefte sich zusammen mit seinen Sachen aus dem Sitz. Er sah nicht mehr zurück, gab nur noch ein ebenso kurz angebundenes: "Und im Himmel ist Jahrmarkt." von sich und warf die Tür damit zu. Schnell fischte er sich dann seinen Schlüssel aus der Jackentasche, sperrte auf und warf auch diese Tür mit mehr Nachdruck als nötig hinter sich zu. Den Aufzug ignorierend ging er die wenigen Treppenstufen nach oben und hielt in seiner Wohnung ohne Umwege auf die Dusche zu. Entkleidete sich auf dem Weg dahin und ließ seine Sachen liegen wo sie waren. Wenn er jetzt irgendwas brauchte, dann war das ein kurzer Orgasmus ohne Bedenken jeglicher Art. Was er sich dann auch gönnte, während das warme Wasser auf seinen Körper traf und danach mit der Stirn gegen das undurchsichtige Glas gelehnt dastand. Nicht einmal seinen Verband hatte er abgemacht, aber das war dann auch schon egal. Er war jemand, der gut heilte, und die Wunde war im Grunde genommen auch schon gar nicht mehr als eine solche zu bezeichnen. Morgen früh würde er die paar Fäden gezogen bekommen und dann war wieder Ruhe im Karton. Mit allem und jedem. Cole Ein wenig irritiert blickte Cole dem Russen hinterher. Warum war dieser denn mit einem Mal so patzig? Hatte ihm nicht gefallen, was ihm eben um den Mund geschmiert worden war? „Du bist wirklich toll“, murmelte Cole und schüttelte den Kopf. Warum nervte ihn dieser Satz nur so. Es war ein seltsamer Abend gewesen. Seine anfängliche Unsicherheit, Antonin nach dem Erlebten gegenüberzustehen, war bald verschwunden gewesen und anstatt geschäftliche Distanz zu wahren, hatte er schließlich sogar dessen Nähe gesucht. Und dann dieser Tanz.. Cole konnte nicht sagen, dass er ihm nicht gefallen hätte. Aber vielleicht hätte er sich ein wenig zurückhalten sollen. Cole fuhr in die Tiefgarage und hatte in diesem Moment beschlossen, dies alles als seltsames Ereignis zu vergessen. Wieder ein Stück Vergangenheit, das man hinter sich lassen konnte. Es lebte sich so viel einfacher, wenn man vieles, was man nicht so richtig durchschautem einfach hinter sich lassen konnte, abhaken konnte. Zumindest bei den Dingen, die einen selbst betrafen. Dass das auch Gefahren mit sich brachte, wenn man immer nur verdrängte, anstatt sich gewissen Dingen zu stellen, darüber dachte Cole nie nach. Dafür verfuhr er mit all diesen Dingen schon zu lange immer auf die gleiche Weise. Mag sein, dass andere darunter litten. Er war der perfekte Verdränger. Antonin Antonin wusste gar nicht wie sehr er sich täuschte. Denn obwohl das Fädenziehen schnell ging und auch seine Arbeit im Labor ihn gut ablenkte, spürte er die schlechte Laune in sich schwelen. Doch er biss die Zähne zusammen und hielt durch. Er hielt durch bis Feierabend und bis darüber hinaus als er CI-4 Kapseln produzierte als ob sein Leben davon abhängen würde. Mit aller Macht dachte er an genau gar nichts außer an die jeweilige Tätigkeit, die er ausführte. Was recht gut klappte, bis er sich um drei Uhr morgens aus seinem Konzern in sein Auto schleppte. Antonin wusste, dass er es seiner im Moment relativ gesunden Lebensweise zu verdanken hatte, dass er jetzt nicht wie Cole damals vor dem Club einfach umkippte. ... da war das böse Wort. Hatte er also doch dran gedacht? Dieser verdammte Bastard! Er ließ den Jeep, welchen er Nicholas mit Erfolg abgeschwatzt hatte, aufheulen und brachte sich auf schnellstem Wege ins Bett. Nur um dort zu beschließen, seinen Tagesrhythmus umzustellen. Nur zu arbeiten reichte momentan nicht aus um ihn wieder einen klaren Kopf bekommen zu lassen. Es reichte nicht mehr seinen Geist bis zur körperlichen Erschöpfung zu beanspruchen, bis er in unruhigen Schlaf fiel. Weshalb er sich am nächsten Tag nur mit CI-4 im Labor beschäftigte, mittags das arbeiten aufhörte und dann zu Nicholas fuhr, um zu verkünden, dass dieser ihn wieder trainieren sollte. Was zuerst auf Unverständnis, dann auf Unverschämtheit und schließlich nach einem heftigen, in Russisch gehaltenen Wortgefecht auf Zustimmung stieß. Und los ging es auf dem nächstgelegenen Schrottplatz, wo Nicholas ihm einen Baseballschläger zuwarf und auf die nächste Schrottkiste deutete. "Tob dich erstmal aus." Was er dann auch wirklich nach Herzenslust tat. Mit jedem Schlag auf das unnachgiebige Metall wurde ihm deutlicher bewusst, dass er so absolut am Arsch war. Vielleicht sogar im wortwörtlichen Sinne. Aber das war nicht das tatsächliche Problem. Dann fand er eben nun auch Kerle auf sexuelle Art und Weise anziehend. Na und? Das Problem, wegen dem er sich hier auch gerade aufführte wie ein Berserker den man zu lange an der Leine gelassen hatte, war, dass Cole der Auslöser dafür war. Da gab es nichts schön zu reden. Da gab es auch nichts zu verdrängen. Cole fucking Bossmann stand auf der Liste von potentiellen Kandidaten der Liste: "Womit ich schon immer mal Sex haben wollte", seit neuestem ganz oben. "FUCK YOU COLE!", brüllte er schließlich und hieb wie ein Wahnsinniger auf den Haufen Schrott auf vier Rädern ein. "FUCK YOU! FUCK YOU! FUCK YOU!" Inzwischen ran ihm der Schweiß aus allen Poren und als er sich irgendwann, sehr viel später, erschöpft gegen das nächstbeste Auto lehnte kam Nicholas mit den Händen in den Hosentaschen zu ihm herüber geschlendert. Jener hatte dem ganzen nur schweigend zugesehen, doch jetzt baute er sich vor ihm auf und musterte ihn kritisch. "Ich werde nicht nachfragen." Antonin, dessen Atem stoßweise ging und dessen Brustkorb sich dadurch hektisch hob und senkte hob nur eine Augenbraue. "Ich hätte dir auch nichts gesagt." "Dein Training beginnt morgen um 5 Uhr. Wir machen dich wieder fit. Das bisschen Kraftaufwand dürfte dich nicht so außer Atem bringen." Na, daran war immerhin etwas Wahres dran und wenn sein Körper schon in einer anderen Richtung nicht mitspielte, dann würde er diesem eben andere Beschäftigung suchen. In Form von Ausdauer, Kampf- und Gefechtstraining. Wozu war Nicholas auch einer seiner alten Ausbilder wenn er nicht darauf zurückgreifen könnte? Ragnar rief er an diesem Tag noch an und versprach ihm die erste Lieferung am Freitag. Kapitel 23: Ein besonderes "Bitte" ---------------------------------- Cole Seine Narbe war tatsächlich wieder aufgegangen. Raphael hätte ihn am nächsten Tag am liebsten gelyncht. Cole ließ die Schimpftriade gleichmütig über sich ergehen. Die Wunde würde schon irgendwann verheilen... In den nächsten Tagen hörte er sich in der Drogenszene nach Informationen über jenen 'Irren' um. Es waren nur wenige Hinweise, aber sie reichten, um ihm klar zu machen, dass der Kerl gemeingefährlich war. Er warnte seine Unterhändler, legte ihnen nahe, ihm Bescheid zu sagen, wenn sie angesprochen wurden. Mehr konnte er nicht tun. Gleichzeitig fiel ihm auf, dass in letzter Zeit die Polizeiwägen, die hin und wieder vor dem Lady-Dream standen und beobachteten, häufiger wurden. Ob es mit seinem Elternhaus zu tun hatte? Cole hatte bisher Glück gehabt, aber an diesem Tatort hatten sie bestimmte Spuren entdeckt, die ihm eindeutig zuzuordnen waren. Er hatte als Jugendlicher zu oft seine Fingerabdrücke hinterlegen dürfen, hatte sogar ein genetisches Profil, soweit er wusste. Er war kein namenloser, kein unbeschriebenes Blatt, aber er war vorsichtig genug, keine Spuren zu hinterlegen oder diese geschickt zu verwischen. Auffällig war, dass es nur zwei verschiedene Wagen waren, die er hin und wieder beobachtete. Und einen der Polizisten sah er auch häufiger. Ob er wirklich Polizist war? Neben den Sorgen, die das Drogenmilieu aufwühlten, gab es auch wieder einen Waffendeal zu organisieren. Diesmal musste er an einen anderen Ort ausweichen, weil er die Verbindung zum ersten Deal absolut durchtrennen wollte. Also besichtigte er geeignete Übergabeorte, machte sich Pläne, überlegte, wen er dabei haben wollte, machte ein wenig Druck, was die Lieferung der Waffen betraf. Wenn alles gut lief und er gut organisiert hatte, dann würde die Lieferung und die Übergabe an ein und demselben Tag stattfinden. Er wollte kein Risiko eingehen, indem er Waffen bunkerte, besonders nicht, wenn die Bullen offenbar ihr Augenmerk auf ihm hatten. Abends, wenn er nach Hause kam, wartete auf ihn der Abschlusstest. Er hatte sich angemeldet und nun hatte er 4 Wochen Zeit, die Prüfungsaufgaben zu erfüllen. Und das waren Aufgaben, die es in sich hatten. Oft saß er bis in die MOrgenstunden, wälzte Bücher und Texte, um die komplexen Aufgaben zu lösen. Er durfte nur nicht daran denken, dass ihm persönlich dieses Examen niemals angerechnet werden würde. Schließlich hatte er sich nicht unter seinem eigenen Namen anmelden können. Letztlich hatte er also genug zu tun, um nicht immer an Antonin, seine Augen und seine Patzigkeit denken zu müssen, die ihm noch immer Rätsel aufgaben. Schließlich wirkte der Tag in der Disko so lange her, dass er das Gefühl hatte, Antonin mal auf dem Laufenden halten zu müssen. Ragnar hatte zwar hin und wieder von Antonin bestätigt bekommen, dass die Produktion von CI-4 lief, aber mehr wusste er auch nicht, hatte keinen persönlichen Kontakt zu diesem gehabt. Er war gerade nach Hause gekommen, hatte sich vergewissert, nicht verfolgt zu werden und streckte sich nun auf dem Sofa aus, die schnurrende Katze auf dem Schoß, als er wieder an Antonin dachte. Also griff er zum Handy und rief schließlich diesen an. „Hey“, begrüßte er ihn müde und ihm fiel erneut auf, dass er ihn überhaupt begrüßte. „Ich wollte dir nur kurz mitteilen, was so los ist. Hast du Zeit?“ Er schloss die Augen und lauschte dem atmen des anderen. Irgendwie beruhigte ihn dieses. Antonin Skeptisch verglich er die beiden vor sich liegenden Pillen. Hob eine davon hoch und zog sie auseinander bis die Flüssigkeit in eine kleine durchsichtige Schale lief. Ein Vorgang, den er mit der anderen Kapsel und einer zweiten Schale wiederholte und sie dann gegen das Licht hob. Sah so aus als hätte er sich mal wieder selbst übertroffen. Nicht einmal der Geruch dieses Schätzchens war anders als das des Schmerzmittels. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen, als er beide Flüssigkeiten in den Abfluss seines Waschbeckens goss. Ein Lächeln, das in den letzten Tagen kaum noch von seinem Gesicht wegzudenken war. Und tatsächlich fühlte er sich ausgesprochen wohl in seiner Haut. Sein Training verlangte seinem Körper Vieles ab und seinen Geist beschäftigte er ein wenig mit seiner Arbeit und ganz deutlich mit dem Schätzchen, das er gerade weggegossen hatte. Manchmal mochte er sich für seine eigene Genialität auf die Schulter klopfen. Doch diese kleine Entdeckung, die er eigentlich nur nebenbei aus Zufall getätigt hatte, würde er erst einmal für sich behalten. Weshalb er auch keine Proben davon übrig ließ und die mögliche Formel in seinem Kopf behielt. Je weniger er aufschrieb, desto unwahrscheinlicher waren Trittbrettfahrer. Und das man die Informationen aus ihm heraus foltern konnte war doch mehr als unwahrscheinlich. Immer noch grinsend begab er sich anschließend in sein Schlafzimmer und betrachtete den großen Umzugskarton, der sich dort befand. Er war randvoll mit verschiedenen Plastiksäckchen gefüllt, welche wiederrum jede Menge seiner kleinen CI-4 Schätzchen enthielt. Was sie der Droge wohl auf dem Markt für einen Namen verpassen würden? CI-4 war wohl kaum verkaufsfördernd. Schon eher ein 'Blue Devil' oder 'Blue Dream' oder was auch immer den kreativen Köpfen der Unterwelt so einfallen mochte. Ragnar würde mehr als zufrieden mit dieser Lieferung sein können, schließlich hatte er dafür wirklich üble Überstunden geschoben. Hin und wieder war er kaum vor Morgengrauen zurück in seine Wohnung gekommen. Doch das war alles kein Problem. Überhaupt gar keines. Im Grunde war er momentan absolut Problemfrei. Die Ruhe und Gelassenheit in Person sozusagen. Aber wie dem auch war, er kam langsam aber sicher zu spät zu Nicholas, und so zog er sich schnell die Trainingshose und das T-Shirt über den Kopf, bevor er sich noch die Trainingsjacke überzog, sie jedoch offen ließ und sich auf den Weg zu seinem Ausbilder begab. Wo ihn zwei Stunden später auch sein Telefon aus einer Reihe von anstrengenden Übungen riss. Sich den Schweiß von der Stirn wischend, richtete er sich aus seinen Liegestützen auf und ging ran, ohne auf die Nummer gesehen zu haben. Was er gleich darauf lieber nicht getan hätte, denn obwohl er sich inzwischen garantiert wieder gefangen hatte, wäre es ihm doch lieber gewesen ein wenig Vorlaufzeit zu einem Gespräch mit Cole zu haben. "Heya auch", begrüßte er ihn und warf Nicholas, der wie so häufig an einem der Autos rumbastelte, ihn aber gut im Auge behielt einen abschätzenden Blick zu. "Ja, warte kurz", gab er Cole zurück und bedeckte danach das Handy so gut es eben ging. "Pause!", rief er dem älteren Russen zu, welcher nur zurückbrüllte, dass er seinen Körper jetzt nicht abkühlen sollte, woraufhin Antonin zwar die Augen verdrehte, sich aber dann doch die Jacke über den inzwischen freien Oberkörper zog. "Ich bin ganz Ohr", murmelte er schließlich wieder ins Telefon und hoffte, dass sein Atem schon wieder relativ ruhig ging. Zwar hatte er die letzten Tage schon wieder ein wenig aufgebaut, aber an seiner Höchstgrenze was Ausdauer betraf war er noch lange nicht wieder angekommen. Cole "Ich hoffe ich habe dich nicht bei etwas Wichtigem gestört...", erklärte Cole und seine Worte kamen ihm langsam über die Lippen. Antonin klang etwas außer Atem und er musste sich offenbar bei jemandem entschuldigen. Was er wohl gerade getan hatte? "Ähm... wie gesagt", stammelte er kurz, bevor er sich zurechtwies, dass es ihm scheißegal war, was jener gerade getan hatte, auch wenn er mit dem Typen von neulich zugange sein würde. Zumindest konnte dieser dann nicht gut sein, denn sonst hätte Antonin sicher nicht unterbrochen... "Es gibt ein wenig Stress in der Szene. Dem Psychopathen, von dem ich dir erzählt habe, hat es auf Unterhändler abgesehen. Er hat mittlerweile drei auf dem Gewissen. Ich denke es wird nicht lange dauern, dann steht er auch bei uns auf der Matte. Wunder dich also nicht, wenn die Drogenszene ein wenig angespannt ist. Ich begreife noch nicht, was er will und wie er vorgeht. Aber ich halte dich auf dem Laufenden." Er lauschte den ruhiger werdenden Atemzügen des anderen, streichelte Corleone sacht hinter den Ohren, der aufgestanden war, um sich neu auf seinem Schoss zu platzieren und weiterschnurrte erfreut darüber, dass Cole mal nicht nur am Schreibtisch saß, sondern auch einmal Zeit für ihn hatte. Ruhig sprach er weiter. Es überraschte ihn fast selbst, wie entspannt er war, so dass er sogar den herrischen Ton, den er normalerweise bei Telefongesprächen hatte, ablegen konnte. Er telefonierte gar nicht gerne, weil er sein Gegenüber nicht sehen konnte. Daher nahm er das Handy nur zur Hand, um kurze Anweisungen zu geben. Doch im Moment genoss er es, dass Antonin ihn nicht sehen konnte, wie er recht geschafft nur mit einer Jogginghose bekleidet, auf dem Sofa saß, er ihn aber dennoch hören konnte. "Dann wollte ich dir noch sagen, dass du bitte in nächster Zeit nicht ins Lady-Dream kommst. Die Bullen scheinen seit dem Vorfall neulich ein Auge auf mich geworfen zu haben. Ich denke es gibt wieder hübsche Bilder von mir und den Menschen, die mit mir zu tun haben. Ich möchte aber nicht, dass es auch Fotos von dir geben wird. Wenn du Ragnar oder mich also irgendwie brauchen solltest, müssen wir uns woanders treffen." Er lauschte den Geräuschen, die im Hintergrund darauf hindeuteten, dass etwas gearbeitet wurde. Also war Antonin nicht bei jemandem zu Hause. Irgendwie beruhigte ihn dieser Gedanke ein wenig. "Nun, und dann wollte ich dir noch sagen, dass ein größerer Deal nächste Woche ansteht. Ich würde dich gerne dabei haben. Und ich würde dir gerne die Pläne zeigen. Mich würde deine Meinung interessieren." Er verstummte und überlegte kurz, ob er ihn noch fragen sollte, wie es ihm ginge, unterließ es dann aber. Allein die Tatsache, dass er Antonin diese Dinge erzählte, war für ihn bereits mehr als ungewöhnlich, denn normalerweise gab er nie über etwas Bericht ab, außer sein Chef wollte es wissen. Aber angesichts der Tatsache, dass Antonin und er eine sehr spezielle Verbindung hatten, hatte sich das offenbar geändert. Antonin Er konnte nicht anders als leise zu lachen als er die Frage hörte. "Ich persönlich würde mein Training schon als wichtig bezeichnen, da es aber mit dir zu tun hat, hast du wohl gerade die höhere Priorität bekommen. Gratulation!", er schätzte dass es an seiner letzten Woche lag, dass er doch so entspannt mit dem anderen umgehen konnte. Vor ein paar Tagen war er sich nicht einmal sicher gewesen, Cole überhaupt nochmal jemals ein netteres Wort als 'runter!' oder 'Vorsicht!' um die Ohren hauen zu können. Aber doch.. es ging erstaunlich leicht, was wohl auch mit der Zufriedenheit einherging, dass jener ihn tatsächlich ein wenig an sich heranließ. Zumindest nahe genug, um wirklich hin und wieder so zu tun,m als würde er auf den anderen aufpassen. "Mhh", gab er ein wenig nachdenklich zurück. Ihm gefiel es gar nicht, was Cole da erzählte. Denn wenn dieser kaputte Typ da weiterhin herumlief und Dealer abschlachtete, dann konnte er sich mit Brief und Siegel sicher sein zu wissen, wer sich dann dessen Fersen heften würde. Hoffentlich war der 'Irre' nur einer dieser Schaumschläger, der leicht abdrückte, solange es Wehrlose waren, aber sich ins Hemd machte, wenn es hart auf hart käme. "Das ist nett von dir", frotzelte er dann weiter. "Und das, wo ich mich für recht fotogen halte." Doch dann stockte er kurz und beschloss die Sache ein wenig ernsthafter anzugehen. "Das mit den verschobenen Plätzen geht klar, ich hab eh die erste große Lieferung fertig. Das werde ich allerdings noch mit Ragnar abklären und uns wird schon ein Plätzchen einfallen." Ihm fiel nichts Seltsames an ein paar Polizeiwagen auf. Mit sowas musste man wohl immer früher oder später rechnen, wenn man in so einer Organisation wie Cole tätig war. Als er das von dem Deal hörte, zog er überrascht eine Augenbraue nach oben. Offensichtlich durfte er nicht nur so tun als ob, sondern schien tatsächlich gebraucht zu werden. Das waren ja ganz neue Töne. Seltsam, wo Antonin schon fast geglaubt hatte, Cole mit seinem bissigen Verhalten am Ende des Abends erstmal für Jahrzehnte vergrault zu haben. Ah - es kam selten vor aber er konnte in dem Fall gut damit leben, sich getäuscht zu haben. "Klar, plan mich mit ein!", gab er deshalb recht gut gelaunt zurück. "Und ja, ich würde die Pläne gern sehen. Letztes Mal hat auch nur so geklappt weil ich dir...", erschrocken brach er ab und es ratterte hinter seiner Stirn. Ablenken... einfach ablenken. Cole konnte keine Ahnung davon haben, was er hatte sagen wollen. Cole durfte keine Ahnung von dem Sender haben oder bekommen. Unter gar keinen Umständen. "Egal warum, es wäre mir so auf alle Fälle lieber. Wenn du dich damit zu mir traust, könnte ich dich verköstigen, allerdings bräuchte ich einen Termin. Ansonsten nenne mir nen Ort und ich werde da sein." Abermals schwieg er kurz und überblickte den Schrottplatz, der zu seinem Trainingscamp geworden war, mit nachdenklichem Blick. Sollte er es sagen? Aber es war im Grunde genommen wirklich seine Aufgabe das anzusprechen. "Cole?", fragte er ein wenig leiser werdend, fuhr dann jedoch gleich fort: "Mach nichts Unüberlegtes wegen diesem Mörder, ok? Ich verlange keine schriftliche Einladung, wenn ihr die Identität heraus bekommt, aber mach nichts ohne vorher gründlich darüber nachgedacht zu haben." Und ohne zu wollen hängte sich da noch ein letztes kleines Wörtchen dran, das er am liebsten zurück geholt und wieder verschluckt hätte: "Bitte." Cole Seine Stirn zog sich kurz in Falten. Während der andere bei den ersten beiden Themen einfach nur zugestimmt hatte und nicht weiter ausgeholt hatte, schien er hinsichtlich des großen Deals mit einem Mal zu stocken. Was war das letzte Mal? Warum hat was da geklappt? Meinte er, dass er zur Stelle sein konnte? Dass Antonin da sein konnte, als er ihn gebraucht hatte? Stimmt eigentlich. Jetzt wo er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Antonin doch eigentlich gar nicht hatte wissen können, wo er hingegangen war, oder? Cole schob den Gedanken beiseite. Er hatte jetzt eigentlich keinen Kopf, sich darüber Gedanken zu machen, wie Antonin ihn gefunden hatte. Zumal die nächsten Informationen interessant waren. "Du würdest für mich kochen?", fragte er mit einem leicht amüsierten Unterton. "Na das lasse ich mir ungern entgehen, auch wenn ich vorsichtig sein sollte, dass du mir kein Gift unterjubelst." Seine Lippen formten sich zu seinem breiten Grinsen. Cole rutschte die Sofalehne hinab und blieb quer auf dem Sofa auf dem Rücken liegen, Corleone auf dem Bauch liegend, entspannt an die Decke sehend. "Kannst du morgen Abend ab 20 Uhr? Dann komm ich zu dir und werde mal deine Fähigkeiten testen." Sein Ton verriet, dass er nicht daran zweifelte, dass Antonin kochen konnte. Vielmehr spürte er, dass ihn dieser Gedanke freute. Und dann kam etwas, das Cole jedoch wieder stutzen ließ. Er schloss kurz die Augen und ließ die Worte auf sich wirken. Sie berührten ihn, und das störte ihn. Es war angenehm, dass Antonin sich offenbar Gedanken darüber machte, was er tat. Vielleicht war es auch nur beruflich bedingt, doch es war etwas, was so nah an ihm dran war, dass es ihm unwohl wurde. Und in seiner natürlichen Abwehrreaktion begegnete er solcher Nähe entweder mit Gewalt oder mit Ironie. "Oberglucke", murrte er, es nicht schaffend wirklich verärgert zu klingen. "Nett, dass du dich so um mich sorgst, Oberglucke." Er versuchte amüsiert zu klingen. "Und dabei wolltest du doch gar keine Glucke sein." Doch seine Augen blickten nicht so belustigt, wie er versuchte zu klingen. Die Unsicherheit, die er eben zu spüren bekommen hatte, als er die Worte vernahm, die ihn aufforderten, vorsichtig zu sein, hasste er. Es machte ihn unsicher, wenn sich jemand um ihn sorgte, also vermittelte er allen Personen, dass sie sich nicht sorgen mussten. Und ausgerechnet Antonin bat ihn darum, vorsichtig zu sein... Er schwieg kurz, bevor er ernst weiterfuhr. "Ist schon in Ordnung. Ich geb dir Bescheid, wenn es Entwicklungen gibt." Er überlegte, ob es noch etwas zu klären gab. "Bis morgen dann", murmelte er ins Telefon und lauschte noch einmal länger hinein, als nötig gewesen wäre, bevor er auflegte. Die Hand, die das Handy gehalten hatte sank langsam nach unten, seine Augen schlossen sich, er lauschte in das Chaos hinein, dass das Wort 'Bitte' hinterlassen hatte. Nun ja, es würde sicher gleich wieder alles im Lot sein. Nur einen Moment Ruhe. Schließlich stand er auf und fuhr fort, seine Examensprüfungen weiter zu bearbeiten. Kapitel 24: Oberglucke ---------------------- Cole Am nächsten Tag meldete sich einer seiner Unterhändler, dass ihn jemand gefragt habe, ob er Stoff bei ihm lagern dürfe. Er hatte ihn gefragt, offenbar recht stoned und dennoch recht bedrohlich, ob er etwas ihm anvertrauen könnte, wobei er ihm eine hübsche Summe versprach. Er hatte ihn hingehalten und mit ihm ein Treffen auf neutralem Boden ausgemacht. Das Treffen würde am Wochenende stattfinden. Cole erklärte, dass er sich mit ihm noch einmal in Verbindung setzen würde. Offensichtlich wurde es doch schneller konkret, als gedacht. Sein Unterhändler fügte zudem einen interessanten Aspekt an: Er glaubte, dass der Typ ein Bulle sei, weshalb er im Unklaren gelassen hatte, ob er wirklich in dem Milieu zu tun hatte, oder nicht. Nachdenklich verließ er an diesem Tag das Lady-Dream früher als gewöhnlich und fuhr zu Antonin, wo er auch schon bald darauf klingelte. Antonin Vor sich hin grübelnd schob Antonin den Einkaufswagen durchs Geschäft. Nicht nur dass ihr Telefonat ihn gestern wiedermal mehr als nur irritiert mit Gott und der Welt zurückließ, nein jetzt musste er sich auch noch überlegen, was er jemandem kochen wollte, den er bisher nur in griechischem Essen herumstochern gesehen hatte. Und was wusste er davon? Dass jener Auberginen mochte. Na wenn das kein Anhaltspunkt war?! Mutierte er da gerade wirklich zu einer Oberglucke? Jemand sollte aus der siebten Hölle steigen und ihn erschießen. Dabei war er wirklich stolz auf sich gewesen – bisher. Er hatte weder via Laptop verfolgt wo Cole oder besser, Coles Wagen sich herumtrieb, noch war er 'einfach nur so' im Lady-Dream aufgetaucht. Also im Grunde genommen, ließ er dem anderen damit mehr Leine als er eigentlich sollte. Da dürfte man dann doch wohl mal darum bitten, dass jener auf sich aufpasste, oder etwa nicht?! Unbehaglich ein wenig vor sich hin brummend, dachte er daran zurück gehört zu haben, dass jener nicht wirklich so sauer geklungen hatte wie sonst. Oder war das Wunschdenken? Oh man, er wurde einfach nicht schlau aus diesem Kerl. Und aus sich auch nicht, oder warum lud er ihn zu sich ein? In seine Wohnung. Wobei ihm gerade auffiel das Cole ja gar nicht wusste, dass er bei Grombowitsch zu klingeln hatte. Aber naja, wozu gab‘s denn Handys? Der würde sich dann schon rühren. Da er in seiner Mittagspause eingekauft hatte, brachte er die Tüten mit von der Arbeit, wo er sie bis zum Feierabend in einen der Kühlschränke verstaut hatte. Antonin hatte sich für einen Gemüse-Schafskäse Auflauf entschieden und dazu würde es einen leckeren und vor allem gesunden Salat mit Olivenöl geben. Und wenn Cole das nicht schmeckte, würde er ihn wieder rauswerfen. Jawohl! Doch als er dann so in seiner Küche stand und auf die Uhr sah, wurde ihm bewusst, dass er in leichte Zeitprobleme schlingern konnte. Er wollte noch duschen, die Küche musste er auch freiräumen, da der Glastisch im Wohnzimmer zu niedrig dafür wäre, und nebenbei musste er ja auch noch kochen. Also machte er sich gar nicht weiter rumtrödelnd daran, das Gemüse zu waschen und in kleine Stücke zu schneiden. Sogar Auberginen waren da mit drin. Damit bestand immerhin eine kleine Chance auf einen Treffer. Nebenbei briet er ein wenig Hackfleisch in der Pfanne an. Nicht viel, es sollte nur geschmacksunterstreichend sein und für den Schafskäse war er im Feinkostladen gewesen, da er da Zeug aus dem Supermarkt nicht leiden konnte. Viel zu hart und ohne wirklichen Geschmack. So ging er in seiner Arbeit auf und sah schließlich ein wenig geschockt auf die Uhr, als er das Ganze dann in den Ofen schob. Scheiße nochmal! Er hatte doch getrödelt! Nun in ein wenig Hetze sprang er unter die Dusche und gönnte sich nicht, wie normalerweise nach der Arbeit eine wirklich lange Session mit viel heißem Wasser, sondern eher rein zum kurzen Abkühlen und zur Säuberung. Sich danach in eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt werfend betrat er dann wieder die Küche und musterte sie kritisch. Hier lag einfach zu viel Chaos auf dem Tisch und den Stühlen. Irgendwann müsste er sich doch nochmal einen Aktenschrank oder sowas anschaffen. Doch dafür war jetzt keine Zeit und somit wuchtete er sämtliche Zettel und Ordner zusammen und verfrachtete sie in eine der Küchenecken, bevor er den Tisch eben mit einem Lappen sauberwischte. Er selbst aß meistens im Stehen oder eben im Wohnzimmer, gemütlich auf seinem Sofa liegend. So im Stress fiel ihm gar nicht mehr auf, dass er nur ein kurzärmliges T-Shirt angezogen hatte, ohne sich das dazugehörige weiße Hemd übergeworfen zu haben und zuckte nur irritiert hoch als es klingelte. Naja gut, Cole schien 1 & 1 zusammengezählt zu haben. Sonst wohnten hier auch nur eine Blackstone, eine Marbel und ein Herr Danzinger. Grombowitsch war wohl das Einzige, das ansatzweise Russisch klang. So drückte er schließlich auf den Öffner und ließ die Tür einen Spalt weit offen um in die Küche zurück zu kehren und nach seinem Auflauf zu sehen. Wo ihm dann auch erstmal einfiel, dass er keinen Tropfen Alkohol ihm Haus hatte. Genervt aufstöhnend schlug er sich gegen die Stirn. Er war ein beschissener Gastgeber. Cole 'Grombowitsch' interessant. Nun, aber hier musste es sein. Er betrat das Treppenhaus, ging die Stufen hinauf. Er spürte wieder das Unbehagen, das ihn am vergangenen Abend bereits nach dem Telefonat eingeholt hatte. Wieso hatte er überhaupt eingewilligt, zu Antonin zu kommen? Wieso hatte er sich dazu verleiten lassen, wieder einmal die natürliche Distanz, die er normalerweise wahrte, aufzuheben? Er könnte sich wirklich ohrfeigen... Und dass es unmöglich sein würde, bei Antonin zu Hause rein geschäftlich sich zu unterhalten, war ihm mehr als bewusst. Wieso in Dreiteufelsnamen schaffte Antonin es immer wieder, ihn in solche Situationen zu bringen. Er seufzte bei dem Gedanken und schob ihn schließlich zur Seite, als er vor einer Tür stand, die, wenn er sich recht erinnerte wirklich die Tür zu Antonins Wohnung war. War der gute Mann so leichtsinnig, oder bildete er sich das nur ein? Stirnrunzelnd betrat er die Wohnung, einen kühlen, fast schon missmutigen Blick im Gesicht. Sorgsam schloss er die Tür hinter sich. Er hatte etwas weiter geparkt, nicht wissend, ob er verfolgt wurde, und war dann in die Menschenmenge abgetaucht, um ungesehen hierher zu kommen. Seitdem die Bullen ihm auf die Pelle gerückt waren, war er vorsichtig. Er hörte Geräusche aus der Küche, blickte sich kurz im Wohnzimmer um. Es wirkte so, wie wenn jemand froh war, dass er normalerweise keinen Besuch bekam und nun kurzfristig dafür gesorgt hatte, dass es aufgeräumt wirkte. Cole stellte sich in die Tür zur Küche und blickte den anderen an, der sich soeben wieder aufrichtete, den Ofen schließend, offenbar noch nicht ganz zufrieden. "Es riecht gut", stellte er knapp fest. Musterte den anderen, der zum einen noch leicht feuchte Haare hatte, zum anderen unerwartet in einem kurzärmligen Hemd vor ihm stand. Er bemerkte die Narben, aber sein Blick blieb nicht daran haften. Schließlich kannte er schon die Blessuren des anderen, die ihm jener damals im Streit gezeigt hatte. Danach fragen würde er nie. Auch wenn er sich die Ohren nicht zuhalten würde, wenn Antonin ihm selbst erzählen würde. Die Flasche Wein hochhebend, die er gekauft hatte, weil man doch zu einer Einladung wohl auch etwas beitragen musste, trat er auf den anderen zu, nahm einen Geruch wahr, den er kannte, beugte sich zu Antonin vor, um sacht an dessen Hals zu schnuppern. "Hugo Boss Energise", stellte er fest, richtete sich wieder auf und drückte Antonin die Flasche in die Hand. "Soll ich dir helfen, den Tisch zu decken?" Die Küche hatte mit dem Zettelchaos, das er das letzte Mal darin gefunden hatte, noch gemütlicher gewirkt, diesmal wirkte sie anders, aber dennoch angenehm. Er drehte sich wieder Antonin zu. "Zeig mir nur, wo ich was finde." Antonin Der Auflauf sah so aus als könnte er noch ein paar Minuten vertragen. Sehr gut! So schloss er den Ofen wieder und richtete sich, recht zufrieden mit dem bisherigen Ergebnis auf. Wobei er Cole auch in seiner Küchentür stehen sah und sich sofort ein stolzes Funkeln in seine Augen legte, als er die Worte hörte. "Es sieht auch ganz gut aus", dann würde das eben ihre Begrüßung werden. Hatte er keine Probleme damit um einmal ehrlich zu sein. "Auch wenn ich keine Ahnung habe, was du eigentlich isst und damit irgendwie ins Blaue hinein raten musste", gab er zu und musste sich ein erleichtertes Lachen verkneifen, als er die hochgehobene Flasche sah. "Ah, sehr gut. Du hast dir etwas zum trinken mitgebracht. Ich habe nämlich gerade festgestellt, dass ich das natürlich vergessen habe." Antonin hatte keine Probleme solche Dinge zuzugeben. Zwar kochte er für sein Leben gerne, aber die meiste Zeit fehlten ihm ständig irgendwelche Zutaten von denen er sich sooo sicher gewesen war, sie noch zuhause zu haben. Als Cole, der näher getreten war, sich dann zu ihm beugte und sein Parfüm erkannte wusste er nicht so recht damit umzugehen und beschloss es nur mit einem Nicken zu quittieren. Das hier würde nach dem Essen geschäftlich werden und auch bleiben! Im Grunde machte er das hier nur, damit er sich auch sicher sein konnte, dass der andere mal ein wenig vernünftig speiste. Und wenn er sich das lange genug selbst vorsagte, würde er sich sicherlich auch bald glauben! "Den Tisch decken", murmelte er und hob die Hand, um sich über den Hinterkopf zu reiben. "Äh.. ja", er runzelte die Stirn und überlegte, wo sich die Untersetzer wohl befanden. Oder die Weingläser. Probeweise öffnete er ein paar seiner Schränke und wurde schließlich auch fündig. "Sorry, seitdem ich umgezogen bin hatte ich noch nicht so wirklich viel Besuch", damit stellte er nach und nach alles auf den Tisch und überließ es Cole, das ganze halbwegs richtig zusammen zu ordnen, denn er hatte noch einen Salat fertig zu stellen. Wobei er besonderen Wert auf das Dressing legte. Er konnte es nicht leiden, wenn da nur so zwei Tropfen drüber getröpfelt wurden und man damit eigentlich mehr oder weniger nur auf den nackten Salatblättern herumkaute. So schmeckte er das Ganze immer mal wieder ab, um dann doch noch etwas Salz oder ein anderes Gewürz dazu zu geben, bis es ihm endlich passte und er das ganze großzügig über die Salatschüssel goss. Welche er gleich darauf auf den Tisch platzierte und dazu noch zwei kleinere, Glasschüsseln aus den Tiefen seines Schrankes zauberte und ebenfalls dazustellte. "Sooo, jetzt noch den Auflauf rausholen und beten, dass er etwas geworden ist", murmelte er und setzte das Ganze auch gleich in die Tat um. Was den köstlichen Duft ein wenig verstärkte und seinen Magen knurren ließ. Er hatte heute durch die Einkaufsaktion auf sein Mittagessen verzichten müssen, etwas, das sein Magen ihm übel zu nehmen schien. Sich ein Messer aus der Schublade nehmend schnitt er das ganze Ding in annehmbare Stücke und holte einen Heber hervor, um diesen zusammen mit dem Rest dann ebenfalls auf dem Tisch zu platzieren. Dazu noch eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank geholt und im Grunde genommen war jetzt alles fertig, richtig? Als er das zweite Weinglas sah, das Cole ihm hingestellt hatte, lächelte er nur kurz und stellte das dann wieder weg. "Tut mir leid, ich befürchte den Wein wirst du alleine genießen müssen. Ich versuche Alkohol zu normalen Zeiten aus dem Weg zu gehen", erklärte er leichthin und setzte sich schließlich aufseufzend, bevor er sich ungefragt Coles Teller griff und diesem eines der Stücke draufhiefte, bevor er es zurück gab. "Lass es dir trotz meiner seltsamen Gastgeberqualitäten schmecken. Oder anders, ich hoffe, dass es dir schmeckt", meinte er lächelnd und nahm sich ebenfalls, um gleich danach zu probieren und sich innerlich selbst auf die Schulter klopfend. Also ihm schmeckte es. Und noch machte er sich auch keine Gedanken, dass es seltsam war, Cole hier so bei sich zu haben. Nein, quasi überhaupt nicht. Da war ja auch nichts dabei. Er hatte immer mal wieder für seine Bekannten gekocht, als er noch in dem Haus gewohnt hatte. Also alles ganz normal. Und dass der andere an ihm geschnuppert hatte, war auf so engem Raum auch in Ordnung. Also im Grunde war alles in Ordnung. Gerade weil er sich ständig wiederholte! "Man soll sich ja nicht selbst loben...", murmelte er nach dem nächsten Bissen, "aber ich halte mich gerade für ein Küchengenie." Das Gemüse war genau so wie es sein sollte und das Hackfleisch gab dem ganzen wirklich genug Geschmack, ohne den Käse zu übertrumpfen. Absolut perfekt. Er würde sich selbst heiraten und in die Küche stellen. Cole Cole sortierte das Geschirr auf dem Tisch und setzte sich dann auf den Stuhl, den anderen beobachtend, der vor sich hinwuselte. Ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen, während seine kühlen Augen dem Mann folgten, der irgendwie nervös wirkte. Oder bildete er sich das ein? Die leichte Hektik, das offensichtliche Nachdenken, ob er an alles gedacht hatte, das Kommentieren seiner Handlungen. Und während er ihn betrachtete wurde Cole selbst vollkommen ruhig. Es war schon in Ordnung, dass er hier war. Deshalb, weil seine Unsicherheit nicht alleine da stand. Zumindest bildete er sich ein, dass Antonin auch nicht so recht wusste, ob das hier 'normal' war. Und deshalb konnte er entspannen und zu seiner gewohnten Haltung übergehen, seiner leicht kühlen, abweisenden Haltung, die ihm so viel Sicherheit gab. Er nahm die Flasche Wein in die Hand, um diese zu öffnen, als er den Kommentar des anderen hörte. Überrascht blickte er auf, stellte die Flasche wieder hin und nahm stattdessen die Flasche Wasser, um ihnen beiden einzuschenken. "Dann trinke ich auch nichts", erklärte er knapp. Er trank am liebsten in Gesellschaft. Im Lady-Dream trank er gerne mal einen Whiskey, wenn er Stress gehabt hatte, oder ihm am Ende des Tages danach war, ansonsten trank er nicht viel. Er hatte schlechte Erfahrungen damit gemacht, was die Sicherheit des eigenen Lebens im Zusammenhang mit Alkohol betraf. Damals hatte er wirklich Glück gehabt, dass er seinen Arsch hatte retten können. Aber was Antonin unter 'normalen Zeiten' verstand, begriff er nicht so ganz. Nun, wenn er darüber nachdachte, dann hatte jener immer nur Alkohol getrunken, wenn sie vorher etwas blutig unterwegs gewesen waren. Schon damals, als sie das erste Mal im Club waren, war ihm klar gewesen, dass der Alkohol Antonins Art zu sein schien, wie er mit solchen Stresssituationen umging. Nun, das musste jeder für sich entscheiden. Cole brauchte Sex, Antonin offenbar Alkohol. Nun blickte er auf seine Portion, die ruhig ein bisschen weniger hätte sein können, nickte kurz, als Antonin ihm wünschte, dass es ihm schmeckte. "Du dir auch", erwiderte er und griff zur Gabel. "Ich bin kein großer Esser, wie du selbst ja schon bemerkt hast. Und eigentlich auch niemand, der für sich wirklich kocht, aber ich wüsste glaube ich nichts, was ich nicht essen würde. Bis auf Milch vielleicht. Ich hasse Milch..." Zögerlich spießte er den ersten Bissen auf die Gabel. Er hatte die Woche versucht mehr zu essen, aber es hatte nicht wirklich funktioniert. Nun ja, aber vielleicht würde er heute mal aufessen können. Er probierte und es schmeckte ihm, ohne Frage. "Heiß", meinte er zunächst und nahm einen neuen Bissen, tat so, als müsste er überlegen, ob es ihm schmeckte. "Kann man essen", erklärte er und nickte langsam, wie um sich selbst davon überzeugen zu müssen. Dann blickte er auf und lächelte. "Nein, es ist wirklich gut." Er konzentrierte sich wieder aufs Essen. Zumindest schmeckte es ihm so, dass er keine Probleme hatte, mehr als die Hälfte seiner Portion aufzuessen. Er nahm sich ein wenig vom Salat und aß dann auch davon etwas. Schließlich bemerkte er, dass sie so still waren, so schweigsam, ohne dass es eine unangenehme Ruhe war, eher eine vertraute Ruhe, eine entspannte Ruhe. Sie irritierte ihn. Er war es nicht wirklich gewohnt, Zeit mit jemandem zu verbringen, ohne reden zu müssen. Momente einer solchen entspannten Ruhe kannte er nur aus seiner eigenen Wohnung. Momente, die er dann mit niemandem teilte. Doch nun war es doch Zeit zum Geschäftlichen zu kommen. "Danke", sagte er schließlich. "Es hat wirklich gut geschmeckt." Er schob den Teller leicht von sich. Er lehnte sich etwas zurück und sein Blick ruhte auf Antonin. "Nächste Woche gibt es eine große Waffenlieferung, die möglichst an ein und dem selben Tag abgewickelt werden muss. Ich bin unter Beobachtung, das merke ich deutlich. Deshalb kann ich kein Risiko eingehen, indem ich mich lange mit einer Ladung Waffen belaste. Ich habe die Lokation ausgewählt, würde aber gerne deine Meinung hören, worin du darin eventuelle Gefahren siehst. Ich habe Pläne dabei, die kann ich dir nachher zeigen." Er hatte eine Tasche mit Unterlagen im Wohnzimmer auf dem Sofa liegen gelassen, wo er auch seine Jacke abgelegt hatte. "Du hast Ragnar für morgen die Lieferung angekündigt. Du solltest dich mit ihm nicht im Lady-Dream treffen. Das haben wir ja aber schon besprochen. Und was unseren 'Irren' betrifft. Einer meiner Dealer wurde angezapft. Am Samstag weiß ich also mehr. Ich werde mir den Typ einmal ansehen." Kurz schwieg er. "Eine schriftliche Einladung bekommst du nicht, aber magst du mitkommen?", fragte er schließlich. "Dann kannst du mir ja auf die Finger sehen, damit ich nicht 'Unüberlegtes' mache..." Antonin Seltsamerweise fiel Antonin diese Art der Stille überhaupt nicht auf. Nachdem er das Kompliment mit einem zufriedenen Nicken entgegen genommen hatte, war er vollkommen auf sein Essen konzentriert. Es mochte vielleicht auch daran liegen, dass es seine Wohnung war und er sich hier meistens sehr gut entspannen konnte. Da war angenehme Stille nichts seltenes, obwohl es das in diesem Moment durchaus so sein sollte. Und während Cole mit dem einen Teller zufrieden schien, nahm Antonin sich selbst noch einen Nachschlag. Seitdem er versuchte wieder mehr Kondition aufzubauen, nahmen auch seine Essensportionen wieder zu. "Nicht für sich selbst kochen, hm?", meinte er schließlich nachdem er sich auch hier durch die halbe Portion gefuttert hatte. "Ausgewogene, leckere Ernährung ist für mich ein absolut notwendiges Übel. Alleine schon, weil ich im Labor nicht wirklich zu viel Bewegung komme. Daher hab ich es mir früh angewöhnt, auch für mich selbst zu kochen und auf diesen Fertigfraß zu verzichten", erzählte er und kümmerte sich dann um den Rest seiner Portion während er die Informationen über die Waffenlieferung aufnahm. "Du denkst nicht zufällig, dass dieser neue Beobachtungswahn mit dem ausheben eurer Ratte zu tun hat, oder?", fragte er schließlich und erhob sich um das Geschirr auf die Anrichte zu stellen. Er würde es später vorwaschen und dann in der Spülmaschine verstauen. Sowas musste er fragen, da er ja nicht so wirklich wusste, was Cole so trieb wenn sie sich nicht sahen. Vielleicht gab es da ja auch den ein oder anderen hochgehobenen Deal? Es war vielleicht sein Unterbewusstsein, aber offiziell gab er vor nicht zu merken, dass er Coles direkten Blick seit ihrer Begrüßung ausgewichen war. Nicht wie ein verschrecktes Schulmädchen, aber beim Essen war der Blick auf dem Teller gewesen und jetzt bei den Dingen, die er eben so erledigte. "Lass uns die Pläne im Wohnzimmer ansehen, dann schauen wir mal ob mir wirklich mehr auffällt als dir", stimmte er zu und lehnte sich dann ein wenig stirnrunzelnd an die Küchenzeile. "Ich hab das Zeug hier. Ragnarmuss sich also nur noch einen Ort zum Entgegen nehmen aussuchen und der Rest ist kein Problem", murmelte er und fragte sich was ihn jetzt gerade so kurz irritiert hatte. Bis sein Blick am Wasserglas hängen blieb, das er sich soeben vom Tisch genommen hatte. Oder besser an der Hand die jenes gerade umschloss. Und dann verspannte sich sein ganzer Körper für einen Moment: Er hatte das Hemd vergessen! War er neuerdings behindert oder so? Geistige Umnachtung? Er zeigte sich so nie! Nie wie Niemals. Abgesehen von Nicholas und dessen kleiner Familie, weil er da sowieso keine andere Wahl hatte. Verflixt, was lief hier eigentlich? Die nächste 'verdrehen wir Antonin mal so ordentlich den Kopf, dass er nicht einmal mehr die elementaren Dinge bemerkt'-Show? Aber jetzt ins Schlafzimmer zu stürzen und das zu ändern war auch nicht drin. Scheiße! Naja, er würde in Zukunft besser darauf achten müssen, jetzt war es schon rum ums Eck. Dann wüsste Cole eben, dass es beide Arme betraf und nicht nur einen. Na und? Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder von Cole beansprucht und er nickte zustimmend. "Darauf kannst du aber Gift nehmen", raunte er mit einem leicht störrischen Unterton. Natürlich würde er mitkommen. Was war das denn für eine Frage? Vermutlich könnte er nicht eine Minute stillsitzen, wenn er davon wüsste, aber nicht mitgekommen wäre. Ob offiziell oder inoffiziell. "Und du brauchst das 'unüberlegt' gar nicht so betonen", entschied er bevor er dummerweise doch aufsah - genau in Coles grüne, kühle Augen. "Es wäre ja nicht das erste Mal", vermutlich sprach er damit wieder einen der Punkte an die Cole reizten, aber wenn er das nicht dürfte, wer denn dann? Und gerade als er noch etwas daranfügen wollte klingelte sein Telefon. Nicht sein verdammtes Handy, sondern sein Festnetz. What the hell? Verwundert ging er in den Gang und nahm es von der Station. "Ja? .... weißt du eigentlich wie spät es ist, Mara? Du solltest schon lang im Bett sein.... mh.... mh... bitte?! Das kann doch jetzt ... na schön." Sich das Telefon zwischen Kopf und Schulter einklemmend lief er ins Wohnzimmer und öffnete den Schrank unter seinem Fernseher, wo sich der DvD-Player und eine Spielekonsole befand. Und ein darauf gelegtes Spiel. "Ja, ich sehe es... nein, morgen muss reichen", brummte er nahm das dumme Ding und trat damit wieder in die Küche, es auf dem Fensterbrett ablegend. "Nein bedeutet nicht vielleicht.. mh.. gib mir mal deinen Dad, ja?" Er machte eine entschuldigende Geste in Richtung Cole und lauschte dann der neuen, tieferen Stimme. "Ich bringe das dumme Ding heute nicht mehr vorbei!", begrüßte er ihn störrisch. "Und du brauchst Mara dafür auch gar nicht vorschicken, ihr seid selbst Schuld wenn ihr mein Wohnzimmer als Spielplatz missbraucht.... Ich wurde ja nicht einmal gefragt ob ich das machen... na hör mal!", ereiferte er sich und verließ die Küche wieder, wütend ins Telefon zischend. "Ich weiß das alles sehr gut, vielen Dank! Morgen früh muss reichen!", und dann wurde seine Stimme wieder sanfter: "Sag ihr gute Nacht von mir, ja?", damit legte er auf und atmete einmal tief durch bevor er die Küche wieder betrat. "Tut mir wirklich leid, aber aus irgendwelchen merkwürdigen Gründen bin ausgerechnet ich zum Patenonkel geworden. Wovon ich erst kürzlich überhaupt in Kenntnis gesetzt worden bin." Man hörte seine Irritation damit deutlich mitschwingen. "Aber wie dem auch sei, wollen wir uns die Pläne ansehen?", er sah Cole fragend an, wenn auch irgendwie total aus sämtlichen Kontext gerissen. Was wollte er ihm vorher noch zu diesem Irren sagen? Cole Antonins Bemerkung zu gesundem Essen fügte Cole lieber nichts dazu. Er hatte das noch nie als Notwendigkeit gesehen. Wohl, weil er letztlich nie wirklich acht auf sich gegeben hatte. Aber das war ihm nicht bewusst. Sein Körper war für ihn Mittel zum Zweck, und nichts, worum man sich wirklich kümmern musste. Klar, er war jemand, der großen Wert auf Hygiene legte. Er pflegte sich, stylte sich auch gerne, aber sonst tat er nichts für seine Gesundheit, seinen Körper. Als sein Gegenüber ihn aber auf jene Aktion ansprach, nickte er. "Ich denke, die Bullen sind auf mich aufmerksam geworden. Sie haben sicherlich Blut gefunden, das sie mir ohne weiteres zuordnen können. Auch wenn das gesamte Haus abgebrannt ist, haben sie sicher etwas gefunden, was sie mir zuordnen können, zumal es nun mal auch das Haus meiner Eltern war." Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. Er wusste noch nicht so recht, wie er damit umgehen sollte, dass dieser Ort nun nicht mehr für ihn verfügbar war. Früher war er öfters dort gewesen, wenn es ihm nicht gut ging. Der Ort hat ihm Kraft gegeben. Sicher, seine Besuche waren in letzter Zeit seltener geworden, aber nun gar nicht mehr, oder nur bedingt die Möglichkeit zu haben, dorthin zu gehen, war für ihn noch eigenartig. Das Grundstück gehörte inoffiziell ihm. Aber er wusste nicht, was er damit anfangen sollte. "Ich denke, sie wissen, dass in dieser Nacht etwas Größeres gelaufen ist. Auch wenn sie keine Ahnung über die Zusammenhänge haben. Andererseits können sie froh sein, dass diese Splittergruppe sich nun aufgelöst hat. Die Idioten haben ganz schönen Stress in der Szene gemacht... Völlig unsinnigen Stress." Er zuckte mit den Schultern, was mit der einen Schulter besser ging als mit der andere, die seitdem die Narbe wieder aufgebrochen war, immer wieder höllisch schmerzte. Cole verfolgte die Aufräumaktion des anderen, und ihm viel zu spät auf, dass er durchaus hätte helfen können. Aber offensichtlich verfolgte der andere auch genauere Pläne, so dass er wahrscheinlich nur gestört hätte. So hoffte er zumindest. Kurz legte er irritiert den Kopf schief, als er die plötzliche Anspannung des anderen sah. Doch dieser Moment schien nicht lange zu dauern. Und auch Cole war schnell wieder abgelenkt, er wunderte sich leicht über Antonins entschlossene Haltung, ihn zu diesem Typen nicht alleine gehen zu lassen. Cole wusste nicht so recht, ob er darüber schmunzeln sollte, oder nicht. Zumal dieser ihm offenbar direkt vorwarf, dass er nur unüberlegt handelte. Zunächst wanderten seine Augenbrauen erstaunt nach oben, dann verdüsterte sich Coles Miene. Der Blick des anderen wurde dementsprechend kühl erwidert. Doch das Telefon ließ Cole den bissigen Kommentar verschlucken, der ihm auf den Lippen lag. Leicht schüttelte er den Kopf. Wie konnte es Antonin wagen, ihm vorzuwerfen, er würde stets unüberlegt handeln. Ein Gefühl von Unzufriedenheit breitete sich in seinem Magen aus. Er lauschte dem Telefonat, was ihm Zeit gab, sich wieder runterzufahren. Nun, Antonin konnte ja letztlich nur von dem einen Ereignis ausgehen, bei dem er vielleicht wirklich unüberlegt sich selbst gegenüber gehandelt hatte, aber insgesamt war die Aktion ein voller Erfolg gewesen. Und mehr zählte doch nicht. Der Dunkelblonde stand vom Küchentisch auf, schenkte sich wieder ruhig geworden noch etwas Wasser nach, nahm das Glas mit und lehnte sich gegen den Tisch, beobachtend, wie Antonin in die Küche kam, sie wieder verließ und erneut eintrat, das Telefongespräch beendet habend. Gelassen hörte er sich die Erklärung an. "Oberglucke", stellte er fest und nickte gewichtig. "Die geborene Oberglucke und nun also mit Kind." Er blickte ihn nachdenklich an. "Und darüber beschwert er sich auch noch." Er grinste leicht, um seine Worte zu entkräftigen. Sollte er doch froh sein, ein Patenkind haben zu dürfen. Er hätte auch gerne einen Paten gehabt, der sich wirklich um ihn sorgen wollte. Antonin "Oberglucke?", echote er nachdenklich und zuckte dann mit den Schultern, das entschärfende Grinsen bemerkend. "Natürlich beschwere ich mich!", setzte er noch nach und verzog das Gesicht. "Wenn man mir sowas schon aufs Auge drückt, wäre ich da ganz gerne von Anfang an dabei gewesen, obwohl es ihr offenbar nicht auszumachen scheint aus dem Nichts einen Onkel zu haben. Nein, tatsächlich glaubt sie jetzt komplett über meine Zeit verfügen zu können." Es klang erstaunt aber auch belustigt, doch dann wurde er ein wenig sarkastisch. "Aber keine Sorge, ich werde den Großteil meiner Gluckenfähigkeiten an ihr ausleben können. Immerhin muss man ein gutes Auge auf Kinder haben, nicht dass sie noch ins falsche Millieu abrutschen." Cole Mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem spöttischen Ausatmen ließ Cole Antonins Zweideutigkeit durchgehen. Gleichzeitig kam ihm der Gedanke, dass jenes Mädchen sicher viel Glück gehabt hatte. Mehr, wesentlich mehr Glück als er es gehabt hatte. Aber wer würde neidisch sein. Es war Vergangenheit. Er stieß sich vom Tisch ab und trat an Antonin vorbei. "Lass uns ins Wohnzimmer gehen." Dort setzte er sich und nahm seine Tasche, aus der er einen Plan zog. Vorsichtig entrollte er ihn. "Ich habe ein Fabrikgebäude entdeckt, das noch nicht fertig gebaut ist, aber recht übersichtlich gehalten wird..." begann er Antonin zu erklären. Während er weiterredete deutete er auf verschiedene Stellen auf dem Plan. Er zeigte Antonin so, wo die Übergaben stattfinden sollten, wie viel Zeit er für welche Aktion eingeplant hatte, so dass das Ganze in drei Stunden abgewickelt wäre, und erklärte ihm schließlich, wo er überall jemanden stehen haben wollte, um das Gelände zu sichern. Schließlich endete und er sah Antonin an, der sich neben ihn gesetzt hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass nicht nur der eine Arm die Narbe aufzuweisen hatte, sondern auch der andere, ihm zugewandte. Irritiert, aus einer ersten Reaktion heraus hob er seine Hand und fuhr sacht die Narbe entlang. "Beide Seiten", murmelte er und stellte das eher fest, als dass es eine Frage war. Dann blickte er zu Antonin auf, seine Hand zurückziehend, sah diesen nachdenklich, etwas kritisch, aber nicht kühl an. Was auch immer dem anderen angetan worden war. Es hatte enorme Spuren hinterlassen. Rein physisch, aber bestimmt noch mehr auf psychischer Ebene. Dann wandte er seinen Blick wieder ab, auf die Lagepläne. "Meinst du die Anzahl der Leute reicht, oder siehst du noch Punkte, die ungesichert sind? Zumindest das Frühwarnsystem müsste gut funktionieren..." Kapitel 25: Nie verheilende Wunden ---------------------------------- Antonin Antonin folgte Cole in sein Wohnzimmer und setzte sich neben diesen, als der den Plan vor ihm entrollte. Aufmerksam lauschte er den Ausführungen und nickte hin und wieder, um anzuzeigen, dass er zuhörte. Das ganze klang auf den ersten Blick wirklich durchdacht und so zog er sich das gute Stück näher und beugte sich darüber. Das Gebäude im Geiste vor sich aufbauend und versuchend die toten Winkel zu finden, die bei solchen Dingen immer problematisch wären. "Drei Stunden...", murmelte er und lief das Gehörte mit dem Finger auf dem Bauplan ab. Stellte sich vor, wie viele Leute dort wären und wo Cole sie positioniert hatte. Schließlich nickte er zufrieden und deutete auf einen weiteren Punkt. "Wenn mich nicht alles täuscht, hätte man von dort oben noch einen relativ strategischen Blick auf das Wichtigste, aber wirklich nötig scheint es nicht zu sein. Du hast dir das gut überlegt", gab er zurück und erstarrte dann. Was zum Henker?! Langsam wandte er den Kopf ein Stück zur Seite und bekam tatsächlich noch zu sehen, wie Cole seine Hand zurückzog. Von Antonins Haut zurückzog! Von seinen verfickten Narben! Weder drang Coles Feststellung wirklich zu ihm durch, noch taten das die Worte, die jener wieder in Richtung des Planes sagte. Dieser Hurenbock dachte also mal eben so alle, wirklich ALLE von Antonins mehr als deutlich abgesteckten Grenzen übertreten zu dürfen und er würde das so hinnehmen? Antonin bekam für sich selbst nie mit, wie seine Augen völlig außer Kontrolle gerieten, wann immer man ihn direkt mit diesem Teil seiner Vergangenheit konfrontierte. Auch nicht wie leer sie dazwischen immer mal wieder wurden. Ein Messer, das mit fast schon chirurgischer Sicherheit zum wiederholten Mal seinen Arm entlang nach unten gezogen wurde. Gerade genug, um die vorsichtig verheilte Haut wieder aufplatzen und das Blut hervortreten zu lassen. "Du...", zischte er, inzwischen vor unkontrolliertem Zorn bebend. "Du hältst dich für den Tollsten, oder?" Noch wandte er Cole den Kopf nicht zu. Noch versuchte er wenigstens zum Teil unter Kontrolle zu bleiben. Noch war da das leise Stimmchen, das ihm davon erzählte, wer der andere war: Sein Ziel. Sein Bossmann. Diesmal war die Haut nicht verheilt und außer Schmerzen fühlte Antonin kaum noch etwas anderes. Der harte Stuhl, von dem er nicht aufstehen konnte, war ihm inzwischen mehr Halt als alles andere. Die lachenden Stimmen rauschten in seinen Ohren, während sie den größten Spaß zu haben schienen, das Blut seiner abermals aufgeschnittenen Wunden über seine Arme zu schmieren. Rot... alles war nur noch rot. Antonin sprang auf. Alles war jetzt besser als zu sitzen! Und diesmal wandte er sich zu Cole herum, betrachtete dessen Gestalt, wenn auch nur verschwommen. Und das Gefühl jenem die gleichen Schmerzen zuzufügen, wie ihm zugefügt worden waren, kam in einer großen Welle. Ruckartig beugte er sich zu Cole, mit der bebenden Hand kaum zielsicher genug dessen Hemd zu packen, doch er schaffte es. "Du hast kein Recht meine Grenzen zu überschreiten und trotzdem machst du es immer wieder! Reize ich dich denn so sehr, Cole? Soll ich dich wieder wie einen Fremden behandeln? Einen Fremden, dem ich nicht das Leben gerettet habe? Einen Fremden, dessen Leben nicht von mir geschützt wird? Willst du das, Cole?" Ganz anders als im Krankenzimmer war da kein ruhiger Zorn in ihm. Das war rohe Wut, rohe Verzweiflung über seinen eigenen Zustand und das rohe Verlangen danach, Schmerzen zuzufügen. Und er würde diese Schmerzen zufügen, wenn der andere Mann ihm jetzt auch nur den kleinsten Hinweis auf Widerstand geben würde. "Aber es ist mir egal was du willst, denn weißt du was ich jetzt möchte?", fragte er höhnisch und der Griff um das Hemd verstärkte sich. Etwaige Reaktionen von Cole ignorierte er. Blendete er einfach aus. "Ich möchte dich gerade nehmen, an einen Stuhl fesseln und dir die Arme aufschneiden. Wodkatrinkend dabei zusehend, wie sie sich mit der Zeit wieder schließen, nur um sie wieder aufzuschneiden. Tiefer und tiefer. Ich möchte dir das hervortretende Blut über die Arme, über das Gesicht und auch sonst überall hinschmieren, wo mir der Sinn danach steht. Ich möchte dich hören, wie du um deinen Tod bittest und bettelst, nur um als Belohnung abermals aufgeschnitten zu werden." Seine Stimme wurde tiefer und in jeder anderen Situation hätte man meinen können, er wollte den anderen verführen. "Willst du das auch, Cole?" Cole Zufrieden nahm er das Kompliment wahr, das Antonin für ihn übrig hatte. Dann ging alles viel zu schnell, als dass Cole irgendeine Chance hatte, zu reagieren. Er blickte perplex auf, als er sah, wie Antonin aufsprang, fühlte sich wenige Sekunden danach am Hemd gepackt und wie, als ob er nichts wiegen würde, hochgehoben. Schmerz zog sich durch seine Schulter, den er aber kaum wahrnahm. Er blickte in Augen, die ihn erschreckten. Doch diesen Schreck sah man ihm augenscheinlich nicht an. Sein Herz schlug ihm zwar bis zum Hals, aber er musste das unterbinden. Seine Augen verdunkelten sich und feindselig erwiderte er den Blick, sein Gesicht verhärtete sich. Angriff war die beste Verteidigung, oder? Einen Moment zuckte seine Hand, kurz war er versucht, seine Waffe zu ziehen, doch er rief sich zur Ruhe. Er musste Ruhe bewahren. Das war das einzige, was in so einer Situation sinnvoll war. Und so hörte sich an, was jener zu sagen hatte bezüglich der Grenzen, die er zu überschreiten schien. Er würde immer noch Gelegenheit haben, zu ziehen, wenn es nötig war. Kühl musterte er den Gesichtsausdruck des anderen, und darin stand wieder einmal alles geschrieben, was er wissen musste. Es waren vor allem psychische Verletzungen, die Antonin hatte ertragen müssen, massive psychische Verletzungen. Die geballte Wut, die auf ihn einströmte, war schwer abzublocken, und Cole könnte nicht sagen, dass sie ihm nicht Angst gemacht hätte. Im Gegenteil - er fühlte sich mehr als unwohl. Doch dennoch blieb er ruhig. Er war nicht gleichgültig, aber ruhig, gelassen. Er hatte schon zu viele Situationen erlebt, in denen jemand ausgetickt war, in denen ähnliche, wenn auch nicht so harte Wut, auf ihn eingeströmt war. Und wenn er eines gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass es nichts brachte, selbst mit Aggression zu reagieren. Sein erster Mord war in so einer Situation entstanden. Und auch wenn es ihm geholfen hatte, Fuß zu fassen, hatte er gewusst, dass es Dummheit gewesen war, mit der gleichen Aggression zu reagieren, mit der sein Angreifer auf ihn losgegangen war. Es verhindert, dass man einen klaren Gedanken fassen konnte. Und damals hatte er mehr Glück als Verstand gehabt. Und eben strömte nicht nur Wut auf ihn ein, sondern auch massive Verzweiflung. Eine Verzweiflung, die ihn auf eigentümliche Art und Weise wesentlich mehr berührte, als die Wut, die Aggression, die nur einen kleinen Funken bräuchte, um zu explodieren. Diese Verzweiflung war es, die er hinterfragen musste, und sie war es auch, die ihn unerwarteterweise schmerzte. Und schon bekam er auch die Informationen, die das Puzzle ergänzten, die das Bild schärfer machten und die ihm erklärten, dass es ein enormer psychischer, aber auch ein enormer physischer Schmerz war, den Antonin erleben musste und gut verdrängt hatte. Es waren Informationen, die Cole einen eisigen Schauer den Rücken hinunterjagten, die ihn frösteln ließen, die ihn ihm ein fremdes Gefühl auslösten: Das Gefühl, im Nachhinein diesen Mann, der kurz davor war, ihm Gewalt anzutun, diesen Mann, der wahrscheinlich auch wenig Probleme haben würde, ihn zu erschlagen, nachträglich zu schützen, ihn nachträglich vor diesen Erfahrungen bewahren zu wollen. Er hörte die Frage, aber noch war er nicht bereit zu antworten. Er vernahm diesen rauen, bedrohlichen Unterton, wie das leise Knurren eines wilden Hundes, der einen Hasen erblickt hatte, und sich nun auf die Jagd begab. Er spürte, wie ihm diese Stimme erneut einen Schauer über den Rücken jagte. Doch einen Moment konnte er nichts tun. Vielmehr blickte er in Antonins aufgewühlten Augen, ruhig erwiderte er den Blick. "Nein, das möchte ich nicht", stellte er schließlich fest. "Ich überschreite nur Grenzen so weit, wie du es immer wieder schaffst, meine zu überschreiten." Er sprach leise, aber nachdrücklich. "Und jetzt lass mich los, Antonin." Leicht zogen sich seine Augen zusammen, wurden nun selbst bedrohlich. "Lass mich sofort los", wiederholte er. Seine Muskeln waren gespannt. Seine Hände darauf gefasst, die Waffe ziehen zu müssen. In seinem Kopf ratterte es, er war hochkonzentriert. Er durfte sich nicht überrumpeln lassen, sollte Antonin seine Wut nicht wieder einfangen können. Er wusste, dass Antonin nicht Herr seiner Sinne sein würde, wenn jener seiner Aggression freien Lauf lassen würde. Aber er war nicht bereit der Punchingball seiner aufgestauten, verdrängten Wut zu sein. Dafür war er sich seiner Schuld zu wenig bewusst. Antonin Antonins Herz raste so heftig wie schon lange nicht mehr. Ja, er hatte Adrenalin gespürt in jenem Hinterzimmer mit den Russen und ja, als er Cole aus der Schusslinie gestoßen hatte, war ihm fast schlecht geworden vor Aufregung, aber das hier war anders. Das hier war nicht das Adrenalin, das ihm vor eine Aktion durch die Adern schoss. Es war so viel mehr. Es war zu viel. Weshalb die Hand, die Coles Hemd in festen Griff hielt, inzwischen auch schon stark zitterte und die Finger sich in dem Stoff verkrampften. Lass mich sofort los. Dieser Satz trieb wie ein Echo in seinen Gedanken. Es war ein Befehl. Ein Befehl, der möglicherweise momentan tatsächlich in direktem Zusammenhang mit Coles Leben stand. Oder mit seinem. Kurz zuckten verschiedene Muskeln in seinem verspannten Gesicht und er wandte den Blick von Coles unglaublich dunkel gewordenen Augen ab. Weg von dieser kühlen Überlegenheit, die ihm da so selbstbewusst entgegenstrahlte. Antonin sah nichts anderes in ihnen und die leise Verunsicherung darüber gab ihm weitere Kraft um diese, normalerweise sorgsam gehüteten Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen. So sah er fast ein wenig losgelöst von sich selbst dabei zu, wie sich Finger um Finger seine Hand entkrampfte, bis sie den Stoff schließlich auch abrupt freigaben. Er sah sich selbst dabei zu, wie sich die Hand sofort wieder zu einer Faust zusammenschloss und sich langsam senkte bis der ganze Arm neben seinem Körper zum ruhen kam. Antonin hatte dem Befehl Folge geleistet. Ein Gedanke, der ihm so bedrohlich wie auch tröstend vorkam in diesem Moment. Obwohl seine Emotionen ihn schon soweit trieben, hatte Cole offensichtlich selbst dann noch genug Einfluss, um alles weitere mit einem einfachen Befehl zu unterbinden. Abermals durchlief sein Körper ein Zittern und er atmete zischend aus, bevor er ein wenig mechanisch wirkend zurück trat. Weg von der Couch und dem Tisch. Und noch viel weiter weg von Cole. Langsam, sehr langsam bekam er wieder das Gefühl Herr über seinen Körper zu sein und damit hob er auch einen Arm, um sich selbst mit der anderen Hand über die Narbe zu streichen. Bis hoch zum Ärmel wo sie noch bis zur Schulter weitergehen würde. Er legte den Kopf leicht schief und blinzelte ein paar Mal als ihm auffiel, wie trocken seine Augen gerade waren. Er hätte jetzt Einiges zu sagen, doch fand keinen Anfang. Sollte er sich entschuldigen? Aber wann hätte er dem anderen die Befugnis erteilt sich ihm auf diese Weise nähern zu dürfen? Und wann bitteschön hatte er dessen Grenzen überschritten?! Wo seine Augen gerade eben wieder ruhiger geworden waren und sein Gesichtsausdruck weniger rigide, trat sofort wieder ein unwilliges Funkeln in eben selbige, und er sah von seinem Arm zu dem Mann, der überhaupt erst Auslöser des ganzen Dramas war. "Ich habe keine einzige deiner Grenzen überschritten", stellte er fest. "Weder habe ich dich gezwungen hierher zu kommen, noch habe ich kontrolliert, wo du wohnst, noch habe ich weiter auf dich eingedrungen wann immer dein Gesicht dich doch sehr deutlich verraten hat, dass dir ein Thema unangenehm ist und man mit seinem Leben spielen würde wenn man es weiter hinterfragen würde." Langsam aber sicher wurde seine Stimme lauter und das, obwohl er nie schrie. Er hob seine Stimme schon einmal, aber schreien tat er nie. Eigentlich. "Ich habe dich auch nicht gezwungen mit mir wegzugehen, noch habe ich darum gebeten in so ein Spielchen auf der Tanzfläche gezogen zu werden! Ich habe mich deinen Wünschen und Bedürfnissen IMMER untergeordnet und das, obwohl mir dein Spieltrieb und deine Art mehr als einmal zu nahe kam!", klagte er an und verengte seine Augen unwillig. Inzwischen war er bis an die Wand zurück gewichen, wollte sich selbst keine Möglichkeit mehr geben, doch noch einen richtigen Ausraster zu bekommen. "Das einzige Mal, als ich das tatsächlich getan habe, habe ich dir dein beschissenes Leben gerettet! Und du, mit deiner grenzenlosen Arroganz, hast mich in dem einen Moment als du mich loswerden konntest bei dir behalten! Ist das der Grund, warum du denkst das Recht zu haben, mir meine Masken ständig herunter reißen zu dürfen? Weil du genau weißt, dass ein einziger Befehl reicht, um mich innehalten zu lassen? Weil du GANZ GENAU WEISST, DASS ICH DIR KEIN HAAR KRÜMMEN KANN, WENN DU ES VERBIETEST?!" Diesmal schrie er doch. Gedanken an die Nachbarn waren weit weg. Er hatte nicht einmal eine genaue Ahnung, was er dem anderen da so alles an den Kopf warf, aber er glaubte zu wissen sich im Recht zu befinden. "Vielleicht sollte ich das andersherum auch einmal machen?", höhnte er. "Nachfragen warum es so furchtbar ist, sich an den Familien seiner Gegner zu vergreifen? Nachbohren, warum du dir dein Elternhaus unterschwellig für deinen Tod herausgesucht hast? Ich könnte das genauso gut, wie du mich jedes verfickte Mal ohne Probleme aus der Reserve locken kannst. Aber damit ist jetzt Schluss, verdammte Scheiße!" Cole Süße Erleichterung machte sich in Cole breit, als er spürte, dass sich Antonins Hände tatsächlich lösten. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass es vorbei war. Er konnte den innerlichen Kampf des anderen förmlich spüren, konnte erahnen, wie jener damit rang, seiner Wut nicht doch nachzugeben. Und solange er nicht sicher war, dass Antonin sich wieder unter Kontrolle hatte, würde er sich nicht entspannen können. Und so zuckte sein Finger leicht, als er das Funkeln in den Augen des anderen sah, das trotzige, unwillige Funkeln, das ihm entgegenblickte. Sein gesamter Körper war gespannt, seine gesamte Fassade strahlte absolute Kälte aus. Er durfte nichts seiner aufgewühlten Emotionen zeigen. Nein, das durfte er nicht. Er musste sich unter Kontrolle behalten. Er durfte nicht verraten, dass ihn das alles hier viel zu sehr berührte, als es gut für ihn war. Doch dann begann Antonin zu sprechen und die Worte prügelten wie Axtschläge auf seine Mauer ein, die dafür sorgte, unberührt zu bleiben, stark zu bleiben, er selbst zu bleiben. Antonin schlug und schlug, prügelte verbal auf ihn ein, wie damals schon in jenem Krankenzimmer. Und mit jedem Brocken, den er herausbrach wuchs Coles Angst vor sich selbst. Denn die Worte sprachen teilweise Wahrheiten aus, die Cole nicht hören wollte. Wahrheiten, die ihm nicht gut taten. Wahrheiten, die seine selbstgewählte, selbsterbaute Existenz, nein eher Persönlichkeit betrafen. Antonin hatte recht in den Punkten, dass jener niemals bewusst eine Grenze überschritten hatte, dass er niemals bewusst Cole zu nahe getreten war, dass er niemals bewusst etwas angesprochen oder getan hatte, was Cole verärgert hätte. Und doch hatte jener Grenzen überschritten. Grenzen, die dieser nicht sehen konnte, die nur Cole sah. Grenzen, die Cole ihm geöffnet hatte, ihn unwissend hineingelockt hatte und es im Nachhinein bitterlich bereut hatte, es jetzt bereute. Cole senkte den Blick und schloss einen Moment die Augen, bis ihm bewusst wurde, dass er somit einen Sieg des anderen zugeben würde, und das konnte er nicht. Er wollte nicht, dass Antonin ihn einbrechen sah. Er wollte nicht, dass jener das Häufchen Elend sah, das übrig bleiben würde, wenn er die Mauern ganz durchbrechen würde. Er wollte nicht, dass jener hinter die Kulissen sah und dieses schäbige Etwas betrachtete, das sich dahinter verbarg. Und dann kamen auch noch Worte, die ihn schwarz sehen ließen. Fragen nach Dinge, die diesen wirklich gar nichts angingen, die er niemals würde erklären wollen, Fragen, auf die er selbst sich keine Antwort geben wollte. Und nun selbst an einem Punkt angekommen, an dem er nicht mehr klar sehen konnte, zog er seine Waffe und richtete sie auf Antonin. Sein Blick war finster, sein Gesicht wutverzerrt. "Du verdammtes Arschloch hast doch überhaupt keine Ahnung", fauchte er leise, knurrend. Wie ein in die enge getriebenes Tier schien er nun die Flucht nach vorne antreten zu wollen. Ein angeschossenes Tier, das keine Kraft mehr hatte, um wegzulaufen. Und so konnte er nur noch die Flucht nach vorne antreten. Er hatte nicht mehr genug Kontrolle über sich selbst, um zu erkennen, dass er damit seine Hilflosigkeit signalisierte. Und so trat er auf den anderen zu, mit einem zusehends leerer werdenden Blick. "Du begreifst es nicht, oder?", zischte er den anderen an. "Du begreifst es einfach nicht." Seine Zähne knirschten, als sich sein Kiefer verkrampfte. "Das Problem ist, dass du zu etwas geworden bist, das mich etwas angeht. Du bist zu etwas geworden, was mich nicht loslässt, was ich nicht abschütteln kann, was ich nicht Vergangenheit werden lassen kann, was ich nicht vergessen kann. Du bist mir so nahe gekommen, weil du mir mein beschissenes, verfluchtes, elendes Leben gerettet hast. Und nun kann ich dich nicht mehr abschütteln. Nein, vielmehr beschäftigst du mich jeden verfluchten Tag seid damals. Du hast dich in mein Blickfeld gedrängt und gehst nicht wieder, sondern bleibst in dieser verfluchten Nähe, die mich unsicher werden lässt." Er schluckte. Warum schaffte es dieser Mann nur, ihn Wahrheiten aussprechen zu lassen, für die er sich selbst hasste? Doch die große Wahrheit hinter dieser Geschichte, die würde er nicht aussprechen. Er wusste, dass er die Hauptschuld an all diesen Dingen hier trug, dass er es war, der die Situation provoziert hatte, dass er es war, der Antonin benutzt hatte. Benutzt, weil er ihm eine Nähe gegeben hatte, die er als angenehm empfunden hatte, die er sehnsüchtig vermisste. Aber das durfte nicht sein. Das durfte niemals sein. Er durfte dieser Sehnsucht nicht nachgeben. Niemals. "Und im Übrigen habe ich dir nie eine einzige Frage gestellt. Ich habe nicht ein einziges Mal bewusst an deiner 'Maske' gezogen. Und eben habe ich dich auch nicht danach gefragt, wer dir das angetan hat, geschweige denn warum. Behaupte also nicht, dass ich Grenzen überschreite, die ich hätte sehen können." Cole ließ die Waffe sinken, trat wieder einen Schritt zurück. In seinen Augen spiegelte sich seine Ohnmacht wider. "Lass mich in Ruhe", wisperte er, "lass mich in Zukunft in Ruhe. Ich möchte das nicht mehr. Nicht mehr das Gefühl haben, dir vertrauen zu können." Dass es so viel mehr als das Vertrauen war, würde Cole nicht zugeben. Wohl, weil es ihm selbst nicht richtig bewusst war. Er drehte sich um, packte seine Jacke, nahm seine Tasche und ging zur Tür. Weg hier, nur weg hier. Und niemals wieder hierher kommen. Niemals wieder diesen Mann in seiner Nähe haben. Niemals wieder spüren, dass er dessen Nähe als angenehm, als entspannend empfand. Antonin Er sah wie Cole den Blick senkte und im selben Moment traf ihn ein weiteres Gefühl voller Kraft voraus: Schuld. War es nicht seine verpisste Aufgabe auf Cole aufzupassen? Was konnte jener denn dafür, dass er selbst so kaputt war? Und es war jener Moment als Toni sich wünschte, das alles hier wäre ein böser Traum. Sich wünschte, dass sie einfach nur zwei ganz normale Männer waren, die aufeinander trafen und... ja und was? Antonin konnte den Daumen nicht genau auf dieses Gefühl legen, es nicht genau benennen. Also ließ er es sein. Was er aber benennen konnte, war, dass er den anderen in so einer Situation nicht mit gesenktem Blick sehen wollte! Selbst wenn dieser noch so schnell wieder hochgezuckt war. Ebenso schnell wie es dessen Waffe nun tat. Doch statt der zu erwartenden Angst, war da nur so etwas wie Unsicherheit, Ungeduld und vielleicht auch Vorfreude in ihm. Sollte Cole ihn doch abknallen, dann wäre der ganze Spuk wenigstens vorbei. Jener wäre der Einzige gegen den er sich nicht verteidigen würde. Jener war der Einzige, bei dem sich alle Selbsterhaltungstriebe darauf reduzierten, den anderen überlebend zu wissen. Doch so ruhig er momentan auch war, so unvorbereitet trafen ihn nun Coles Worte. Prasselten auf ihn nieder wie ein Gebirgsgewitter. Mit dazu gehörendem Blitz und Donner. Es war so beeindruckend wie furchteinflößend und abermals konnte Antonin den Mann sehen, der zu Recht auf dem Platz saß, auf dem er eben saß. Aber, war das so wirklich richtig? Traf das wirklich zu? Denn, warum zog Cole die Waffe jetzt? Jetzt wo er schon außer Reichweite war? Lag das wirklich an seinen Worten? War es ihm mit so wenigen Sätzen gelungen endlich einmal an Coles Schutzwällen zu reißen? Und dazu noch die Worte. Er beschäftigte ihn jeden Tag? Er ließ ihn nicht los? Seine Nähe ließ Cole unsicher werden? Oh mein Gott. Wie sollte man auf so etwas reagieren? Wie sollte man mit so etwas umgehen, wenn man nicht einmal mit seinen eigenen Problemen klar kam? Wieso standen sie sich hier eigentlich gegenüber und hauten sich ihren Seelenschmerz um die Ohren als ob es Popcorn wäre? Was war eigentlich der Auslöser des Ganzen? Sein eigenes Ausraster? Irgendwie wagte Antonin das zu bezweifeln. Doch jene Gedanken waren schnell beiseitegeschoben, als Cole ihm mehr oder minder versuchte zu verklickern, Antonin hätte ihm alles freiwillig gesagt. Ha! Ja, sicher doch. Genauso freiwillig wie Cole gerade ein paar Informationen herausgerückt hatte vielleicht. Und wenn der ihm erzählen wollte, ihm wäre nicht bewusst gewesen, dass seine Arme und damit seine Narben eine Tabuzone waren, dann müsste er besser lernen zu lügen. Denn Antonin glaubte ihm davon kein Wort. Auch - oder gerade weil - er dort durchaus ein Fünkchen Wahrheit versteckt vorfand. Als der andere schließlich die Waffe sinken ließ und ihm sagte, Antonin sollte ihn in Zukunft in Ruhe lassen, fühlte er eine Panik in sich aufsteigen, die ihm in diesem Maße unbekannt war. Eine solche Art von Verlustängsten aufkommend, die ihm selbst fast den Atem nahmen. Cole meinte das ernst! Er meinte es verflucht nochmal ernst! Und jetzt? Gehetzt folgte sein Blick dem anderen, wie er seinen Sachen nahm und sich auf den Weg zur Tür machte. Ihn nie wieder sehen wollte. Ihn aus seinen Diensten entließ. Ihn aus seinem Leben drängte, genauso schnell wie er ihn hineingelassen hatte. Und es war jene Angst, die ihm die Kehle zuschnürte, die ihn so fest in ihrem Griff hatte, dass er nichts herausbrachte bis er das leise Zufallen seiner Tür vernahm. Was dann auch endgültig die Beine unter seinem Körper wegzog und er sich zitternd an der Wand heruntergleiten ließ, um seine Arme an seinen Beinen zu verschränken und den Kopf darin einzubetten. Er hatte schon wieder versagt. Sowas von versagt. Auf jeder Ebene auf der man nur versagen konnte. Cole hatte ihn entlassen und würde seinen Blick nun so richten, dass er Antonin nie wieder sehen würde. So einfach ging das, ja? Antonin bekam seine Gedanken nicht mehr gerade. Er konnte keinen einzigen Strang von ihnen fassen, aber er fühlte sich schlecht. Mies, absolut fertig und ausgelaugt. Und gerade so verflucht einsam. "Ich bin so ein verdammter Versager", murmelte er schließlich - es mochte eine Stunde oder zwei seit dem Zwischenfall vergangen sein und irgendwann fiel sein Blick auf die Pläne, die Cole liegen gelassen hatte. Und seine nächste Tat war ganz mechanisch. Er stand auf, griff nach seinem Handy und rief Ragnar an: "Heya, Antonin hier. Pass auf, es gibt am Bahnhof am Central Park Schließkästen mit Nummerneingabe. Schließkasten 1587 wird morgen früh eine große Lieferung für dich haben. Die Codenummer für diesen ist die 3134. Du solltest dir eventuell jemanden mitnehmen, es ist kein kleines Paket. Ich lege noch Pläne dazu, die Cole liegen lassen hat und da ich ihn gerade nicht erreiche: Wann war der nächste Deal nochmal? Ich sollte dafür noch etwas besorgen und muss einen Termin dafür ausmachen." Ragnar schien keinen Verdacht zu schöpfen, etwas, das er wohl mit der "Ich rette Cole das Leben"-Aktion ausgeräumt hatte. Damit hatte er den Termin und wer wusste wofür es nützlich war? Danach packte er eine Tasche zusammen und ging ins Bett. Mit aller Kraft über gar nichts mehr nachdenkend. Am nächsten Tag hinterlegte er den Umzugskarton und die Karte in eben jenem Schließfach und setzte die Nummer auf die 3134, bevor er zu seinem Konzern fuhr und ihnen bestätigte, dass er sich jetzt doch bereit erklärte, sich auf der Konferenz in Washington zu zeigen und für ein paar Fragen zu stellen. Danach ging alles ganz schnell und er schickte selbst Nicholas nur eine SMS, bevor er sie SIM-Karte austauschte und sich auch schon im Flieger befand. Weg – weit weg von Cole. Je weiter desto besser. Cole In seinem Auto angekommen hatte Cole nur noch einen Gedanken: Er musste sich abreagieren... Und so fuhr er mit durch drehenden Reifen in einen Sauna-Club, wissend, dass er dort mehr als nur ein Angebot gab, sich den Verstand rausvögeln zu können, was er auch versuchte. Doch so ganz schaffte er es nicht, musste er doch immer wieder an das Gesicht des anderen denken. Aber er begriff nicht, dass dieser Akt nur eine Art Selbstbeweis sein sollte, dass er Antonin nicht begehrte, dass er unabhängig von ihm war. Letztlich scheiterte er kläglich. Denn der Sex brachte zwar kurze Moment der Entspannung, aber dennoch fuhr er niedergeschlagen heim, und fühlte sich so beschissen, als er in seinem Bett lag, wie er sich gefühlt hatte, als er die Tür hinter sich ins Schloss fallen gehört hatte. Doch es sollte jetzt vorbei sein. Er sollte Antonin aus seinem Leben verbannen. Und letztlich war es doch das beste, was ihm hatte passieren können. So würde er nicht mehr das Gefühl haben müssen, dass er jemandem verpflichtet war, hatte keine Verantwortung außer sich selbst gegeüber. Letztlich war doch alles eigentlich wunderbar. Er hatte endlich wieder seine Ruhe, würde in Ruhe arbeiten können, hätte niemanden, der ihm hinterher lief und seine Gedanken vom Wesentlichen ablenkte. Es war doch alles wunderbar. Kapitel 26: Alles 'wunderbar' ----------------------------- Cole In den nächsten Tagen schaffte er es auch tatsächlich sich einzureden, dass alles wunderbar war. Einzig Ragnar trübte seine positiven Gedanken, als er ihm erzählte, dass Antonin ausgeliefert habe und der Verkauf erfolgversprechend begonnen hatte. Nun ja, warum sollte ihn das negativ stimmen? Es ging weiter, wie es weitergehen sollte... Gut, dass Antonin sich nicht kindisch benahm und die Handelsverträge nicht einhielt, sondern mit Ragnar weiterarbeitete. Er selbst würde keinen Stress haben. Und zumindest hatte der andere ihm seine Pläne zurückgegeben. Cole wertete das als offizielles Zeichen dafür, dass jener tatsächlich einverstanden war, keinen Kontakt mehr zu haben. Es war wirklich alles wunderbar! Herrlich! Die Droge verbreitete sich tatsächlich schnell über dem Markt und die Nachfrage stieg rasch. 'Blue wonder' war der Szenename und stellte sich als tatsächliches Wunder heraus. Doch das bekam Cole nur am Rande mit, was ihm auch ganz recht so war. Es dauerte drei Tage, bis Cole sich wieder gänzlich im Griff hatte. Er spürte zwar, dass unterschwellig etwas unverdaut war und dass das noch einmal drücken würde, aber er hoffte, dass es auch bald vergessen war. Und so begab er sich an jenem Tag, an dem sein Unterhändler mit jenem Typen Geschäfte machen sollte, in das Nachbarapartment, wartend. Er wollte nur einen Blick auf ihn werfen, wollte wissen, ob er ihn kannte, ob er allein arbeitete, etc. Er brauchte Informationen. Was er an diesem Abend erlebte, sollte ihn für lange verfolgen. Denn als er das Klingeln an der Nachbartür hörte und er durch den Sucher blickte, erstarrte er. Kein geringerer als „Drug Enforcement Administration“ - Agent Klinger stand dort vor der Tür, ein Polizist, der in den höheren Kreisen bekannt war, der durch seine Aggressivität und seine Brutalität bekannt war. Und wie Cole nun mitbekam und durchschaute, war dieser nicht nur korrupt, sondern dealte mit seiner gesamten Einheit drogensüchtiger Idioten. Und leider hatte sein Unterhändler Mark ihm nicht die Wahrheit gesagt. Mark hatte ihm nicht erzählt, dass Agent Klinger bei ihm gewesen war, weil er ihn erpresst hatte, weil er ihn mit Drogen erwischt hatte und ihn nun benutzte. Cole merkte, dass er angerufen worden war, in der Hoffnung, er könne jenem jungen Mann das Leben retten. Doch sich mit der Polizei anzulegen, alleine… Nein, das konnte er nicht. Und so musste er mit anhören, wie Klinger Mark erschoss, wie er schließlich die Wohnung verließ, mit der Aussage, er habe seinen Job getan, dafür das Geld einsteckte, ein paar Drogen als Fund bei den Einsatzpolizisten abgab, selbst aber das meiste behielt. Das würde keine schöne Geschichte werden... Und als er neben der Haustür des Nachbarapartments an der Wand hinunterrutschte, merkte er das erste Mal seit drei Tagen wieder deutlich, dass eine Lücke entstanden war, wo Antonin ihn verlassen hatte. Ein Stützpunkt, den er vielleicht noch nie wirklich gebraucht hatte, aber von dem er doch offensichtlich beruhigt war, ihn bei sich zu wissen. Aber das konnte ihm jetzt egal sein. Er war sein Leben lang allein ausgekommen. Und nun würde sich das nicht ändern. Wer war Antonin schon, dass er ihm wirklich eine Stütze gewesen sein könnte? Sie hatten sich doch nie sonderlich gut verstanden... In dieser Nacht suchte er erneut den Sauna-Club auf, und wieder fand er nicht die Ruhe, die er suchte. In drei Tagen würde die Übergabe der Waffen stattfinden, und er musste sich überlegen, was er mit der Einheit von Klinger machen sollte. Er musste sich etwas einfallen lassen. Dringend. Antonin Einen einzigen beschissenen Tag und die dazu gehörige Nacht hatte er es in Washington ausgehalten, bevor er wieder nach Hause geflogen war. New York, seine verfluchte Heimat, seitdem er aus Russland zurück war. Jene Stadt, in die ihn Nicholas mitgenommen und in der er sich sein Leben langsam aber sicher wieder aufgebaut hatte. Jene Stadt, aus der ihn ein einzelner Mensch fast für immer vertrieben hätte. Denn das war durchaus der Plan gewesen. Erst mal in Washington neue Kontakte als Professor aufbauen und sich dann geschickt verdrücken. Warum er dann trotzdem, Tage später in einer dämlichen Eisdiele saß? Antonin war vieles, aber kein Idiot. Wer sagte ihm denn, dass es in einer anderen Stadt nicht genauso ablaufen würde? Dass ihm wieder jemand nahe genug kam, um ihn aus der Reserve zu locken? Und apropos Reserve, inzwischen hatte er sogar wieder Sex gehabt. Und sich danach selten beschissener, einsamer und leerer gefühlt. Die Frau war viel zu weich. Viel zu nachgiebig und ihr Stöhnen hatte ihn so dermaßen abgeturned, dass er sich irgendwann einfach zurückgezogen, die Hose wieder zugemacht und sich danach verpisst hatte. War er jetzt also zu einem Vollschwulen mutiert? Aber selbst wenn... noch war Antonin nicht bereit gewesen aufzugeben und so hatte er sich einen kleinen aber feinen Homoclub ausgesucht und sich dort jemanden angelacht. Sie waren nicht über ein wenig Gefummel hinausgekommen. Es war so furchtbar frustrierend, dass er sich für einen drastischen Weg entschieden hatte: Der Gang zum Psychiater. Was auch den Grund für seinen momentanen Aufenthaltsort darstellte. Mit bis zum Ellenbogen hochgekrempelten Hemd. Oh ja, es war verflucht hart! Und Antonin hatte das Gefühl, dass ihm alle auf die Arme starren würden. Es war furchtbar beklemmend und hin und wieder wallten Gefühle wie Panik und Zorn in ihm auf. Aber es blieb hinter einer dicken Watteschicht namens Beruhigungsmittel zurück. Die hatte ihm Doktor Hover direkt in ihrer ersten Sitzung verschrieben, mit den Worten, er solle sie immer nehmen, wenn er zu ihm käme, denn anders würden sie nicht wirklich weiter kommen. Natürlich erst nachdem Antonin sich mehrfach über die Schweigepflicht informiert und diese auch mehr als nachdrücklich gefordert hatte. Selten war ihm etwas so schwer gefallen, wie über jene Erlebnisse zu sprechen. Wobei er seine Ausbildung wegließ und erzählte, er wäre in Russland mit einer Gruppe von Touristen gekidnappt und danach gefoltert worden, als das Lösegeld nicht kam. Eine Geschichte, die an sich schon einen Psychiater brauchen würde, wie Doktor Hover ihm bescheinigte, dann jedoch in sich zusammenfiel als Antonin von eben jener Folterung berichtete. Davon erzählte, wie sehr er sich den Tod zwischendrin gewünscht und sogar danach gebettelt hatte. Davon sprach, dass er selbst kein Zeitgefühl mehr hatte und nicht sagen konnte, wie lang er wirklich auf diesem Stuhl gefesselt gewesen war. Dass man ihn nur hin und wieder zur Erleichterung in einen gekachelten Raum geführt und dort ebenfalls mit kaltem Wasser abgespritzt hatte. Dass man die Wunden manchmal zuwachsen ließ, nur um sie dann genüsslich wieder aufzuschneiden, während an anderen Tagen kaum einige Stunden vergingen, bevor seine Peiniger wieder bei ihm waren. Nach und nach zog der ältere Herr wirklich alle Informationen aus ihm raus. Und nicht nur das: auch einen astreinen Zusammenbruch mit jeder Menge bisher unvergossener Tränen konnte der Psychiater in seinem kleinen Büchlein vermerken. Und er sah noch lange kein Ende dieser Sitzungen. Ganz im Gegenteil, mit jeder kleinen Aufgabe, die Antonin bekam, hatte er mehr und mehr das Gefühl sofort wieder zu seinem Doc laufen und sich dort die Decke über den Kopf ziehen zu müssen. Seltsam eigentlich, oder? Erst verdrängte er die ganzen Erlebnisse, egal wie oft die Wut oder Verzweiflung in ihm hochkochte und dann, von einem Moment auf den anderen vertraute er sich einer völlig fremden Person an und erwartete sich von dieser auch wirklich Hilfestellung. Aber immerhin wusste er, warum er sich dem ganzen jetzt stellte. Denn der Zusammenstoß mit Cole hatte ihm mehr als alles andere vor Augen geführt, dass er so nicht mehr weitermachen konnte. Dass er sich selbst und damit alle Aussichten auf ein normales Leben zerstörte, weil seine Schutzmauer keineswegs so dick war wie er immer dachte. Im Gegenteil, sie war sehr porös, und laut Doktor Hover war das eigentlich immer ein stummer Hilfeschrei seinerseits gewesen. Angeblich wollte er das ganze loswerden und sich gestützt fühlen. Sich verstanden fühlen. Und das mochte ja auch so sein, aber wieso war Cole dann der letzte Auslöser gewesen? Ausgerechnet Cole? Und wenn er nicht mit kleinen Aufgaben, seinen Sitzungen, seiner Arbeit oder der CI-4 Herstellung beschäftigt war, dann durfte er sich endlose Triaden von Nicholas anhören, während er mit dessen kleiner Tochter sinnlose Bildchen mit Wachsmalstiften zeichnete. Was er nur für ein unglaublicher Idiot sei und nur er brächte es fertig, endlich ein sinnvolles Ziel zu erhalten, nur um gleich darauf wieder gefeuert zu werden. Und nur er brächte es fertig sich selbst ebenfalls die kaputtesten Typen rauszusuchen, anstatt irgendwelcher dämlichen Geschäftsmänner, wo er nur einmal die Woche mal mit einem Fernglas vorbeisehen müsste. Was gänzlich gegen diese Worte sprach, war das Verhalten seines alten Ausbilders, besten Freundes und irgendwie auch älteren Bruders ihm gegenüber. Er wurde von vorne bis hinten bedient, wenn er die kleine Familie besuchte, durfte sogar mit an den Autos herumschrauben, obwohl er keine Ahnung davon hatte, und wurde mit leckerem Essen wieder aufgebaut, wenn er von seinen Sitzungen direkt zu ihnen kam. Das Schlimmste waren dennoch die Nächte. Die Alpträume veränderten sich langsam. Langsam aber beständig. Nach wie vor war die vorherrschende Farbe ein blutiges Rot, aber hin und wieder glaubte er nicht sich selbst sondern Cole zu erkennen. Etwas, das ihn schneller als alles andere schweißüberströmt aus seinem Schlaf hochfahren ließ. Aber was in Dreiteufelsnamen sollte er unternehmen? Cole hatte ihn entlassen und damit hatte er kein Recht mehr, jenen zu decken. Es war nicht mehr seine Aufgabe sich um dessen Leben zu sorgen oder es zu beschützen. Es war nicht mehr seine verdammte Aufgabe! Warum dann, war er einmal mitten in der Nacht am Übergabeort gewesen um sich einen Überblick zu verschaffen? Vermutlich weil er der dümmste Vollidiot auf Gottes Erden war. Deshalb. Cole Cole erhielt in diesen Tagen so gut wie keinen Schlaf. Der Deal rückte immer näher und Dinge waren zu organisieren. Zumindest konnte er bei diesem Geschäft selbst irgendwann nichts mehr tun. Nun hieß es abwarten, ob alles so klappte, ob alles funktionierte. Cole gab so wenig Informationen wie nötig heraus, denn was jemand nicht wusste, konnte er auch nicht ausplaudern. Und leider musste er feststellen, dass Klinger sich in seine Geschäfte hineindrängte, seine Dealer erpresste, so dass er alle angewiesen hat, mehr als vorsichtig zu agieren. Ragnar stand auch unter Druck, denn Lieferungen konnten nur noch sehr verdeckt stattfinden. Mittlerweile hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Polizeiwagen vor seiner Tür, die mittlerweile verschwunden waren, nicht wegen des letzten Waffenhandels erschienen, sondern Klingers Leute waren. Eine Erkenntnis, die ihn beunruhigte, denn so konnte er nicht wissen, wen Klingers Leute alles als ihre Dealer entdeckt hatte. Nun ja, Ragnar machte seinen Job gut. Und seine Vermutung, dass 'Blue Wonder' Klingers Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, wurde immer deutlicher. Offensichtlich wollte Klinger in dieses Geschäft mit einsteigen. Doch Cole würde das niemals zulassen. Der Druck, der auf ihm lastete ließ Cole zumindest vergessen, was er noch immer nicht verdaut hatte. Er konnte sich jetzt, da das Leben vieler seiner Leute auf dem Spiel stand, keine Schwäche leisten. Und als Ragnar ihn fragte, was mit Antonin und ihm geschehen sei, schmiss er ihn raus. Er hatte jetzt keine Zeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Und überhaupt ging es Ragnar einen feuchten Kehricht an und das Ganze war doch sowieso schon längst vergessen, vergangen. Was kümmerte ihn Antonin? Er hatte wahrlich andere Probleme, die es zu bewältigen galt. Am Tag vor dem Waffendeal war der Zeitpunkt gekommen, an dem er nur noch hinsichtlich Klinger konzentrieren musste. Und so begann er diesen auszuspionieren. Er war nicht geübt darin, doch es musste sein. Die einzige Möglichkeit, die er sah, war, dass er dieses Arschloch, das die gesamte Drogenszene aufwühlte, beseitigte. Dass er dabei Kopf und Kragen riskieren würde, war ihm egal. Es konnte auch nicht so weitergehen. Scheiß Bullen. Warum konnten die ihren Job nicht ehrlich machen... Und so fand er an diesem Tag zumindest heraus, wo jener wohnte. Morgen würde er erst einmal den Deal hinter sich bringen. Übermorgen würde er dann beginnen, wie er Klinger und seinen Haufen so beseitigte, dass der Rest der Polizei wusste, was gespielt worden war. Sicher, das konnte unter Umständen gar nichts bringen, aber ihm würde es sein besseres Gefühl geben. An diesem Abend fuhr er früher nach Hause. Er musste ein wenig schlafen vor dem morgigen Tag. Und so fand er sich schließlich auf seinem Sofa wieder, hatte sich kaum hingelegt, als die Erschöpfung ihn auch schon übermannte und er das erste Mal seit langem einschlief, ohne an wutverzerrte Augen zu denken, ohne sich vorzustellen, unter welcher Folter Antonin seine Wunden davongetragen hatte. Ragnar Ragnar verfolgte mit Sorge Coles Zustand. Seit mehreren Tagen war dieser so kalt, wie er es noch nie erlebt hatte. Ein wandelnder Eisberg, dessen Ausmaß man nicht erkennen aber erahnen konnte. Selbst ihm gegenüber war jener mehr als verschlossen, kühl und besonders zynisch. Dass Cole jemand war, der niemanden an sich heran ließ, das wusste Ragnar, und er schätzte es, denn er wusste bei Cole normalerweise zumindest immer woran er war. Aber die Situation, die sich immer mehr verschärfte, war ihm unangenehm. Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der sie sich näher gewesen waren, aber seit er aus Europa zurück ist, war es nicht wieder zu dieser Nähe gekommen. Irgendwie vermisste er den Cole, mit dem er seine Jugend geteilt hatte. Letztlich fand er an diesem Tag auch heraus, was der Auslöser sein könnte: Antonin. Ragnar wusste nichts Genaues, aber dass Cole hinter dem Dealermörder her war, hatte er sich an drei Fingern abzählen können. Auch wenn sein Chef keinerlei Informationen herausrückte, so wusste er doch, dass es eine ernste Sache war. Ragnar erhielt immer wieder Anweisungen, die er an die Dealer herausgeben sollte, Anweisungen, die diese schützen würden. Und als Ragnar ihn auf Antonin ansprach, merkte er, wie sein Chef sich doch verkrampfte, versuchte besonders gelassen zu sein und ihn anwies, diesen zu unterrichten, dass er vorsichtig sein sollte, dass er sich nicht bezüglich Blue Wonder mit Fremden einlassen sollte. Aber er sollte ihm nicht direkt sagen, dass Blue Wonder im Visier dieses Killers stand. An diesem Tag schaffte er es zumindest Cole davon zu überzeugen, dass er früh nach Hause fahren sollte. Und schließlich rief er Antonin an. Sie begrüßten sich kurz. Ragnar bedankte sich für die letzte Lieferung und erklärte Antonin dann, was er ausrichten sollte. "Es scheint also so zu sein, dass der Dealerkiller ein Auge auf dein BlueWonder gerichtet hat. Du solltest noch vorsichtiger sein", erklärte er dem anderen dann schwieg er kurz. "Ich weiß zwar nicht, was bei euch beiden wieder abgegangen ist, aber Cole geht es nicht gut", sagte er dann unvermittelt. "Er ist zu einem noch größeren Eisberg mutiert, als er das vorher schon war. Es scheint, als habe er alles abgetötet, was ihn als Mensch noch ausgezeichnet hatte. Und das wird ihm auf Dauer nicht gut tun. Nicht nur, dass seine Leute immer mehr Angst vor ihm bekommen, auch die anderen Clans werden unruhig. Es herrscht die Angst, dass Cole unberechenbar wird. Zumal er nichts mehr von sich preis gibt. Und angesichts des Killers ist die Szene ohnehin recht unruhig. Manche überlegen schon, ob es nicht Cole selbst ist. Kannst du nicht mal... ich meine... Du hast ihm gut getan, aus mir nicht bekannten Gründen... Ich mache mir Sorgen." Ragnar schloss die Augen und lauschte in das Telefon. "Kannst du nicht mit ihm reden? Selbst über den Deal, der morgen stattfinden wird, hat er zu niemandem etwas gesagt. Er trägt mal wieder die gesamte Last nur auf seinen Schultern, schlimmer als jemals zuvor." Ragnar verstummte nun endgültig. Wenn Cole ihn gerade hören würde, würde dieser ihn wahrscheinlich umbringen. Aber das war ihm egal. Er hatte die Zeit, in der Cole munterer gewirkt hatte, genossen. Die Geschäfte waren besser gegangen dadurch und auch die Szene war ruhiger, als sie Cole als Menschen wahrnehmen konnten, doch im Moment erschien er allen nur als wandelnde Gefahr. Antonin Er betrachtete das Datum mit mehr und mehr Abneigung und langsam aber sicher machte sich das Gefühl in ihm breit, tausende von Ameisen in seinem Magen zu haben. Morgen wäre es soweit und Antonin war noch immer zu keiner Entscheidung bezüglich des Deals gelangt. Und da ihm das Gefühl noch sehr deutlich vor Augen stand, konnte er auch benennen, was ihn so fertig machte. Einfache, unverdorbene Angst. Nicht vor einer Schießerei oder davor, dass dieser Deal zu groß wäre. Das war er nicht und der Plan, wenn er sich denn nicht geändert hatte, war gut. Es war die Angst, Cole zu begegnen. Oder ihm nicht zu begegnen. Wie zum Teufel sollte das alles vonstattengehen? Frustriert fuhr er sich durch seine kurzen dunkelblonden Haare und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, das Handy wieder schließend. Gerade war er mit ein wenig Training fertig geworden und saß zwischen der Autowerkstatt und dem Schrottplatz an einer Wand, beobachtete wie Kunden kamen und gingen, hörte das Geräusch von lauter Metallarbeit und versuchte sich damit ein wenig abzulenken. Auch wenn es im Grunde schon mehr als genug Ablenkung darstellte, hier im normalen T-Shirt zu sitzen. Ihm ging das fast ein wenig schnell, aber sein Doc meinte, er solle sich verinnerlichen, dass er damit ja noch nicht nahe an Menschen herantrat. Sie würden ihn nur aus der Ferne sehen und das stimmte und gab ihm damit auch wieder Sicherheit. Er hätte schon viel, viel früher zu diesem Schritt bereit sein sollen. Als sein Handy dann plötzlich in seiner Hand klingelte, erschrak er sich furchtbar und hätte es fast fallen lassen. Was er gerade noch so verhindern und sogleich auch rangehen konnte. Ragnar. Und abermals blitzte Coles Gesicht vor seinem inneren Geiste auf. Was sollte er tun? Was verflucht nochmal? Sein Gesicht verdüsterte sich direkt nach der Begrüßung und den ersten Worten: "Dieses saublöde Killerarschloch kann mir mal im Dunklen begegnen, dann ist die Sache gleich erledigt!", bellte er ins Telefon und runzelte die Stirn. Das wäre tatsächlich endlich mal eine Option auf irgendwas zu Recht schießen zu dürfen. Darauf bekam er seit Tagen immer mehr und mehr Lust. Doch als er Ragnar weiter zuhörte wurde er sehr still und sehr nachdenklich. Ganz zu schweigen von der neuerlichen Welle Unsicherheit und Frustration, die ihn überkam. Das klang nicht gut. Lag das an dem Killer und dem Deal? Oder spielte da die Geschichte mit ihnen beiden auch mit rein? Aber das konnte kaum sein, richtig? Auch wenn Ragnars Worte eigentlich darauf schließen würden. Cole war froh ihn losgeworden zu sein. Und wenn es nicht Ragnar gewesen wäre, hätte Antonin aufgelegt. Aber er glaubte erkannt zu haben, dass jener Cole wichtig war und dass dieser ihm genug vertraute, ohne ständig auf seinen Rücken achten zu müssen. Vermutlich waren diese beiden sogar etwas wie Freunde ohne das ganze 'wir treffen uns nach der Arbeit auf ein Bierchen'- Getue. Aber wäre der Umkehrschluss nicht, dass Cole und er auch Freunde gewesen waren? Er gab einen irritierten Laut von sich und ein etwas gepresst klingendes: "Ragnar..." Doch dann riss er sich am Riemen und dachte nach. "Das ist Bullshit. Cole würde eher alle seine Leute zum Kaffeekränzchen schicken als sie umzulegen. Und sich selbst dabei im Eifer des Gefechtes umlegen lassen, möchte ich noch anfügen", murmelte er in Hinblick auf Coles angebliche Unberechenbarkeit. Doch dann räusperte er sich. "Ich weiß wirklich nicht, ob das so eine gute Idee ist, wenn ich mit ihm spreche", begann er vorsichtig. "Es könnte danach noch schlimmer werden", murmelte er düster ins Telefon und malte sich schon aus, wie Cole ihn diesmal wirklich abknallen würde. "Aber für den Deal morgen solltest du dir nicht so viele Gedanken machen, er ist sehr gut durchdacht und wir waren uns einig, dass es keine Schlupflöcher in dem Plan gibt." Doch dann jappste er erschrocken auf als ihm das Telefon recht gewaltsam aus den Händen gerissen wurde und er sah mit großen Augen zu Nicholas hinauf. Nicholas Nicholas, der Antonin gerade ein kühles Wasser vorbeibringen wollte, bemerkte, wie sich seine Stirn sorgenvoll umwölkte, als er den anderen so zaghaft sprechen hörte. Wo war sein geliebter Hitzkopf hin verschwunden? Wo war der junge Mann, der eher mit kleinen Kieselsteinchen auf eine Wand werfen, als aufgebend davor zurückschrecken würde? Dieser verdammte Cole bräuchte mal einen saftigen Tritt in den Hintern. Und jetzt, wo er sich Antonin so betrachtete, dann nicht nur der. Genervt riss er dem anderen Mann das Handy aus der Hand und hob es sich selbst ans Ohr: "Antonin wird mit diesem Cole sprechen. Ich werde dafür höchstpersönlich Sorge tragen", brummte er hinein und legte dann auf, um dem Sitzenden einen unheilverkündenden Blick zuzuwerfen. "Wir beide werden uns jetzt unterhalten", verkündete er, umfasste Antonins Oberarm und zog ihn danach mehr oder minder mit sich zum Schrottplatz. Sein Schüler war gerade viel zu verwirrt, um sich zu wehren, und das nutze er weidlich aus, als er ihn gegen das nächste Auto schleuderte. "Was ist nur los mit dir, Toni?", fing er mit einem verspielt rügenden Ton an. "Hast du keine Eier mehr in der Hose? Gibst du neuerdings immer auf, wenn man es dir sagt? Hörst du auch auf im Labor zu stehen, wenn man es dir nur deutlich genug androht?" Nicholas konnte beobachten, wie aus der Verwirrung langsam aber sicher zuerst Trotz und dann Wut wurde. Man konnte dem jüngeren wirklich viel wegnehmen, aber vermutlich würde der eher von einer Brücke springen, als sich aus seinem Labor verbannen zu lassen. "Man Nicholas!", fuhr Antonin ihn an. "Du kannst nicht einfach meine Gespräche beenden! Und was heißt hier keine Eier mehr in der Hose? Ich habe ja genau gesehen, wo das endet, wenn man Cole und mich zu lange alleine in einem Raum lässt!" Unbeeindruckt verschränkte der ältere Russe die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue: "Und?" "Was und?", hinterfragte Antonin verwirrt und konnte gar nicht so schnell schauen wie Nicholas bei diesem war und ihm eine saftige Kopfnuss verpasste. "Dazu habe ich dich nicht ausgebildet! Du bist ein Kämpfertyp. Du bist jemand, der nicht aufgibt! Na schön, dann hat er dich eben mit einer Waffe bedroht. Dann hat er dich eben gebeten, ihn in Ruhe zu lassen. Das hast du doch auch getan! Und jetzt schwing deine fünf Gehirnzellen zusammen und mach deinen verdammten Job!" Er sah die verschiedensten Emotionen über Antonins Gesicht laufen, als ob es frisches Regenwasser wäre und schließlich stoppte sie bei einer. Und diesmal hätte Nicholas fast erleichtert gelächelt. Es war diese eine ganz bestimmte Starrköpfigkeit, die Antonin bis zu diesem Zeitpunkt überleben hatte lassen. Es war jener Trotz, den er immer zutage brachte, wenn er sich einmal entschieden hatte und sich nicht mehr davon abbringen lassen würde. So sah er ebenfalls dabei zu, wie der jüngere Russe sein Handy zurück verlangte und dann einen Anruf tätigte. "Antonin hier nochmal. Sorry wegen vorher Ragnar. Ruf mich morgen an, wenn Cole bei euch aufkreuzt und sorge dafür, dass mich diese komischen Bodyguardtürsteher bei ihm durchlassen." Danach bekam er einen Blick ab für den er Toni später ein riesiges Stück von Maras Schokoladenkuchen abgeben würde: "Wo ist der Laptop? Ich habe viel zu tun." Ragnar "Ist gut", nickte Ragnar. "Danke!" Ragnar blickte das Telefon an. Wer wohl der Mann gewesen war? Nun, jedenfalls hatte dieser offensichtlich dafür gesorgt, dass Antonin einwilligte, mit Cole zu sprechen. Aber was dieser wohl gemeint hatte, als er sagte, es könnte noch schlimmer werden? Ragnar seufzte tief und legte das Handy zur Seite. Morgen würde er Antonin anrufen. Und dann würde er sehen, was geschah. Ragnar stand auf, ging in den Clubraum des Lady-Dream und setzte sich an den Tresen, die Menschen beobachtend. Er würde heute der sein, der zusperrte. In den letzten Tagen hatte das Cole übernommen. Heute nahm er das diesem ab. Es war relativ ruhig, eben ein Mittwochabend, an dem ohnehin wenig los war. Er würde als um 2 Uhr hier dicht machen können. Den Mann, der in der Ecke saß und ihn beobachtete, bemerkte er nicht. Kapitel 27: Gründe ------------------ Cole Cole wachte an diesem Tag relativ bald auf. Es war wohl die innere Unruhe, die ihn aufweckte, aber er war überraschend munter. Das frühe Schlafen hatte ihm gut getan und ihn zu Kräften kommen lassen. Gut, die Couch, auf derer durchgeschlafen hatte, war nicht ganz so bequem wie sein großes Bett, das er heiß und innig liebte, aber auch durchaus zum Schlafen geeignet. Corleone hatte es zumindest gefreut, dass er dort geschlafen hatte, denn ins Bett durfte er nicht mit. Die Dusche, die er sich ein wenig länger als sonst gönnte, belebte alle seine Geister. Im Spiegel sah er die Narbe, die frisch war, an seiner linken Schulter, ein hässliches Loch, das ihn vielleicht interessanter machte, aber nicht wirklich hübscher. Aber gut, er war in gewisser Weise selbst schuld. Deutlich sah man, wo die Narbe wieder eingerissen war. Als die Fäden gezogen worden waren, hatte Raphael durchaus noch einmal deutlich gemacht, dass er ein Idiot sei. Aber in jener Nacht und in jenem Club war ihm das egal gewesen. Aber daran sollte er lieber nicht mehr denken. Er machte sich Frühstück, hatte vor kurzem sogar Obst gekauft, das er nun versuchte seinem Körper zuliebe häufiger zu essen. Zumindest ein paar Vitamine konnten ja nicht ganz verkehrt sein. Und man wurde davon ja auch nicht dicker. Aber wirklich viel Hunger hatte er ohnehin nicht. Und so blieb es bei einem Joghurt mit ein wenig Müsli und einer Banane. Aber er war schon recht stolz auf sich. Bis vor kurzem hatte er nie gefrühstückt. Genervt blickte er auf den Stapel Bücher im Wohnzimmer, und räumte ein wenig auf. Am vergangenen Abend war er nicht dazu gekommen, noch etwas für sein Examen zu machen. Sobald der Deal beendet war, würde er sich diesem auch wieder mehr widmen können. Er musste, schließlich hatte er nicht einmal mehr zwei Wochen, um die Prüfungsunterlagen zurückzuschicken. Andere Teilnehmer, das ahnte er, steckten viel mehr Arbeit und Zeit hinein, doch er hatte sie einfach nicht, die Zeit... Gegen 12 war er im Lady-Dream. Er mochte den Club um diese Uhrzeit am liebsten. Die Mädchen übten für ihre Performance, aber generell war Ruhe und es war alles sehr entspannt. Ragnar war bereits da, arbeitete offenbar an einem Plan für diverse Übergaben. Er war wirklich raffiniert, wie er es immer wieder schaffte, ungesehen den Unterhändlern die Ware zu liefern. Und Cole wunderte sich hin und wieder mal, dass er nie hörte, dass einer der kleineren Probleme bereitete. Als Don noch den Posten hatte, lag dieser ihm ständig in den Ohren, dass dieser oder jener nicht zahlte oder unzuverlässig war. Allerdings: Wieso wunderte er sich? Cole kannte Ragnars Art, wie er sich Respekt bei den Leuten verschaffte. Er kannte sie recht gut... In seinem Büro ging er die Pläne in Ruhe noch einmal durch, jeden Schritt, wie so oft in den letzten Tagen. Drei Stunden, dann wäre der Spuk vorüber. Drei Stunden, in denen nichts schief gehen durfte. Und in zwei Stunden würde es losgehen. Cole bekam nicht mit, wie Ragnar Antonin und den Bodyguards an der Tür Bescheid gab. Antonin Zufrieden schloss er sein Handy und blickte auf die Uhr. Das passte alles sehr gut in seinen neuen Zeitplan und damit schnappte er sich die bereits gepackte Reisetasche, schulterte sie und begab sich in die Tiefgarage zu seinem Jeep. Und wieder war er dankbar für die verspiegelten Scheiben, auf die Frontscheiben natürlich und das verstärkte Metall an den Türen. Man wusste ja schließlich nie. Wie üblich hatte er sich heute wieder in seine Jeans und ein dunkles, langärmliges Hemd geworfen. Zum einen fühlte er sich nicht bereit, wirklich schon anders unter Menschen zu treten, und zu anderen würde es Cole vermutlich ein wenig Sicherheit geben, wenn er so aussah wie er das immer zu ihren geschäftlichen Treffen getan hatte. Aber wen wollte er eigentlich verarschen? Er selbst war mit der ganzen Vorlaufzeit vermutlich nervöser als es Cole überhaupt werden konnte. Wenn man da überhaupt von Nervosität sprechen konnte. Vermutlich wäre es eher Abneigung, Zorn, Wut und der übliche Sarkasmus mit dem Antonin rechnen musste. Und genau deshalb tat er das auch und er fühlte sich so vorbereitet wie man nun einmal für so ein Gespräch sein konnte. Schließlich vor dem Lady-Dream parkend und seine Tasche mit aus dem Fahrzeug nehmend sah er sich kurz streckend auf dem Parkplatz um. Wie seltsam hier alles tagsüber aussah. Ganz anders als nachts mit den ganzen leuchtenden Reklamebildern und den dicken Autos zwischen den Normalos. Noch einmal tief durchatmend machte er sich auf den Weg und war bald darauf auch schon im Inneren des Gebäudes. Er nickte den probenden 'Ladys' grinsend zu und stand kurz darauf auch schon vor den persönlichen Türstehern. Immernoch mit dem leichten Grinsen im Gesicht wurde er kurz gemustert bevor ihm einer von beiden die Tür öffnete und er nach einem letzten Durchatmen auch eintrat. Sofort ruhte sein Blick auf der ein wenig irritiert aufblickenden Person: Cole Und während da verschiedenste Gefühle auf ihn einstürmen wollten, gab er sich redliche Mühe sein Gesicht emotionslos zu halten. Es zuckte kein Muskel, der nicht sollte, und so trat er schweigend näher und stellte seine Tasche auf dem Stuhl gegenüber des Schreibtisches ab. Während er den Reisverschluss öffnete begann er zu sprechen: "Du hast jetzt zwei Optionen Cole. Die erste ist, dass du deine Waffe ziehst und abdrückst, während die zweite ein vernünftiges Gespräch darstellt. Und es sind tatsächlich nur diese beiden Optionen, denn du wirst diesen Raum nicht verlassen können ohne mir zumindest zugehört zu haben." Damit sah er von der geöffneten Tasche auf, direkt in Coles kühle, grüne Augen. Versuchte sich nur an die kleinen Details zu halten. Erschöpfungsgrad, Gesamteindruck und mögliche Muskelzuckungen. Aber im Grunde brauchte er das alles gar nicht. Ragnar hatte gut daran getan ihn anzurufen und Nicholas hatte gut daran getan ihn daran zu erinnern was seine verfluchte Aufgabe war. Und davon durfte er sich nicht durch eigene Unsicherheit abhalten lassen. Cole war einen bindenden Vertrag mit ihm eingegangen und wenn man seinen Guard so schnell und einfach loswerden könnte, dann gäbe es sehr viel mehr arbeitslose Profi-Schilder als es tatsächlich der Fall war. Jeder bekam irgendwann einmal gesagt, dass seine Dienste nicht mehr erwünscht waren. Gerade zu stressigen Zeitpunkten, zu denen das Ziel nicht mehr gerade denken konnte. Und dann war es seine verdammte Aufgabe das zu übernehmen! Und genau das hatte er jetzt auch vor, und wenn Cole sich in ein Tütü werfen und mit Hullahuppreifen tanzen würde! Cole Überraschung war gar kein Ausdruck. Er war völlig irritiert. Doch das 'Training' der letzten Tage, in denen er seine eingerissene Fassade wieder aufgebaut und verstärkt hatte, ließ diese Irritation nur kurz durchscheinen, bevor sein Ausdruck in der üblichen Weise hart wurde. Was wollte Antonin hier? Wer hatte ihn überhaupt hier hereingelassen? Ragnar? Wahrscheinlich... Cole spürte, dass die Wut, die er eigentlich glaubte in sich zu tragen, gar nicht so groß war, wie er sie sich immer eingebildet hatte. Ganz im Gegenteil. Im Moment hatte er nicht das Gefühl überhaupt jemals wütend gewesen zu sein, was ihn zusätzlich irritierte. Doch eigentlich wollte er mit diesem Mann nichts mehr zu tun haben. Er wollte nicht mehr spüren, dass die Anwesenheit des anderen ihn beruhigte, dass er sie als angenehm empfand. Er wollte keine Situationen mehr, in denen sie sich nahe waren, in denen sie fast unbeschwert miteinander umgehen konnten. Er wollte nicht mehr, dass Antonin ihm nahe war und ihn mit dieser Nähe verletzte. Und er wollte nicht, dass jener weiter einen Einfluss auf ihn hatte, auf seine Handlungen hatte. Er wollte nicht mehr das Gefühl haben, sich bei diesem anlehnen zu wollen, wie er es in jenem Club getan hatte. Und er hatte ja auch allen Grund dazu, das so für richtig zu halten. Schließlich war es Antonin gewesen, der ihn verbal verletzt hatte, der ihn vor den Kopf gestoßen hatte, der ihm unterstellt hatte, Grenzen zu überschreiten, die er gar nicht wirklich hatte sehen können. Und davon war er überzeugt. Doch warum war jener jetzt hier? Hatte Cole nicht klar gemacht, was er wollte? Konnte irgendetwas nicht verstanden worden sein? Wollte jener ihm noch einmal etwas reindrücken? Ausgerechnet heute? Er hatte keine Zeit für so etwas. Musternd glitt sein Blick über die Gestalt des anderen, über seine Arme, die unter einem Hemd verborgen waren. Nun, zumindest schien er diese Sache wieder zu verdrängen. Vielleicht hatte er dann Glück, dass Antonin nicht wieder ausrastete. Bewegungslos hörte er sich die Worte des anderen an. Und seine Augen wurden dunkler und dunkler. "Ich wüsste nicht, was wir zu bereden hätten. Ich denke, es ist alles geklärt." Er lehnte sich langsam in seinem Sessel zurück und kurz fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. "Ich dachte ich hätte mich klar genug ausgedrückt, dass ich meine Ruhe haben möchte. Und jetzt marschierst du einfach so hier herein und verlangst ein Gespräch, das wir das letzte Mal doch schon recht eindrucksvoll gehabt haben..." Er lächelte amüsiert. "Entschuldige, Antonin, aber ich habe heute wirklich keine Zeit, mich von dir beschimpfen zu lassen und mir anzuhören, was für ein großes Arschloch ich bin und wie du mich am liebsten umbrächtest." Ruhig ruhten seine Augen auf denen des anderen, ruhig und abwehrend. Er spürte, wie sich in ihm alles verkrampfte. Dafür hatte er im Moment wirklich keine Nerven, keine Kraft. Und die Worte von damals drückten ihn noch immer. Dieser Hass ihm gegenüber, den Antonin kurzzeitig hatte deutlich werden lassen, als er ihm erklärt hatte, dass er ihm gerne einmal die gleiche Folter zukommen lassen wollte. Allein der Gedanke daran ließ ihn seinen Magen verkrampfen. Antonin Jetzt zuckte doch ein Muskel, er spürte es ganz genau und auch die kleinen fiesen Stiche an der Stelle, an der sich sein Herz befinden sollte, gingen nicht unbemerkt vorüber. So schloss er kurz die Augen, um sich noch einmal zu versichern, dass er hier das Richtige tat. Dass Coles Worte das eine sagten, aber dass es eine Wahrheit darunter gab. Nämlich jene, die ihm der andere in Antonins Wohnung offenbart hatte. Und nur weil man es wollte, konnte man solche Gefühle nicht abschalten. Es ging einfach nicht und darauf musste er jetzt einfach aufbauen. Er musste Vertrauen in seine Fähigkeiten haben, wenn Cole das schon nicht mehr hatte. So nickte er schließlich zustimmend. "Du wolltest deine Ruhe und du hast sie gehabt", erwiderte er mit ruhiger Stimme. Er ließ weder durchscheinen, dass ihn die Worte des anderen sehr zielgenau und heftig getroffen hatten, noch dass er sich darüber am liebsten in Grund und Boden schämen wollte. Er hatte Cole wirklich angedroht ihn zu foltern, oder? Oh Gott… "Ich habe nie behauptet, dich umbringen zu wollen, und du warst derjenige, der mich als Arschloch betitelt hat, nicht umgekehrt", stellte er fest. "Aber alles andere geht durchaus auf meine Kappe und ich befürchte, eine Entschuldigung wird die Geschehnisse nicht rückgängig machen. Allerdings arbeite ich daran, denn so etwas darf nicht passieren. Damit hast du vollkommen recht." Er griff in die Tasche und holte eine durchsichtige Flasche mit gelbem Inhalt hervor. Jenes Aufputschmittel, das er Cole schon einmal mitgegeben hatte. Ohne Kommentar dazu stellte er es auf den Schreibtisch. Oh Gott... Wo kam die ganze Schuld her, die ihn gerade zu überrollen drohte? Wie schaffte er es überhaupt gerade so gelassen zu wirken, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug? Wo er sich selbst am liebsten vor den nächsten Zug werfen würde, dafür, Cole so verletzt zu haben. Er hätte wirklich viel, viel früher zu einem Psychiater gehen sollen. Das waren seine Gedankengänge, als er ein schwarzes, quadratisches Objekt als nächstes aus der Tasche holte, zusammen mit hautfreundlichem Klebeband. "Es ist nur so, Cole", fuhr er fort, schwer damit beschäftigt seine Gedanken zusammen zu behalten und nichts von dem auszusprechen, was er dachte. Er musste sich an den Plan halten! "Du bist einen bindenden Vertrag mit mir eingegangen und nur weil man einem Guard in einem emotionalen Moment sagt, dass man ihn nicht mehr braucht, wird man ihn nicht los. Ich glaub,e ich habe so etwas in der Art auch angedeutet. Aber wie dem auch sei", winkte er ab und deutete auf die schwarze Platte. "Du kannst keine kugelsichere Weste tragen, aber das wird dein Herz schützen, solange die Kugel nicht aus unmittelbarer Nähe abgeschossen wird. Das Getränk solltest du kennen. Ich empfehle es eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Deal zu dir zu nehmen." Abermals griff er in die Tasche und holte einige Ausdrucke hervor, die er achtlos über den Tisch warf: "Im Grunde möchte ich, dass du die Platte nicht nur für den Deal trägst, da dieser Dealermörder scheinbar kein kleiner Fisch ist." Er runzelte die Stirn, als er daran dachte, was er alles für Indizien hatte. Viele waren es nicht, aber es deutete alles darauf hin, dass es nicht nur die reinen Drogen waren. Denn davon waren jedesmal welche bei den Leichen gefunden worden. Schaumorde? Ein Serienmörder mit seltsamen Anwandlungen? Antonin wusste es nicht. Aber was deutlich wurde war, dass Cole mehr Schutz brauchte als jener sich selbst zugestand. Und wenn es nur diese verdammte Schutzplatte wäre. "Ich habe mich erst gestern daran gesetzt, aber die Morde laufen nach dem gleichen Schema ab. Es passt irgendwas nicht und das macht mich zugegebenermaßen ein wenig skeptisch. Vor allem da ich genau weiß, dass du dich an seine Fersen gehängt hast." Nun wissen tat er es nicht, aber es war so sicher wie das Amen in der Kirche. Und damit wurde Cole zu einer Gefahr für diesen Killer. Und Gefahren für Killer wurden normalerweise recht schnell ausradiert. Er verschloss die Tasche wieder, die ansonsten nur Kleidung enthielt, die er selbst eventuell noch brauchen würde, und verzog die Lippen ein wenig. "Es mag dir nicht gefallen, aber du bist mich nicht los. Was bedeutet, dass ich solche Gefahrenquellen im Auge behalten werden. Mit oder ohne deine Zustimmung", endete er und sah wieder zu Cole. Nur um sich abermals zu fragen, wann er so ein guter Schauspieler geworden war? Er täte gerade nichts lieber als wirklich den Rückzug vor jenen Augen anzutreten, während da noch diese andere Seite war die fand, dass er noch viel zu weit davon entfernt war. Was für ein Desaster! Cole Unwillig schnaubte Cole aus, als er diese verständnisvolle Masche hörte. Entschuldigung? Es darf nie wieder vorkommen? Er stimmte auch noch zu, dass er recht hatte! Cole spürte, dass ihn diese Reaktion, mit der er gar nicht gerechnet hatte, unerwartete verunsicherte. Was war in Antonin gefahren, dass jener nicht in seiner typischen hitzköpfigen Art reagierte, wenn er seine Stacheln ausfuhr? Warum verhielt er sich plötzlich so unberechenbar. Normalerweise funktionierte es doch sonst immer, wenn er bellte, dass der andere zurückbellte. Seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Nicht wissend, was er antworten sollte. Und so blickte er misstrauisch auf die Tasche, seine Hand bereit, seine Pistole zu ziehen, falls eine Waffe zum Vorschein kommen würde. Doch was jener herauszog, ließ seine Stirn noch tiefer in Falten liegen. Was, in Herrgottsnamen, sollte das werden? Seine Augen blickten Antonin irritiert an, bevor er auf die Metallplatte sah. Antonin wollte ihn weiter beschützen? Als sein Guard? Und was war plötzlich mit all den Sachen, die er diesem an den Kopf geworfen hatte? War das alles vergessen? Hatte er nicht eigentlich dafür gesorgt, dass auch Antonin nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte? Offensichtlich zu wenig, denn jener schien den festen Willen zu haben, ihn schützen zu wollen. Aus seinen Gedanken hochschreckend blickte er auf die Papiere, die vor ihm zum liegen kamen. Zeitungsmeldungen, die die Idee von seinem 'Serienmörder' aufgebracht hatten. Und hin und wieder der Name Klinger. Offenbar hatte die Polizei, allen voran Klinger, beschlossen, weiter so zu tun, als sei es ein Serienmörder, damit es einfacher war, weiterzumachen. Aber eigentlich waren es ja in Polizeikreisen wahrscheinlich nur normale Razzien. Langsam hob er seine Hand, griff die Papiere und legte sie zur Seite, den letzten Worten des anderen zuhörend, bis jener geendet hatte. "Weißt du Antonin, dein Ehrgeiz, den du hinsichtlich Blue Wonder gezeigt hast, hat mich ziemlich beeindruckt", begann er gefährlich ruhig. Antonins Abblocken seiner harschen Worte, ließ ihn wissen, dass er diesem offensichtlich auf der gleichen Ebene begegnen musste, dass es nichts brachte, ihm aggressiv gegenüber zu treten. Er musste ebenso ruhig sein, überlegt. "Auch die absolute Bedingungslosigkeit in den eher gefährlichen Situationen ist mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben." Er nickte leicht, als würde er sich diese Situationen noch einmal ins Gedächtnis rufen. "Ich verstehe nur nicht, warum du gewillt bist, diesen wenig erfolgversprechenden Job weiter zu machen, obwohl dir doch dein Ziel klar gemacht hat, dass es das nicht mehr sein möchte." Er blickte Antonin ruhig an. "Mich würde wirklich interessieren, weshalb du den Job weitermachst. Hat dich Ragnar darum gebeten? Ist dir langweilig? Hast du irgendeinen Vorteil davon, den ich nicht kenne? Ich begreife einfach nicht, warum du das machen möchtest. Und sag mir jetzt ja nicht, dass es deine Pflicht ist, denn das ist Bullshit. Ich würde dir nicht glauben." Abwartend blickte er Antonin an. Zu gerne würde er wissen, wer ihn hierher beordert hatte. Dass Antonin freiwillig hierhergekommen war, konnte er sich nicht vorstellen. "Nenn mir bitte nur einen vernünftigen Grund, weshalb du hier bist und mich schützen möchtest, warum du wieder mein Leben retten möchtest. Mein Leben kann dir doch wirklich scheiß egal sein. Als sag mir bitte, warum du mich nicht ein für alle Mal in Ruhe lassen kannst. Dann werde ich deiner Bitte nachkommen, und das hier - er deutete auf die Metallplatte - tragen." Vielleicht würde Antonin aufhören, wenn er die Wahrheit sagen müsste. Vielleicht würde er dann entweder endlich wissen, was jener von ihm wollte, oder ihn wirklich los sein. Was Cole nicht bedachte war, dass er tief in seinem Inneren auf eine Antwort hoffte. Die Antwort, die er wahrscheinlich selbst geben müsste, wenn er nun gefragt werden würde, weshalb er Antonin nicht einfach erschoss, oder ihn aus dem Zimmer, dem Club, seinem Leben warf. Die Antwort auf alle Fragen, alle unbekannten Gefühle. Eine Antwort, die er selbst nicht bereit wäre, auszusprechen. Denn seine Antwort auf die Frage wäre: Weil Antonin Antonin ist. Weil er ein Mensch ist, der ihn berührte. Antonin Unbewusst stieß Antonin einen langen, tiefen Atemzug aus. Das war der Supergau. Das war die Atombombe unter all den kleinen und größeren Bomben, die er hier hatte hochgehen sehen. Fast erwartete er einen Auftritt der Apokalyptischen Reiter oder ein kleines Höllentor, das sich hinter ihm öffnen und ihn verschlingen würde. Und beide Optionen wären ihm lieber, als auf diese Fragen zu antworten. Denn obwohl er sich mit Sicherheit eine Lüge aus den Fingern saugen könnte, die wohl halbwegs sinnig klänge, so spürte er in sich nicht den Hauch einer Motivation dazu. Er wollte Cole nicht anlügen. So fielen seine Schultern ein Stück nach vorne, als sich seine 'Ich bin ganz entspannt'-Körperspannung löste und er griff nach seiner Tasche, um sie auf den Boden zu stellen und sich selbst auf den freigewordenen Platz zu setzen. Gestresst fuhr er sich durch die Haare und überlegte wo und wie er überhaupt ansetzen sollte. "Warum ich dich nicht in Ruhe lassen kann, hm?", echote er leise und lehnte sich zurück. Ein Versuch seine sich inzwischen verkrampfenden Bauchmuskeln wieder zu entspannen. Cole verlangte hier wirklich Unmenschliches und vielleicht war das auch der Grund dafür. Konnte es sein, dass der andere damit aufwartete, um ihn tatsächlich los zu werden? Aber was für einen Grund könnte er denn dann wirklich noch haben, weiterhin in Coles Leben zu sein? ... Rein zum Beschützen natürlich. Quatsch. Es ging nicht nur um das reine Beschützen und das war ein weiterer Punkt, der diese Fragen so unglaublich schwierig machte. Wie sollte man etwas beantworten worüber man sich selbst noch keine Gedanken gemacht hatte? Antonin hatte die Beantwortung dieser Fragen für sich selbst nach hinten verschoben, denn momentan lagen dringlichere Dinge zur Hand. Auch wenn das Cole nicht so zu sehen schien, wenn dessen Aussage in den Augen für irgendetwas zu gebrauchen war. Verdammt. Warum musste es ausgerechnet Cole sein, der alles durcheinander brachte? "Okay", gab er sich schließlich geschlagen. "Wenn du langweilige Geschichten hören willst, erzähle ich sie eben", murmelte er und sah kurz zur Minibar, bevor er sich zusammenriss und sich Coles prüfendem Blick stellte. Natürlich waren da noch Masken vorhanden, aber er kam nicht drum herum genügend Emotionen durchscheinen zu lassen. Es war ihm nicht wohl dabei, dass alles vor Cole auszubreiten. Er bot dem anderen Mann damit so unglaublich viel Angriffsfläche an. Aber andererseits, hatte ihm jener noch nie angedroht, ihn foltern zu wollen. "Als du mich das erste Mal in meinem Haus bedroht hast, bin ich danach zwei Stunden sinnlos im Hausgang gesessen, weil mir deine Augen so eine Scheiß Angst eingejagt haben", fing er an und massierte sich die Schläfen, um besser nachdenken zu können. Um es richtig auf die Reihe zu bekommen. "Bei dem Mord hielt ich dich für einen kleinen Größenwahnsinnigen, den ich nur wegen eben dieser Augen nicht umbrachte. Als ich meinen kleinen Frustanfall hier im Büro hatte und wir danach zu den Russen fuhren, fiel mir auf, dass ich deinen Befehlen entgegen meiner misstrauischen Gefühle Folge leistete, ohne sie zu hinterfragen", fuhr er fort und fragte sich, ob es wirklich die beste seiner Ideen gewesen war, das alles hier auszurollen. "Der Abend in dem Club war ganz witzig, bis sich eine gewisse Nüchternheit bei mir breit machte. Es passte mir nicht, in dir einen Menschen zu sehen, auch wenn mir das zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst war. Da war nur eine gewisse Irritation in mir selbst, die ich erkannte. Doch du hattest genug Eindruck hinterlassen, um mich Ragnars Wünschen zu beugen. Dich dann vor dem Club zu sehen war eher Zufall und ich habe dich zu dem Zeitpunkt nur in meine Wohnung genommen, weil ich mich sowieso schon umziehen sah. Tatsächlich lief dann am folgendem Abend so ziemlich alles aus dem Ruder, was nur schiefgehen konnte und als ich ins Haus kam, da hab ich nur noch Rot gesehen, Cole." Er hielt inne um tief durchzuatmen. "Nicht wegen dem Blut, gegen das ich eine Phobie habe, sondern weil du verletzt warst. Es war als würde man mir irgendwo einen Schalter umlegen und der Rest dieser Aktion war nicht durchdacht sondern reiner Instinkt. Auch wenn mir dann das Herz fast stehengeblieben ist, als du mich abknallen wolltest." Er zog ein ironisches Lächeln. "Vielleicht wäre das besser gewesen für alle Beteiligten. Aber es ist nicht passiert und ja, ich wollte flüchten. Aus guten Grund wie du inzwischen am eigenen Leib gespürt hast. Bei den nachfolgenden Gesprächen fiel es mir das erste Mal auf, dass ich keine Abneigung dagegen spürte, wieder in diesem Zweig tätig zu werden. Es war völlig in Ordnung und ich machte mir auch keine zweiten Gedanken darüber. Du warst mein Ziel und damit konnte ich gut leben. Im Club warst du allerdings nicht mein Ziel." Er stockte kurz und überlegte, wie er das ausdrücken sollte. "Du warst jemand dem ich jederzeit den Rücken zugekehrt hätte im Wissen, dass mir nichts passiert wäre. Du warst in diesem Moment nicht mein Boss oder mein Ziel sondern jemand, mit dem man so einen Abend guten Gewissens verbringen konnte." Abermals stockte er kurz und sammelte seine Gedanken. Er durfte nicht zuviel aber auch nicht zu wenig verraten. "Dass ich danach für dich gekocht habe, fand ich nicht normal. Ich war nervös, denn du wurdest immer mehr zu einer Person, die Bestand hatte. Von der ich wusste, dass sie da wäre, in welcher Form auch immer. Normalerweise schrecken die Leute viel früher vor mir zurück und sind aus irgendwelchen Gründen überfordert. Du nicht. Naja... noch nicht. Was danach folgte tut mir furchtbar leid." Jene Worte der Entschuldigung kamen nicht einmal schwer über seine Lippen, denn er meinte sie absolut ehrlich. "Ich war danach in Washington. Wollte mich abermals feige verdrücken. Aber wer hätte mir garantiert, dass es nicht wieder passiert wäre?", hinterfragte er ruhig und schob sich einen Ärmel hoch, um eine Narbe freizulegen. "Mir fällt es schwer das zuzugeben, aber ich befinde mich momentan in psychiatrischer Behandlung. Ich habe täglich Sitzungen und lerne damit umzugehen. Ich will keine Gefahr mehr für meine Umwelt oder mich selbst darstellen. Nicht wegen zwei Narben. Aber so sicher ich mir deswegen war, so unsicher war ich mir mit dir. Wie es weitergehen sollte? Gerade weil mir, als du aus meiner Wohnung verschwunden bist, bewusst wurde, dass ich selbst dort keine Angst hatte, dass du abdrücken würdest." Er zuckte mit den Schultern. "Die Kurzform ist, dass ich dir vertraue, dass mir dein Leben wichtig ist, weil du jetzt irgendwie mit dazu gehörst. Ich weiß nicht genau wie oder wann, aber du bist jetzt ein Teil meiner Gegenwart und das zu verdrängen würde es nicht besser machen. Darum bin ich hier und darum will ich auch weiterhin dafür sorgen, dass du dich zumindest zu einem Minimum an Schutz bereit erklärst." Eigentlich war es das gewesen, oder? Obwohl.. "Und ich weiß nicht, ob das ein vernünftiger Grund ist, aber es ist meiner." Kapitel 28: Zur Ruhe kommen --------------------------- Cole Cole hörte sich die Ausführungen des anderen schweigend an. Und vor seinem inneren Augen sah er die Szenen, die Antonin ansprach. Klar und deutlich. Viel zu klar und viel zu deutlich dafür, dass er sie eigentlich der Vergangenheit hatte zuschreiben wollen. Nur kurz zog er die Augenbrauen zusammen als er vernahm, dass Antonin dachte, dass es besser gewesen wäre, wenn er ihn tatsächlich abgeknallt hätte. Ansonsten blickte er aufmerksam, aber in seiner typischen unnahbaren Art den anderen an. Als Antonin geendet hatte schwieg er. Cole horchte in sich hinein und was er vorfand war eine Ruhe, die er seit ihrem gemeinsamen Abendessen bei Antonin so nicht mehr gespürt hatte. Und dieses Gefühl war unerwartet, aber durchaus erwünscht. Und letztlich sprach Antonin genau das aus, was er selbst fühlte. Auch Antonin war für ihn ein Teil seines gegenwärtigen Lebens geworden. Eine Person wie Ragnar, auch wenn der Vergleich ziemlich hinkte. Aber darüber würde er jetzt nicht nachdenken. Antonin hatte auch in seinem Leben einfach einen festen Platz eingenommen. Und die Nähe, die er ihm zugestand war Ausdruck davon. Gut, vielleicht sollte er in Zukunft darauf achten, ihn nicht zu nah an sich heran zu lassen. Solche Tänze sollte er nicht noch einmal provozieren. Aber dass Antonin mit zu seinen Leuten zählte, hatte er daran gemerkt, dass dieser ihm in den letzten Tagen gefehlt hatte, ziemlich gefehlt hatte. Auch wenn er es gut unterdrücken konnte. Was Cole außer Acht ließ war das, was zwischen den Zeilen zu lesen sein könnte, wenn man darauf achtete. Was auch zwischen seinen Worten zu lesen möglich gewesen war, als er Antonin in dessen Wohnung die Meinung gesagt hatte. Aber er las nicht zwischen den Zeilen, wollte das nicht tun. Er wollte einfach nur den Punkt festhalten, dass sie offenbar gemeinsam beschlossen, sich als Teil ihres Lebens zu akzeptieren. Sie waren 'Partner' im geschäftlichen Sinne. Und Antonin war sein Guard, der, ohne dass Antonin es merkte, auch seine Seele bewahrte. Ja, so würde er es akzeptieren können. Er hatte gehört, was er augenscheinlich hatte hören wollen: Sie vertrauten einander und würden daher auch weiter miteinander umgehen können. Cole stand schließlich auf und öffnete das Hemd, das er anhatte am Kragen, um es sich schließlich über den Kopf zu ziehen. Dann nahm er die Metallplatte. "Hilf mir", sagte er und blickte Antonin an. Dass dieser Hilferuf nicht unbedingt nur auf die Metallplatte bezogen war, war Cole nicht bewusst. Als dieser auf ihn zugetreten war, beobachtete er, wie Antonin ihn 'sicherte', senkte seinen Kopf, um dessen Hände zu beobachten. "Ich finde nicht, dass es besser gewesen wäre, wenn ich dich abgeknallt hätte", murmelte er und sah nicht auf. "Und ich finde es sehr mutig von dir, dass du dich deiner Vergangenheit stellst. Das kann nicht jeder." Er selbst am wenigsten. Er griff wieder zum Hemd, als Antonin fertig war. "Ich akzeptiere deinen Grund, denn es sind wohl die gleichen Gründe, weshalb ich in den letzten Tagen das Gefühl hatte, dass etwas fehlt." Cole wusste, dass er Antonin gezwungen hatte, die Wahrheit zu sagen, sich seelisch 'auszuziehen'. Und nun war er an der Reihe. Nun, zumindest so gut er das eben konnte. "Und damit das nicht wieder passiert, sollten wir in Zukunft versuchen unsere Grenzen deutlicher auszudrücken, und versuchen die Grenzen des anderen nicht zu überschreiten." Ja, das wäre ein guter Kompromiss. Er blickte auf die Uhr, trat an den Schreibtisch und wählte eine Nummer. "Es geht los", sagte er und legte wieder auf, dann wählte er noch 8 andere Nummern und gab eine Adresse und eine Uhrzeit in einer Stunde durch. Dann sah er Antonin an. "Unser Killer ist übrigens ein viel viel größeres Arschloch, als du dir träumen lassen möchtest." Er lächelte kurz, traurig. "Aber das können wir morgen besprechen." Cole wunderte sich in diesem Moment selbst über sich. Aber es gab keinen Grund, warum er deshalb anders handeln sollte, als er es tat. Vielleicht sollte auch er endlich ein wenig an sich arbeiten. Etwas, das er noch für sich als positiv aus Antonins Rede zog waren die neuen vielen Details, die sein Puzzle immer mehr vollendeten. Antonin Unruhe war ein Wort, von dem er bisher immer angenommen hatte, dass es in Muskelzuckungen und allgemein mehr Bewegung resultierte. Doch während Cole seine Worte offensichtlich abwog, hätte Antonin nicht den kleinsten Finger rühren können und er war sich sicher, dass sein Hemd inzwischen schon recht durchgeschwitzt war. Kalter Schweiß, der ihm die Wirbelsäule entlanglief und davon berichtete unter welcher mentalen Anspannung er eigentlich gerade stand. Soviel war es ihm also wert wieder akzeptiert zu werden? Die ehrliche Antwort darauf wäre ein aus dem Herzen kommendes „Ja“. Und sein Doc betete ihm ja ständig vor, dass er ehrlicher mit seinen eigenen Gefühlen umgehen sollte. Dass es nicht gesund wäre, alles so in sich hinein zu fressen in der Hoffnung, dass sich schon alles wieder von selbst richten würde. Insofern saß er hier nun und wartete auf seinen Urteilsspruch. Schuldig? Unschuldig? Waren das überhaupt die Antworten die ihm weiterhelfen würden? Langsam verschwand der sowieso schon schmale Pfad durch das tiefe Urwaldsgeäst und er fand sich inmitten der hohen Bäume wieder. Ohne den Hauch einer Ahnung zu haben, wie er dorthin gekommen war oder noch besser, wie er wieder rausfinden sollte. Doch von diesen seltsamen Bildern wurde er abgelenkt, als Cole schließlich wortlos aufstand und damit begann sein Hemd auszuziehen. War das jetzt gut, oder schlecht? Die Antwort kam postwendend und gleichzeitig fiel Antonin ein ganzer Gebirgszug vom Herzen. So kam er auch gar nicht dazu, sich in irgendeiner Form anders mit Coles Oberkörper zu beschäftigen, als tatsächlich die schützende Platte fest zu machen. Etwas, das er an sich selbst schon hundert Mal, jedoch nie mit dieser Präzision ausgeführt hatte. Dieses Ding war möglicherweise in der Lage, das Leben der Person zu schützen, die ihm inzwischen wichtig war, die zu seinem Alltag gehörte. Und damit war es mehr als nur wichtig, das Ganze auch korrekt zu befestigen. Doch als er dann endlich ein paar Worte hörte, musste er sich mit aller Gewalt zwingen, einfach weiter zu machen und nicht wie ein kleiner Hundewelpe voller Freude aufzublicken. Das wäre dann sein Gnadenstoß. "Naja, uns beiden wäre jede Menge erspart geblieben", murmelte er daher nur und nahm den Rest mit einem ehrlichen: "Danke", entgegen. Er wollte nicht mehr dazu sagen. Es war ihm peinlich, nicht alleine mit seinen Problemen klargekommen zu sein. Ja, natürlich war er erleichtert über die Unterstützung, die er nun bekam, aber lieber wäre es ihm gewesen, das Ganze aus eigener Kraft zu bewältigen. Doch davon war er nach wie vor viel zu weit entfernt. Schließlich war er fertig und trat zurück, den Blick von Cole abwendend, in sich selbst nachlauschend, was dessen nächste Worte in ihm ausrichteten. Ihm hatte auch etwas gefehlt? War das so? Warum kam ihm dann der Preis für dieses erneute Zusammenfinden ungewöhnlich hoch vor? Ja, er war dankbar und er spürte eine kleine Flamme mit purer Freude darüber in sich brennen, aber es war teuer gewesen. Seine eigenen Gedanken und Gefühle so offen zu präsentieren, hätte eigentlich nicht nötig sein dürfen. Hatte er nicht das Leben des anderen bereits einmal gerettet? Wog das nicht die Drohung mit der Folter auf? Er schüttelte den Kopf unmerklich. Nein, so durfte er gar nicht anfangen zu denken! Es ging hier nicht um jemanden X-beliebigen sondern um Cole. Sein Ziel. Sein Bossmann. Jemand, der das Ganze auf dem Silbertablett zu präsentieren auch wert war. "Ja, das sollten wir", stimmte er zu der Absteckung ihrer Grenzen zu. Und mochte es noch so ehrlich klingen, Antonin wusste, dass er log. Er wollte nicht gegen Grenzen stoßen, die vorher nicht dagewesen waren. Er wollte dem anderen auch nicht aufzeigen, wo seine Grenzen begannen, denn damit würde er es wirklich verbauen, jemanden dahinter zu lassen. Gerade in diesem Moment fühlte er sich möglicherweise überforderter als bei seiner kleinen Geschichte. Cole sprang von einem Extrem ins nächste und er konnte sich nur anpassen oder zurückbleiben. Und das war ein sehr unbefriedigender Gedanke. Als er das mit dem Losgehen und dem Killer hörte nickte er nur und öffnete seine Tasche wieder um ein T-Shirt und einen Pullover hervor zu holen. Beides beste Qualität, aber er mochte es nun einmal nicht im Hemd irgendwo aufzutauchen und mit den Knarren zu wedeln. So zog er sich das Hemd über den Kopf und warf es ungeachtet in die Tasche bevor er sich erst das Shirt und dann den Pullover überzog. Bevor er noch einmal in die Tasche griff und seine Desert Eagle hervorholte, um sie hinten am Gürtel zu verstauen. Auf die Magnum würde er heute verzichten, dafür hatte er das Messer am Schienbein mit dabei. Dass es das erste Mal seit Jahren war, dass ihn jemand anderes außer Nicholas ganz Oberkörperfrei sah, ignorierte er gekonnt, versprach sich selbst aber seinem Doc davon zu erzählen. Wenn das kein Fortschritt war? Selbst wenn es nur ein paar Sekunden gewesen waren! "Ok, morgen dann", stimmte er zu und hinterfragte das Ganze nicht. Wenn Cole morgen sagte, dann würde er auch bis dahin warten können. So einfach war das. Und jetzt lief das auch wieder halbwegs in geordneten Bahnen. Ganz, ganz halbwegs. Cole Er griff zu seiner Jacke, dann blickte er Antonin an, als dieser sich gerade das Hemd über den Kopf zog. Ruhig betrachtete er einen Moment, was er mit einem mal so offen sehen durfte. Die Narben, die für sein Gegenüber wahrscheinlich ein tägliches Erinnern an unsägliche Qualen bedeuteten. Doch offenbar hatte Antonin nun Hilfe, damit umgehen zu lernen. Und offenbar half diese Therapie tatsächlich, denn sonst hätte jener sich jetzt nicht so einfach vor ihm ausgezogen, oder? Cole spürte, dass ihn diese Tatsache freute, dennoch wandte er den Blick schnell wieder ab. Besser nichts provozieren. Während er sich die Jacke, noch immer etwas umständlich anzog, ging er zum Tresor, den er auch als Waffenschrank benutzte und der sich hinter einer Holzvertäfelung befand. Das Surren dieser Zahlenkombination und ein leises Klicken zeigten ihm, dass der wieder sicher verschlossen war. Dann drehte er sich zu Antonin um. "Können wir?", fragte er und ging zur Tür ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, ohne überhaupt eine Antwort erwartet zu haben. Für ihn stand fest, dass jener mitkam, dass er hinter ihm stand und dass er ihm den Rücken stärken würde. Ja, langsam aber sicher hatte er seine Leute um sich herum versammelt. Leute, auf die er sich wohl verlassen konnte, die ihm vertrauten und denen er vertrauen konnte. Allerdings waren nur zwei diese Personen ihm persönlich wirklich wichtig. Nicht, dass er die anderen als weniger wert ansah, aber es gab nur zwei Personen, denen er sein Leben anvertrauen könnte. Der eine war Ragnar, der ihn schon sein Leben lang begleitete, der andere war Antonin, der sich in sein Leben eingeschlichen hatte und festgebissen, bevor er begriffen hatte, was geschehen war. Bei ersterem baute sein Vertrauen auf seine Erfahrung auf, bei letzterem baute sein Vertrauen auf dem Umstand auf, dass er ihm sein Leben zu verdanken hatte und dass er bei diesem auf eigentümliche Weise zur Ruhe kam. Gemeinsam fuhren sie zu dem Treffpunkt. Auf der Fahrt blickte er immer wieder in den Rückspiegel, aber er konnte niemanden sehen, der sie verfolgte. Ragnar war bereits da, empfing sie mit einem Nicken, so dass Cole erleichtert ausatmete, wissend, dass alle da waren, dass alles sicher gelaufen war. Er betrat die Halle, wies seine Leute an, wo sie sich positionieren sollten, was sie zu tun hatten. Die Ware würde bald kommen, nun durfte nichts schief gehen. Und vor allem durfte keine angespannte Stimmung provoziert werden, die eskalieren könnte. Doch die Stimmung, die in den vergangenen Tagen für ihn sehr angespannt war, schien heute wesentlich gelöster zu sein, nicht unkonzentrierter, aber entspannter. Seine Leute wirkten beruhigt, arbeiteten Hand in Hand und effektiv. Vielleicht machte es die Sicherheit, die er selbst ausstrahlte, die Ruhe, die er in den letzten Tagen nicht gehabt hatte. Und Cole war sehr wohl bewusst, wessen 'Schuld' das war. Nun ja, deswegen war Antonin ja für ihn da, oder? Dafür, ihn zur Ruhe kommen zu lassen, ihm den Rücken zu stärken. Und ebenso harmonisch verlief der Deal. Die Ware kam, wurde systematisch kontrolliert. Das Geld wurde übergeben. Cole tätigte einen Anruf. Eine Stunde später wurde die Ware abgeholt, das Geld übergeben und weg waren sie. Gut gelaunt kehrte seine Truppe an diesem Abend ins Lady-Dream zurück. Selbst Cole war wieder so entspannt, dass er mit seinen Leuten schließlich an der Bar stand und ihnen ankündigte eine Runde auszugeben. Nachdem Cole das Geld sicher verschlossen hatte, kehrte er zu der Gruppe zurück. Er sah sich nach Antonin um, ging dann auf diesen zu. "Es hat alles gut geklappt", meinte er zu Antonin. "Magst du noch da bleiben und mit uns ein wenig feiern?" Fragend sah er den Russen an. "Ansonsten müsste ich in jedem Fall morgen noch einmal deine Dienste beanspruchen." Antonin Als er aus dem Fahrzeug ausstieg, verfolgte er das bisschen anfängliche Interaktion zwischen Cole und Ragnar mit mildem Interesse, bevor er für sich selbst beschloss, heute mal nicht den Idioten zu spielen. Normalerweise war das seine gängige Methode, um Personen um sich herum einschätzen zu lernen. Doch hier und jetzt war das mehr eine Art... Brunftgebärden. So dämlich sich das auch anhören mochte. Aber er war derjenige, den keiner kannte, und damit war er auch derjenige, der ein Statement abzugeben hatte. Und das setzte sich aus einer völlig gleichgültigen Miene, hin und wieder einer Zigarette und aus einem kühlen Blick für jeden der seinem persönlichen Bereich auch nur nahe kam zusammen. Es war ja schließlich nicht so, als ob er tatsächlich so ein Idiot wäre. Und was machte es schon, diese Art der Maske einmal fallen zu lassen und sich tatsächlich abschätzen zu lassen? Dennoch verbreitete er keine Anspannung, vielmehr war es eine mit ein wenig Langeweile angehauchte Gelassenheit, die jene Leute durchschauen würden, die ihm länger in die Augen sahen. Er war vielleicht gelassen, aber langweilig war ihm garantiert nicht. Antonin beobachtete sie alle. Nahm jeden einzelnen für sich in eine kleine Kartei auf, verfolgte die Arbeitsvorgänge, beteiligte sich jedoch selbst nicht daran. Es war nicht sein Job und er würde es nicht zu seinem Job machen. In der Stunde, in der sie zwischendrin warten mussten, gab er jemandem, der nach einer Zigarette fragte, und damit war seine Interaktion mit diesen Leuten auch schon wieder beendet. Sollten sie sich fragen wer er war, es war ihm egal. Es ging ihm persönlich nicht um ein bisschen Weltfrieden innerhalb dieser Organisation, sondern um das Leben seines Zieles. Einzig und alleine Ragnar bekam kurzweilig sein übliches, leichtes und durchwegs seichtes Lächeln mit einem kurzen belustigten Zwinkern ab. Seine Art Danke zu sagen und zu signalisieren, dass er getan hatte, worum der andere ihn bat. Nicht dass dies nicht offensichtlich wäre. Von jenem Eisberg, von dem ihm berichtet worden war, war kaum noch etwas zu sehen und im Allgemeinen schien die Stimmung hier auch keineswegs kurz vor dem Kippen zu stehen. Man, Ragnar war wirklich eine Oberglucke der ständig übertreiben musste, oder? Als sie ins Lady-Dream zurückkehrten, wohlbehalten und ohne irgendwelche Schusswechsel, erlaubte er sich tatsächlich ein Lächeln und lobte einen Kerl, der ihm als ziemlich wachsam aufgefallen war. Leute mit dessen Augen waren wichtig, gerade in Wartezeiten durfte man nicht plötzlich nachlassen. Jener nahm das Lob mit einer überraschten Geste an und erzählte ihm auch gleich darauf breitwillig, dass er schon zu viele schief gelaufene Dinge durch Unachtsamkeit erlebt hätte. Damit stieg er ein weiteres Mal auf Antonins Werteliste. Doch davon abgesehen integrierte er sich nicht weiter in die Gruppe. Wo er normalerweise keine Probleme hatte, Anschluss zu finden, zog er es bei der Arbeit vor, seine Ruhe zu haben und Entscheidungen für sich selbst fällen zu können. Er war kein neuer Waffenschieber und dabei würde es bleiben. Als Cole auf ihn zukam, musterte er ihn und schüttelte dann den Kopf: "Das hier ist eure Party und mir fehlt eine ganze Mütze Schlaf." Das war nicht einmal gelogen, würde ihn aber normalerweise nicht davon abhalten, Zeit mit Cole zu verbringen. Doch er zog es gerade jetzt, wo die Spannung, die die letzten Tage allgegenwärtig gewesen war, nachließ, vor, sich zurück zu ziehen und sich selbst zu befragen. "Ruf mich einfach an, ja?", murmelte er noch bevor er einen schönen Abend wünschte und sich zu seinem Jeep begab. Wieder war ein weiterer Schritt auf einem langen Weg getätigt worden und Antonin fragte sich, ob sich dadurch seine Alpträume wieder verändern würden? Wieder zum fast schon gewohnten Blutrot, aber ohne Cole? Er hoffte es sehr. Ja, er hoffte es wirklich sehr. Denn den anderen als Leiche vor sich zu sehen, brach ihm Nacht für Nacht ein weiteres Stückchen. Ob Herz oder Seele, wer wollte das schon so genau bestimmen können? Für heute jedenfalls würde er nicht mehr den Nerv aufbringen, der entspannte, lächelnde junge Russe zu sein. Heute war nur noch Platz für jenen Mann, der vor seinen Taten genau nachdachte und der sich um sein eigenes Leben Gedanken machte. -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- Gawain "Wir sind uns vorher nie begegnet, doch ich hab dich schon lang vermisst", er kümmerte sich nicht darum, dass ihn die Leute an der Gepäckausgabe seltsam ansahen. "Auch wenn ich dich zum ersten Mal hier treff, ich wusste immer wie du aussiehst." Und da kam auch schon sein zweiter Koffer. Behände nahm er ihn von Band und lief durch den Ausgang, bei dem er angeblich nichts zu verzollen hatte. "Mit dir will ich die Pferde stehl‘n, die uns im Wege sind." Aufmerksam huschte sein Blick durch die Menschenmassen bis er jene Person ausmachte, die ihn gerufen hatte. "Ich geh mit dir durch dick und dünn, bis an das Ende dieser Welt." Es gab nur einen kurzen Handschlag und die fast schon rituelle Umarmung bevor sie sich auch schon auf dem Weg zum Ausgang befanden. Für viele war es wirklich beeindruckend, wenn sie das erste Mal am NewYorker Flughafen landeten, doch für Gawain war es mehr ein Gefühl des „Nach-Hause-Kommens“. Auch wenn ihm die Umstände, die dazu führten, nicht unbedingt zusagten. Andererseits sagten ihm überhaupt nur die wenigsten Dinge zu, insofern machte das auch keinen Unterschied mehr. Er zeigte sich genügend beeindruckt, als sie bei dem dunkelblauen BMW ankamen, und nahm den Schlüssel dazu mit einem weiteren Handschlag entgegen. Damit war die erste Übergabe geglückt. Vom Flug ein wenig müde geworden setzte er sich hinter das Lenkrad und strich fast streichelnd über das Leder des Beifahrersitzes und das Monturenbretts. Ja, damit könnte er eine Weile gut auskommen. Er erlaubte sich ein schwaches Lächeln, bevor er sich anschnallte, den Blinker setzte und bald darauf im New Yorker Abendverkehr verschwunden war. Kapitel 29: No risk, no fun! ---------------------------- Cole „Das kann ich gut verstehen.“ Cole lächelte sein Gegenüber kurz an. Schlaf war etwas, was er sich selbst auch bald gönnen sollte. „Schlaf dich aus. Ich ruf dich an.“ Sein Blick glitt von Antonins Augen ab, abgelenkt durch die Personen, die soeben durch die Tür gekommen waren. Vorneweg schritt ein Mann, der durch seine elegante Erscheinung allein schon, würdevoll aussah. Er war um einiges älter als Cole. Seine eisblauen Augen glitten durch den Raum, ein falsches Lächeln zierte seine Lippen. Drei Bodyguards folgten ihm. Coles Gesichtsausdruck verhärtete sich. Ohne ein weiteres Wort zu Antonin zu sagen, ging er in die Richtung des Büros, wohin sich auch jene Männer begaben. Das Gespräch mit seinem Boss verlief wie immer distanziert und höflich. Seit langem schafften sie es, ihre Geschäfte mit wenigen Worten effektiv über die Bühne zu bringen. Dennoch spürte er jedesmal nur zu deutlich die Anspannung, die ihre Beziehung zueinander ausmachte. Und wie sonst immer war Cole froh, dass dieser Mann wieder verschwunden war. Sicher, er ging nie ohne ihm am Schluss nahe an ihn heranzutreten, ihm die Hand auf die Schulter legte, ihn zu loben für seine Arbeit und ihn daran zu erinnern, was er ihm schuldig war. Anschließend ging Cole noch ein bisschen zu den anderen, bald aber verabschiedete er sich und fuhr nach Hause. Er hatte noch ein Examen zu bestehen. Corleone begrüßte ihn vorwurfsvoll maunzend und so spendete er diesem eine halbe Stunde auf dem Sofa. Eine halbe Stunde, in der er den Tag Revue passieren ließ, in der ihm bewusst wurde, dass der Tag nicht nur geschäftlich gut gelaufen war. Antonins Besuch, ihr Gespräch war auch ein Faktor, der diesen Tag hatte positiv werden lassen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er gehofft, dass jener noch einmal auf ihn zukam, auch wenn sein eigenes schlechtes Gewissen drückend gewesen war. Aber sein Sturkopf war zu groß. Ob er wirklich das arrogante Arschloch war, von dem der andere gesprochen hatte? Aber zumindest hatten sie jetzt alles geklärt und in Zukunft würde er diesen zwar neben sich akzeptieren, aber alles vermeiden, was diesen zu nah kommen ließ, damit er nicht wieder in diese Irritation gestürzt wurde, dass er nicht noch einmal das Gefühl hatte, die Kontrolle zu verlieren. Auf privater Ebene würde er Antonin einfach nicht wieder nahe heranlassen. Das war die einzige Möglichkeit, die er sah, dass sie miteinander auskommen könnten. Er schätzte Antonin, er schätzte seine Meinung und in gewisser Weise auch seine lockere Zunge, seinen Hitzkopf, der wenn es darauf ankam dennoch vollkommen konzentriert war. Das war ihm erst heute wieder aufgefallen. Und Cole dachte, dass dies der Fakt war, weshalb er sich in dessen Gegenwart entspannen konnte. Und solange sie sich nicht wieder bewusst oder unbewusst auf die Füße traten, würde es schon klappten, dass es zukünftig nicht mehr zu solchen verletzenden Wortgefechten kam, in denen Wahrheiten ausgesprochen wurden, die er nicht hören und nicht sagen wollte. Cole zog sich das Hemd über den Kopf und entfernte die Metallplatte, die sich darunter befand. Er lächelte kurz, als er sie weglegte. Antonin war einer der wenigen Menschen, die sich um seine Sicherheit scherten. Ragnar zählte vielleicht noch dazu, aber auf einer anderen Ebene, denn Ragnar würde deswegen niemals einen Streit mit ihm anfangen, würde ihm niemals deswegen Vorschriften machen. Andererseits war es Antonins Beruf, ihn zu schützen – irgendwie. Am nächsten Morgen schlief er lange aus. Erst gegen Mittag wälzte er sich aus seinem Bett, wobei er am vergangenen Abend auch noch ziemlich lange da gesessen hatte. Aber das war es wert gewesen, denn er hatte das erste Mal überhaupt das Gefühl gehabt, dass er diesen Prüfungsaufgaben gewappnet war. Er konnte wesentlich konzentrierter arbeiten, als die Tage zuvor. Ein Glück, dass dieser Deal über die Bühne gegangen war. Nun saß er da und studierte die Ausdrucke, die Antonin ihn zu seinem Mörder gegeben hatte. Wenn der wüsste... Er seufzte tief, als sein Handy klingelte. Ragnar teilte ihm mit, dass er verfolgt wurde. Cole war sofort klar, wer es sein könnte. Dass Klinger über normalem Wege an ihn herantreten würde, war in seinen Augen ausgeschlossen. Offenbar hatte jener durchschaut, wer bei ihnen zuständig für die Drogen war. Er musste schnell handeln. Er gab Ragnar ein paar Anweisungen, besonders die, unterzutauchen und sich auf nichts einzulassen… Dann rief er Antonin an. Als dieser an sein Handy ging, begann er gleich zu sprechen. „Können wir uns in einer halben Stunde am Hafen treffen? Es wäre dringend, aber wenn du zu tun hast, verstehe ich das auch.“ Antonin Antonin hatte den seltsam edel gekleideten Mann nur kurz gesehen und machte sich keine weiteren Gedanken über ihn. Aus den Augen, aus dem Sinn. Doch jetzt saß er auf seiner Couch und tat etwas, das er schon sehr lange nicht mehr getan hatte: Er sah sich eine DVD an. Die erstbeste, die ihm in die Hände gefallen war und es stellte sich als Pich Black raus. Zum einen gut, da er die Story des Filmes mochte und zum anderen schlecht, da er wirklich langsam zum Schwulen zu mutieren schien. Vin Diesel war mal absolut hot. Punktum und da gab es nichts schönzureden. Was auch dazu führte, dass er es tatsächlich fertig brachte einmal wirklich zwei Stunden zu entspannen. So richtig abzuschalten und sich von den Geschehnissen des Films einfangen und mitreißen zu lassen. Wie lange es wohl her war, dass er wirklich einmal an nichts gedacht hatte, das ihm irgendwie im Magen lag oder wichtig war? Normalerweise waren da immer die Gedanken an CI-4, seine normale Arbeit, sein Training, seine Ausbildung, seine Narben und neuerdings mit sehr viel Abstand in Führung gegangen auch Cole. Jener Mann, dessen Augen ihn so faszinierten, der sich vermutlich selbst auf einer Tanzfläche von einem halben Meter Durchmesser noch das Hemd vom Leib reißen würde und erwartete, dass man auf ihn ansprang. Jener Mann, der ihm schon insgesamt zweimal mit Waffen bedroht hatte und dessen Leben ihm inzwischen so wichtig war. Jener Mann, der ihm weder im wachen noch im schlafenden Zustand aus dem Kopf ging und den er ganz alleine für seine Umpolung zur Verantwortung zog! Plötzlich sprang er auf und begann in seinem Wohnzimmer auf und ab zu tigern. Hatte er sich gerade wirklich nicht nur eingestanden möglicherweise komplett schwul zu sein - oder zumindest momentan nicht mehr auf weibliche Reize anzuspringen - sondern auch, dass Cole der Auslöser dafür war? Und nicht nur Auslöser sondern damit auch weiterhin die unangefochtene Nummer Eins auf seiner Fantasie-Sexliste? Aufstöhnend griff er sich an die Stirn. Lag diese Dummheit an der russischen Seite seiner Herkunft? Seine Mutter hatte ihn doch wirklich gut erzogen, oder etwa nicht? Er konnte der höfliche, freundliche junge Mann von nebenan sein und Antonin hatte auch keine Probleme damit, den Professor raushängen zu lassen. Himmel! Sogar einen Auftragsmord ließ sich mal eben abwickeln, aber mit diesen neuen Erkenntnissen kam er nicht klar. Vor allem da die meterhohe Wand, für dessen Hochziehen innerhalb weniger Minuten er selbst die Verantwortung trug, doch gerade erst wieder anfing sich zu senken. Aber einen einzigen verfluchten Lichtblick gab es: Normalerweise legen sich so sexuelle Anziehungen ja doch meist recht schnell. Also müsste er einfach nur ausharren und der Dinge Zeit geben, richtig? Mit diesen doch wieder positiveren Gedanken war er ins Bett gegangen und befand sich gerade mitten in einem seiner Testläufe für ein verbessertes CI-4 als sein Telefon ging. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet, dass es knapp werden würde, aber durchaus möglich wäre, was Cole da verlangte. Nein, vielmehr erbat. Wirklich, langsam sollte der Typ es begreifen können. "Ich werde da sein", gab er kurzbündig zurück und legte auf. Mehr würde er dort erfahren. So schnell wie möglich begab er sich durch die Sicherheitsschleusen und die Kontrollen auf Rückstände von Chemischen Mitteln, bevor er zu seinem Jeep lief, sich die Tasche vom Rücksitz schnappte und sich in einer Toilette des Konzerns umzog. Durch den leider recht dichten Verkehr wurde es recht knapp, doch er fuhr fast mit einer Punktlandung vor. Stoppte sein Fahrzeug und überprüfte seine Waffen kurz, bevor er seinen Pullover anhob und sich selbst mehr schlecht als recht ein ähnliches Metallstück ans Herz klebte. Coles Stimme hatte ein wenig gepresst geklungen und er war nicht bereit unnötige Risiken einzugehen. Cole Spiegelglatt schien das Meer dazuliegen, hin und wieder durchbrach eine Möwe die Stille. Weiter entfernt konnte man das monotone Geräusch von Verkehr hören, immer wieder kurz unterbrochen vom Lärm, der von einem der angrenzenden Kais herkam. In der Luft lag der Geruch von faulem Fisch, salzigem Wasser und öligen Maschinen. Schier erbarmungslos schien die Nachmittagssonne. Der Sommer in New York war hereingebrochen, erbarmungslos. Cole saß auf einem Poller am Kai und blickte aufs Meer. Er mochte das Meer, aber er konnte nicht wirklich gut schwimmen, hatte es nie gelernt und eigentlich auch immer Angst vor dem Wasser gehabt. Sein weißes Hemd war vorne komplett geöffnet, der Hitze wegen, und weil er gerne braun wurde. Eine Sonnenbrille schützte seine Augen vor dem hellen Licht. Als er den Wagen des anderen hinter sich hörte, drehte er sich, sah den Jeep, in dem er damals von seinem Elternhaus weggebracht worden war. Jenes Ereignis schien schon so lange vergangen zu sein, dabei war es noch gar nicht lange her. Cole stand auf und ging Antonin entgegen. "Gut, dass du Zeit hattest", begrüßte er den anderen und ging mit diesem zu einem der Hafenbüros, wo er die Tür öffnete. Er hatte mittlerweile die Sonnenbrille abgenommen, denn er mochte es nicht, jemandem nicht direkt in die Augen sehen zu können. Es war niemand im Büro, das Kai war ohnehin schon lange nicht mehr genutzt worden und so bot es einen idealen Platz, wenn man ungestört reden wollte. "Es geht um den Killer, wie du dir denken kannst", erklärte er, nachdem er sich gesetzt hatte, Antonin ebenfalls einen Stuhl gegeben hatte. "Ich habe dir ja schon angekündigt, dass es etwas verzwickt ist." Und so erzählte Cole alles was er wusste. Angefangen von der Tatsache, dass es sich um einen Agenten der DEA handelte, über dessen Methode Dealer mit seiner Macht zu erpressen, um sich zu bereichern, und schließlich die Tatsache, dass Ragnar verfolgt wurde und anzunehmen war, dass es eben jener Klinger war. Er zeigte Antonin die Fotos von Klinger und seiner Crew, die er selbst geschossen hatte, als er diesen verfolgt hatte. "Im Großen und Ganzen glaube ich, dass die einzige Möglichkeit, den Kerl zu stoppen, ist, dass ich ihn beseitige. Und zwar so, dass die Bullen danach wissen, weshalb er gestorben ist. Und jetzt kommst du ins Spiel. Ich weiß wo er wohnt, ich weiß, dass mindestens zwei seiner Leute immer um ihn sind. Mehr weiß ich nicht. Ich vermute, dass es dir einen guten Eindruck vermittelt, wie beschissen diese Situation ist." Seine Augen hatten ruhig auf Antonin gelegen und verweilten weiterhin auf seinem Gesicht. "Ich fürchte wir haben maximal einen Tag Zeit, um uns einen Plan zu machen, damit ich zuschlagen kann. Ich weiß wo er wohnt, habe aber keine Zeit mehr, seine Gewohnheiten auszukundschaften. Ich muss wohl ein gewisses Risiko eingehen, aber ich hoffe, dass du mir ein wenig hilfst." Diesmal war er auf die Hilfe des anderen tatsächlich angewiesen. Sicher hatte er schon mehr Leute um die Ecke gebracht, als er mit beiden Händen zählen konnte, aber die wenigsten waren so geplant gewesen. Gut, der Bürgermeister hatte ihn einiges an Planung gekostet, doch da hatte er relativ viel Zeit dafür gehabt. Jetzt fehlte ihm de Zeit und er brauchte jemand, der versierter war. Und er hätte gerne jemanden, der ihm den Rücken ein wenig frei hielt. Antonin Er nickte zur Begrüßung und folgte dem anderen in das scheinbar ungenutzte Büro. Am liebsten hätte er die Augen über Coles Aufmachung verdreht. Der gute war wirklich ein wenig exhibitionistisch veranlagt, oder? Aber andererseits gab es ihm das Gefühl, wieder durchatmen zu können, denn es sah nicht so aus als würden sofort irgendwelche Typen ums Eck gesprungen kommen, die ihnen ans Leben wollten. Somit erleichtert aufschnaufend, ließ er sich in den angebotenen Sessel fallen und spürte ein wenig Anspannung von ihm abfallen. "Wenn es nur darum geht zu quatschen, hättest du mir auch ein wenig mehr Zeit geben können", brummte er bevor er seinen Pullover wieder auszog, wie üblich für Situationen die in Richtung Action tendierten ein langärmliges, dünnes Shirt darunter tragend. Als ob er nicht auch in dieser Hitze vergehen würde! Fast wünschte er sich in sein klimatisiertes Labor zurück, aber das war natürlich Blödsinn. Wenn Cole schon auf ihn zurückgriff, dann sollte man das auch ausnutzen. Weshalb er dem anderen auch aufmerksam zuhörte, bevor er um Unterbrechung bat und aufsprang, um etwas aus seinem Fahrzeug zu holen. Nämlich sein Din-A4 großes Notizbuch und einen schwarzen Filzstift. Das ganze drehte er auf den Kopf und öffnete es von hinten, denn in der richtigen Reihenfolge und Drehung stünden da jede Menge angefangene Formeln, während so herum Dinge für seine Arbeit eingezeichnet und geschrieben waren. Er bat Cole weiter zu erzählen und notierte sich hin und wieder ein paar Dinge, ohne zu unterbrechen, obwohl er das schon so manches Mal gern getan hätte. Schließlich seufzte er und lehnte sich in dem unbequemen Stuhl zurück, den Blick weiterhin auf seine Notizen gerichtet und die Stirn in sorgenvolle Falten gelegt. Das klang nicht nur schlecht, das sah auch auf dem Papier schlecht aus. Er warf den Bildern einen flüchtigen Blick zu und wollte sie schon weglegen, bevor sich seine Augen verdunkelten und er eines der Fotos bis ganz nahe an seine Nasenspitze hielt. Der Bulle war besser bewaffnet, als es auf dem ersten Blick den Anschein hatte. Wenn ihn nicht alles täuschte, trug jener ein ähnliches Messerset am Schienbein wie er selbst das auch tat. Dazu noch die normale Waffe und er tippte rein aus dem Bauch heraus noch auf eine weitere. Dazu wohl ein zusätzliches Magazin mit am Körper, davon musste man immer ausgehen. Doch schließlich legte er auch das Foto wieder weg und notierte sich wieder etwas. Ihm fiel gar nicht auf, dass er zu der ganzen Sache noch nicht einen Ton gesagt hatte. Beim nächsten Foto musterte er das Fahrzeug, aus dem der Kerl wohl gerade stieg, und vermerkte abermals etwas auf den sich schnell füllenden Seiten, bevor er ein wenig unwillig auf seiner Unterlippe herumbiss. "Ein Tag ist Scheiße. Ein einziger Tag ist so richtig, richtig beschissen", grummelte er und strich mit zielgenauen Strichen etwas das er gerade geschrieben hatte durch und legte das Foto ebenfalls beiseite. "Vor allem wenn man in Betracht zieht, wie du es haben willst. Ich widerspreche dir nicht, es ist deine Idee und steht mir gar nicht zu, aber es bleibt ein Bullenmord und egal wie man es dreht und wendet, du wirst immer Leute in deinem Nacken haben, die solche Dinge nicht glauben wollen. Das sind die, die dir dann auch nachts das Hirn aus sinnlosen Rachegelüsten heraus an die nächste Wand pusten", murmelte er vor sich hin, legte den Kopf ein wenig schief und stieß mit dem Ende des Stiftes immer mal wieder durch seine Lippen gegen die Zähne. "Und Risiko ist auch beschissen", grollte er und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich, bevor er ganz tief aus dem Herzen heraus seufzte. Es klang fast ein wenig kläglich. "Na schön, was wir brauchen ist eine Uhrzeit, zu der wir die Telefonleitungen seiner Wohnung - oder hat er ein Haus? - kappen werden. Damit beginnt die ganze Aktion und ich nehme an, er ist nicht verheiratet, denn keine Frau würde zewi weitere Vollidioten die ganze Zeit in ihrer Wohnung dulden. Damit haben wir im besten Fall mit drei, im schlechtesten mit noch mehr Polizisten zu rechnen, die nichts Besseres zu tun haben, als durch die Pampa zu rennen und Leute abzuknallen." Diesmal kritzelte er ganz vehement auf seinem Notizblock herum und warf nochmal einen Blick auf das erste Foto. "Schalldämpfer werden das A und O dieser Aktion sein und", diesmal sah er doch auf, direkt in Coles grüne Augen, "und ich möchte, dass du dir darüber im Klaren bist, dass nicht die Idee dahinter Priorität hat, sondern die Leute zu erledigen und spurlos wieder zu verschwinden. Im besten Falle lebend." Damit sah er wieder nach unten und murmelte ein wenig undefinierbares Zeug über Ausrüstungsgegenstände vor sich hin und klappte das Ganze dann zu. "Wir brauchen den Grundriss seiner Wohnung, oder Haus. Ein Haus wäre für uns ein riesiger Vorteil und ich hoffe du sagst mir jetzt gleich, dass dieser ziemlich kurzfristigen und noch viel waghalsigen Aktion wenigstens ein bisschen Glück beschieden ist?", er steckte sich den Filzstift hinter das Ohr und strich sich einige der Schweißtropfen von der Stirn. Was für eine brütende Hitze. Demnächst würde er Cole wirklich mit ins Labor nehmen, hier könnte man ja ein Spiegelei ohne Ofenplatte braten. Cole Cole erkannte den kleinen aber feinen Unterschied zwischen jemandem, der eine Ausbildung darin hatte, wie man mit so etwas umging, und ihm, der nicht selten einfach losmarschiert war und geschaut hat, was dabei rauskam. Sicher, er hatte dazugelernt, hatte gelernt, dass gewisse Dinge gut durchgeplant gehören, aber dennoch musste er zugeben, dass er von der Art, wie Antonin an diese Sache heranging beeindruckt war. Und so betrachtete er den Mann, der vor ihm saß, mit ruhigem, aber ein wenig lächelndem Blick. Er ließ ihm Zeit, seine Dinge zu notieren, sich die Bilder anzusehen und wartete auch seine Kommentare ab, bevor er wieder zu sprechen begann. "Er wohnt in einer Dachgeschosswohnung. Es gibt kein höheres Haus so nah, dass dieses helfen könnte. Die Wohnung ist recht groß." Cole zog einen Plan heraus, rollte diesen aus. Es war der Grundriss, den er über Beziehungen bekommen hatte. "Und sie ist ziemlich verwinkelt. Das hat Vor- und Nachteile." Er gab Antonin Zeit, sich zu orientieren. "Der Eingang des Hauses ist mit einem Wachmann versehen, der kontrolliert, wer ein und aus geht. Es wird also notwendig sein, den irgendwie auszuschalten. Ich bin dafür, ihn mit Abführmittel aufs Klo zu schicken. Der Mann, der tagsüber dort im Einsatz ist, hat immer einen Becher Kaffee dastehen. Man müsste ihn nur ablenken… Nun ja, das können wir uns ja nochmal überlegen. Im Treppenhaus sind teilweise Kameras. Zumindest gehe ich davon aus. Ich habe eine im Eingangsbereich gesehen und hier und hier - er deutete auf den Plan - sind sie auch eingezeichnet. Er lässt also den Eingangsbereich und die letzten beiden Stockwerke bewachen. Wir dürfen in keinem Fall riskieren von einer der Kameras eingefangen zu werden. Ich denke wir müssen entweder ein Störsignal einschleusen, oder mit einer Spraydose arbeiten. Wenn wir Letzteres tun, werden wir schneller bemerkt, das bedeutet wir können davon ausgehen, dass uns einer der Handlanger entgegenkommt. Die Telefonkabel verlaufen im Übrigen hier." Er fuhr eine Linie entlang, die in einem etwas abseits gelegenen Raum neben dem Eingang der Wohnung endete. "So wie ich den Plan interpretiere gibt es in der Wohnung neben dem Eingang einen Raum, der als Überwachungsraum dient. Der Kerl weiß in welcher Gefahr er lebt und lässt sich seinen ruhigen Schlaf gut bezahlen. Frau hat er übrigens nicht. Dafür hat er sich neulich eine Hure kommen lassen. Wie viele Leute in der Wohnung sein werden, das weiß ich nicht. Gut wäre es, wenn einer von uns durch die Wohnungstür kommt, der andere weiter nach oben aufs Dach geht und dann über den Balkon kommt." Er zeigte den Weg auf der Karte. "Dann kann er dort nicht hin flüchten... Wobei ich ihn so einschätze, dass er sich ziemlich wehren wird." Er richtete sich leicht auf und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. "Das Risiko ist mir klar, aber wie heißt es so schön: No risk, no fun." Er grinste den anderen an, wusste er doch, dass dieser Spruch wahrscheinlich diesem ziemlich gegen den Strich gehen würde. Aber wenn er ehrlich war, so war das früher immer sein Leitspruch gewesen. "Und ob uns Glück beschienen ist, kann ich dir nicht sagen, aber wir habe uns. Das reicht." Er wuschelte sich durch die Haare. "Und ich werde in jedem Fall etwas hinterlassen, das den Beweggrund dafür verdeutlicht. Die Bullen sollen ihre Arbeit korrekt machen. Ich mach meine Arbeit ja auch korrekt und laufe nicht einfach mal über..." Er wusste, dass diese Argumentation hinkte, aber er hatte sie ohnehin so ausgedrückt, dass man sie nicht ernst nehmen konnte. Wieder erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. Irgendwie schaffte es Antonin doch immer ihn munter zu stimmen. Sein Lächeln verschwand bei dem Gedanken und wich seiner normalen Kühle. "Keine Sorge", meinte er dann ruhig, den anderen eindringlich ansehend. "Die ganze Aktion ist Risiko genug. Ich werde kein zusätzliches eingehen. Der Typ ist gemeingefährlich. Er ist ein drogensüchtiges Arschloch, das vollkommen kalt und emotionslos ist. Ich habe mit angehört, wie er den unbewaffneten Mark fertig gemacht hat und sich anschließend darüber beschwert hat, dass dieser nach in etwa 15 Einschüssen, so viel Blut vergossen hatte. Er ist vollkommen irre." Und wenn er das sagte, dann wollte das etwas heißen. Antonin Für jedes Wort aus Coles Mund verschlechterte sich seine Laune um eine Nuance. Das war kein Risiko, das war glatter Selbstmord das innerhalb eines Tages auf und dann auch noch durchzuziehen. Aber würde es etwas bringen, das zu sagen? Nein, vermutlich nicht. Besonders wenn man diesen dämlichen 'No risk, no fun'- Spruch bedachte. Und rein um nicht über den Tisch zu springen und den anderen zu schütteln bis er seine Gehirnzellen wieder am richtigen Ort und Platz hatte, griff er nach seiner Zigarettenschachtel und genehmigte sich erstmal eine Zigarette. "Keine Sorge, huh? Haben wir heute einen Clown gefrühstückt?", hinterfragte er sarkastisch und schnaubte. "Meine Mutter hatte recht", bemerkte er mit einem weiteren Blick auf die Pläne. "Ich hätte zur Polizei gehen sollen. So eine Wohnung mit Überwachung könnte ich mir nicht einmal leisten, wenn ich mir CI-4 auszahlen lassen würde. So ein Penner." Und noch während er sprach fiel ihm noch etwas ganz anderes ein. Er hob ein wenig gespielt drohend den Finger: "Und wenn ich schon dabei bin, wem ist eigentlich 'Blue Wonder' eingefallen? Ich war beim letzten Telefonat mit Ragnar zu abgelenkt, aber das ist ein selten dämlicher Name für mein Schätzchen. Das klingt irgendwie mehr nach einem Sportdrink. Ich hatte mehr auf sowas wie 'Blue Devil' gehofft", moserte er leise vor sich hin bevor seine Aufmerksamkeit wieder umschwenkte. Antonin war froh wie Cole gerade mit ihm umging, aber irgendetwas nagte. Er übersah doch an der ganzen Geschichte irgendetwas, oder? Er sah dabei zu wie das Lächeln wieder von Coles Lippen verschwand und ihm nochmal erzählte, zu was für einem Psycho sie da eigentlich zu gehen vorhatten. Und plötzlich wusste er was ihn störte. Er hatte die Zeitangabe des anderen einfach so hin genommen. So hob er eine Augenbraue und nagelte Cole mit einem prüfenden Blick fest. Der sollte es jetzt ja nicht wagen ihm irgendwelchen Bullshit zu erzählen: "Soweit so gut, wir haben genügend Informationen mit denen man arbeiten kann. Gute Arbeit bis hierher, hätte ich nicht erwartet. Und nein, damit will ich nicht sagen, dass ich deine Fähigkeiten in Frage stelle, ok?", beschwichtigte er auch gleich darauf und inhalierte den Rauch seines nächsten Zuges tief bevor er ihn langsam wieder ausstieß. "Aber warum muss das morgen sein? Dieses Arschloch rennt jetzt schon ein wenig länger durch die Gegend und auf einen Tag hin oder her sehe ich keinen großen Unterschied. Das Ganze ist momentan mehr eine Kamikazeaktion als alles andere, selbst wenn wir die ganze Nacht wachblieben und versuchten, einen sinnvollen Plan zu erstellen." Er ließ den anderen nicht aus den Augen und blinzelte einmal perplex als sein Blick von Coles Gesicht ein wenig nach unten wanderte. Och toll.. musste das jetzt sein? Er hatte ja schon mal bemerkt, dass er nicht gut darauf reagierte Wassertropfen über dessen Gesicht gleiten zu sehen. Jetzt konnte er mit Sicherheit sagen, dass dies auch für Schweißperlen auf dem Oberkörper galt. So zwang er sich den Blick von dieser Aussicht abzuwenden und wieder auf den Plan zu sehen. "Wenn wir das machen, übernehme ich das Dach. Glaube nicht, dass ich nicht merke, dass du noch Probleme mit dem Arm hast." Cole Von wegen Clown zum Frühstück.. Er hatte Antonin vor sich. Cole musste leise lachen. "Ich finde 'Blue wonder' ganz lustig." Er hob herausfordernd die Augenbrauen und merkte wieder, wie ungezwungen er mit Antonin umging. "Der Name ist übrigens nicht von uns. Er hat sich in der Szene breit gemacht. Ich glaube es kommt von dem Cocktail, oder es hat jemand zu viel 'Club der toten Dichter' gesehen. Da nennt sich doch jemand 'blue wonder'. Lustig wäre auch 'Blue velvet' gewesen. Ich mag Oldies - manchmal." Er grinste leicht. "Aber 'blue devil' wäre sicher auch nicht ganz schlecht gewesen. Nur ein wenig zu plakativ vielleicht." Wie schaffte es Antonin nur, ihn so entspannt werden zu lassen? Vor seiner eigenen gute Laune konnte man ja fast Angst bekommen. Hatte er sich nicht vorgenommen, genau das nicht mehr haben zu wollen? So nun war aber wieder Zeit ernster zu werden. Und Antonin unterstützte sein Vorhaben, indem er ihn auf den Zeitraum ansprach. "Das ist ganz einfach. Er hat sich an Ragnar geheftet. Und auch wenn dieser erstmal untergetaucht ist, schätze ich Klinger als jemanden ein, der nicht lange fackelt. Und wenn er an Ragnar nicht rankommt, dann ist sein nächster Weg zu mir. Nun, und da ich niemanden bei mir zu Hause empfange, werde ich ihm wohl vorher einen Besuch bei ihm abstatten müssen. So einfach ist das." Vor seinem geistigen Auge sah er jenen Gesichtsausdruck, den er durch den Sucher in der Wohnungstür auf Klinger erkennen konnte. Dieser Mann war eine wandelnde Zeitbombe und er würde weder riskieren, dass jener ihn tatsächlich versuchen würde aufzuspüren, noch dass jener an Ragnar rankam. Solche Probleme hielt er nach Möglichkeit von seinen Leuten fern. Der nächste Satz des anderen ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. Seine Miene verdüsterte sich. "Du kannst gerne das Dach übernehmen. Aber die Probleme mit meinem Arm haben damit nichts zu tun." Seine Augen funkelten. "Außerdem sind es nicht wirklich Probleme", fügte er noch hinzu, als er merkte, dass er nicht geleugnet hatte, dass er Probleme hatte. Gut, er wäre froh, wenn er sich nicht irgendwo entlang hangeln müsste, aber ansonsten würde er keine Rücksicht auf seine Schulter nehmen müssen. Sie würde schon funktionieren, wenn es darauf ankam. Unangenehm berührt von der Tatsache, dass Antonin ihn offensichtlich wirklich genau beobachtete und ihm wieder einmal so nahe gekommen war, rutschte er auf seinem Sessel kurz hin und her. "Welche Waffen sollten wir mitnehmen", lenkte er lieber von seinem Thema ab. "Ich weiß, dass Klinger mindestens einen Revolver und ein kurzes Gewehr hat. Das hatte er in der Wohnung von Mark benutzt. Aber er wird in seiner Wohnung wahrscheinlich noch mehr von dem Zeug haben." Wieso musste jener ihn auch immer so direkt etwas ins Gesicht klatschen. Cole mochte es nicht, wenn man ihn auf seine Schwächen ansprach. Letztlich war er da immer der kleine trotzige Junge geblieben, zu dem er von seinem Onkel erzogen wurde, weil er nur Prügel von ihm eingesteckt hatte. Zuzugeben, dass etwas nicht optimal war, Schwächen sich einzugestehen, war etwas, was er nicht konnte. In seinem Leben hatte er niemals Schwächen zeigen dürfen. Warum gelang es dann Antonin immer, ihm seine Schwächen vor Augen zu führen? Antonin Er sah ein wenig missmutig drein, als er Cole lachen hörte und verdrehte nun doch die Augen. "Bei der nächsten Droge lege ich kleine Beipackzettelchen mit einem Namen dazu.", beschloss er, grinste dann jedoch schief. "Wenn das wirklich vom Club der toten Dichter kommen würde, hätte ich kein Problem damit. Das ist ein toller Film, aber mit 'Blue velvet' kann ich gerade keinen Song in Verbindung bringen", gestand er und hob dann kurz die Augenbrauen. "Ein wenig plakativ? Na und?", er zuckte mit den Schultern. "Verkaufen würde sie sich trotzdem", und hier schwang der pure Stolz eines Erschaffers mit. Auch wenn er selbst nie am eigenen Leib spüren würde, wie sich das ganze auswirkte, so waren die Berichte davon durchaus eindrücklich und wenn er das Ganze in größerem Stil aufziehen würde, könnte er sich wohl bald nicht nur so eine Wohnung, sondern noch sehr viel mehr leisten. Wollte er aber nicht. Er wollte weiterforschen und den Leuten ihren Kick verpassen. Er wollte sie süchtig nach seinen Kreationen machen. Das war die Art von Macht, die ihn faszinierte und der er gerne nachging. Doch als er das mit Ragnar hörte, waren seine Gedanken recht schnell wieder glasklar und bei der Sache. Zum einen, weil er es abspeicherte, dass Cole so viel Risiko für Ragnar einging, und zum anderen, weil er es sich nicht leisten konnte jetzt in seiner Konzentration nachzulassen. Vor allem in Hinblick auf 'dann ist sein nächster Weg zu mir'. Oh nein, er würde Klinger eher mit der bloßen Hand das Herz aus dem Leib reißen, als das zuzulassen. Cole war tabu und wenn es nach ihm ginge, dürfte ihn niemand überhaupt nochmal schief ansehen, ohne die Konsequenzen davon tragen zu müssen. Auch wenn er wusste wie lächerlich dieser Gedanke war. Der andere konnte sehr gut auf sich selbst aufpassen - wenn er nicht gerade die Auslöschung von Bullen plante, oder sich selbstmörderischen Aktionen mit offenen Augen in den Schlund warf. "Na schön, dann also wirklich morgen", stimmte er ein wenig unwohl zu. "Wegen dem Störsignal würde ich gern jemand anderen darauf ansetzen", hörte er sich selbst sagen und obwohl er wusste, dass ihnen das einiges erleichtern würde, vermutete er hier einen Kampf. "Der Mann ist absolut vertrauenswürdig und mit diesen Dingen sehr viel versierter als ich das bin. Möglicherweise kann er sich von außen einhacken", denn wie viel Nicholas wirklich drauf hatte, hatte er in all der Zeit nicht abschätzen können. Aber er traute es ihm zu, denn bisher hatte jener mit seinem Laptop immer kleinere und größere Wunder vollbringen können. "Nein, natürlich sind das keine Probleme", stimmte er zu, sich bewusst neutral haltend auch wenn ihn diese grünen Augen schon wieder so böse anfunkelten. "Aber es bringt nichts, sich in so einer Kamikazeaktion nicht an die besten und geeignetsten Pläne für den einzelnen zu halten. Ich habe in letzter Zeit wieder sehr viel trainiert und wäre daher schon ohne diese kleine Einschränkung besser geeignet dafür und es wäre sinnlos dich das tun zu lassen, wenn es dir schon nicht leicht fällt, in einer fließenden Bewegung in eine Jacke zu schlüpfen." Er würde hier nicht mit sich handeln lassen und Cole hatte das zu akzeptieren. Und apropos Jacke schlüpfen: "Und ich wäre dir sehr verbunden wenn du dein Hemd zuknöpfen könntest", fügte er mit absolut unbeweglicher Stimme an. Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug und er sich fragte, ob er ein Idiot sei? Schon wieder? Trotz dieses innerlichen Konflikts verengten sich seine Augen kurz drohend. "Und ich will kein 'warum?' hören, denn sonst muss ich das Schild mit der 'Grenze' hochhalten." Damit würde er weiteren Fragen und Konflikten dazu aus dem Weg gehen. Aber wirklich, wie sollte er sich hier auf so lebenswichtige Dinge konzentrieren, wenn der Typ sich hier so gehen ließ?! Am liebsten hätte er... nein, Antonin dachte gar nicht darüber nach, was er am liebsten tun würde. Besser gar nicht erst ins tiefe Wasser springen. "Ich mag keine Gewehre und kann auch nicht sehr gut mit ihnen umgehen. Sie haben lange Nachladezeiten und sind nicht gut zu handhaben. Ich persönlich bevorzuge für solche Hauruck-Aktionen automatische Handfeuerwaffen. Messer sind immer ein Vorteil und bringen häufig ein wenig benötigte Überraschung.", reagierte er schließlich auf die Frage nach den Waffen. "Zudem Klinger ebenfalls eines davon am Schienbein trägt.", er deutete auf das entsprechende Foto. Cole "Ich kann es dir bei Gelegenheit vorspielen." Er blickte den anderen kritisch an. "Aber dazu musst du mir vergewissern, dass du auf Oldies und auf Schnulzen stehst..." Er lächelte verschmitzt. Besonders das Lied Blue Velvet mochte er mehr als gerne. Es war eines der Lieder, zu denen seine Mutter manchmal gesungen hatte. Und Singen war das einzige, was seine Mutter wirklich gut gekonnt hatte. Überhaupt das einzige, was ihm positiv in Erinnerung geblieben ist. Den Stolz des anderen nahm er mit einem Lächeln wahr, verkniff sich aber den bissigen Kommentar, der ihm auf die Lippen rutschte. Nein, er sollte sich nicht weit aus dem Fenster lehnen. Cole blickte den anderen musternd an, als dieser ihm erklärte, dass er noch jemanden hinzuziehen wollte. Misstrauen flackerte in seinen Augen auf, kurz zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Er hörte sich dennoch die Erklärungen diesbezüglich an. Antonin schien überzeugt zu sein, dass man jenem vertrauen konnte. "Ich möchte ihn aber vorher sehen", entschied er. Er würde sich unwohl fühlen, wenn er mit jemandem zusammenarbeitete, den er noch nie gesehen hatte. Dann verdüsterte sich sein Blick noch mehr. Doch die Argumentation des anderen ließ ihn nichts erwidern. diesmal würde er wohl schlucken müssen. Antonin schien ihn wirklich sehr genau beobachtet zu haben, wenn ihm sogar aufgefallen war, dass er schwer in die Jacke kam. Und dann konnte Cole nicht anders, als den anderen komplett irritiert anzusehen. Verwirrt blickte er an sich hinab, sah auf seinen gebräunten Bauch. Was störte den anderen daran? Er blickte erneut auf, vernahm aber das Wort "Grenze" und seine Irritation wandelte sich wieder zu Kühle. Ein wenig missmutig knöpfte er das Hemd ohne Kommentar zu. Wie schaffte dieser Mann es nur, ihn so handeln zu lassen. Nicht nur, dass er die unterschiedlichsten Emotionen in ihm auslöste, er schaffte es sogar, sich seinem Willen zu unterziehen. Würde er nicht bei jedem anderen sagen, er solle wegschauen, wenn er ihn nicht sehen könnte, oder ihm sonst irgendwann gegen den Kopf werfen? War sein schlechtes Gewissen noch immer so groß, dass er solchen Aufforderungen bei Antonin nachkam? Provokant ließ er den obersten Knopf offen. "Ich will nicht ersticken...", knurrte er. Wenigstens ein bisschen sollte er doch seinen eigenen Willen behalten dürfen. Die eigentliche Ursache der Bitte durchschaute er nicht. Und so lauschte er den Worten bezüglich der Waffen und nickte dann. "Ich mag Gewehre auch nicht. Von der Ferne sind sie mir suspekt, aus der Nähe zu brutal. Und Messer sind immer ein Schmankerl, wenn man nahe an den Gegner rankommt. Ich hoffe nur, dass wir das nicht müssen. Aber wir sollten keine Eventualitäten außer Acht lassen. Was hältst du davon, wenn wir mal zu deinem Helfer fahren und unterwegs einen Blick auf die Lokalität werfen. Dann regeln wir das mit dem Telefon und vielleicht bekommt er das mit den Kameras ja auch hin. Und anschließend könnten wir zu mir..." Ihm fiel auf, dass er alle Waffen bei sich zu Hause hatte. "Dann könnten wir uns irgendwo verabreden und uns über jede dieser Eventualitäten Gedanken machen. Ich denke wir brauchen ein gutes Timing. Denn es nutzt nichts, wenn wir nicht gleichzeitig am Ziel ankommen." Er stand auf und begann die Unterlagen einzusammeln. Eigentlich war er hierhergekommen, weil er hier auf neutralem Boden war. Zu ihm nach Hause würde er niemanden mitnehmen, der Club war tabu, weil sie dort gesehen werden könnten und Antonins Wohnung war ebenfalls Tabuzone geworden. Außer dessen Bett vielleicht, denn dort hatte er einmal wirklich gut geschlafen. Und mit einem Mal wusste er, warum Antonin ihn nachdrücklich gebeten hatte, sein Hemd zu schließen. Hatte er ihn abgelenkt? War es das gewesen? Wollte der andere von seinem Körper nicht in seiner Konzentration gestört werden? Ein interessanter Gedanke, den er aber nicht weiterspinnen sollte. Es ging ihn nichts an. Und er wäre vielleicht auch irritiert, wenn Antonin sich ausziehen würde. Nein, er wäre nicht nur ‚vielleicht‘ irritiert, er würde sich sicher gar nicht mehr konzentrieren können. Antonin Er wollte nicht ersticken? Was dachte Cole eigentlich was er hier gerade durchmachte in diesem Saunaverschnitt? Da konnte es doch wohl nicht zu viel verlangt sein... Er riss sich mit etwas Mühe aus seiner langsam aber sicher hochkochenden Irritation und gab den Blick des anderen nur mit gleicher Münze zurück. Inzwischen war er nämlich zu der Überzeugung gekommen, dass man bei manchen Dingen einfach direkt von Anfang an klar machen musste, dass man nicht verhandelte. Gerade hatte es auch zweimal geklappt, damit sah er seine These fast als bestätigt an. Er nickte zustimmend. Natürlich könnte Cole sich Nicholas ansehen, aber ob er danach so viel überzeugter wäre, war die andere Frage. Da würden dann wirklich zwei seltsame Menschen aufeinander prallen. Er beschloss sich auf das Schlimmste vorzubereiten und auf das Beste zu hoffen. "Na, das klingt doch alles nach einem Plan", stimmte er zu und erhob sich ebenfalls und als Cole ihm noch klarmachte, dass Antonin zu fahren hätte, grinste er nur kurz. "Och und ich hatte mich schon so an deine Chauffeurkünste gewöhnt", frotzelte er, griff sich dann seinen Pullover und das Notizbuch und begab sich zusammen mit dem anderen zu seinem Jeep. Wo ihnen dann auch erstmal der Armageddon Soundtrack fast um die Ohren flog. Schnell stellte er den angehängten MP3 Player leiser und ließ sich dann bis zu Klingers Wohngegend lotsen, wo er aufmerksam für die geparkten Fahrzeuge, mögliche Verfolger und ähnliches wurde. Besonderes Augenmerk bekamen der Eingang und die unmittelbare Umgebung ab. Doch nachdem er zweimal um den Block gefahren war, beschloss er dass sein Fahrzeug zu auffällig für mehr wäre und griff, einen anderen Weg einschlagend nach seinem Handy. "Ich bins. Schaufel dir Zeit frei…" Ihm fiel auf, dass er sofort ins Russische gefallen war und warf Cole einen entschuldigenden Blick zu, bevor er in Englisch weitersprach. "Nein, ich bin noch dran. Ich brauche den Raum, deine Fähigkeiten und Platz für einen Besucher." Er lauschte der Antwort, verabschiedete sich und beendete das Gespräch, bevor er abermals kurz zu Cole blickte. "Besser man meldet sich an. Er kann‘s nicht leiden, wenn ich ihn unangemeldet von seinen Autos wegreiße", erklärte er kurz und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße. Warum er das Bedürfnis verspürte, das überhaupt zu erklären, konnte er nicht ganz benennen, aber er fühlte sich so besser. Also warum nicht? -.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.- Gawain Skeptisch betrachtete er die kleinen Plastiktüten, die er soeben erstanden hatte. Bei näherer Betrachtung ein Fehlkauf. An diesem Zeug war es nicht schwer zu erkennen, dass sich da jemand am Strecken versucht hatte. Das waren die kleinen Fische, die nicht in sein Zielgebiet gehörten. Damit strich er ein weiteres Quadrat aus seiner Karte durch und seufzte. Bis er überhaupt einmal die Gebiete eingegrenzt hätte, wo man wirklich guten Stoff bekam, würde wohl eine ganze Weile vergehen. Zudem seine Arbeit danach überhaupt erst einmal anfing, denn auch wenn die Akten, die sie von den Organisationen hatten, durchaus einige Informationen enthielten, so war dort kein Ansatzpunkt zu erkennen. Es gab einfach niemanden, der dort einfach durch die Tür spazieren und erklären könnte, dass er jetzt für den Boss arbeiten würde. Also hieß es, sich von unten nach oben vorarbeiten zu müssen und das würde sich natürlich nur lohnen, wenn ihn da am Ende auch ein Endgegner erwartete und keine Niete. Leise den Song 'Remember me' von Journey vor sich hin pfeifend, öffnete er die nächste Abfalltonne und entsorgte dort die eben gekauften Drogen. "Say goodbye, close your eyes. Remember me", damit ging er auch zurück zu seinem Wagen und griff sich wahllos eine der auf dem Beifahrersitz liegenden Akten heraus. Hm, sah so aus, als wären jene nicht auf dem neuesten Stand, denn Gawain wusste, dass der Kerl, der ihm auf einem Foto entgegensah, nicht mehr lebte. War wohl einem Konflikt zwischen den Organisationen unter die Räder gekommen. Damit wurde jene Akte auch geschlossen und achtlos nach hinten geworfen. Wie sollte man vernünftig arbeiten, wenn man falsche Informationen bekam? Wenn man denn überhaupt einmal damit versorgt wurde, denn sein Kontaktmann in New York hielt offensichtlich nicht sehr viel von dieser neuen Sondereinheit. Vermutlich war jener aber auch nur skeptisch, dass er hier ganz alleine in dieser Weltstadt auftauchte. Aber zum einen gab es gar nicht genügend für diese Art von Arbeit ausgebildete Leute und zum anderen ging es erst einmal um reine Zielfindung. Derjenige, der zum Termin die meisten Informationen zum größten Fisch vorzuweisen hatte, dessen Bereich würde dann auch für eine große Operation herhalten. Gemächlich griff er nach seiner Sonnenbrille und setzte sie auf bevor er seinen Wagen wieder startete und in das nächste Quadrat seiner ersten Zone fuhr. Er selbst hatte seine gewünschten 'Fische' schon herausgefischt, aber es ließ sich so schlecht auf Intuition hin arbeiten und darum ging er das ganze so bürokratisch wie möglich an. Die in DC sollten gar nicht auf die Idee kommen ihre Undercoverleute wieder nach Hause zu holen. Kapitel 30: Hitzkopf und Eisberg und das Wissen um weitere demolierte Autos --------------------------------------------------------------------------- Antonin Schließlich fuhr er an 'seinem' Schrottplatz vorbei und hielt vor der Werkstatt, wo wie so häufig auch diesmal einige der teuren Flitzer herumstanden, deren Marke er sich nie merken konnte. Solange ein Fahrzeug fuhr und Schüsse abhalten konnte war es ihm genug. Er sah Nicholas mit verschränkten Armen am Eingang stehen und stieg, Cole mit sich winkend, aus um jenen zu begrüßen. "Solltest du nicht bei deiner Sitzung sein?", begrüßte jener ihn und warf Cole einen abschätzenden aber nicht gänzlich unfreundlichen Blick zu. Zumindest so viel konnte Antonin entziffern. Doch dann zuckte er erschrocken zusammen. "Scheiße!", seine Augen wurden groß und sämtlicher Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Verdammt, das hab ich total verschwitzt", jammerte er und wollte schon zum Auto hechten, um sein Handy zu holen. Nicholas seufzte. "Du machst mich wahnsinnig, Toni. Geh ins Haus und ruf ihn an. Ich bringe deinen Gast derweil in den Raum." Nicholas sah gelassen dabei zu wie Antonin sich kurz bei Cole entschuldigte und versicherte, dass er sofort wieder da wäre, bevor er in der sprichwörtlichen Staubwolke im Haus verschwand. So wandte er sich seinem neuen Gast zu, der wohl Tonis Ziel wäre und nickte ihm zu. "Nenn mich einfach Nicholas." Bevor er sich herumdrehte und den anderen mit sich winkte. "Nur nicht von der Lautstärke irritieren lassen, aber gerade wird eines der Babys abgeschliffen", erklärte er und ging zielstrebig durch die Werkstatt, wo verschiedene Mechaniker an weiteren teuren Autos herumschraubten. Das war definitiv nicht die normale 'Ich wechsel meine Reifen‘ - Werkstatt. Wie schon vor einigen Wochen, öffnete er wieder jene Tür, zu der es nur einen Schlüssel gab, und nahm Cole damit mit in die Waffenkammer, die gleichzeitig auch eine Art Serverraum darstellte. "Willkommen in der Welt eines Guards", gab er belustigt von sich und hielt auffordernd die Hand von sich. "Setz dich wohin auch immer, aber nicht an den Rechner." Cole Als er das letzte Mal in den Jeep gestiegen war, hatte er kaum wahrgenommen, welch tolles Auto er da eigentlich genießen durfte. Cole mochte Autos, am liebsten sportliche. Jeeps waren ihm generell ein wenig zu klobig, aber dieser hier war schon ganz nett. Er hatte eine Eleganz, die andere Jeeps nicht besaßen. Diesmal sich Zeit nehmend, sich im Innenraum des Autos wirklich umzusehen, blickte er erst wieder auf, als Antonin an Klingers Haus angekommen war. Er gab hier und da ein paar Hinweise über Aspekte, die ihm aufgefallen waren. Als sie schließlich weiterfuhren, prägte er sich den Weg ein, orientierte sich. Als Antonin nach seinem Handy nestelte, lauschte er auf die hart klingenden Worte. Was er ihm wohl da sagte? Es beunruhigte ihn, wenn man in seiner Gegenwart nicht Englisch sprach. Doch der entschuldigende Blick des anderen und das fortfahren auf Englisch beruhigte ihn wieder ein Stück weit. Schließlich sah er wieder aus dem Fenster, bis sie schließlich auf dem Schrottplatz ankamen. Cole blickte sich aufmerksam aber mit kühlem Blick um. Wie immer, wenn er sich irgendwo nicht auskannte, strahlte er besondere Unnahbarkeit aus. Seine Augen glitten ruhig musternd über die Autos, die hier zum Verkauf angeboten wurden. Wirklich keine schlechte Auswahl, sein eigenes Baby würde hier sicher nicht sonderlich auffallen. Dann ging er auf Nicholas zu, erwiderte den musternden Blick des anderen ungerührt, bevor er Antonin sah, der panisch wie ein Schulkind wirkte, das in der Pause herausfand, dass es die Hausaufgaben vergessen hatte zu machen. Kurz musste er lächeln. Im Vergleich dazu wirkte Nicholas in dieser Situation wie ein Vater, oder ein älterer Bruder, der den 'Kleinen' wieder auf den Boden der Tatsachen holte. Wirklich amüsant. Offenbar gab es jemanden, dem sich Antonin komplett unterordnen konnte, und dieser Mensch stand gerade vor ihm. Ein Mann mit höflicher Distanz, wie er es eigentlich ganz gerne mochte. Cole nickte ruhig. "Erledige den Anruf, das ist wichtig", erklärte er. "Ansonsten könnte ich eh nichts mit dir anfangen, weil dein Kopf nicht bei der Sache wäre." Nun, wenn er Toni so besah, würde dieser sicher nur daran denken, dass er den Termin verpasst hatte. Und letztlich war er ja schuld daran. Schließlich hatte er ihn angerufen und ihm so seinen Tagesplan durcheinander gebracht. "Ich bin Cole", erwiderte der dunkelblonde Mann und nickte Nicholas zu, dann folgte er diesem zur Werkstatt. Aufmerksam glitt sein Blick über alles, was ihn umgab. Er vertraute Antonin, dass er ihn nicht in eine Falle lockte, aber er war hier in einer Situation, in der er niemanden kannte, in der um ihn herum tausend Möglichkeiten bestanden, ihn anzugreifen. Er glaubte nicht, dass er hier wirklich in Gefahr war, aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit, basierend auf einer oft sehr gesunden Portion Misstrauen, konnte nichts schaden. Als er mit Nicholas den 'Raum' betrat blickte er sich mit unverholener Neugierde um. Cole blieb stehen. Solange Antonin nicht wieder hier war, würde er sich nicht beruhigt setzen können. Und so sah er sich weiter um, versuchte sich einen Eindruck zu verschaffen. "Mir scheint, ich weiß, wo Antonin in letzter Zeit trainiert hat", stellte er fest, ohne Nicholas direkt anzusprechen. Vorhin erst hatte sein 'Partner' ja erst davon gesprochen, dass er trainierte. Er blickte Nicholas an, als er genug gesehen hatte. "Und du bist offensichtlich der, der ihn unterweist." Wieder eine Feststellung, ohne dass es wertend klang. Nicholas Nicholas war zufrieden mit Coles Auftreten auch wenn es ihn bereits nach wenigen Minuten nicht mehr wunderte, dass Antonin vor einiger Zeit wie ein Wahnsinniger auf ein Auto eingeprügelt hatte. Menschen vom Schlag dieses Mannes gehörten genau zu der Art von Menschen, mit denen sein Kleiner am wenigsten klarkam. Kühle Distanz war etwas, womit er eine kurze Weile umgehen konnte, doch dann bröckelte Tonis Fassade und er wurde ungeduldig. So oder so ähnlich stellte sich Nicholas zumindest die Konflikte zwischen den beiden vor. Auch wenn es ihn beeindruckte, dass jener so ruhig hier stand, obwohl die beiden so eine hässliche Konfrontation hinter sich hatten. Aber grundsätzlich hatte der Russe eher wenige Probleme sich zu setzen, obwohl der andere noch stand, und genau das tat er auch. An jenem Tisch in der Mitte, an dem er schon das letzte Mal die Nacht über zusammen mit Toni gebrütet hatte, um eben jenem Kerl, der jetzt hier stand, das Leben zu retten. Was wohl jetzt wieder für eine Verrücktheit kommen mochte? Denn dass es verrückt war, bezeichnete alleine die kurze Vorlaufzeit des ganzen. Er würde dem Kleinen mal ordentlich den Kopf waschen müssen. Doch als er die versteckte Frage hörte, oder sie zumindest als eine solche wahrnahm, lachte er leise. "Nicht einmal das hat er erzählt?", fragte er und schüttelte den Kopf. "Kein Wunder dass ihr ständig zusammenkracht und ich dann wieder damit beschäftigt bin mir die Auswirkungen davon anzusehen. Ich unterweise ihn nicht nur, ich war von Anfang an ein Teil seiner Ausbildung. Auch wenn ich erstaunt bin, dass er tatsächlich angefangen hat das Ganze auch wieder mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu betrachten." Er maß Cole mit einem prüfenden Blick. "Aber vielleicht sollte ich gar nicht erstaunt sein. Auf Leute wie dich zu achten ist eigentlich ein Fulltimejob. Menschen mit deiner Ausstrahlung verleiten andere, hitzköpfigere geradezu dazu sich an einem messen zu wollen. Ich habe genügend davon gesehen, um mir diese Meinung erlauben zu können." Er schwieg und wartete die Reaktion ab, während er sich eine Zigarette hervorholte. Ein Laster mit dem er Toni angesteckt hatte, sehr zu seiner eigenen Missbilligung. Wo sein Kleiner sich meistens für dümmliche Lächeln und probende Kommentare entschied, da war Nicholas ein Verfechter der 'wahren Worte'. Zudem ihn in seinem eigenen Haus so schnell nichts davon abhalten konnte genau das auszusprechen, was er dachte. Obwohl er sich vielleicht ein wenig zurückhalten könnte, in Anbetracht der Tatsache, dass es irgendwie der Verdienst dieses verschlossenen Mannes war, dass Antonin sich endlich seiner Vergangenheit stellte. Nun, man würde sehen. Cole Er registrierte, dass Nicholas sich setzte, was ihn ein wenig entspannte, ihn aber nicht davon überzeugte, sich auch zu setzen. Vielmehr sah er sich noch ein wenig um, zumindest bis Nicholas auf seine Worte reagierte und ihm einen Fakt klarmachte, der ihn stutzen ließ. Antonin hatte ihm zwar viele Informationen gegeben, besonders was seine Vergangenheit betraf, aber es waren letztlich nur oberflächliche Informationen gewesen, die das Puzzle nur ein wenig deutlicher hatten werden lassen. Nun merkte er wieder deutlich, dass es eigentlich komplett verschwommen war. Ja, jener Mann erzählte ihm nicht wirklich viel. Gut, er hatte ihn auch nicht danach gefragt. Aber das lag einzig und allein daran, dass er selbst diese Fragen nicht mochte. Er wollte auch nichts über längst Vergangenes erzählen. Dennoch spürte er, dass sein Interesse wuchs, Antonin wesentlich besser kennenzulernen, viel viel besser kennenzulernen. Eine Zwickmühle, nun da sie doch ihre Grenzposten perfekt positioniert hatten. Er drehte sich zu Nicholas und blickte ihn an. "Das liegt wohl daran, dass Antonin recht bald klar gemacht hat, dass solche Informationen unter dem Motto 'Auge um Auge - Zahn um Zahn'-Prinzip laufen, und dass wir mittlerweile Grenzschilder hochhalten, wenn wir uns auf die Füße treten." Seine kühlen Augen glitten über das markante Gesicht des Russen vor ihm. Dieser Mann war also Dreh und Angelpunkt Antonins Tätigkeit als Guard. Und offensichtlich war er auch die Person, die Antonin am nächsten stand. Ob er ihm auch die Patenschaft für das kleine Kind übertragen hatte? Vielleicht… Es würde zumindest passen. Den Kommentar des anderen zu ihren Auseinandersetzungen ließ er unter den Tisch fallen. Das waren in seinen Augen mittlerweile wieder 'alte' Geschichten, auch wenn sie sich erst gestern soweit wieder vertragen hatten, dass sie miteinander arbeiten konnten. "Ich möchte doch hoffen, dass er es mit Ernsthaftigkeit betreibt, und um ehrlich zu sein, daran habe ich bisher nie Zweifel gehabt. Er ist vielmehr in dem was er tut hervorragend." Cole hatte kein Problem damit, ein Lob auszusprechen, solange er dem, dem das Lob galt, nicht unbedingt dabei in die Augen sehen musste. Aber das Thema würde er nicht unbedingt auswalzen müssen. Vielmehr interessierte ihn die Charakterisierung, mit der ihn Nicholas besah. Offenbar war jener Mann hier vor ihm sehr geradlinig, sagte, was er dachte, was teilweise auch ganz gut war, aber wenn es ihn selbst betraf, mochte er es nicht, wenn Leute sich ein schnelles Urteil bildeten. "Leute wie ich, ja?", fragte er nach und ein leises, aber nicht unbedingt aggressives Knurren war zu vernehmen. "Ich dachte ich sei einzigartig." Am Tonfall merkte man, dass er es nicht ernst meinte. Er wusste, dass das, was Nicholas formulierte teilweise recht gut zutraf. Er war schon immer durch seine Art provozierend gewesen, was ihn teilweise sehr geholfen hatte, Probleme aus der Welt zu schaffen, zum anderen dafür gesorgt hat, dass er bei anderen ohne lange Diskussionen den nötigen Respekt einfordern konnte. Eigentlich konnte man gar nicht sagen, dass es seine Ausstrahlung war, die ihn zu dem gemacht hatte, was er jetzt war. Vielmehr musste man sagen, dass er diese Ausstrahlung erst aufbauen musste, um zu werden, was er war. Und in seinem Business, und mit seiner Vergangenheit war er eigentlich noch ganz ertragbar. Es gab schlimmere als ihn, wesentlich schlimmere. Doch eine gewisse Grenze der Menschlichkeit wollte er nie überschreiten. Er war skrupellos, brutal und unberechenbar, aber auf eine andere Art und Weise doch recht menschlich. Zumindest hoffte er das. Kurz überlegte er, wen er mit diesen 'hitzköpfigeren' Menschen meinte. Antonin? Wahrscheinlich. "Nun ich hoffe, dass Antonin nicht nur die Motivation hat, sich an mir zu messen, sondern auch wirklich seinen Job macht, aber da habe ich mir bisher keine Sorgen gemacht." Kurz schwieg er. Hm, Antonin, der Hitzkopf. "Und um ehrlich zu sein, schätze ich seinen Hitzkopf, denn bis zu einem gewissen Grad mag und brauche ich seine Ehrlichkeit." Zumindest so weit, bis jener wieder Schwellen überschreitet, zu denen er keine Befugnis hat. Nicholas "Ihr haltet Grenzschilder hoch?", es klang als müsste Nicholas sich gerade ganz stark ein heftiges Lachen verkneifen. Was er auch tat. Wenn das nicht stark nach seiner Tochter klang, die auch ständig ihre Antworten gab, indem sie imaginäre Schilder hochhielt. Was waren die beiden Holzköpfe? Fünf? Doch dann räusperte er sich und bekam sich auch wieder unter Kontrolle. Auch wenn seine Augen nach wie vor in unterdrücktem Lachen schwammen. Vielleicht war Cole doch nicht so ein Eisklotz, für den er ihn gerade eingeschätzt hatte, auch wenn dessen Tonfall noch recht gut in diese Kategorie passen würde. Doch recht schnell verschwand auch jener Schalk aus den Augen. Antonin war hervorragend? Warum saß jener dann häufig stundenlang grübelnd herum und bezeichnete sich selbst als den letzten Versager? Näheres hatte selbst Nicholas ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus seinem Schüler herausholen können und das machte ihn zugegebenermaßen schon ein wenig stutzig. Doch schließlich nickte er zustimmend. "Er ist zumindest nicht schlecht." Von einem hervorragend ging er dennoch nicht aus. Nicholas vernahm den leisen, knurrenden Unterton und war abermals zufrieden. Wer sich so in einem fremden Raum voller Waffen verhielt war zumindest mal von sich überzeugt. Womöglich könnten Cole und Antonin gemeinsam aneinander wachsen. Beide waren noch in einem Alter in dem das durchaus noch möglich wäre. Manchmal kam man sich mit 32 schon alt vor, wenn man bedachte was so Jungspunde schon alles erlebten und anstellten. "Japp, Leute wie du", bestätigte er noch einmal und verzog die Lippen zu einem Grinsen. "Ja, nachdem was ich von dir gehört habe, bist du das tatsächlich…", meinte er in Hinblick auf die Einzigartigkeit. Und er ließ den Satz mit voller Absicht in alle Richtungen hin zum interpretieren offen. Tatsächlich hatte Antonin ihm wirklich einiges erzählt, aber Nicholas hielt es immer noch für die Spitze des Eisbergs. Darunter war so viel an schwelendem Gefühl. Das konnte er zumindest seinem Kleinen direkt an der Nasenspitze ansehen, wenn jener von Übergaben oder Treffen berichtete. Und vor allem daran, was mit einem lapidaren 'und wir waren in nem Club' abgespeist worden war. Ein Satz für einen gesamten Abend? Wenn das nicht nach versteckten Erlebnissen schrie, dann wusste er es auch nicht mehr. "Cole, ich kann natürlich nicht wissen, wie Antonin das dargelegt hat. Aber wenn ihr euch messt in welcher Form auch immer, dann darf das für ihn immer nur eine Nebensächlichkeit sein. Ihr habt das kleine Ritual doch gemacht? Den Kuss zwischen die Augenbrauen und das Herz?", hinterfragte er und wartete gerade lange genug, um das Erkennen in den Augen des anderen zu sehen. "Es mutet ein wenig lächerlich an, aber ab diesem Zeitpunkt sollte jede Kugel - wenn der Guard seinen Job richtig macht - zuerst das Herz von eben jenem durchschlagen. Und da der Mensch hinten normalerweise keine Augen hat, übernimmt das auch der Guard. Und diese Dinge hat Antonin definitiv verinnerlicht. Das hat nichts mit Motivation zu tun", beschied er und wirkte in diesem Moment ohne es zu wollen ein wenig wie der Ausbilder, der er war. Seine Haltung war nach wie vor entspannt, aber gab dennoch inzwischen eine gewisse Kühle aus. "Ja, sein Hitzkopf ist mir auch am liebsten. Ist auch das, was ihn überleben lassen hat, daher wäre ich sehr enttäuscht wenn es tatsächlich jemand fertig brächte, ihn wirklich unterzuordnen", gab er zurück und runzelte dann ein wenig verwirrt die Stirn. "Wenn er das tut, hast du deine Grenzen nicht klar genug abgesteckt oder es betrifft dein Leben. Hm... vielleicht sollte ich dir seine ganze Geschichte einmal erzählen, aber ich befürchte dafür fehlt momentan die Zeit." Nicholas hatte entschlossen gut mit Cole klarkommen zu können. Es war mit jenem ähnlich wie mit Antonin. Sobald man ein wenig hinter die erste Schicht blickte, wurde man nur mit noch mehr Schichten belohnt. Etwas das in ihm durchaus eine gewisse Neugierde hervorholte. Cole Cole musste kurz schmunzeln, als er merkte, dass Nicholas Mühe hatte, nicht zu lachen. Eigentlich war diese Tatsache mehr als lustig. Aber gleichzeitig nötig. In seinen Augen war es die einzige Möglichkeit, sich davor zu schützen, dass dieser Mann nicht noch näher an ihn herankam. Ungerührt nahm er das uneindeutige Kompliment – Cole beschloss es als solches zu sehen – wahr. Sein Blick glitt über den Schrank mit den Scharfschützengewehren. Eines fehlte, und Cole wusste, wann es verloren gegangen war. Langsam aber sicher bekam er den Überblick. Die Person, die auch seinen Wagen zum Lady-Dream gebracht hatte, die Person, die die Spuren beseitigt hatte, saß hier vor ihm. Der Schattenmann hinter Antonin, der diesen kontrollierte. Doch er musste zugeben, dass dieser Mann ihm wesentlich lieber war, als der 'Schattenmann', der hinter ihm persönlich stand. Zumindest wirkte Nicholas wie ein wesentlich angenehmerer Zeitgenosse als sein Boss, sein Aufpasser, sein 'Lehrer' – wenn man ihn überhaupt als solchen bezeichnen wollte – sein ‚Ziehvater‘. Und allein deshalb schon, weil Nicholas ein wirklich enges Verhältnis zu Antonin zu pflegen schien, ein freundschaftliches Verhältnis. Seine Beziehung zu seinem Boss bestand darin, dass er sich zweimal umsehen musste, um nicht Gefahr zu laufen, erstochen zu werden. Ihre Beziehung bestand aus Hass und Abhängigkeit. Einer zermürbenden Abhängigkeit. Nicholas schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. „Das Ritual hat er durchgezogen, ja“, bestätigte er und erinnerte sich an seine Überraschung, sein Erstarren ob der Berührungen. Er lauschte den Ausführungen und es schien ihm, als würde er erst jetzt so richtig begreifen, worauf er sich eingelassen hatte, welche Verantwortung er hatte. Aber ob er diese Verantwortung wirklich tragen konnte? Hatte er nicht bei ihrem letzten Streit deutlich gezeigt, dass er überfordert war? Es war schwer abzusehen, welche Konsequenzen das alles noch haben würde. Aber er wusste eines mit Bestimmtheit zu sagen. Er wollte Antonin weiter an seiner Seite haben. Und deshalb würde er lernen mit der Verantwortung umzugehen. Er war zufrieden mit seiner Arbeit, er fühlte sich in seiner Gegenwart entspannt. Mehr wollte er nicht hinterfragen, mehr wollte er nicht nachdenken. Doch dazu ließ ihn Nicholas nicht kommen, denn er deutete an, dass hinter der kleinen Wahrheit, die er schon hatte erblicken können, noch eine viel viel größere Wahrheit lag. Eine Wahrheit, die Nicholas ihm anvertrauen würde? Ein interessanter Gedanke, aber würde er das alles wissen wollen? Er wusste doch jetzt schon, dass kaum eine Nacht verging, in der er sich nicht vorstellen, in der er nicht sehen musste, wie Antonin an einem Stuhl gefesselt... Nicht wieder daran denken! Würde ihm noch mehr Wahrheit über dessen Ausbildung diesen nicht noch näher an sich heranrücken lassen? Und würde er diese Wahrheit überhaupt vertragen? Würde er damit umgehen können? Er konnte doch schon mit der Wahrheit seiner Narben nicht wirklich umgehen, hatte das Gefühl damit überfordert zu sein. Und dennoch hatte er auch das Gefühl, dass er dadurch Antonin eigentlich mehr an sich heranlassen sollte. Eine verzwickte Situation, aus der er keinen wirklichen Ausweg sah. Zum einen wollte er ihn auf Distanz halten, auf der anderen Seite spürte er das Bedürfnis, ihm nahe sein zu können. Nur sollte Antonin eben nicht ihm zu nahe kommen... Aaaarghhh... Coles Miene verdüsterte sich mit jedem Gedankengang. „Ich weiß noch nicht, ob ich bereit bin, die ganze Geschichte zu hören“, erklärte er dann und blickte Nicholas offen an. „Es gibt nämlich auch andere ganze Geschichten, mit denen ich nicht zurecht komme.“ Er war absolut ehrlich und gab damit letztlich zu, dass er sich selbst auch kritisch hinterfragte. „Und eigentlich möchte ich diese 'ganze Geschichte' ohnehin lieber aus seinem Mund hören...“ Er hörte, wie sich Schritte näherten. Antonin würde sicher jetzt zurückkommen. Antonin Nicholas sollte nicht mehr zu einer Antwort kommen, denn Antonin zog die Tür auf und betrat den Raum. Inzwischen mit einer etwas gelasseneren Haltung. Kurz sah er von dem stehenden Cole zum sitzenden Nicholas. "Setz dich doch", forderte er auf und nahm gleich darauf selbst Platz. "Danke für die Zeit, aber das war wichtig. Auch wenn mir der Doc die Sitzung trotzdem berechnet." "Das war ja auch zu erwarten, du verplemperst ja auch seine Zeit", gab Nicholas ihm zu verstehen und gleich darauf fand sich zuerst Antonin und dann Cole einem prüfenden Blick ausgesetzt. "Na, wollt ihr nicht mal herausrücken, warum ihr hier seid?", wurde er gefragt und er warf Cole kurz einen Blick zu, der nach dem Einverständnis von jenem fragte. Und er bildete sich ein, genau so eine Zustimmung dort auf vorzufinden. "Es ist so", begann er. "Wir brauchen deine Hilfe und es muss schnell gehen." Mit so wenigen Worten wie möglich zeichnete er das Bild ihres Vorhabens auf und erklärte, dass sie zum einen ein Störsignal für die Kameras bräuchten und zum anderen – wenn es ginge – auch eine Fernabschaltung der Telefonleitung. "Ihr wollt also einen Bullen umlegen?" Antonin nickte. "In dessen gut gesicherter Wohnung?" Abermals nur ein Nicken. "Von der ihr noch nicht einmal wisst, wie viele Personen sich dort aufhalten werden?" Diesmal ein deutlich zögerlicheres Nicken. "Morgen?" Und diesmal fuhr Antonin sich ein wenig gestresst durch die Haare. "Es geht nun einmal nicht anders. Kannst du uns helfen oder nicht?" Er sah dabei zu wie Nicholas sich zurücklehnte und die Arme vorm Brustkorb verschränkte, offensichtlich gründlich darüber nachdenkend, und so wandte er den Blick von seinem Ausbilder zu Cole. Tatsächlich hörte sich das ganze aus Nicholas Mund noch ein wenig selbstmörderischer an, als es bei Cole geklungen hatte. Und trotzdem spürte Antonin in seinem Inneren keinen Drang das ganze abzublasen. Vielleicht weil er ahnte, dass der Sturkopf das Ganze dann alleine durchziehen würde. Vielleicht aber auch, weil das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange an Dingen war, die er für Cole bereit wäre zu tun. Wo sollte das alles nur enden? Wo nur? "Na schön, ich sehe was ich tun kann. Aber ich brauche einige Stunden für das Störsignal und ich kann weder das eine noch das andere Versprechen, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, das ganze online zu checken", stimmte Nicholas schließlich zu und entlockte Antonin damit ein erleichtertes Lächeln. Das würde ihnen beiden wirklich schon sehr viel weiter helfen. Und je weniger andere Sorgen er hatte, desto besser könnte er sich darauf konzentrieren, auf Coles Leben aufzupassen. Cole Als Antonin da war, entspannte sich Cole wieder und so zögerte er diesmal auch nicht, sich zu setzen. Er fing den Blick des anderen auf und nickte ihm auffordernd zu, als dieser ihn fragend ansah. Selbstverständlich ließ er Antonin den Vortritt, denn so konnte er sich auch noch einmal alles anhören, fügte hie und da Informationen hinzu, wenn sie ihm fehlten. Sein Blick ruhte auf Nicholas, dessen Reaktion er schwer nur abschätzen konnte, aber dessen Zurückhaltung er durchaus verstehen konnte. Wenn er die Umstände und den Plan nun au Antonins Mund hörte, merkte er selbst auch nur zu deutlich, dass das ganze mehr als nur riskant war. Aber es gab für ihn definitiv keinen Grund auf bessere Zeiten zu hoffen. Vielleicht wäre der Überraschungseffekt auch ein guter Partner in diesem Geschäft. Je länger man plante desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass etwas durchsickerte. Und das durfte bei diesem Vorhaben absolut nicht sein. Sie hatten nun mal keine Zeit. Das war sicher ein Problem, ein Problem, das ausgetrickst werden musste. Man hatte ihm einmal früher erklärt, dass man seine vermeintlichen Schwächen einfach zu Stärken ausbilden sollte. Vielleicht sollten sie auch die Stärke der Operation sehen. Sie hätten zumindest die Tatsache auf ihrer Seite, dass mit einem Angriff niemand rechnete. Als Nicholas mit seinen Fragen nachbohrte, als wollte er ihnen ihren Idiotismus hinsichtlich der Operation verdeutlichen, spürte Cole, wie sich seine Ungeduld meldete. Sie hatten keine Zeit eine Grundlagendiskussion zu führen. Doch er riss sich zusammen, um abzuwarten, was sich letztlich dabei rauskommen würde. Als er die Worte vernahm, die bei Antonin schließlich eine Entspannung auslösten, zauberten sie auch ihm eines seiner ehrlichen Lächeln aufs Gesicht. Es war wirklich sinnvoller, wenn sie zu dritt agierten. Dadurch würden sie wieder ein wenig mehr Sicherheiten haben. "Dann schau du, was du hinbekommst und wir kümmern uns um den Rest. Besonders das Timing sollten wir dir schnell liefern. Ich denke wir sollten bereits am Vormittag beginnen. Der Überraschungseffekt wird der größte sein. Darauf müssen wir bauen." Er drehte sich zu Antonin. "Ich müsste noch einmal in meine Wohnung. Ich muss noch etwa holen", stellte er fest und versuchte das so beiläufig wie möglich zu sagen. "Allerdings müsstest du mich dafür noch einmal zu meinem Auto am Hafen fahren.“ Am heutigen Morgen hatte er nicht gewusst, dass es so schnell so heiß werden würde. Daher hatte er einige Dinge, die er auf solche Operationen braucht, zwar auch immer im Auto dabei, aber diesmal würde er mehr brauchen. Seit er mit Antonin zu tun hatte, merkte er häufig, dass die Welt recht schnell an ihm vorbei zog, während in dessen Gegenwart die Zeit stehenzubleiben schien. Wieder spürte er, wie gut ihm der Ruhepol an seiner Seite tat. Ja, sein Gedanke war vorhin richtig. Egal was noch kommen würde. Er würde Antonin nicht von seiner Seite weichen lassen. Dafür verschaffte dieser ihm eine Ruhe, die er brauchte, um zu überleben. Diese Ruhe war für ihn wie die verbotene Frucht, von der er einmal gekostet hatte, und auf die er nun nie wieder verzichten wollte. Antonin Antonin sah Cole prüfend an und es wäre gelogen wenn er behaupten würde, dass es ihm keinen Stich versetzte. Sein Leben vertraute der andere ihm also ohne Probleme an, aber nicht dessen Adresse? Es wäre wohl unsinnig zu erwähnen, dass er sie auch so rausbekommen könnte? Sender sei Dank. So aber schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter und zog sich seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und warf ihn Cole zu. "Da, fahr selbst. Dann kann ich Nicholas hier noch ein wenig unter die Arme greifen." Er würde nichts über dieses offensichtliche Misstrauen sagen. Es stand ihm vermutlich auch nicht zu. Und war er nicht erst vor wenigen Stunden glücklich gewesen überhaupt wieder an dieser Position akzeptiert worden zu sein? Er sollte nichts Unmögliches verlangen... wirklich nicht. Antonin sah Cole nach wie jener sich verabschiedete und durch die Tür verschwand bevor er sich Nicholas zuwandte und dessen Richtspruch so gelassen wie möglich abwartet. Doch zu seinem Erstaunen ging jener nur zu seinem Rechner und begann daran zu arbeiten. "Was? Kein Kommentar? Keine Einschätzung? Gar nichts?", hinterfragte er spöttelnd und bekam nur ein seufzen als Antwort. "Ich werde dich noch häufiger hier haben und auf Autos einschlagen sehen", war der einzige, sehr hilfreiche Kommentar. Und das Problem daran war, dass Antonin ebenfalls dieser Meinung war. Kapitel 31: Lob und der Umgang damit ------------------------------------ Antonin Antonin schob schließlich schob er die Gedanken über den Kommentar seines Ausbilders beiseite und ließ Nicholas in aller Ruhe das tun, was man eben so tat wenn man sich in System einhackte. Nicht dass Antonin davon auch nur den Hauch einer Ahnung hätte. Während er sich selbst noch einmal über den Plan beugte und überlegte, was sie alles an Ausrüstung bräuchten. Ganz zu schweigen von der Ablenkung um das Abführmittel in den Kaffee zu bringen. Vielleicht eine angeheuerte Hure? Aber wäre das nicht ein wenig zu offensichtlich? Eine alte Dame mit einer Autopanne wäre passender, aber woher wollte man eine solche nehmen? Frustriert raufte er sich durch die Haare und ließ sich tiefer in eine imaginäre Situation in dem Gebäude fallen und jede weitere verstärkte ein unwohles Gefühl in seinem Inneren. Wenn sie das hier nicht wirklich bis ins kleinste Detail mit jeder Menge Möglichkeiten für Ausflüchte planten, könnte es gut sein, dass einer oder beide von ihnen da mit dem Sarg rauskämen. Einer, wenn er selbst sterben würde. Beide wenn Cole sterben würde, denn vermutlich würde er dann so unglaublich ausrasten, dass ihn das stürmende Polizeikommando erschießen müsste. "Bist du sicher, dass du das zulassen kannst?", fragte Nicholas plötzlich aus dem Blauen heraus und Antonin seufzte tief, die Augen schließend und sich über die Nasenwurzel reibend. "Entweder das oder er verbannt mich wieder aus seinem Leben, macht diese Aktion alleine und geht mit Sicherheit drauf", brummte er düster und er könnte schwören zu hören wie sein Ausbilder mit dem Kopf schüttelte. "Ich wusste ja ihr kommt mit irgendetwas Wahnsinnigem hier an." Cole Cole hatte die Schlüssel überrascht aufgefangen, die Augen des anderen gesucht und genickt. "Ich brauche nicht lang." Tatsächlich würde er sich umziehen und er würde sich ein wenig aufrüsten. Die Hauptsache war aber, dass er Corleone füttern musste. Dass Antonin ihm sein Auto überließ freute ihn, und dennoch hinterließ diese Aktion einen herben Beigeschmack. Diese Schlüssel symbolisierten einen Akt des Vertrauens, das er selbst nicht bereit war zu geben. Aber er konnte nicht, würde niemals können. Oder? Cole fuhr zu seinem Apartment. Er schob die schwere Tür zur Seite auf, durch die man seine Wohnung betrat. Irgendwie war seine Stimmung gedrückt. Doch er hatte nicht vor, Zeit zu verschwenden und deshalb gab er nicht dem Wunsch nach Corleone für eine halbe Stunde durchzukraulen und sein Schnurren zu genießen. "Es tut mir leid mein Großer", murmelte er als er ihm das Futter hinstellte. Während er kurz der Katze zusah, wie sie fraß, stellte er fest, dass er seit viel zu langer Zeit keinen Sex mehr gehabt hatte. Vielleicht würde ihm das mal wieder helfen. Vielleicht würde ihn das wieder ein wenig Entspannung verschaffen. Auch wenn es die letzten Male nicht die erwünschte Wirkung gehabt hatte. Cole ging zu seinem Kleiderschrank. Seine Wohnung war letztlich ein einziger großer Raum. Wenn man sie betrat kam zunächst ein kurzer Gang mit Garderobe, anschließend eröffnete sich der Raum, auf der linken Seite die offene Küche, rechts das Wohnzimmer, das an die Dachterrasse anschloss. Dieses Wohnzimmer war wie der Rest seiner Wohnung auch in weiß-beigen Tönen gehalten. Sein elfenbeinfarbenes Sofa war groß, bot viel Liegefläche, ein Flachbildfernseher hing an der Wand. Gegenüber der Küche befand sich ein Esstisch, der momentan mit seinen Unterlagen vollgepackt war. Ging man zwischen Küche und Esstisch durch kam man in den Schlafbereich, der etwas erhöht war, so dass man zwei Stufen hinaufgehen musste und durch zwei Milchglaswände ein wenig vom Rest der Wohnung getrennt wurde. Sein Bett stand ebenfalls erhöht, war groß und grundsätzlich nicht gemacht. An der Wand dahinter befanden sich blaue Lichtröhren, die das Zimmer in ein besonderes Licht tauchten. Cole ging zum Kleiderschrank, ließ unterwegs seine Kleider fallen und nahm sich schließlich seine 'Arbeitskleidung' heraus. Dann ging er in das Bad, das man nur durchs Schlafzimmer betreten konnte. Das Bad war in Terracotta gehalten, hatte Mosaike an der Wand und die Dusche aus Glaswänden war sein Heiligtum. Kurz ging er unter die Dusche, das weckte seine Lebensgeister, die die nächsten 24 Stunden hellwach sein mussten. Dann versorgte er seine Narbe, indem er sie einschmierte, in der Hoffnung, dass sie doch nicht so hässlich zurückblieb, und zog sich die schwarze Hose und den dünnen, schwarzen, enganliegenden Pullover drüber an. Im Wohnzimmer trat er an seinen Tresor heran, der hinter einem der Bilder versteckt war. Gelassen wägte er ab und zog sich dann zwei Pistolenhalfter an. Zwei Magazine steckte er in seine Jacke, die Vollautomatische legte er in eine Tasche. Dann zog er sich seinen Ledermantel über, unter dem man die Pistolen nicht mehr sehen konnte, und in dem noch ein Messer zu finden war. Es hatte in etwa zwei Stunden gedauert, dann fuhr er wieder auf den Schrottplatz, kehrte wieder zu Antonin und Nicholas zurück. Die Dusche hatte gut getan. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er in den Raum, in dem die anderen beiden arbeiteten. Er legte den Wagenschlüssel vor Antonin hin. "Danke", murmelte er. Sein Ausflug nach Hause hatte ihm gut getan. Und dass es so unkompliziert verlaufen konnte, dankte er Antonin. "Irgendwelche Neuigkeiten? Ansonsten könnten wir den Plan noch einmal detaillierter durchgehen. Mir ist grad eine Idee gekommen für den Wachmann unten im Haus." Er blickte ihn fragend an, während er sich setzte. Ja, die Dusche hatte gut getan, seine Anspannung war trotz des Wissens, dass sie nun ein hartes Stück Arbeit erwartete, weniger geworden. Und zurück bei Antonin zu sein, bedeutete gleich noch mehr Entspannung. Ja, Antonin gab ihm Sicherheit. Vielleicht sollte er es ihm sagen. Hoffentlich würde sich bald die Gelegenheit ergeben, bei der er ihm diese Erkenntnis sagen konnte. Antonin Er war wirklich dankbar als Cole wieder durch die Tür kam, denn so langsam aber sicher begann er damit sich in panische Gefühle hineinzusteigern und da tat ihm die kühle Gelassenheit, die vom anderen ausging, wirklich gut. Aber was sollte er auch sonst tun? Das schlechte Gefühl wurde immer stärker, auch je mehr er auf seinem Zettel herumrechnete, wie sie vorzugehen hätten, damit sie beide in etwa zeitgleich ankommen würden. Und Nicholas hatte keine wirklich guten Satellitenaufnahmen von dem Hausdach gefunden um wirklich gut einschätzen zu können, wie schnell und woran Antonin sein Gestell zum Abseilen festmachen würde. Neuigkeiten? Er sah kurz von seinen Berechnungen auf und zuckte mit den Schultern. "Es sieht so aus als könnte man das Störsignal einschleusen, aber es fehlen noch ein paar Tests, um das mit Sicherheit sagen zu können", gab er zu und blickte zu Nicholas der zustimmend nickte. "Aber dafür kann ich euch etwas Besseres geben, wenn das klappt wie ich mir vorstelle. Es wird kein einfaches Störsignal sondern eine Schleife sein. Damit werden die gleichen Bilder wiederholt und es sieht nicht so verdächtig aus." "Sehr schön.", murmelte Antonin nur und beugte sich wieder über seine Notizen. "Was ist das für eine Idee?", fragte er aber dann doch. Wenn auch ohne Cole anzusehen. Irgendwie wurmte ihn die kleine Szene von vorher immernoch und er traute sich gerade nicht genügend Professionalität zu, um das aus längeren Gesprächen herauszuhalten. Also war es besser dem anderen erst einmal zuzuhören und sich dadurch wieder ablenken zu lassen. Er hatte bemerkt, dass Cole sich umgezogen und wohl auch geduscht hatte. Etwas, das er wohl auch noch einmal tun sollte, denn mit den durchgeschwitzten Klamotten, auch wenn der Raum über eine Klimaanlage verfügte, würde er das Ganze nicht angehen. Man musste bei so etwas immer dafür sorgen, dass man sich selbst am wohlsten fühlte, um nicht die kleinste Ablenkung dadurch zu erfahren. Doch noch bevor Cole antworten konnte, ging Antonins Handy und er runzelte irritiert die Stirn. Hatte er es doch nicht im Auto liegen lassen? Schnell war es aus der Hosentasche geholt und nachdem er einen kurzen Blick auf die Nummer geworfen hatte, ging er mit einem kurzbündigen "Ja?" ran. Wer zum Henker rief ihn mit unterdrückter Nummer an? Doch das sollte sich gleich klären und ihm fiel siedend heiß wieder ein, wem er in geistiger Umnachtung seine Handynummer gegeben hatte. "Hey, sorry gerade ist ein ganz schlechter Zeitpunkt. Soll ich dich demnächst zurückrufen?" So in hundert Jahren? Er lauschte der Antwort und runzelte die Stirn. "Ist das so?", hinterfragte er schließlich mit kühler Stimme. "Ja, ich werde dann über die 'verpatzte Gelegenheit' weinen, wenn ich Zeit habe", brummte er dann noch hinterher und legte kopfschüttelnd auf. "Idiot!" Man könnte das jetzt für sich selbst auslegen, ob er sich oder den anderen meinte. Doch dann ruckte sein Blick wieder hoch, direkt in Coles Augen. "Sorry, also du hattest eine Idee?", hinterfragte er nochmal ruhig, aber immer noch schwang jene Kühle von vorhin mit. Dieser Thorsten hatte Nerven! Gerade jetzt wo er wirklich überhaupt keine Gedanken an ein mögliches ‚Schwulsein‘ verschwenden konnte. So ein Bastard! Cole Cole nickte anerkennend. "Klingt super", kommentierte er die Tatsache, dass sie wohl eine große Sorge weniger hatten. Kurz musste er lächeln, weil er und Antonin gleichzeitig ihr Lob ausgesprochen hatten. Es war wirklich eine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Es war eine prima Idee von Antonin gewesen, Nicholas mit ins Boot zu holen. Zumal er seine eigenen Leute diesmal komplett heraushalten konnte. Als er hierher gefahren war, hatte er Ragnar kurz angerufen. Es ging ihm gut. Dann hatte er im Club Bescheid gegeben, dass er heute nicht kommen würde, dass sie pünktlichst zuschließen sollten und dass nur bekannte Gesichter eingelassen werden durften. Er konnte nicht riskieren, dass etwas passierte, wenn er und Ragnar nicht da waren. Cole wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als das Handy des anderen läutete und er in den Genuss dieser seltsamen Szene kam. Das Mienenspiel des anderen verriet, wer es sein könnte. Zwar dachte Cole nicht gleich an Thorsten, den hatte er schon verdrängt, aber es klang doch ganz danach, dass ihn ein Typ angerufen hatte. Und die Kühle, die Antonin dem Mann durch die Leitung zuführte, freute ihn auf eigentümliche Weise und so bemühte er sich zwar, sich nichts anmerken zu lassen, als die graublauen Augen des anderen die seinen trafen, aber ein leichtes Funkeln konnte er nicht unbedingt unterbinden. Und mit einem Mal kam ihm die Idee, dass er Antonin vielleicht wirklich einfach einmal einfach sagen sollte, wie er seine Arbeit schätzte. Warum nicht hier und jetzt? Warum sollte er seine Entspannung und seine relativ gute Laune nicht einmal dazu nutzen? Sein Blick glitt rüber zu Nicholas, dann sah er Antonin wieder an. "Wollen wir eine rauchen gehen?", fragte er und machte eine Bewegung mit dem Kopf, die andeutete, dass er diese Zigarette gerne draußen rauchen wollte. "Ich muss mir nur eine bei dir schnorren, aber ich werd dir bei Gelegenheit mal welche zurückerstatten... wenn ich dran denke." Fragend blickte er den anderen an und es gelang ihm offenbar momentan gar nicht, seine kühle Gelassenheit aufrecht zu erhalten. Zumindest hatte er das Gefühl, seine Unsicherheit preis zu geben. Deshalb drehte er sich schnell um, um vor die Tür zu treten. Zufrieden blies Cole den Rauch in die Luft. Die Sonne stand mittlerweile recht tief und die Temperaturen waren wieder erträglicher. Noch war nicht der absolute Hochsommer, noch wurde es abends recht schnell wieder angenehmer. Kurz wartete er, dann begann er langsam. "Ich bin nicht gut in so etwas...", überlegte er mehr, als dass er sprach und er blickte den anderen nicht an. "Ich wollte dir nur sagen, dass ich froh bin, dass du das mit mir durchziehst. Du gibst mir Sicherheit." Ein flüchtiger Blick, als hätte er Angst der andere könnte lachen oder anders reagieren. "Ich weiß, dass wir es uns nicht ganz einfach machen. Und ich weiß, dass du mich wahrscheinlich innerlich verfluchst. Ich weiß, dass ich kein ganz einfacher Mensch bin, auf den ich selbst nie aufpassen wollen würde, aber du machst deine Arbeit ziemlich gut. Nein, du machst sie eigentlich wirklich prima…" Er kam ins Straucheln. "Ich bin froh, dass du gestern gekommen bist." Diesen Satz sprach er sehr leise aus, blickte auf seine Zigarette, bevor er in den Himmel blickte. Wieso war so etwas eigentlich so schwer? "Wie dem auch sei", murmelte er genervt von seiner eigenen Unsicherheit. "Also was ich mir überlegt habe..." Und so wechselte er das Thema, bevor Antonin etwas sagen konnte. Er erklärte ihm, dass sie sich letztlich ankündigen lassen könnten. Das würde dazu führen, dass ihnen jemand entgegenkommen würde. Der Wachmann sollte sie ruhig oben melden. Sie würden den Aufzug hochschicken und müssten dann selbst schnell sein. Ihnen würde jemand entgegenkommen, der dadurch leichter zu erwischen war. "Ich weiß, dass es gefährlich ist. Wichtig ist, dass die Kameras schon manipuliert sind. Ich glaube aber, dass es nicht ganz schlecht wäre, wenn die dort oben ein wenig irritiert sind. Ich glaube der Überraschungseffekt ist auf unserer Seite. Sie rechnen nicht mit unserem Vorhaben und sind daher unvorsichtig. So werden wir einen nach dem anderen auslöschen können. Seine Bodyguards werden uns ihm wahrscheinlich gar nicht ankündigen. Er wird allein sein, bevor er es merkt..." So im Nachhinein betrachtet klang sein Plan nicht mehr ganz so überzeugend. Es war eine typische Kamikaze-Aktion von ihm. Aber vielleicht konnten sie darauf aufbauen. Antonin Rauchen? Er blinzelte ein paar Mal perplex bevor er die Kopfbewegung bemerkte und schließlich rein aus Reflex heraus nickte. Zwar konnte er sich nicht vorstellen, was an der Idee so atemberaubend wäre, dass Nicholas sie nicht auch hören dürfte, aber Cole war der Boss. "Klaro, kein Problem", stimmte er zu und erhob sich, um dem bereits Vorrausgegangen zu folgen. Durch die Werkstatt hindurch, doch nach hinten raus in Richtung des Schrottplatzes. Hier war es deutlich ruhiger und sie könnten das Gespräch auch ganz ungestört führen. Antonin zündete die erste Zigarette an und reichte sie Cole unaufgefordert weiter, bevor er sich selbst ebenfalls eine anzündete. Er rauchte auch lieber im Freien als in kleinen Räumen, aber manchmal war es ihm wirklich egal. Doch jetzt, hier so mit Cole zu stehen hatte etwas unglaublich beruhigendes. Somit inhalierte er genießerisch und sah dann dem Rauch dabei zu, wie er sich in den Himmel verflüchtigte. Fast ohne es zu wollen entspannte sich seine ganze Haltung und er lehnte sich an die Wand, die Augen nur noch auf Halbmast. Nicht weil er so müde wäre, sondern weil es einfach gut tat, die ganze aufkommende Anspannung nochmal abschütteln zu dürfen. Denn bald war diese Konzentration gefragter denn je und Antonin hatte nicht vor zu versagen. Nicht diesmal. Doch als Cole zu sprechen anfing, warf er ihm einen überraschten Blick zu. Hörte er da gerade richtig? Ok, wer war das und was hatte er mit Cole gemacht? Ein freundlicher Zwillingsbruder? Es gab doch normalerweise immer nur das böse Pendant? Nicht wissend was er tun sollte, beschloss er einfach ruhig weiter zu rauchen. Er gab dem anderen also Sicherheit? Nun, das war nicht so überraschend, schließlich war er dafür doch überhaupt nur noch hier. Er durfte für gar nichts anderes mehr hier sein. Durfte es vermutlich auch davor noch nie. Trotzdem war es ein eher warmes Gefühl, das sich in seinem Bauch ausbreitete. Er wurde noch nie von seinem Ziel gelobt und dass es Cole war, machte das ganze um so viel wertvoller. Wäre er ein Hund, hätte er sich wohl an das Knie des anderen gewuschelt und so heftig mit der Rute gewedelt, dass er wohl umgefallen wäre. Was für ein bescheuerter Gedanke! Und dann kam so eine Art Gnadenschuss. Cole war froh darüber, dass Antonin gestern doch nochmal bei ihm reingeplatzt war? Ehrlich? Darauf hätte er selbst keinen einzigen Cent gesetzt, denn die Kühle und die anfängliche Aggressivität des anderen hatte er noch deutlich vor Augen. Ebenso wie den Seelenstrip den jener von ihm verlangt hatte. Und dann kam er jetzt an und sagte ihm, dass er froh darüber war? Wirklich, was sollte man damit anfangen? Wie sollte man damit überhaupt umgehen ohne wieder an Grenzen zu stoßen? Statt der zu erwartenden Erleichterung über die Worte des anderen überfiel ihn eine unerwartete Welle der Verzweiflung. Woher dieses durchaus heftige Gefühl so plötzlich kam wusste Antonin selbst nicht zu bestimmen, aber es traf ihn hart. Mitten ins Gesicht. Er begann nicht einmal ansatzweise den anderen zu verstehen und er sollte sich auch nicht einreden, dass es anders wäre. Cole war ihm an schauspielerischer Leistung um Längen überlegen und somit konnte er nicht einmal jetzt wirklich bestimmen, ob die Worte überhaupt ernst gemeint waren. Ja natürlich, der kurze ein wenig unsichere Seitenblick des anderen war ihm aufgefallen, aber genauso war ihm die unnachgiebige Kühle gestern aufgefallen. Und im Nachhinein bekam er ja dazu auch gesagt, dass Cole dankbar war, dass er wieder auftauchte. Was also sollte er hiervon halten? War das die Art des anderen ihn auch ganz sicher für die Aktion einzuspannen? War das ein Versuch, ihm sowas wie 'gute letzte Worte' zukommen zu lassen? Damit er etwas hätte, an das er sich in den letzten Sekunden seines Lebens klammern konnte? Oder sollte das zur Verhöhnung gedacht sein? Worte, die Cole wieder zurückziehen würde, wenn die Aktion einfach nur Scheiße verlaufen würde? Antonin wusste es einfach nicht. Es kam ihm so vor, als würde ihm langsam aber sicher die Luft abgedrückt, und er wusste nicht mehr, wo oben und unten war. In welcher Richtung sollte er schwimmen, um wieder an die Oberfläche zu gelangen? Wie lange würde es noch dauern bis er unter dem ständig präsenten Druck nachgeben würde? Denn dass er nicht einmal die Hälfte der Dinge so gut verkraftete, wie er anderen weißmachen wollte, das war ihm selbst recht deutlich bewusst. Ihn nahm nicht nur dieses heiß-kalt Spiel von Cole mit, sondern auch die ganzen Situationen an sich. Mal hüh und mal hott. Dafür war Antonin selbst einfach eine viel zu gradlinige Person. Er hörte den Vorschlag des anderen, aber er fand sich nicht fähig darauf zu antworten. Am liebsten würde er Cole jetzt einfach mal eine halbe Stunde nicht sehen. Er brauchte Zeit, um sich wieder aufzubauen. Es waren zu viele offene Fragen, die ihn jetzt nicht kümmern dürften. Zu viele Dinge, um die er sich noch nicht gekümmert hatte, einfach weil sein Narbenproblem und die 'Aussprache' mit Cole ganz oben in der Priorität gewesen waren. Scheinbar sollte er das mal überdenken, denn sonst würde er nicht mehr lange den selbstsicheren Guard geben können. Als er seine Kippe schließlich wegschnippte konnte er immerhin ein "Hm", schon wieder hervorbringen. Und nach einem harten Schlucken hatte er seine Stimmbänder wieder soweit im Griff, etwas anderes als seine Gedanken aussprechen zu können. "Lass mich ein wenig darüber nachdenken, bitte", murmelte er schließlich und hoffte darauf, seine Emotionen genug im Griff zu haben, als dass es wirklich so aussehen würde, als wäre es das worüber er so angestrengt brütete. Cole "Ich geh dann mal wieder rein...", murmelte er irritiert. Dann drehte er sich um und ließ seinen Worten Taten folgen. Die nur halb gerauchte Zigarette wegschnippend. Cole war irritiert. Antonin hatte gar nicht auf seine Worte reagiert, nichts, niente, nada, nothing. Nun, was hatte er erwartet? Dass Antonin ihm um den Hals fällt? Dass er auf Knien zu ihm angekrochen kommt und ihm für ein längst überfälliges Lob dankte? Scheiße, was hatte er sich überhaupt bei diesen Worten gedacht? Wieso hat er mit einem Mal das Verlangen, sich dem anderen ein Stück weit zu öffnen? Was war nur los mit ihm, dass er sich hier ‚entblößte‘? Und angesichts der Tatsache, dass er es gemacht hatte, war die Reaktion – keine Reaktion schlimmer, als wenn Antonin mit einem dummen Spruch seine Worte ins Jenseits befördert hätte. Offenbar war Antonin wirklich einfach nur der Guard, den Nicholas beschrieben hatte. Der Guard, der seinen Job machte, und wenn er ihm eben keine Sicherheit, keine Ruhe bieten würde, hätte er seinen Job nicht gut gemacht. Wieso aber, durfte er ihn dafür nicht auch Anerkennung schenken? Wieso war Antonin ein Lob ganz offensichtlich egal? Sollte da mal jemand schlau draus werden, er wurde es nicht... Cole blieb vor der Tür zu jener 'Waffenkammer' stehen. Kurz fuhr er sich mit seinen Händen übers Gesicht und er seufzte schwer. Was um Himmels Willen war nur los mit ihm? Er erkannte sich selbst kaum wieder. Die ganze Aktion gerade war absolut überflüssig gewesen. Und das Schlimmste daran war, dass er Antonin die Reaktion gar nicht wirklich übel nehmen konnte. Denn letztlich war es genau die Arroganz, die dieser ihm an den Kopf geworfen hatte, die ihn wahrscheinlich soeben in diese genervte, über sich selbst genervte Stimmung straucheln ließ. Cole kehrte zu Nicholas mit dem Vorhaben zurück, die Sache zu vergessen und wieder Distanz aufzubauen, die er vorhin mit seinen Worten überwunden hatte. Distanz gab ihm mehr Sicherheit, Distanz war ein größerer Schutz. Warum war es eigentlich ausgerechnet mit Antonin so schwierig, normal umzugehen? Weil er ihm letztlich doch näher stand, als er sich eingestehen wollte? Weil er der erste Mensch in seinem Leben war, der ihm wirklich ins Bewusstsein gerückt war? Eine ungute Wahrheit. Aber da Antonin mit seiner Nähe, oder sagen wir mit seinem Wunsch nach einer gewissen Nähe, ganz offensichtlich nichts anfangen konnte, sollte er es vielleicht endlich gelernt haben, sollte er endlich damit aufhören, ihm diese aufzudrängen. Er trat auf Nicholas zu. "Wichtig wäre es, dass du prüfst, ob die Kameras des Wachmanns unten im Haus auch die gleichen sind, die oben geschaltet werden. Wir müssen irgendwie an dem Typen vorbei und das geht nur, wenn du die Kamera unten auch ausgeschaltet hast." Er hatte sich einen Stuhl genommen und sich neben diesen gesetzt. "Und ihr habt nicht zufällig so Knöpfe fürs Ohr, damit Antonin und ich kommunizieren könnten?" Es wäre um einiges leichter mit dem Timing, wenn sie sich kurze Signale geben könnten. Cole folgte den Fingern des anderen und seine Gedanken wanderten wieder zu der Situation gerade. Er war wirklich ein riesengroßes, selbstsüchtiges Arschloch, oder? Und damit würde er weitermachen müssen, wenn er diese Situation wieder vergessen wollte. Wann war er eigentlich zu diesem Arschloch mutiert? Warum war ihm das bei seinen anderen Leuten nie aufgefallen? Warum behandelten alle anderen ihn normal, warum war Ragnar so etwas wie ein Freund? War all diesen Leuten seine Arroganz egal? War es überhaupt Arroganz oder nicht doch einfach nur seine Selbstsicherheit, die ihm mehr als einmal das Leben gerettet hatte? Arrghh... Er seufzte. Mittlerweile wusste er nicht mehr was richtig und was falsch war. Bei diesem Menschen stieg er komplett aus. Antonin war ein Mysterium. Vielleicht sollte er es damit belassen. Vor seinem geistigen Auge zog er den Stempel aus der Tasche und stempelte Antonin das Wort "Mysterium - nicht zu ergründen, nicht zu durchschauen, unlösbar" auf die Stirn. Vielleicht musste er sich einfach damit abfinden. Als Cole merkte, dass Nicholas bereits begonnen hatte auf seine Frage zu antworten, blickte er erschrocken auf. "Entschuldige", erklärte er. "Kannst du das nochmal wiederholen, ich war kurz abgelenkt." Distanz! Absolute, aber höfliche Distanz! - mahnte er sich. Antonin Er sah Cole nicht nach, fühlte sich aber kaum dass jener verschwunden war, noch schlechter als davor auch schon. Super, jetzt hatte er ihn auch noch vertrieben. Aber was erwartete Cole von ihm? Zuerst bat er ihn um deutliche Grenzen, zeigte ihm dann aber ständig was dahinter möglicherweise zu erwarten wäre. Und nicht nur das: war das nicht gerade eine Art Einladung für Gefühle gewesen, die ein wenig von der geforderten Professionalität weggingen? Und was machte er? Antonin ‚Superheld‘ vertrieb Cole und zerschlug diesen Versuch damit mehr als erfolgreich. Ächzend schloss er die Augen und fragte sich wann sein Leben sich eigentlich so verkompliziert hatte. Wobei die Antwort darauf recht offensichtlich war: Natürlich seitdem Cole in eben jenes hineingestürzt und mit viel Erfolg auch dort verblieben war. Ob es besser werden würde, wenn er seinem inneren Drang einfach mal nachgeben und zu einer Verführung ansetzen würde? Wenn die Vermutung stimmte, dass es Cole nach Sex verlangte, wo sich bei ihm der Wunsch nach Alkohol verdeutlichte, wüsste er sogar den perfekten Zeitpunkt, um das umzusetzen. Aber was dann? Dieser Ben hatte ja damals gesagt, dass Cole nur ein Mann für eine Nummer wäre und man dann nie wieder von ihm hörte. Würde er dann also wieder aus dessen Leben verbannt werden? Und wäre das nicht vielleicht sogar das Beste? Seine Gelüste nach einem Mann würden bestimmt wieder nachlassen und irgendwann wäre es auch mit jenem kühlen Mann wie mit allem anderen: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und ... war er eigentlich total bescheuert?! Aufstöhnend stieß er sich von der Wand ab und atmete einmal tief durch. Cole hatte ihn gelobt und er sollte es als ein solches akzeptieren. Er würde sich zu einem passenden Zeitpunkt dafür bedanken, so wie man das auch von jedem erwarten würde dem man ein ernstgemeintes Lob aussprach. Und danach würden sie wieder ihre Grenzen hochhalten und so tun als wäre das hier auch nicht passiert. Genau wie alles andere, das außerhalb eines bestimmten Schemas lief, offenbar nie passiert war. Oh ja, er konnte sich schon denken wie Cole immer mit allem fertig wurde. Es blieb gar nichts anderes, auf das man schließen konnte, außer einer absolut sturen Verdrängung. Denn niemand, auch kein Übermensch wie Cole, wäre in der Lage so viel in so kurzer Zeit erfolgreich für sich selbst zu verarbeiten, um dadurch die normale kühle Gelassenheit demonstrieren zu können. Aber der andere konnte und tat das. Er hielt sich die übliche Fassade aufrecht, als ob sie ein Schild wäre, das ihn vor allen bösen Einflüssen dieser Welt schützen würde. Und Antonin akzeptierte das. Er hielt inne, wenn er eigentlich nachfragen wollte. Er trat zurück, wenn er eigentlich näher ran wollte. Er gab nach, wenn er eigentlich wie eine Rakete hochgehen und explodieren wollte. Ja, das alles tat er für Cole und würde es sonst für niemanden tun. Auch nicht für Nicholas. Dabei sollte Antonin es wohl auch erst mal belassen und versuchen damit klar zu kommen. Seine Gelüste nach Coles durchwegs anziehendem Körper war das eine, aber seine Professionalität hierbei war etwas gänzlich anderes. Er müsste seine eigenen Masken wieder an Ort und Fleck bringen, um das ganze bestehen zu können. Denn das wollte er: Bestehen und überleben. Noch mehr Tage auf dieser Erde wandeln und nebenbei auch noch mehr seiner Zeit mit jenem Rätsel auf zwei Beinen verbringen. Das endlich für sich klargemacht, betrat er einige Minuten später den angenehm klimatisierten Raum und sah zuerst Nicholas, wie er sich durch eine Kiste mit der eher technischeren Ausrüstungsgegenstände wühlte. Er runzelte die Stirn und blickte fragend zu Cole. Antonin konnte nicht wissen, dass Nicholas versichert hatte, dass er alle Kameras anzapfen und so verändern könnte, wie Cole das gerne haben würde. Er wusste auch nichts davon, dass Nicholas sich recht sicher war, solche Knöpfe zu besitzen, aber dass man sie erst einmal auf ihre Funktionalität überprüfen sollte. "Kann ich deine Dusche benutzen?", fragte er schließlich ohne genauer auf das Chaos an Gegenständen auf dem Tisch einzugehen. Nicholas nickte. "Du weißt ja wo alles ist." "Merci", er trat kurz näher und griff sich seine Berechnungen, um damit hinter Cole zu treten und sie ihm ein Stückchen seitwärts versetzt von hinten zu reichen. "Hier habe ich einige mögliche Zeitberechnungen mit Wegepunkten wann jeder von uns wo sein sollte. Du kannst dir das mal durchgehen und die Idee mit dem Ankündigen finde ich nicht schlecht. Wenn schon Kamikaze dann richtig. Das macht den Braten auch nicht mehr fett", gab er zu, warf Nicholas dann einen prüfenden Blick zu nur um zu sehen, dass dieser sich inzwischen mit dem Rücken zu ihnen befand, um in einen der Spinde nach etwas zu suchen. So nutzt er die Gelegenheit und beugte sich zu Cole hinunter, nahe an dessen Ohr. Er hatte wieder etwas gut zu machen. "Danke für deine Worte vorher", murmelte er für sich selbst kaum hörbar. Es wäre ihm lieber wenn Nicholas nichts davon mitbekommen würde. "Ich kann mit Lob nicht umgehen, ok?", verteidigte er sich und seine Reaktion von vorher. "Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich deine Worte zu schätzen weiß. Sie bedeuten mir wirklich viel aus deinem Mund." Damit drückte er kurz die unverletzte Schulter des Mannes, richtete sich wieder auf und verließ den Raum wieder, um sich zu duschen und etwas anderes aus Nicholas Schrank für sich zu suchen. Irgendwann sollte er einmal noch eigene Kleidung hier hinterlegen. Doch das waren nebensächliche Gedanken, zuerst einmal war er wieder mit sich im Reinen. Er hatte die Situation wieder gerade gebogen und dabei sollte es wohl erst mal auch bleiben. Cole Wenn jene Ohrknöpfe funktionieren würden, wäre alles wesentlich leichter. Besonders, weil sie sich dann gegenseitig besser schützen konnten. Er hatte sich mittlerweile wieder an den Tisch gesetzt und betrachtete sich den Plan der Wohnung. Wenn er durch die hindurch musste, dann würde er sie kennen müssen, wie seine Westentasche. Jeden Punkt, jede Nische, jeden Winkel. Nur dann konnte er sicher sein, nicht in eine Falle zu laufen. Als Antonin hereinkam, blickte er kurz auf, vertiefte sich dann aber wieder auf seine Pläne und bekam daher den fragenden Blick gar nicht mehr mit. ‚Distanz, höfliche Distanz!‘, betete er sich vor. Erst als er vernahm, dass dieser duschen gehen wollte, und ihm schließlich seinen Zeitplan reichte, blickte er auf, sah über seine Schulter nach oben in die graublauen Augen, die ihm sonst immer viel verrieten, nur vorhin keine Information gegeben haben. Und auch diesmal konnte er nichts darin lesen. Cole nickte und blickte auf die Papiere, die ihm Antonin gereicht hatte. "Ich schau‘s ... mir...an", erwiderte er und spürte noch während er das sagte, die Hand des anderen auf seiner Schulter, spürte mit einem Mal den Atem des anderen seinen Hals hinab rieseln. In ihm verspannte sich alles aufgrund der Berührung, und gleichzeitig spürte er etwas in seinem Magen, das sich vollkommen fremd anfühlte und das er nicht definieren konnte. Sein Herz schien einen Hundermeterlauf zu machen. Zumindest spürte er deutlich seinen Puls am Hals und er hatte schon Bedenken, dass Antonin es hören, irgendwie wahrnehmen könnte. Cole war nicht wirklich fähig sich zu rühren. Die Grenze 'Nicht berühren!' war überschritten, aber es störte ihn nicht. Vielmehr meinte er das Erdbeben zu spüren, das der Felsbrocken an seinem Herzen ausgelöst hatte, als er von eben diesem abfiel. Er konnte nicht gut mit Lob umgehen? Nun, das kannte er aus eigener Erfahrung. Die Worte bedeuteten ihm viel? Den Eindruck hatte er vorhin nicht gehabt, aber das war ihm jetzt irgendwie egal. Es hatte sich ja erklärt. Und wenn Antonin mit Lob wirklich 'überfordert' war, dann erklärte es auch, warum er nicht reagiert hatte. Cole nahm sich insgeheim vor, Antonin mehr zu loben, damit er sich daran gewöhnte, und ihn nicht wieder so auflaufen lassen würde. Aber eine Sache ließ ihn stutzig machen. Der Gedanke, den er hatte: 'Er kannte es aus eigener Erfahrung' Bedeutete das, dass er auch immer mit so einer Gelassenheit, mit so einer Kühle auf Lob reagierte? Konnte es deshalb sein, dass er so wenig Lob zu hören bekam? Und was das wichtigste war: Fühlten sich andere genauso wie er sich eben gefühlt hatte, wenn sie auf seine eigene Gleichgültigkeit, seine Kühle stießen? Wenn sie mit der Kühle konfrontiert wurden, die er sich auferlegte, um niemanden an sich heran zu lassen? - Wahrscheinlich... Kurz blickte er Antonin hinterher. Als sich die Tür hinter diesem geschlossen hatte, verbarg er sein Gesicht in seinen beiden auf dem Tisch überkreuzten Armen. Cole wusste nicht, ob er vor Erleichterung lachen sollte, oder weinen, weil er gar nichts mehr verstand. Absolut gar gar gar nichts mehr begriff er. Nicht, was Antonin betraf, sondern das, was ihn selbst, ihn höchstpersönlich betraf. Wieso hatte er in diesem Moment das Gefühl, erleichtert zu sein? Kümmerte es ihn sonst, was die Leute dachten und taten? Warum hatte ihn diese Gleichgültigkeit des anderen vorhin so hart getroffen und warum um alles in der Welt war er so zufrieden, dass er diese Gleichgültigkeit nun richtig einsortieren konnte? Vielleicht sollte er sich selbst den Mysterium-Stempel aufdrücken. Aber eigentlich hatte er in diesem Moment absolut keine Zeit dafür, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Und so richtete er sich wieder auf, wuschelte sich durch die noch leicht feuchten Haare und machte sich wieder an die Arbeit. Langsam aber sicher hatte er einen guten Überblick. Langsam aber sicher hatte er das Gefühl, dass das alles gar nicht so schlecht für sie ausgehen würde. Die Worte des anderen hallten zwar noch immer in ihm nach, doch sie schienen ihm wieder neue Motivation, neue Kraft zu geben. Er nahm selbst einen Stift zur Hand und begann sich einzelne Gedanken zu notieren. Prüfend blickte er schließlich auf die Uhr. Sie sollten sich noch einmal besprechen, und dann würden sie sich schon bei dem Haus positionieren. Wenn sie ihn heute Zurückkommen sehen würden, dann wüssten sie auch, mit wie viele Personen sie zu rechnen hatten. Und das wäre nicht verkehrt... Antonin Die Dusche war eine kurze aber erfrischende Angelegenheit. Und als er nur mit einem Handtuch um die Hüften vor dem Schrank des anderen stand und sich langsam hindurchwühlte, kam ihm der Gedanke, dass er sich vielleicht auch noch eine etwas andere Art der Entspannung hätte gönnen sollen. Aber jetzt war es schon rum ums Eck, auch wenn es ein wenig irritierte. Seit wann legte er so viel Augenmerk auf seine eigene Befriedigung? Es reichte doch sonst auch, sich an seinen Forschungen zu verausgaben. Ein wenig gereizt vor sich hin zischend griff er schließlich nach einer noch geschlossenen Packung mit Shorts und nach dunklen Socken. Das war noch leicht, auch wenn die Shorts nicht so eng und sicher saßen, wie er das bevorzugte. Doch die Suche nach einer passenden Hose wurde so einer kleinen Berg und Talfahrt. Wo versteckte der Blödmann die dunklen Hosen, die nicht schon überall Schmierflecken aufzuweisen hatten? Doch schließlich hatte er eine gefunden, die halbwegs passte und mit der er wohl gut leben können würde. Auch das T-Shirt, das er sich herauszog, saß ein wenig zu locker aber das machte nichts. Er wollte ja schließlich nicht in eine Disco. Immerhin würde er noch einen eigenen Pullover tragen können. Das erledigt lief er nach einem kurzen Umweg über die Küche wieder zurück in den Raum und stellte zwei Flaschen mit dem gelben Inhalt auf den Tisch. "Ich hab deinen Kühlschrank ein wenig geplündert", gab er bekannt und stellte die Plastiktüte auf den Tisch worin er Brot, Aufschnitt und sonstige Kleinigkeiten geworfen hatte. "Und du wirst langsam aber sicher fett", warf er Nicholas an den Kopf und hob das T-Shirt ein Stück an, um seinem Ausbilder die Differenz zwischen ihnen zu zeigen. Jener brummte nur und legte zwei Stöpsel auf den Tisch, die über ein langes Kabel mit jeweils einem schwarzen Kasten versehen waren. "Da habt ihr eure Kommunikationsmöglichkeit. Wenn der Bulle keine Störsender irgendwo versteckt hat, gibt euch das genügend Spielraum für ununterbrochene Kommunikation innerhalb des Gebäudes." Doch dann sah er zu Antonin auf und wank ihn zu sich, nachdem er eine weitere Platte aus einem der nächsten Spinde zauberte. "Komm her, ich mach dir das fest", befahl er und Antonin gehorchte widerstandslos, hob das Shirt weit genug um Nicholas in aller Ruhe an ihm herumbasteln zu lassen. "Warum keine Weste?", fragte Antonin dann aber doch und runzelte die Stirn. "Diesmal wäre es doch egal, ob man das erkennen kann." Nicholas rückte die Platte in aller Seelenruhe zurecht und sicherte es mit dem bereits bekannten Klebeband, bevor er einmal draufklopfte und damit verkündete, dass es so ok wäre. "Du brauchst jedes bisschen Bewegungsfreiheit, das du bekommen kannst. Besonders wenn du vorhast, Spiderman nachzumachen", gab der Russe zurück und maß ihn dann mit einem langen Blick, bevor er einen ebensolchen zu Cole warf: "Im Endeffekt habt ihr jetzt alles was ihr braucht. Die Schleife für die Kameras wird zu einer von euch bestimmten Uhrzeit eingeschleust." Er deutete auf einen gepackten Rucksack. "Da drin findest du den Gurt, den du zum Abseilen brauchst sowie die Vorrichtung dazu, Toni", erlärte er und fuhr dann weiter fort: "Das Telefon könnt ihr auch getrost mir überlassen, sie verfügen zwar über Sicherungen, aber nichts, das mich aufgehalten hätte. Und damit muss ich euch jetzt auch verlassen, denn ich habe eine Tochter abzuholen. Wenn ihr noch etwas braucht, weiß Toni ja wo er was findet. Ich wünsche euch viel Erfolg." Doch bevor Nicholas sich abwandte griff er noch nach Antonins freiliegenden Unterarm und hob ihn weit genug um dem Halbrussen etwas in die Hand legen zu können. "Für den Notfall", erklärte er noch, verabschiedete sich und verschwand dann wirklich aus dem Raum. Ein wenig irritiert musterte Antonin die kleine Kugel, bis ihm dämmerte, was er da bekommen hatte und das ganze schnellstmöglich im Rucksack verstaute, bevor er Cole kurz zugrinste. "Ich schätze allzuviel Fehler kann unsere Planung bisher nicht haben, sonst hätte er uns das um die Ohren geschlagen." Ja, er war entspannt. Sogar ziemlich entspannt, wenn man bedachte, was sie vorhatten, aber Antonin schob es darauf, dass er ja noch vor einer halben Stunde sowas wie einen emotionalen Überschuss abgebaut hatte. Kein Schaden ohne Nutzen. "Lass uns das ganze nochmal durchgehen und dann mal los?", fragte er bevor er seinen Pullover überzog, sein Schulterhalfter befestigte und sich schließlich auch den breiteren Gürtel mit mehreren Taschen und dem Karabiner für die Seilwinde umschnallte. Danach griff er nach der Tüte, nahm sich zwei Wiener und eine Brotscheibe heraus und begann auch schon fleißig zu kauen, bevor er eine der beiden Flaschen ebenfalls in dem Rucksack verstaute. Vermutlich würde es heute keinen Schlaf mehr geben und er war kein Freund von zu viel Kaffee. "Langsam aber sicher bekomme ich richtig Bock auf die ganze Sache", gestand er schließlich und setzte sich Cole gegenüber. "Ich meine es ist verrückt, ziemlich waghalsig und ansonsten auch über und über mit Risiken bespickt...", murmelte er gedehnt. "Aber wir sind bestens vorbereitet, selbst ziemlich abgedreht und ich muss laut meinem Doc sowieso ein paar Emotionen raus lassen. Warum also nicht beim Umlegen von ein paar korrupten Bullen?", er nickte sich selbst zu und das leichte Lächeln blieb auf seinen Lippen zurück, als er weiteraß. Seine Welt war erstmal wieder in Ordnung und das konnte er auch zeigen. Cole Cole überflog zufrieden seine Gedanken. Bei so komplexe Dingen griff er gerne zum Stift, um seine Gedanken zu sortieren. Auch wenn er lernte, machte er das. Es half ihm, sich auf eine Sache zu konzentrieren und alles andere zu vergessen. Fast schrak er auf, als Antonin die beiden Flaschen auf den Tisch stellte. Als er sich zu diesem drehte blieb sein Blick auf dem klar definierten Bauch des anderen hängen. Er musste schon zugeben, dieser Mann war eine Augenweide. Genau so, wie er es gerne mochte... Cole riss seinen Blick los und sah Nicholas an, der ihnen erklärte, dass die Technik funktionieren würde. Er lächelte erleichtert. Und das gute Gefühl, das sich in seinem Bauch breit machte, und ihn etwas entspannen ließ, bestätigte ihm seine Erleichterung. Sie waren gut vorbereitet und würden nicht versagen. Die Metallplatte, die er von Antonin bekommen hatte, hatte er mitgenommen. Er würde sie auch noch umlegen müssen. Er zwang sich nicht hinzusehen, während Nicholas diese anlegte. Er merkte, dass er ganz offensichtlich dringend einmal wieder weggehen musste... Besonders, da die letzten Male nicht wirklich befriedigend gewesen waren. Cole griff nach der Tüte mit dem Essen und blickte rein. Ja, Hunger war etwas, was er komplett hinten angestellt hatte. Hatte er heute überhaupt schon etwas gegessen? Er konnte sich nicht erinnern. Und so nahm er eine Scheibe Brot heraus und legte etwas Käse darauf. Kaum hatte er den ersten Bissen heruntergeschluckt beschwerte sich sein Magen lautstark über die viel zu lange Vernachlässigung. Er sollte vielleicht wirklich auch in Stresszeiten darauf achten, regelmäßig etwas zu essen. Als Nicholas verkündete, dass er nun seine Tochter abholen würde, fand sich Cole in dem Glauben bestätigt, dass jenes Töchterlein nun die 'Nichte' von Antonin war. Also war Nicholas doch so eine Art Familie für Antonin und nicht nur der Ausbilder. Er nickte dem Mann zu, ihm so dafür dankend, dass er ihnen geholfen hatte. Dann wendete er sich wieder seinem Käsebrot zu. Cole nickte und lächelte den anderen kurz an. Irgendwie war die Situation zwischen ihnen nun wesentlich entspannter. Besonders da Antonin mit einem Mal voller Elan war. Nun, so eine Dusche konnte Wunder bewirken. Und seine eigene hatte ihn ja auch vorhin mit viel guter Laune gesegnet gehabt, zumindest bist er auf dessen kühle Gleichgültigkeit gestoßen war. Aber von dieser schien nun gar nicht mehr übrig zu sein. Gut so. "Ich glaube auch, dass wir gute Arbeit geleistet haben. Ich bin grad nochmal alles durch." Er lächelte den anderen an, dessen Lächeln erwidernd. "Ich bin recht zuversichtlich, dass wir das gut hinbekommen. Und ich fürchte, dass ich dir mitteilen muss, dass du, wenn du es mit mir zu tun hast, immer wieder auf solche - wie hast du gesagt - 'verrückten, ziemlich waghalsigen und risikoreichen' Aktionen mitgenommen wirst. Stand das nicht im Kleingedruckten?" Er zwinkerte dem anderen zu. Ja, mit ihm zu tun zu haben war sicher nicht der leichteste Job. "Ich habe zwar bisher noch keinen Bullen so geplant beiseiteschaffen müssen, aber ich glaube ich hatte es schon mit ähnlich schwierigen Situationen zu tun." Er striff sich die Haare aus dem Gesicht. Er sollte lieber gar nicht darüber nachdenken, was er diesbezüglich schon erlebt hatte. Er biss noch einmal in sein Brot. Langsam drückte sein Magen schon. Er sollte ihn wohl nicht überbeanspruchen. Und so legte er das Brot erst einmal zur Seite. "Durchgehen ist gut und dann losfahren noch besser. Vielleicht sehen wir dann, mit wie vielen wir es zu tun bekommen. Also...", begann er langsam und griff zu seinem Zettel und begann Antonin zu erklären, dass sie zum Wachmann gehen würden, diesem erklären würden, dass sie bei Klinger bestellt sind. Der Wachmann würde sie ankündigen. Schließlich könnten sie den leeren Aufzug hinaufschicken, selbst die Treppe nehmen. Oben würden sie gewarnt sein, wahrscheinlich mindestens einer mit der Waffe im Anschlag auf den Aufzug warten. Den oder die galt es als erstes zu beseitigen. Auf den Kameras wäre ja niemand zu sehen, dadurch würde der nächste alarmiert werden, wenn sein Kollege nicht zurückkommt. Er wird unsicher, verlässt seinen sicheren Sitz in der Sicherheitszentrale und wird das nächste Opfer, um das sich Cole allerdings alleine kümmern würde, da Antonin weiter hinauf müsste. Über Klingers Wohnung war noch das Dachgeschoss mit wahrscheinlich Abstellkammern und dann nur noch das Dach. Dann ging es durch die Wohnung, den Gang entlang. Unter Umständen würde ihm dort der dritte begegnen, ansonsten erst im Wohnzimmer. Nun, und Klinger würde sich im besten Fall im Schlafzimmer befinden. Das Schlafzimmer, an das der langgestreckte Balkon angrenzte, über den Antonin dann zu ihm stoßen würde. So die Theorie. Kritisch wird die Frage sein, wo der Dritte sein wird, und ab wann Klinger mitbekommen würde, was los war. Aber da mussten sie flexibel sein. Cole zeigte Antonin auf der Karte, wo er gute Positionen sich überlegt hatte, basierend auf den Gedanken, die sich auch Antonin schon gemacht hatte. "Die Ohrknöpfe werden uns helfen, dass das Timing stimmt. Und wir werden leichter aufeinander aufpassen können..." Er nickte zufrieden und blickte die Flasche an, die er schließlich nahm und einen Schluck daraus trank. Ein Geschmack, an den man sich gewöhnen konnte. Antonin "Ich habe das Kleingedruckte gelesen!", empörte er sich lachend, bevor er augenzwinkernd nachsetzte. "Allerdins solltest du aufhören dafür Hieroglyphen zu verwenden. Ich arbeite immernoch an der Entzifferung." Und das tat er tatsächlich. Langsam aber beständig. Und was sollten diese kleinen und größeren Rückschläge schon bewirken? Antonin landete zwar nicht immer auf den Beinen, aber er wusste bisher immer wie man sich wieder aufrichtete. Und Cole war es definitiv wert, sich wieder aufzurichten und neue Lösungsansätze zu versuchen. Ganz, ganz definitiv. Doch dann lauschte er aufmerksam den Ausführungen und hinterfragte an den wenigen Stellen, wo ihm ein paar Dinge unklar oder schwammig vorkamen. Es passte ihm nicht wirklich, dass Cole ganz sicher mindesten einem Kerl alleine begegnen würde. Und wenn alles ganz schlecht lief, traf das sogar noch zusätzlich auf Klinger zu. Aber dann müsste er eben noch schneller sein. Wofür hatte er seine Kondition wieder aufgebaut wenn nicht genau für solche Situationen? Er würde Cole nicht lange alleine lassen. Garantiert nicht. Antonin war dessen Schutzschild, die Lebensversicherung und er machte das gerne. Oder... nicht gerne. Aber ohne nachzudenken, ohne es zu hinterfragen mit der festen Überzeugung, dass es absolut richtig war, sich so zu verhalten. Zum ersten Mal in seinem Leben erschienen ihm die in Russland verbrachten Jahre wirklich zu etwas gut zu sein. Er warf einen flüchtigen Blick auf das angeknabberte Brot des anderen und dann auf die Flasche bevor er seufzte und beschloss die Tüte mitzunehmen. Sie würden vermutlich eine ganze Weile im Fahrzeug sitzen und da könnte sich die ein oder andere Gelegenheit ergeben Cole zu 'füttern'. Einen Kreislaufzusammenbruch wollte er lieber nicht riskieren. Schließlich erhob er sich und fragte Cole, ob jener seine Platte ebenfalls schon trug, nur um dann zu versprechen, sie ihm später zu befestigen. Und dann ging es schließlich auch los. Er gab Cole noch eines der Sprechgeräte, verstaute sein eigenes und schloss den Raum hinter ihnen wieder ab. Den Schlüssel verstaute er nach einem kurzen Rundumblick in einer nahe gelegenen Metalldose. Nicholas würde ihn sich wieder nehmen, wenn er vom Kinderhort zurück käme. Den Rucksack und auch den Rest auf die Rückbank werfend, zog er sich dort auch wieder seinen halblangen Mantel an. Es wäre nicht so geschickt wenn ihn jetzt jemand mit der Waffe an der Schulter sehen würde. Auch Cole nahm Platz und alsbald waren sie auf dem Weg und Antonin suchte sich einen guten Platz für sie aus, von dem sie den Eingang relativ gut beobachten konnten, aber selbst nicht wirklich auffielen. Er war gut in sowas und machte sich da keine größeren Sorgen. Zudem die praktischen Scheiben des Fahrzeugs sie auch hier unterstützen würde. Gelassen stellte er seine Lehne ein Stück zurück und entspannte sich. Kein Grund jetzt schon wie ein Flitzbogen hier zu sitzen, wo sie doch noch Stunden von einem wirklichen Einsatz entfernt waren. Er hätte sich möglicherweise den Film gestern doch sparen sollen, denn diese zwei Stunden würden ihm früher oder später garantiert noch fehlen. Mit seinem chemischen Drink hin oder her. Nur kurz warf er Cole einen Seitenblick zu, bevor er sich eine weitere Wiener aus der Tüte grabschte und genüsslich zubiss. Hunger wäre auch nichts Brauchbares. Ebenso wie Durst oder schlechte Vorbereitung. Prüfend ließ er den Blick die Hauswand nach oben gleiten und dachte an den eigenen kleinen Notfallplan den er sich überlegt hatte. Wenn alle Stricke reißen würden, könnte er Cole immer noch sicher aus dieser Todesfalle rausbringen. Oder er hätte zumindest noch die Möglichkeit dazu. Man, dieses Klingerarschloch ging ihm langsam echt auf die Nerven. Es war wirklich Zeit, dass der von der Oberfläche verschwand und nicht nur Cole sondern auch Antonin mal etwas der dringend benötigten Ruhepause gönnte. Als ob er in den letzten Tagen nicht schon genug Scheiße mitgemacht hätte. "Der Bastard stirbt heute", überzeugte er sich selbst und atmete einmal tief durch. "Und dann gönne ich mir einen Tag Urlaub. Mit Sonnenbräunen, fettigem Essen, einem Konzert und ein paar Cocktails mit schicken, farbigen Schirmchen drauf." Eine weitere Eigenart die zutage trat. Je mehr er sich auf etwas freuen konnte, desto schneller und besser brachte er unangenehme Dinge hinter sich. Kapitel 32: Blue Velvet ----------------------- Cole Cole lehnte sich entspannt zurück und schloss die Augen, als Antonin losfuhr. Einen Moment der Ruhe genießend, den er schon lange nicht mehr wirklich hatte. Und das war eine absolute Ruhe, die er, wie er immer mehr merkte, nur in Antonins Gegenwart überhaupt spüren konnte. Er lauschte den gleichmäßigen Geräuschen des Wagens und den Bewegungen des anderen. Ein Schmunzeln zierte seine Lippen, als er über die Worte des anderen bezüglich des Kleingedruckten nachdachte. Vielleicht hatte wirklich er und nicht Antonin den Mysteriums-Stempel verdient. Ob es auch daran lag, dass sie so oft aneinander gerieten? Letztlich war er nicht wirklich bereit gewesen, jemanden so nah an sich heranzulassen, wie Antonin nun war. Schließlich schützte er sein Leben, und das, ohne wirklich viel nachzufragen, was Cole eigentlich schätzen sollte. Als das Fahrzeug langsamer wurde öffnete Cole wieder die Augen. Er beobachtete den Eingang des in etwa 6-stöckigen Hauses. Sie würden ganz schön schnell laufen müssen, wollten sie schneller als der Fahrstuhl sein. Es wird sicher eine anstrengende Operation. Kurz blickte er zu Antonin, als dieser wieder zu essen begann. Ob er nicht doch lieber noch etwas aß? Er blickte die Tüte an und durchforstete sie dann. Auch ein Wienerle? Oder etwas Obst? Cole seufzte und legte die Tüte wieder weg. Er hatte keinen Hunger. Überrascht blickte er Antonin an, als dieser die Stille durchbrach. Er musste unwillkürlich lächeln und sah Antonin warm an. Entspannt rutschte er in seinem Sitz ein wenig hinab. "Das klingt ziemlich gut. Vielleicht sollte ich das auch tun. Besonders die Schirmchen klingen toll..." Sein Lächeln verbreitete sich kurz zu einem Grinsen, dann wurde er wieder ernst. "Ich habe nur zu viel zu tun. Es wartet Einiges auf mich, um das ich mich dringend kümmern muss..." Und damit meinte er keine Arbeit im Club, dort war zum Glück momentan Ruhe, sondern Arbeit, die zu Hause auf ihn wartete, die ihm zwar viel bedeutete, die aber eben auch gemacht werden musste Dann fiel ihm etwas ein und er griff in seine Manteltasche, zog eine CD heraus und ließ die Anlage des Autos den wirklich guten Armageddon-Soundtrack ausspucken, um seine CD hineinzuschieben. Kurz las er nach, welchen Track er wollte und wählte das passende Lied an."Ich habe dir ja versprochen, dass ich es dir einmal vorspiele", kommentierte er, als "Blue Velvet" von Bobby Vinton begann. (http://www.youtube.com/watch?v=Ji-BG-aOOTI) Cole drehte ein wenig lauter. Entspannt lehnte er sich wieder zurück, kreuzte seine Finger über seinem Bauch und lauschte dem Lied, seinen Kopf Antonin zugedreht, diesen ansehend und leise mit einem Lächeln auf den Lippen mitsingend. - Als das Lied zuende war, fing Elvis Presleys "Can't Help Falling In Love With You" an. Cole drehte ein wenig leiser und sah Antonin wieder an. "Meine Mutter ist voll auf die Musik der 60er abgefahren...", erklärte er und es klang schon fast entschuldigend. "Und manchmal tut mir diese Heile-Welt-Musik furchtbar gut." Kurz ruhten seine Augen in denen des anderen. Ja, für ihn war das nicht nur, weil es schnulzige Liebeslieder waren, eine Heile Welt Musik, sondern auch, weil ihn diese Musik an das erinnerte, was er einmal gehabt hatte: Eine Familie. Sicher, es war bei weitem keine glückliche Familie gewesen, wenn er genauer darüber nachdachte, war seine Jugend vorher auch nicht wirklich schön gewesen. Aber es war zumindest eine Familie, die mehr oder weniger zusammengehalten hatte. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als draußen ein ihm bekanntes Auto vorbeifuhr. Coles Blick wurde sofort kühl und er richtete sich auf, die Musik ausdrehend. Klingers Wagen hielt vor dem Haus. "Kannst du sehen, wie viele Personen es sind?", wisperte Cole, selbst versuchte er zu zählen, bevor der Wagen in der Tiefgarage verschwinden würde. "Der Wagen scheint voll zu sein." Also würden sie es also mit fünf Personen zu tun bekommen. "Umso wichtiger, dass wir am Anfang ein paar ins Treppenhaus locken", überlegte er laut. Und dann fiel ihm etwas auf, was ihn vorhin schon irritiert hatte, obwohl er noch nicht wusste, wieso. Das Büro des Wachmannes war leer, die Lichter waren aus. Konnte es sein, dass nachts nicht bewacht wurde? Er stieß Antonin leicht am Arm. "Schau mal, das Wachzimmer ist leer, es brennen keine Lichter...", murmelte er dem anderen zu. "Ich denke, du solltest nachher mal unauffällig vorbeilaufen und nachsehen, ob zu erkennen ist, weshalb das so ist." Antonin Antonin hob schmollend die Unterlippe ein wenig nach vorne. "Wage es nicht, meine Schirmchen ins Lächerliche zu ziehen. Ohne Schirmchen ist es kein richtiger Cocktail. Das ist einfach so." Doch seine Augen funkelten belustigt und es war mehr als deutlich, dass er es nicht ernst meinte. Auch wenn er sich Coles Ausdruck irgendwie anzupassen schien als jener wieder ernster wurde. "Naja, das ist eine Sache der Prioritäten. Wenn dir deine Arbeit wichtig ist, dann schiebt man seinen Urlaub schon mal nach hinten", erklärte er seine eigenen Gedanken dazu. "Wenn mich ein Problem im Labor wirklich beschäftigt, wie es das CI-4 zum Beispiel getan hat, dann schnappe ich mir schon mal meine sieben Sachen und übernachte sogar dort. Daher kann ich das schon recht gut nachvollziehen." Dann warf er der Plastiktüte einen kurzen Blick zu, griff hinein und drückte Cole einen Apfel in die Hand. "Essen und nicht meckern.", merkte er noch grinsend an. "Ich kann dich schlecht auch noch nach oben tragen. Obwohl... ich könnte vermutlich schon, aber nicht schneller als ein Fahrstuhl", setzte er noch nach und runzelte übertrieben nachdenklich die Stirn. Doch dann sah er neugierig dabei zu, was Cole da für eine CD hervorzauberte. Sie musste gut sein, wenn der andere ihm dafür seinen geliebten Soundtrack einfach so rausholte. Aber gut, das konnte der andere ja schließlich schlecht wissen, richtig? Und als die ersten Klänge erklangen weiteten sich seine Pupillen überrascht und er wandte seinen Blick zu Cole hinüber. Er hätte ihm in hundert Jahren nicht solche Musik zugetraut. Und das war noch nicht einmal die größte Überraschung. Cole sang diesen Song mit und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Ok… Wo war der Verhaltensguide wenn man ihn brauchte? Antonin schluckte trocken und ließ die Worte in sich aufgehen, in seinen Verstand und seine Seele brennen und er wusste, wenn er dieses Lied jemals wieder hören würde, dann hätte er diese Augen, diesen Blick und diesen Mann vor seinem inneren Auge. Wie jener da so entspannt saß, seine Stimme der des Liedes anpasste und ihm damit ein Erlebnis der besonderen Art bescherte. Und das, wo er solchen Situationen normalerweise mit Knoblauch, Weihwasser und Holzkreuzen begegnete. Bisher hatte es keine Frau auch nur ansatzweise geschafft ihm einen Schmusesong ins Auto zu schmuggeln und jetzt spielte Cole ihm so ein Lied vor? Sein Herz schlug wiedererwarten nicht schneller, sondern vielmehr langsamer mit jedem weiteren Ton und Wort, das er hörte. Es beruhigte seine Sinne auf die gleiche Weise, wie sie aufwühlten. Eine sehr, sehr seltsame Situation, wenn es nach ihm ging. Und diesmal schien Cole nicht zu verdrängen, sondern tatsächlich einfach nur nichts zu bemerken. Irgendjemand da oben musste ihn hassen. Als er Coles ein wenig erklärend wirkende Worte vernahm nickte er nur, immer noch ein wenig sprachlos. Bevor er die nächsten Töne als ein Lied erkannte, das er sich selbst sehr häufig schon angehört hatte. Und es machte diese Situation kein Stückchen besser. "Du hast eine schöne Stimme", murmelte er schließlich und konnte den Blick endlich abwenden. Seit wann war der andere eigentlich unter die Hypnotiseure gegangen? Das war ja bald nicht mehr zum aushalten. Und so wenig sein nächster Gedankengang auch in diese eher... romantische 'Situation' passte, so dringend war er: Er brauchte ganz, ganz dringend Sex. Und wenn es mit ner Gummipuppe wäre - inzwischen war er nicht mehr wählerisch. Als er dann so - für ihn plötzlich - auf den Wagen aufmerksam gemacht wurde, brachte er gerade noch ein "Fünf", heraus und war froh wenigstens dafür noch zu gebrauchen zu sein. Er musste sich JETZT aber wirklich mal am Riemen reißen, verfluchte Scheiße nochmal! Doch dann folgte er Coles Aufzeigen irritiert. Warum war ihm das noch nicht aufgefallen? Zum Henker, jetzt aber mal ein bisschen Konzentration hier! "Ja, kein Problem. Ich werd mir das in ner Weile mal ansehen. Und irgendwie werden wir das schon geregelt bekommen. Intuition ist manchmal der beste Freund, den man für sowas haben kann." Danach herrschte ein wenig Ruhe zwischen ihnen, was für Antonin eher für ein wenig Anspannung sorgte als alles andere. Zudem ihm seine eigene Vorstellungskraft gerade noch fleißig die Suppe versalzte. Weshalb er so unglaublich dankbar war als endlich ein bisschen was passierte. Und wenn es nur eine Hure war. "Ob die wohl für Klinger ist?", murmelte er, davon ausgehend das Cole sie auch gesehen hätte. "Das macht dann eine unbeteiligte Person, die uns nur im Weg umgeht", murrte er und war nicht begeistert von dieser Idee. Cole Durch das heranfahrende Auto abgelenkt, hatte Cole nichts mehr zu dem Kompliment des anderen sagen könne. Doch nun, als es ruhiger wurde, rief er sich die Worte des anderen ins Gedächtnis. Hatte er wirklich eine schöne Stimme? Hm, zumindest hatte ihm niemand vorher das Gegenteil gesagt. Und er hatte ja nicht selten seine Stimme eingesetzt, um Leute ins Bett zu bekommen. Also musste sie etwas an sich haben, was sich gut anhörte. Ob er Antonin auch einmal Zweideutigkeiten ins Ohr raunen sollte? Cole rief sich selbst zurück. Wieso dachte er über so etwas nach? Erstens widersprach es einigen Grundregeln, seinen Mitarbeiter zu verführen, zweitens hatte er diesem bereits einmal etwas ins Ohr geraunt, hatte den schönen Hals des anderen sehen dürfen, seine weiche Haut. Und dennoch tauchte vor seinem inneren Auge Antonins Nacken auf, Antonins Geruch kehrte in seine Erinnerung zurück... Er brauchte Sex, dringend. Und zwar befriedigenden Sex. Aber nun geschah erstmal etwas, das ihn dazu zwang, sich wieder wesentlichen Dingen zuzuwenden. "Ich hoffe nicht", murmelte er auf Antonins Kommentar hin. "Keine Frauen, keine Kinder", stellte er knapp fest und sein Tonfall verriet, dass er da keine Ausnahmen machte. Dann blickte er kritisch, als er sah, dass der Frau die Tür geöffnet wurde. Von keinem geringeren als einem der Männer, mit denen Klinger sich umgab. "Also entweder ist da jemand runtergeschickt worden, was ich mir nicht vorstellen kann, denn das ging zu schnell, oder es steht jemand unten im Hausflur, um für Sicherheit zu sorgen." Er blickte Antonin an. "Geh und schau nach. Beeil dich, sonst ist im Hausflur das Licht wieder aus... Und versuch auch rauszufinden, ob die Tür offen ist oder verschlossen." Coles Augen folgten Antonin, der seinen Auftrag ausführte. Er machte das wirklich gut. Niemand würde ihn verdächtigen, dass er nicht wirklich nur ein Spaziergänger oder einfacher Passant wäre. Nicht um diese Uhrzeit. Währenddessen überlegte Cole, ob die Hure nicht doch eigentlich ein Vorteil war. Sie sollten vielleicht keine Zeit mehr verlieren. Wenn Klinger tatsächlich mit einer Hure zu tun hatte, dann würde dieser wenigstens gut abgelenkt sein. Diesen Gedanken teilte er Antonin mit, als er zurückkam und noch bevor dieser seine Beobachtungen mitteilen konnte. Cole zog sich derweil die Jacke aus, öffnete sich sein Hemd und griff in seine Tasche, um die Metallplatte herauszuholen. Er lockerte etwas seine beiden Halfter, und blickte Antonin bittend an. "Du kannst das so gut", erklärte er. Antonin Er sagte nichts zu diesem Befehl. Was hätte er auch sagen sollen? Zum einen war das irgendwie auch seine Ansicht und zum anderen war es seine Aufgabe solchen Dingen gehorsam zu leisten. So nickte er nur zustimmend, um anzuzeigen, dass er es verstanden und akzeptiert hatte. Dann verfolgte er die Geschehnisse soweit, dass eben von hier möglich war und folgte auch dem nächsten Befehl widerspruchslos. Schnell war er aus dem Auto ausgestiegen, was ihm gerade sowieso sehr recht kam, streckte sich einmal und schlenderte schließlich entspannt den Weg entlang. Schnell genug um tatsächlich noch dort vorbei zu kommen bevor das Licht ausging. Und zwar war der Wachmann tatsächlich nicht da, aber dafür schloss sich der Fahrstuhl gerade hinter der Hure. Der Kerl, der ihr geöffnet hatte jedoch blieb davor stehen. Nicht gut, aber nicht zu ändern. So drehte er noch eine kleine Runde bevor er auf der anderen Straßenseite zurückkehrte und schließlich wieder bei seinem Jeep ankam. Kaum dass er sich gesetzt hatte, verklickerte ihm Cole auch schon, dass er das Ganze für so eine Art guten Wink des Schicksals hielt, und bei näherer Betrachtung war das wohl gar nicht so weit hergeholt. Auch wenn sein eigenes Schicksal ihm eher nicht zuwinkte, sondern ihm den Stinkefinger zeigte. Aber schicksalsergeben wie er nun mal war, nahm er die Metallplatte entgegen und rückte näher an Cole heran um das Ganze auch sicher befestigen zu können. "Die Hure wurde mit dem Fahrstuhl nach oben geschickt, kein Wachmann aber dafür einer von Klingers Leuten, der den Fahrstuhl bewacht", gab er seine Beobachtungen in möglichst wenigen Worten zurück. Das da momentan ein wenig seiner militärisch angehauchten Ausbildung durchschien, bemerkte er selbst nicht. Dafür aber bemerkte er die warme, weiche Haut des anderen umso deutlicher. Er leckte sich über die trockenen Lippen und konzentrierte sich dennoch so gut es ging darauf, einfach nur das Herz zu schützen und an nichts anderes zu denken. Auch nicht an den Geruch, den er wieder in die Nase bekam und der ihm inzwischen schon wie ein Aphrodisiakum vorkam. Oh ja, er würde Sex haben. Jede Menge. Bis er keinen Muskel mehr im Leib rühren könnte. Soviel war sicher. In Stein gemeißelt. Doch schließlich zog er sich zurück und nickte. "Damit ist dein Herz zumindest ein wenig geschützt", merkte er an bevor er das kleine schwarze Gerät hervorholte, es einschaltete und es mit weiterem Klebeband ein Stück über seinem Gürtel auf der Haut befestigte und den dazu gehörigen Stöpsel dann auch ins Ohr steckte. "Ready wenn du ready bist", erklärte er und zog sich als letztes noch die schwarzen Handschuhe über. Nicholas würde das Signal einspeisen sobald sie einmal bei ihm anklingelten. Cole Die Finger des anderen auf seiner Haut hinterließen Spuren, denn es kam Cole so vor, als wäre seine Haut an diesen Stellen mit einem Mal wärmer. Hatte er es wirklich so nötig? Und warum trat dieser wunderschöne Oberkörper mit einem Mal wieder vor seine Augen. Der Oberkörper, den er vorhin kurz hatte sehen dürfen. Cole schloss kurz die Augen, musste die Bilder los werden, doch es half nichts. Und so war er froh, als Antonin endlich fertig war, als jene Finger endlich von seiner Haut wichen. Oder nein, er war gar nicht glücklich darüber... Aber er musste... Er schluckte. Wenn sie das jetzt hier schnell durchzogen, dann hätte er nachher noch Zeit, um sich in einem Club zu vergnügen. Und diese Zeit würde er sich nehmen. Definitiv! Dann verdrahtete er sich auch mit dem Kommunikationssystem. Mit geübten Griffen knöpfte er sich das Hemd zu, zog seine Waffenhalfter wieder fester, zog sich die Lederjacke drüber. Dann sah er Antonin an. "Ready", versicherte er. Sein Herz klopfte mit einem Mal. plötzlich war das Adrenalin da, strömte durch seine Adern. Er schluckte. Jetzt galt es zu beweisen, auf die Schnelle einen guten Plan gefasst zu haben, nun galt es, konzentriert zu sein. Und das Adrenalin würde ihm bei Zweiterem definitiv helfen. Gemeinsam stiegen sie aus. "Hast du gesehen, ob die Tür offen war?", fragte er den anderen noch. Als dieser verneinte nickte er kurz. "Dann die rabiate Tour." Letzteren Satz sagte er mehr zu sich, als zu Antonin. "Gib Nicholas Bescheid." Kapitel 33: Kill Klinger 1 -------------------------- Cole Gemeinsam drückten sie sich in den Schatten der Hauswand, gingen in Richtung Haustür. Bevor sie in das Sichtfeld rücken würden, blieb Cole stehen, blickte Antonin an. "Pass auf dich auf", flüsterte er kaum hörbar und fixierte kurz die Augen des anderen. "Keine unnötigen Risiken." Dann sah er ihn fragend an, wartete auf die Bestätigung, dass es losgehen konnte. Cole zog seinen einen Revolver. Er schloss kurz die Augen, zählte bis drei, dann ging er los. Binnen weniger Sekunden hatte er das Schloss der Haustür durchgeschossen. Der Mann am Fahrstuhl drückte den Lichtschalter, griff zu seinem Walkie Talkie und drückte den Knopf, doch er konnte nicht mehr sprechen. Ein glatter Kopfschuss. Cole nickte Antonin anerkennend zu, erstarrte dann aber, als er hörte, wie jemand aus dem Walkie Talkie sprach. "Jack? Was ist? Jack?" Cole zögerte nicht lange. Er drückte auf den Fahrstuhlknopf. Der Fahrstuhl setzte sich nach unten in Bewegung. Dann blickte er Antonin an, legte ihm eine Hand an den Arm. "Sie ahnen, dass etwas nicht stimmt. Verfrachte du ihn hier herein und schick ihn hoch, so dass er herausfällt, wenn die Fahrstuhltür aufgeht. Klar? Ich geh schon los. Wir sehen uns oben wieder..." Sein Blick war von jener tödlichen Kühle, die er auch bei dem Mord an dem Bürgermeister gezeigt hatte. Eine Kühle, die verriet, dass er das nicht zum ersten Mal machte, die verriet, dass er nun letztlich ein andere Mensch war. Ohne zu warten, ob Antonin einverstanden war, spurtete er die gewendelte Treppe hoch. Immer an der Wand entlang, damit er nicht gesehen werden konnte, voll konzentriert, damit er leise war. Ein Stockwerk unter dem eigentlichen blieb er stehen. Er lauschte. "Jack", hörte er die Stimme, die er vorhin schon unten gehört hatte. "Was ist denn los? Wieso meldest du dich nicht?" Ein Klopfen folgte. "Rupert", sagte die Person. "Ich glaube da kommt jemand. Es ist was Ernstes... Beeil dich..." Coles Blick an den Fahrstuhl verriet ihm, dass Antonin die Ladung geschickt hatte. Dann hörte er Schritte. Sein Atem ging schnell, doch er versuchte ruhig zu bleiben. Jeder Muskel in seinem Körper war angespannt. Cole steckte die Waffe weg, stellte sich näher an das Geländer, abschätzend anhand der Schritte, wohin jener wohl gerade ging. Dann sah er, wie sich jemand über das Geländer beugte, um hinunter zu sehen, eine Waffe in den Händen haltend. Ohne lange zu überlegen, ging er auf das Geländer zu, nutzte das Gitter als Leiter, packte den Mann an den Händen und zog so fest an, dass er beinahe selbst das Gleichgewicht verloren hätte. Ein Aufschrei erfüllte das Treppenhaus, bevor der dumpfe Aufprall verkündete, dass nur noch 3 Personen und womöglich eine Hure auf sie warteten. Cole trat wieder zurück in den Schatten. "Beeil dich, Antonin", wisperte er, doch jener glitt im gleichen Moment zu ihm. Er nickte ihm zu. Mit seinen Fingern symbolisierte er ihm, dass gleich noch einer kommen würde. Und fast zeitgleich öffnete sich oben die Tür. "Wer kommt denn... Zac?" Man hörte der Stimme die Überraschung an. Dann erklang das Klingeln des ankommenden Aufzugs, man hörte wie eine Waffe entsichert wurde. "Wir nutzen den Moment der Ablenkung...", flüsterte er und zog wieder seine Waffe, als er hörte, wie sich der Aufzug zu öffnen begann. Gleich darauf begann jener Mann dort oben zu schießen, auf den herausfallenden Körper zu schießen. Sie durften nicht mehr warten. Antonin Wie so häufig in diesen Situationen bekam er das Gefühl sein Adrenalin durch seinen Körper rauschen zu fühlen. Und auch das altbekannte Herzklopfen war zu ihm zurückgekehrt, während seine anderen Sinne inzwischen auf voller Alarmbereitschaft standen. Schnell überprüfte er noch einmal den Schalldämpfer an seiner ersten Waffe, bevor er sie zog und mit der einen Hand im offenen Mantel versteckte. Als er schließlich die Frage mit der Tür verneinte, bei Nicholas anklingelte und nur kurz auf dessen 'Rückruf' wartete, wurde ihm bewusst, dass dies vielleicht die letzten Minuten, die letzte Stunde seines Lebens sein könnte. Und er fand kein Bedauern darüber in sich selbst. Es war nicht nur um sein Ziel, um Cole zu schützen, sondern auch um weitere Morde zu verhindern. Wenn das kein nobles Ziel für die letzten paar Minuten wäre? Er seufzte kurz und erwiderte den Blick des anderen bevor er zustimmend nickte. "Keine unnötigen Risiken", wiederholte er ebenso eindringlich flüsternd. "Je weniger du davon eingehst, desto leichter ist mein Job und ich würde dich ganz gern an einem Stück hier herausholen. So gefällst du mir nämlich ganz gut." Wenn das schon die letzten Minuten sein könnten, dann konnte er sich auch ein paar Zugeständnisse erlauben, oder etwa nicht? Dann atmete er ein letztes Mal tief durch, legte Schritt für Schritt alles ab, was hierfür nicht nötig wäre, und rief sich ähnliche Situationen ins Gedächtnis. Er war ein Profi - Zeit das zu beweisen. Was er auch gleich tun konnte, nachdem Cole die Tür so rabiat aufgeschossen hatte, denn er hob seine Waffe, zielte kurz und erledigte den Kerl mit einem seiner Lieblingsschüsse: durch den Kopf. Soweit so gut, könnte man meinen, als er Coles zufriedene Miene sah. Doch gleich darauf verfinsterte sich sein Gesicht, als er die Fragen aus dem Gerät hörte und noch mehr als Cole ihm seine Hand auf den Arm legte und ihm befahl die Leiche in den Aufzug zu verfrachten. Das war nicht gut, da müsste er sich das ganze Blut aus nächster Nähe ansehen, doch für solche Kinkerlitzchen war jetzt keine Zeit! Noch bevor er irgendwie reagieren konnte war Cole auch schon verschwunden und so blieb es an ihm, zu der Leiche zu hechten und sie soweit hoch zu heben, dass er sie halbwegs gut durch die sich gerade öffnenden Aufzugstüren schieben konnte. Dabei tropfte ihm nicht wenig Blut auf die Arme und Oberkörper und er konnte den leichten Anfall von Übelkeit kaum verhindern. Soviel zum Profi. Trotzdem erledigte er das gewünschte, drückte dann den Knopf für das entsprechende Stockwerk und hielt die Leiche solange aufrecht bis er seine Hand im letzten Moment aus den sich schließenden Türen zog. Danach war es ein nicht unbeachtlicher Sprint nach oben, was zusammen mit seinem Rucksack wirklich gut an den Muskeln zerrte. Wäre er hier ohne sein Training reingelaufen, würde er jetzt schon gut keuchen. Eindeutig ein Nachteil von Rauchern. Hin und wieder blickte er sich um, sicherte abgehende Türen und sah auch immer mal wieder auf die Aufzugsanzeige. Inzwischen hatte sich sein Herzschlag wieder beruhigt, wenn auch nicht sein Übelkeitsgefühl. Aber das ging schließlich ständig einher, wenn er Menschen töten oder verletzen musste. Kurz vor dem vorletzten Stockwerk musste er sich arg zusammenreißen, um nicht wild mit der Waffe um sich zu ballern, als plötzlich ein Körper an ihm vorbei nach unten flog. Kurz hob er ein wenig beeindruckt die Augenbraue, bevor er weiter nach oben lief und dort auch gleich darauf auf Cole traf. Gott sei Dank! Es sah nicht so aus als wäre jener verletzt. Er versuchte zu entziffern was jener im sagen wollte und nickte dann nur noch, als er oben schon die Schussgeräusche hörte. Ohne länger zu warten, spannten sich seine Muskeln abermals an und er nahm die letzten Treppenstufen mit großen Schritten, bevor er die Waffe anhob und sich nicht langsam und zögerlich sondern im vollen Lauf um die Ecke zur Aufzugstür warf. Es waren nur zwei Schüsse, die er abgab, aber beide trafen. Kurz hielt er inne und sah sich nach Cole um, der ebenfalls seine Waffe in der Hand hielt. Er deutete auf sich und dann höher bevor er kurzentschlossen noch einmal ganz nahe auf den anderen zutrat. "Wenn du aus Unachtsamkeit stirbst, werde ich dir in die Hölle folgen und dann wirst du dir wünschen vorsichtiger gewesen zu sein." Damit wandte er sich um und begab sich über den Notausgang weiter nach oben. Er hatte nicht mit anderen Worten ausdrücken können, dass Cole vorsichtig sein sollte. Nicht jetzt und nicht in dieser Situation. Er wand sich so schnell es ging an irgendwelchen gelagerten Kisten vorbei bis er endlich die Tür zum Dach aufreißen konnte. Immerhin konnte er sich die Kugeln sparen, denn sie war nicht verschlossen. Inzwischen schnell atmend nahm er sich die Minute Zeit, um sich einen Überblick zu verschaffen bevor er den Rucksack zu Boden gleiten ließ und die Seilwinde hervorzog. Er drückte den Knopf an seinem Kommunikationsgerät: "Bin auf dem Dach und dabei, die Winde zu befestigen. Melde mich wieder." Cole Wirklich beeindruckend. Dieser Mann beeindruckte ihn mit jeder Sekunde mehr. Antonin wusste ganz offensichtlich was er zu tun hatte. Und er war einer der angenehmen Kandidaten, die wenige Schüsse benötigten. Cole stieg über die zerschossene Leiche. Der Aufzug versuchte in einem monotonen 'bling - bling' seine Türen zu schließen. Er nickte Antonin zu, als dieser ihm signalisierte weiter nach oben zu gehen. Kurz blickte Cole Antonin hinterher. Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt. Nicht nur dieser Kommentar, auch die Aufforderung 'im Ganzen' aus dieser Sache herauszukommen freuten Cole irgendwie. "Pass du auch auf dich auf", murmelte er. Aber sich weitere darüber Gedanken zu machen, weshalb seine Freude in diesem Moment so groß war, wäre in dieser Situation fatal. Und so zwang er sich, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren: Klinger ausschalten, Antonin und sich hier wieder heil herausbringen. Und so ging er zur Tür sacht stieß er sie auf, drehte sich an die Wand und wartete, was passierte, die Waffe im Anschlag. Er atmete kurz durch, dann drehte er sich in die Tür, Schussbereit, doch es war niemand zu sehen. 5 Meter, bis der Gang eine Biegung macht. Langsam lief er los, verharrte an der Tür, die zum Überwachungsraum führte. Das gleiche Prozedere. Im Raum waren Waffen en mass. Kurz blickte er sich um, sah dass der Schlüssel im Türschloss innen steckte. Vorsichtig ging er aus dem Raum und sperrte ihn zu, den Schlüssel einsteckend. Man konnte nie wissen. Noch 2 Meter, bis zur Biegung. Nun wurde es ernst. Der Gang war lang und bot keinen Schutz. Cole lehnte sich an die Wand, nahm sein Adrenalin, sein Herzklopfen wahr. Ein Zustand, den er früher mehr als nur anturnend fand, ein Zustand, den er mittlerweile aber nicht mehr so häufig suchte. In diesem Moment hörte er Antonin. Er sollte sich beeilen. Und so drehte er sich in den Gang, leer... Nun aber schnell. Mit leisen aber hastigen Schritten lief er zum Ende des Ganges, der nun nach links abbrach. Anschließen würde das Wohnzimmer, nach rechts dann die Küche, nach links das Schlafzimmer und das Bad kommen. Cole lauschte. Er hörte eine gedämpfte Stimme. Zudem spürte er eine leichte Brise. Ob die Tür zum Balkon offen war? Noch schien niemand begriffen zu haben, was Sache war... Und dann hörte er Schritte. Ob hier noch jemand drin war? Es waren zu schwere Schritte für eine Frau. "Ich schau mal nach Zac. Wollte der nicht noch ne Linie ziehen?" Das war nicht Klinger, das wusste Cole. Also hatten sie einen übersehen. Egal. Cole hörte, dass jemand am Balkon gar nicht weiter darauf reagierte, sondern weitertelefonierte. Nun, offenbar hatte noch niemand was gemerkt. Gut. "Antonin, es ist einer mehr, und einer steht am Balkon", flüsterte er, das Kommunikationssystem benutzend. Die Schritte kamen näher, Cole spannte sich an, drehte sich, die Waffe so im Anschlag, dass er direkt abdrücken konnte. Eine Tür ging. "Andy!" Das war Klinger. "Schaff die Hure raus." Cole konnte den Schatten schon sehen, als der Mann stehen blieb. Sollte er? Sollte er nicht? Einer weniger wäre gut... Cole machte einen Schritt nach vorne, drehte sich und schoss. Doch der Mann war ein Hüne, und so traf er ihn in den Bauch, nicht damit gerechnet habend. Irritiert blickte der Mann auf, in der nächsten Sekunde zog er seine Waffe und schoss, ohne Schalldämpfer. Cole duckte sich, gab weitere zwei Schüsse ab - diesmal tödliche -, drehte sich hinter die Wand. Langsam, aber wie es ihm vorkam furchtbar laut, sackte der Hüne in sich zusammen. Gleichzeitig hörte er weitere Schüsse. Offenbar hatte Antonin am Balkon zugeschlagen. Das Fluchen Klingers drang zu ihm und ein Geräusch, das er nicht zuordnen konnte. Es klang wie ein elektrischer Motor. Cole ging den Plan durch. Drei Meter, dann hätte er eine gute Nische, um einen Überblick zum Wohnzimmer zu haben und genügend Schutz. Er zählte kurz bis drei, dann lief er los, über den leblosen Körper steigend. Er sah, dass Klinger die elektrischen Rollläden heruntergelassen hatte. Und dann sah er, dass eben dieser nun begann wie verrückt mit zwei Uzis auf die geschlossenen Jalousien zu schießen. Coles Augen weiteten sich vor Schreck. Hoffentlich konnte Antonin dort in Deckung gehen. "Antonin", flüsterte er. "Hörst du mich?" Doch es kam keine Antwort. „Antonin?“ Stille. „Toni?“ Nichts. In Cole verkrampfte sich alles. Was wenn die Schüsse vorhin gar nicht Antonins gewesen waren? Er spürte, wie sich sein Magen zusammenzog, wie sein Kiefer knirschte, wie er physischen Schmerz empfand, bei dem Gedanken, Antonin könnte es erwischt haben. Was hatte ihn eigentlich geritten, dass er ihn mitgenommen hatte? Cole wechselte das Magazin. Er hatte keine Zeit zu überlegen, was alles passiert sein könnte. Er musste handeln. Antonin Das Blut rauschte laut in seinen Ohren als er schließlich endlich ein Rohr fand, das die Seilwinde tragen würde. Es war wohl eines jener Lüftungszirkulationsdinger, aber wer wollte es schon so genau wissen? Die Gerätschaft eilig aus dem Rucksack zerrend begann er mit schnellen aber konzentrierten Bewegungen das ganze festzumachen und zu sichern. Egal wie eilig es auch war, er hatte nicht vor durch Unachtsamkeit unten auf dem Boden aufzuklatschen, nur weil sich etwas löste. Doch zu guter Letzt konnte er das ganze am Karabiner seines Gürtels einrasten lassen. Und da er noch nichts von Cole gehört hatte, lud er schnell seine Waffe nach, bevor er sich sein Messer ans Schienbein schnallte und mit einem letzten Griff noch sicherstellte, dass seine zweite Waffe noch hinten am Gürtel befestigt war. Als sein Blick auf die kleine Kugel fiel zögerte er kurz, doch griff dann ebenfalls danach und steckte sie sich in die Mantelinnentasche. Und schließlich nahm er den Rest des langen Seils, lief damit bis zum Dachrand und sah hinunter. Scheiße verdammt, da stand einer auf dem Balkon! Und offensichtlich war ihr Timing wirklich besser als gedacht, denn im gleichen Moment hörte er Coles geflüsterten Worte in seinem Ohr mit der Information, dass sie sich verzählt hatten. Na prima. Mehr als unwillig stand er da nun, mit dem Seil in der Hand sich ein wenig unentschlossen auf die Lippe beißend. Er könnte den Kerl von hier oben ausschalten, aber wenn Klinger im Schlafzimmer wäre, dann wüsste er woher Antonin kommen würde. Aber etwas anderes blieb ihm auch kaum übrig, oder? Na, dann könnte er wenigstens für etwas mehr Ablenkung für Cole sorgen. Sich dazu entschließend, schlug er schnell ein Kreuzzeichen atmete tief durch und warf das Seil dann über das Dach. Und tatsächlich ruckte der Kopf des wohl telefonierenden sofort nach oben, ebenso wie dessen Hand, die sofort zur Knarre ging und ohne zu zielen rauf schoss. Tss… Anfänger! Antonin trat zurück, lief zwei Meter nach rechts und sah von dort wieder runter zum Balkon während er anlegte, sich die Zeit zum genauen Zielen nahm und schließlich abdrückte, um mit einem weiteren Kopfschuss belohnt zu werden. Ohne großartiges weiteres Federlesens hangelte er sich, mit dem Seil gesichert über das Dach, bis er senkrecht neben der Wand war. Bereit sich die wenigen Meter runter zu lassen, doch blieb es jetzt fraglich was ihn erwarten würde. Sollte er Coles supertollen 'No risk, no fun' – Spruch mal umsetzen? Bei jedem weiteren Meter schlug ihm das Herz schneller gegen die Brust und hin und wieder erzitterte er leicht. Egal wie kühl und rational sein Kopf in solchen Situationen war, sein Körper erinnerte ihn immer daran, dass es nur so war weil er nichts anderes an sich heranließ. Doch was war das für ein Geräusch? Antonin hielt kurz inne, bevor ihm einfiel, dass Cole gerade ganz alleine in dieser abgefuckten Wohnung war. Mit nicht nur einer zusätzlichen Hure, sondern auch einem unerwarteten weiteren Mann. Kurz schloss er die Augen, zählte bis drei und ließ sich dann die nächsten Meter auf den Balkon neben die Leiche fallen. Und ab da ging alles furchtbar schnell und seine ganze Welt schien auf die nächsten Sekunden zusammen zu schrumpfen. Viel zu schnell, um denken zu können. Es blieb nur noch ein instinktives Handeln zurück. Er sah eine Person mit zwei gezückten Waffen, vielleicht drei Meter von ihm wegstehen. Er sah wie die Jalousien sich langsam zu schließen begannen. Er sah das grässliche, irre Grinsen im Gesicht des Mannes und Antonin tat das einzige, das man in seiner Situation tun konnte… sich das Seil mit einer Hand greifen und um sein Leben laufen. Es waren nur 2 Meter bis er den Balkon zur Seite hinaus verlassen konnte, doch es sollten die beiden längsten Meter seines Lebens werden. Klinger hatte offensichtlich keine Bedenken seine eigenen Fenster zu zerschießen und tat genau das wie ein Wahnsinniger: schießen. Und als Antonin nach einem großen Sprung und einer fast unmenschlichen Handbewegung zur Winde ein Stück unter dem Balkon, allerdings seitwärts davon an der Hauswand zu stehen kam, ging sein Atem ruckartig und keuchend. Scheiße… Scheiße... verdammte Scheiße! Er wusste nicht, dass er Cole durch den Lärm überhört hatte, doch so wie er gerade da hing kam er nicht an sein Kommunikationsgerät dran. Also machte er sich daran, sich mit gebührender Anstrengung wieder hoch zu ziehen, nachdem das wilde Rumgeballere zumindest inne gehalten hatte. Und das war schwieriger als gedacht. Besonders wenn einem das Blut so eifrig aus einer Wunde troff, die er selbst als eher kritisch einstufte und wenn einem bei jedem Atemzug vor Schmerzen fast schwarz vor Augen wurde. Ihm blieb, vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes, nicht mehr viel Zeit, um das ganze hinter sich zu bringen. Dazu war der Einschuss zu nahe an der Lunge. Scheiße... scheiße... Scheiße. "Cole, pass bloß auf dich auf. Pass bloß auf", ächzte er, während er seinen Armen ein weiteres Mal befahl seinen Körper weiter nach oben zu ziehen. Dieses dämliche Klingerarschloch! Dieser beschissene Hurenbock! Mit einer letzten fließenden Bewegung griff Antonin schließlich nach dem Balkonboden und zog sich daran weit genug hoch, um die Lage zu überblicken. Aber viel sah er nicht, denn die Jalousien waren nicht komplett weggeschossen worden und so hangelte er sich so leise wie möglich über die Balkonbrüstung und hockte sich so weit als möglich ins Eck, um kurz die Augen zu schließen, sich vorsichtig an den Brustkorb zu greifen und gleich darauf zusammen zu zucken. Aber immerhin konnte er das von vorher revidieren, das war nicht so nahe an der Lunge wie gedacht, es schmerzte nur so sehr, dass man diesen Eindruck bekam. Tatsächlich schien das sogar nur ein blutiger Streifschuss zu sein. Wenn er sich nicht gedreht hätte, um zur Seite zu laufen, wäre er jetzt wohl Geschichte. Kapitel 34: Kill Klinger 2 -------------------------- Cole Jeder Schuss, den Klinger abfeuerte, schlug in Coles Herz ein. Jeder Schuss traf ihn tief in seiner Seele. Jeder Schuss fügte ihm förmlich physischen Schmerz zu. Waren die ersten Schüsse, die er gehört hatte, Antonins? War er auf dem Balkon und hatte er den Mann dort umgebracht? Eine unglaubliche Welle der Panik überrollte ihn, nahm von ihm Besitz. Wenn Antonin auf dem Balkon gewesen war, so konnte er dieses Gewitter an Schüssen nicht überleben. Und diese Erkenntnis sorgte dafür, dass Cole sich zitternd an die Wand lehnen musste, dass sich sein Magen verkrampfte, dass seine Knie sich so anfühlten, als würden sie ihn nicht mehr tragen wollen. In ihm zog sich alles zusammen und ein unsägliches Gefühl machte sich in ihm breit, nahm ihn in Besitz. Ein Gefühl, das ihm nicht gänzlich unbekannt war. Er hatte ein ganz ähnliches Gefühl gespürt, als er damals in seinem Elternhaus die Wand hinunter gerutscht war, als er auf dem Boden saß und Antonin auf ihn zugekommen war. Es war eine Verlustangst, damals Angst vor dem Verlust seines eigenen Lebens, diesmal die Angst vor dem Verlust von Antonin. Es waren diese wenigen Sekunden, in denen Cole endlich klar sah, endlich begriff, was er schon längst hätte sehen können. Antonin war nicht nahe bei ihm. Er war schon längst 'in' ihm. Er war angeschlendert gekommen und hatte sich tief in seinem Inneren mit seinem Lächeln hingesetzt, sich unauffällig breit gemacht und erfüllte ihn nun, ohne dass Cole das jemals zugeben könnte und würde. Er war tief in ihm verankert auf eine Art und Weise, dass Cole ihn niemals wieder herausbekommen könnte geschweige denn wollte. Und diese Erkenntnis ließ ihn sich selbst verfluchen. Warum musste er erst dann sehen, wie wichtig ihm ein Mensch war, wie wertvoll ihm ein Mensch war, wenn dieser sich in Gefahr befand? In Lebensgefahr? Warum hatte er damals erst nach dem Verlust seiner Familie gewusst, wie wichtig diese ihm war? Wieso hatte er damals schon nicht früher ihnen das einmal gesagt? Warum war es schon immer für ihn so schwer, jemandem zu zeigen, was er ihm bedeutete? Und warum hatte er Antonin so kühl behandelt, obwohl dieser ihm gegenüber doch immer so offen gewesen war? Cole schluckte trocken. Er fühlte sich mit einem Mal so kraftlos, so schrecklich mutlos. Doch noch war es nicht zuende, schalt er sich. Erstens galt es noch den zur Strecke zu bringen, der dafür verantwortlich war. Und Cole war es Antonin schuldig, dafür zu sorgen, nicht umsonst gestorben zu sein. Und zweitens gab es noch die kleine, minimale Chance, dass Antonin noch nicht tot war. Vielleicht war er ja noch gar nicht auf dem Balkon gewesen... Cole atmete tief durch, konzentrierte sich wieder. Er musste dafür sorgen, dass Klinger das Zeitliche segnete. Das war er Antonin schuldig. Er lauschte den Schüssen, die mit einem Mal weniger wurde. Er hörte, dass das Magazin einer der beiden vollautomatischen Waffen leer war. Er hörte, dass Klinger durch den Raum schritt. Ob er gar nicht gehört hatte, dass seine anderen Leute alle tot waren? "Komm raus, du Arschloch!" Also hatte er doch nicht überhört, dass er nicht allein war. Cole schloss einen Moment die Augen, suchte sich zu konzentrieren. Dann überlegte er. Das Sofa stand so, dass er dahinter Schutz suchen könnte. Mit einem Mal lenkte eine Bewegung seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Bewegung, die er in einem Bild, das an der Wand hing sehen konnte. Darin erkannte er, wie Klinger sich zu einem Waffenschrank schlich. Er wusste also, wo sich jener aufhielt, wo er stand. und er konnte sich sicher sein, dass jener nur noch eine Waffe hatte und Nachschub suchte. Das war die beste Chance. Eine bessere würde er nicht bekommen... Und so rannte er los, das Sofa als Ziel, sein Blick auf den Punkt gerichtet, an dem Klinger gleich auftauchen würde. Kaum war er in seinem Sichtfeld schoss er, schoss und rannte. Klinger erwiderte den Schusswechsel zwar, hatte aber keine Zeit zu zielen. Cole hörte wie hinter ihm die Kugeln auf die Wand prallten, hechtete sich hinter das Sofa und mit einem Mal war es still. Nur das Geräusch eines zu Boden fallenden Körpers, einer zu Boden fallenden Waffe erfüllte den Raum noch, bis es gänzlich ruhig wurde. Cole atmete schwer, sein Herz raste, sein gesamter Körper zitterte vor Anstrengung. Kurz strich er sich übers Gesicht. Schweiß stand ihm auf der Stirn, überhaupt war er komplett durchgeschwitzt. Er schluckte, atmete durch den Mund, um genügend Luft zu bekommen. Nun war es also vorbei... Aber er hatte keine Zeit. Selbst wenn die Hausbewohner nicht telefonieren konnten, so würden Nachbarn die Polizei holen. Er musste dringend verschwinden. Und er würde nicht ohne Antonin gehen. Cole rappelte sich auf, sah, dass Klinger wirklich tot am Boden lag. Zur Sicherheit schoss er ihm erneut in den Kopf. Sein Blick fiel auf die Jalousien und mit wenigen Schritten war er an dem Knopf, der diese hochfahren würde, dieses aber nicht mehr tat. Mit der letzten Kraft, die er vermeintlich hatte trat er gegen das Plastik, das bereitwillig nachgab, bis er schließlich auf den Balkon trat. Das erste was er sah war die Leiche eines Mannes, bei der er aber schnell wusste, dass es nicht Antonin war. Dann blickte er sich um. "Antonin?", presste er atemlos hervor. "Antonin?" Schließlich fiel sein Blick auf den Mann, der dort in der Ecke saß, ihn ansah. Und er stürzte schon fast auf ihn zu, kniete sich vor ihm nieder und zog ihn in seine Arme. Er war nicht mehr fähig irgendwas zu sagen. Er konnte nur noch diesen Mann in seinen Armen halten, von dem er gedacht hatte, dass er ihn nicht mehr lebend wiedersehen würde. Schließlich löste er sich wieder von ihm, sah das Blut, das ausströmte, die Verletzung. "Komm", murmelte er. "Wir müssen hier weg." Antonin Antonin fühlte sich nutzloser als jemals zuvor in seinem Leben. Während er damit beschäftigt war zu atmen und sich die Hand auf seine Wunde zu pressen ohne vor Schmerzen ohnmächtig zu werden, drang ein recht eindrücklicher Schusswechsel an seine Ohren. Das sollte zwar bedeuten, dass Cole noch lebte, aber er sollte da mit ihm drinnen sein. Er sollte ihm zur Seite stehen. Auf ihn aufpassen. Ihn beschützen. Stattdessen kam es ihm nicht so vor, als könnte er sich überhaupt nochmal aus eigener Kraft aufrichten. Immer mal wieder verschwamm sein Blickfeld und wenn es doch aufklarte, dann hatte er einen ungesunden Ausblick auf eine langsam ausblutende Leiche. Oh Gott, das sollten seine letzten Minuten sein? Er ließ sich von einer popligen Fleischwunde so außer Gefecht setzen? Wo war all das Adrenalin, wenn man es einmal brauchte? Doch seine Arme schmerzten von dem ruckartigen Zug, dem sie bei seinem waghalsigen Sprung ausgesetzt gewesen waren, und sein Brustkorb schmerzte, als ob man ihm ein Messer reingerammt und es dort stecken gelassen hätte. Und wieder wurde ihm nur zu deutlich bewusst, wie nutzlos er für Cole in diesem Moment war. Und er versprach sich zu bessern. Wenn sie beide das hier, wie durch ein Wunder überleben würden, dann würde er so viele Kraftreserven wie möglich darin investieren, der beste zu werden. Der beste Guard den man... nein den Cole sich wünschen könnte. Durch die plötzliche Stille aus seinen seltsamen Gedanken gerissen, hob er den immer schwerer werdenden Kopf weit genug, um dabei zusehen zu können, wie jemand sich seinen Weg durch die Jalousien bahnte. Nein.. nicht jemand: Cole. Wunderbarer, unverletzter Cole. Und für diesen Moment hatte er nicht mehr die Kraft sich dagegen aufzulehnen. Die Erleichterung, die ihn in diesem Moment durchströmte, war mit nichts zu vergleichen. Und auch das ruckartige Schnellerschlagen seines Herzens berichtete ihm nur davon, dass er so eine Angst, so eine furchtbare Scheißangst um den anderen gehabt hatte. Was würde er denn inzwischen ohne Cole machen? Damals als seine Wohnungstür hinter dem anderen zugeschlagen war, hatte ihn die plötzliche Einsamkeit erschrocken. Doch beim Gedanken daran, ihn niemals wieder zu sehen… niemals wieder einen jener kühlen Blicke abzubekommen.. oder einen der eher selteneren wärmeren... das waren Gedanken die ihm die Eingeweide herumdrehten und ihn folterten. Ein immer deutlicheres Zittern lief durch seinen Körper und Antonin hatte keine Ahnung, woher er die Kraft nahm, aber als Cole sich tatsächlich vor ihn kniete und ihn in eine Umarmung zog, hob er seine Arme und erwiderte sie. Mit der Kraft eines Verzweifelten. "Oh Gott, du bist in Ordnung. Du bist wirklich in Ordnung", murmelte er, kam dann aber nicht umhin, seine Arme fallen zu lassen und einen schmerzerfüllten Laut von sich zu geben. "Ja.. weg hier", stimmte er gepresst zu und ließ sich von Cole auf die Beine helfen. Es war ihm egal, dass er nicht mehr den Helden spielen konnte. Er war schon froh, überhaupt noch aufstehen zu können, selbst wenn es mit viel Unterstützung des anderen geschah. Ohne nachzufragen ließ er sich in die Wohnung helfen, wo er sich auf dem Sofa abstützte als Cole sich von ihm löste, ein wenig suchend herumspazierte und schließlich einige Fotos von einem mit Drogen überhäuften Tisch machte. Und verdammt, Antonin schien momentan viele 'erste Male' mitzumachen, denn ebenfalls zum ersten Mal tat es gut, gestützt zu werden. Besonders als es die Treppen nach unten ging, denn den Aufzug konnten sie schlecht verwenden. Nicht nachdem er sowieso schon aufpassen musste, sein Blut nicht bis zum Boden tropfen zu lassen, sondern in seine Kleidung 'umzuleiten'. Als sie endlich unten ankamen und sich, so gut es ging sich vorsichtig umsehend durch die Vorhalle nach draußen bewegten, stand Antonin der kalte Schweiß auf der Stirn. Er hätte so viel zu sagen, so viel zu fragen und doch bekam er die Zähne gerade nicht auseinander. Durfte sie nicht auseinander bekommen, um nicht noch viel mehr schmerzerfüllte Laute von sich zu geben. Schließlich kamen sie beim Jeep ab und er ließ sich ein weiteres Mal ohne zu murren helfen, auf den Beifahrersitz zu gelangen. Wo er sich zurücklehnte, die Hände fester auf seine Wunde presste und versuchte, ruhig zu atmen. Zumindest bis Cole sich auf den Fahrersitz niedergelassen hatte und er ihm einen schwachen Seitenblick zuwarf: "Siehst du, darum bist du über die Tür und ich über den Balkon gegangen. Nenn es einfach Instinkt, Baby." Natürlich war es ein eher lächerlicher Versuch den Anschein zu erwecken, in Ordnung zu sein, aber er wollte keine Sorge in Coles Augen sehen. Absolut nicht. Vieles anderes, sehr viel anderes sogar, aber keine Sorge. Cole Cole strich Antonin sacht über die Wange, blickte ihn sanft an, bevor er aufstand, und Antonin hoch half. Sie durften nicht viel Zeit verlieren... Nur zu gerne stützte er den anderen, der soweit er es beurteilen konnte, zwar 'nur' einen Streifschuss hatte, der dafür umso heftiger blutete. Es war ein Wunder. Cole nahm sich vor, das nächste Mal, wenn er an einer Kirche vorbeilaufen sollte, dort eine Kerze für Antonin anzuzünden. Wahrscheinlich hatten sämtliche Schutzengel des anderen gerade ihr Leben für Antonin lassen müssen. Und letztlich war er selbst dafür verantwortlich. Er hatte es zugelassen, dass Antonin in so eine Gefahr geraten war... Aber damit würde er sich nicht jetzt auseinandersetzen. Das musste warten. "Bleib kurz hier stehen", murmelte er am Sofa angekommen. "Ich brauche noch Beweisfotos." Cole zog aus seiner Jacke sein Handy und schritt kurz durchs Zimmer. Aufnahmen von Klinger machend und von den Drogen, die im Raum lagen, vom Geld, das dort lag. Das sollte dafür reichen, dass er seine Gerechtigkeit bekam. Die Nutte war mittlerweile verschwunden. Dann verfrachtete er Antonin die Treppe hinunter. Die Polizei konnte jede Minute hier ankommen. Sie durften wirklich keine Sekunde verschwenden. Woher er die Kraft nahm wusste er nicht mehr wirklich, aber er hatte sie. Und so saßen sie endlich im Wagen. Kurz musste er tief durchatmen, bevor er den Schlüssel etwas zittrig ins Schloss steckte und gerade anlassen wollte, als er die Worte des anderen vernahm. Sein Blick wanderte zu diesem und er musste lächeln. Von sich selbst überrascht beugte er sich zu Antonin und küsste ihn sanft auf den Mund. "Ich danke dir." Dann startete er den Motor. Endlich fuhren sie, fuhren weg aus dieser Straße, fuhren weg von diesem Haus, von diesem Ort, an dem Cole so einiges begriffen hatte, was er nicht mehr würde verdrängen können. Einige Häuserblocks weiter kamen ihnen bereits Einsatzfahrzeuge entgegen, mit Blaulicht die Straße entlangbrausend. "Ruf Nicholas an, dass er sich aus dem System zurückzieht", bat er Antonin hastig. Sie durften nicht riskieren, dass Techniker der Polizei die Signale auf ihn zurückführen würden. Dann fuhr er schweigend weiter. Kurz warf er Antonin einen Blick zu. Aber er konnte nichts sagen. Er wusste auch gar nicht, was er wirklich sagen sollte. Kapitel 35: Klammeraffe ----------------------- Antonin Man konnte wirklich nicht behaupten, dass Antonin begriff, was sich gerade abspielte. Vielleicht halluzinierte er ja auch nur? Aber wenn nicht, dann hatte Cole ihn tatsächlich angelächelt und ihm einen Kuss gegeben. Und er war... fasziniert davon. Wenn das der Lohn für so eine Wunde war, dann würde er beizeiten höchstpersönlich ein paar Bullen drogensüchtig machen. Nein, würde er nicht. Aber es machte ihm erschreckend deutlich, was er nicht nur bereit wäre für den anderen zu tun, sondern auch was er bereit wäre, für diese 'Belohnung' über sich ergehen zu lassen. Und möglicherweise hätte er sich jetzt wieder einen Idioten geschimpft, aber gerade blutete er vor sich hin, hatte eine anstrengende Aktion hinter sich und war einfach nur dankbar für ihre beiden Leben. Da konnte man solche Gedanken schon mal beiseiteschieben und das kleine Nachbeben, das Coles Lippen ausgelöst hatten, genießen. Doch als er die Bitte hörte, wurde er erst mal wieder aus eher beruhigenderen Gedanken gerissen und er hob seine Hand weit genug, um das Handy aus der Tasche ziehen zu können. Er wählte über Kurztaste und legte das Handy zwischen Schulter und Ohr ab während er dem Klingeln lauschte. "Ich bins", begrüßte er Nicholas. "Zieh dich zurück, wir sind durch. Ja, es lief glatter als erwartet. Ich melde mich. Danke", murmelte er in das Gerät und ließ es dann einfach an sich herunter in den Schoss fallen. Die Augen schließend, auf die leise Musik hörend und sich nur kurz fragend, ob Cole ihn wohl zu Nicholas zurückfahren würde? Cole Schließlich fuhr er bei sich zu Hause in die Tiefgarage. Er half Antonin aus dem Wagen, ging mit ihm zum Fahrstuhl und fuhr ganz nach oben. Es war das erste Mal, dass er eine andere Person mit zu sich nach Hause nahm. Das erste Mal seit nun mehr 10 Jahren. Aber es machte ihm nichts aus. Es war vollkommen in Ordnung. Es war als ob es immer so hätte sein müssen und in Zukunft immer so sein musste. Er wusste, dass Antonin nun seine Wohnung immer betreten durfte. Er zog die Schiebetür zur Seite auf, schloss diese hinter ihnen wieder gewissenhaft. Dann zog er seine Jacke aus, streifte sich seine Schuhe ab, entledigte sich der Waffen und half Antonin bei den gleichen Dingen. Corleone trabte ihnen entgegen und strich ihm um die Beine, Antonin mit einem majestätischen Blick musternd, bevor er Cole vorwurfsvoll anmaunzte und in Richtung Fressnapf ging, als wollte er ihm sagen, dass er ihn nun unbedingt füttern müsste. Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er führte Antonin mit sich durch die Wohnung, vorbei an der Küche, dem Esstisch durch sein Schlafzimmer ins Bad. Dort holte er einen Verbandskasten aus dem Schrank, stellte sich vor den anderen, blickte ihn ruhig an. "Lass mich mal sehen...",murmelte er und machte sich daran, Antonin von dem Pulli und dem Hemd zu befreien, bis dieser schließlich mit nacktem Oberkörper vor ihm stand, blutverschmiert. Cole griff zu einer Kompresse und tropfte Desinfektionsmittel darauf, dann machte er sich daran, die Wunde zu säubern, die mittlerweile nicht mehr so stark blutete. Als er damit fertig war blickte er auf. "Ist zum Glück nicht so schlimm", lächelte er ehrlich erleichtert. Seine Augen hingen in denen des anderen. Erneut gab er dem Gefühl nach, den anderen küssen zu müssen. "Ich bin so froh, dass dir nicht mehr passiert ist", wisperte er schließlich gegen die Lippen des anderen. Dann machte er sich daran die Metallplatte von Antonins Herz zu lösen, zog schließlich sein eigenes Hemd über den Kopf und entledigte sich seiner Metallplatte. "Wir sollten unter die Dusche und das Blut loswerden..", erklärte er und fuhr fort Antonin und danach sich bis auf die Shorts auszuziehen. Eigentlich hatte er kein Problem damit, sich nackt zu zeigen, aber er wusste nicht, ob es Antonin nicht zurückschrecken lassen würde. Dann nahm er den anderen bei der Hand und führte ihn in die Dusche, die groß genug war, dass sie sich darin gut bewegen konnten. Cole nahm den Duschkopf und prüfte die Temperatur, bevor er sich daran machte Antonin das Wasser über die Haut fließen zu lassen, seine Hände über die Haut des anderen streicheln zu lassen, um diese zu säubern. Sein Blick folgte seiner Hand, betrachtete den schönen Körper des anderen. Er spürte, dass er Lust auf wesentlich mehr hatte, aber darüber sollte er jetzt nicht nachdenken. Er befreite Antonins Körper von dem Blut, das dieser mehr als er abbekommen hatte. Dabei achtete er darauf, dass in die Verletzung kein Wasser floss, denn das tat nicht nur höllisch weh, sondern würde auch Entzündungen auslösen können. Daher ließ er auch das Gesicht des anderen aus, damit das Wasser nicht unkontrolliert in die Wunder fließen konnte. Dieses müsste sich der andere später am Waschbecken säubern. Und vielleicht übertrieb er es auch, aber er kostete diesen Moment einfach nur zu gerne aus. Zu gerne strich er über die Haut, den Körper Antonins. Antonin Offensichtlich fuhr er ihn nicht zu Nicholas, denn die Tiefgarage, in die sie einfuhren, erkannte er weder als seine eigene noch besaß Nicholas überhaupt eine. Im Aufzug fiel ihm abermals auf wie selbstverständlich er sich an Cole lehnte, ihn als seine Stütze akzeptierte und nicht nur brauchte sondern auch wollte. Merkwürdigerweise war das nicht halb so überraschend, wie es eigentlich sein sollte. Vielmehr hatte es sich eigentlich immer mal wieder angekündigt. Und auch wenn es ihm schon unangenehm und wohl auch ein wenig peinlich war, sich sogar aus den Schuhen helfen lassen zu müssen, so schwieg er einfach nur. Irgendwie schien es gerade richtig, nichts zu sagen. Irreal, aber richtig. Der Wohnung konnte er nur einen kurzen Blick zuwerfen, bevor er sich in einem Badezimmer wieder fand. Allerdings war ihm das kleine Fellknäuel aufgefallen, und er wohl diesem, wenn man den Blick des Tieres für irgendwas gebrauchen konnte. Im Badezimmer jedoch fiel sein Augenmerk sofort auf die Mosaike an den Wänden und er befand sie für schön und hierher passend. Zumindest bis seine Aufmerksamkeit wieder zu Cole glitt, der wohl gerade einen Verbandskasten aus einem der Schränke hier gezaubert hatte und sich die Wunde ansehen wollte. Und obwohl er noch vor Tagen so furchtbar ausgerastet war, als jener den Bruchteil einer seiner Narben berührt hatte, so ließ er sich das alles kommentarlos gefallen. Unterstützte Cole wo es ging, bis er schließlich mit nacktem Oberkörper vor dem anderen stand. Da war nicht einmal die kleinste Nervosität oder Unsicherheit über die Situation in sich selbst zu spüren. Nicht wegen den Narben oder seinem Körper. Auch nicht wegen der Wunde, über die er sich zugegebenermaßen schon noch Gedanken machte. Das, was ihm ein paar Bedenken verpasste, war die Art und Weise wie das hier völlig normal zu sein schien. Als wäre es etwas ganz Alltägliches, dass Cole sich um seine Wunden kümmerte. Als wäre es ganz normal von ihm, in seine Wohnung mitgenommen zu werden, wo er doch vor ein paar Stunden nicht einmal die Adresse verraten wollte. Und gerade dieses Gefühl von Normalität ließ ihn langsam zur Ruhe kommen, obwohl eigentlich das Gegenteil eintreten sollte. Was sollte es auch? Cole war zur wichtigsten Person in seinem Leben geworden. Cole hatte ihn nicht da oben zum Sterben zurück gelassen. Cole war bereit, sich um ihn zu kümmern, obwohl er ihm das letzte Mal eine furchtbare Folter angedroht hatte, als das der Fall gewesen war. Und somit hieß er diese Normalität mit aller Kraft willkommen und schwor sich daran festzuhalten. Sie sich nicht mehr entreißen zu lassen. Weder durch sich selbst, noch durch Cole. Auch wenn jener weit davon entfernt schien, ihm irgendetwas wegzunehmen. Jener versorgte seine Wunde mit gezielten Bewegungen und verkündete dann mit einem weiteren Lächeln, dass es nicht so schlimm sei. Etwas, das Antonin selbst auch erleichtert ausatmen ließ, bis er abermals dessen Lippen auf den seinen spürte und jene gewisperten Worte ihm Schauder über die Wirbelsäule nach unten schickten. Ihn auf einen seltsamen Trip voller Zufriedenheit schickte, doch abermals fand er sich nicht in der Lage etwas zu erwidern. Er wusste nicht wie... nicht was... denn das Letzte, das er wollte, war, dass Cole jetzt wieder vor ihm zurückschrecken würde. Doch seine Augen wurden von Minute zu Minute wieder klarer und damit auch sein Verstand. Er nahm die ganzen Kleinigkeiten wieder deutlicher wahr. Den Ausdruck in den grünen Augen, den man fast als sanft bezeichnen könnte. Die Vorsicht, die jener walten ließ, als er ihm aus den restlichen Kleidungsstücken half und sich dann selbst auszog, bis sie sich nur noch in Shorts gegenüber standen. So in diesen Betrachtungen des ihm fast fremd aber dafür umso anziehender erscheinenden Mannes aufgehend, ließ er sich bereitwillig mit in die große Dusche ziehen. Ließ zu, dass jener ihm das Blut vom Körper wusch, bemerkte, wie nicht nur das Wasser über seine Haut streichelte. Und es tat gut. Es tat so unendlich gut, dass er am liebsten geweint hätte. Doch schließlich holte er sich selbst mit nicht unerheblicher Anstrengung aus seiner Regungslosigkeit und hob die Hand, um den Duschkopf zu stoppen. Er wartete bis Cole von seiner Tätigkeit an seinem Oberkörper aufblickte und sah ihm forschend in die Augen. Antonin wusste noch um die Grenzen. Er wusste, dass das, was er gleich tun würde, so ziemlich alle davon sprengen würde, und er wollte sich zumindest vorher davon überzeugen, dass sich dieses Risiko lohnen würde. Also hob er seine freie Hand unter Coles Kinn, ohne den Blickkontakt auch nur eine Sekunde abreißen zu lassen. Und als hätte diese erste zaghafte Berührung etwas in seinem Inneren befreit, beugte er sich vor, um diesen faszinierenden Mann seinerseits zu küssen. Abermals nur ein kurzes Treffen ihrer Lippen bevor er einen leicht gequälten Laut von sich gab, die Duschbrause und das Kinn losließ, um Cole in eine feste Umarmung zu ziehen. Seine Wunde sei verdammt, jetzt war es wichtiger, sein Gesicht an den Nacken des anderen zu pressen und ihn einfach fest zu halten. "Ich hatte so eine Scheißangst um dich. Keine getrennten Aktionen mehr", flüsterte er und atmete den seltsam vertrauten Geruch des anderen tief ein. Es war als würde endlich ein Teil in ihm wieder anfangen zu arbeiten und müsste sich jetzt vergewissern, dass das wirklich Cole vor ihm war. Cole Verwirrt blickte Cole auf, als er sah, dass Antonin die Dusche abgestellt hatte, ihm den Duschkopf abgenommen hatte. Er richtete sich wieder auf, während seine Augen in denen des anderen festhingen. Er spürte ein flaues Gefühl in seinem Magen, ähnlich dem, das er gefühlt hatte, als Antonin ihm bei Nicholas ins Ohr geflüstert hatte, ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Doch bevor er sich noch erklären konnte, was in ihm vor ging, spürte er die Hand des anderen an seinem Kinn, spürte die Lippen des anderen und ohne darüber nachzudenken erwiderte er den Kuss. Sein gesamter Körper reagierte auf diese Berührung mit einem Beben. Er wusste gar nicht mehr so genau, wann er sich das letzte Mal von einer andere Person auf den Mund küssen gelassen hatte. Für ihn bedeutete das ein Zeichen tieferer Zuneigung. Seine One-night-stands waren stets ohne diese Intimität abgelaufen. Falls jemand seinen Lippen zu nahe gekommen war, war er schneller weg, als jener begreifen konnte, was vor sich ging. Aber dieser Kuss fühlte sich so verdammt angenehm und vor allem richtig an... Und Cole wusste, dass es nicht jeder schaffen würde, in ihm das Bedürfnis zu wecken, mehr davon haben zu wollen. Nein, er wusste, dass dies nur ein einziger Mann schaffte. Dieser, der vor ihm stand, den er nun ansah, als er sich löste und der ihn in der nächsten Sekunde in eine Umarmung zog, die sein Herz noch freudiger aufhüpfen ließ. Zunächst so überrumpelt, dass er sich nicht bewegen konnte, hob er nun langsam die Arme und erwiderte die Umarmung, die Augen schließend, die Worte vernehmend, die eine unglaubliche Wärme in ihm hinterließen. Er schluckte leicht. Also hatte sich Antonin genauso um ihn gesorgt, wie er sich um diesen? Hieß das, dass es ihm generell nicht anders ging als ihm? Dass er das gleiche gefühlt hatte wie er? Dass er die gleichen Dinge begriffen hatte, wie er? Oder hatte Antonin schon viel früher begriffen, was zwischen ihnen stand? Cole wurde ein wenig unsicher. Er befand sich gerade in seiner Situation, in der er noch nie in seinem Leben war, die er noch nie in seinem Leben zugelassen hatte. Und so selbstsicher er normalerweise darin war, jemanden aufzureißen, jemanden ins Bett zu kriegen, jemanden von sich sexuell abhängig zu machen, bevor er ihn fallen ließ, so schwer fiel es ihm nun etwas zu sagen, Worte zu finden, die ausdrücken würden, was er empfand. Und es würde ihm sicher nicht leicht fallen, das alles überhaupt zu ändern. "In Zukunft… zusammen...", murmelte er und er merkte, dass die ungewohnte, innere Wärme ihm ins Gesicht stieg. Mehr konnte er nicht sagen, mehr brachte er nicht über die Lippen, auch wenn er wesentlich mehr dachte. Aber da war noch zu viel in ihm, das ihn blockierte. Aber vielleicht würde es so kommen, dass diese fremde Wärme in ihm das Eis nach und nach auftauen würde, in dem er sich eingeschlossen hatte. Vielleicht... Er würde sich bemühen, das Eis nicht zu beschützen. Sacht strichen seine Finger über den Rücken des anderen. Antonin war so anders als er gebaut, viel muskulöser, viel trainierter. Aber es gefiel ihm ungemein, was er spüren durfte. Einen Moment genoss er einfach die Umarmung, schließlich löste er sich von Antonin, nur ein wenig, nicht ganz, aber ein Stück weit, besonders weil die Unsicherheit immer größer zu werden schien. "Aber jetzt bringen wir erstmal das hier zuende, mein Klammeraffe", murmelte er. Seine Unsicherheit verleitet ihn dazu die Situation mit Ironie zu überspielen. Cole angelte nach dem Duschkopf, um ihn wieder fest zu montieren, so dass nun das Wasser über sie beide rann. Kurz streckte er sein Gesicht in das Wasser, nahm wahr, wie das Wasser ihn erfrischte, dann blickte er wieder Antonin an, der sich noch immer halb in seinen Armen befand, weil er den einen Arm noch um dessen Hüften liegen hatte. Auch über Antonins Gesicht lief jetzt das Wasser hinab und Cole ließ dieser Anblick erschaudern. Langsam legte sich wieder jede Unsicherheit und so beugte er sich vor und küsste den anderen erneut, diesmal leidenschaftlicher. Sacht knabberte er schließlich an Antonins Unterlippe. Etwas, woran er sich definitiv gewöhnen könnte. Schließlich löste er sich wieder, mit einem Lächeln auf den Lippen. Zu gerne würde er jetzt fortfahren, würde noch viel mehr mit Antonin anstellen. Aber erst musste er versorgt werden. Alles andere würde sich dann zeigen. Sacht hob er seine Hände und strich Antonin über das Gesicht, das Blut weg, das dort noch war. Seine Augen ruhten wieder in denen des anderen. Dann stellte er die Dusche ab, drehte sich um und öffnete die Duschkabine aus Glas, um hinauszutreten, ein großes Handtuch aus dem Regal zu nehmen und dieses zu entfalten. Damit trat er auf Antonin wieder zu und begann diesem sacht damit über das Gesicht zu streifen, um ihn so abzutrocknen. Dies setzte er auf dem Oberkörper des anderen fort, vorsichtig, um die Verletzung tupfend. Schließlich legte er Antonin das Handtuch um die Schultern, drehte sich nun selbst, um sich auch ein Handtuch zu nehmen und sich kurz abzutrocknen. Er zog dabei seine Shorts herunter, nun wissend dass es Antonin nicht stören würde. Mit dem Handtuch um die Hüfte blickte er Antonin an. "Trockne dich ab. Ich hol dir schnell etwas zum Anziehen, dann versorge ich deine Verletzung", erklärte er und sein Ton verriet, dass er keine Wiederworte duldete. Erst kam das wirklich Wichtige. Später würden sie noch genug Zeit haben, neue Erfahrungen zu sammeln. Aber was würde es ihm nutzen, wenn er entdeckte, wie unglaublich begehrenswert er Antonins Körper fand, wenn dieser an einer Blutvergiftung starb? Und so kehrte er schließlich nur mit einer Jogginghose bekleidet zu Antonin zurück, reichte diesem eine von seinen neuen Shorts und eine Hose, legte ein Hemd für den anderen bereit. Solange sich jener anzog suchte er in seinem Badezimmerschrank nach einer Wund- und Heilsalbe, um Antonin schließlich die Wunde noch einmal zu desinfizieren und zu versorgen, bis der andere schließlich mit einem mehr oder weniger guten Verband vor ihm stand und Cole zufrieden nickte. "So", meinte er und legte weg, was er in der Hand hatte, bevor er Antonin wieder ansah und sehr nah an ihn herantrat. Kurz schwieg er und seine Augen sprangen zwischen denen des anderen hin und her. "Nun habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich damit weitermache, wovon ich mehr vertragen könnte", raunte er und erneut küsste er Antonin - erst zärtlich, dann verspielter. Antonin Antonin entspannte sich unmerklich als Cole die Umarmung erwiderte. Ein weiteres Mal spürte er den Körper des anderen an seinem und kurz blitzte eine andere Szene in seinen Gedanken auf. Eine, bei der sie sich ähnlich nahe gekommen waren, jedoch mit deutlich mehr Kleidungsstücken auf zumindest seiner Seite vorhanden. Das hier war so viel intensiver und um so viel besser, da er nicht mehr über die Konsequenzen nachdenken wollte. Er würde das Ganze hier einfach laufen lassen und sehen wohin es sie beide heute noch brachte. Ein Entschluss, der nur umso fester wurde, als er die sachten Berührungen des anderen auf seinem Rücken spürte, und am liebsten hätte er Cole auch nicht freigegeben, als jener sich von ihm löste. Doch da war noch jene Vernunft in ihm, das und das kleine Wörtchen 'Klammeraffe'. Ein versteckter Hinweis es doch sein zu lassen? Antonin erkannte zwar die offenen Grenzen, aber war das ein Hinweis sie nicht zu überschreiten? Anscheinend nicht, denn während er, abermals von den kleinen und größeren Wassertropfen fasziniert, dabei zusah wie sie über Coles Gesicht und Oberkörper glitten, küsste Cole ihn abermals. Und diesmal erwiderte er den Kuss auch, während ihm zusammen mit dem Wasser noch zusätzliche Schauer durch den Körper wanderten. Gerade die sachten Bisse an seiner Unterlippe ließen ihn fast aufknurren. Hatte er nicht vor einigen Stunden noch gedacht, er würde dringend Sex brauchen? Cole war gerade eindrucksvoll dabei, ihn wieder daran zu erinnern. Ob jener ahnte, dass er mit dem Feuer spielte? Selbst Antonins Selbstbeherrschung hatte ihre Grenzen irgendwo und er befürchtete, dass sie bald erreicht wären. Und wie wäre es anders, bei so einer wandelnden Verführung? Jener Verführung, die von sich selbst behauptete, noch nie abgelehnt worden zu sein. Etwas, das er inzwischen mehr als gut nachvollziehen konnte. Gerade wenn er dieses unglaublich ansprechende Lächeln des anderen betrachtete, das zusammen mit diesen unglaublichen grünen Augen einfach nur anbetungswürdig auf ihn wirkte. Als Cole dann noch die Hand hob, um ihm etwas aus dem Gesicht zu wischen, folgte er jener soweit es ging, bis seine Augen wieder zu Coles zurück wanderten. Und was er glaubte in jenen entziffern zu können, gab ihm ein gutes Gefühl für die ganze Sache. Was auch immer diese Sache überhaupt war. Doch als jener sich dann von ihm löste und aus der Dusche trat, nur um ihn danach sogar noch stellenweise abzutrocknen wusste er nicht so recht wohin mit seinen Gefühlen. Es war schön. Es war angenehm. Es war süchtig machend... kurz, es war beängstigend. Doch er tat wie ihm geheißen und zog sich dann ebenfalls die klatschnassen Shorts aus, schließlich reichte eine Schusswunde. Auf eine Erkältung konnte er getrost verzichten. Und noch während er sich abtrocknete kam Cole auch schon wieder und reichte ihm frische Kleidung. Wovon er sich erst mal für die Shorts und die Hose entschied. Beides nicht wirklich perfekt passend, aber das war ihm im Grunde momentan sowas von furchtbar egal. Wie der sprichwörtliche Sack Reis in China. Das Hemd sparte er sich erstmal, wenn Cole noch an seiner Wunde herumdoktern wollte, wäre das eh nur hinderlich. Inzwischen gab es dort auch nichts mehr zu verstecken. Dafür war es gänzlich zu spät. Als er diese Prozedur, Cole dabei ganz genau im Blick behaltend, auch überstanden hatte, erlaubte er sich ein erleichtertes Aufatmen. In der Dusche hatte die Wunde doch schon ziemlich gebrannt bei dieser Umarmung. Auch wenn es ihm das wert gewesen war, so waren versorgte Wunden doch immer besser als alles andere. Er bedankte sich ehrlich bei dem anderen Mann, bevor er ein wenig überrascht dreinsah, als jener so nahe zu ihm trat. Die Grenzen sollten also wirklich überschritten werden? Nun, nicht dass er etwas dagegen hätte... Besonders nicht wenn ihm Coles Stimme doch geradewegs unter die Haut fuhr und dort mehr anrichtete als das bei jedem anderen vor ihm der Fall gewesen war. So erwiderte den Kuss. Zuerst zögerlich, probierend... bevor er sich einfach fallen ließ und auf das ganze einging. Leise grollend drängte er sich näher an Cole und unterbrach den Kuss, sah dem anderen mit ein wenig dunkler gewordenen Augen an, bevor er den Kopf leicht schief legte und endlich das tat, was ihm schon seit einiger Zeit durch den Kopf ging. Er legte Cole eine Hand um die Hüfte, ganz als wollte er ein Zurückschrecken von jenem verhindern und ließ seine Zungenspitze dann genüsslich ein wenig über dessen Hals gleiten. Den Geschmack probierend bevor er leicht in die weiche Haut biss und dann fast entschuldigend Luft darüber blies. Doch etwas, eine letzte Kleinigkeit hielt ihn noch ab. Etwas, das klar gemacht werden musste: "Dir ist bewusst", raunte er während er seine andere Hand zu Coles Nacken hob und von dort hoch bis in dessen Haare glitt, "dass ich morgen auch noch da sein werde? Ich werde hiernach nicht verschwunden sein." Abermals biss er leicht zu, seinen Oberkörper näher an den des anderen drängend. Vielleicht wäre es nicht falsch, den anderen gar nicht großartig zum Nachdenken kommen zu lassen. Aber er fand es nur fair, diese Grenzen zu sichern und für sich als sicher zu deklarieren. Kapitel 36: Klammeraffe - zensiert ---------------------------------- Antonin Man konnte wirklich nicht behaupten, dass Antonin begriff, was sich gerade abspielte. Vielleicht halluzinierte er ja auch nur? Aber wenn nicht, dann hatte Cole ihn tatsächlich angelächelt und ihm einen Kuss gegeben. Und er war... fasziniert davon. Wenn das der Lohn für so eine Wunde war, dann würde er beizeiten höchstpersönlich ein paar Bullen drogensüchtig machen. Nein, würde er nicht. Aber es machte ihm erschreckend deutlich, was er nicht nur bereit wäre für den anderen zu tun, sondern auch was er bereit wäre für diese 'Belohnung' über sich ergehen zu lassen. Und möglicherweise hätte er sich jetzt wieder einen Idioten geschimpft, aber gerade blutete er vor sich hin, hatte eine anstrengende Aktion hinter sich und war einfach nur dankbar für ihre beiden Leben. Da konnte man solche Gedanken schon mal beiseiteschieben und das kleine Nachbeben, das Coles Lippen ausgelöst hatten, genießen. Doch als er die Bitte hörte, wurde er erst mal wieder aus eher beruhigenderen Gedanken gerissen und er hob seine Hand weit genug, um das Handy aus der Tasche ziehen zu können. Er wählte über Kurztaste und legte das Handy zwischen Schulter und Ohr ab während er dem Klingeln lauschte. "Ich bins", begrüßte er Nicholas. "Zieh dich zurück, wir sind durch. Ja, es lief glatter als erwartet. Ich melde mich. Danke", murmelte er in das Gerät und ließ es dann einfach an sich herunter in den Schoss fallen. Die Augen schließend, auf die leise Musik hörend und sich nur kurz fragend, ob Cole ihn wohl zu Nicholas zurückfahren würde? Cole Schließlich fuhr er bei sich zu Hause in die Tiefgarage. Er half Antonin aus dem Wagen, ging mit ihm zum Fahrstuhl und fuhr ganz nach oben. Es war das erste Mal, dass er eine andere Person mit zu sich nach Hause nahm. Das erste Mal seit nun mehr 10 Jahren. Aber es machte ihm nichts aus. Es war vollkommen in Ordnung. Es war als ob es immer so hätte sein müssen und in Zukunft immer so sein musste. Er wusste, dass Antonin nun seine Wohnung immer betreten durfte. Er zog die Schiebetür zur Seite auf, schloss diese hinter ihnen wieder gewissenhaft. Dann zog er seine Jacke aus, streifte sich seine Schuhe ab, entledigte sich der Waffen und half Antonin bei den gleichen Dingen. Corleone trabte ihnen entgegen und strich ihm um die Beine, Antonin mit einem majestätischen Blick musternd, bevor er Cole vorwurfsvoll anmaunzte und in Richtung Fressnapf ging, als wollte er ihm sagen, dass er ihn nun unbedingt füttern müsste. Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er führte Antonin mit sich durch die Wohnung, vorbei an der Küche, dem Esstisch durch sein Schlafzimmer ins Bad. Dort holte er einen Verbandskasten aus dem Schrank, stellte sich vor den anderen, blickte ihn ruhig an. "Lass mich mal sehen...",murmelte er und machte sich daran, Antonin von dem Pulli und dem Hemd zu befreien, bis dieser schließlich mit nacktem Oberkörper vor ihm stand, blutverschmiert. Cole griff zu einer Kompresse und tropfte Desinfektionsmittel darauf, dann machte er sich daran, die Wunde zu säubern, die mittlerweile nicht mehr so stark blutete. Als er damit fertig war blickte er auf. "Ist zum Glück nicht so schlimm", lächelte er ehrlich erleichtert. Seine Augen hingen in denen des anderen. Erneut gab er dem Gefühl nach, den anderen küssen zu müssen. "Ich bin so froh, dass dir nicht mehr passiert ist", wisperte er schließlich gegen die Lippen des anderen. Dann machte er sich daran die Metallplatte von Antonins Herz zu lösen, zog schließlich sein eigenes Hemd über den Kopf und entledigte sich seiner Metallplatte. "Wir sollten unter die Dusche und das Blut loswerden...", erklärte er und fuhr fort Antonin und danach sich bis auf die Shorts auszuziehen. Eigentlich hatte er kein Problem damit, sich nackt zu zeigen, aber er wusste nicht, ob es Antonin nicht zurückschrecken lassen würde. Dann nahm er den anderen bei der Hand und führte ihn in die Dusche, die groß genug war, dass sie sich darin gut bewegen konnten. Cole nahm den Duschkopf und prüfte die Temperatur, bevor er sich daran machte Antonin das Wasser über die Haut fließen zu lassen, seine Hände über die Haut des anderen streicheln zu lassen, um diese zu säubern. Sein Blick folgte seiner Hand, betrachtete den schönen Körper des anderen. Er spürte, dass er Lust auf wesentlich mehr hatte, aber darüber sollte er jetzt nicht nachdenken. Er befreite Antonins Körper von dem Blut, das dieser mehr als er abbekommen hatte. Dabei achtete er darauf, dass in die Verletzung kein Wasser floss, denn das tat nicht nur höllisch weh, sondern würde auch Entzündungen auslösen können. Daher ließ er auch das Gesicht des anderen aus, damit das Wasser nicht unkontrolliert in die Wunder fließen konnte. Dieses müsste sich der andere später am Waschbecken säubern. Und vielleicht übertrieb er es auch, aber er kostete diesen Moment einfach nur zu gerne aus. Zu gerne strich er über die Haut, den Körper Antonins. Antonin Offensichtlich fuhr er ihn nicht zu Nicholas, denn die Tiefgarage, in die sie einfuhren, erkannte er weder als seine eigene noch besaß Nicholas überhaupt eine. Im Aufzug fiel ihm abermals auf wie selbstverständlich er sich an Cole lehnte, ihn als seine Stütze akzeptierte und nicht nur brauchte sondern auch wollte. Merkwürdigerweise war das nicht halb so überraschend, wie es eigentlich sein sollte. Vielmehr hatte es sich eigentlich immer mal wieder angekündigt. Und auch wenn es ihm schon unangenehm und wohl auch ein wenig peinlich war, sich sogar aus den Schuhen helfen lassen zu müssen, so schwieg er einfach nur. Irgendwie schien es gerade richtig nichts zu sagen. Irreal, aber richtig. Der Wohnung konnte er nur einen kurzen Blick zuwerfen bevor er sich in einem Badezimmer wieder fand. Allerdings war ihm das kleine Fellknäul aufgefallen, und er wohl diesem, wenn man den Blick des Tieres für irgendwas gebrauchen konnte. Im Badezimmer jedoch fiel sein Augenmerk sofort auf die Mosaike an den Wänden und er befand sie für schön und hierher passend. Zumindest bis seine Aufmerksamkeit wieder zu Cole glitt, der wohl gerade einen Verbandskasten aus einem der Schränke hier gezaubert hatte und sich die Wunde ansehen wollte. Und obwohl er noch vor Tagen so furchtbar ausgerastet war, als jener den Bruchteil einer seiner Narben berührt hatte, so ließ er sich das alles kommentarlos gefallen. Unterstützte Cole wo es ging, bis er schließlich mit nacktem Oberkörper vor dem anderen stand. Da war nicht einmal die kleinste Nervosität oder Unsicherheit über die Situation in sich selbst zu spüren. Nicht wegen den Narben oder seinem Körper. Auch nicht wegen der Wunde, über die er sich zugegebenermaßen schon noch Gedanken machte. Das was ihm ein paar Bedenken verpasste war die Art und Weise wie das hier völlig normal zu sein schien. Als wäre es etwas ganz Alltägliches, dass Cole sich um seine Wunden kümmerte. Als wäre es ganz normal von ihm in seine Wohnung mitgenommen zu werden, wo er doch vor ein paar Stunden nicht einmal die Adresse verraten wollte. Und gerade dieses Gefühl von Normalität ließ ihn langsam zur Ruhe kommen, obwohl eigentlich das Gegenteil eintreten sollte. Was sollte es auch? Cole war zur wichtigsten Person in seinem Leben geworden. Cole hatte ihn nicht da oben zum Sterben zurück gelassen. Cole war bereit, sich um ihn zu kümmern, obwohl er ihm das letzte Mal eine furchtbare Folter angedroht hatte, als das der Fall gewesen war. Und somit hieß er diese Normalität mit aller Kraft willkommen und schwor sich daran festzuhalten. Sie sich nicht mehr entreißen zu lassen. Weder durch sich selbst, noch durch Cole. Auch wenn jener weit davon entfernt schien ihm irgendetwas wegzunehmen. Jener versorgte seine Wunde mit gezielten Bewegungen und verkündete dann mit einem weiteren Lächeln, dass es nicht so schlimm sei. Etwas, das Antonin selbst auch erleichtert ausatmen ließ, bis er abermals dessen Lippen auf den seinen spürte und jene gewisperten Worte ihm Schauder über die Wirbelsäule nach unten schickten. Ihn auf einen seltsamen Trip voller Zufriedenheit schickte, doch abermals fand er sich nicht in der Lage etwas zu erwidern. Er wusste nicht wie... nicht was... denn das Letzte, das er wollte, war, dass Cole jetzt wieder vor ihm zurückschrecken würde. Doch seine Augen wurden von Minute zu Minute wieder klarer und damit auch sein Verstand. Er nahm die ganzen Kleinigkeiten wieder deutlicher wahr. Den Ausdruck in den grünen Augen, den man fast als sanft bezeichnen könnte. Die Vorsicht, die jener walten ließ, als er ihm aus den restlichen Kleidungsstücken half und sich dann selbst auszog bis sie sich nur noch in Shorts gegenüber standen. So in diesen Betrachtungen des ihm fast fremd aber dafür umso anziehender erscheinenden Mannes aufgehend, ließ er sich breitwillig mit in die große Dusche ziehen. Ließ zu, dass jener ihm das Blut vom Körper wusch, bemerkte, wie nicht nur das Wasser über seine Haut streichelte. Und es tat gut. Es tat so unendlich gut, dass er am liebsten geweint hätte. Doch schließlich holte er sich selbst mit nicht unerheblicher Anstrengung aus seiner Regungslosigkeit und hob die Hand, um den Duschkopf zu stoppen. Er wartete bis Cole von seiner Tätigkeit an seinem Oberkörper aufblickte und sah ihm forschend in die Augen. Antonin wusste noch um die Grenzen. Er wusste, dass was er gleich tun würde, so ziemlich alle davon sprengen würde, und er wollte sich zumindest vorher davon überzeugen, dass sich dieses Risiko lohnen würde. Also hob er seine freie Hand unter Coles Kinn, ohne den Blickkontakt auch nur eine Sekunde abreißen zu lassen. Und als hätte diese erste zaghafte Berührung etwas in seinem Inneren befreit, beugte er sich vor, um diesen faszinierenden Mann seinerseits zu küssen. Abermals nur ein kurzes Treffen ihrer Lippen bevor er einen leicht gequälten Laut von sich gab, die Duschbrause und das Kinn losließ, um Cole in eine feste Umarmung zu ziehen. Seine Wunde sei verdammt, jetzt war es wichtiger sein Gesicht an den Nacken des anderen zu pressen und ihn einfach fest zu halten. "Ich hatte so eine Scheißangst um dich. Keine getrennten Aktionen mehr", flüsterte er und atmete den seltsam vertrauten Geruch des anderen tief ein. Es war als würde endlich ein Teil in ihm wieder anfangen zu arbeiten und müsste sich jetzt vergewissern, dass das wirklich Cole vor ihm war. Cole Verwirrt blickte Cole auf, als er sah, dass Antonin die Dusche abgestellt hatte, ihm den Duschkopf abgenommen hatte. Er richtete sich wieder auf, während seine Augen in denen des anderen festhingen. Er spürte ein flaues Gefühl in seinem Magen, ähnlich dem, das er gefühlt hatte, als Antonin ihm bei Nicholas ins Ohr geflüstert hatte, ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Doch bevor er sich noch erklären konnte, was in ihm vor ging, spürte er die Hand des anderen an seinem Kinn, spürte die Lippen des anderen und ohne darüber nachzudenken erwiderte er den Kuss. Sein gesamter Körper reagierte auf diese Berührung mit einem Beben. Er wusste gar nicht mehr so genau, wann er das letzte Mal eine andere Person auf den Mund geküsst hatte. Für ihn bedeutete das ein Zeichen tieferer Zuneigung. Seine One-night-stands waren stets ohne diese Intimität abgelaufen. Falls jemand seinen Lippen zu nahe gekommen war, war er schneller weg, als jener begreifen konnte, was vor sich ging. Aber dieser Kuss fühlte sich so verdammt angenehm und vor allem richtig an... Und Cole wusste, dass es nicht jeder schaffen würde, in ihm das Bedürfnis zu wecken, mehr davon haben zu wollen. Nein, er wusste, dass dies nur ein einziger Mann schaffte. Dieser, der vor ihm stand, den er nun ansah, als er sich löste und der ihn in der nächsten Sekunde in eine Umarmung zog, die sein Herz noch freudiger aufhüpfen ließ. Zunächst so überrumpelt, dass er sich nicht bewegen konnte, hob er nun langsam die Arme und erwiderte die Umarmung, die Augen schließend, die Worte vernehmend, die eine unglaubliche Wärme in ihm hinterließen. Er schluckte leicht. Also hatte sich Antonin genauso um ihn gesorgt, wie er sich um diesen? Hieß das, dass es ihm generell nicht anders ging als ihm? Dass er das gleiche gefühlt hatte wie er? Dass er die gleichen Dinge begriffen hatte, wie er? Oder hatte Antonin schon viel früher begriffen, was zwischen ihnen stand? Cole wurde ein wenig unsicher. Er befand sich gerade in seiner Situation, in der er noch nie in seinem Leben war, die er noch nie in seinem Leben zugelassen hatte. Und so selbstsicher er normalerweise darin war, jemanden aufzureißen, jemanden ins Bett zu kriegen, jemanden von sich sexuell abhängig zu machen, bevor er ihn fallen ließ, so schwer fiel es ihm nun etwas zu sagen, Worte zu finden, die ausdrücken würden, was er empfand. Und es würde ihm sicher nicht leicht fallen, das alles überhaupt zu ändern. "In Zukunft… zusammen...", murmelte er und er merkte, dass die ungewohnte, innere Wärme ihm ins Gesicht stieg. Mehr konnte er nicht sagen, mehr brachte er nicht über die Lippen, auch wenn er wesentlich mehr dachte. Aber da war noch zu viel in ihm, das ihn blockierte. Aber vielleicht würde es so kommen, dass diese fremde Wärme in ihm das Eis nach und nach auftauen würde, in dem er sich eingeschlossen hatte. Vielleicht... Er würde sich bemühen, das Eis nicht zu beschützen. Sacht strichen seine Finger über den Rücken des anderen. Antonin war so anders als er gebaut, viel muskulöser, viel trainierter. Aber es gefiel ihm ungemein, was er spüren durfte. Einen Moment genoss er einfach die Umarmung, schließlich löste er sich von Antonin, nur ein wenig, nicht ganz, aber ein Stück weit, besonders weil die Unsicherheit immer größer zu werden schien. "Aber jetzt bringen wir erstmal das hier zuende, mein Klammeraffe", murmelte er. Seine Unsicherheit verleitet ihn dazu die Situation mit Ironie zu überspielen. Cole angelte nach dem Duschkopf, um ihn wieder fest zu montieren, so dass nun das Wasser über sie beide rann. Kurz streckte er sein Gesicht in das Wasser, nahm wahr, wie das Wasser in erfrischte, dann blickte er wieder Antonin an, der sich noch immer halb in seinen Armen befand, weil er den einen Arm noch um dessen Hüften liegen hatte. Auch über Antonins Gesicht lief jetzt das Wasser hinab und Cole ließ dieser Anblick erschaudern. Langsam legte sich wieder jede Unsicherheit und so beugte er sich vor und küsste den anderen erneut. Aber nun musste Antonin versorgt werden. Sacht hob er seine Hände und strich Antonin über das Gesicht, das Blut weg, das dort noch war. Seine Augen ruhten wieder in denen des anderen. Dann stellte er die Dusche ab, drehte sich um und öffnete die Duschkabine aus Glas, um hinauszutreten, ein großes Handtuch aus dem Regal zu nehmen und dieses zu entfalten. Damit trat er auf Antonin wieder zu und begann diesem sacht damit über das Gesicht zu streifen, um ihn so abzutrocknen. Dies setzte er auf dem Oberkörper des anderen fort, vorsichtig, um die Verletzung tupfend. Schließlich legte er Antonin das Handtuch um die Schultern, drehte sich nun selbst, um sich auch ein Handtuch zu nehmen und sich kurz abzutrocknen. Er zog dabei seine Shorts herunter, nun wissend dass es Antonin nicht stören würde. Mit dem Handtuch um die Hüfte blickte er Antonin an. "Trockne dich ab. Ich hol dir schnell etwas zum Anziehen, dann versorge ich deine Verletzung", erklärte er und sein Ton verriet, dass er keine Wiederworte duldete. Erst kam das wirklich Wichtige. Später würden sie noch genug Zeit haben. Aber was würde es ihm nutzen, wenn er entdeckte, wie unglaublich begehrenswert er Antonins Körper fand, wenn dieser an einer Blutvergiftung starb? Und so kehrte er schließlich nur mit einer Jogginghose bekleidet zu Antonin zurück, reichte diesem eine von seinen neuen Shorts und eine Hose, legte ein Hemd für den anderen bereit. Solange sich jener anzog suchte er in seinem Badezimmerschrank nach einer Wund- und Heilsalbe, um Antonin schließlich die Wunde noch einmal zu desinfizieren und zu versorgen, bis der andere schließlich mit einem mehr oder weniger guten Verband vor ihm stand und Cole zufrieden nickte. "So", meinte er und legte weg, was er in der Hand hatte, bevor er Antonin wieder ansah und sehr nah an ihn herantrat. Kurz schwieg er und seine Augen sprangen zwischen denen des anderen hin und her. "Nun habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich damit weitermache, wovon ich mehr vertragen könnte", raunte er und erneut küsste er Antonin. Antonin Antonin entspannte sich unmerklich als Cole die Umarmung erwiderte. Ein weiteres Mal spürte er den Körper des anderen an seinem und kurz blitzte eine andere Szene in seinen Gedanken auf. Eine bei der sie sich ähnlich nahe gekommen waren, jedoch mit deutlich mehr Kleidungsstücken auf zumindest seiner Seite vorhanden. Das hier war so viel intensiver und um so viel besser, da er nicht mehr über die Konsequenzen nachdenken wollte. Er würde das Ganze hier einfach laufen lassen und sehen wohin es sie beide heute noch brachte. Ein Entschluss, der nur umso fester wurde, als er die sachten Berührungen des anderen auf seinem Rücken spürte, und am liebsten hätte er Cole auch nicht freigegeben, als jener sich von ihm löste. Doch da war noch jene Vernunft in ihm, das und das kleine Wörtchen 'Klammeraffe'. Ein versteckter Hinweis es doch sein zu lassen? Antonin erkannte zwar die offenen Grenzen, aber war das ein Hinweis, sie nicht zu überschreiten? Anscheinend nicht, denn während er, abermals von den kleinen und größeren Wassertropfen fasziniert, dabei zusah wie sie über Coles Gesicht und Oberkörper glitten, küsste Cole ihn abermals. Und diesmal erwiderte er den Kuss auch, während ihm zusammen mit dem Wasser noch zusätzliche Schauer durch den Körper wanderten. Als Cole dann noch die Hand hob, um ihm etwas aus dem Gesicht zu wischen, folgte er jener soweit es ging, bis seine Augen wieder zu Coles zurück wanderten. Und was er glaubte in jenen entziffern zu können, gab ihm ein gutes Gefühl für die ganze Sache. Was auch immer diese Sache überhaupt war. Doch als jener sich dann von ihm löste und aus der Dusche trat, nur um ihn danach sogar noch stellenweise abzutrocknen wusste er nicht so recht wohin mit seinen Gefühlen. Es war schön. Es war angenehm. Es war süchtig machend... kurz, es war beängstigend. Doch er tat wie ihm geheißen und zog sich dann ebenfalls die klatschnassen Shorts aus, schließlich reichte eine Schusswunde. Auf eine Erkältung konnte er getrost verzichten. Und noch während er sich abtrocknete kam Cole auch schon wieder und reichte ihm frische Kleidung. Wovon er sich erst mal für die Shorts und die Hose entschied. Beides nicht wirklich perfekt passend, aber das war ihm im Grunde momentan sowas von furchtbar egal. Wie der sprichwörtliche Sack Reis in China. Das Hemd sparte er sich erstmal, wenn Cole noch an seiner Wunde herumdoktern wollte, wäre das eh nur hinderlich. Inzwischen gab es dort auch nichts mehr zu verstecken. Dafür war es gänzlich zu spät. Als er diese Prozedur, Cole dabei ganz genau im Blick behaltend auch überstanden hatte erlaubte er sich ein erleichtertes Aufatmen. In der Dusche hatte die Wunde doch schon ziemlich gebrannt bei dieser Umarmung. Auch wenn es ihm das wert gewesen war, so waren versorgte Wunden doch immer besser als alles andere. Er bedankte sich ehrlich bei dem anderen Mann, bevor er ein wenig überrascht dreinsah als jener so nahe zu ihm trat. Die Grenzen sollten also wirklich überschritten werden? Nun, nicht dass er etwas dagegen hätte... Besonders nicht wenn ihm Coles Stimme doch geradewegs unter die Haut fuhr und dort mehr anrichtete als das bei jedem anderen vor ihm der Fall gewesen war. Doch etwas, eine letzte Kleinigkeit hielt ihn noch ab. Etwas, das klar gemacht werden musste: "Dir ist bewusst", raunte er während er seine andere Hand zu Coles Nacken hob und von dort hoch bis in dessen Haare glitt, "dass ich morgen auch noch da sein werde? Ich werde hiernach nicht verschwunden sein." Vielleicht wäre es nicht falsch, den anderen gar nicht großartig zum Nachdenken kommen zu lassen. Aber er fand es nur fair, diese Grenzen zu sichern und für sich als sicher zu deklarieren. Kapitel 37: Alter Kerl ---------------------- Cole Cole streckte den Hals und schloss die Augen, die Berührungen des anderen an seinem Hals genießend. Seine Hand glitt forschend über die Seiten des anderen nach oben, strichen schließlich zart über das Schulterblatt, um schließlich die Wirbelsäule hinabzugleiten. Hm... Antonin fühlte sich unglaublich gut an. Ein Schauer rieselte seinen Rücken hinab, als er erst das sachte Beißen, dann die kühle Luft spürte. Dann vernahm er die Worte des anderen, und sein Körper verspannte sich augenblicklich. Musste er ihn jetzt mit Tatsachen konfrontieren? Er ließ die Augen geschlossen. Nahm wahr, wie sich Antonin dichter an ihn drängte. Er schluckte. Ja, Antonin würde morgen früh mit ihm im Bett aufwachen. Er würde da sein, so wie noch niemals jemand vor ihm. Er würde mit einem Mal einen Platz in seinem Leben eingenommen haben, der bisher jedem anderen verwehrt geblieben war. Und wenn Cole zu sich ehrlich war, erschreckte ihn der Gedanke genauso, wie er ihn mit Zufriedenheit erfüllte. Eigentlich widersprach das, was er gerade tat, allen Prinzipien, die er für sich aufgestellt hatte. Hatte er sich nicht geschworen, niemals mit jemandem von der Arbeit etwas anzufangen? Hatte er sich nicht auch geschworen, niemals jemanden mit nach Hause zu nehmen? Hatte er... Ja er hatte, aber er spürte auch, dass ihm das in diesem Moment vollkommen egal war. Er hatte gespürt, was es ihm bedeutet hätte, Antonin nicht mehr bei sich zu haben. Und auch wenn er sonst nicht wusste, wie er mit der neuen Situation klar kommen würde, so wusste er, dass er auch nicht mit der Situation auskommen würde, wenn Antonin eben morgen früh nicht neben ihm aufwachen würde. Also was sollte er groß darüber nachdenken? Er musste es auf sich zukommen lassen, ein wenig weiter die Tür öffnen, in die Antonin seinen Fuß beharrlich gestellt hatte. Cole senkte den Kopf und blickte Antonin an. "Dann muss dir bewusst sein, dass ich dich unter Umständen die ganze Nacht nicht schlafen lasse...", murmelte er und ein Grinsen legte sich auf seine Lippen. "Aber vielleicht können wir den Schlaf ja nach den Cocktails am Strand nachholen." Nun, er würde nicht einfach sagen können. "Cool, welche Brötchen möchtest du zum Frühstück?" oder "Klar und hier hast du den Zweitschlüssel zu meiner Wohnung." Aber bei ihm war es wahrscheinlich generell so, dass man zwischen den Zeilen lesen musste, um heraus zu hören, was er eigentlich sagen wollte: Dass er sich darauf freute, wenn Antonin am nächsten Morgen noch da wäre, wenn er dessen Wärme, die ihn mehr und mehr erfüllte, auch morgen früh noch würde spüren können. Und so beschloss er jetzt erst einmal genug nachgedacht zu haben, und sich lieber auf etwas zu konzentrieren, von dem er wirklich einiges verstand... Und so fesselte er den anderen in einen leidenschaftlichen Kuss, sich von dem Waschbecken, an das er gedrückt worden war, abstoßend mit ihm das Bad zu verlassen, während seine Hände ruhelos über den Körper des anderen streichelten, während seine Hüften den anderen provokant vor sich herschoben. Bevor es die Stufen zu seinem Bett hochging hielt er schwer atmend im Kuss inne und zog sich kurzerhand die Jogginghose aus. Er mochte es im Bett nicht. Es war so umständlich. Herausfordernd blickte er Antonin an, bevor er ihn wieder in einen kurzen verspielten aber fordernden Kuss zog, sich dann wieder löste und schließlich die Stufen zu seinem Bett hinaufging, auf das er sich legte, dem anderen die Hand reichend, auffordernd, dass er zu ihm kommen solle. Eines war Cole mehr als klar. Heute würde er endlich den Sex haben, den er sich seit langem gewünscht hatte. Einen befriedigenden Sex, der ihm nämlich nicht nur körperliche, sondern auch seelische Befriedigung verschaffte. Ein Sex, nach dem er sich nicht nur lange sehnte, sondern wahrscheinlich schon sein Leben lang. Antonin Antonin spürte wie sich der Körper des anderen verspannte und wartete ab. Mit so etwas war zu rechnen gewesen, aber er musste das für sich selbst, nein für sie beide klarmachen. Er würde sich nicht mehr so leicht aus Coles Leben verbannen lassen. Etwas, das er bewiesen hatte, als er nach seinen Ausraster wieder zurückgerudert war und sich entschuldigt hatte. Etwas, das ihm vorher mehr als deutlich klar geworden war und etwas, das ihm nicht nur schwer, sondern schlichtweg unmöglich fallen würde. Cole gehörte jetzt auf die ein oder andere Weise dazu und 'nur' wegen Sex würde er das nicht riskieren. Lieber hätte er sich dann von einem Taxi ins nächste Bordell fahren lassen, um sich dort die so dringend benötigte Befriedigung zu sichern. Wobei das hier und jetzt so viel mehr versprach. Und als Cole schließlich den Kopf senkte, ihn ansah und von einem 'wir' im Zusammenhang mit Strand, genauer dem nächsten Tag sprach, war die Sache für ihn eigentlich klar. Der andere hatte nicht vor ihn hiernach zu verbannen, wie weiß Gott wie viele Kerle vor ihm. Und als dieses Bewusstsein bis ganz zu ihm durchdrang, da konnte er sich auch endlich wirklich entspannen und sich ohne größere, schwerere Gedanken auf das hier und jetzt einstellen. Und das war auch nicht weiter schwer, denn das 'hier und jetzt' war einfach nur heiß. Besonders als Cole ihn in den nächsten, deutlich leidenschaftlicheren Kuss zog. Einen von der Sorte, die man im Nachhinein niemandem beschreiben konnte, der einen solchen Kuss nicht ebenfalls schon mal abbekommen hatte. Einen, der ein kleines Feuerwerk in Antonins Magen auslöste und ihn kaum begreifen ließ, dass Cole ihn da gerade sehr geschickt ins nächste Zimmer bugsierte. Doch das sollte er gleich bemerken, als der andere sich von ihm löste, ihm damit Zeit für die dringend benötigte Atemluft zugestand und sich dann die Hose auszog. Und Antonin hatte gewusst, dass Coles verschwitzter Oberkörper nach Sex schrie, aber dieser Anblick, den er vorher gar nicht richtig wahrnehmen konnte, war eindeutig Sünde. Absolut heiße, erregende und atemberaubende Sünde auf zwei Beinen. Man sollte den Mann wegsperren, damit er nicht noch mehr arme Männer umpolen konnte… Er beobachtete jede Bewegung des anderen bis ins kleinste Detail, brannte sich den Anblick in den Kopf und musterte dann die auffordernde Hand bevor sich ein Lächeln auf seine Züge schlich. Nun, es war ja nicht so als ob er sich, von den Narben einmal abgesehen, unbedingt verstecken müsste. Auch wenn Cole ihn gerade um das Auspacken betrogen hatte, aber wer wollte schon kleinlich sein, wenn ein solcher Mann in seinem Bett lag und auf ihn zu warten schien? Und genau das, sollte er nicht zu lange müssen. Ein Gedanke, der sein Lächeln in ein leichtes Grinsen verwandelte, bevor er sich zuerst die Hose und dann die Shorts auszog und beides achtlos neben sich auf den Boden warf, bevor er Cole die wenigen Stufen nach oben folgte. Doch obwohl er die Hand ergriff, gönnte er sich erst einen letzten, langen musternden Blick bevor er sich nach unten auf das Bett ziehen ließ. "Die ganze Nacht?", hinterfragte er schließlich mit deutlich dunkler gewordener Stimme bevor er leise lachte und Cole diesmal selbst in einen leidenschaftlicheren Kuss verwickelte, während er mit einer Hand auf Erkundungstour ging und erst einmal kurz bei einer der Brustwarzen verweilte. Sie umspielte und leicht darüber rieb. "Schafft das so ein alter Kerl wie du überhaupt noch?", setzte er schließlich noch nach, nachdem er den Kuss gelöst hatte. Blieb jedoch nahe an dessen Lippen und suchte die so bewunderten grünen Augen des anderen. Cole Coles Blick glitt über den nun gänzlich entblößten Körper des anderen. Und damit stand endgültig fest, dass Antonin zu einen der wenigen Männer gehörte, die er als absolut begehrenswert beschreiben würde. Ja, dieser Mann entsprach voll und ganz seinem Geschmack. Aber im Vergleich zu den wenigen Männern, die er schon im Bett hatte und die auch seinem Geschmack voll und ganz entsprochen hatten, hatte Antonin doch noch eine wesentliche Sache mehr: er hatte ihn seelisch berührt, was bisher niemandem gelungen war. Und damit war er quasi einem Gott gleich zu setzen. Aber darübermachte sich Cole bei dessen Anblick nicht wirklich viele Gedanken. Vielmehr genoss er den Anblick, betrachtete den anderen, wie er zu ihm kam, wie er seine Hand ergriff und sich zu ihm hinunter ziehen ließ. Und mit einem Mal erfüllte ihn eine Ruhe, die er selten empfand, die er in Antonins Gegenwart nur empfinden konnte. Und das, obwohl er das erste Mal in seinem Leben einen Mann in sein eigenes Bett eingeladen hatte. Cole empfing den anderen, indem er ihn am Hals begann zu küssen, bis er die überaus erotische Stimme des anderen hörte und aufblickte, nur um sich dann in einem Kuss wieder zu finden, der seine Sinne schwinden ließ. Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen und er öffnete seine Augen, die den anderen hell anfunkelten. "Alter Kerl also?", knurrte er spielerisch. "Warst es nicht du, der meinen Knackarsch bewundert hat, dem ich nur am Stück gefalle und der nur zu bemängeln hatte, dass ich ein Hungerhaken sei?" Er lachte leicht und drehte sich mit einem Mal so, dass Antonin auf dem Rücken unter ihm lag. Seinen Oberkörper stützte er mit seinen Armen rechts und links neben Antonins Schultern bzw. Kopf ab. "Ich wäre vorsichtig, mein Lieber", raunte er belustigt. "Ich habe vielmehr Angst, dass du auf halber Strecke schlapp machst..." Noch bevor Antonin etwas sagen konnte küsste er den Russen, knabberte herausfordernd an dessen Unterlippe, bevor seinen Kuss leidenschaftlicher fortführte, während er ein Bein zwischen die des anderen schlängelte. Er spürte, dass ihn diese Küsse, diese Haut, dieser Körper, dieser Mann mehr als anturnten. Und so wuchs seine Erregung mit jeder Berührung, mit jedem Kuss. Schließlich schmiegte er sich an den Körper des anderen, um seine eine Hand zumindest wieder freier zu haben und nun begann, diese am Oberkörper des anderen hinabgleiten zu lassen, seine Finger schließlich spielerisch die Leiste hinuntergleiten ließ, neckisch über das Glied des anderen streichelte, während seine Hüfte sich leicht gegen das Bein des anderen drückte. Dann ließen seine Lippen von Antonins ab und bahnten sich ihren Weg hinunter, den Hals hinab über das Schlüsselbein, über das er seine Zunge gleiten ließ. "Du schmeckst gut", raunte er gegen dessen Haut und kurz blickte er nach oben. In diesem Moment sah er die Narbe, die er an Antonin an diesem Abend zwar immer mal bemerkt hatte, sie aber als zu ihm gehörig ansah. Sacht ließ er seine Zunge auch über diese gleiten, vorsichtig abwartend, wie jener reagieren würde. Schließlich wollte er ihn nicht überfordern. Und so ließ er nach kurzer Zeit sicherheitshalber von ihnen ab. Er wollte Antonin zeigen, dass er die Narben nicht als hässlich empfand. Sie gehörten zu ihm... Seine Lippen wanderten tiefer. Neckisch spielte er mit der Brustwarze des anderen, biss schließlich zart hinein. Während seine Hand erneut über die Seite des anderen hinauf und wieder hinab streichelte, erneut die Leiste hinabglitt und sich schließlich um das Glied des anderen legte, um dieses mit massierenden Bewegungen zu stimulieren, um den anderen in seiner Lust voranzutreiben. Antonin Er hatte im normalen Alltag eher seltener das Gefühl, dass ihm der Atem stockte, doch als Cole ihn anfunkelte konnte er nicht anders als die Luft anzuhalten. Das, was er zu erkennen glaubte, war mit nichts anderem zu benennen als Freude. Lebensfreude vielleicht. Und es würde Antonin den Boden unter den Füssen wegziehen, wenn er stehen würde. So lauschte er Coles Worten mit einem immer breiter werdenden Grinsen und ließ sich, vom schönen Lachen des anderen abgelenkt auch auf den Rücken drehen. Zu der eindeutigen Herausforderung des anderen konnte er nichts mehr erwidern, denn abermals küsste Cole ihn und lenkte damit seine Aufmerksamkeit sehr gut um. Besonders an die leichten Bisse könnte er sich wirklich gewöhnen und so schob er beide Hände in Coles Haare um den darauffolgenden Kuss noch intensiver wahrnehmen zu können. Nicht dass es nötig wäre, denn der ganze Mann, der sich da über ihm tummelte, war im Ganzen einfach nur intensiv und berauschend zu nennen. So löste er eine Hand aus dessen Haaren und strich prüfend dessen Nacken hinab bis zu den Schultern und über die Wirbelsäule tiefer. Und Coles Haut war toll, ganz eindeutig. Der ganze Kerl war eine wandelnde Droge und so wurde Antonins Atem auch langsam aber sicher tiefer, je mehr dieser aufregenden Gefühle da auf ihn einströmten. Natürlich ließ sich schlecht sagen, ob es an Cole lag, oder daran, dass er das erste Mal nüchtern war, während er mit einem anderen Mann zusammen war. Wobei er sehr stark zu ersterem tendierte, denn kaum ein anderer hätte es überhaupt geschafft sein Interesse lange genug zu wecken, um ihn nüchtern zu so etwas überreden zu können. Wobei er selbst hier schon überlegt hatte, wie er den anderen selbst 'überzeugen' könnte. Er seufzte wohlig als er die Streicheleinheiten des anderen auf seinem Körper spürte und schloss die Augen, als jener über sein Glied streichelte und sich mit den Hüften an ihn presste. Tatsächlich waren seine Hände inzwischen bei dessen Hintern angekommen über den er erkunden streichelte und dann fast unbewusst zu massieren begann. Und während er noch versuchte nach den Küssen wieder zu ein wenig mehr Luft zu kommen, verwöhnte Cole seine Haut weiter. Sogar seine Narbe, was sich zuerst wirklich seltsam anfühlte. Oder nicht seltsam, aber die Zunge an diesem Stückchen Haut zu spüren war ein merkwürdig intensives Gefühl und jeder Gedanke an Gewalt, Hass und Zorn war weit weg. Und so erschauderte er spürbar und öffnete seine Augen wieder, drehte den Kopf weit genug um Cole wieder zusehen zu können. Auch wenn er ein wenig brummte als jener sich tiefer vorwagte, aber nicht, weil es sich schlecht anfühlte, sondern weil dieser wunderbar geformte Hintern damit aus seiner Reichweite glitt. "Ich verstehe gar, nicht warum du meine Worte wiederholst", raunte er daher um einen Ausgleich zu erhalten und ließ seine Hände wieder höher gleiten. Hin und wieder die sanfte Haut nur mit den Fingerspitzen berührend, mal über dessen Seiten streichend, mal über die Schultern bis hin zur Wirbelsäule. "Du solltest inzwischen doch merken, dass mir dein Knackarsch und dein restlicher, ganzer Körper ganz gut gefällt." Er ließ das Schmunzeln mit in seine Worte einfließen. Doch gerade als er Cole darauf hinweisen wollte, dass jener sich besser anstrengen sollte, wenn er ihn schlappmachen sehen wollte, biss jener ihm ganz sanft in die Brustwarze, während er seinen Körper ohne Unterlass verwöhnte und schließlich auch sein Glied umgriff. Was ihm ein leises Keuchen entlockte und ihn seinen Kopf tiefer ins Kissen drücken ließ. Himmel, er war auch nur ein Mann mit einem momentan stark ausgeprägtem Sexdefizit. So hob er die Hüften ein wenig stoßend an und ließ seine kurzen Fingernägel leicht über die Schulterpartie von Cole gleiten, bevor er weiter dessen Haut erkundete. Jedes Muskelspiel, das darunter stattfand ertastete und auch zu spüren genoss. Nicht einmal der blöde Verband störte ihn dabei besonders, denn das machte Cole mit seiner offensichtlichen Erfahrung, was das Anheizen von anderen Männern anging, definitiv wieder wett. Cole Das Keuchen, das Seufzen des anderen war Musik in seinen Ohren. Und er wollte noch viel, viel mehr davon hören. Er wollte sehen, wie sich Antonin unter seinen Berührungen wandt, wie er langsam aber sicher den Verstand verlor. Das Stoßen des anderen in seine Hand zeugte davon, dass er dieses Ziel bereits schon gut angepeilt hatte. Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. "Ich habe nie mit etwas anderem gerechnet…" Er blickte hinauf und ein verschmitztes Funkeln zierte seine Augen. "Ich bin unwiderstehlich..." Ein Lachen in seiner Stimme verriet, dass man diese Worte nicht zu ernst nehmen sollte. "Aber ich muss sagen, du bist auch nicht ohne..." Um seine Worte zu unterstreichen, streichelte er während er sprach an der Innenseite der Beine des anderen entlang nach oben, bis er schließlich abbog zum Hüftknochen des anderen, der sich unter der Haut abzeichnete, von wo aus er seine Fingerspitzen über den Bauch des anderen gleiten ließ. "Wirklich ein wunderschöner Körper...", murmelte er, seinen Blick mittlerweile auf seine Fingerspitzen gerichtet. "Und jetzt zeig ich dir, was dein Körper so alles empfinden kann..." Dieser Satz klang fast wie ein Befehl dazu, sich verwöhnen zu lassen. Provozierend leckte er über den Bauchnabel des anderen, rutschte tiefer und entzog sich so den Händen des anderen. Während er sich mit einem Arm abstützte ließ er die Finger seiner anderen Hand weiter über den Unterleib gleiten, strich schließlich erneut über die wachsende Erregung des anderen. Antonin war gut bestückt, das musste man ihm lassen. Coles Lippen knabberten an der Bauchdecke Antonins herum, bahnten sich zügig ihren Weg zu dessen einen Hüftknochen, den er mit seiner Zungenspitze umrundete, wissend, dass man an dieser Stelle häufig empfindlich war, bevor er weiter hinab, die Leiste entlang küsste, leckte knabberte, bis er schließlich dort angelangt war, wo er hinwollte. Seine Hand strich sacht über die Hoden des anderen, schließlich den Penis des anderen entlang nach oben, bis er ihn umfasste und seine Zunge neckend um die Eichel des anderen strich. Nur zu gerne registrierte er, wie Antonin sich unter seinen Berührungen wandt, wie er sich gehen, wie er sich fallen ließ. Cole begann ein Spiel mit dem Glied des anderen, das diesen weiter voranpeitschte in seiner Lust. Er mochte es, wenn andere nicht mehr wussten, wohin mit ihren Gefühlen. Er mochte diese süße Qual. Und zu gerne würde er sehen, wie Antonin unter den Berührungen verging, denn dessen Anblick war für ihn wesentlich intensiver, als alles was er bisher erlebt hatte. Er musste nicht selbst berührt werden, damit seine eigene Erregung wuchs. Der Körper des anderen und besonders seine Reaktionen waren genug, um in ihm den Willen nach mehr zu erwecken. Aber erst kam Antonin dran. Und so umgarnte er dessen Glied, bedeckte es mit sachten Küssen, saugte daran, ließ es in seinen Mund tauchen. Er selbst war mittlerweile zwischen die Beine des anderen gerutscht, blickte immer wieder zufrieden hinauf in das Lust verzerrte Gesicht des anderen, während seine Finger seinem Mund halfen, indem sie über den Unterleib streichelten, indem sie das Glied des anderen massierten, indem sie über die Hoden streichelten, diese sacht massierten. Bis er schließlich mit seinen Lippen die Hoden des anderen vorsichtig anknabberte, wissend, wie empfindlich ein Mann dort sein konnte, während seine Hand das Glied weiter massierte, leicht pumpte. Sacht strich seine Zunge über den Steg tiefer. Dadurch das sich Antonin seinen Berührungen entgegen drückte, und indem er die Beine des anderen weiter auseinandergedrückt hatte, kam er schließlich am Ziel an. Kurz schluckte er, bis seine Zunge über das After des anderen strich, die Rosette umspielte, bevor er ganz sacht eindrang. Scheu vor solchen Dingen kannte er nicht. Nicht mehr. Schließlich wanderte er wieder nach oben, ließ dafür eine Hand dorthin gleiten, die er benutzte, um erst mit einem Finger, schließlich auch mit einem zweiten Finger in Antonin einzudringen, diesen vorsichtig, aber bestimmt zu weiten. Er selbst wollte schließlich auch auf seine Kosten kommen... Und während er dies tat fuhr sein Mund fort, Antonins Erregung zu umspielen, sie zu liebkosen. Ihn letztlich davon abzulenken, was seine Hand dort tat, die immer wieder in den anderen eindrang, ihn quasi an dieses Gefühl gewöhnte. Schließlich ließ er von Antonin ab, krabbelte über dem anderen hinauf und blickte ihn schmunzelnd an. Seine Augen drückten sein Verlangen nach dem anderen aus. Spielerisch küsste er Antonin. "Dein Stöhnen klingt gut...", wisperte er gegen die Lippen, bevor er sacht in die Unterlippe des anderen biss. Schließlich blickte er auf, griff mit seiner Hand zur Schublade seines Nachtkästchens, das er aufzog. In dieser Schublade griff er zu einem der Kondome, die dort neben Sexspielzeugen, Gleitgel und anderen 'Utensilien' lagen. Er wusste, dass er bei seinem Sexualleben vorsichtig sein musste. Nicht nur für sich selbst... In geübter Bewegung war der Gummi über sein erregtes Glied gezogen. Dann blickte er Antonin wieder an, bevor er das Spiel mit Antonins Körper wieder aufnahm, ihn intensiv küssend, ihn verwöhnend, bevor er sich wieder zwischen seine Beine drängte, mit seinen Fingern noch einmal die Aufgabe aufnahm, den anderen darauf vorzubereiten, dass es gleich kurz unangenehm werden konnte, bevor er vorsichtig in Antonin eindrang, sachte, nicht wissend, ob Antonin daran gewöhnt war, nicht wollend, dass er dem anderen zu große Schmerzen bereitete. Gleichzeitig musste er sich beherrschen, nicht einfach schneller in ihn einzudringen, die enge Hitze an seinem Glied spürend, die ihn aufkeuchen ließ, seine Augen schließen ließ, hektisch Luft ausstoßen ließ. Bis er schließlich in Antonin tief versunken war und er auf diesen mit lustverhangenen Augen hinabblickte, bevor er sich zu bewegen begann. Langsam, vorsichtig tastend, schließlich als er merkte, dass Antonin sich entspannte, das Tempo erhöhte. Bald spürte er, an welchem Punkt Antonins Körper unter ihm bebte und so suchte er diesen Punkt immer wieder zu finden. Und schließlich, während er sich mit einer Hand abstütze, legte er seine zweite Hand wieder an das Glied des anderen, um auch diesen in seiner Lust zu jenem süßen Moment zu treiben, auf den er nun zusteuerte. Antonin Antonin lächelte ein wenig zaghaft, als Cole ihm sagte, er wäre nicht ohne und hätte einen tollen Körper. Er war realistisch genug, um zu wissen, dass sein Body tatsächlich nicht übel war, aber er zeigte ihn so selten dass es komisch war, so begutachtet und bewertet zu werden. Nichtsdestotrotz tat es fast so gut wie die Streicheleinheiten und er fühlte sich, in seinem nüchternen Leben vielleicht zum ersten Mal nicht seinem Ego verpflichtet. Dafür waren Coles findige, erfahrene Berührungen im Grunde genommen auch viel zu gut und daher beugte er sich den Wünschen des anderen und übergab sich bedingungslos in dessen Hände. Den Kopf wieder zurückfallend lassen, konnte er bald nicht anders als seine Hände in der Matratze unter sich zu vergraben und seinen Rücken durchzudrücken. Aber verdammt, Coles Lippen und Zähne auf seiner Bauchdecke lösten einfach zu viel in ihm aus und es blieb kaum etwas als dem Weg, den jener an ihm herunter nahm, zu genießen. Und als er erst die Hand an seinem Hoden und seinen Glied spürte, nur um dann die flinke Zunge an seiner Eichel zu spüren konnte, er ein leises Stöhnen nicht mehr zurückhalten. Ebensowenig wie ein weiteres Anheben seiner Hüften, da sein Körper ganz automatisch mehr von dieser Behandlung erfahren wollte. Kurz öffnete er die Augen und hob den Kopf weit genug, um Cole zu sehen, bevor er sie aufkeuchend wieder schloss. Verdammt, warum sah das um so unendlich viel heißer aus als bei jeder Frau? Und warum fühlte er sich durch diesen Anblick um so viel mehr in seiner Erregung angespornt? Aber egal… das war jetzt alles egal, denn bei dem, was Cole da mit ihm anstellte, blieb nicht mehr viel Platz für Gedanken. Die Hände tiefer in die Matratze grabend konnte er bald nicht mehr anders als aufkeuchend in dieser unglaublichen Erregung aufzugehen. Und obwohl das garantiert nicht das erste Mal war, dass man ihn mit dem Mund verwöhnte, so zog der andere Mann das Ganze auf ein völlig neues Level. Eines, das hoch genug angesetzt war, um Antonin vergessen zu lassen, dass er völligen Kontrollverlust nicht leiden konnte. Dass er es normalerweise nie so weit kommen ließ, sich selbst komplett zu vergessen, wenn er nicht total betrunken war. Doch hier und jetzt war es so verführerisch und so einfach, dass Antonin es nicht bemerkte und einfach der Führung des anderen folgte. Was in einem genussvollem Aufstöhnen und schnell gehendem Atem resultierte, als er dessen Zähne an seinen Hoden spürte. Sich so in dieser Erregung treiben lassend, bekam er nicht mit was Cole vorhatte, bis es auch schon zu spät war und die kurze Verspannung, die durch seinen Körper ging, war nicht wirklichem Unwohlsein zuzuschreiben sondern vielmehr der Überraschung. Oh Gott, wusste Cole eigentlich was er da tat? Und ja, scheinbar wusste jener es, denn noch während sich seine Muskeln anspannten und verkrampften als der andere mit den Fingern in ihn eindrang, konnte er das dank den Lippen des anderen an seiner Erregung nicht lange aufrecht erhalten. Dennoch war es ein seltsames Gefühl. Noch nicht unbedingt schmerzhaft, aber auch noch nicht angenehm. War er sich eigentlich wirklich sicher, dass er beim letzten Mal mit einem Mann danach zufrieden gewesen war? Coles Glied war ein ganzes Stück größer als zwei kleine Finger. Aber als hätte Cole es geahnt, zog er sich zurück und kam wieder hoch zu ihm. Langsam öffnete er seine lustverhangenen Augen und betrachtete den Mann über ihm in dessen Blick er das gleiche Verlangen wie bei sich selbst zu erkennen glaubte. Der Kuss war ihm ein wenig der benötigte Rettungsanker, um ihn davon abzulenken, ob er das hier wirklich durchziehen wollte. Nicht das das wirklich eine Frage wäre, denn irgendwie bezweifelte er sich selbst oder Cole ab diesem Zeitpunkt zurück halten zu können. So lächelte er schwach und murmelte ein ‚Danke‘ bevor der andere ihn auch schon wieder sanft biss. Die Zeit, die jener brauchte, um in der Schublade herum zu wühlen verbrachte Antonin damit um über die wieder in Reichweite gekommene Haut zu streicheln. Natürlich würde er es im Leben nicht zugeben, aber so einen klitzekleinen Funkeln Unwohlsein hatte er gerade schon im Magen. Im Rausch war das alles hier gänzlich einfacher - glaubte er. Allerdings würde er sich an so viel ausgetauschte Zärtlichkeit und Sinnlichkeit mit Sicherheit erinnern. Also doch lieber nüchtern? Doch als er Cole dabei zusah wie jener sich das Kondom über das Glied zog merkte er wie sein Atem von selbst wieder ein wenig schneller ging und er sich über die Lippen leckte. Sein Kopf schön und gut, sein Körper wusste anscheinend was er wollte. So ließ er sich gerne wieder in den nächsten Kuss ziehen und ein wenig von der kurzen Unsicherheit ablenken. Trotzdem ging sein Atem ruckartiger, stockender als die wieder erschienen, vorbereitenden Finger verschwanden und Cole wirklich in ihn eindrang. Und Scheiße, er konnte gar nicht anders als sich zu verkrampfen. Alle Gedanken an Peinlichkeit waren lange verdrängt, denn verflucht das schmerzte und schien kaum ein Ende zu nehmen, bevor der andere kurz inne hielt. Antonin versuchte sich zu entspannen, besonders als ihm Coles Keuchen mitten zwischen die Beine fuhr und ihn wieder an seine eigene Erregung erinnerte. Er wollte mehr davon hören, denn bisher war der andere eindeutig zu überlegen für seinen Geschmack und so bewegte er sich ein wenig, um einen etwas anderen Winkel zu erhalten und atmete wieder tiefer. Doch wirklich besser wurde das Gefühl erst als der andere sich wirklich zu bewegen begann. Erst dann endlich traten da wieder die anderen Gefühle höher und ließen ihn den Rest besser verdrängen. Er stöhnte tief auf, als Cole das Tempo erhöhte, und drückte sich ihm schließlich entgegen, als der andere einen Punkt in ihm traf, der ihn fast schon Sterne hinter den geschlossenen Augen sehen ließ. Und als er dann endlich wieder die Hand an seinem Glied spürte, war es sowieso vorbei. Alles was er ab diesem Zeitpunkt noch tun konnte war es bei den Stößen zu keuchen und zu stöhnen, sich unter dem anderen zu winden und das Gefühl auszukosten, dass Cole ihm da bescherte. Eine Art des „Ausgefüllt-Seins“, die ihn durchaus süchtig machen könnte und die er momentan bis zur letzten Haarspitze genoss. Inzwischen war sein Körper mit einem Schweißfilm bedeckt und als er die Augen schließlich doch öffnete und sein Blick an Cole hängen blieb, wäre er fast von dem Anblick alleine gekommen. Es war das erste Mal, dass er jenen so sah. So gänzlich ohne die kühle, ohne die ständige Aufrechterhaltung seiner Selbstbeherrschung und er konnte es nicht anders als den anderen in diesem Moment als atemberaubend zu bezeichnen. Doch auch diese Gedanken waren so schnell verschwunden wie sie aufgetaucht waren, denn abermals traf Cole jenen ganz speziellen Punkt und pumpte nebenbei sein Glied nach unten und das war schlussendlich zu viel. Dafür war er zu ausgehungert nach jener Befriedigung, die der andere ihm gerade mit solcher Gewandtheit zukommen ließ. Damit näherte er sich seinem Höhepunkt in eher großen Schritten und nach ein paar weiteren Stößen in ihn kam er mit Coles Namen auf den Lippen. Ein letztes Mal ließ er sich von der Lust überrollen, die der andere ihm bescherte, und wusste bereits jetzt, dass er selten so befriedigt gewesen war, wie in diesem Augenblick. Wie genau jetzt, wo Cole sich noch seine eigene Befriedigung holte, wo Antonins Atem mehr ein beständiges Keuchen war, wo jeder Muskel in seinem Körper sich zusammengezogen haben schien und sich dann mit einmal entspannte. Kurz... "Oh Gott, ich hätte das schon eher mal nüchtern machen sollen", hauchte er, seine Stimme für nichts weiteres mehr gebrauchen könnend mit den heftigen Atemzügen, die er dazwischen schieben musste. Er öffnete seine Augen, um Cole abermals zu beobachten und wusste dass er so schnell nicht mehr hierauf verzichten würde. Cole Bereits als Antonin begonnen hatte sich zu bewegen, spürte er, wie unglaublich das hier alles war. Cole war bald in einen Rhythmus gefallen, seine Augen halb geöffnet habend, um zu genießen, wie Antonin unter ihm dahinschmolz. Er hatte natürlich gemerkt, dass jener sich kurz verkrampft hatte, dass jener kurz Schmerzen hatte, aber er wusste, dass diese bald vergessen waren, wenn die Lust überhandnahm und auch den anderen überrollte. Und so war es letztlich auch. Cole ließ sich von seiner eigenen Welle nur zu gerne mitnehmen und spürte, dass er Antonin bald so weit hatte, dass jener sich nicht mehr zurückhalten würde können, doch das störte ihn nicht, schließlich war es doch nur eine Bestätigung für seine Kunst. Und so spürte er nur zu gerne, wie sich der ganze Körper des anderen aufbäumte, zusammenzog und ihn in eine Situation brachte, die er liebte. Er spürte die Flüssigkeit, die ihm über die Hand lief, er sah das Gesicht des anderen, das ihn allein schon aufstöhnen ließ. Dieses Gefühl, wie jemand unter ihm einen Orgasmus erlebte, für den er verantwortlich war. Die Enge, die sein Glied mit einem Mal umschloss, ließ Cole aufstöhnen. Er stieß einige Male bewusst nach, um dem anderen damit den süßen Moment zu verlängern. Während er selbst in dieser Enge seinem eigenen Höhepunkt näher und näher kam. Und so schloss er schließlich die Augen stieß selbst noch ein, zwei Mal zu, bevor er selbst von jenem Beben erfüllt wurde, das er als pure Entspannung erlebte, intensiver als jemals zuvor. Einen Moment verharrte er in dem Moment regungslos, bevor er noch einmal seine Lenden gegen den anderen drückte und dann langsam spürte, wie sich sein Körper wieder entspannte, bis er schließlich nach Luft ringend nach vorne fiel, sich mit den Armen abstützte. Schwer atmete er, die Augen geschlossen, bis er sich aus Antonin zurückzog und zur Seite rollte, seinen Handrücken auf die Stirn legend, weiter nach Luft ringend. Als er die Worte vernahm musste er grinsen. Erschöpft drehte er den Kopf und blickte den anderen an, bevor er sich wieder zur Seite drehte, seinen Kopf auf seiner Hand abstützend Antonin ansah. Sacht beugte er sich zu ihm und küsste ihn. Sanft ließ er seine Fingerspitzen über den Oberkörper gleiten, zog Bahnen darauf. Es war irgendwie so anders mit Antonin, das wurde ihm in diesem Moment wieder mehr als deutlich. Normalerweise mochte er es nicht, wenn es nach dem Sex noch zu vertrauten Zärtlichkeit kam. Normalerweise war es entweder: zu Luft kommen und weitermachen, oder zu Luft kommen und gehen. Und so genoss er einige Moment einfach nur den Anblick des anderen, während sein Körper sich weiter entspannte, während er die Ruhe genoss, die Zufriedenheit, die ihn gänzlich ausfüllte. „Nicht weglaufen...“, raunte er schließlich und noch einmal küsste er Antonin, dann richtete er sich auf, entledigte sich seines Kondoms, dieses in einen kleinen Eimer werfend, der neben seinem Nachtkästchen stand. Dann reichte er Antonin Kosmetiktücher, damit auch dieser sich säubern könnte. Kurz überlegte er, dann beugte er sich wieder zu Antonin und küsste ihn leicht, bevor er sich wieder löste und ihn ansah. „Magst du was trinken? Etwas essen? Ich habe glaube ich Hunger, der gestillt werden sollte, bevor wir in die nächste Runde starten...“, fragte er leise und seine Augen lächelten den anderen an. Ein Maunzen lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Corleone saß am Eingang seines Schlafbereiches und blickte ihn vorwurfsvoll an. „Und Corleone hat auch Hunger.“ Er grinste Antonin entschuldigend an. Antonin Die Trägheit, die von ihm Besitz ergriffen hatte, wurde auch nicht gemindert, als Cole sich aus ihm zurückzog. Aus halbgeöffneten Augen beobachtete er wie jener sich neben ihn legte, sich den Kopf mit der Hand stützte und ihm schließlich einen sanften Kuss gab. Er mochte die Augen des anderen in diesem Moment mehr als jemals zuvor und trotzdem wandte er den Blick schließlich ab um den malenden Bewegungen auf seinem Oberkörper zu verfolgen. Er würde morgen jeden einzelnen Muskel in seinem Körper spüren, soviel war ihm jetzt bereits klar. Sogar an einem Ort wo er jenes Muskelziehen eher selten verspürt hatte. Aber das war in Ordnung so. Der ganze Tag war von vorne bis hinten einfach nur in Ordnung. Selbst sein dämlicher Streifschuss, den er sich eingefangen hatte. Klinger das dämliche Arschloch war Geschichte und irgendetwas sagte ihm, dass er jenes atemberaubende Erlebnis gerade ein Stück weit diesem drogensüchtigen Bullen zu verdanken hatte. Was ziemlich bescheuert in sich selbst war, aber ihn momentan absolut nicht störte. Nein, ganz im Gegenteil er genoß die momentane Ruhe, die nur durch ihrer beider Atem durchbrochen wurde und mit einem tiefen Seufzer hob und senkte sich sein Brustkorb auch nur noch in ruhigen Bewegungen. Was ihn dazu verleitete nach Coles Hand zu greifen und einen Kuss auf die Handfläche zu hauchen, bevor er sie wieder losließ. Und Antonin war mehr als froh vorher noch alle Sinne zusammengehalten und klar gemacht zu haben, dass er nicht einfach so verschwinden würde, denn sonst müsste er jetzt schon wieder damit beginnen, sich Sorgen über seine und Coles Reaktion zu machen. So aber ließ er sich den nächsten Kuss gut gefallen und sah entspannt dabei zu, wie Cole sich aufrichtete und sich von dem Kondom befreite. Gut dass jener dran gedacht hatte, denn das war das A und O in Antonins eigenem Sexleben. Vielleicht entging ihm dabei etwas, aber er bezweifelte wirklich, dass es tatsächlich so ein anderes Erlebnis ohne wäre. Einzig und alleine die Unterbrechung könnte man sich schenken, aber das ließ sich doch auch ganz gut einbauen. Bisher hatte sich darüber auch noch keine Frau beschwert. Wobei fraglich bliebe, ob das weiterhin so wäre, denn gerade würde ihm so auf die Schnelle keine Frau einfallen, die in ihm jemals dieses genüssliche, träge Gefühl ausgelöst hatte. Verdammter Cole, dachte er belustigt und ein schelmisches Funkeln schlich sich in seine Augen, bevor seine Aufmerksamkeit wieder auf den anderen gezogen wurde. "Wasser wäre gut", murmelte er während er sich aufrichtete und sich selbst vom Sperma reinigte. Was alleine schon gut war um sich davon abzuhalten ein wenig panisch aufzulachen. Nächste Runde? Der andere hatte vorher nicht gescherzt oder? Und nicht dass er etwas gegen diesen Sex hätte, nein ganz im Gegenteil, aber gerade kam ihm der Gedanke, dass so eine Nacht verflixt lange sein konnte. Blinzelnd sah er auf, als er das Fellknäul maunzen hörte und wandte seinen Blick dann von Cole zu dem kleinen Schreihals und zurück bevor er herzhaft zu lachen begann. "So gehe dahin und füttere dein Monster. Ich bewege mich sicherlich kein Stück", gab er kopfschüttelnd bekannt und entsorgte das Kosmetiktuch dann ebenfalls in dem kleinen Eimer bevor er sich zurück auf die Matratze fallen ließ und sich das nächstbeste Kissen unter den Kopf schob, während er sich auf die Seite legte. Wo Cole seinen ganzen Elan und Kraft hernahm? Antonin wusste, dass ihm morgen seine Arme, besonders die Schultern mehr als eindrücklich von dem Sprung zum Seil hin erzählen würden. Vom wieder daran Hochklettern ganz zu schweigen. Seine Beine würden ihm die Treppenstufen übel nehmen, seine Wunde war auch noch da und nicht zu vergessen sein Hintern. Und er war sich eigentlich sicher gewesen, dass Cole ebenfalls Müdigkeitserscheinungen haben müsste, aber so wie jener herumwuselte war er mit seiner Einschätzung wohl falsch gelegen. Dunkel brummend hob er sein eben ergattertes Kissen hoch und legte es sich auf den Kopf, das Gesicht auf die Matratze pressend und blind nach der Decke tastend um sie sich über die Hüften zu ziehen. Sollte Cole sich um sein Fellknäul kümmern und endlich mal etwas essen - schaden würde es jenem sicher nicht - und ihn dafür ein wenig dösen lassen. Antonin war der Meinung sich das jetzt verdient zu haben Cole „Und ich wusste, dass du schlapp machst“, raunte er und küsste die Wirbelsäule des anderen nach oben. Er hatte Corleone gefüttert, war dann zum Kühlschrank gelaufen und hatte Orangensaft, Wasser herausgeholt, ein paar Cocktailtomaten, den Parmesan und eine Salami, die er noch fand schnitt er in mundgerechte Stücke und legte sie auf einen Teller. Er mochte es gerne, etwas zum Knabbern. Dann suchte er in seiner Schublade und fand noch Reiscracker, die er in eine kleine Schüssel umfüllte. Nun ja, er hatte eigentlich kaum etwas zu essen daheim, aber das würde reichen, um seinen Hunger zu stillen. Dann war er mit einem Tablett in der Hand zurückgekehrt, das nun neben ihm auf dem Bett stand. Ein triumphierendes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. Wenn er ehrlich war, wusste er auch nicht, wie er überhaupt noch stehen konnte, denn er war hundemüde. Aber noch war das Adrenalin in seinem Blut noch nicht gänzlich gewichen. Cole setzte sich neben Antonin, zog sein Kissen vom Kopf des anderen und strich diesem dann durchs Haar, kraulend, mit seinen Haaren spielend. Dann nahm er die kalte Flasche Wasser und hielt sie Antonin an die Haut, so dass dieser murrend zurammenzuckte. Cole grinste. „Und mich nennst du einen alten Mann“, seufzte er und griff zu einem Stück Salami, um es sich in den Mund zu schieben. Er hatte ein Bein angezogen, auf dem er nun seinen Kopf ablegte und Antonin weiter betrachtete. Langsam realisierte er, dass dieses alles hier vollkommen out of order war. Alles war vollkommen anders, fremd, aber auf überraschende Art und Weise vollkommen schön und er würde sicher nichts dagegen unternehmen. Morgen früh beim Aufwachen würde es sicher noch einmal seltsam werden. „Du bist der erste Mann, der dieses Bett betreten durfte“, murmelte er nachdenklich. „Überhaupt der erste, den ich hier in meine Wohnung gelassen habe.“ Seine Stimme klang nicht so, als würde ihn das stören. Es klang eher wie eine Feststellung, als ob er es sich selbst noch einmal bewusst machen musste. „Allein dafür sollte ich dich wohl schon bewundern.“ Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er griff nach dem Orangensaft und setzte an, um zu trinken. Langsam entspannte sich auch das Adrenalin in seinem Inneren wieder. Cole war überhaupt ein Mensch mit unglaublich viel Energie, und er hatte nicht selten Probleme damit, einzuschlafen. Aber heute, so spürte er, würde er nicht lange brauchen. Er hatte heute so viel erlebt, so viel Stress gehabt, der anderen für ein ganzes Leben gereicht hätte. Heute würde er gut schlafen können. Antonin Antonin brummte nur undeutlich in das Kissen hinein, als Cole triumphierende Worte gedämpft zu ihm durchdrangen. Sollte der andere seine Freude haben, der würde sich schon noch mal umsehen. Spätestens wenn Antonin sich daran gewöhnt hätte, diese Art von Sex zu fabrizieren, denn er kannte sich selbst und er wusste, dass er durchaus fordernd sein konnte. Nein, es eigentlich die meiste Zeit über sogar war. Es würde sich schon noch ein Zeitpunkt ergeben, um dem anderen ein paar Gedanken mitzuteilen. Doch jetzt gerade genoss er die verwöhnenden Küsse und glaubte nicht sich heute nochmal bewegen zu wollen und ein wenig Schlaf fand er gerade furchtbar verlockend. Aber Cole schien andere Pläne zu haben, denn als jener wiederkam und sich neben ihn auf die Matratze setzte spürte er auch schon wie ihm das Kissen gemeinerweise entzogen wurde. Auch wenn ihn die kraulende Hand sogleich wieder dafür entschädigte, so hielt er die Augen dennoch geschlossen und gab nur einen Laut von sich den man fast als schnurrend bezeichnen könnte. Zumindest bis ihm die blöde kalte Flasche an die Haut gehalten wurde und ihn nicht nur zusammenzucken, sondern auch hochfahren ließ bevor er sie sich aus der Hand der anderen stibitzte und diesen halb verärgert halb belustigt anfunkelte. "Na entschuldige mal", brummte Antonin und schraubte die Flasche auf. "Es waren ein paar anstrengende Tage und ich musste nicht nur Spiderman die Wand runter sondern auch wieder rauf spielen, mich anschießen lassen und ganz nebenbei noch ziemlich befriedigenden Sex erleben." Und hier streckte er Cole kurz kindisch die Zunge raus, bevor er ein paar tiefe Schlucke von der Flasche nahm, sie wieder zuschraubte und neben dem Bett auf den Boden stellte. "Ich denke ich darf ein wenig schlappmachen", bescheinigte er sich selbst und ließ sich wieder zurück ins Bett sinken. Diesmal jedoch wieder wach genug um jenen Mann zu mustern, der mal eben nicht nur seinen normalen Tagesablauf komplett über den Haufen geworfen hatte, sondern sich vehement aber stetig auch noch in den Mittelpunkt eben jener Tage drängte. Man konnte Cole eigentlich nur bewundern. Doch als er jenen fast mit sich selbst sprechen hörte schlich sich wieder eines jener ehrlichen Lächeln auf seine Lippen und in seine Augen. "Du hast das mit den Komplimenten wirklich drauf, Cole. Und ich danke dir", murmelte er schließlich als ein Zeichen, ihn verstanden zu haben, ihm zu zeigen, dass er sich darüber freute, auch wenn er kaum einen Zirkusrummel darüber veranstalten würde. Danach zeigte er sich gerade lange genug geduldig, um mitzubekommen wie jener sein mehr als dürftiges Essen verputzt hatte und dann auch endlich sein Trinken wegstellte, bevor Antonin sich wieder ein Stück aufrichtete, den anderen umschlang und mit sich nach unten zog. Sacht küsste er Cole an die Schläfe und strich dann mit der Nasenspitze durch dessen Haar, den Geruch des anderen tief inhalierend. "Ich habe beschlossen, dass du jetzt ebenfalls müde bist", murmelte er nahe an der warmen Haut des anderen Mannes und streichelte ihm fast ein wenig abwesend über die Schultern und den Oberkörper, bis er sich bequemer hinrückte, sein Kissen zurück eroberte und den Kopf mit einem zufriedenem Seufzen drauf sinken ließ. Er hatte keine Haustiere, weil sie ihm zu viel Verantwortung waren und normalerweise kuschelte er auch nicht, da es bei den meisten seiner Interaktionen keinen Grund dafür gab. Auch hier gab es eigentlich keinen Grund, außer dass er Cole gern noch ein Weilchen so nahe an sich dran spüren wollte. Dass es ihm Spaß machte über dessen Haut zu streicheln und sich selbst zu versichern, dass er sich ihre Nähe vorher nicht eingebildet hatte. Morgen... ja vielleicht würde es morgen wieder anders aussehen, aber jetzt war jetzt. Und in diesem jetzt wollte er mit dem anderen in seinem Arm einschlafen können. So schon immer schläfriger werdend, merkte er kaum noch, dass Cole sich gar nicht großartig geweigert oder gewehrt hatte sondern ihn im Gegenteil auch noch ein paar der sanfteren Liebkosungen zukommen ließ. Und als Antonin schließlich tatsächlich einschlief war ihm gar nicht bewusst, dass er zum ersten Mal keinen weiteren Gedanken mehr an ihre blutigen Taten verschwendet hatte. Leider fuhr er dennoch einmal mitten in der Nacht mit vor lauter Panik schnell gehendem Atem hoch. Hastig sah er sich um, auf der Suche nach dem schwarz-weiß Bild, das ihn so sehr beruhigte, nur um es nicht vorzufinden. Nur um zu bemerken, dass er nicht bei sich zuhause war. Was ihn zwar an Cole und ihre Nacht erinnerte, aber leider nicht die gesuchte, sofortige Beruhigung gewährte. So zog er die Knie an, verschränkte seine Arme darauf und legte den Kopf zwischen seine Arme um seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Die Leiche auf dem Balkon war ihm momentan ebenso deutlich vor Augen, wie seine eigenen blutverschmierten Arme und das gehässige Lachen, das er wohl nie wieder vergessen würde. Trotzdem schlich sich langsam ein anderer Gedanke ein... wenn das hier mit Cole nichts Einmaliges wäre, dann würde jener so ein Bild in seinem Schlafzimmer akzeptieren müssen. So sicher wie das Amen in der Kirche. Cole "Hm...", murmelte Cole. "Ja, es war wirklich ziemlich anstrengend..." Seine Worte klangen nachdenklich. Aber sie hatten wirklich einiges geschafft. Und eines war ihm klar, sie hatten heute zwar einige Leben ausgelöscht, andere dafür aber gerettet. Gut, vielleicht war es eine Milchmädchenrechnung und ein Richter würde ihm ins Gesicht lachen, aber es half dabei, zu wissen, dass alles in Ordnung war. Gedankenversunken aß er ein wenig vor sich hin. Schließlich stellte er das Tablett neben sein Bett und fand sich kurz darauf in den Armen des anderen wieder, der ihn küsste, ihn festhielt, sich an ihn schmiegte. "Bin ich das?", lächelte Cole und blieb aber in der Umarmung, und nahm die Berührungen des anderen wahr. Cole spürte, dass ihm das fremd war, dass es ungewohnt und ein wenig beängstigend für ihn war. Sie benahmen sich wie ein Pärchen. Aber waren sie das jetzt? Würde Antonin von nun an von ihm verlangen, dass sie Händchen hielten, dass sie ihre Partnerschaft zur Schau stellten? Cole wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Nein, er wusste es recht genau: Er hielt gar nichts davon. Aber musste es auch so sein? Könnte es nicht einfach so bleiben wie zuvor, nur dass sie sich vielleicht ab und zu 'intimer' trafen? Denn der Sex mit Antonin war gut gewesen, intensiver als sonst. Aber,... er sollte nicht so viel nachdenken, nicht jetzt, wenn er müde war. Er lauschte den gleichmäßigen Atemzügen des anderen. "Antonin?", wisperte er, erhielt aber keine Antwort mehr. Vorsichtig drehte er den Kopf und lächelte. Dieser war wohl eingeschlafen, ihn im Arm haltend. Eine seltsam ungewohnte Situation... Ob er sich daran gewöhnen würde? Schlecht fühlte es sich zumindest nicht an. Sacht küsste er Antonin auf die Stirn. Eines wusste er mit Bestimmtheit zu sagen: Er fühlte sich trotz allem Unbekannten sehr wohl. Und das war eine wichtige Feststellung. Schließlich konnte es doch letztlich nichts Schlimmeres geben, als wenn man sich in so einer Situation nicht wohl fühlte. Das blaue Licht über seinem Bett tauchte den Raum in ein seltsames Licht. Er wartete noch, bis er wusste, dass Antonin tief und fest schlief, dann löste er sich aus dessen Umarmung, um die Lichter zu löschen, ein Fenster zu kippen, damit sie genügend frische Luft zum Atmen hatten. Dann stieg er wieder in sein Bett, das er nun mit einem anderen teilte. Ja, im teilen war er eigentlich nicht gut, nur im austeilen. Aber vielleicht würde es Antonin ja mit seiner Beharrlichkeit und wohl auch seiner Geduld schaffen, dass sich das ändern würde. Zumindest hatte er es ja schon geschafft, ihm unerwartet nahe zu kommen. Vorsichtig schmiegte er sich an den Schlafenden und beobachtete diesen noch ein wenig, bevor auch ihm die Augen zu fielen. Auch Cole schlief schließlich ein, schlief für seine Verhältnisse gut aber nicht tief. Es war ungewohnt jemanden neben sich zu haben. Und er spürte, dass er dieser Situation in seinem tiefsten Inneren eigentlich misstrauen wollte. Aber es war Blödsinn, dieser Vorsicht allzu viel Bedeutung beizumessen. Als er den heftigen Atem des anderen hörte, spürte, dass sich jener bewegte, aufschreckte, müde schlug er die Augen auf, sah, wie Antonin schwer atmend dasaß. Ohne viel zu überlegen, da er zu müde war, seine grauen Gehirnzellen überhaupt zu finden, richtete auch er sich auf und umarmte den anderen sanft. Er sagte nichts, konnte ahnen, was diesen verfolgte, hatte er doch von Antonin so schon einiges gehört, was ihm ein Gesamtbild der Situation erschloss. Sacht wog er ihn hin und her, darauf wartend, dass sich Antonin wieder entspannte. Schließlich schliefen sie wieder weiter, diesmal zog er Antonin in seine Arme, ihm Trost spenden wollend. Kapitel 38: Alter Kerl - zensiert --------------------------------- Cole Cole vernahm er die Worte des anderen, und sein Körper verspannte sich augenblicklich. Musste er ihn jetzt mit Tatsachen konfrontieren? Er ließ die Augen geschlossen. Nahm wahr, wie sich Antonin dichter an ihn drängte. Er schluckte. Ja, Antonin würde morgen früh mit ihm im Bett aufwachen. Er würde da sein, so wie noch niemals jemand vor ihm. Er würde mit einem Mal einen Platz in seinem Leben eingenommen haben, der bisher jedem anderen verwehrt geblieben war. Und wenn Cole zu sich ehrlich war, erschreckte ihn der Gedanke genauso, wie er ihn mit Zufriedenheit erfüllte. Eigentlich widersprach das, was er gerade tat, allen Prinzipien, die er für sich aufgestellt hatte. Hatte er sich nicht geschworen, niemals mit jemandem von der Arbeit etwas anzufangen? Hatte er sich nicht auch geschworen, niemals jemanden mit nach Hause zu nehmen? Hatte er... Ja er hatte, aber er spürte auch, dass ihm das in diesem Moment vollkommen egal war. Er hatte gespürt, was es ihm bedeutet hätte, Antonin nicht mehr bei sich zu haben. Und auch wenn er sonst nicht wusste, wie er mit der neuen Situation klar kommen würde, so wusste er, dass er auch nicht mit der Situation auskommen würde, wenn Antonin eben morgen früh nicht neben ihm aufwachen würde. Also was sollte er groß darüber nachdenken? Er musste es auf sich zukommen lassen, ein wenig weiter die Tür öffnen, in die Antonin seinen Fuß beharrlich gestellt hatte. Cole senkte den Kopf und blickte Antonin an. "Dann muss dir bewusst sein, dass ich dich unter Umständen die ganze Nacht nicht schlafen lasse...", murmelte er und ein Grinsen legte sich auf seine Lippen. "Aber vielleicht können wir den Schlaf ja nach den Cocktails am Strand nachholen." Nun, er würde nicht einfach sagen können. "Cool, welche Brötchen möchtest du zum Frühstück?" oder "Klar und hier hast du den Zweitschlüssel zu meiner Wohnung." Aber bei ihm war es wahrscheinlich generell so, dass man zwischen den Zeilen lesen musste, um heraus zu hören, was er eigentlich sagen wollte: Dass er sich darauf freute, wenn Antonin am nächsten Morgen noch da wäre, wenn er dessen Wärme, die ihn mehr und mehr erfüllte, auch morgen früh noch würde spüren können. Und so beschloss er jetzt erst einmal genug nachgedacht zu haben, und sich lieber auf etwas zu konzentrieren, von dem er wirklich einiges verstand... ---- Erschöpft drehte Cole den Kopf und blickte den anderen an, bevor er sich wieder zur Seite drehte, seinen Kopf auf seiner Hand abstützend Antonin ansah. Sacht beugte er sich zu ihm und küsste ihn. Sanft ließ er seine Fingerspitzen über den Oberkörper gleiten, zog Bahnen darauf. Es war irgendwie so anders mit Antonin, das wurde ihm in diesem Moment wieder mehr als deutlich. Normalerweise mochte er es nicht, wenn es nach dem Sex noch zu vertrauten Zärtlichkeit kam. Normalerweise war es entweder: zu Luft kommen und weitermachen, oder zu Luft kommen und gehen. Und so genoss er einige Moment einfach nur den Anblick des anderen, während sein Körper sich weiter entspannte, während er die Ruhe genoss, die Zufriedenheit, die ihn gänzlich ausfüllte. „Nicht weglaufen...“, raunte er schließlich und noch einmal küsste er Antonin, dann richtete er sich auf, entledigte sich seines Kondoms, dieses in einen kleinen Eimer werfend, der neben seinem Nachtkästchen stand. Dann reichte er Antonin Kosmetiktücher, damit auch dieser sich säubern könnte. Kurz überlegte er, dann beugte er sich wieder zu Antonin und küsste ihn leicht, bevor er sich wieder löste und ihn ansah. „Magst du was trinken? Etwas essen? Ich habe glaube ich Hunger, der gestillt werden sollte, bevor wir in die nächste Runde starten...“, fragte er leise und seine Augen lächelten den anderen an. Ein Maunzen lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Corleone saß am Eingang seines Schlafbereiches und blickte ihn vorwurfsvoll an. „Und Corleone hat auch Hunger.“ Er grinste Antonin entschuldigend an. Antonin Trägheit kam mit der Entspannung einher. Aus halbgeöffneten Augen beobachtete er wie jener sich neben ihn legte, sich den Kopf mit der Hand stützte und ihm schließlich einen sanften Kuss gab. Er mochte die Augen des anderen in diesem Moment mehr als jemals zuvor und trotzdem wandte er den Blick schließlich ab, um den malenden Bewegungen auf seinem Oberkörper zu verfolgen. Er würde morgen jeden einzelnen Muskel in seinem Körper spüren, soviel war ihm jetzt bereits klar. Sogar an einem Ort wo er jenes Muskelziehen eher selten verspürt hatte. Aber das war in Ordnung so. Der ganze Tag war von vorne bis hinten einfach nur in Ordnung. Selbst sein dämlicher Streifschuss, den er sich eingefangen hatte. Klinger, das dämliche Arschloch, war Geschichte und irgendetwas sagte ihm, dass er jenes atemberaubende Erlebnis gerade ein Stück weit diesem drogensüchtigen Bullen zu verdanken hatte. Was ziemlich bescheuert in sich selbst war, aber ihn momentan absolut nicht störte. Nein, ganz im Gegenteil, er genoß die momentane Ruhe, die nur durch ihrer beider Atem durchbrochen wurde und mit einem tiefen Seufzer hob und senkte sich sein Brustkorb auch nur noch in ruhigen Bewegungen. Was ihn dazu verleitete nach Coles Hand zu greifen und einen Kuss auf die Handfläche zu hauchen, bevor er sie wieder losließ. Und Antonin war mehr als froh vorher noch alle Sinne zusammengehalten und klar gemacht zu haben, dass er nicht einfach so verschwinden würde, denn sonst müsste er jetzt schon wieder damit beginnen, sich Sorgen über seine und Coles Reaktion zu machen. So aber ließ er sich den nächsten Kuss gut gefallen und sah entspannt dabei zu, wie Cole sich aufrichtete und sich von dem Kondom befreite. "Wasser wäre gut", murmelte er während er sich aufrichtete. Nächste Runde? Der andere hatte vorher nicht gescherzt oder? Und nicht dass er etwas gegen diesen Sex hätte, nein ganz im Gegenteil, aber gerade kam ihm der Gedanke, dass so eine Nacht verflixt lange sein konnte. Blinzelnd sah er auf, als er das Fellknäul maunzen hörte und wandte seinen Blick dann von Cole zu dem kleinen Schreihals und zurück, bevor er herzhaft zu lachen begann. "So gehe dahin und füttere dein Monster. Ich bewege mich sicherlich kein Stück", gab er kopfschüttelnd bekannt und entsorgte das Kosmetiktuch dann ebenfalls in dem kleinen Eimer, bevor er sich zurück auf die Matratze fallen ließ und sich das nächstbeste Kissen unter den Kopf schob, während er sich auf die Seite legte. Wo Cole seinen ganzen Elan und Kraft hernahm? Antonin wusste, dass ihm morgen seine Arme, besonders die Schultern mehr als eindrücklich von dem Sprung zum Seil hin erzählen würden. Vom wieder daran Hochklettern ganz zu schweigen. Seine Beine würden ihm die Treppenstufen übel nehmen, seine Wunde war auch noch da und nicht zu vergessen sein Hintern. Und er war sich eigentlich sicher gewesen, dass Cole ebenfalls Müdigkeitserscheinungen haben müsste, aber so wie jener herumwuselte war er mit seiner Einschätzung wohl falsch gelegen. Dunkel brummend hob er sein eben ergattertes Kissen hoch und legte es sich auf den Kopf, das Gesicht auf die Matratze pressend und blind nach der Decke tastend, um sie sich über die Hüften zu ziehen. Sollte Cole sich um sein Fellknäul kümmern und endlich mal etwas essen - schaden würde es jenem sicher nicht - und ihn dafür ein wenig dösen lassen. Antonin war der Meinung, sich das jetzt verdient zu haben Cole „Und ich wusste, dass du schlapp machst“, raunte er und küsste die Wirbelsäule des anderen nach oben. Er hatte Corleone gefüttert, war dann zum Kühlschrank gelaufen und hatte Orangensaft, Wasser herausgeholt, ein paar Cocktailtomaten, den Parmesan und eine Salami, die er noch fand schnitt er in mundgerechte Stücke und legte sie auf einen Teller. Er mochte es gerne, etwas zum Knabbern. Dann suchte er in seiner Schublade und fand noch Reiscracker, die er in eine kleine Schüssel umfüllte. Nun ja, er hatte eigentlich kaum etwas zu essen daheim, aber das würde reichen, um seinen Hunger zu stillen. Dann war er mit einem Tablett in der Hand zurückgekehrt, das nun neben ihm auf dem Bett stand. Ein triumphierendes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. Wenn er ehrlich war, wusste er auch nicht, wie er überhaupt noch stehen konnte, denn er war hundemüde. Aber noch war das Adrenalin in seinem Blut noch nicht gänzlich gewichen. Cole setzte sich neben Antonin, zog sein Kissen vom Kopf des anderen und strich diesem dann durchs Haar, kraulend, mit seinen Haaren spielend. Dann nahm er die kalte Flasche Wasser und hielt sie Antonin an die Haut, so dass dieser murrend zurammenzuckte. Cole grinste. „Und mich nennst du einen alten Mann“, seufzte er und griff zu einem Stück Salami, um es sich in den Mund zu schieben. Er hatte ein Bein angezogen, auf dem er nun seinen Kopf ablegte und Antonin weiter betrachtete. Langsam realisierte er, dass dieses alles hier vollkommen out of order war. Alles war vollkommen anders, fremd, aber auf überraschende Art und Weise vollkommen schön und er würde sicher nichts dagegen unternehmen. Morgen früh beim Aufwachen würde es sicher noch einmal seltsam werden. „Du bist der erste Mann, der dieses Bett betreten durfte“, murmelte er nachdenklich. „Überhaupt der erste, den ich hier in meine Wohnung gelassen habe.“ Seine Stimme klang nicht so, als würde ihn das stören. Es klang eher wie eine Feststellung, als ob er es sich selbst noch einmal bewusst machen musste. „Allein dafür sollte ich dich wohl schon bewundern.“ Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er griff nach dem Orangensaft und setzte an, um zu trinken. Langsam entspannte sich auch das Adrenalin in seinem Inneren wieder. Cole war überhaupt ein Mensch mit unglaublich viel Energie, und er hatte nicht selten Probleme einzuschlafen. Aber heute, so spürte er, würde er nicht lange brauchen. Er hatte heute so viel erlebt, so viel Stress gehabt, der anderen für ein ganzes Leben gereicht hätte. Heute würde er gut schlafen können. Antonin Antonin brummte nur undeutlich in das Kissen hinein, als Cole triumphierende Worte gedämpft zu ihm durchdrangen. Sollte der andere seine Freude haben, der würde sich schon noch mal umsehen. Als Cole wiederkam und sich neben ihn auf die Matratze setzte, spürte er auch schon wie ihm das Kissen gemeinerweise entzogen wurde. Auch wenn ihn die kraulende Hand sogleich wieder dafür entschädigte, so hielt er die Augen dennoch geschlossen und gab nur einen Laut von sich den man fast als schnurrend bezeichnen könnte. Zumindest bis ihm die blöde kalte Flasche an die Haut gehalten wurde und ihn nicht nur zusammenzucken, sondern auch hochfahren ließ, bevor er sie sich aus der Hand der anderen stibitzte und diesen halb verärgert halb belustigt anfunkelte. "Na entschuldige mal", brummte Antonin und schraubte die Flasche auf. "Es waren ein paar anstrengende Tage und ich musste nicht nur Spiderman die Wand runter sondern auch wieder rauf spielen, mich anschießen lassen und ganz nebenbei noch ziemlich befriedigenden Sex erleben." Und hier streckte er Cole kurz kindisch die Zunge raus, bevor er ein paar tiefe Schlucke von der Flasche nahm, sie wieder zuschraubte und neben dem Bett auf den Boden stellte. "Ich denke ich darf ein wenig schlappmachen", bescheinigte er sich selbst und ließ sich wieder zurück ins Bett sinken. Diesmal jedoch wieder wach genug, um jenen Mann zu mustern, der mal eben nicht nur seinen normalen Tagesablauf komplett über den Haufen geworfen hatte, sondern sich vehement aber stetig auch noch in den Mittelpunkt eben jener Tage drängte. Man konnte Cole eigentlich nur bewundern. Doch als er jenen fast mit sich selbst sprechen hörte schlich sich wieder eines jener ehrlichen Lächeln auf seine Lippen und in seine Augen. "Du hast das mit den Komplimenten wirklich drauf, Cole. Und ich danke dir", murmelte er schließlich als ein Zeichen, ihn verstanden zu haben, ihm zu zeigen, dass er sich darüber freute, auch wenn er kaum einen Zirkusrummel darüber veranstalten würde. Danach zeigte er sich gerade lange genug geduldig, um mitzubekommen wie jener sein mehr als dürftiges Essen verputzt hatte und dann auch endlich sein Trinken wegstellte, bevor Antonin sich wieder ein Stück aufrichtete, den anderen umschlang und mit sich nach unten zog. Sacht küsste er Cole an die Schläfe und strich dann mit der Nasenspitze durch dessen Haar, den Geruch des anderen tief inhalierend. "Ich habe beschlossen, dass du jetzt ebenfalls müde bist", murmelte er nahe an der warmen Haut des anderen Mannes und streichelte ihm fast ein wenig abwesend über die Schultern und den Oberkörper, bis er sich bequemer hinrückte, sein Kissen zurück eroberte und den Kopf mit einem zufriedenem Seufzen drauf sinken ließ. Er hatte keine Haustiere, weil sie ihm zu viel Verantwortung waren und normalerweise kuschelte er auch nicht, da es bei den meisten seiner Interaktionen keinen Grund dafür gab. Auch hier gab es eigentlich keinen Grund, außer dass er Cole gern noch ein Weilchen so nahe an sich dran spüren wollte. Dass es ihm Spaß machte über dessen Haut zu streicheln und sich selbst zu versichern, dass er sich ihre Nähe vorher nicht eingebildet hatte. Morgen... ja vielleicht würde es morgen wieder anders aussehen, aber jetzt war jetzt. Und in diesem jetzt wollte er mit dem anderen in seinem Arm einschlafen können. So schon immer schläfriger werdend, merkte er kaum noch, dass Cole sich gar nicht großartig geweigert oder gewehrt hatte sondern ihn im Gegenteil auch noch ein paar der sanfteren Liebkosungen zukommen ließ. Und als Antonin schließlich tatsächlich einschlief war ihm gar nicht bewusst, dass er zum ersten Mal keinen weiteren Gedanken mehr an ihre blutigen Taten verschwendet hatte. Leider fuhr er dennoch einmal mitten in der Nacht mit vor lauter Panik schnell gehendem Atem hoch. Hastig sah er sich um, auf der Suche nach dem schwarz-weiß Bild, das ihn so sehr beruhigte, nur um es nicht vorzufinden. Nur um zu bemerken, dass er nicht bei sich zuhause war. Was ihn zwar an Cole und ihre Nacht erinnerte, aber leider nicht die gesuchte, sofortige Beruhigung gewährte. So zog er die Knie an, verschränkte seine Arme darauf und legte den Kopf zwischen seine Arme, um seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Die Leiche auf dem Balkon war ihm momentan ebenso deutlich vor Augen, wie seine eigenen blutverschmierten Arme und das gehässige Lachen, das er wohl nie wieder vergessen würde. Trotzdem schlich sich langsam ein anderer Gedanke ein... wenn das hier mit Cole nichts Einmaliges wäre, dann würde jener so ein Bild in seinem Schlafzimmer akzeptieren müssen. So sicher wie das Amen in der Kirche. Cole "Hm...", murmelte Cole. "Ja, es war wirklich ziemlich anstrengend..." Seine Worte klangen nachdenklich. Aber sie hatten wirklich einiges geschafft. Und eines war ihm klar, sie hatten heute zwar einige Leben ausgelöscht, andere dafür aber gerettet. Gut, vielleicht war es eine Milchmädchenrechnung und ein Richter würde ihm ins Gesicht lachen, aber es half dabei, zu wissen, dass alles in Ordnung war. Gedankenversunken aß er ein wenig vor sich hin. Schließlich stellte er das Tablett neben sein Bett und fand sich kurz darauf in den Armen des anderen wieder, der ihn küsste, ihn festhielt, sich an ihn schmiegte. "Bin ich das?", lächelte Cole und blieb aber in der Umarmung, und nahm die Berührungen des anderen wahr. Cole spürte, dass ihm das fremd war, dass es ungewohnt und ein wenig beängstigend für ihn war. Sie benahmen sich wie ein Pärchen. Aber waren sie das jetzt? Würde Antonin von nun an von ihm verlangen, dass sie Händchen hielten, dass sie ihre Partnerschaft zur Schau stellten? Cole wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Nein, er wusste es recht genau: Er hielt gar nichts davon. Aber musste es auch so sein? Könnte es nicht einfach so bleiben wie zuvor, nur dass sie sich vielleicht ab und zu 'intimer' trafen? Aber,... er sollte nicht so viel nachdenken, nicht jetzt, wenn er müde war. Er lauschte den gleichmäßigen Atemzügen des anderen. "Antonin?", wisperte er, erhielt aber keine Antwort mehr. Vorsichtig drehte er den Kopf und lächelte. Dieser war wohl eingeschlafen, ihn im Arm haltend. Eine seltsam ungewohnte Situation... Ob er sich daran gewöhnen würde? Schlecht fühlte es sich zumindest nicht an. Sacht küsste er Antonin auf die Stirn. Eines wusste er mit Bestimmtheit zu sagen: Er fühlte sich trotz allem Unbekannten sehr wohl. Und das war eine wichtige Feststellung. Schließlich konnte es doch letztlich nichts Schlimmeres geben, als wenn man sich in so einer Situation nicht wohl fühlte. Das blaue Licht über seinem Bett tauchte den Raum in ein seltsames Licht. Er wartete noch, bis er wusste, dass Antonin tief und fest schlief, dann löste er sich aus dessen Umarmung, um die Lichter zu löschen, ein Fenster zu kippen, damit sie genügend frische Luft zum Atmen hatten. Dann stieg er wieder in sein Bett, das er nun mit einem anderen teilte. Ja, im Teilen war er eigentlich nicht gut, nur im Austeilen. Aber vielleicht würde es Antonin ja mit seiner Beharrlichkeit und wohl auch seiner Geduld schaffen, dass sich das ändern würde. Zumindest hatte er es ja schon geschafft, ihm unerwartet nahe zu kommen. Vorsichtig schmiegte er sich an den Schlafenden und beobachtete diesen noch ein wenig, bevor auch ihm die Augen zu fielen. Auch Cole schlief schließlich ein, schlief für seine Verhältnisse gut aber nicht tief. Es war ungewohnt jemanden neben sich zu haben. Und er spürte, dass er dieser Situation in seinem tiefsten Inneren eigentlich misstrauen wollte. Aber es war Blödsinn, dieser Vorsicht allzu viel Bedeutung beizumessen. Als er den heftigen Atem des anderen hörte, spürte, dass sich jener bewegte, aufschreckte, schlug er müde die Augen auf, sah, wie Antonin schwer atmend dasaß. Ohne viel zu überlegen, da er zu müde war, seine grauen Gehirnzellen überhaupt zu finden, richtete auch er sich auf und umarmte den anderen sanft. Er sagte nichts, konnte ahnen, was diesen verfolgte, hatte er doch von Antonin so schon einiges gehört, was ihm ein Gesamtbild der Situation erschloss. Sacht wog er ihn hin und her, darauf wartend, dass sich Antonin wieder entspannte. Schließlich schliefen sie wieder weiter, diesmal zog er Antonin in seine Arme, ihm Trost spenden wollend. Kapitel 39: Feuerwerk, Palmen oder Sterne ----------------------------------------- Cole Es war bereits 10 Uhr, als Cole wieder aufwachte. Einen Moment wusste er nicht so recht, wo er überhaupt war. Doch schnell dämmerte es ihm, und er erinnerte sich an die Dinge, die im Laufe des Abends geschehen waren. Er streichte sich übers Gesicht und stand vorsichtig auf. Müde trottete er ins Bad, wo er das Chaos ein wenig beseitigte, bevor er sich unter die Dusche stellte. Das kühle Nass tat gut und so blieb er einige Minuten einfach stehen und ließ sich das Wasser übers Gesicht laufen. Schließlich kehrte er ins Schlafzimmer zurück, vergewisserte sich, dass Antonin noch schlief und setzte sich dann ins Wohnzimmer, seinen Laptop nehmend. Seine Kamera war schnell mit den Beweisfotos eingespeist, und so erstellte er eine E-Mail an einen Bekannten bei der Presse, in der er diesem einiges erklärte und die Informationen ihm auf dem Tablett servierte. Kurz rief er Ragnar an und versicherte ihm, dass es ihm gut ginge, und dass er nun wieder normal weiterarbeiten konnte. Sicher würde die Presse heute von ihrer Aktion recht voll sein. Der Kaffee, den er aufgesetzt hatte, verbreitete einen angenehmen Geruch in der gesamten Wohnung. Cole hatte nur eine Short angezogen, was er gerne tat, wenn er allein zu Hause war. Nun, und jetzt tat er es auch, selbst wenn er nicht alleine war. Antonin Unwillig sich jetzt schon ganz vom Schlaf zu lösen, drehte er sich einmal herum und versuchte wieder in jenen schwerelosen Zustand zu gelangen, der ihm nur von tiefem Schlaf gewährt wurde. Doch Morpheus schien beschlossen zu haben, ihn lange genug umarmt zu haben und lieber mit einem Tritt wieder in die Realität zu befördern. Eine Realität, die sich Antonin langsam erschloss auch ohne das er die Augen geöffnet hatte. Zum einen erinnerte ihn das Ziehen über seinem Brustkorb an eine Wunde und zum anderen war der Geruch hier nicht hauptsächlich seiner. Und als er eines seiner Augen träge öffnete war er auch nicht sonderlich überrascht sich alleine im Bett wiederzufinden. Tatsächlich wäre er mit Sicherheit auch nicht liegen geblieben wenn er früher aufgewacht wäre. Trotzdem überkam ihn selbst jetzt, in seiner langsamen Aufwachphase, ein Gefühl, das er gestern noch recht erfolgreich verdrängt hatte: Unsicherheit. Seufzend drehte er sich auf den Rücken und hob die Hand,, um einmal herzhaft zu gähnen. Kein Grund jetzt über ungelegte Eier nachzudenken. Besonders nicht wenn er glaubte frisch aufgebrühten Kaffee zu riechen. Und während er seinen Blick aus noch müden Augen durch das Zimmer gleiten ließ, fiel ihm wieder das Fehlen eines schwarz-weiß Bildes auf und damit schob sich eine weitere Erinnerung von gestern vor sein geistiges Auge. Cole, der ihm nach seinem Alptraum wortlosen Halt gespendet hatte. Und obwohl es selten vorkam brannten seine Wangen bei dem Gedanken daran und er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Als ob die Situation an sich nicht schon irreal genug war, da musste er sich jetzt auch noch an sowas erinnern? Obwohl er seine Alpträume mehr mit einer 'aus den Augen, aus dem Sinn' Kneifzange behandelte und tagsüber nicht über sie nachdachte. Na prima. Inzwischen zu wach um weiter zu dösen, richtete er sich schließlich auf, rieb ein wenig planlos durch seine Haare und erhob sich schließlich, um die Shorts und die Hose vom Boden aufzusammeln bevor er ins Badezimmer schlenderte. Eines seiner großen Mankos: wenn man ihm keinen Wecker stellte, kam er überhaupt gar nicht in die Puschen. Daher beschloss Antonin erst mal, dass Cole nichts dagegen haben konnte wenn er jetzt duschte. Gedacht und bald darauf auch getan, stand er schließlich vor dem Spiegel und musterte sich ein wenig kritisch. Richtete sich auf und tappte gegen den Verband, den er so gut wie möglich vom Wasser frei gehalten hatte. Sah ja alles noch ganz gut aus, was man von ihm selbst nicht so sagen konnte. Immernoch war sein Blick mehr als unausgeschlafen und jetzt nach der Dusche spürte er nicht nur die bereits befürchteten Spannungen in den Schultern, sondern auch Oberschenkeln und von seinem Hintern mal ganz zu schweigen. Abermals seufzend griff er nach der Zahnpasta und reinigte seine Zähne mit dem Finger so gut es ging, bevor er nach dem Mundwasser griff und sich damit ebenfalls nochmal zuleibe rückte. Wenn er etwas absolut nicht ausstehen konnte, dann war das Mundgeruch. Ein absolut unbrechbares ‚No Go‘. Schließlich schlüpfte er in die Shorts und die Hose, von der er froh war, dass es eine leichte Stoffhose war ,und rubbelte sich nochmal über die noch nassen Haare. So langsam sah er sich einer Begegnung mit Cole gewappnet und so nickte er sich im Spiegel nochmal zu, bevor er das Badezimmer verließ, das Schlafzimmer durchquerte um schlussendlich mitten im Rest der Wohnung zu stehen. Coles Gestalt war recht schnell ausgemacht und so hielt er auch auf jenen zu und sah ihm kurz über die Schulter bevor er sich abwandte und der Küche einen sehnsuchtsvollen Blick zuwarf: "Kaffee?", mehr Artikulation durfte man von ihm einfach noch nicht erwarten. Das war sozusagen unmöglich. Trotzdem wartete er nicht auf eine Antwort sondern hielt auf die Stelle zu, wo Cole ihm die Jacke und Schuhe ausgezogen hatte um dann in eben dieser nach dem elektronischem Gerät zu wühlen und es nach einigen Minuten auch hervorzuziehen und einen skeptischen Blick auf das Display zu werfen. Drei Anrufe in Abwesenheit. Einmal Nicholas und zweimal Stavros. Irritiert runzelte er die Stirn. „Was wollte der denn jetzt von ihm?“, dachte er, bevor er das Ding schulterzuckend wieder in der Jacke verstaute und abermals gähnte. Der Tag war im Grunde schon sowas von gelaufen für ihn, wenn man ihn nicht wieder in eine lebensgefährdende Situation warf. Oder Cole. Dem er nun einen etwas wacheren Blick zuwarf und schließlich die Mundwinkel zu einem unscheinbaren Lächeln verzog. Er würde sich nicht mehr über dessen Sprüche lustig machen, was dessen Standhaftigkeit als Mann anging. Soviel war sicher. Cole Cole hörte die Dusche und sein Blick nahm einen Moment nicht wahr, was da vor ihm auf dem Bildschirm stand, sondern seine Gedanken wanderte zu der Person, die da nun in seinem Badezimmer war. Es war alles ein wenig anders geworden. Ziemlich anders sogar. Und auch wenn für Cole ohne Zweifel feststand, dass 'anders' nicht auch 'schlechter' hieß, war er dennoch unsicher. Er hatte keine Ahnung, was sich der andere nun von ihm erwartete, wie Antonin nun mit ihm umgehen würde. Die zentrale Frage, die ihn beschäftigte war: Wie ging es jetzt weiter? Das 'ob' war keine Frage, denn dafür hatte er gestern zu deutlich gespürt, welchen Stellenwert Antonin mittlerweile in ihm eingenommen hatte. Er musste sich eingestehen, dass die Nähe des anderen, vor der er sich so sehr gefürchtet hatte, sich als mehr als angenehm herausgestellt hatte. Der Sex, die Zärtlichkeit und besonders die Anwesenheit des anderen taten ihm ohne Frage gut. Es war ungewohnt, aber schön. Cole strich sich mit beiden Händen die Haare aus der Stirn und ließ seine Hände kurz in seinen Haaren verankert auf seinem Kopf liegen. Das war irgendwie schwieriger als einen Deal zu planen… Blöder Vergleich, Cole schalt sich dafür, doch er hatte einfach überhaupt keine Ahnung, wie er nun mit der Situation umgehen sollte und vor allem wusste er nicht, was Antonin nun von ihm erwartete. Bisher war es immer einfach gewesen. Er hatte einen Fick gehabt, ihn mehr oder weniger genossen und ging dann nach Hause, um in Ruhe allein zu schlafen. Keine Verpflichtungen, keine Bindungen. Und jetzt? Was war jetzt? Cole hatte keine Ahnung und das machte ihn wahnsinnig. Er lauschte den Schritten, die auf ihn zukamen und in ihm verspannte sich etwas, was ihn aber ärgerte. Er spürte den anderen hinter sich, wie er ihm über die Schulter schaute, doch er war nicht in der Lage, Antonin anzusehen. Als er die Worte des anderen hörte, drehte er sich endlich um und sah, wie Antonin zu seiner Jacke ging. Er sah irgendwie noch ziemlich verschlafen aus. Cole musste kurz schmunzeln. Er beobachtete ihn, wie er sein Handy kontrollierte. "Nimm dir einfach…", antwortete er endlich und überflog noch einmal die Zeitungsmeldung, die er aufgerufen hatte. Es war noch nichts vom Massaker, der letzten Nacht zu lesen. Dann klappte er den Laptop zu und stand langsam auf. Vorsichtshalber eine kühle Distanz um sich aufbauend trat er auf Antonin zu. "Ich hoffe du konntest noch schlafen..." Sein Blick glitt von dessen Gesicht auf dessen Brust. Wirklich ein wunderschöner Körper, aber da war etwas anderes, das seine Aufmerksamkeit ablenkte. "Ich hol dir noch einmal die Sachen, dann machen wir dir einen neuen Verband...", entschloss er sich und wandte sich um, seinen Verbandskasten zu holen. Unterwegs sah er, dass sein Esstisch komplett unter seinen Examensunterlagen verschwunden war. Aber jetzt war es auch schon zu spät, dagegen etwas zu tun. Sollte Antonin sich nur über sein Bemühen lustig machen... Doch würde dieser das tun? Nein, das glaubte er nicht. Cole ärgerte sich über seine negativen Gedanken, schob sie aber zu Recht auf seine Unsicherheit, hinsichtlich seines Unwissens, wie er mit der Situation umgehen sollte. Schließlich kehrte er in die Küche zurück. "Komm her und lass mich das schnell machen", meinte er, während er den Verbandskasten öffnete. Dann nahm er Antonin den alten Verband ab und versorgte die Wunde, die sich nicht entzündet zu haben schien. Schließlich hob er den Blick und sah Antonin an. Wenn man nur ansatzweise die Unsicherheit in ihm auf seinem Gesicht sehen konnte, dann würde Antonin ihn wahrscheinlich den Rest seines Lebens nicht mehr ernst nehmen können. Daher wendete er den Blick wieder ab, um den Verbandskasten wieder einzuräumen. Schließlich drehte er sich Antonin wieder zu, lehnte sich gegen die Kante der Anrichte und zögerte kurz. "Wie sieht dein Plan aus, den Tag am Strand zu verbringen und den Abend mit Schirmchen ausklingen zu lassen?" Antonin würde schon wissen, was er damit andeuten wollte. Aber ihn direkt fragen, ob er den Tag mit ihm zusammen verbrachte? Das konnte er einfach nicht. Antonin "Phö... was für ein Service", murmelte er, doch er dachte sich nichts dabei. Inzwischen sollte Cole seine Sprüche einschätzen können und im Moment gaben sie ihm einen etwas sichereren Stand in diesem ganzen Chaos, das sie beide recht erfolgreich um sie herum aufbauten. Ein wenig neben sich stehend musterte er die Schränke bevor er probeweise einen öffnete und direkt fündig wurde. Ha! Fast schon gierig sah er gleich darauf zu wie sich die Tasse mit dem schwarzen Gold füllte und Antonin konnte wirklich nicht mehr abwarten oder gar testen, ob das Ganze noch zu heiß war. Nein, er nahm schmerzverachtend ein paar große Schlucke und schloss kurz genießerisch die Augen. Dem Erfinder von Kaffee sollte man eine große Statue aufstellen, der man dann in aller Ruhe huldigen konnte. Als er leise Schritte hörte, öffnete er seine Augen wieder und sah Cole entgegen. Sich abermals nicht wirklich überrascht fühlend, als er wieder dessen übliche Aura an ihm wahrnahm. Im Gegenteil beruhigte es ihn sogar ungemein. Zwar war das allerletzte von dem er ausgegangen war eine rührselige Kuschelphase, aber so ganz sicher, was er denn tatsächlich zu erwarten hatte, war er sich eben auch nicht gewesen. So nickte er bestätigend. "Ziemlich gut sogar, danke. Ich gebe dem Kaffeegeruch die Schuld sonst wäre ich so schnell nicht von den Toten auferstanden." Er schickte ein inzwischen wieder entspanntes Lächeln hinterher und nickte abermals als Cole ihm anbot den Verband zu wechseln. "Das wäre hilfreich." So genoss er erst mal weitere Schlucke von seinem schwarzen Gold, während er dem anderen hinterher sah und schließlich ein paar Schritte in dessen Wohnung tätigte. Und sich so, ohne Schmerzen, Gelüste und im Tageslicht auch gebührend beeindruckt zeigen konnte. Absolut toller Stil, da gab es nichts zu meckern. Einen schnellen neugierigen Blick bekam auch der überladene Schreibtisch ab, doch er trat nur kurz näher heran. Er selbst konnte es überhaupt nicht leiden wenn man in seinen Unterlagen herumschnüffelte und so hielt er inne und kehrte zur Küchenzeile zurück als er glaubte juristische Dinge erkannt zu haben. Hm, ob er Cole danach fragen konnte, ohne dass jener sich irgendwie zu nahe getreten fühlte? Himmel, er hatte noch nicht wirklich eine Ahnung, wie er mit der neuen Situation umgehen sollte. Antonin wollte sein Verhalten nicht ändern und er wollte auch keine großen Änderungen an Coles Verhalten. Aber - und ja bei solchen Sätzen musste es ein aber geben - er wollte den anderen näher kennenlernen. Nicht nur dessen Körper. Nicht nur dessen Arbeitsweise. Nicht nur dessen Art sich andere Männer anzulachen. Nein, es war die Person hinter der Fassade, die ihn faszinierte und nicht das Aushängeschild, das Cole mit sich herumtrug. Als eben jenes Objekt seiner neuen Faszination wieder zu ihm trat, stellte er die Tasse beiseite und hielt still während Cole ihn versorgte. Erstaunlich still sogar, wenn er das ruhige Heben und Senken seines eigenen Brustkorbes bedachte. Und die wichtigste Zutat, die ihn eigentlich immer dazu brachte ein wenig angespannter zu sein: Coles Nähe. Sich selbst über den neuen Verband streichend als der andere damit fertig war und seine Sachen wegräumte, beschloss er für sich, dass er derjenige sein müsste, der die nächsten Schritte anging. Langsam, aber sicher. Immerhin hatte der andere Mann seine Schale für ihn geöffnet, oder etwa nicht? Solche Zeitfenster bekam man nicht oft und solche Chancen auch nicht. Er hob den Kopf wieder an und wandte seinen Blick zu Cole, als jener ihn ansprach. Runzelte die Stirn und überlegte warum ihm dieser Satz so seltsam vorkam, bevor er glaubte den Groschen fallen zu hören. Und hoffentlich, ganz furchtbar hoffentlich in die richtige Richtung. So lächelte er abermals und er bemerkte zum ersten Mal so wirklich, dass er das in letzter Zeit recht häufig tat. Meistens in Gegenwart von Cole. Nein, eigentlich sogar immer in Gegenwart von Cole. "Richtig genial wären zu den Schirmchen noch diese komischen Glitzerdinger, die wohl von oben wie ein Stern aussehen sollen", begann er schließlich deutlich munterer geworden. "Wobei…", er wechselte zu einem frechen Grinsen, "es kommt wohl ganz auf deine Badehose an, welcher Anblick mich dann mehr faszinieren könnte." Mal wieder seine unvergleichliche Art das Gewässer vor sich zu testen. Zurückrudern konnte man in den meisten Fällen immernoch. "Aber ich müsste mal telefonieren und zu meiner Wohnung. Zwar habe ich kein Fellknäul zu versorgen, von dem ich übrigens denke, dass er mich nicht mag, aber meine eigenen Klamotten passen mir eigentlich recht gut. Nicht dass ich nicht dankbar für deine Leihgaben wäre…" Er zwinkerte und seine Laune stieg beträchtlich. Zum einen weil er gerade Ausblick auf einen Tag mit Cole erhalten hatte und zum anderen weil ihm ein Tag Ruhe wirklich nicht schaden könnte. Wohl ihnen beiden nicht. Cole Erleichtert registrierte er die Reaktion des anderen. Und er war zufrieden mit seinem Kompromiss, den er für sie beide gefunden hatte. Noch einen Tag würden sie genießen, dass sie von allen Verpflichtungen entbunden waren. Einen Tag würde Cole sich gönnen, an dem er nicht jener Teil von sich sein musste, den er in der Szene repräsentierte. Einen Tag würde er nur ihnen beiden widmen, auskostend, wie es war, wenn man vollkommen frei war. Warum er diesen Tag wollte? Er wusste es nicht genau. Es war ihm gekommen, als er nach dem Zeitungsbericht gesehen hatte, und gemerkt hatte, dass er eigentlich gar nichts wissen wollte, was das betraf, dass er eigentlich noch seine Ruhe brauchte. Ein wenig allein sein, in Gesellschaft des Mannes, der es geschafft hatte einen Fuß in die Panzertür zu seinem Inneren zu schieben. Und nun würde er ihnen beiden einen Tag gönnen, an dem Cole ein wenig verinnerlichen konnte, was er erst am Abend zuvor, erkannt hatte. Er würde einen Tag investieren, um sich begreiflich zu machen, dass Antonin ihm nahe stand. Dann würde er vielleicht seine Unsicherheit verlieren und souveräner mit der Situation umgehen können. Cole lächelte Antonin dankbar an. "Ich denke das mit den 'Sternen' könnten wir hinbekommen, wobei ich immer gedacht habe, sie stellen Palmen dar..." Er blickte kritisch. "Oder ein Feuerwerk..." Ein Schmunzeln legte sich um seine Lippen, als er die fast schon kindliche Freude des anderen sah. "Wieso in Badehose? Wer sagt dir, dass ich eine anziehe?" Sein Schmunzeln wurde zu einem Grinsen. Ja, heute würde er sich noch einmal ein wenig entspannen können. Der Alltag würde ihn morgen früh genug einholen. "Und was deine Klamotten betrifft", er blickte an Antonin hinab. "Stehen dir deine eigenen wirklich besser. Wobei ich dich ohne Klamotten eigentlich... lassen wir das." Cole begann seine Küche aufzuräumen, etwas, das er immer machte. Es kam schon vor, dass er im Wohnzimmer oder auf seinem Tisch Chaos hinterließ, nicht aber in der Küche. "Ich muss eh noch meinen Wagen am Hafen holen", sprach er weiter und seine kühle Sicherheit nahm wieder Platz in seinem Gesicht ein. Er würde heute wohl häufiger schwanken. "Am besten setzt du mich da ab und fährst nach Hause und dort hole ich dich später ab. Ich muss auch noch kurz etwas erledigen." Er schloss den Kühlschrank, nachdem er den Orangensaft hineingestellt hatte. Das Tablett vom Bett hatte er vorhin einfach nur auf die Anrichte gestellt gehabt. "Und was Corleone betrifft", er blickte zu dem Sofa, auf dem der Kater schlief. "Er kennt Besucher so gut wie gar nicht. Zudem ist er noch eine recht scheue Katze, die einige Zeit gebraucht hat, um sich an mich zu gewöhnen. Ich vermute, dass er keine gute Erfahrung mit Menschen gemacht hat. Er hat auch eine ziemlich krasse Narbe am Rücken. Wahrscheinlich habe ich ihn deshalb haben wollen." Er lächelte kurz. "Außer mir und der Nachbarin, die hin und wieder aushelfen muss, lässt er eigentlich keinen an sich heran. Also kannst du dich eigentlich glücklich schätzen, dass er nicht unter dem Bett verschwunden ist und dich zumindest toleriert..." Cole, der noch immer nur die Short anhatte, ging ins Schlafzimmer und suchte er sich seine Badehose aus dem Schrank. Kurzerhand zog er die Short aus, die Badehose an und griff dann zu einer knielangen beigen Hose und einem kurzärmligen dunkelroten Hemd, das er überzog, ohne es vorne zuzuknöpfen. Die Hose rutschte ihm so tief über die Taille, dass der Kopf seiner Drachentätowierung aus der Hose spitzte. Dann packte er sich noch Klamotten ein, die er anziehen könnte, wenn es abends kühler sein würde, und noch einiges andere Zeug, das er am Strand brauchen könnte. Schließlich ging er ins Wohnzimmer und griff zu einem Buch, das dort aufgeschlagen lag, um es auch noch in seine Tasche zu legen. Antonin "Feuerwerk, Palmen oder Sterne.. du weißt was ich meine", winkte er grinsend ab und ließ seinen Blick dann bewundernd über den Körper des anderen gleiten, durch dessen Worte gleich wieder ein wenig aufmerksamer für sowas werdend. Doch im Grunde wollte er erstmal hier raus und es sich einen Tag gut gehen lassen. Aber nach Coles Worte, was die Katze betraf, wartete er noch bis jener in seinem Schlafzimmer verschwunden war und näherte sich dann der Couch vorsichtig, um sich das Tier ein wenig genauer, jedoch noch aus guter Sicherheitsentfernung anzusehen. "Na du Fellbüschel?", murmelte er und sah den feinen Ohren dabei zu wie sie nervös zuckten. "Keine Sorge, wenn ich für irgendwas Verständnis habe, dann für darauf beruhendes Misstrauen", fuhr er fort, nur um sich dann blöd vorzukommen. War Cole ihm kein guter Gesprächspartner oder warum ging er dazu über mit einem kleinen, vierbeinigem Wesen zu sprechen? Kopfschüttelnd ging er ebenfalls in das Schlafzimmer und griff sich das Hemd, das Cole ihm gestern bereit gelegt hatte. Ein Zuknöpfen gab er bald auf, dafür waren ihre Schultern zu unterschiedlich. Aber das machte auch nichts, er wollte sich ja so schließlich nicht der Öffentlichkeit zeigen. Als Cole mit allem fertig war, griff er sich noch seine Jacke und wenig später konnte er den anderen am Hafen aussteigen lassen und zu sich nach Hause fahren. Wo er auch erstmal den wichtigsten Anruf tätigte, nämlich den bei Nicholas. In groben Zügen beschrieb er ihre Vorgehensweise und wo sie vom Plan abgewichen war. Auch seine Wunde beschrieb er nach einigem Nachbohren und musste mehr als einmal bestätigen, dass es ihm gut ging und er nicht wieder untertrieb. Nein, er würde heute nicht vorbeikommen, dafür aber morgen. Irgendwann gab Nicholas sich scheinbar geschlagen und versprach ihm aber noch, Antonin morgen durch die Mangel zu drehen, wenn jener doch untertrieben hätte. Ts, soviel zu dem vielgelobten Schüler-Lehrer Verhältnis. Kopfschüttelnd schlüpfte er aus Coles Kleidungsstücken und musste seine Badehose erst einmal eine ganze Weile suchen bevor er sie schlussendlich aus den Tiefen seines Schrankes zog. Wann war er eigentlich das letzte Mal an einem Strand gewesen? Vermutlich irgendwann vor Russland. Oder? Schwer vor sich hin grübelnd griff er nach einer seiner Trainingstaschen und begann sie mit allerlei Zeugs zu füllen. Großen und kleineren Handtüchern, Haut- und Sonnencreme, seinem Gameboy DS mit zusätzlichen Batterien, seinem MP3-Player und einem der Bücher eines Chemieprofessoren, das er endlich einmal lesen wollte. Kurz und gut, er war vermutlich für mehrere Tage gewappnet, aber wenn er irgendwas nicht leiden konnte, dann war das Langeweile. Nicht dass er befürchtete, dass jene aufkommen könnte, aber sicher war sicher. Dann folgte er Coles Beispiel und legte noch eine schwarze Stoffhose sowie ein weißes Hemd mit bis zu den Ellenbogen reichenden Ärmeln dazu. Eine Neuanschaffung, die er sich inzwischen auch zutraute. Seit gestern würde er sich, was das betraf, überhaupt mehr zutrauten. Seltsam und nicht näher erklärbar… aber so war es eben. Cole Wie besprochen fuhr Antonin ihn zu seinem Auto. Cole steuerte das Lady-Dream an. Und schon auf dem Weg dorthin merkte er, wie er sich wieder veränderte, wie er ohne Antonins Anwesenheit hart, kühl wurde. Bevor er hineinging knöpfte er sein Hemd zu. Man würde ihn ohnehin schon wegen der kurzen Hosen schief ansehen, aber das war ihm egal. Im Club besprach er sich kurz mit JJ, der am Abend vorher den Laden überwacht hatte. Es muss wohl ruhig gewesen sein, was für einen Tag unter der Woche nicht ungewöhnlich war. Zu Coles Freude war auch Ragnar da, mit dem er in seinem 'Arbeitszimmer' verschwand und ihm kurz skizzierte, was er und Antonin getan hatten. Jener war wirklich erstaunt. Als er jedoch nachfragte, blockte Cole ab. Er hatte heute keine Lust darüber weiter zu reden. "Morgen", sagte er bestimmt. "Morgen erzähle ich dir mehr. Heute brauche ich meine Ruhe." Ragnar sah ihn überrascht an. Dass er diesen Satz einmal aus Coles Mund hören würde, schien ihn sichtlich zu überrumpeln, doch Cole überging das. "Ruf mich an, wenn es etwas dringendes gibt. Ansonsten komm ich morgen wie gewohnt." Ja, wie gewohnt würde er dann wiederkommen, wie gewohnt würde er jener Mann sein, der in diesem Stadtteil das Sagen hatte. Seltsam irgendwie... Cole fuhr in den nächsten Supermarkt und kaufte eine Melone und etwas zu trinken. Dann machte er sich auf den Weg zu Antonin, rief ihn von unterwegs an und fragte, ob er gleich runterkommen könnte. Nachdem er ihn eingesammelt hatte, fiel es ihm extrem schwer, die Kühle wieder anzulegen. Er fuhr zu einem kleinen eher abgelegen Strand, zu dem sie ein wenig laufen mussten. Dafür war keine Menschenseele da. Antonins gute Laune schaffte es schließlich, dass er sich auch wieder entspannen konnte und so verbrachten sie den Tag mit sich sonnen, schlafen, sich unterhalten, Melone essen und lesen. Sie sprachen über dies und das, vermieden es über ihren Job von gestern zu reden und immer wenn Antonin Fragen stellte, die ihm ein wenig zu nahe gingen, wich er aus, beruhigt feststellend, dass jener das zu akzeptieren schien. Sie waren sich zwar nahe, aber deswegen konnte Cole nicht gänzlich aus seiner Haut. Auch wenn er sehr entspannt war, so entspannt, dass sie schließlich auch wieder körperlich näherten, dass sie sich küssten, sich Zärtlichkeit austauschten, bis sie schließlich die Finger nicht gänzlich voneinander lassen konnten und miteinander schliefen, sich gegenseitig befriedigend. Antonin Schließlich alles vorbereitet wissend, griff er sich noch seine Sonnenbrille und wählte dann Stavros Telefonnummer. "Heute ist mein freier Tag und ich hoffe du hast einen guten Grund um mich zu stören", begrüßte er seinen Tester und lauschte dann dessen Worten mit immer größer werdendem Erstaunen. Natürlich wusste er, dass Stavros gerade für die Russische… nun nennen wir es einmal ‚Gemeinde‘ ein offenes Ohr in alle Richtungen hielt. Wenn man etwas wissen wollte, dann ging man zu ihm. Oder vielmehr zu dessen Hure, die eigentlich das Hirn des Duos war, etwas, das nur wenige wussten, aber ihm selbst schon seit ihrer ersten Begegnung klar gewesen war. Clarissa war keine schöne Frau, aber sie hatte Köpfchen und eine Kaltblütigkeit, die selbst ihn hin und wieder erstaunte. "Hör mal Stavros, ich vertraue dir ein Stück weit aber ich hoffe sehr, dass du dem Kerl nicht mehr Informationen gegeben hast?", hinterfragte er schließlich und lehnte sich stirnrunzelnd an den Türstock zu seiner Küche. "Hm, aber dann wäre ich der falsche Ansprechpartner für ihn", gab er zu bedenken und brummte kurz danach unwillig. "Hör mal, ich kann mich schlecht für jemanden verbürgen, den ich nicht kenne. Wenn er irgendwo einsteigen will, weil er Geld braucht, dann sollte er in der Lage sein, seine eigenen Kontakte zu knüpfen. Was habe ich damit zu tun?" Abermals redete Stavros mit Engelszungen auf ihn ein und Antonin seufzte tief. Und da behaupteten manche Leute, er wäre so ein harter Knochen... "Naja, ich kann ja mal anfragen, aber mein Metier ist das eigentlich nicht. Wie heißt der Typ eigentlich? ... Was ist Gawain denn für ein Name? ... Deutsch? Da hat er dich aber saftig verarscht mein Freund. Aber wen juckt‘s? Mich nicht. Ich werde das hinterfragen und dir dann Bescheid geben. Vielleicht wird ihm ja ein Treffen gewährt, wenn du dir sooo sicher bist, dass er sauber ist. Ja.. kein Problem. Mach‘s gut." Ein wenig irritiert blickte er noch auf sein Handy bevor er es schließlich ebenfalls in der Reisetasche verstaute. Genau wie zwei Flaschen Wasser und als Cole ihn anrief und bat, nach unten zu kommen, war er gerade mit allem fertig geworden und trug ebenfalls knielange, jedoch schwarze Hosen und ein hellblaues T-Shirt. Scheiß auf die Narben, Antonin. Scheiß einfach drauf - sprach er sich selbst Mut zu und fand sich bald darauf in Coles Wagen wieder, wo er ihn endlich einmal mit dem Drachentattoo aufziehen konnte. Nicht dass er es nicht schön fand, aber ein Panther hätte besser gepasst. Damit läutete er auch einen ziemlich entspannten Tag an dem etwas abgelegen liegenden Strand ein. Auch wenn Cole ihm manchmal ein wenig auf Fragen auszuweichen schien, störte ihn das momentan überhaupt nicht. Er hatte Zeit und momentan wieder jede Menge Geduld. Tatsächlich war es ihm, als wäre sein stark gesunkener Pegel über Nacht wie von Zauberhand wieder aufgefüllt und erhöht worden. Etwas, das dann auch in weiteren Zärtlichkeit und Sex resultierte und ihn sich selbst loben ließ, als er erschöpft aber vollkommen zufrieden mit sich und der Welt auf seinem Handtuch lag und dem Rauschen der Wellen zuhörte. So konnte man es sich wirklich gut gehen lassen. Kapitel 40: Über Wege, Irrgärten und Geduld ------------------------------------------- Cole Abends fuhren sie wieder in Richtung Stadt. Cole hatte vorgeschlagen, dass sie essen gehen könnten und steuerte seinen Lieblingsitaliener an, bei dem sie schließlich mit einem Glas Wein saßen und etwas aßen. Cole hatte recht viel Hunger, schob jedoch bereits nach dem halben Teller, diesen von sich. Er griff zum Weinglas und blickte nachdenklich in das dunkle Rot des Weines. "Du weißt, dass es morgen wieder anders sein wird...", meinte er dann ruhig und sah Antonin an. "Ein Tag wie heute wird sich nicht so bald wiederholen lassen." So, wie Antonin ihm am vergangenen Abend bewusst gemacht hatte, dass er am nächsten Tag noch da sein würde, so wollte er nun für sich geklärt wissen, dass es nicht jeden Tag so sein würde, wie an diesem. Antonin Als sie dann doch aufbrachen hatte er sich in die mitgebrachten Kleidungsstücke geworfen und stürzte sich wie ein ausgehungerter Wolf auf seine Lasagne und den gemischten Salat, bevor er sich gesättigt in seinem Stuhl zurücklehnte und einen zufriedenen Seufzer ausstieß. Ein bisher absolut perfekter Tag in jeder Hinsicht. Aber weiße Bilder brauchten wohl schwarze Farbnuancen und so sah er von der Karte auf, noch mit sich selbst hadernd, ob da noch Nachtisch Platz hatte, als er Coles Fragen, nein vielmehr Feststellungen hörte. Und damit kehrte seine eigene Unsicherheit zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt zurück. Aber das ließ sich jetzt nicht ändern und darum würde er wohl lernen müssen damit umzugehen. Warum auch immer das so schwer war. Sie waren doch nicht die ersten Menschen auf dem Planeten, die sich ein wenig näher kamen, oder? Antonin stellte einen Ellenbogen auf dem Tisch auf und legte sein Kinn in der offenen Handfläche ab, Cole ruhig musternd. "Ich habe nicht vergessen, wer du bist, oder vielmehr, was du darstellst", erwiderte er nach einer Weile mit ebenfalls ruhig gewordener Stimme. "Ehrlich gesagt habe ich nicht einmal eine Ahnung, was das hier eigentlich gerade ist oder worauf das hinausläuft. Aber ich bin gewillt diesem Weg zu folgen... zu sehen, wo er hinführt", erklärte er und wusste, dass er sich damit schon wieder in unruhigere Gewässer komplimentierte. Solange etwas nicht angesprochen wurde, schien Cole ganz gut mit Dingen umgehen zu können. Aber Antonin hatte nicht vor nur der bereit stehende Kerl für die Befriedigung des anderen zu sein. Er wollte dem anderen das auch gar nicht unterstellen, aber um das wirklich ausschließen zu können, kannten sie sich gegenseitig viel zu wenig. Wobei es ihm noch weniger recht wäre, wenn das ein anderer als Antonin 'übernehmen' würde. Argh... warum war das jetzt schon wieder so kompliziert, wo der Tag bisher so gut verlaufen war? "Ich denke recht gut erkennen zu können wann dieser Weg überhaupt da ist und wann nicht, um einmal in Metaphern weiter zu sprechen", setzte er noch nach. "Und ich weiß, dass er im normalen Alltag nicht da ist." Cole Was er darstelle? Cole dachte einen Moment über diesen Satz nach. Ja, letztlich stellte er etwas dar. Aber es war ein Teil von ihm, keine Maske, die er aufsetzte. Die Aura, die er aufzog, war reiner Selbstschutz. Aber die Kühle, die Distanz, die Ernsthaftigkeit, die Risikofreude und auch seine provokante Art, das waren alles Teile, die zwar nicht in diesen Tag hineinpassten, die aber dennoch seinen Charakter ausmachten. Ein Charakter, der sicher in gewisser Weise von seinem Leben geprägt war. Aber in seinen Grundfesten seit seiner Geburt in ihm verankert waren. Ob Antonin das akzeptieren würde? Er war nun einmal nicht der quirlige Typ mit einem everybodys-darling-Lächeln. Aber das war nichts, worüber man sich unterhalten musste. Das war etwas, was man austesten musste. Und auch wenn Antonin es schaffte, ihm seine Mauern immer wieder einzureißen, so würde er ihn nicht in allem ändern können, was ihn ausmachte. Beruhigt stellte er fest, dass Antonin offenbar selbst nicht ganz sicher war, wie er mit der gestrigen Nacht und dem heutigen Tag umgehen sollte. Aber offenbar gab es für Antonin ein 'Ziel', er ging davon aus, dass etwas 'weiterging'. Cole beunruhigte dieser Gedanke mehr, als ihm recht war. Er wusste, dass Antonin es nicht einengend meinte, dass er damit keinerlei Forderungen an ihn formulierte, und dennoch hatte er sofort das Gefühl, sich verpflichtet zu haben, etwas angefangen zu haben, was ihn einengte. Coles Miene verdüsterte sich einen Moment. Antonin wollte sehen, wohin es führte. Ein Weg, dem er folgen wollte. Aber würde er diesem Weg folgen können? Hatte er den Weg überhaupt schon gefunden? Er selbst sah momentan eigentlich keinen Weg. Er wusste im Moment nur, dass jemand neben ihm stand, in einem Labyrinth, im Nebel, im Dschungel. Er stand in einem Chaos, orientierungslos aber zumindest mit dem Wissen, dass er nicht alleine dastand. Und zum Glück schien Antonin das teilweise auch so zu sehen, denn er erklärte ihm nun, dass dieser Weg, von dem er sprach, und bei dem Cole Angst hatte, ihm nicht immer folgen zu können, im Alltag nicht da war. Aber das gefiel ihm auch nicht so ganz. Denn wie oft würde er aus seinem Alltag ausbrechen können? Wie oft würde er solche Tage, wie diesen hier verbringen? Und würde Antonin damit zufrieden sein, was er ihm bieten konnte... Cole trank einen Schluck Wein, dann blickte er den anderen an. "Ich kann dir nichts versprechen", murmelte er und senkte kurz den Blick. "Ich befinde mich in einem Chaos, in einem Irrgarten und ich mag es eigentlich nicht, wenn ich orientierungslos bin, denn es macht mich verletzbar." Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. "Einen Weg sehe ich noch nicht, aber das bedeutet nicht, dass es ihn nicht gibt, versteh mich nicht falsch." Cole blickte auf. Er wollte nicht, dass Antonin das Gefühl hatte, dass er ihn wieder loswerden wollte oder etwas in der Art. "Ich weiß, dass ich in dem Chaos nicht alleine dastehe und das beruhigt mich." Er lächelte matt. "Ich kann nicht abschätzen, ob ich deine Erwartungen erfüllen kann, weiß nicht, welche Erwartungen du überhaupt an mich stellst. Ich fürchte, ich werde dich nicht selten mehr oder weniger bewusst vor den Kopf stoßen und dann trau dich ruhig zurückzustoßen. Was ich sagen will ist, dass ich nicht abgeneigt bin, einen Weg zu finden, aber ich kann dir nicht versprechen, dass wir geradlinig darauf zusteuern, ich glaube vielmehr, dass wir wohl einige Umwege in Kauf nehmen müssen, dass wir vielleicht auf hin und wieder ein Stück weit umkehren müssen." Seine Augen ruhten in denen des anderen. Er hatte zumindest eines geschafft, sein bisher einziges und oberstes Ziel zu verfolgen, was diese Sache anbelangt: Er wollte versuchen immer ehrlich zu Antonin zu sein. Es war ein wichtiges Ziel, das einzige in seinen Augen, dass bewirken konnte, dass es überhaupt jemals einen Weg geben wird. Antonin Antonin bekam das Gefühl plötzlich kein Fan mehr von Wahrheiten zu sein. Etwas, das auch für kleine Gesten wie wegblicken, schwache Lächeln und durchdringende Blicke galt. Er ahnte jetzt schon, dass er seine gelassene Fassade nicht lange aufrechterhalten können würde, wenn das so weiterging, und daher zog er seinen Ellenbogen wieder vom Tisch und griff zu seinem eigenen, bisher unberührten Weinglas und nahm probeweise einen Schluck. Für ihn waren die meisten Weine nur Essig, zu dem der entsprechende Salat fehlte, aber gerade gab es ihm etwas zu tun, um seine Gedanken zu sammeln. Gerade wenn ihm ein sehr irrationaler und auch ein wenig ängstlicher Teil in ihm danach schrie, dass nun der beste Zeitpunkt für einen Tobsuchtsanfall gekommen sei. Was natürlich kompletter Blödsinn war, für den es keinen logischen Grund gab. Außer eben, dass er es gerade tun wollte. Der Blick seiner gräulichen Augen huschte von seinem Weinglas zu dem halb leergegessenen Teller von Cole, bevor er abermals zum Gesicht des anderen wanderte. Der Kerl sah noch nicht einmal einen Weg? Was genau sah Cole denn dann? Einen Irrgarten? Wollte er ihn verarschen?! Antonin wusste, dass man ihm sein tiefes Durchatmen ansah, aber gerade war das egal. Gerade fand er nicht, dass er ein Guard war, der immer super cool wirken musste. Im Grunde hatte schließlich niemand immer jede Situation im Griff und gerade entglitt ihm eben diese hier. Und was hieß, dass Cole nicht wusste, ob er Antonins Erwartungen erfüllen konnte. Himmel, er hatte doch selbst keine Ahnung was seine Erwartungen überhaupt waren. Ob er überhaupt welche besaß, wenn man davon absah, dass er Cole häufiger lächeln sehen wollte, dass er weiterhin in Coles Leben Bestand haben wollte, das er noch viel mehr von Cole erfahren wollte. Waren das vielleicht schon zu hohe Erwartungen? War das schon zuviel… ja was? Nähe? Vertrauen? Klang das schon zu sehr nach Beziehung? Und war nicht gerade Beziehung das Wort, um das sie herumtanzten? Antonin runzelte die Stirn und nahm einen weiteren Schluck. Er hatte Cole gerade die Zeit zum Antworten gelassen, also würde dieser sie ihm auch lassen. Wo andere sich vielleicht mit Freuden ins Unbekannte stürzten, da waren sie eben zwei Männer, die so viel mehr zu bedenken hatten. Cole noch vielmehr als er selbst. Und das böse Wort hierbei wäre wohl: Gefühle. Schlussendlich ging es um Gefühle. Und genau jene machten verwundbar… schwach... angreifbar. Daher war das wohl ebenfalls ein Tabuwort. Gab es hier denn überhaupt noch Wörter, die nicht tabu waren?! "Ich bin gar nicht in der Position, um Erwartungen besitzen zu können", rang er sich schließlich doch zu einer Antwort durch und wandte den Blick vom Weinglas wieder zu Cole. Wenn er den anderen nicht doch noch vergraulen wollte, müsste er seine eigenen Gedanken dazu wohl eine Weile zurückstellen. Noch kam Antonin das ganze viel zu wacklig und unbeständig vor, um auf etwas anderes aufbauen zu können. Und was hatte sich im Endeffekt schon geändert? Sie hatten sich mehr oder weniger gegenseitig das Leben gerettet. Nichts Neues. Sie hatten miteinander geschlafen. Etwas, das Cole nicht wirklich als etwas Großartiges zählen lassen konnte. Dafür wechselten seine Bettgeschichten zu häufig. Das einzige Neue war wohl der zweite Sex und dass Antonin aus irgendwelchen Gründen noch hier sitzen 'durfte'. "Aber da ich auch nur ein Mensch bin, gibt es natürlich ein paar Dinge, die ich für mich geklärt haben will", fuhr er fort. Langsam und nachdenklich sprechend. Es war ja schließlich nicht so, als würde er täglich über Gefühle dieser Art sprechen, als hätte er täglich mit solchen Situationen zu tun. Das letzte Mal, als er überhaupt in einer ansatzweise ähnlichen Situation gewesen war, war, als er noch auf die weiterführende Schule ging. Und damals war es ein Mädchen, von dem er in seinem jugendlichen Leichtsinn dachte, einmal sein Leben mit ihr verbringen zu wollen. Bevor die dämlichen Arschlöcher ihn weggeholt und nach Russland verfrachtet hatten. "Wenn ich merke, dass sich das rein auf Sex zu reduzieren scheint, dann bin ich weg. Egal ob vorwärts, rückwärts oder im Kreis gehend." Er gönnte sich einen weiteren Schluck, verzog den Mund und stellte das Glas schließlich weg. "Ich weiß nicht genau, wie ich den Rest beschreiben soll, ohne dass du es in den falschen Hals bekommst, aber ich gehe davon aus, vor den Kopf gestoßen zu werden. Das passiert nun mal wenn so viel zusammenkommt, dass es im Chaos resultiert. Und damit werde ich wohl lernen müssen umzugehen. Etwas, das ich gewillt bin zu tun." Er nickte kurz, um das zu unterstreichen. "Aber wenn du mich 'mehr bewusst' tatsächlich verletzt, dann kann ich meine eigene Reaktion darauf nicht abschätzen. Und zu guter Letzt möchte ich weder dabei sein, noch davon wissen, wenn dich der Drang packt dir irgendwo an irgendwem Befriedigung zu holen. Und nein, ich habe auch hier nicht vor eine klare Linie zu ziehen, aber ich möchte es nicht mehr erfahren." Kurz schwieg er und fasste seine letzten Gedanken schließlich auch in Worte. Seine Augen waren tatsächlich mit jener Verunsicherung gefüllt, von der er selbst sie nur zu deutlich spürte. Aber das war nichts, das er jetzt verstecken wollte. War es nicht in Ordnung in solchen Situationen verunsichert zu sein? "Ansonsten liegt es an dir, Cole. Wenn du da wirklich gar keinen Weg siehst, dann wird sich auch nichts ändern. Dann werde ich euch weiterhin beliefern und dir weiterhin in bestimmten Situationen helfen. Dann wissen wir zwar, dass es mal einen Tag lang anders war, aber sonst ist nichts passiert. Oder aber man findet für sich selbst eine Möglichkeit, diesen Trott mit dem aufzuhellen, was wir heute genossen haben. Meine Wohnungstür steht dir immer offen und du hast ein Handy mit einer Nummer, die du wählen kannst, wann immer dir danach ist. Es braucht keine übertriebene Hektik, um etwas Neues zu probieren… es braucht Geduld." Oh.. die Dinge, die er bereit war einzugestehen und zu tun… Antonin konnte sich selbst nicht glauben. Nicht mehr Freiraum, Zugeständnisse konnte man eigentlich kaum mehr aufbringen. Vor allem wenn man das mit dem Sex bedachte. Aber es war ihm lieber so. Denn wenn er es wüsste, oder noch schlimmer dabei wäre - wie im ersten Club in dem sie waren - dann konnte er seine eigene Reaktion darauf nicht abschätzen. Aber er wusste, dass es keine gute sein würde. Und dieses neue Wissen machte ihm zum ersten Mal bewusst, dass da von seiner Seite aus wirkliche Gefühle da waren, dass es da mehr gab, um so unendlich viel mehr als ein 'dann schauen wir mal wo wir landen'. Und wenn er ganz ehrlich zu sich selbst wäre, dann müsste er zugeben, sehr wohl eine große Erwartung zu besitzen. Eine, die er wohl nicht aussprechen könnte oder dürfte, und damit war es auch etwas, das sich ihm früher oder später ins eigene Fleisch schneiden würde. Eine Monopolstellung in Coles Leben. Und ehrlich... noch utopischer ging es kaum noch, oder? Cole Antonin durfte keine Erwartungen stellen? Irgendwie beruhigte ihn dieser Satz. Aber hatte man nicht automatisch Erwartungen, wenn man sich auf einen anderen Menschen einließ, wenn man offenbar gewillt war, mehr als nur Sex zu haben? Und selbst wenn man Sex hatte, hatte man auch seine Erwartungen. Welche Erwartungen hatte er selbst eigentlich? Dieser Gedanke ließ ihn die Stirn runzeln. Ja, welche Erwartungen hatte er selbst? Zu aller erst einmal wollte er, dass Antonin da war, dass er bei ihm war. Das wusste er schon seit der Situation gestern bei Klinger. Und das war das, woran er festmachte, dass es sicher irgendwo einen Weg gab, den er einfach nur deshalb nicht sehen konnte, weil er noch nie solche Wege gegangen war. Er hatte sich noch nie in seinem Leben auf einen Menschen wirklich eingelassen. Und so sehr er auch wusste, dass Antonin ein solcher Mensch für ihn werden könnte, so sehr ängstigte ihn aber die Vorstellung, sich diesbezüglich fallen zu lassen. Und es war doch eine Art 'sich fallen lassen', wenn man mit jemanden eine 'Beziehung' hätte, oder? Cole spürte, dass ihn das alles etwas überforderte und er bereute insgeheim, dass er das Thema überhaupt angeschnitten hatte. Cole blickte auf, als Antonin ihm klar machte, dass er keine Fickbeziehung haben wollte. Etwas, worüber Cole noch gar nicht nachgedacht hatte. Der Sex mit Antonin war ungewohnt intensiv und unglaublich entspannend. Aber er konnte für sich mit Bestimmtheit sagen, dass er mehr von Antonin brauchte, als nur Sex. Er brauchte seine Anwesenheit, um zur Ruhe zu kommen, um einfach einmal entspannt sein zu können. Ob Antonin dies meinte? Seine Augen ruhten in den blaugrauen und das Zugeständnis des anderen, dass er gerade aus Antonins Mund hörte, nämlich dass jener gewillt wäre, damit zurecht zu kommen, dass es schwieriger werden wird. Cole war ein wenig irritiert. Konnte es sein, dass Antonin wirklich an dem hier hing? Dass er an ihm hing? Dass er das, was sie nun seit etwa 18 Stunden erlebten, nicht aufgeben wollte? Und wieder wusste Cole nicht, ob er sich darüber freuen sollte, oder ob ihm dieser Gedanke die Luft abschnürte. Und schließlich forderte Antonin, dass er es nicht wollen würde, wenn er mitbekäme, dass er sich seine Befriedigung auch andernorts holen würde. Im Moment füllte ihn der Sex mit Antonin mehr als aus, er war besonders, aber würde er deswegen sein Sexleben ändern? Cole schob diese Frage zur Seite. Das würde er nicht hier und jetzt wissen können. Und dann stellte ihm Antonin eine Art Ultimatum. Und gleichzeitig erklärte er ihm, was es bedeuten würde, sich wirklich auf all das einzulassen: er hätte jemanden an seiner Seite, auf den er sich verlassen konnte, der immer für ihn da wäre, zu dem er immer kommen könnte. Cole dachte darüber nach und musste feststellen, dass es genau das war, was er wollte. Es war etwas, was er noch nie in seinem Leben gebraucht hatte, aber nun hatte er davon gekostet, nicht mehr allein zu sein und der Geschmack war süß gewesen. Es hatte ihm gut getan, nicht alleine eingeschlafen zu sein. Und es war auch ein schönes Gefühl, nicht alleine aufzuwachen. Und eigentlich, wenn er sich das alles rech überlegte kam ihm Antonin doch recht entgegen mit dem was er sagte, oder? Er forderte, dass er keine reine Fickbeziehung wollte, was Cole ohnehin ausschloss, denn für ihn war das wichtige die Anwesenheit des anderen, auch wenn der Sex eine fantastische Ergänzung war. Er forderte von ihm, ihn nicht bewusst zu verletzen, was er konkret an seinem Sexleben festmachte. Antonin wollte nicht zusehen müssen, wenn er etwas mit einem anderen hätte. Eine Sache, die man unter Umständen begreifen konnte. Zumindest ließ er ihm die Freiheit dennoch Sex zu haben, wenn er es brauchte. Antonin wollte es ja nur nicht mitbekommen müssen. Er forderte, dass Cole sich entschied, ob er einen 'Weg' sehen wollte oder nicht. Nun das war ein Punkt, der 'Geduld' brauchte, wie Antonin es richtig formulierte. Und Cole ahnte, dass Antonin bei ihm wohl etwas mehr Geduld brauchen würde. Und dann gestand Antonin ihm noch ein, immer für ihn da zu sein, damit man ein paar Stunden so sein konnte, wie sie es heute genossen haben. Nun es käme auf einen Versuch drauf an, oder? "Ich habe gesagt, dass ich noch keinen Weg sehe, was aber nicht daran liegt, dass dieser Weg nicht schon längst direkt vor mir liegt. Ich kenne diesen Weg nur einfach nicht, und daher erkenne ich ihn nicht. Es…" Er seufzte tief und fuhr sich mit seiner Hand durchs Haar. Warum verdammte Scheiße war das so schwer? "Es ist nur schwierig, etwas zu sehen, was man noch nie gesehen hat." In Zukunft würde er solche Gespräche vermeiden, das stand für Cole nun fest. Dieses Gespräch war zu kompliziert. "Ich kann nur eine Sache mit Bestimmtheit sagen. Ich hatte gestern eine mir völlig unbekannte Angst, dass ich dich verloren habe, die ich nie wieder in meinem Leben spüren möchte. Und in diesem Moment ist mir bewusst geworden, dass ich dir nahe sein möchte, dass ich dich bei mir wissen möchte. Und das ist das einzige, was ich dir mit Sicherheit sagen kann. Für alles weitere brauchen wir wie du treffend gesagt hast einfach Geduld. Ich kann und will jetzt nichts sagen, von dem ich keine Ahnung habe, worüber ich selbst nichts weiß." Er blickte Antonin ruhig an. "Wenn der Weg bedeutet, dass du an meiner Seite bist, dass du mir diese Ruhe gibst, die ich gestern Nacht und heute genießen konnte, dann möchte ich den Weg gerne finden und gehen. Aber ich kann dir eben nicht versprechen, dass es einfach wird. Das ist alles." Die Worte "Dann bin ich weg", die Antonin im Zusammenhang mit der Fickbeziehung verwendet hatte, hatten in ihm das Bedürfnis geweckt, noch einen Schritt auf Antonin zugehen zu müssen. Nun, das hatte er in seinen Augen eben getan, in dem er sich ein wenig mehr entkleidet hatte, als er eigentlich wollte. Mehr konnte er nicht zu diesem Thema sagen, außer dass er bereit war, es zu versuchen. Mehr konnte er einfach nicht sagen. Antonin Wenn X, dann Y? Wenn er Ruhepol spielte, dann wäre es in Ordnung einen Weg für sie zu finden? Aber immerhin gab Cole zu, so etwas noch niemals zuvor überhaupt mal versucht zu haben. Und wenn Coles Gefühl des Verlustes auch nur ansatzweise an seine eigenen herankamen, als sich vor ein paar Tagen die Tür in seiner Wohnung schloss, dann konnte Antonin das gut nachvollziehen. Sehr gut sogar. Er setzte ein leicht schiefes Lächeln auf und nickte schließlich. "Ich habe keine Versprechen erwartet, da ich selbst ja ebenfalls kaum welche geben kann. Du weißt doch... Auge um Auge, Zahn um Zahn." Hier konnte er das leise Lachen nicht verhindern. Das alles hier war ihm inzwischen zu viel. Zu viel Ernsthaftigkeit, zu viel unterschwellige Botschaften, zu viel das ihm diesen schönen Tag wieder vermieste. "Und ich bekomme das Gefühl wir würden sogar ein geklopftes Stück Hackfleisch noch zu Tode quatschen. Können wir uns nicht darauf einigen einfach abzuwarten? Darin bin zumindest ich besser als in dieser Art von Gesprächen. Zudem das Wort 'einfach' schon recht lange nicht mehr in meinem Wortschatz workam. Ich habe festgestellt, dass es nicht einmal 'einfach' ist, ein Bild mit Fingerfarben zu malen", setzte er noch hinten dran, schüttelte sich ein wenig angeekelt und zog sich eine Zigarette aus der Schachtel, bevor er jene zu Cole rüberschob. Wenn der eine wollte, sollte er sich eine nehmen. Diese war auch schnell angezündet und genüsslich inhalierte er den Rauch. Keine Ahnung, ob man hier rauchen durfte, aber um sowas kümmerte er sich schon lange nicht mehr. Sollten sie mal versuchen ihn abzuhalten. Und als sein Handy dann auch noch klingelte konnte Antonin nicht anders als ein wenig erleichtert zu sein. Die Stimmung hier schlug ihm gehörige auf den Magen. Nach einem kurzen Blick aufs Display ging er ran. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich heute nicht mehr vorbeikomme." Doch dann schlich sich Überraschung in seinen Blick und er ließ die eben angehobene Zigarette wieder sinken. "Tayra? Ist alles in Ordnung bei euch? Warum rufst du mit Nicholas Handy an?" Und während er den Worten seiner Schwägerin in Spe lauschte ging plötzlich ein Aufstrahlen durch seine Augen und sein ganzer Körper spannte sich erst an, um danach einfach nur noch hibbelig zu wirken. "Ehrlich? Heute Abend? Wo und Wann?", er warf nur einen kurzen Blick zu Cole, bevor er sich wieder auf das Telefonat konzentrierte, dabei mit seiner freien Hand auf dem Tisch herumtrommelte und im allgemeinen so wirkte, als könnte er sofort losstürzen. "Nein, nein das ist absolut genial! Keine Sorge. Leider ist Benji mit meinem noch nicht wieder fertig. Den hat es das letzte Mal doch ziemlich mitgenommen", bedauerte er und gab so etwas wie ein amüsiertes Kichern von sich, als er die Antwort hörte. "Ich wusste, dass du es ihm nicht sagen würdest. Vermutlich trifft ihn der Schlag. Aber ich weiß noch nicht, ob ich wirklich verrückt genug bin, um darauf einzugehen. Aber Tayra, warte mal! Ich muss eben fragen." Er bedeckte sein Handy mit der Hand und musterte Cole kurz bevor er zu seiner Frage ansetzte: "Tut mir leid, Cole. Aber ich schätze dieser Abend ist erst mal gelaufen, außer du hast Lust auf eine eher ungewohnte Art, deine Nachtstunden zu verbringen? Wenn nicht, werde ich in ein paar Minuten abgeholt. Du müsstest mich also nicht mal irgendwo absetzen, wenn du nicht mitwillst." Fragend sah er jenes Rätsel an, das ihn noch länger beschäftigen würde. Aber nicht jetzt. Jetzt hatte er keine Lust mehr dazu. Cole Das Lächeln des anderen beruhigte ihn ein wenig. Und Abwarten klang gar nicht so verkehrt. Doch bevor Cole seine Zustimmung geben konnte, erklang der ihm mittlerweile wohlvertraute Klang Antonins Handy. Cole nahm sein Weinglas und trank es leer. Ja, abwarten und schauen was geschieht, ob etwas geschieht. Und so verbannte er seine Gedanken erst einmal wieder aus seinem Kopf. Er dürfte vielleicht gar nicht so viel nachdenken... Doch als er aufblickte sah er mit einem Mal einen Antonin vor sich, den er eher selten erblickte. Er strahle förmlich eine Freude, eine Lebensfreude aus. Er schien vollkommen glücklich zu sein, wenn man ihn dort so aufgekratzt sitzen sah, wie er kicherte, wie er lächelte, wie er unruhig dasaß. Und mit einem Mal waren alle Gedanken, die er eigentlich gerade verbannen wollte wieder da. Würde Antonin jemals so reagieren, wenn er ihn anrief? Würde er es jemals schaffen, ihn so fröhlich, so munter, so glücklich zu machen? Könnte er das? Könnte er Antonin mit seiner selbst zufrieden und glücklich machen? Cole bezweifelte das sehr stark, sehr sehr sehr stark. Und damit stellte sich doch eigentlich gar nicht mehr so sehr die Frage, ob er es schaffen würde, sich dem anderen weiter zu öffnen, sondern vielmehr die Frage, ob er jemanden wie Antonin überhaupt an seiner Seite verdient hatte, bzw. ob Antonin überhaupt sich auf jemanden wie ihn einlassen sollte. Auf diese beiden Fragen könnte er in diesem Moment, wenn er den anderen so glücklich vor sich sitzen sah, guten Gewissens mit 'Nein' antworten. Nein, er hatte es nicht verdient, Antonin neben sich zu wissen. Und: Nein, Antonin sollte seine Zeit nicht mit ihm verschwenden. Aber andererseits war da dieses Gefühl der Zufriedenheit, der Ruhe und Entspannung, das er an diesem Tag kosten durfte. Und daher verbat sein Egoismus es, Antonin gleich vor den Kopf zu stoßen, um diesem so einige Sorgen in seinem Leben zu nehmen. Und gleichzeitig nahm er sich vor, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn er merken sollte, dass Antonin unter ihrer Verbindung leiden würde. Wenn er merken würde, dass genau diese Freude, dieses Strahlen verblasst, dann müsste er dem Ganzen einen Riegel vorschieben. Innerlich seufzte er tief bei dieser Erkenntnis. Es wird noch so Einiges auf sie zukommen. Als Antonin ihn ansprach blickte er auf und schüttelte augenblicklich den Kopf. Er hatte genug für heute, genug, was er erst einmal geordnet bekommen musste. Im Moment hatte er einfach nur das Gefühl allein sein zu wollen. Allein, ohne diese blaugrauen Augen, die ihn heute so warm angesehen hatten, die ihn zu durchdringen schienen, die offensichtlich hinter Türen sehen wollten, die er selbst nie aufgeschlossen hatte. Einfach allein sein... "Nein", antwortete er knapp, fügte aber noch dazu, dass er schlafen müsse. Ja, der Abend war gelaufen durch dieses Telefonat, oder eher durch die Reaktion des anderen auf dieses Telefonat. Aber dafür konnte Antonin nichts. Es war etwas, was er mit sich selbst ausmachen musste. Und so stand Cole auf, noch während der andere zuende telefonierte und gab vor auf die Toilette zu gehen, auch wenn er einfach nur von diesem Strahlen weg wollte, das Strahlen, das in seiner Dunkelheit, seinem Leben, sicher erlischen würde. Cole zahlte als er von den Toiletten wiederkam und setzte sich dann schon gar nicht mehr. "Du wirst abgeholt?", fragte er und als Antonin bejahte, nickte Cole. "Ich denke dann werde ich jetzt gehen." Er griff nach seiner Jacke, die er über den Stuhl gehängt hatte. "Mach es dir schön. Ich melde mich." Bevor er ging legte er dem anderen noch einmal kurz die Hand auf die Schulter. Dann verließ er das Restaurant. Die kühlere Luft, die ihm entgegenschlug, tat ihm gut. Als er zu Hause aus dem Auto stieg, fiel ihm auf, dass Antonins Tasche noch in seinem Auto war. Er nahm sie mit rauf, stopfte auch dessen Strandsachen in die Waschmaschine und hängte sie auf. Kurz schrieb er eine SMS an Antonin, dass er ihn bezüglich der Sachen am nächsten Tag anrufen würde, dass er ihm die Sachen entweder vorbeibringen könne oder er sie im Lady-Dream abholen könnte, wie er wolle. Bewusst schrieb er nur eine SMS und rief nicht an, zum einen, weil er Antonin nicht stören wollte, zum anderen, weil dadurch Antonin seine Nummer bekommen würde, die dieser ja noch nicht hatte. Dann verbrachte er den Abend damit, sich seinen Prüfungsunterlagen zu widmen. Nicht nachdenken… einfach nur nicht nachdenken... Als er schließlich gegen 3 Uhr ins Bett kroch, nahm er sofort den Geruch des anderen wahr, der noch in der Decke haftete. Obwohl er eigentlich normalerweise eher weniger Decke brauchte, kuschelte er sich diesmal jedoch in sie hinein, ließ sich somit sozusagen von dem Geruch einhüllen. Und wenn er die Augen schloss, so konnte er Antonin neben sich liegen sehen, konnte sich das Gefühl ins Gedächtnis rufen wie es war, in dessen Armen zu liegen. Er musste sich eingestehen, dass es ein Gefühl war, an das man sich gewöhnen konnte. Kapitel 41: Chicago ------------------- Gawain Zeitungsarchive erstaunten Gawain immer wieder. Ein Hort ewigen Wissens und für jeden, der sich nicht zu schade war, seine Zeit an einem solchen Ort zu verbringen, ein unerschöpflicher Quell an Informationen. Vor einigen Stunden hatte er seine Akten durch den Schredder geschickt und seinen Laptop in einem Schließfach seiner neuen Bank hinterlegt. Denn, schneller als gedacht, war er auf eine Person gestoßen, die ihm womöglich unkomplizierten Zugang zu einer der Organisationen verschaffen könnte, die sich fast ganz oben auf seiner Wunschliste befand. Und zu verdanken war das einem mehr als willkommenen Zufall. Wie die ganzen letzten Tage hatte er gerade mit einem der kleineren Dealer verhandelt, als ein älterer Russe dazu gestoßen war und scheinbar einige Dinge abgefragt hatte. Neugierig geworden hatte Gawain sich eingemischt und erklärt, dass er hier gerade dran war, woraufhin ihm eine kleine blaue Kapsel zugeworfen worden war, mit den Worten, dass er dieses Ding dem gepanschten Zeug vorziehen würde und dass er mal die Fresse halten sollte. Dummerweise hatte er früh gelernt, dass man sich von solchen Worten alleine nicht beeindruckt zeigen sollte und so hatte er die Kapsel zurückgeworfen und erklärt, dass er nicht auf Aspirin wäre. Das fand der Russe offenbar sehr lustig, denn ihm wurde erklärt, dass die Flüssigkeit keineswegs Aspirin sei sondern eine neue Droge, die momentan nur schwer zu bekommen war. Und von dort war es nicht mehr weit bis zu ein paar ausgegebenen Getränken gewesen und von seiner Seite aus die Offenlegung der Tatsache, dass er versuchte, einen Job zu bekommen. Dass er nur erstmal schaute wo, weil er keine Kugel wegen gepanschtem Zeug abbekommen wollte. Etwas, das dem Russen, Stavros wie er erfuhr, zu gefallen schien und nach einigen Stunden des deutlichen Aushorchens war er weggeschickt worden mit dem wagen Versprechen auf Arbeit. Die neue Droge, wie er inzwischen wusste besaß den Namen Blue Wonder und galt als neuer Geniestreich der Szene um den Hafen. Wenn ihn nicht alles täuschte, müssten das hauptsächlich die Iren an der Spitze sein. Jene Droge schien begehrt, aber noch recht rar zu sein. Was für ein recht gutes Preisverhältnis zu sorgen schien. Und selbst mit viel Nachbohren, auch bei anderen bekifften oder anderweitig high-gesetzten Dealern, bekam er nicht mehr heraus. Gawain konnte es sich momentan nicht mehr leisten, auf polizeiliche Daten zurück zu greifen, und darum war er nun hier im Zeitungsarchiv. Aber auch diese Nachforschungen erwiesen sich momentan als eher dürftig, denn bisher gab es keine Todesfälle, die einer neuen Droge zugeordnet gewesen wären und auch keine bekannten Razzien, die etwas derartiges zutage gefördert hätten. Aber damit war sein Interesse geweckt und er hoffte auf diesen Stavros. Und immerhin über jenen wusste er inzwischen mehr. Eine Art Vermittler zwischen den Welten, hauptsächlich in der Informationsbeschaffung tätig, der für jeweils denjenigen arbeitete, der ihm am meisten bot oder den er sympathisch fand. Seufzend fuhr Gawain sich mit der Hand über das Gesicht. Jetzt hieß es untätig zu sein und zu warten. Etwas mit dem er überhaupt nicht klarkam, aber das jetzt wohl sein musste. Wenn man ihm tatsächlich 'Zutritt' gewähren würde, ließe sich hoffentlich bald feststellen ob sich dort einer der großen Fische befand auf den seine Abteilung hoffte. -,-,-,-,-,-,-,-,-,-,-,-,- Cole Der nächste Tag hielt wenig positive Neuigkeiten für ihn bereit. Im Lady-Dream wartete einige Arbeit auf ihn, besonders die Tatsache, dass es am Vorabend eine Schlägerei gegeben hatte, bei der die Bullen angerückt waren und dies gleich einmal als Gelegenheit wahrgenommen hatten, sich ein wenig umzusehen. Doch sie hatten weiter nichts unternommen. Sie waren in solchen Fällen gut vorbereitet. Cole hatte eine Art 'Notfallplan' für solche Situationen und allgemeine Verhaltensregeln, die jeder Mitarbeiter befolgen musste, so dass die Polizei weder Drogen noch Waffen finden konnte. Und da seine Mitarbeiter genauso wenig Lust auf dergleichen Trouble hatten, hielten sich alle daran. Die nächste Neuigkeit hatte sein Chef, der schon am frühen Nachmittag hereinkam und ihm ein Flugticket nach Chicago auf den Tisch legte, ihm mitteilte, der Flieger ginge in 4 Stunden und er solle dort einen Deal verhandeln. Der Rückflug sei in vier Tagen geplant. Wissend, dass er mindestens 1 Stunde zum Flughafen brauchte und er zwei Stunden vorher eingecheckt sein musste, fuhr er eilig nach Hause, packte seine Tasche, organisierte, dass die Nachbarin sich 4 Tage um Corleone kümmern sollte. Erst am Flughafen fiel ihm wieder die Tasche ein, die im Lady-Dream stand. Und so zog er beim Einchecken noch einmal das Handy aus der Tasche, tippte erneut eine SMS, dass er nach Chicago unterwegs sei, Antonin solle seine Tasche im Lady-Dream abholen. Dann fragte er noch, ob er einen schönen Abend gehabt habe und teilte ihm mit, dass er sich wieder melden würde, wenn er zurück sei. Während des Fluges ging er die Informationen durch, die er von dem Geschäftspartner hatte. Es war nicht das erst Mal, dass er in Chicago war. Aber so oft war es nun auch wieder nicht gewesen. Und in New York kannte er sich einfach besser aus. Und so war er immer recht angespannt. Antonin Die Sonne verbreitete gerade ihre ersten zögerlichen Strahlen als er endlich seine Wohnungstür aufschloss und sich dann seufzend gegen die nächste Wand lehnte. Antonin hatte ja schon immer gewusst, dass es einen bestimmten Teil in ihm gab, der lebensmüde war, aber das heute Abend konnte man ruhigen Gewissens als selbstmörderisch veranlagt bezeichnen. Aber verdammt, wie er es hasste zu verlieren, und in solchen Momentan zählte nicht die eigene Sicherheit sondern der Sieg. Etwas, mit dem Tayra und er dieses Mal nicht belohnt worden waren. Dafür war ihr Fahrzeug jetzt auch erst mal Schrottreif und Nicholas hatte sich aufgeführt wie ein wildgewordener Berserker. Sie beide hatten einfach nur dagestanden wie zwei kleine Kinder und die Strafpredigt über sich ergehen lassen. Darauf hoffend, dass jenes Gewitter so schnell vorbeizog wie es aufgetaucht war. Fehlanzeige. Uh... Nicholas war sogar noch angefressen gewesen als er ihn an seiner Wohnung abgesetzt hatte. Gerade mal ein mürrisches 'Nacht' hatte er abbekommen. Aber dadurch, so philosophierte er, als er sich für sein Bett fertig machte, musste er nicht mehr über die plötzliche Überkühle von Cole denken. Von einem Moment auf den anderen war ihm ein Mann gegenüber gestanden, den er nicht einschätzen konnte. Jemand, der sich kaum schnell genug von seiner Gegenwart befreien konnte. Zack und weg war er gewesen und alles was er von dem bis dorthin schönen Tag abbekommen hatte war ein Schulterdrücken. Was zur Hölle?! Ächzend ließ er sich in sein Bett fallen, griff sich sein zweites Kissen und drückte es nahe an sich. Vielleicht hätte er einfach nicht ans Telefon gehen sollen. Vielleicht wäre Cole dann hier, oder er bei ihm. Tief seufzend und sich auf einmal wieder furchtbar einsam fühlend schloss er die Augen und versuchte den eigentlich dringend benötigten Schlaf nachzuholen. Etwas das ihm nur schwer gelang und als er sich am späten Nachmittag, fast schon frühen Abend aus den Federn quälte und auf sein Handy blickte sah er zwei Nachrichten. Von Cole. Etwas das ihn zuerst freute, da er nun endlich mal dessen Nummer hatte, doch jene Freude kühlte schnell ab, als er fertig mit dem Lesen war. Toll. Jetzt war Cole auch noch ganz weg. Gerade wo er nichts lieber täte, als zu ihm zu fahren und ihn zu küssen bis er besinnungslos wäre. Und wo zum Henker kamen diese Kuschelanfälle jetzt auf einmal her? Grollend stieg er in die Dusche, abermals auf seine Wunde aufpassend und sich darüber ärgernd, dass er jetzt gerade niemanden da hatte, der sie ihm wechseln würde. Doch das hielt nicht lange an. Man sollte dankbar für die Dinge sein, die man hatte und in diesem Fall war das eine höchst geheime Telefonnummer. Und Zutritt zu Coles Wohnung. Und zu dessen Bett. Was, wenn man Coles Worten Glauben schenken wollte, eine Premiere dargestellt hatte. Diese Gedanken zauberten ein kurzes Lächeln auf sein Gesicht, bevor er schließlich Ragnars Nummer wählte und sich für in einer Stunde ankündigte und um etwas Zeit bat. Dann schrieb er eine SMS an Cole, dass sein Abend nicht übel gewesen sei, aber es besser hätte laufen können und dass er sich seine Tasche dann dort abholen würde. Zudem bedankte er sich für dessen Umsicht und wünschte ihm viel Erfolg. Bei was auch immer. Als er tatsächlich eine Stunde später vor dem Lady-Dream hielt musterte er die Anlage ein wenig skeptisch. Normalerweise bekam er immer ein gewisses Kribbeln im Bauch, wenn er hier vorfuhr. Sei es aus Nervosität oder Vorfreude, doch diesmal blieb das aus. Lag wohl am Wissen, dass Cole nicht hier wäre. Cole... Cole... Cole! Genervt ließ Antonin seinen Kopf kurz gegen den Lenker knallen. Er führte sich auf wie ein Teenager auf Drogen. Das sollte lieber schnell wieder ein Ende finden, sonst würde Cole ganz sicher einen Weg finden: Den nach draußen. So schlenderte er aber schließlich in den Club, begrüßte die Türsteher mit einem Nicken und sah sich nach Ragnar um. Jener hatte ihm versprochen ihn vor dem Zimmer abzufangen. Warum auch immer, aber es sollte Antonin nicht stören. Und als er ihn schließlich an der Bar ausmachte, hielt er auf ihn zu und setzte sich dann neben ihn. "Heya Ragnar, schön, dass du Zeit für mich gefunden hast", begrüßte er ihn und bestellte sich erst mal ein RedBull. Ragnar Die Stimmung im Club war getrübt. Wenn Cole nicht da war, sondern nur der Boss, schien alles angespannter und nervöser zu sein. Dass ausgerechnet Cole diesem Laden die nötige Ruhe gab, war in manchen Augen ein Kuriosum. Schließlich war Cole nicht nur ein unterkühlter Mensch, der in seinen Augen wesentlich furchteinflößender aussah, als der Boss mit seinem Lächeln, sondern Cole war auch noch vom anderen Ufer. Aber vielleicht war genau das, was Damen hier die Sicherheit gab. Sie wussten, dass Cole sie in Ruhe ihre Arbeit machen ließ und ihnen nicht hinterher stieg. Und die Distanz war ihnen nur recht. Beim Boss und besonders dessen Leuten war das nicht wirklich die Regel, führten sich diese doch meist auf wie ausgehungerte Gorillas. Und Cole war zwar ein unterkühlter Mensch, aber er war auch direkt, gab klare Anweisungen und letztlich wusste man so immer, woran man war. Die Männer des Clubs zügelte er durch seine Aura. Ragnar kannte Cole schon so lange, dass er sich von seiner Ausstrahlung nicht mehr beeindrucken ließ. Er hatte schon zu viel Scheiße mit ihm erlebt. Nun ja, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Denn auch wenn sie sich lange kannten und Ragnar einiges von Cole wusste, so war ihr Verhältnis nach seiner Rückkehr aus Europa nicht mehr so vertraut wie früher, als sie sich hatten alles erzählen können. Aber so sehr er auch darunter ein wenig litt, so sehr war er einfach froh, dass er ihm dennoch nahe sein konnte, zumindest sah er ihn jeden Tag, sprachen jeden Tag miteinander und konnten sich aufeinander verlassen. Mehr wünschte er sich momentan nicht. Die anderen Träume hatte er aufgegeben. Es war ihm zwar auch nie wieder jemand über den Weg gelaufen, der ihn so sehr fasziniert, so sehr für sich eingenommen hatte, wie Cole, aber er hatte seinen Seelenfrieden hinsichtlich seiner Gefühle für diesen gefunden. Mittlerweile wusste er, dass das, was er mit Cole teilte, wesentlich wertvoller war. Hätten sie jemals eine noch … sagen wir ‚intimere‘ Beziehung gehabt, dann wäre er wohl nicht mehr hier. Was Ragnar heute wunderte, warum der Chef noch da war, obwohl Cole schon seit einiger Zeit unterwegs war. In letzter Zeit nutzte er das Büro nicht mehr als sein Agitationszentrum, wohl weil er mehr und mehr Verantwortung an Cole abgegeben hatte, aber auch weil er sich generell mehr und mehr zurückzog. Als Ragnar von Antonin angesprochen wurde, schreckte er aus einem Stapel Post hoch. "Hey Antonin", lächelte er, dann trat er näher an ihn heran. "Wir sollten uns heute nicht über deine Schmerzmittel unterhalten. Gestern war das Reinigungspersonal da." Noch hatten sie nicht alles abgesucht nach Wanzen, die die Polizei gerne versteckte, wenn sie einmal die Möglichkeit hatten sich ganz offiziell hier umzusehen. Er deutete ihm mit dem Kopf an, ihm zu folgen und führte Antonin an. Als sie zur Hintertür kamen, verließ Mister Costello gerade das Büro, dicht gefolgt von seinen Hünen. Er nickte Ragnar zu. "Ich werde die nächsten Tage, solange Cole nicht da ist, noch mal vorbeischauen. Wenn es wegen irgendwas Probleme geben sollte, ruf an." Der Blick Costellos glitt auf Antonin, musternd, dann ging er weiter. "Dann können wir jetzt auch ins Büro gehen. Dort ist es ungezieferfrei", kommentierte Ragnar und führte Antonin dorthin. Er griff zu Antonins Tasche, die Cole neben der Tür abgestellt hatte und reichte sie Antonin. Cole hatte ihn davon unterrichtet, dass jener wohl deswegen kommen würde. "Hier deine Sachen", erklärte er. "Ich hoffe ansonsten ist alles in Ordnung?", fragte er. "Du wolltest noch etwas mit mir bereden? Geht es um CI-4? Cole hat ein wenig von deinen Schmerztabletten mit nach Chicago geschickt. Vielleicht werden wir bald mehr brauchen können. Ich hoffe du sagst mir jetzt nicht, dass du momentan nicht produzieren kannst." Antonin Überrascht ruckte eine Augenbraue nach oben, doch dann nickte er. Hm, das Reinigungspersonal, ja? Was war in letzter Zeit nur los mit diesen Bullen? Gab es keine Mörder mehr zu suchen? Waren ihnen die Kinderschänder ausgegangen? Gut, das mit den Waffen war das eine, aber die meisten Drogenabhängigen waren es aus eigenem Antrieb geworden. Und daher besaß Antonin deswegen kein schlechtes Gewissen. Zudem er sein eigens Zeug ja auch ständig versuchte zu verbessern, nicht nur was den Kick, sondern auch was die Nebenwirkungen betraf. Das Problem war nur, der menschliche Körper war eben nicht für diese extremen Belastungen auf Dauer eingestellt. Im Grunde waren die Nebenwirkungen also nicht einmal die Schuld der Droge, sondern einer solche Überbenutzung. Aber wie dem auch war, er folgte Ragnar anstandslos und nickte auch nur einem Kerl zu, den er aus dem letzten Deal zu erkennen glaubte. Zumindest bis sie dem nächsten seltsamen Kerl begegneten. Ruhig huschten Antonins Augen über die Gestalt des anderen und er musste nicht lange überlegen, um diesen Mann wieder zuordnen zu können. Das war derjenige der am Abend des Deals mit ein paar Gorillas zur Tür hereingekommen war, als er selbst sich gerade verabschiedet hatte. Hm, gehörte der dann wohl zur Organisation? Die passende Aura dafür hätte er und der Blick, den Antonin abbekam, sprach sein Übriges. Von den Worten die er notgedrungenermaßen zwischen den beiden Männern belauschte einmal ganz zu schweigen. Ein Stellvertreter? Oder doch noch was Höheres? Vom Alter her würde er auf letzteres tippen. Aber was ging es ihn an? Er gehörte hier nicht wirklich dazu. Zumindest redete er sich das nach wie vor noch recht erfolgreich ein und so folgte er Ragnar ins Büro und griff lächelnd nach der Tasche, die ihm gereicht wurde. "Ah, sehr schön. Vielen Dank", murmelte er und stellte sie dann neben sich, bevor er sich ungefragt setzte. Durch den vielen, aber ungewöhnlichen Schlaf war er im Grunde genommen nur noch müder als vorher sowieso schon. "Hattet ihr eine Razzia?", fragte er noch bevor er mit den ganzen Fragen überhäuft wurde und so hob er ein wenig ausbremsend die Hände. "Ich lauf nicht gleich wieder weg. Eines nach dem anderen, ja? Ich bin heute nicht auf der geistigen Höhe", gab er noch zu und begann dann damit zu antworten. "Also, man könnte sagen es ist alles in Ordnung und ja ich wollte etwas mit dir besprechen und nein es geht nicht um CI-4." Doch dann runzelte er die Stirn. "Naja, ich war nicht gerade fleißig die letzten Tage. Was aber Coles Schuld ist!", verteidigte er sich auch gleich darauf und dachte kurz nach. "Ich kann produzieren, das ich nicht das Problem. Momentan noch nicht. Aber wenn ihr weiterhin so fleißig durch die Gegend rennt und das Zeug verkauft, dann könnte es zu einem Problem werden. Zumindest bis ich das Labor habe", gab er zu und hob eine Hand um sich die Schläfe zu massieren. "Ich bin ja eigentlich hergekommen, um zu fragen, ob ihr nicht Platz für nen Läufer oder sowas habt." Er wedelte mit der Hand. "Oder wie auch immer ihr die Leute nennt. Kennst du Stavros? Er ist eher in der russischen Szene bekannt und ich vertraue ihm ein Stück weit, da er mir damals auch einige Kontakte ermöglicht hat, als ich selbst noch gar nichts vorzuweisen hatte. Er hat einen Riecher für Leute, wenn man mich fragt. Und jetzt hat er wieder einen Kerl an der Hand, der sich Geld verdienen möchte und sich für Drogen nicht zu schade wäre. Von mir aus kann er auch Lieferjunge von CI-4 spielen. Ich bin nur hier, um dafür anzufragen und im Grunde ist es mir auch egal, da ich damit meine Schuldigkeit getan habe", gab er bekannt und zuckte ein wenig schief lächelnd die Schultern. Er mochte Ragnar, aber es war eben nicht Cole. Wobei es ihm irgendwie lieber war dieses Anliegen dem Mann vor sich vorzutragen als Cole. Man musste nicht sofort damit rechnen Eisbeulen wegen sowas davon tragen zu müssen. Ragnar "Wir hatten gestern eine Schlägerei hier und das haben die Bullen als Anlass genommen, um sich mal ein wenig umzusehen. Ich bin mittlerweile überzeugt, dass auch die Schlägerei nicht zufällig stattgefunden hat. Und damit wären wir auch bei dem, was dich von deiner Arbeit abgehalten hat." Ragnar lächelte. "Eure Aktion war ja richtig Kamikaze... Aber sehr effektiv. Die Zeitungen sind heute voll davon. 'Drogensüchtiger Polizist von organisiertem Verbrechen gerächt', um nur eine der vielen Schlagzeilen zu lesen. Cole muss wohl die Informationen rausgegeben haben, denn die Polizei war nicht sehr angetan von den Medien. Die nächste Zeit wird es dann zumindest für uns ein wenig ruhiger, bis die sich wieder organisiert haben. Hatte ich zumindest gehofft. Wie dem auch sei." Ragnar hatte sich mittlerweile auch gesetzt, legte die Post, die er noch in der Hand hatte auf den Schreibtisch. "Blue Wonder ist auf dem Markt mehr als begehrt. Die Preise, die man dafür bereit ist zu zahlen, steigen fast täglich. Ich denke es wird nicht lange dauern, bis du deine Labor-Wünsche in die Tat umsetzten kannst. Nächste Woche ist eine neue Zahlung fällig. Ich denke wir erledigen das wie gehabt. Das funktioniert ja immer recht gut mit dem Schließfach deiner Wahl." Ragnar blickte auf und runzelte etwas die Stirn, als Antonin den wahren Grund für sein Kommen mitteilte. "Jemand, der Geld verdienen möchte?", fragte er nach. "Nun, dieses Pflaster ist ziemlich heiß. Und Stavros kenne ich natürlich, auch wenn wir bisher wenig miteinander zu tun hatten. Cole versammelt normalerweise nur Leute um sich, die er kennt. Die meisten, die für ihn arbeiten haben schon unter ihm in der Jugendorganisation gearbeitet. Es hat recht lange gedauert, bis er sie zusammen hatte, weil die Posten teilweise von seinem Vorgänger noch besetzt waren. Don war der letzte, der noch zum alten Personal gehörte." Ragnar lehnte sich zurück. "Allerdings fehlen uns momentan tatsächlich Leute. Seit der Aktion in Coles Elternhaus haben wir drei Männer weniger und das merkt man schon." Ragnar zuckte mit den Schultern. "Ich kann Cole ja mal fragen. Ich habe da nichts zu entscheiden. Aber soweit ich weiß kommt Cole erst in vier Tagen zurück. Solange muss sich der Läufer wohl noch gedulden." Ragnar blickte Antonin an. "Cole hat seine eigenen Methoden, wie er seine Leute auswählt." Er lächelte kurz in Gedanken. "Vielleicht ist er ja gewillt, auch diesen zu testen." Antonin "Kamikaze...", wiederholte Antonin gedehnt und nickte dann abrupt. "Sehr wohl, das war sie. Aber dieser Mensch ist ein Sturkopf der allerschlimmsten Sorte. Ich bin ja froh, dass wir immerhin fast 24 Stunden Vorlaufzeit hatten", brummelte er sarkastisch doch horchte dann auf. "Sowas steht in der Zeitung?", ächzend ließ er sich tiefer in den Stuhl zurücksinken und rutschte an dessen Rückenlehne ein Stück weit nach unten. "Ich werde später wohl selbst mal eine kaufen müssen. Vom organisierten Verbrechen gerächt, hm? Man, man, verrückte Welt. Und man sollte meinen, die haben Wichtigeres zu tun, als hier dann eine Schlägerei anzuzetteln." Es fiel ihm inzwischen gar nicht mehr so leicht, logisch zu denken. Vielleicht hätte er doch hiervor etwas essen sollen, aber das Gespräch würde er jetzt auch noch herumbekommen. Besonders als da wieder der Herstellerstolz in ihm durchschlug, so lächelte er offen und nickte. "Das ist gut, denn ich kann es mir nicht leisten noch größere Mengen davon herzustellen. Soviel Freiraum wie mir auch gewährt wird, so kann ich dort nicht nur herumhampeln, um Dorgen herzustellen. Demnach wird das alles weniger kompliziert wenn es einmal soweit ist." Dann sah er dabei zu wie Ragnar die Stirn runzelte, als er das mit dem Kerl von Stavros ansprach und war nicht überrascht. Antonin wäre es sogar ganz recht gewesen, das Ganze komplett unter den Tisch fallen zu lassen, aber soviel schuldete er dem anderen Russen wohl doch. Allerdings wurde er dafür sogar noch belohnt, mit Informationen über Cole. Es waren wenige, es waren nicht gerade unerwartete, aber es waren neue. Und je mehr er davon hätte, desto besser würde er Cole erkennen können. Desto klarer würde das Bild von ihm werden und er müsste nicht immer wieder aufs Neue überrascht sein, wenn plötzlich wieder ein anderer Mann als noch vor 5 Minuten vor einem stand. Eine Jugendorganisation also? Nun, das lag wirklich nahe, erklärte dann aber nicht, dass er es schon so weit gebracht hatte. Normalerweise galten da doch eher unbeugsame Regeln? Wenn er sich nicht täuschte und das hatte er in dem Bereich ja schon häufiger getan. Doch dann gab Antonin einen halb unwilligen, halb belustigten Laut von sich. "Das unterschreibe ich sofort!", gab er in Bezug auf die eigenen Methoden zum Auswählen bekannt. "Aber immerhin hat er mir mein Hemd ersetzt, also bin ich nicht nachtragend." Kurz stockte er und grinste dann frech. "Zumindest nicht sehr." Doch dann erhob er sich und streckte Ragnar die Hand hin, einen kleinen Zettel zwischen zwei Fingern haltend. "Da wäre die Nummer von dem Kerl, wenn ihr es euch überlegt habt. Ich werde mich jetzt wieder verdrücken, weil ich da jemanden im Nacken habe, der mich jedes Mal fragt, ob ich produzieren kann und ständig ganz dezent auf die nächsten Lieferungen hindeutet." Er beugte sich ein Stück vor und flüsterte verschwörerisch. "Und ich bekomme langsam ein wenig Angst, was passiert, wenn ich dann doch nicht liefere.“ Gut gelaunt zwinkerte er Ragnar zu, auf den er ja eben mehr als nur angespielt hatte, griff sich seine Tasche und hielt auf die Tür zu. "Ich schicke dir die nächsten Tage eine SMS. Die erste Zahl ist das Schließfach, die zweite der Code. Pass auf dich auf Ragnar, sind seltsame Zeiten momentan." Damit wank er und war auch schon aus dem Büro verschwunden. Bei seinem Auto angekommen horchte er kurz in sich und befand, dass er richtig gehandelt hatte. Natürlich hätte er versuchen können mehr Informationen aus Ragnar zu ziehen, aber es gab jemanden, von dem er das alles hören wollte. Und das war eben nicht Ragnar. Die nächsten Tage vergingen in einem unglaublich stressigen Wirbel. Seine normale Laborarbeit, die CI-4 Herstellung, die Auslieferung davon, seine Sitzungen und ganz zu schweigen von seinen und Tayras Versuchen, den guten alten Nicholas wieder gütig zu stimmen. Alles in allem fiel ihm nur immer erst im Bett auf, das ihm etwas fehlte. Und das war seltsam, denn wann immer er und Cole sich getroffen hatten, meistens waren vor dem nächsten Treffen mehrere Tage vergangen. Mindestens. Und diesmal? Diesmal ging er fast die Wände hoch, tigerte in seinem Schlafzimmer auf und ab und haderte mit sich selbst. Natürlich wollte er Cole anrufen oder ihm zumindest eine SMS schreiben, aber dafür gab es keine Regeln. Es war nicht definiert ob so etwas gewünscht war oder nicht. Antonin wusste nicht ob es in Ordnung wäre, dieser Sehnsucht nachzugehen und darum ließ er es. Gerade weil Cole ihm gesagt hatte, er würde sich melden, wenn er zurück wäre. Das klang auch nicht so, als wäre es in Ordnung sich bei dem anderen Mann vor Ablauf dieser 'Frist' zu melden. Verdammte Nächte! Cole Wie gewohnt war er abgeholt von Padrick worden, einem derer, die hier den Laden schmissen. Sie kannten sich schon länger, und eine Zusammenarbeit gestaltete sich immer als recht angenehm und reibungslos. Diesmal gab es Einiges zu tun. Gleichzeitig nahm er den Termin als Anlass, ein wenig CI-4 zurückzulassen, um es auch hier in dieser Szene testen zu lassen. Dennoch kam er erst am Abend vor seinem Rückflug wieder dazu an jene Nacht und jenen Tag zu denken, die ihm nun wieder so unrealistisch vorkamen und so weit entfernt zu liegen schienen. Und wieder fragte er sich, ob es überhaupt einen Weg in seinem Leben geben konnte, den er zusammen mit Antonin bestreiten konnte. Nicht, weil er es nicht wollen würde, sondern einfach wegen dem, was sein Leben für ihn bereithielt: Die Verpflichtungen, die Arbeit, das Milieu, die Gefahr, die Unsicherheit. Müde lag er in seinem Hotel in seinem Bett und dachte an den Mann, der ihm gerade fehlte. Die Erinnerung an ihn, ließ ihn sich in diesem Moment so einsam vorkommen. Und so griff er zu seinem Handy. Es brauchte in etwa 15 Minuten, in denen er das Display, Antonins Nummer darauf anstarrte, nicht wissend, ob er anrufen sollte oder nicht. Doch schließlich schaffte er es doch auf jene grüne Taste zu drücken, betrachtete dann auf dem Display, wie das Handy wählte, und hielt schließlich das Handy an sein Ohr, sich auf die Stimme des anderen freuend. "Hey", begrüßte er Antonin und erst jetzt fiel ihm auf, dass er zwar so sehr damit beschäftigt gewesen war, zu überlegen, ob er anrufen sollte, nicht aber darüber nachgedacht hatte, was er überhaupt sagen wollte. "Ich…", murmelte er und dachte fieberhaft nach. "Ich wollte nur wissen, ob du deine Tasche wiederbekommen hast..." Er kam sich wie ein Idiot vor, wie ein dummer kleiner Junge, der das erste Mal seine Klassenkameradin anrief, um ein Date zu vereinbaren, aber erst einmal nach den Hausaufgaben fragte. Kapitel 42: Über die Schwierigkeit, einen Anruf zu tätigen ---------------------------------------------------------- Antonin Als sein Telefon am Abend vor Coles vermutlicher Rückkehr klingelte und er dessen Stimme vernahm, konnte er es zuerst nicht wirklich glauben. Doch dann lächelte er hoch erfreut und seltsamerweise begann sogar sein Herz sofort wieder schneller zu klopfen. Oh man, er fiel wirklich hart für diesen Kerl, oder? "Cole!", begrüßte er den anderen und setzte sich in seinem Bett auf. Momentan versuchte er zu schlafen, wann immer er Zeit dafür fand, doch er war noch nicht einmal weggedöst gewesen, darum war er auch sofort wieder hellwach. "Ja, ich habe sie bekommen, vielen Dank. Bist du schon wieder zurück oder hängst du noch in einem dieser wunderbaren Hotels herum? Du wirst hier übrigens von der Presse als Verbrecher in weißer Weste hochgelobt. Als der Rächer der armen Steuerzahler und so weiter und so fort. Aber das wird Ragnar dir wohl schon erzählt haben?", er stockte und runzelte die Stirn. "Sorry, ich wollte dich nicht so zutexten." Cole Ein erleichtertes Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit und er schloss die Augen, der Stimme lauschend, die ihm die neuesten Neuigkeiten mitteilte. Dabei war der Inhalt der Worte gar nicht das Entscheidende, wie er feststellte, sondern einfach nur der Klang der Stimme, die in ihm von einer Sekunde auf die andere ein ersehntes Gefühl von Ruhe verströmen ließen. Sein ganzer Körper schien sich zu entspannen, seine Muskeln, seine Seele. Das erste Mal nahm er so richtig wahr, wie anstrengend die letzten Tage gewesen waren, und wie weich das Bett unter ihm eigentlich war. Das Bett, das in den vergangenen Nächten ihm so fremd gewesen war. Cole schlief nie gut, wenn er unterwegs war. Nirgendwo fühlte er sich so sicher, wie zu Hause in seinen eigenen vier Wänden. Er schlief unruhig und schien bei jedem Auto, das draußen vorbeifuhr, hochzuschrecken. Wenn er morgen nach Hause reisen würde, würde er froh sein, wenn er sein eigenes Bett wieder hatte… Es war schon recht spät und eigentlich war er nachher noch eingeladen, aber Cole wusste nicht so recht, ob er in den Hostclub mitgehen sollte. Wahrscheinlich wären dort nur Frauen, die ihn betatschen würden und ihm mit ihrem Gekicher auf die Nerven gehen würden. Ganz zu schweigen davon, dass das meist die Sorte Frau war, die er absolut nicht leiden konnte, weil er sich durch sie an seine Mutter erinnert fühlte. Andererseits verging die Zeit schneller, wenn er an der Gesellschaft teilnehmen würde. Für die geschäftlichen Beziehungen würde es sicher auch wichtig sein. Also Augen zu und durch. Aber nun war erst einmal Antonin wichtig. Antonin, der sich ein wenig zu freuen schien, dass er ihn anrief, der ihn gleich mit Informationen überschüttete. Aber das störte Cole nicht im Mindesten. „Ich bin im Hotel, liege auf dem Bett und dachte, ich nutze die Stunde, die mir gewährt wurde, um mich bei dir zu melden“, murmelte er und wunderte sich wie leicht es ihm fiel, ehrlich zu sein. Er hatte eben noch, bevor Antonin gesprochen hatte, überlegt, dass er das Gespräch am besten so kurz wie möglich halten sollte, doch nun war er eher der Ansicht, dass er so lange wie möglich diese schöne Stimme hören wollte. Antonins Bericht über die Zeitungsmeldungen ließ ihn stutzen. Er hatte mit seinem Kontakt vereinbart, dass sein Name nicht genannt wird, oder? Ob er wirklich namentlich erwähnt wurde, oder ob Antonin nur ergänzt hatte? „Werde ich das? Aber mein Name ist nicht genannt, oder? Außerdem bin nicht ich der, dem die Lorbeeren zukommen: ohne dich hätte ich das nie geschafft. Und daher geht es nicht um einen Verbrecher in der weißen Weste, sondern eher um einen Schutzengel. Also schieb nicht mir alle Verantwortung dafür zu, dass wir die Bürger vor einem Arschloch befreit haben. Zudem ich nur aus persönlichen Gründen gehandelt habe. Schließlich kam der Typ mir zu nahe und Ragnar stand im Visier. Und wenn es um meine Leute geht, kenne ich nichts.“ Er lächelte bei diesen Worten, denn in Gedanken war ihm klar, dass es vor allem eine Person war, die er letztlich hatte schützen wollen, die ihm die Kraft gegeben hatte, Klinger zu erschießen. Die Person, mit der er telefonierte. „Mit Ragnar habe ich heute noch nicht gesprochen. Ich sehe ihn ja morgen. Das reicht.“ Kurz schwieg er. „Und du textest mich nicht zu“, murmelte er leiser geworden. „Ich freue mich, deine Stimme zu hören.“ Er strich sich mit seiner freien Hand die Haare aus der Stirn und fuhr gleich fort, um seine Verlegenheit nicht preiszugeben. „Ich hoffe du hast dir ein paar nicht allzu stressige Tage gemacht. Wie waren deine ‚Nachtstunden‘, die du auf eher ungewohnte Art verbracht hast?“, fragte er nach, doch ein wenig neugierig, weshalb Antonin in jenem Restaurant so unglaublich glücklich war. Ja, dieses Strahlen war ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Antonin Antonins Herz stand wiedermal kurz davor Überstunden zu schieben. Aber konnte es sein? Konnte es wirklich sein, dass Cole ihn vermisste? Vielleicht genauso sehr, wie Antonin ihn vermisste? Oder warum bekam er hier mehr Worte aus dem Telefon von ihm als jemals zuvor? Das war neu. Es war ungewohnt. Es war absolut in Ordnung und wunderbar. Die Tatsache beruhigte ihn fast noch mehr als der Anruf an sich. Und Cole konnte ihm erzählen was er wollte, für Antonin war der Weg mehr als deutlich zu erkennen und notfalls würde er den anderen darauf entlang tragen. Spätestens jetzt wurde Antonin bewusst, dass dieser Mann ihm nicht nur wichtig war, sondern unersetzlich. Nicht mehr auszutauschen. Antonins Augen bekamen einen entschlossenen Glanz während er an seine Decke starrte und Coles Worten lauschte. Er würde tatsächlich viel Geduld brauchen, aber das hatte er im Labor auch. Und wie bei CI-4 wusste er auch hier, dass es sich lohnen würde. Dass das Ergebnis am Ende all die Arbeit, den Stress, das Unwohlsein und die hin und wieder auftauchende Niedergeschlagenheit aufwiegen würde. Doch das schob er ertmal beiseite und konzentrierte sich auf das Gespräch. "Ich wette ich liege im bequemeren Bett", zog er Cole auf. "Aber ich finde es schön, dass du dich meldest", erklärte er und musste das Lächeln in seiner Stimme nicht wirklich hervorkitzeln. Das kam ganz von selbst. Was er alleine auf die schöne Stimme von Cole schob, die ihm schon toll vorgekommen war, als jener gesungen hatte, berauschend, als er gestöhnt hatte und einfach nur herrlich so aus dem Telefon, wo er nichts anderes tun konnte, als sich auf eben jene zu konzentrieren. "Nein, tut mir leid, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Es werden überhaupt keine Namen genannt, aber ich münze das ganz automatisch auf dich um, schließlich warst schlussendlich du es, der die Welt von diesem Psycho befreit hat", korrigierte er sich und lachte dann ein wenig unwohl. "Schutzengel, ja? Ich fand mich so im Nachhinein recht unnütz, aber will dir natürlich nicht widersprechen. Und was deine Gründe dafür waren, das weiß die Öffentlichkeit der armen Steuerzahler ja nicht." Antonin verzog die Lippen bei dem Gedanken daran, wie lächerlich er sich außer Gefecht hatte setzen lassen. Sobald das mit CI-4 wieder ruhiger lief, würde er das Versprechen wahrmachen, das er sich gegeben hatte. Er würde besser werden. Sehr viel besser. "Solange du keine Gute Nacht Geschichte erwartest, kannst du meine Stimme noch ein wenig länger hören", gab er schließlich zurück, ein wenig unsicher, wie er darauf reagieren sollte. Alle seine ersten Gedanken dazu, waren wohl zu übertrieben. "Wobei es mir andersherum sogar recht wäre. Liest du mir eine vor?" Er lachte leise. "Spaß beiseite, natürlich bin ich im Stress geschwommen. Ein gewisser Ragnar hängt mir schon wieder im Nacken und pocht auf die nächste Lieferung und ich habe ja auch noch normale Arbeit, nicht zu vergessen meine Sitzungen und mit Nicholas muss ich mich auch wieder gut stellen", erzählte er freimütig. "Und wenn du dich wunderst warum, dann kann ich dir erzählen, dass es mit meinen ungewohnten Nachtstunden zusammenhängt. Tayra, die übrigens Nicholas Frau ist, hat mich als ich gerade frisch in New York angekommen war, mal mit zu einem der illegalen Rennen genommen. Ist ein Nebenverdienst von Nicholas, die Karren ein wenig aufzumotzen. Aber wie dem auch sei… ich hatte Blut geleckt und bald durfte ich mal als Beifahrer und so ne Art Navigator mitfahren. Wobei Navigator mehr damit zu tun hat, die Reifen der anderen Fahrer zu zerschießen. Mein eigenes Fahrzeug ist beim vorletzten Rennen leider ein wenig ramponiert worden und Nicholas ist angepisst, weil Tayra und ich beim letzten Rennen ohne sein Wissen mitgefahren sind und das nächste Auto ein wenig... äh sagen wir ‚zugerichtet‘ haben. Aber man", er wusste es war kindisch, aber er konnte nicht anders, "ich hasse es, zu verlieren. Ich hasse es wirklich und wir hätten auch gewonnen, wenn dieser dämliche Vollidiot nicht mehr getroffen hätte." Er seufzte. "Für das nächste Rennen ist mein Falcon, so nenne ich mein Auto, frag mich nicht nach der Marke, ich habe keine Ahnung, wieder bereit und dann wollen wir doch mal sehen." Er schwieg kurz. "Bist du jetzt überhaupt noch wach? Oh man, ich finde immer kein Ende, wenn es um mein Hobby geht." Cole „Dein Bett ist allein schon deswegen bequemer, weil es dein eigenes Bett ist.“ Cole musste schmunzeln. „Und, wie ich selbst schon erfahren durfte, ist es tatsächlich recht bequem, auch wenn es weit entfernt von meinem ist.“ Ja, damals war er so müde gewesen, dass er dort gut hatte schlafen können. Oder hatte er dort gut schlafen können, weil das gesamte Bett nach Antonin gerochen hatte? Vielleicht würde sich ja noch einmal die Gelegenheit ergeben, das auszutesten. Zufrieden nahm er den Satz wahr, dass sich Antonin freute, ihn zu hören. Dann hatte er das Lächeln in der Stimme des anderen also wirklich gehört. Gut, dass er also nicht allein mit seiner Freude dastand. Das Thema, wer nun der eigentliche Held war, ließ er so stehen. Für Cole stand fest, dass er zwar Klinger erledigt hatte, Antonin aber der Antrieb dafür war. Ungern erinnerte er sich an den Moment, als er Panik bekommen hatte, dass Klinger jenen getroffen hatte. Und es war eben diese Panik, die ihn angetrieben hatte, zu vollenden, was sie begonnen hatten. Aber davon konnte Antonin nichts wissen, und das war vielleicht auch besser so. „Eine gute Nacht Geschichte willst du von mir hören?“, Cole lachte leise. „Ich fürchte ich könnte dir nur Horrorgeschichten erzählen. Ich weiß gar nicht, ob ich jemals in meinem Leben eine Gute Nacht Geschichte erzählt bekommen habe…“ Er merkte, dass er in eine Richtung redete, auf die er eigentlich nicht eingehen wollte. „Ich fürchte, ich kann dir den Wunsch nicht wirklich erfüllen.“ Cole drehte sich leicht auf die Seite, um bequemer zu liegen, und rollte sich leicht ein. Mit geschlossenen Augen, nur den Worten des anderen lauschend, um wahrzunehmen, wie sich die Stimme je nach Inhalt veränderte, um sich voll und ganz auf den anderen konzentrieren zu können, und – wie er feststellen musste – sich Antonin besser vorstellen zu können. Denn er sah den anderen neben sich liegen, wie neulich nachts, während er mit ihm sprach. War er schon so schwach, dass er sich wie ein Kind benahm? Durfte er überhaupt so sehr den Wunsch verspüren, den anderen bei sich haben zu wollen? Cole wusste es nicht, und für den Augenblick entschied er, dass es ihm egal war, ob es richtig oder falsch war. Doch das, was Antonin erzählte, ließ ihn ein wenig unruhig werden. Autorennen mit getunten Autos? Cole war zwar noch nie bei einem Rennen gewesen, aber er wusste, dass das ein beliebter Sport im Untergrund war. Und nicht nur das: es war ein mörderischer Sport. Doch die Aufgeregtheit, mit der Antonin erzählte, ließ ihn förmlich jenes Leuchten in den Augen des anderen hören. Offenbar war dieser Sport ein Hobby für Antonin, das ihm mehr als zusagte. Ob Antonin bewusst war, dass er Kopf und Kragen riskierte? Cole stutzte. Was dachte er da eigentlich? Warum machte er sich Gedanken über die Sicherheit des anderen, wenn er selbst doch eigentlich jemand war, der sich ständig in Gefahr befand. Gut, er suchte die Gefahr nicht immer, sondern sie kam zu ihm, aber letztlich kannte er doch nur zu gut diesen Adrenalinkick, der solche Sportarten ausmachte, der es spannend machte. Nur, dass er diesen Kick nicht beim Autofahren bekam, sondern in seinem Beruf. „Ja, ich bin noch wach. Bei deiner abenteuerlichen Schilderung kann man nicht wirklich einschlafen.“ Er grinste leicht. „Dein Hobby ist es also mit getunten Autos herumzufahren und anderer Leute Reifen zu zerschießen.“ Er lächelte aber das „tztztztz“ in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Hast du mir nicht vorgeworfen, dass ich lebensmüde bin, als ich meine Ratte gejagt habe?“ Diesmal war deutlich zu hören, dass seine Worte nicht zu ernst genommen werden sollten. „Nun ja, es scheint dir ja mächtig viel Spaß zu machen. Und ich kann mir schon vorstellen, dass der Adrenalinrausch bei einem solchen Rennen betörend ist. Auch wenn ich dachte, dir bei Klinger genügend Adrenalin verabreicht zu haben.“ Er lachte kurz, dann war er wieder ernster. „Ich hoffe nur, dass Nicholas auch in die Sicherheit der Fahrer investiert…“ Zumindest ein wenig sollte er den mahnenden Zeigefinger heben, oder? „Und dass Nicholas ein wenig angesäuert war, wenn seine Frau und Mutter seiner Tochter ohne ihn zu fragen auf solche Spritztouren geht, kann ich ehrlich gesagt gut nachvollziehen.“ War er in diesem Punkt altmodisch? Oder war es nur die Tatsache, dass diese Frau ihr Leben riskierte, das sie eigentlich ihrem Kind widmen sollte, die ihn störte? Der Gedanke gefiel ihm nicht wirklich, das musste er zugeben. Vielleicht, weil er keine Mutter gehabt hatte. Aber er durfte sich nicht einmischen in Angelegenheiten, die ihn nichts angingen. „Schade, dass du die Marke deines ‚Falcon‘ nicht kennst. Ich mag schnelle Autos. Aber vielleicht kann ich beim nächsten Rennen ja vorbeischauen. Es würde mich ziemlich interessieren, wie so etwas abläuft. Ich hatte leider noch nicht die Gelegenheit bei einem ‚speed race‘ dabei zu sein.“ Antonin "Was heißt hier weit entfernt?", empörte sich Antonin. "Mein Bett kann es locker mit deinem aufnehmen. Also Vorsicht mit dem was Sie hier von sich geben, Mister 'Mein Bett ist ja sooo toll'", es fiel ihm erstaunlich leicht, sich Cole diesmal auf dieser Ebene zu nähern. Auf einer Ebene, die er all seinen engen Freunden zukommen ließ. Es gab soviel in seinem Leben, das ihm alles vermieste, soviel das ihn bei voller Konzentration und Ernsthaftigkeit brauchte, da zog er es vor, sich zu jeder bietenden Gelegenheit ein wenig von diesem Teil seines Ich's zu entfernen. Und momentan erschien ihm Cole dafür empfänglich. Oder zumindest hoffte er, dass jener dann nicht von ihm denken würde, dass er ein kindischer Volltrottel war. Doch dann runzelte die Stirn und ohne es zu merken wurde seine Stimme wieder ruhiger und irgendwie auch weicher. "Keine einzige, Cole? Das ist zu wenig. Vielleicht sollte ich dir doch eine erzählen, allerdings wären die auf Russisch. Sie aus dem Stehgreif Eins zu Eins zu übersetzen würde sich eher schrecklich anhören. Also vielleicht das nächste Mal. Damit du auch Bescheid weißt wie die schlaue Kröte ihr Leben vor dem bösen, bösen Storch schützen konnte. Das ist momentan nämlich eine absolut unhaltbare Bildungslücke deinerseits." Abermals ein Stück Information. Stücke, die er momentan noch gieriger aufsaugte als sonst. Informationen, die er weiterhin sammeln würde, für einen Moment, an dem er sie verwenden können würde. Und Antonin hoffte sehr, dass so ein Moment auch tatsächlich kommen würde. Ja, es ruhten sogar sehr viele seiner Hoffnungen darauf. "Ah gut", gab er erleichtert von sich. "Wenn du jetzt eingeschlafen wärst, würde ich mir ziemlich dumm vorkommen. Und naja... irgendwie ist es das schon. Wobei es mir anfangs nur um das Reifen zerschießen ging. Ich war ziemlich kaputt als ich aus Russland zurückkam, nicht nur wegen den Narben. Mir war jedes Mittel recht, um mich irgendwo austoben zu können und da kam mir das mit diesen Rennen sehr gelegen", erklärte er ein wenig stockend und fuhr sich dann seufzend durch die Haare. Was hatte Cole nur an sich, dass er die Informationen nur so ausspuckte, obwohl jener bisher noch nie danach gefragt hatte? Wollte er, dass Cole ihn besser kannte? Oder war es ein inneres Bedürfnis, sich dem anderen Mann mitzuteilen? Egal was es war, gerade bekam er das Gefühl, dass er dem anderen wirklich alles erzählen würde. Von Anfang bis zum Ende, ohne Verschönerungen, ohne Lügen und vor allem ohne gewalttätige Ausbrüche. "Inzwischen fahre ich im Grunde nur noch mit wenn Tayra mit von der Partie ist. Entweder als Fahrer oder eben als Schütze. Wir sind ein gutes Team und ich habe so immerhin das Gefühl, auf sie aufpassen zu können. Auch wenn wir das beide, zugegebenermaßen häufiger vergessen. Irgendwann kommt der Tunnelblick und es geht nur noch darum, als erstes durchs Ziel zu kommen." Antonin schwieg kurz, griff sich sein 'Colekissen' und drückte es an sich. Ob er das mit den Rennen lieber sein lassen sollte? Er selbst würde im Dreieck springen, wenn Cole an so etwas teilnehmen würde. Lag es da inzwischen nicht auch in seiner Verantwortung etwas mehr auf sich selbst aufzupassen? Sich nicht mehr unnötiger Gefahr auszusetzen? "Du hast Recht", murmelte er schließlich ein bisschen beschämt. "Eigentlich hätte mir das Adrenalin mit Klinger gereicht. Ich vermute es ist mehr die Gewohnheit als noch wirklich der Drang dort mitzumachen. Zudem ich gerade Nicholas nie an den Falcon gelassen habe, da er mir zu sicherheitsfanatisch war. Vielleicht sollte ich das nun doch zulassen…" Er ließ den Satz auslaufen, sich nicht ganz sicher darüber seiend, wie er fortfahren sollte. Würde er jetzt wieder Grenzen überschreiten? Wäre es in Ordnung? "Und natürlich ist es Nicholas gutes Recht, sauer zu sein." Er seufzte und drückte das Kissen näher an seine Brust. "Ich glaube niemand sieht es gern, wenn sich die Person, die einem nahe steht, freiwillig solcher Gefahr aussetzt. Aber manchmal ist der Mensch unvernünftig und tut Dinge, die er nicht tun würde, wenn er ein wenig darüber nachgedacht hätte." Noch näher würde er sich nicht an dieses Thema heranwagen, denn er konnte sich nicht sicher sein, ob Cole sich wirklich Sorgen um ihn machte. Oder machen würde. Aber er wünschte es sich. Oh ja, wie sehr er es sich gerade wünschte zu hören, dass Cole sich Sorgen machte. Wunschdenken.. "Ich zeige ihn dir beizeiten. Er ist dunkelblau mit einem Falkenkopf auf der Motorhaube und wenn man die beiden Seitentüren öffnet, worauf sich Flügel befinden, sieht es so aus, als würde er jeden Moment abheben", erzählte er, sich selbst ein wenig ablenkend weiter. "Und ich nehme dich gerne einmal mit. Selbst wenn man nicht fährt, ist das eine Riesensache. Sogar dein Hafen wird hin und wieder als Start oder Ziel missbraucht. Na, geschockt?" Er lachte leise und kurz wurde sein Blick melancholisch. "Waren deine Geschäfte eigentlich erfolgreich?", fragte er einer plötzlich Eingebung folgend. Alles, um nicht das auszusprechen, was ihm gerade auf der Zunge gelegen hatte. 'Ich wünschte du wärst jetzt hier'. Aber aussprechen? Wohl eher nicht.. Cole Das Schmunzeln, das Antonins Protest wegen seines Bettes heraufbeschwörte, blieb auf seinen Lippen. Doch er beschloss nicht weiter auf das Thema einzugehen. Es war schon seltsam, wie unbefangen sie mit einem Mal miteinander umgingen. Hatte er nicht nach ihrem letzten Gespräch das Gefühl gehabt, dass das alles überhaupt keinen Sinn machte? Dass er sich sogar niemals darauf hätte einlassen dürfen, dem anderen nahe zu kommen? Aber Antonin war in seinem Wesen so einnehmend, so besitzergreifend. Und besonders, wenn er so fröhlich wirkte, hatte Cole das Gefühl alles andere vergessen zu können. War es das, was er suchte? Irgendwie schon... Aber so ganz konnte er es noch nicht begreifen, ganz konnte er das noch nicht sehen. "Ja, vielleicht gibt es irgendwann einmal die Gelegenheit, dass du mir deine Kröte nahe bringst", gestand er dem anderen zu. Ob das so bald möglich wäre, wusste Cole nicht. Er wusste nur, dass er wegen der Razzia bald viel Arbeit haben würde, und dass er in einer Woche sein Examen einreichen musste, und er nicht wusste, wie viel Arbeit damit noch auf ihn zukam. Er hinkte wegen der vier Tage in seinem Zeitplan letztlich hoffnungslos hinterher. "Mal sehen." Seine Stimme war nachdenklich geworden. Ob sich jemals etwas in seinem Leben geändert hätte, wenn seine Mutter nicht Abend für Abend anschaffen gegangen wäre, sondern ihnen vorgelesen hätte? Oder sein Vater nicht Abend für Abend entweder irgendwelche Deals abgewickelt hätte oder in diversen Clubs das Geld verzockt hätte? Er wusste es nicht, und er würde es niemals wissen. Also sollte er auch nicht darüber nachdenken. Russland; Da war das Wort, das auch Cole seit jenem heftigen Streit beschäftigte. Was Antonin dort alles hatte ertragen müssen? Und wie passte seine Ausbildung da mit hinein? Wie hat er überhaupt seinen Abschluss gemacht? Cole wusste, dass er noch so viele Fragen hatte. Das wusste er schon, sei Nicholas ihm angedeutet hatte, dass da noch einiges hinter Antonin stand, was wichtig war, um ihn wirklich zu kennen. Und seit sie sich auf dieser seelischen Ebene weiter angenähert hatten, war in Cole der Wunsch nach mehr Informationen gewachsen, was ihm aber nur dann bewusst war, wenn er eben in Gesprächen auf seine Fragen stieß. "Ich kann mir vorstellen, dass du nach Russland Ablenkung gebraucht hast, auch wenn ich nicht wirklich abschätzen kann, was dort alles geschehen ist." Er würde das so stehen lassen. Zum einen zeigte das Antonin, dass er ihn verstand, zum anderen hoffte er, dem anderen damit klar gemacht zu haben, dass er bereit wäre, mehr zu erfahren. Aber das musste nicht jetzt sein. Er könnte Antonin auch nicht einfach so von seiner Lebensgeschichte erzählen. Ganz im Gegenteil. Wenn es nach ihm ginge, würde er überhaupt nie mehr daran einen Gedanken verschwenden wollen. Aber das Leben war kein Wunschkonzert und dafür, dass er es jemals ganz ausblenden würde können, war dieser Teil seines Lebens zu einschneidend gewesen. Und so fuhr er gleich fort. "Aber es beruhigt mich, dass du und Tayra so ein eingespieltes Team seid. Ich denke, das ist eine wichtige Grundvoraussetzung für den Sieg. Und was den Ehrgeiz des Siegens betrifft, sind wir uns wohl gar nicht so unähnlich. Irgendwann schaltet man die Vernunft aus und will es nur noch erfolgreich hinter sich bringen, egal ob es ein Autorennen oder ein Deal oder sonst etwas ist. Aber was die Sicherheit betrifft, wäre ich vorsichtig. Du solltest deine Sicherheit vielleicht wirklich mehr in den Vordergrund stellen." Denn wenn Antonin etwas passierte, wüsste Cole nicht, was er tun müsste, um die Lücke aufzufüllen, die Antonin in seine Mauern geschlagen hatte, um sich darin niederzulassen. Aber das wollte er sich lieber auch gar nicht ausmalen. Lieber nicht darüber nachdenken, denn das hieße ja, darüber nachzudenken, was er ihm bedeutete. "Und damit sprichst du sehr wahre Worte aus", murmelte Cole nachdenklich. Mittlerweile schien es fast, als würden sie sich nur noch zuflüstern, als lägen sie wirklich nebeneinander. "Wenn man geliebte Menschen zurücklassen würde, sollte man darüber nachdenken, welcher Gefahr man sich aussetzt." Cole dachte in diesem Moment nicht an seine Sorge um Antonin. Er dachte an seine Eltern, die mit dem Feuer gespielt hatten und sich dabei ziemlich heftig verbrannt hatten. "Aber lassen wir die Vernunft Vernunft sein", meinte er schließlich und seufzte. "Ja, zeig mir deinen Wagen beizeiten. Das fände ich interessant." Wieder etwas wie eine Verabredung, von der er nicht wusste, ob und wann er sie erfüllen könnte. Antonin schaffte es wirklich gut, ihn immer wieder für sich zu verpflichten. "Interessant, dass der Hafen auch für Start und Ziel genutzt wird. Ich wusste zwar, dass immer mal wieder durchgefahren wird, aber mehr wusste ich auch nicht." Es störte ihn auch nicht, solange nicht in seinen Deal geplatzt wurde... "Meine Geschäfte?", Cole war mit einem Mal wieder hellwach. Wie viel Zeit war vergangen? Er richtete sich auf und blickte auf die Uhr. Er sollte wohl bald los. Ob Padrick ihn abholen würde? "Gut, dass du mich erinnerst. Ich habe leider gleich noch eine Verpflichtung." Nun war es wohl an der Zeit, das Telefonat zu beenden. "Ja, die Zeit hier war schon in Ordnung. Hier war in letzter Zeit ziemlich der Punk abgegangen, aber mittlerweile scheinen ganz gute Leute hier zu arbeiten. Letztlich haben wir nur unsere Handelsbeziehungen intensiviert. Und ich hatte die Gelegenheit neue Leute kennenzulernen. Insgesamt nichts Besonderes, aber in Ordnung. Die Hauptarbeit wird dann morgen folgen, nämlich die beschlossenen Dinge in die Tat umzusetzen und das alles in die Wege zu leiten." Ja, wenn die Zusammenarbeit klappen sollte, so war damit immer ein großer Aufwand an Organisatorischem verbunden. Aber vielleicht würde ihm Ragnar morgen ein wenig abnehmen können. "Ich denke ich werde gleich abgeholt", sagte er dann und seine Stimme wurde leise. "Wenn ich morgen wieder daheim bin, sag ich dir Bescheid. Ich weiß nur noch nicht, wann ich wieder ein wenig Luft habe und was sonst noch alles zu Hause auf mich wartet." Nun, zumindest wusste er, dass bei ihm zu Hause einiges auf ihn wartete. Zudem hatte er das Gefühl, dass Costello momentan ihm mehr und mehr aufhalsen wollte. Antonin Fast blind auf einen Punkt vor sich stierend lauschte er den Veränderungen in Coles Stimme. Wie sie von leichten Humor zu Nachdenklichkeit wankte, von Neutralität zurück zu einer gewissen Traurigkeit und abermals zurück. Und wo er vorher fast ein wenig erleichtert gewesen war, den anderen nicht zu sehen, so schmerzte es ihn jetzt fast. Antonin hätte Cole jetzt so gern bei sich gehabt, seine Arme um den schlanken Körper geschlungen und fest an sich gedrückt. Eine ebenso besitzergreifende Geste wie verzweifelte. Doch Cole war nicht hier, sondern am anderen Ende des Telefons, in einer anderen Stadt, in einem anderen Bett und damit viel zu weit entfernt für solche Wunschgedanken. Er lauschte wie Cole wieder geschäftig wurde, horchte auf das Versprechen, sich bei ihm zu melden, nahm die gleich darauf folgende Einschränkung wahr. Damals im Club hatte er einem Trottel namens Ben drei einfache Regeln zu Cole gesagt und er glaubte immer noch einen Funken Wahrheit darin zu finden. Weshalb er auch kein genaueres Datum, keine Uhrzeit und kein genaueres Versprechen forderte. Weshalb er seine eigenen Grenzen soweit ausdehnte, dass er sie selbst schon kaum mehr sah. Weshalb solch unzuverlässigen, lapidaren Worte auch ausreichten, um weiterhin etwas Hoffnung für sich zu beanspruchen. Antonin schloss die Augen kurz und schluckte trocken. Er durfte nur einfach nicht vergessen, was das Ziel war. Und in diesem Fall war nicht der Weg das Ziel, sondern der Platz dahinter. "Ja, mach das", stimmte er zu und zwang sich selbst ein Lächeln auf die Lippen, das ihm bei den eher schwereren Gedanken entglitten war. Nur dann wäre es noch ansatzweise möglich eben selbiges in seiner Stimme mitklingen zu lassen. "Mach dir keinen Stress, Cole. Zumindest nicht dafür", murmelte er und fragte sich, wo die eben noch unbeschwerte Stimmung hin war. Fragte sich, warum er das Gefühl bekam, bei den zurückgebliebenen, geliebten Menschen nachfragen zu wollen. Fragte sich, ob er dem anderen seinen Wagen wirklich jemals zeigen könnte. Und ein anderer Teil fragte sich, wohin Cole heute noch ging. Aber den Gedanken wischte er beiseite wie eine lästige Fliege. Er würde sich nicht freiwillig auf selbstzerstörerische Wege begeben. Was sollte es ihn interessieren, was Cole jetzt noch trieb? War es nicht viel interessanter, sich auf die Zeit zu konzentrieren, die sie zusammen hatten, als auf die, die sie eben nicht hatten? "Ich wünsche dir einen angenehmen Abend", sagte er noch und legte dann auf. Immerhin hatte seine Stimme ganz entspannt geklungen. Seufzend ließ er sein Handy neben sich vom Bett fallen, lauschte auf das Geräusch, das jenes auf dem Parkettboden auslöste und wandte seinen Blick von der Decke zu seinem geliebten schwarz-weiß Bild. Warum konnte in seinem Leben eigentlich nicht mal irgendwas einfach sein? Cole "Und pass auf dich auf", murmelte Cole noch, als Antonin schon längst aufgelegt hatte. Er hatte gehört, wie die Stimmung des anderen sank, als es darum ging, sich zu verabschieden. Oder bildete er sich das nur ein? Wenn er ehrlich zu sich war, dann hätte er auch lieber noch länger telefoniert, aber es ging nun einmal nicht. Und so hatten sie sich schließlich doch verabschiedet. Er würde sich melden, wenn er Zeit hatte. Ob er noch einmal hätte betonen sollen, dass Antonin ihn auch ruhig anrufen dürfte? Aber das würde er doch tun, wenn er etwas bräuchte, oder? Cole wusste es nicht, hoffte aber, dass es so war. Als sein Handy läutete schreckte er aus seinen Gedanken hoch. "Ja", sagte er knapp, lauschte Padrick, der ankündigte, ihn abzuholen. "Ich werde unten auf dich warten." Dann legte er auf. Dabei fiel ihm auf, dass er noch nie in seinem Leben, so lange telefoniert hat, wie mit Antonin eben. Eine interessante Feststellung, aber weiter darüber nachzudenken dazu hatte er keine Zeit mehr. An diesem Abend erfuhr er, dass Costello bei einem der Obersten in Chicago einen Deal angezettelt hatte. Es würde um Waffen gehen. Und so wie es Cole erwartet hatte, bedeutete das enorm viel Arbeit mehr. Er würde nicht nur den Deal organisieren müssen, sondern wohl auch in nächster Zeit öfter einmal nach Chicago reisen müssen. Cole fluchte innerlich, verwünschte alle und jeden. Warum konnte das Ganze nicht noch eine verdammte Woche warten? Kapitel 43: Über die Schwierigkeit, eine Sms zu schrieben --------------------------------------------------------- Antonin Der nächste Tag gestaltete sich fast schon normal. In aller Frühe hinterlegte er eine weitere Lieferung für Ragnar und mailte ihm die beiden Nummern per SMS, bevor er zu seinem Konzern fuhr und sich dort tatsächlich einmal mit seinen Forschungen beschäftigte. Er ließ sich sogar davon überzeugen, sein Mittagessen mit ein paar der anderen Mitarbeiter einzunehmen und mimte den jungen, aufstrebenden Professoren recht gut. Selbst nachmittags arbeitete er nicht an CI-4 und das, obwohl er inzwischen wieder einen seiner geliebten Soundtracks auf volle Stufe laufen hatte. Aber diesmal war es um Gedanken, die nichts mit seiner Arbeit zu tun hatten, fern zu halten. Antonin wollte nicht zweifeln. Antonin wollte glauben. Etwas, von dem andere Leute behauptet hätten, es ihm ausgetrieben zu haben. Aber tada… sie hatten sich getäuscht. Wie so häufig davor auch. Antonin war bereit zu glauben und er war immer noch bereit, nicht nur in unbekanntes Gewässer zu springen, sondern auch darin zu schwimmen. Und verdammt nochmal, Cole war das ganze wert. Daher sollte er nicht einmal anfangen zu wanken. In diesem Fall müsste er eine gut angepasste Konstante werden. Eine, die sich anpassen konnte, aber doch immer an ihrem Platz festhielt. Eine, die stützend wirken konnte, aber auch dort zurückblieb, wenn der Gegenpart sich auf der ganz anderen Seite des Spielbretts aufhielt. Und verdammt, wenn Antonin Mikael Marakow sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er das auch durch. Und ob das nun der Entschluss war, zu überleben, oder etwas aus diesem sehr wackligem 'wir' zu machen, das war dann auch schon egal. Cole Als er am nächsten Tag nachmittags wieder in New York landete wurde er lange beim Zoll aufgehalten. Cole kannte das Spiel schon. Er wurde eigentlich immer lange durchsucht, wenn er mit seinem richtigen Namen reiste. Schließlich kam er in die Rushhour, was ihm weitere 2 Stunden kostete, bis er wieder in der Stadt war, und beschloss schließlich nicht mehr nach Hause zu fahren, damit er schneller ins LadyDream kam. Dort stürzte er sich in die Arbeit, die auf ihn wartete, zumindest bis 0 Uhr, damit er schließlich noch bis um 4 Uhr zu Hause weiterarbeiten konnte. Erst als er sich ins Bett legte dachte er wieder an Antonin. Nein, so war es nicht richtig. Er hatte immer wieder an ihn gedacht, nur nie die Gelegenheit gefunden, diesem eine Nachricht zukommen zu lassen. Er griff zu seinem Handy und überlegte, schließlich schrieb er eine SMS: 'Bin leider ziemlich eingespannt gewesen. Melde mich, wenn ich wieder atmen kann. Cole‘ Er tat sich schwer damit, war unsicher, diese SMS zu schreiben, löschte er doch schließlich alle eher 'persönlichere' Kommentare heraus. Mit jedem Tag, den sie sich nicht sahen, rückte irgendwie jene Nacht und jener Tag in weitere Ferne. Und je länger er den anderen nicht sah, desto größer war das Gefühl, dass all ihre Vertrautheit nicht ganz so intensiv war, wie er das eigentlich gefühlt hatte. Cole gönnte sich nur 4 Stunden Schlaf. bereits um 8 Uhr stand er wieder unter der Dusche und um 9 Uhr saß er wieder über seinen Unterlagen, wissend, dass man ihn nicht vor 12 Uhr im Lady Dream erwartete. Er wollte diese Prüfung hinter sich bringen, und wenn er dafür gänzlich auf seinen Schlaf verzichten musste. Im Lady-Dream ging er mit Ragnar Einiges durch. Dieser teilte ihm mit, dass Antonin wieder geliefert hatte und dass dessen Geld auch schon hinterlegt worden sei. Außerdem berichtete er von Gawain, zumindest das, was Antonin ihm erzählt hatte. Cole rief ihn kurzentschlossen an, und verabredete sich mit ihm für den nächsten Tag abends vor dem Castello. Das Gespräch war kurz gewesen. Eigentlich mochte er es nicht, in der Szene völlig fremde Personen irgendwie in seine Geschäfte miteinzubeziehen, aber momentan konnten sie tatsächlich ein paar Leute mehr vertragen. Nun, morgen Abend würde er sehen, mit wem er es zu tun hatte. Und wenn er nichts war, dann würde er ihn wieder nach Hause schicken. Als er an diesem Abend gegen 1 Uhr noch im Büro saß, gerade eine Lieferung aus Kolumbien dingfest gemacht hatte, fiel ihm auf, dass er mal wieder den ganzen Tag kaum etwas gegessen hatte. Unwillkürlich musste er an Antonin denken, an seine mahnenden Worte. Ob er ihm wirklich zu dünn war? Kurzentschlossen griff er zu seinem Handy. 'Musste grad an dich denken. Leider ist Stress mein täglicher Begleiter. Werde wohl noch was zu essen auftreiben, bevor ich nach Hause fahre, sonst ende ich wirklich noch als Hungerhaken. Ich hoffe dir geht es gut und du schläfst schon. Cole' Noch bevor er darüber nachdenken konnte, ob er die SMS abschicken sollte, tat er es einfach. Gleichzeitig spürte er, dass er unruhig wurde, sich ärgerte, sie geschickt zu haben. Antonin würde ihn doch sicher jetzt als aufdringlich empfinden oder? Doch er sollte nicht drüber nachdenken. Lieber nicht nachdenken... Er packte seine Sachen zusammen. Morgen war auch noch ein Tag. Dann ging er zum Wagen und fuhr in Richtung zu sich nach Hause, das Handy so legend, dass er sehen würde, ob Antonin noch antworten würde. Falls er es tun würde, würde er ihn noch anrufen. Zuvor musste er aber zum 'Gasthaus zum goldenen M' fahren. Denn er brauchte irgendwas zu essen. Antonin Antonins nächster Tag begann damit, dass er eine SMS von Cole lesen konnte. Eine ziemlich unpersönliche, rein informative SMS. Aber was hatte er erwartet? Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch startete er seinen Tag und trat mittags zu seinem 'Strafdienst' bei Nicholas an. Was nichts anderes darstellte als bis abends auf seine Patentochter Mara aufzupassen. Etwas, das anfangs überhaupt nicht schlimm klang… oh wie sehr er sich täuschte. Als Nicholas und Tayra endlich wieder nach Hause kamen war Antonin mit seinen Nerven am Ende und zu der Überzeugung gelangt, jetzt einfach tatsächlich schwul zu sein. Männer wurden bekanntlich nicht schwanger. Selten waren ihm ein paar Stunden länger vorgekommen als an diesem Tag. Er musste sich Kinderkassetten anhören, wieder mit den ekligen Fingerfarben malen, Verstecken spielen, kochen und hinter dem Wirbelwind herräumen. Wie hielten das Eltern über 18 Jahre aus? Hin und wieder waren seine Gedanken zu Cole gehuscht. Was der wohl dazu sagen würde, seinen Guard mit grün-blau-gelben Händen über einer großen Leinwand am Boden krabbeln zu sehen? Nicht zu vergessen das Mädchen auf seinem Rücken, das ihn anfeuerte und ihm Befehle gab, wie er zu malen hatte. Na, entweder würde Cole ihn direkt einweisen lassen, sich ganz von ihm abwenden oder den Lachanfall seines Lebens bekommen. Und in diesem Moment wäre ihm keine der drei Optionen recht gewesen. Stattdessen hatte er den überraschten Eltern das kleine Mädchen in die Hand gedrückt und war schnellstmöglich geflüchtet. In sein Labor. In sein heißgeliebtes, absolut ruhiges und kinderfreies Labor. Und abermals hatte er sich überlegt, wie wunderbar es sein würde, sein eigenes zu besitzen. Ohne ständig seine ID-Karte mit sich herumschleppen zu müssen. Ohne ständig alle Spuren verwischen zu müssen und endlich nur noch danach zu forschen, was ihm wirklich am Herzen lag. Und nicht nur am Herzen, denn noch immer gab es da die brachliegende Idee. Jene Idee die noch nicht einmal Nicholas bekannt war. Tatsächlich befand sich jene Idee nur in seinem Kopf ein wenig ausgearbeiteter und war tief in seiner Seele verankert. Seufzend warf er seine Einweghandschuhe weg und schleuste sich aus, um sich eine Zigarette zu gönnen. Inzwischen war es tiefschwarze Nacht und trotzdem wusste Antonin, dass er zuhause keine Ruhe finden würde. Zuviel nagte da an ihm. Zuviel ging ihm im Kopf herum. Da konnte man diese Zeit genauso gut nutzen, um wirklich einmal zu arbeiten, um sich ohne Unterbrechungen auf etwas zu konzentrieren, für das er ein nicht unerhebliches Gehalt einfuhr. Und momentan war das die Verbesserung seiner neu entwickelten Kapsel, denn er glaubte sie noch weiter verbessern zu können. Was ihn selbst jetzt, wo er jeden Zug seiner Zigarette genoss genügend beschäftigte, um ihn von anderen, ebenfalls brachliegenden Dingen abzulenken. Doch das hielt gerade lange genug, bis er sich durch die Sicherheitsschleusen wieder ins Labor befördert hatte und gerade seine eigene Musikanlage wieder aufdrehen wollte, als er das Piepsen seines Handys vernahm. Er rang nur kurz mit sich, bevor er von der Anlage zurücktrat und zu seinem Handy griff, wo ihm auch erst einmal die Uhrzeit auffiel bevor er den Text aufrief und sich nach dem Lesen auf seinen einzigen Stuhl fallen ließ. Nicht wissend was genau er jetzt fühlte. Freude? Ja, da war etwas Freude darüber, dass Cole an ihn gedacht und ihm das sogar mitgeteilt hatte. Unzufriedenheit? Ja, auch davon konnte er etwas identifizieren. War es tatsächlich so, dass Cole immer nur zwischen ein und vier Uhr morgens an ihn dachte? Oder gab jener nur dann dem Drang nach, sich auch zu melden? Auch Belustigung über den Text an sich und Unsicherheit darüber, ob er antworten sollte. War es jetzt also soweit? Er beschloss etwas und hatte nicht genug Arsch in der Hose, um das auch umzusetzen? Seit wann hatte er Angst vor einem Handy? Cole hatte ihm doch nie verboten zu antworten oder sich zu melden. War es die Angst, den anderen einzuengen? Oder war es doch die eigene Unsicherheit über eine Situation, von der er selbst keine einzige Vergleichsmöglichkeit besaß. Weder in die eine, noch in die andere Richtung. Antonin war etwas, das nach Beziehung roch auch nie nur nahe gekommen. Ja gut, in der Highschool oder in der Pharmacyschool vielleicht, aber das war nie mit wirklich genügend Gefühl unterlegt, um ihn überlegen zu lassen, was er als nächstes tun sollte. Doch schließlich seufzte er und machte sich daran eine Antwort einzutippen. Er war ein Mann und würde jetzt auch nicht zu einer Frau mutieren. Wo käme man denn da hin, wenn man über alles 100 Mal nachdenken würde? Schlafen? Ich versuche gerade mich im Labor zu entspannen. Musste heute auch schon an dich denken. Der Chefkoch empfiehlt um diese Uhrzeit nichts Fettiges mehr. Gruß Antonin Was das gut? War das schlecht? Antonin seufzte und schickte die SMS dann einfach ab. Die ungefähr zehnte Version davon. Zuerst wollte er noch darauf hinweisen, dass Coles Körper zu schade zum Hungerhaken wäre, aber dann war er sich mit dem Text nicht mehr sicher gewesen. Also doch die eher harmlosere Version. Abermals seufzend legte er sein Handy wieder zur Seite und ließ seinen Blick durch das Labor schweifen. Über die verschiedenen Phiolen mit den seltsamsten Inhalten in so gut wie allen Aggregatszuständen, die Mikroskope, die verschiedenen Testbehälter und die ganzen Maschinen, die über eine ganze Wand hinweg aufgebaut waren. Was für manche wohl wie die Vorstufe zur Hölle wirken würde, war für ihn immer ein sicherer Hafen gewesen. Vermutlich würde er wirklich einmal Amoklaufen, wenn er diesen oder so einen ähnlichen Ort nicht mehr hätte. Aber wie kam es dann, dass er selbst hier, wo normalerweise nur Gedanken an verschiedene Chemiebausteine, Formeln und allgemein seine Forschungen absoluten Vorrang hatten… also wie kam es dann, dass er hier saß und über Cole nachdachte? Über dessen Verhalten, den Körper, die grünen Augen, die so ausdrucksstark sein konnten, und an das, was er von jenem hatte sehen dürfen. "Toni, du bist so kaputt. Wirklich", verklickerte er dem menschenleeren Raum und schloss, den Kopf in den Nacken legend die Augen. Cole fehlte ihm immer deutlicher, obwohl es gerade einmal ein paar Tage her waren, dass er jenen gesehen hatte. Verdammt. Cole Cole verfluchte mit jeder Sekunde, die verstrich, mehr und mehr, die SMS abgeschickt zuhaben. Sicher würde Antonin schon schlafen und dann diesen Mist morgen früh lesen. Oder er las es und legte sein Handy wieder zur Seite. Schließlich hatte Antonin erst einmal auf seine SMS reagiert. Er hatte ihn auch noch nie angerufen... Cole hatte das Gefühl, dass ihm übel wurde, und fuhr am Macdonald vorbei. Vielleicht fand sich zu Hause noch etwas zu essen oder so... Umso mehr zuckte er zusammen, als das Klopfgeräusch, das sein Handy von sich gab, wenn es eine SMS empfing, erklang. Augenblicklich fuhr Cole an den Straßenrand, griff zu seinem Handy und las die Nachricht. Also war Antonin auch noch wach… Sollte er anrufen? Nein, lieber nicht. Er wollte nicht stören. Und bei einer SMS würde Antonin selbst entscheiden können, wann er sie las und ob er reagierte. Dann ist der Chefkoch also auch eine Nachteule. Vielleicht hätte er ja später Lust vorbeizukommen und einem Hungerhaken beim Essen Gesellschaft zu leisten!?! Bin mindestens noch 3 Stunden wach und beschäftigt. Aber mach dir keinen Stress. Vielleicht haben wir ja doch bald mal wieder Zeit, uns zu humaneren Zeiten zu treffen… Cole fuhr zu einem der Supermärkte, die 24 Stunden offen hatten und kaufte sich etwas ein, was man wohl als gesund erachten konnte. Innerlich schüttelte er den Kopf darüber, dass er sich darüber Gedanken machte – nein, dass Antonin es geschafft hatte, dass er sich darüber Gedanken machte. Als sein Handy piepste, spürte er wie sein Herz nervös schneller schlug, doch als er las, dass Antonin zusagte, spürte er eine enorme Erleichterung in sich aufsteigen. Nun, zumindest bis er die Nachricht 'Du weißt ja wo du mich findest. Apartment B806 Nachname: Collins' abgeschickt hatte. Denn dann fing die Nervosität erst so richtig an. Was, wenn Antonin jetzt sich nur verpflichtet gefühlt hatte zu kommen, aber eigentlich gar nicht wollte? Andererseits: War es wirklich Nervosität, oder nicht eher eine Art Vorfreude? Nun, er sollte sich nicht so viele Gedanken machen. Er war doch keine 12 mehr... Mit den Angaben, die er Antonin mitgeschickt hatte, würde er am Wachpersonal durchkommen. Eilig fuhr er nach Hause und bereitete den Salat und das Baguette vor, das er gekauft hatte, dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und fuhr fort, seine Prüfungsaufgaben zu bearbeiten. Eigentlich hatte er keine Zeit dafür, Antonin zu treffen - rein rational gesehen. Aber emotional gesehen hatte er irgendwie langsam das Gefühl, Antonin so schnell wie möglich sehen zu müssen. Und seltsamerweise schaffte er es ganz gut, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, dadurch dass er sich Antonins Besuch als Belohnung gewährte, wenn er diese Teilaufgabe zu Ende bearbeitet hätte. Als sein 'Türöffner' läutete fuhr er aus seinen Gedanken hoch. Eilig ging er zum Telefon, bestätigte dem Wachmann, dass er den Besuch empfangen würde und öffnete die Schiebetür schon, um noch schnell Geschirr und Besteck herzuräumen und etwas zu trinken rüber zum Wohnzimmertisch zu tragen, dem einzigen Ort in der Wohnung, wo sie Platz hätten zu essen, außer in seinem Bett. Antonin Antonin rang mit sich selbst während er in seinem Labor auf und ab tigerte. Noch mindestens 3 Stunden wach. Wann fuhr man da am besten los? Jetzt? Ne, das wäre viel zu überschwänglich. In 3 Stunden wäre zu spät, eigentlich hatte er schließlich auch vorgehabt ausnahmsweise mal vor Morgengrauen ins Bett zu kommen. Argh! Egal! Das war doch jetzt alles egal! Kurzentschlossen schleuste er sich wieder aus der Sicherheitszone, zog sich um und fuhr erstmal zu sich nach Hause, um zu duschen. Zwar ging er von nichts aus, aber nach Kinderbrei, Farben und Chemikalien stinkend wollte er eigentlich auch nicht bei Cole aufkreuzen. Wo man schon beim nächsten Thema war. Bei Cole. Höchstpersönlich eingeladen, ganz ohne eine blutende Wunde oder andere lebensbedrohliche Umstände. Antonin beschloss großzügig das als Pluspunkt auf seiner Liste zu verzeichnen und stieg unter die Dusche. Das Pflaster über seiner Wunde zog er kurzentschlossen ab und passte dann nur noch darauf auf, dass nichts in die sich langsam schließende Wunde kam. Auch wenn diese inzwischen schon wieder recht gut aussah. Und wenn sein Körper sonst nichts für ihn tat, im Heilen war er einsame Spitze. Schließlich föhnte er seine kurzen Haare sogar ausnahmsweise, immerhin sollte es nicht so wirken, als ob er gerade aus der Dusche gesprungen war. Seine Shorts, die Jeans und das weiße Hemd waren dann schnell übergezogen und ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er jetzt tatsächlich ganz gut in der Zeit liegen würde. Vor allem, da er zu dieser Uhrzeit keinen wirklichen Verkehr mehr auf den Straßen vermutete. Eine richtige Vermutung, wie sich ihm gleich darauf bescheinigen sollte und zum ersten Mal bemerkte er so wirklich, was er sich da eigentlich gerade für einen Stuss anhörte. Da war immer noch Coles CD in seiner Anlage drinnen. Zeit sie zurückzugeben, ansonsten würde er nochmal mitten unterm Autofahren melancholisch werden und das war absolut nicht drinnen. Das Fahrzeug einen Block entfernt parkend, schlenderte er - mit der CD in der Innentasche seines Mantels - auf das entsprechende Gebäude zu und musste sich gleich darauf erstmal mit einem Wachmann auseinander setzen. Das war ja wie im Altersheim hier. Oder im Knast. Oder eben in einem Gebäude für die besser betuchten. Antonin verdrehte seine Augen, lauschte den Worten des Wachmannes und wurde dann, nach einem nun deutlich freundlicherem Nicken, hinein gelassen. Warum auf einmal so freundlich? Sah er vielleicht aus wie Jack the Ripper? Als wirklich, manche Leute übertrieben es mit ihrer misstrauischen Ader. Im Aufzug lehnte er sich gegen die Wand und holte die CD hervor um sie zu betrachten. Sowas hörte Cole also, ja? Darüber hatte er noch gar nicht richtig nachgedacht, wie ihm jetzt auffiel. Aber anhand der Musik ließ sich, ganz entgegen der allgemeinen Meinung kein Mensch bestimmen. Während er in seiner Freizeit eigentlich nur Soundtracks hörte, mochte er für Rennen eher harte Beats mir düsterer Stimme. Und wenn er einen Einsatz plante zog es ihn entweder zu Klassik oder zu keltischer Musik. Insofern könnte er sich selbst mal überhaupt nicht einordnen. Ob das wohl mit Cole so ähnlich war? Als er schließlich vor der geöffneten Schiebetür stand atmete er nochmal tief durch, kündigte sich mit einem Klopfen am Rahmen an und zog das Ding dann hinter sich zu, bevor er die Schuhe auszog und in die Wohnung trat. Wo sein Blick sofort auf jenen Mann fiel, der für solche Berg und Talfahrten in seinem Inneren die Verantwortung zu tragen hatte. Und jetzt wo er ihn wieder sah, fiel es ihm auch gar nicht schwer zu glauben, dass er um 2 Uhr morgens durch die halbe Stadt fuhr, um mit Cole zu essen. Oder dass er bereit war, so viele Zugeständnisse zu machen, ohne überhaupt eine konkrete Aussicht auf Erfolg zu besitzen. Denn dieser Mann schaffte es in absoluter Regelmäßigkeit ihm den Boden unter den Füssen wegzuziehen. Ihn immer wieder zu überraschen und dann doch wieder mit der bekannten Kühle zu beruhigen. Ja, für ihn war Coles normale Kühle inzwischen schon zu so einer Art Stimmungsbarometer geworden. Solange da nicht diese ganz bestimmte Schärfe in der Stimme und dieser ganz bestimmte abweisende Funke in den Augen war, konnte man sich relativ sicher sein, sich in befahrbaren Gewässern zu befinden. Er hob die CD hoch als Cole vom Tisch zu ihm aufblickte und das dazugehörige leichte Lächeln kam ganz von selbst. "Eigentlich bringt der Lieferdienst ja normalerweise das Essen. Ich fand es diesmal angebracht nur etwas Musik zurück zu bringen." Damit hatte er die 'Begrüßung' auch hinter sich und trat näher an den Tisch heran. Und jetzt wurde es wieder kompliziert, denn nach der Verabschiedung mit der Hand auf seiner Schulter wusste er nicht so recht, ob und wie er sich dem anderen nähern sollte und konnte. Oder überhaupt durfte? "Es ist schön dich zu sehen", murmelte er schließlich und legte die CD auf den Tisch, Cole nicht aus den Augen lassend. Ja, das war erstmal genug Zugeständnis. Womöglich würde er wieder mutiger werden wenn sie sich ein paar Minuten wieder aneinander gewöhnt hätten. Ja.. sogar sehr wahrscheinlich. Kapitel 44: Über die Schwierigkeit, sich nahe zu sein ----------------------------------------------------- Cole Cole spürte, dass er aufgeregt war. Und er verlachte sich selbst dafür. Es gab doch absolut keinen Grund dafür, aufgeregt zu sein. Und so rief er sich zur Vernunft, was bedeutete, dass er sich in seine gewohnte, kühle Aura hüllte, die ihm so viel Sicherheit gab. Und so stellte er gerade den Salat ab, als er die Tür zugehen hörte und er aufblickte, den Mann ansah, der sein Leben augenscheinlich verkompliziert hatte. Augenscheinlich, denn auch wenn er im Moment eigentlich gar keine Zeit dafür hatte, mit Antonin zu essen, so gab er ihm auf der anderen Seite doch auch wieder ziemlich viel Kraft. Eine seltsame Welt war das, in die er da orientierungslos hineinstolperte. Aber auch wenn er noch immer nicht wusste, wohin er sich bewegte, fühlte es sich nicht ganz verkehrt an. Gut, in den Momente, in denen er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte, verfluchte er das alles, aber das waren zum Glück nur die Momente, die wirklich mit dem anderen Mann zusammenhingen, nichts mit seiner Arbeit zu tun hatten. So wie in diesem Moment, in dem er nicht wusste, was jener von ihm erwartete. Sollte er ihm entgegenkommen, wollte Antonin Vertraulichkeiten, Zärtlichkeiten? Nein, das könnte er nicht. Auch wenn seine Miene es nicht tat, so drückten seine Augen doch das Lächeln aus, das er in seinem Inneren spürte. Gleichzeitig merkte er, wie er angespannt war, auf eine neue Art und Weise. Aber normalerweise war es doch Antonin auch, der ihn sich entspannen ließ, oder? Sicher würde es auch diesmal wieder der Fall sein. Und die ungezwungene Begrüßung Antonins half ihm ein wenig. "Musik?", fragte Cole sah dann auf die CD, die Antonin auf den Tisch legte. Er musste kurz lächeln. "Danke", sagte er und blickte Antonin kurz an. Die anderen Worte, dass er es schöne fände, ihn zu sehen, beantwortete er mit einem leichten Nicken, nicht wissend, was er sonst darauf sagen sollte. Mit der Wahrheit tat er sich gerade schwer. Er wusste selbst nicht, genau welche Gefühle er hinsichtlich ihres Wiedersehens hatte. Und so nahm er die CD und trug sie zu seinem recht gut gefüllten CD-Regal. Kurz überlegte er und zog dann eine ältere CD von Emiliana Torrini heraus, die er einlegte. Die eher sanften, jazzigen Töne der Isländerin würden ihn ein wenig zur Ruhe kommen lassen. Und Ruhe hatte er gerade bitter nötig, denn irgendwie schien die Anspannung nicht weichen zu wollen. Ob es vielleicht doch keine gute Idee gewesen war, Antonin hierher kommen zu lassen? Nun, jetzt konnte er es nicht mehr ändern. Und so drehte er sich wieder um. "Ich hoffe du hast auch ein wenig Hunger", meinte er und seine Augen fingen die des anderen kurz ein. "Und entschuldige, dass ich dir so viele Umstände gemacht habe. Ich wollte dich nicht von der Arbeit abhalten oder so..." Warum war es nur jetzt schon wieder so verdammt schwer. Er hatte doch sonst nie Probleme mit Männern zu reden, mit ihnen sich zu verstehen. Aber Antonin war eben nicht irgendeiner, sondern ein Mann, der offensichtlich genug Mut besaß, daran zu glauben, dass sie ihre 'Beziehung' auf welche Art auch immer intensivieren könnten. Er setzte sich neben den anderen und seufzte innerlich tief. Als er sich setzte bemerkte er, dass Antonin wieder so gut roch. Kurz hielt er inne und atmete tief ein. "Du riechst wieder so gut. Diesmal weiß ich aber nicht, was es ist..." Fragend sah er Antonin an. Doch lange blickte er ihn, der mit einem Mal so nah bei ihm schien, nicht an, sondern machte sich nun daran, den Salat zu verteilen, schließlich nahm er seinen Teller, und lehnte sich auf dem Sofa, das eine recht breite Sitzfläche besaß, so dass man darauf auch schlafen könnte, zurück, zog das eine Bein wie zum Schneidersitz an und probierte vom Salat. Corleone kehrte aus seiner Schmollecke zurück, die er immer aufsuchte, wenn Cole zu beschäftigt war, wenn er nach Hause kam, um ihm die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Nun witterte er seine Chance und war schon daran, vor Cole auf das Sofa zu springen, als er Antonin kritisch musterte und zum Sessel ging, um dort Platz zu nehmen. "Er ist scheu, aber das habe ich dir ja schon mal gesagt...", entschuldigte er seine Katze. Antonin Langsam ruhiger werdend verfolgte er wie Cole zu einem CD-Regal ging. Das Lächeln des anderen hatte ihn beruhigt und es war ja wirklich nicht das erste Mal, dass er den anderen alleine traf. Und wieder musste er sich vorbeten, dass sich ja im Grunde nichts geändert hatte. Naja, kaum etwas. Im Endeffekt waren es, abgesehen vom Sex nur Worte und mit Worten konnte Antonin eigentlich recht gut umgehen. Dachte er. Aber wie dem auch war, er beschloss sich erstmal zu setzen und musterte den Salat mit kurzem Blick. Na, immerhin war das etwas, das selbst er ruhigen Gewissens um diese Uhrzeit noch essen würde. Auch wenn es vielleicht nicht das Passende war, um Cole ein wenig aufzupäppeln. Aber man sollte ja schließlich auch keine unmöglichen Dinge verlangen. Es kam ja sonst auch keiner auf die Idee, sich in die Sahara zu stellen und auf Schnee zu warten. Das Lied, das jetzt anspielte, würde ihn unter normalen Umständen direkt zum Gähnen verleiten. Wollte Cole, dass er hier jetzt gleich auf der Couch einschlief? Wenn ja, dann tat er dabei einen guten Job. Durch seine eigenen Gedanken schon wieder amüsiert, schüttelte er ein wenig grinsend den Kopf und sah dann wieder zu Cole hinüber. Also hörte jener tatsächlich eher seltsame Musik? Seltsam natürlich nur in Antonins Ohren, denn er war sich sicher, dass auch diese Musiker ihre feste Fanbase besaßen. Als der andere ihn schließlich ansprach brachte er so eine Art nickendes Kopfschütteln zustande. "Eigentlich nicht wirklich, aber es kann nicht schaden, da heute einiges ausfallen musste. Und mach dir keine Gedanken, ich bin ein großer Junge, Cole. Ich war sowieso nur im Labor, um mich davon abzuhalten mich mit einer Krawatte zu erdrosseln." Er seufzte dramatisch. "Ich musste heute meinen Strafdienst bei Nicholas ableisten und brauchte danach ganz dringend etwas Beschäftigung, die mich auch wirklich zum denken verleitet", erzählte er schon wieder relativ gut gelaunt. Auch wenn Cole ihm ein wenig seltsam vorkam. Irgendwie von der Rolle? Aber gut, es war ja doch schon nach zwei Uhr und er selbst würde sich auch nicht mehr komplett zurechnungsfähig nennen. Oder nein, vielmehr nicht mehr im vollen Besitz seiner geistigen Gewandtheit. Ja, das klang schon besser. Als Cole sich neben ihn setzte und auf seinen Geruch ansprach konnte er förmlich fühlen, wie sich zu viel Blut in seinen Ohren sammelte. Nein, das konnte doch jetzt nicht wahr sein, oder? Am liebsten hätte er sein Gesicht in den Händen vergraben und 'sehe ich dich nicht, siehst du mich auch nicht' gespielt. Doch da dieses Spiel noch lächerlicher wäre, als hier wegen so einer Bemerkung zu erröten, warf er dem Mann neben sich nur einen kurzen Seitenblick zu. "Duschgel möchte ich meinen. Dass du davon nicht alle Sorten kennst ist nicht wirklich überraschend. Es gibt viel zu viele davon." Antonin selbst fand sich im Supermarkt immer davon erschlagen und nahm das erstbeste, das ihm in die Hände fiel. Woher sollte er denn wissen, ob er eher nach 'active' oder nach 'cool dschungle' riechen wollte? Wo war überhaupt der Unterschied? Er beobachtete wie Cole seinen Teller füllte und war dann von dem Fellknäul abgelenkt, das er aus den Augenwinkeln heraus bemerkte. So nickte er schließlich nur zu den Worten des anderen. "Wäre ich an seiner Stelle auch." Er zuckte mit den Schultern. Wobei er hier auch sehr gut 'Ja, kann ich mir denken. Geht mir ähnlich', sagen könnte, aber das besserte sich ja gerade durch seinen wunderbar geduldigen Doc. Probeweise nahm er sich eine Gabel vom Salat, darauf verzichtend, sich weiter nach hinten zu lehnen. Sowas tat er beim Essen einfach nicht und nickte dann. "Kann man durchaus essen." Abermals wandte er den Kopf ein Stück zur Seite und musterte Cole. "Kann ich dich mal was fragen?" Da war er ja wieder sein Mut. Hatte er es nicht geahnt? Wenn man ihm ein paar Minuten gab, konnte er sich anpassen. Meistens... hin und wieder.. Cole zerstörte hierbei seine bisher makellose Statistik. Trotzdem wartete er nicht auf die verneinende Antwort. "Ich hab hier letztens eine Menge juristisches Zeugs gesehen, musst du irgendwie vor Gericht oder so?" Cole Und wieder kam er sich wie ein dummer Schuljunge vor. Weshalb hatte er nur seine Bedenken geäußert, dass Antonin Umstände hatte. Er sollte sich wirklich nicht so viele Gedanken machen, jener konnte ja wirklich für sich selbst sprechen. Coles Miene verhärtete sich kurz. Dann blickte er den anderen aber überrascht an, als dieser meinte, er hätte sich abhalten müssen, sich zu erdrosseln. Doch auch das klärte sich auf. "Strafdienst?", fragte er. "Musstest du den Schrottplatz aufräumen? Oder was war so schlimm?" Langsam begann er zu essen, immer nur ein wenig. Irgendwie war ihm der Hunger schon wieder vergangen. Und so hatte er genug Zeit zu sehen, wie Antonin ob seines Kommentars errötete. Innerlich beruhigte ihn dieser Anblick. Zumindest schaffte er es auch, den anderen verlegen zu machen, und nicht nur anders herum. Als Antonin seinen Salat lobte nickte Cole nur. Ja, konnte man essen … wenn man Hunger hatte. Er nahm sich ein Stück Brot und tunkte es in die Salatsoße. Er fühlte sich noch immer nicht richtig wohl. Sollte sich das nicht langsam ändern? Er fragte sich, woran das liegen mochte. Dass es so spät war und er langsam aber sicher wirklich müde wurde? Dass er noch immer nicht überzeugt war, dass er diese SMS überhaupt hätte schreiben sollen? Dass er generell zweifelte, dass es eine gute Idee war, ihre Bekanntschaft auszuweiten? Dass er sich in diesem ganzen Chaos gar nicht mehr auskannte und eigentlich auch nicht genau wusste, ob er das Chaos momentan überhaupt vertrug. Hatte er nicht anderes zu tun, als hier zu sitzen und Salat zu essen und nicht zu wissen, wie er mit einem Mann umgehen sollte, den er eigentlich am liebsten einfach nur als Kuscheltier ins Bett nehmen wollte. Ja, und da war also das, was er sich von diesem Abend erhoffte. Er wollte den Ruhepol seiner unruhigen Tage neben sich im Bett liegen haben. Aber war Antonin momentan überhaupt der Ruhepol? Im Moment hatte er nicht das Gefühl, Ruhe finden zu können. Vielleicht, weil er keinen weiteren Schritt mehr auf Antonin zugehen konnte? Wollte er, dass Antonin selbst den nächsten Schritt übernahm. Schließlich hatte er ihn immerhin hierher eingeladen... Als Antonin ihn mit einem Mal aus seinen Gedanken riss, blickte er diesen überrascht an. "Klar..", murmelte er auf die erste Frage und verschluckte sich dann halb, als er die Anschlussfrage vernahm. Er stellte den Teller weg, nun endgültig keinen Hunger mehr habend. "Nein, das muss ich nicht", antwortete er schließlich. "Das ist..." Wie sollte er das erklären? Antonin würde ihn für einen Vollidioten halten, würde ihn wahrscheinlich aufziehen und auslachen. Hilfesuchend blickte er zu seinem Esstisch, der ihm nun als Schreibtisch diente. Kurz strich er sich die Haare aus der Stirn, dann stand er auf, ging wortlos zum Tisch, kramte einen Packen Papier unter dem Chaos hervor und kehrte zum Sofa zurück, um sich dort wieder hinzusetzen. Dann reichte er Antonin die Aufgabenstellung. Das Deckblatt zeigte das Logo der Fernuni, an der er studierte, und gab preis, worum es sich bei diesem Skript handelte. "Ich weiß, dass es idiotisch ist, aber höchstwahrscheinlich kann ich das irgendwann wohl selbst einmal für mich gebrauchen", erklärte er, nachdem er Antonin lesen gelassen hatte, um was es sich handelte. "Es ist ein Widerspruch in sich, aber es war das einzige, was mich wirklich interessiert hat. Also habe ich das Studium vor 4 Jahren angefangen, nachdem ich meinen Abschluss nachgeholt hatte. Du kannst mich jetzt gerne für einen Träumer oder sonst was halten." Fast schon abwehrend verhärtete sich seine Miene. Nein, er würde sich in diesem Punkt nicht angreifen lassen. Es war das einzige, außer Corleone, was ihm immer wieder das Gefühl gab, dass er vielleicht irgendwann einmal auch ein ganz normales Leben führen könnte. Cole "Ha!", brummte er nur. "Ich musste einen ganzen Tag auf Mara aufpassen. Etwas, das sich anfangs wirklich entspannt anhörte." Antonin schüttelte den Kopf. "Ich habe mich selten so getäuscht. Das ist Knochenarbeit. Zudem ich ja nicht der strenge Papa bin, sondern der nette Patenonkel. So sah zumindest mein Plan aus und ich wurde noch niemals in meinem Leben so sehr untergejocht, wie von diesem Mädchen. Die Dinge, die ich tun musste", er sah zu Cole und hob die Gabel, um auf diesen zu deuten, "und ich übertreibe nicht, denn ich musste davor noch niemals als Pferdeersatz herhalten und ich werde es auch nach besten Wissen und Gewissen für die Zukunft vermeiden. Kleine Mädchen sind grausame Wesen die armen unschuldigen Männern wie mir geschickt wurden, um sie seelischen Schlumpffolterungen auszusetzen." Er zog die Gabel zurück und kratzte sich am Hinterkopf. "Ich war noch nie so glücklich darüber, giftige Chemikalien zu sehen, wie heute Abend. Da weiß ich wenigstens wie sie reagieren. Ich sehe ihrer Pubertät jetzt schon mit Schrecken entgegen." Es fiel ihm erstaunlich leicht, über seine Blamage zu sprechen aber andererseits würde es Cole vielleicht helfen ein wenig lockerer zu werden. Schadenfreude war ja meist die schönste Freude. Als Cole sich dann auch noch tatsächlich durchzuringen schien, auf seine Frage zu antworten, verbuchte Antonin diese Tatsache als weiteres dickes Plus. Wenn das so weiterging, hätte er einen guten Puffer für eher mies laufende Tage. So gesehen war er gerade hochzufrieden mit sich selbst, auch wenn er überrascht aufsah, als Cole ihm einige Papiere hinhielt, die er mehr aus Reflex als aus Neugier ergriff. Sofort stellte er seinen Teller weg und vergrub sich in die freiwillig herausgerückten Informationen. Und... las er das richtig? Ein Fernstudium? Nicht schlecht, er selbst konnte sich noch daran erinnern, sich immer wie ein Zombie zu den Lesungen geschleppt zu haben. Und dort wurde alles in kleinen, handlichen Häppchen serviert. So ein Fernstudium erforderte um so viel mehr Durchhaltevermögen und vor allem Disziplin. So hob er auch abermals erstaunt den Kopf und musterte den Mann neben sich mit eben jenem unverwandten Erstaunen, als er dessen Worte vernahm. "Idiotisch? Warum soll das idiotisch sein?", hinterfragte er verwirrt. "Ich persönlich dachte gerade, dass so etwas jede Menge Disziplin erfordert. Von Durchhaltevermögen einmal ganz zu schweigen. Das ist etwas, auf das du mit mehr Stolz blicken solltest. Zumindest mit mehr Stolz als man das in deinem normalen 'Beruf' kann." Abermals blätterte er ein wenig durch die Seiten und verstand nur Bahnhof. Für ihn waren das böhmische Dörfer ohne Ausgang. "Und du verstehst tatsächlich was hier steht?", er runzelte die Stirn und las eine der Aufgaben halblaut vor. "Das ist wie dein Kleingedrucktes, lauter Hyroglyphen. Kein Wunder, dass Anwälte so teuer sind, wenn die sich täglich durch sowas wühlen müssen." Doch schließlich legte er die Blätter auf den Tisch, veränderte seine ganze Sitzposition, so dass er bequem zu Cole sehen konnte und legte den Kopf ein wenig schief. "Du gönnst dir selbst viel zu wenig, Cole. Wenn man für etwas vier Jahre lang arbeitet, dann ist das etwas dem man Respekt zollen sollte. Nicht etwas, das man als Träumerei verschreit. Dann ist es eben ganz gegensätzlich zu deiner normalen Arbeit. Na und? Ist es deshalb vielleicht weniger wert? Und was interessiert es dich denn, was andere darüber denken? Du machst das doch für dich und weil es dich interessiert und nicht für den nächsten Idioten, dem du Waffen unterjubelst." Er hielt inne und überschlug das Datum auf den Aufgaben schnell im Kopf, um danach die Stirn zu runzeln. "Kein Wunder, dass du so gestresst wirkst. Du hast da nicht mehr allzu viel Zeit bis zum Abgabetermin, richtig?" Wie spät es wohl war? Dass Cole überhaupt die Zeit fand, hier mit ihm zu sitzen, überraschte ihn gerade. Und es gab ihm ein Stückchen mehr von den so dringend benötigten Informationen. Vielleicht war dieser undurchdringliche und immer für Überraschungen gute Mann tatsächlich bereit, nach einem Weg zu suchen. Auch wenn er jenen noch nicht für sich gefunden hatte. "Umso wichtiger, dass du auf dich achtest. Wenn du wirklich nicht mehr runterbringst, bin ich der letzte, der etwas dagegen sagt, aber es wäre für deinen Organismus nicht schlecht, ein paar der Vitamine zu sich zu nehmen. Und wenn das erledigt ist, biete ich dir eine Massage an, um deine Muskeln ein wenig zu lockern. Denn ich befürchte, du hast bis eben an irgendwelchen Schreibtischen gesessen, ja? Und keine Sorge, ich kann das. Sogar nicht nur nach Gefühl sondern tatsächlich." Das hätte gleich mehrere Vorteile. Zum einen würde Cole vielleicht tatsächlich noch ein paar der Salatblätter vom Teller picken, und zum anderen könnte er ihm tatsächlich ein wenig Entspannung versprechen, die Antonin persönlich auch nicht zu schlecht gefallen würde. Tatsächlich fand er die Massagestunden eines der wenigen alltagstauglichen Dinge, die er in Russland gelernt hatte, unddagegen, ein wenig von Coles Haut zu spüren, hätte er gar nichts einzuwenden. Auch wenn das wirklich nur entspannend sein sollte. Zu mehr hätte er heute im Grunde genommen sowieso keine Lust mehr. Jetzt ging es darum, dem anderen ein wenig der dringend benötigten Entspannung zukommen zu lassen. Vermutlich waren da nicht nur dessen Muskeln verspannt, aber eines nach dem anderen. Ein Schritt auf den nächsten.. Cole Die Erzählung des anderen über dessen 'Folterungen' ließen Cole erst überrascht die Augenbrauen heben, doch dann schlich sich mehr und mehr ein breites Grinsen in sein Gesicht. Schließlich konnte er nicht anders als leise zu lachen. Und dieses Lachen wirkte sehr befreiend. Es befreite ihn ein wenig von der Kühle, der Unnahbarkeit, mit der er sich eingehüllt hatte, um sich vor Antonin zu schützen. Aber musste er das überhaupt? Und nun wurde ihm bewusst, dass er sich bis eben nicht entspannen konnte, weil er es gar nicht zugelassen hatte. Er hoffte auf eine Ruhe, die er gar nicht bereit gewesen war, zuzulassen. War es so schwierig, sich fallen zu lassen? Hatte er so große Angst, dadurch ein Messer in den Rücken gestochen zu bekommen? Offensichtlich. Diese Angst davor, für sein Bedürfnis nach Nähe mit Zurückweisung oder Hohn bedacht zu werden, schien tiefer zu sitzen, als er sich das selbst jemals eingestehen könnte. Im Moment realisierte er das nicht wirklich. Er merkte nur, dass seine Anspannung weniger wurde, dass die Worte des anderen ihm gut taten, ihn sich ein wenig entspannen ließen. "Unschuldiger Mann?", fragte er mit einem Lächeln in der Stimme. "Ich sehe hier keinen unschuldigen Mann. Jedem, was er verdient." Der Ton verriet, dass er es nicht ernst meinte. Ein kleines schelmisches Funkeln schlich sich nun endlich in seine kühlen Augen. Ja, langsam konnte er sich entspannen. Interessant, dass er diese Entspannung am Telefon neulich viel leichter zulassen konnte. Aber jemandem ins Gesicht zu sehen, jemanden nah an sich zu haben, war wohl einfach noch ein gutes Stück schwieriger. Unruhig musterte er das Gesicht des anderen, die eben noch gespürte Entspannung war wieder wie weggeblasen. Er würde sich nicht deswegen rechtfertigen, wenn Antonin sich über ihn lustig machte. Doch Antonin reagierte vollkommen anders, als er erwartete. Disziplin? Stolz? Cole war verwirrt, ließ sich das aber nicht anmerken. Offensichtlich erhielt er nicht Hohn, sondern vielmehr Anerkennung für seine Arbeit. Und wieder spürte Cole, wie unbegründet sein Misstrauen gegenüber Antonin war. Ob er da jemals würde ablegen können? Sein Misstrauen allem und jedem gegenüber? Und vor allem, würde er Antonin jemals voll und ganz vertrauen können? Aber tat er das nicht schon längst? Schließlich hatte er ihm doch sein Leben anvertraut. Was hatte sich geändert? War es, weil sie sich so nahe gekommen waren, weil sie Sex gehabt hatten, weil Antonin mit einem Mal so viel näher war, als jemals zuvor? Cole seufzte innerlich über seine eigene Angst. Er sollte sich mehr entspannen. Was hatte er zu verlieren? Hatte Antonin jemals enttäuscht, ihn getäuscht, sein Vertrauen missbraucht? Nein. Also sollte er doch in der Lage sein, sich fallen zu lassen, oder? Und so lehnte sich Cole wieder zurück auf dem Sofa und lächelte über das unverfälschte Erstaunen des anderen. "Ja, ich kann diese Hieroglyphen entziffern", gab er zu. "Besser als so manches andere", fügte er mehr zu sich als zu Antonin dazu. Überrascht blickte er den anderen an, als er sich dessen Standpauke anhören musste. Und wie ein kleiner Schuljunge, der belehrt wurde, senkte er den Blick kurz. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er würde darüber nachdenken müssen. Ja, er machte es für sich. Sein Strohhalm eines normalen Lebens... "Du darfst niemandem davon erzählen", sagte er mit einem Mal und blickte den anderen durchdringend an. "Niemand aus der Organisation darf davon Wind bekommen." Vielleicht war sein Ton ein wenig zu harsch, aber es war ihm wichtig. Wenn davon jemand Wind bekommen würde, könnte es seinen Tod bedeuten. Costello hatte ihm bereits einmal mehr als deutlich gemacht, dass er ganz alleine ihm gehörte, dass er nur ihm verpflichtet war. Ein Studium war da eigentlich nicht drin. Er zwang sich seine Kälte wieder abzulegen, die sich gerade mehr als intensiv in sein Bewusstsein gedrängt hatte. Er sollte Antonin vertrauen... "Der Abgabetermin ist nächste Woche. Leider habe ich viel Zeit verloren und hinke schrecklich hinterher. Zudem Costello mir mehr und mehr Arbeit aufhalst." Sein Blick folgte Antonins Worten auf seinen Teller. Zögerlich nahm er ihn wieder und nahm einen Bissen. "Ist gut, Chefkoch", murmelte er und es klang nicht halb so ironisch, wie es klingen sollte. Doch als er dann das Angebot hörte, sah er Antonin an, stellte den Teller weg. "Du kannst massieren?" Er lächelte leicht und musterte Antonin. Dann streckte er sich leicht. "Und das soll ich dir glauben?" 'Entspann dich Cole', wisperte er sich selbst unhörbar zu. 'Entspanne dich...' In seinen Augen erschien wieder ein Fünkchen Schalk. "Nun, dann scheint es mir längst überfällig, diese Fähigkeiten meines Guards einmal auszukosten. Und ich behalte mir vor, den Vertrag noch zu kündigen, falls ich nicht zufrieden sein sollte." Er grinst verschmitzt und begann sein Hemd zu öffnen. "Auf dem Sofa?" Antonin Antonin schüttelte den Kopf und deutete auf das Schlafzimmer. "Hemd und Hose bitte ausziehen. Nimm dir ein großes Handtuch und leg es dir aufs Bett und dich selbst bäuchlings darauf bitte. Ich komme gleich zu dir", befahl er mehr, als dass er es bat. Doch er war in Gedanken schon ein Stück weiter. Er stand auf und zog sich die kleine Flasche aus der Jackentasche. Tatsächlich war er sich nicht sicher gewesen, sie heute wirklich zum Einsatz kommen zu lassen, aber andererseits konnte es wirklich nicht schaden. So öffnete er ein paar Schränke der Küche, bis er eine Schüssel gefunden hatte, die seinen Wünschen entsprach. Selbige füllte er dann zur Hälfte mit Wasser und füllte dann ein Stück mit dem öligen Sekret auf. Das ganze musste man so lange verrühren bis das Wasser wieder durchsichtig war, woraufhin er mit sich selbst zufrieden nickte, die Schüssel ergriff und sich auf den Weg zu Cole machte. Tatsächlich hatte jener seine Forderungen erfüllt und so lächelte er kurz zufrieden. "Für mich ist es so einfacher zu arbeiten, da ich in alle Richtungen hin die Freiheit habe mich zu bewegen.", erklärte er, stellte die Schüssel kurz auf den Boden ab und rollte die Ärmel von seinem Hemd nach oben bevor ihm noch etwas einfiel und er aus dem Badezimmer schnell noch ein Handtuch holte und es Cole reichte. "Fürs Gesicht", erklärte er ruhig, beugte sich dann nach seiner Schüssel und nahm sie mit in das Bett des anderen. Er platzierte seine Knie jeweils an den Seiten von Coles Hintern, setzte sich jedoch nicht, sondern blieb so gekniet. Antonin hätte in diesem Moment recht gern einfach nur sanft über die Haut des anderen gestrichen, sich die Wirbelsäule hinab und wieder hinauf geküsst und ihn einfach festgehalten wie einen Teddybären. Aber Ungeduld war keine Tugend und so begnügte er sich erst einmal auf das, was er sich selbst zugestand. Was zuerst einmal das leichte Einmassieren des inzwischen öligen Wassers darstellte. "Keine Sorge", nahm er wie nebenbei ihr Gespräch wieder auf. "Ich bin der letzte, der herumrennen und deine Geheimnisse preisgeben würde. Aber es freut mich natürlich, dass du es mir erzählt hast." Warum war so etwas einfacher, wenn Cole ihn nicht ansah? Das war so kindisch, dass es schon wieder frustrierend war. Aber immerhin schien Coles Körper inzwischen genug von dem Öl aufgenommen zu haben, um nun eine fettige Schicht auf der Haut zurück zu lassen. Damit konnte man gut arbeiten und deshalb war es nun auch vorbei mit den sanfteren, mehr streichelnden Berührungen. Sie wurden zielgerichteter, weniger sanft, aber waren trotzdem vorsichtig. Antonin begann in den Schultern, rückte die Position von Cole nur hin und wieder ein Stückchen zurecht, bevor er sich nach unten vorarbeitete und bereits beim ersten Mal einige 'Brandherde' für sich ausmachte. Und nicht nur das, denn es bereitete ihm auch eine unwahrscheinliche Freude seine Hände über Coles schöne Haut gleiten zu lassen, die kleinen Laute zu vernehmen, die man bei einer solchen Massage eben nicht verhindern konnte. Somit umspielte seine Lippen ein leichtes Lächeln und schließlich gab er doch nach und beugte sich nach unten um Cole einen Kuss auf die Wirbelsäule zu hauchen. "Wenn ich dann einmal selbst einen juristischen Ratschlag brauche, weiß ich ja nun, zu wem ich gehen kann, um das ganze kostenlos abzustauben. Was im Grunde nur bedeutet, dass ich vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten habe und erwarte von einem 'Bestanden' zu hören", murmelte er, sich wieder auf seine Tätigkeit konzentrierend. "Wusstest du eigentlich, dass man bei einer guten Massage nie den Kontakt zum Empfangenden abbrechen sollte? Selbst wenn es nur ein Kuppen des kleinen Fingers ist, so sind doch die meisten Sinne in diesem Moment darauf gerichtet und es würde ungewolltes Unbehagen auslösen", erklärte er wie nebenbei. Dann sprach er eine ganze Weile nicht mehr, dehnte dafür das ganze aber aus mehr oder weniger geschickt seine eigene Position so verändernd wie er es gerade brauchte. Und er ließ nur sehr wenig aus, denn jener viel zu fleißige Mann sollte mal den Schlaf der Gerechten schlafen. Etwas, wofür es nur zu gerne sorgen wollte. So wurde Cole wortwörtlich von den Haarspitzen bis zu den Fersen massiert, was Antonin zwar zugegebenermaßen ein wenig Schweiß auf die Stirn trieb, dafür war das Gefühl, das er hatte, als er die ausmassierenden Bewegungen in Coles Fingerspitzen endete ungemein toll. Tief durchatmend setzte er sich schließlich neben Cole an den Bettrand. "Ich hoffe mein Vertrag hat weiterhin Bestand", zog er den anderen auf und schloss kurz die Augen, nur um sie gleich darauf wieder zu öffnen und über seine Schulter hinweg zu dem Liegenden zu blicken. "Ist es in Ordnung wenn ich heute hier schlafe?", fragte er dann das erste, das ihm in den Sinn kam, als er diesen, in seinen Augen absolut tollen Mann betrachtete. Ob das gut oder schlecht war, darüber wollte er sich keine Gedanken mehr machen. So ohne Tätigkeit kroch die Müdigkeit wie eine zähe Flüssigkeit durch seine Adern und ließ sich dort nieder, nicht bereit wieder zu verschwinden. Cole Die Geradlinigkeit, mit der Antonin seine Forderungen gleich heraus brachte überraschte Cole. Er war aber positiv überrascht und so hatte er keinen Einwand, tat vielmehr, wie ihm geheißen und entkleidete sich auf dem Weg zum Bett bis auf die Unterhose, legte seine Waffe unterwegs irgendwo ab, ging kurz ins Bad, um das Handtuch zu holen, und warf Antonin, der in der Küche herumfuhrwerkte, kurz einen Blick zu, bevor er sich hinlegte. Es war irgendwie ein eigenartiges Gefühl, auf Antonin zu warten. Sicher hatte er schon Massagen gehabt, nun ja ein paar Mal, aber so richtig entspannt hatte ihn das Ganze nicht wirklich. Dafür freute er sich jetzt um so mehr. Besonders, da jener behauptet hatte, er habe darin wirklich Erfahrung, er sei darin wirklich gut. Nun, er würde ja sehen... Und noch etwas war seltsam. Er war noch nie so schutzlos da gelegen. Er hatte sich noch nie so absolut in die Hände eines anderen begeben und das machte ihn ein wenig nervös. Und so lauschte er recht angespannt den Erklärungen des anderen, auf die er nur mit einem 'Hm' antworten konnte, nahm das Handtuch fürs Gesicht, und legte sich dann wieder hin, noch immer nervös seiend. Diese Nervosität wandelte sich dann schnell zu absoluter Angespanntheit, als er spürte, wie Antonin sich über ihn kniete und er sich nun in einer absoluten Position der Schutzlosigkeit, des 'Ausgeliefert-Seiens' befand. Kontraproduktiv für die eigentliche Sache, auch wenn er sich über sich selbst ärgerte. Sollte er nicht einfach genießen? Leicht zuckte er unter der ersten Berührung zusammen, dann spürte er die gleichmäßigen, einmassierenden Bewegungen und als Antonin zu sprechen begann, entspannte er sich nach und nach mehr und mehr. Und so war er schon relativ entspannt, als Antonin schließlich fester, intensiver seine Hände massieren ließ. Und dennoch spürte er, wie verspannt seine Muskeln waren. Hin und wieder entglitt ihm ein Keuchen, ein Stöhnen, ein gepresstes Ausatmen, wenn Antonin wieder einen Knoten in ihm entdeckte, den er versuchte zu lockern. In sich spürte Cole aber nun endlich jene Ruhe, jene Entspannung, die er bisher nur durch Antonin erfahren durfte. Nun war es endlich so weit, dass er sich fallen ließ. Und interessanterweise war dem so, weil Antonin ihn berührte, ihm auch physisch nahe war, und weil er ihm gleichzeitig auch nicht ins Gesicht sehen musste. Er musste seine Kühle nicht wahren, denn er konnte die Augen schließen und sich einfach gehen lassen. Und er wusste, dass es keine negativen Konsequenzen haben würde, dass niemand da war, der ihm durch seine Hingabe schaden konnte, der seine Schutzlosigkeit ausnutzen konnte. Cole spürte an seiner Schulter, dass sie noch schmerzte, genauso wie er an seiner Narbe spürte, dass seine Haut da nicht so eben war, wie sie sein könnte. Solche Verletzungen gehen halt doch nie wirklich weg. Während er sich massieren ließ lauschte er den Worten, unfähig darauf wirklich zu antworten, aber für sich registrierend, dass Antonin ihn nicht 'verraten' würde, dass er über sein Jurastudium stillschweigen wahren würde. Ein beruhigendes Gefühl, das ihn gleich noch mehr entspannen ließ. Als er mit einem Mal die Lippen des anderen an seiner Wirbelsäule spürte, durchfuhr ihn ein wohliger Schauer. Sein ganzer Körper wirkte mit einem Mal wie elektrisiert. Dass Massagen etwas sehr erotisches hatten, das wusste er, aber die küssenden Lippen an seiner Wirbelsäule brachten unerwartete Gefühle in ihm zum Vorschein. Gefühle, von denen er ruhig mehr vertragen konnte. Auch zu den Regeln einer guten Massage sagte er nichts, nur dass er zwei Dinge nun wusste: erstens, dass Antonin ein wirklich guter Masseur war, und zweitens, dass er ohnehin nicht wollte, dass Antonin den Kontakt zu ihm unterbrach. Gleichzeig kam ihm der Gedanke, dass jener sicher später gehen wollte, eine Sache, die er eigentlich nicht zulassen wollte. Aber könnte er den anderen fragen, ob er übernachten wolle? Hieße das nicht, zugeben zu müssen, dass man Antonin bei sich haben wollte? Aber was war an diesem Wunsch so schlimm? War es ungewöhnlich, dass Antonin hier übernachten würde? Vielleicht würde sich ja später eine Gelegenheit ergeben, in der er Antonin fragen könnte, ob er bleiben wolle... Wohlig brummend spürte er, dass die Massage mit jeder Minute leichter wurde, seine Muskeln sich mit jeder Minute mehr und mehr entspannten. Befremdlich war nur kurz, dass Antonin wirklich ihn von Kopf bis Fuß massierte. Als jener schließlich bei seinen Händen angekommen war, und aufhörte, rührte sich Cole seinen Moment nicht, bis Antonin ihn ansprach, nach der Verlängerung seines Vertrages fragte. Cole drehte den Kopf und blickte irgendwie erschöpft den anderen an. Antonin saß da und hatte ihm den Rücken zugewandt, etwas, was ihm gerade gar nicht gefiel. Doch als sich jener wieder umdrehte, ihn ansah und fragte, ob er hier schlafen könne, hatte sich Cole ohnehin schon zu Antonin gedreht, griff nun zur Hand des anderen und zog ihn so nach hinten zu sich, Antonin fest umarmend, sein Gesicht in dessen Halsbeuge, seinem Nacken vergrabend. "Den Vertrag hätte ich ohnehin niemals gelöst", murmelte er gegen die Haut des anderen und begann sacht über die Oberarme zu streicheln, zumindest mit der einen Hand, die darauf lag. "Und ich glaube ich kann dich jetzt auch nicht gehen lassen." Er atmete tief durch. "Ich danke dir für alles." Cole spürte, dass dieser Satz, den er eigentlich auf die Massage bezogen hatte, für vieles mehr auch stehen konnte, doch er änderte ihn nicht, fügte nichts dazu. Letztlich hatte er dem anderen ja ohnehin viel viel mehr noch zu verdanken... Antonin Es war schon seltsam, aber er verspannte sich nicht einmal kurz als Cole ihn so plötzlich zu sich zog. Vielmehr glaubte er sofortige Erleichterung darüber benennen zu können. Dann hatte er sich also gerade nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt. Wieder etwas, das er zu seinen Informationen fügte und dann seine Aufmerksamkeit auf die gemurmelten Worte lenkte. Und auf den Atem des anderen, der ihm in regelmäßigen Abständen gegen die Haut perlte. Abermals konnte Antonin nicht anders als zu lächeln und die Streicheleinheiten kurz genießen. "Ich tue das gern", nuschelte er schließlich und hob eine Hand um durch Coles Haare zu streichen, der sein Gesicht immer noch in seinem Nacken gepresst hatte. "Aber ich befürchte, du musst mich doch nochmal eben loslassen, da es in Jeans und Hemd nicht so bequem zum schlafen ist und ich die Teller auch noch eben wegräume. Du bleib hier schön liegen und versuch entspannt zu bleiben." Es klang nicht nach dem Befehl, den die Wortwahl vermuten lassen würde. Vielmehr war es eine Bitte, einfach liegen zu bleiben und den Rest erstmal Antonin zu überlassen. Sachte entwand er sich der zwar durchaus angenehmen Umarmung, aber so in den Klamotten war es wirklich nicht gerade bequem. Allerdings strich er, wieder mutiger geworden fast zärtlich über Coles Wange und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Bin gleich wieder da." Damit erhob er sich, griff die Schüssel und nahm jene mit zur Küchenzeile. Wo er das Ding erstmal auswusch und zum Abtropfen stellte bevor er die Salatschüssel griff und ein wenig überlegend auf den Inhalt starrte und sich dann frech durch sämtliche Schubladen wühlte auf der Suche nach Alufolie oder Frischhaltefolie. Immerhin fand er ersteres, womit er die Salatschüssel abdeckte und sie mit sanfter Gewalt im Kühlschrank verstaute. Die beiden Teller und das Besteck wusch er noch ab und stellte sie ebenfalls zum Abtropfen bevor er den Futternapf des Fellknäuls musterte und beschloss, dass da noch genügend drinnen war. Das erledigt wissend, stellte er noch die Musikanlage aus und betätigte den Lichtschalter. Damit war die einzige Lichtquelle das bläuliche Scheinen aus dem Schlafzimmer, wohin er sich auch wieder begab, ein Fenster kippte - das hatte er sich letztes Mal von Cole abgeschaut - sich schließlich bis auf die Shorts auszog und dieses Licht ebenfalls abschaltete. "Das nächste Mal treffen wir uns nach deinem Termin", beschloss Antonin während er zum Bett tapste, sich darauf niederließ und auch sofort die Hände nach Cole ausstreckte. Ein wenig tastend, da sich seine Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Doch das hielt ihn nicht davon ab, den anderen ungefragt an seine Brust zu ziehen, ihn zu umarmen und sanfte Küsse über dessen Hals, bis hoch hinter das Ohrläppchen zu verteilen. Er selbst brauchte und wollte von diesem Augenblick gar nicht mehr als die Versicherung, dass er Cole gerade wirklich wieder in den Armen hielt. Dass der andere Mann ihm doch wieder so nah war. Dass es sich immernoch lohnte, sich an anderen Tagen nach dieser Nähe zu sehnen und von solchen Erlebnissen zu zehren. Und diese Gefühle mussten jetzt auch raus und wo seine Massage noch einen eher professionellen Touch hatte, so war ihm jetzt jede Berührung, die er Cole zukommen ließ wichtig. Jeder Zentimeter dieser weichen, gut duftenden Haut musste jetzt verwöhnt und gestreichelt werden. Seine Lippen mussten über dessen Schultern und Schlüsselbein gleiten und den Geschmack neu für sich entdecken. Doch es war und blieb harmlos und füllte zumindest in Antonin eine ganz andere Art der Gier. Eine Gier, die so rein gar nichts mit Sex zu tun hatte, sondern nur mit Cole. Mit Cole und den Gefühlen, die er scheinbar immer heftiger und schneller zu entwickeln schien. Seufzend vergrub er sein Gesicht in der Haut des anderen und schloss die Augen. "Du hast keine Ahnung wie gut du mir tust", nuschelte er leise… schon immer müder werdend. Und so brachte er nach einiger Zeit auch nur noch ein leises ‚Gute Nacht‘ zusammen, bevor er auch schon weggedöst war. Auch wenn er ganz am Rand triumphierend und höchst zufrieden bemerkte, dass Cole ihm nicht mehr entwischt war, sondern immer noch nahe an ihm geschmiegt zu liegen schien. Cole "Hmmm", grummelte Cole, der es gerade so genoss, sich in Antonins Halsbeuge verkriechen zu können. Er spürte deutlich, wie müde er mit einem Mal war. Wenn er nicht so angespannt war, dann kam die Müdigkeit erst so richtig in ihm hoch. Dabei war es gerade so schön. Antonins Worte, die ihn erleichterten, seine Berührungen, die er genoss, seine Nähe, die ihn entspannte. Widerwillig ließ er Antonin los. Wertete den zarten Kuss als Entschädigung für die Zeit der Abwesenheit des anderen. "Aber beeil dich...", murmelte er, müder und müder werdend. Das Bett war mit einem Mal so kühl und leer, als Antonin aufgestanden war. Und gleichzeitig überkam ihm wieder eine Angst, dass Antonin gehen würde. Aber diese Angst, war wie all seine anderen Ängste in Bezug auf Antonin genauso irrational. Diesmal schaffte er es sogar, die Angst zur Seite zu schieben. Er lauschte den Geräuschen, die Antonins Aufräumaktion verursachte. Ob sie öfters hier so die Zeit miteinander verbringen könnten? Vielleicht... Wenn er seine Prüfungen hatte. Seltsam, dass Antonin den gleichen Gedanken zu haben schien und ein Lächeln schlich sich auf Coles Lippen, als er Antonins Bemerkung hörte. Er spürte, wie Antonin in der Dunkelheit nach ihm tastete und hob seine Hände, um ihm entgegenzukommen. Und schließlich zog er den anderen zu sich, ließ sich vom anderen zu ihm ziehen, was in einer innigen aber wohltuenden Umarmung endete. Sacht ließ er seine Fingerspitzen über Antonins Haut gleiten, streichelnd, erkundend, während seine Lippen immer wieder schmetterlingszarte Küsse dem anderen auf die Haut hauchte. Antonin roch wirklich gut, und zwar nicht nur das Duschgel. Hm, so könnte er ruhig schlafen... Und mit einem Mal merkte er, dass er hier mit einem Mann im Bett lag, ohne, dass sie Sex hatten, dass sie einfach nur mit ihrer Nähe auskamen und mit ihrer Anwesenheit. Es war ein seltsamer Gedanke, aber nicht ein unangenehmer. Ein Schauer rieselte seinen Rücken runter und sein Herz setzte einen Moment aus, nur um dann mit doppelter wenn nicht dreifacher Geschwindigkeit weiter zu schlagen. Und mit einem Mal war er wieder hellwach. Hatte er richtig gehört? Er tat Antonin gut? Hatte dieser das wirklich behauptet? Unbegreiflich, aber Antonin hatte das vollkommen ernst gemeint. Aber wie denn? Damit, dass er ihn in Lebensgefahr brachte, dass er ihn als Masseur ausnutzte, oder vielleicht damit, dass er nachts noch durch die halbe Stadt schickte? Und auch, wenn ihm tausend Gründe einfielen, weshalb diese Aussage nicht zutreffen konnte, machte sie ihn auf eigentümliche Weise glücklich. Sacht drückte er Antonin enger an sich, vergrub seinen Kopf tiefer in dessen Halsbeuge. Ein 'Und du erst...', das ihm auf den Lippen brannte, bekam er nicht raus. Für wo etwas brauchte er noch Zeit. Und so schlummerte er schließlich das erste Mal seit Tagen wieder relativ schnell ein, ohne an die tausende Dinge zu denken, die er noch erledigen musste, die noch anstanden. Kapitel 45: Die Loslösung der Schwarzen Mamba --------------------------------------------- Antonin Und mochte es an der unchristlichen Uhrzeit oder an Coles Gegenwart liegen, aber diesmal fuhr Antonin nicht alptraumgeplagt hoch. Zumindest glaubte er das, als er Cole am nächsten Morgen herumhantieren hörte und ihn selbst damit langsam aber sicher aus einem wunderbaren Tiefschlaf beförderte. Welcher Geisteskranke wollte jetzt schon aufstehen? Dieser Mann war verrückt! So grummelte er und setzte sich halbblind gerade noch schnell genug auf um den anderen an der Hüfte zu fassen zu bekommen, ein Stück zu ihm zu ziehen und dessen Bauchnabel zu küssen bevor er sich wieder zurücksinken ließ. "Ich schwöre, das mit diesem Aufstehen muss sich ändern.", grollte er und blinzelte abermals ein wenig. War das noch dunkel draußen?! Warum war die Technik noch nicht weit genug, sich nach Hause in sein eigenes Bett zu beamen? "Kaffee...“, murmelte er noch bevor er gequält seufzend die Augen wieder zumachte. So schnell würde Cole ihn nicht mehr zu solchen Uhrzeiten zu ihm locken können, wenn er dafür nicht einmal eine halbe Nacht Schlaf bekam. Und natürlich war das gelogen und Blödsinn, aber es war laut innerer Uhr scheißfrüh und er nun mal kein Morgenmensch. Cole Als er früh morgens erwachte rang er kurzfristig mit sich, ob er noch liegenbleiben solle. Doch er hatte am vergangenen Abend zu wenig geschafft, und wenn er fertig werden wollte, konnte er sich das nicht erlauben... Und so küsste er Antonin sacht auf das Schlüsselbein, das sich ihm anbot und versuchte sich so vorsichtig wie möglich aus der Umarmung des anderen zu schälen. Doch leider weckte er ihn wohl doch auf, und kurz ließ er sich noch einmal zu diesem ziehen, bevor er sich wieder löste. Kurz blieb er an der Bettkannte sitzen und strich Antonin über die Stirn, das Haar. "Das mit dem Aufstehen wird sich ändern, wenn ich meine Prüfung beendet habe. Versprochen...", murmelte er leise. "Schlaf noch, Antonin, schlaf noch. Ich wecke dich nachher und mache dir Frühstück. Ich muss nur mein schlechtes Gewissen beruhigen." Vorsichtig beugte er sich hinunter und küsste den anderen auf dir Stirn. Dann ging er ins Bad und duschte, um seine Lebensgeister zu wecken. Er musste weiterarbeiten, durfte nicht riskieren, dass seine Prüfung verloren war, falls Costello beschließen sollte, dass er wieder nach Chicago müsse. Schließlich machte er sich Kaffee und saß wieder am Schreibtisch, zufrieden damit, dass Antonin tatsächlich noch einmal eingeschlafen war. Schließlich räumte er den Esstisch auf einer Seite zumindest frei und deckte den Tisch, noch einmal frischen Kaffee kochend, nachdem er sich erinnert hatte, wie gierig Antonin damals auf Kaffee gewesen war. Dann schob er die Brötchen in den Ofen und deckte den Tisch. Er hatte am vergangenen Abend noch für ein potentielles Frühstück eingekauft, in der Hoffnung Antonin würde bei ihm bleiben. Für Cole war das Frühstück seine Lieblingsmahlzeit. Interessant war nur, dass er nie frühstückte, wenn er alleine war. Schließlich schenkte er eine Tasse Kaffee ein und ging zum Bett, die Tasse auf den Nachttisch stellend. Sacht streichelte er Antonin über das Gesicht, beugte sich schließlich zu ihm. "Aufstehen, Schlafmütze", murmelte er und lächelte zufrieden, als er eine Reaktion sah. Dann stand er auf. "Beeil dich, dann können wir noch frühstücken, bevor ich ins Dream muss." Schließlich fanden sie sich wieder am Küchentisch. Coles Stimmung war getrübt, auch wenn ihre Vertrautheit keinen Einbruch erlitten hatte. Aber auf Coles Gemüt drückte die Tatsache, dass er nicht wusste, wann sie sich wiedersehen würden. Sollte er sich mit Antonin wirklich erst eine Woche später treffen? Time will tell... Antonin Antonin war nicht weiter schwer zu überreden, wieder weiter zu schlafen, auch wenn er das Ganze von seinem, zu Coles Kissen verlegte, so war es doch gleich wieder im Traumland. Kein Wunder eigentlich, in letzter Zeit nahm er seinen Körper ganz schön mit und gönnte ihm überhaupt keine akzeptablen Schlafzeiten mehr. Denn durch die ständig wechselnden Zeiten war er Schlaf, den er abbekam, zwar zeitlich ausreichend, aber nicht erholsam. Nochmal tief durchatmend nahm er sich nur noch ganz am Rande vor, im Duden nach Workaholic zu suchen und zu überprüfen, ob da als Definition nicht Cole drinstand. Und als er einige Zeit später von oh so süßem Kaffeeduft und einer wohltuenden Streicheleinheit geweckt wurde, konnte er nicht einmal mehr richtig brummelig sein. Trotzdem spähte er aus kleinen Augen zu dem Mann hoch, der ihm gerade ein Frühstück versprach und rappelte sich dadurch auch tatsächlich hoch. Wo sein erster Griff zum Kaffee ging und er sich mit viel Fantasie einbildete, dass er mit jedem Schluck mehr und mehr Lebensgeister in sich wieder wachrief. Einbildung war eben doch auch eine Bildung. Das erledigt wissend, tapste er ins Badezimmer und nahm sich vor das nächste Mal eine Zahnbürste mitzunehmen. So durfte das nicht mehr weitergehen. Das war wichtige Pflege! So gab‘s ein ähnliches Verfahren wie letztes Mal, auch wenn er sich die Dusche erstmal sparte und sich für zuhause aufhob. Sonst würde er sich in der bereits getragenen Unterwäsche so unwohl fühlen, dass er sich dann sowieso nochmal duschen müsste. Sich über diese Gedanken hinweg anziehend, nahm er die heißbegehrte Kaffeetasse mit sich und begab sich zum bereits gedeckten Küchentisch, wo es ihm ganz normal vorkam, sich zu Cole runter zu beugen und ihn in den Nacken zu küssen, bevor er sich setzte und eines der Brötchen anstarrte. Hatte er Hunger? Noch mit sich hadernd beschloss er sich erst mal weiter an den Kaffee zu halten. "Ich mag gar nicht daran denken, was ich heute alles zu tun habe", brummte er schließlich und hob den Blick weit genug, um Cole zu betrachten. Im Gegensatz zu gestern Abend kam ihm jener wieder viel offener vor. Entspannter... auch wenn da schon wieder jener altbekannte Funke dabei war, Besitz von den Augen zu ergreifen. Und irgendwie sah der andere auch ein wenig genervt aus? "Obwohl ich mir denke, dass dein Arbeitspensum meines wohl überschreitet", gab er dann noch zu und griff doch zu einem der Brötchen, bevor er ein eher seichtes Thema anschnitt und sie sich damit wohl gegenseitig über mögliche Seltsamkeiten hinweghalfen. Als er den Teller von sich schob, beschloss er, dass es Zeit wäre sich zu verabschieden. Zwar hätte er Coles Gegenwart gern noch ein wenig länger genossen, aber wie er erfahren hatte war ihre Zeit sowieso schon gestohlen und er wollte es dem anderen nicht noch komplizierter gestalten. Weswegen er sich auch erhob, zu Cole trat, der aufsah und sich abermals zu ihm herunter beugte, um ihn einen Kuss zu geben. Erst sollte es nur ein kurzer Abschiedskuss werden, den er sich selbst einfach zugestand, doch wie das letzte Mal auch schmeckten diese Lippen nach mehr und so vertiefte er das Ganze, bevor er sich löste und dem anderen in die Augen sah. "Damit du mich nicht vergisst", murmelte er und strich dem anderen nochmal sachte mit den Fingerspitzen über die Wangenknochen, bis hinunter zum Hals. "Halt dir ein paar Stunden frei, wenn du deine Prüfungen abgegeben hast." Irgendwie schaffte er es, so früh am Morgen sogar den Spagat zwischen Befehl und Bitte hinzubekommen. Weshalb er Cole abermals küsste und sich dann recht schnell verabschiedete. Der Rest des Tages verlief eher unspektakulär, bis er zu seiner Sitzung kam und dort erfuhr, dass es wohl gut wäre, wenn er mal ein paar Tage aus der Stadt rauskäme um sich nur mit sich selbst beschäftigen zu können. Weitab von Menschen, die ihn kannten und möglicherweise verurteilen würden. Am besten sollte er sich seine ganze Geschichte selbst erzählen oder aufschreiben. Und an und für sich war Antonin dem Ganzen nicht unaufgeschlossen, aber momentan passte ihm das so gar nicht in den Kram. Es lief doch alles bestens. Inzwischen zeigte er sich mit freien Unterarmen und bei Cole dachte er nicht einmal mehr an seine Narben. Waren das nicht erst mal genug Fortschritte? Er äußerte seine Bedenken und einigte sich auf den Kompromiss, sich eine Woche frei zu nehmen, sein Labor ein Labor sein zu lassen und sich wenigstens so selbst etwas zu gönnen. Er sollte ganz alleine Dinge unternehmen und seine Wirkung und Reaktionen darauf beschreiben. Sollte testen, wie weit er inzwischen gehen konnte. Auch ohne Beruhigungsmittel. Und damit setzte ihm sein Doc recht erfolgreich einige Flöhe ins Ohr, die ihn davon abhielten, recht viel an Cole zu denken, sondern sich vielmehr mit dem gekauften Stadtplaner zu beschäftigen. Er war noch nicht einmal bei der Freiheitsstatue gewesen, oder in einem der Vergnügungsparks von einer Stadtrundfahrt einmal ganz zu schweigen. Vielleicht hatte sein schlauer, wenn auch überteuerter Doc ja wirklich recht? Am besten wäre es, er würde mal mit seinen Vorgesetzten sprechen und erfragen wann es denen den recht wäre. Denn auch wenn er kommen und gehen konnte, wie er wollte solange er am Ende des Monats seinen Soll erfüllt hatte, so konnte er sich nicht einfach eine Woche freinehmen, nur weil er es gerade so wollte. Cole "Als ob ich dich so schnell vergessen könnte", brummelte Cole, nachdem sich hinter Antonin die Tür geschlossen hatte. "Du hast dich doch schon längst in mir niedergelassen." Er seufzte. Es war immer noch ein seltsames Gefühl, wenn Antonin so mit ihm umging, aber er wehrte ich nicht dagegen. Die Küsse, die Berührungen, die Zärtlichkeiten, das Versprechen, sich zu melden, sich Zeit zu nehmen, wenn es weniger stressig war... Fast, als wären sie richtig zusammen. Und doch wusste Cole nur zu gut, dass da zu viel ungeklärt und unausgesprochen war, dass da zu viele Umstände und äußere Einflussfaktoren bestanden, die dies widerlegten. Letztlich konnten sie nur an 'geheimen' Orten ihre Vertrautheit zelebrieren. Dort, und nirgendwo sonst. Und was war das für eine 'Beziehung', wenn man sie verstecken musste? Und noch viel entscheidender war, dass er sich nie einfach darauf einlassen konnte. Jedes Mal musste er sich wieder von neuem fallen lassen. Ob das so immer sein würde? Und würde Antonin akzeptieren, wenn es so wäre? Cole fiel mit einem Mal auf, dass er in seinen Überlegungen bereits das Wort 'Beziehung' verwendete. Konnte es sein, dass Antonin ihn tatsächlich schon auf einen 'Weg' geführt hatte? Cole wusste es nicht, wusste gar nichts mehr. Aber jetzt konnte er auch nicht darüber nachdenken. Er hatte andere wichtige Dinge zu tun. Und so fuhr er fort zu arbeiten, fuhr dann gegen 12 Uhr ins Lady-Dream und konnte letztlich für sich einen recht erfolgreichen Tag verbuchen, auch wenn er am Abend deutlicher denn je die Anspannung spürte, die er im Nacken sitzen hatte, von der Antonin ihn letzte Nacht doch eigentlich befreit hatte… Aber die Arbeit verhinderte zumindest, dass er über gestern Abend nachdachte, über die Erkenntnis, dass er sich teilweise viel zu sehr selbst im Weg stand, dass er lernen musste, Vertrauen zu haben, dass er sich dem anderen gegenüber öffnen könnte, ohne Angst haben zu müssen. Nein, darüber konnte er nicht nachdenken und deshalb würden diese Erkenntnisse auch bald wieder durch seine ihn ständig begleitende Kühle verschwunden sein. Zumindest zog er einen größeren Deal an Land, der eine Autoüberführung darstellte und der ihnen eine Verbindung nach Norfolk sicherte. Außerdem stand nächste Woche ein größerer Waffendeal wieder ins Haus. Langsam bräuchte er eine Sekretärin, oder besser einen gut aussehenden Sekretär, um sich das alles zu merken. Ob Antonin da mitspielen würde? Kurz lächelte er bei dem Gedanken, ihn als Sekretär hier zu haben. Eine seltsame Vorstellung. Pünktlich um 20.30 fuhr er los. Das Castello war ein Szenelokal, in dem die Schickeria New Yorks gerne verkehrte. Cole hatte dort etwas zu erledigen. Also warum nicht gleich einen kleinen Test durchführen, wenn sich jemand darum bemühte, ihn davon zu überzeugen, dass er für ihn arbeiten wollte. Cole hatte Gawain klare Anweisungen gegeben, zu welchem Tisch er kommen sollte. Und so saß er an dem vereinbarten Tisch, den er bestellt hatte und blickte auf die Karte. Nein, er hatte keinen Hunger. Sein Blick glitt durch den nicht sehr großen Raum. Von hier aus hatte er einen guten Überblick. Hoffentlich war Gawain pünktlich, sonst könnte es Probleme geben. Gawain Ruhig lenkte er den BMW durch die vollen Straßen. Gawain war pünktlich losgefahren und somit sehr gut in der Zeit. Wie immer also, denn selbst wenn es bei dem Treffen nicht um so etwas potentiell Wichtiges gehen würde, so konnte er Unpünktlichkeit nicht ausstehen. Genau wie so vieles andere, das er nicht ausstehen konnte und ihn damit auch nicht zu Everybodys Darling machte. Nicht einmal in seiner eigenen Abteilung. Aber das war in Ordnung, schließlich war er nicht bei einer Spezialeinheit, um gemocht zu werden, sondern um sehr gute Arbeit zu leisten. Und das war eine Tatsache die ihm niemand absprechen konnte, weshalb er es trotz seiner eher antisozialen Einstellung doch fertig brachte sich den benötigten Respekt zu verschaffen. Ein Grund, warum man es auch schnell aufgab, ihm einen Partner unterjubeln zu wollen. Gawain brauchte niemanden, der ihn ständig mit sinnlosen Fragen löcherte und sich selbst dann unvorbereitet in gefährliche Situationen begab. Nein, darauf konnte der Amerikaner mit der deutschen Mutter sehr gut verzichten Etwas das auch die höheren sehr bald begriffen hatten. Solange man Gawain Hunter nicht über die Schulter sah, bekam man auch die besten Ergebnisse vorgelegt. Wenn auch nicht immer ganz astrein, denn Zimperlichkeit kannte er nicht. Da war ihm schon der ein oder andere in die Faust oder in den Waffenlauf gefallen. Zu dumm aber auch. Doch jene Gedanken verblassten, als er sein Fahrzeug gekonnt in eine der wenigen Parklücken fuhr und sich aufmerksam umsehend ausstieg. Er hatte sich selbstverständlich über das Castello informiert und sich dementsprechend gekleidet. Ein ärmelloses schwarzes T-Shirt mit der übergeworfenen beigen Wildlederjacke, dazu eine gut sitzende dunkle Hose und fertig war der Kerl in dessen Haut er sein ein paar Tagen immer tiefer schlüpfte. Gawain Hunter, ein junger Mann, der gut kalkuliertem Risiko häufiger ins Gesicht lachte und sich an einen gewissen Standart gewöhnt hatte, den er beibehalten wollte. Ein Mann, dem kein Slang in die Wortwahl rutschte, der lieber beobachtete als sprach und dessen Blick aus den hellblauen, klaren Augen nicht flackerte. Dieser Mann nahm etwas in sein Blickfeld und würde erst abdrücken, wenn ein Treffer sicher wäre. Aber auch ein Mann, der sich unterordnen konnte, wenn es die Situation erfordern würde. Ja, auf dem Papier und bei ersten Tests auf der Straße war es ihm bisher nicht weiter schwer gefallen, das auch zu verkörpern. Vermutlich weil jene Art ihm auch irgendwo lag, auch wenn er eigentlich keine Probleme damit hatte, seinen Gegenüber so lange zu bequatschen, bis diesem nicht mehr klar war, wo sich oben und unten befand. Sein Gesichtsausdruck war ruhig, als er das Lokal betrat und sich nach dem beschriebenen Tisch umsah. Sein Zeitplan ging auf und durch seine eigenen Gedanken ein wenig getrödelt habend, war er nur wenige Minuten zu früh. Der Mann, den er schnell ausmachte und auf welchen er zuhielt, klassifizierte er für sich selbst als jemanden, der nicht um den heißen Brei herumreden würde. Jemand, der wusste was er suchte und wenn Gawain diesem Muster nicht entspräche, dann wäre diese Chance schneller vertan, als sie sich aufgetan hätte. Sich dies bewusst werdend, trat es zum ersten Mal klarer in den Vordergrund, dass er sich vielleicht gleich wirklich mit einem derjenigen unterhalten würde, die etwas zu sagen hätten. Einer derjenigen, die er selbst gerne von der Straße schaffen würde und mit etwas Glück und Ausdauer würde jener sich die Made selbst ins Fleisch lassen. An den Tisch tretend, begrüßte er den Mann mit einem Nicken und setzte sich. "Danke, dass Sie sich die Zeit hierfür nehmen. Ich bin Gawain, Gawain Hunter", stellte er sich vor und hielt dem Blick des Mannes so gut es eben ging stand. Damit konnten die Spiele beginnen, dachte er und rollte die imaginären Würfel los. Roulette war immer wieder spannend. Cole Der Mann, der auf ihn durch den Raum zusteuerte, wirkte im ersten Moment absolut arrogant auf ihn. Er schien perfekt hier in dieses Lokal zu passen. Und die Lederjacke signalisierte Cole, dass er entweder Geld hat, oder einmal Geld verdient hatte, das er dann in so etwas investierte, um danach wieder mittellos dazustellen. Beeindruckend an diesem Mann waren die Augen, die seine Selbstüberzeugung unterstrichen. Arroganz war potentiell kein Problem für Cole. Es gab zwei Arten von Arroganz. Die eine war Arroganz, die darauf basierte, dass man sich selbst überschätzte und dazu führte, dass man irgendwann ziemlich auf die Schnauze flog, oder es war Arroganz, die darauf basierte, dass man wirklich etwas drauf hatte. Bei letzterem wirkte man oft arroganter, als man wirklich war, denn wenn man wirklich etwas drauf hatte, dann musste man nicht mehr arrogant sein. Und so stellte sich diese Art der Arroganz häufig als 'Überzeugt von sich selbst sein' heraus. Nun, es würde sich herausstellen, zu welchem Typ dieser Mann zählte. Cole blickte ihn musternd an, ohne die Miene zu verziehen, die kühle abweisende Aura um sich herum aufgestellt. Selbst auf das Nicken reagierte er nicht, nicht auf die Begrüßung. Kurz legte er den Kopf schief und überlegte, ob ihm das Gesicht gefiel. Weiter schwieg er. Er testete gerne aus, wie schnell oder wie langsam jemand nervös wurde. Doch dieser Mann zeigte sich wenig beeindruckt. Gut so. Dann glitt sein Blick zu einem Tisch, an dem drei Herren und eine Frau saßen. "Sag mir, was du dort drüben am Tisch siehst." Ob jener erkennen würde, dass es sich um den Sicherheitsdienst handelte? Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Wenn alles so lief, wie er sich das vorgestellt hatte, dann würden sie nur eine halbe Stunde für den Smalltalk haben. Und wenn jener gleich nicht auf den Punkt kommen würde, dann wäre es sowieso schon vorbei. Cole fragte nicht, welche Erfahrungen jemand hatte, oder wie viele Deals er gehabt hatte oder so einen Scheiß. Leute logen. Cole testete lieber, was sie wirklich drauf hatten. Gawain Wenn er dieses Schweigenspielchen nicht schon selbst in Verhören durchgezogen hätte, wäre er vermutlich nervös geworden. So würde es ihn nur insofern nervös machen, dass er den kühl dreinblickenden Mann vor sich noch einige Stufen nach oben schieben müsste. Dessen Aura verbot einem geradezu eine falsche Bewegung zu tätigen oder ein falsches Wort von sich zu geben. Oder überhaupt ein weiteres Wort von sich zu geben, nach dem er nicht gefragt worden wäre. Hm, seine Vorgesetzten könnten ihm mal so einen Kerl hinstellen, dann müsste er sich seiner Partner nicht immer so mühsam wieder entledigen. Er folgte dem Blick und ließ die Szene auf sich wirken, bevor er die Nebentische ebenfalls ins Visier nahm, um sich seine erste Intuition bestätigen zu lassen. Und ja, er hatte sich nicht getäuscht. Zum einen wirkte die Frau nur auf den ersten Blick wirklich integriert, während man sofort erkannte, dass sie ein imaginäres 'dont touch, dont flirt' Schild trug. Was schon keinen Grund mehr für die Männer gäbe dort zu setzen, außer es wären befreundete Personen. Etwas, das man ebenfalls mit einem etwas intensiveren Blick ausschließen konnte. Zudem gab es eine Reihenfolge. Die gab es in solchen Lokalitäten immer. Damit es nicht so auffiel, würde immer nur einer der Aufpasser seinen Blick aufmerksamer durch das Lokal schweifen lassen. Dazu kam, dass sie alle keinen Alkohol tranken und mindestens bei zwei davon konnte man ein Holster erkennen. Ob das für eine Waffe oder ein Walkietalkie war, war uninteressant. Dieses Zusammenspielen seiner Gedanken dauerte gerade so lange, bis er seinen Blick von den anderen Tischen zurück zu dem Mann vor sich schweifen ließ. "Ich sehe für diese Art von Lokalität ausgebildete Aufpasser. Die neue Generation von Sicherheitsleuten, die den normalen Kunden oder Besucher nicht verunsichern oder gar auffallen sollen", antwortete er dann nach einer weiteren Sekunde. Er sprach nicht übermäßig schnell, verbat es sich, seine Neugierde und natürlich auch Nervosität zu zeigen. Denn natürlich war er nervös, jemand, der das an seiner Stelle nicht wäre, würde nicht lange überleben. Manchmal war ein nervöser Finger am Abzug sicherer als jede andere Reaktion. Und auch wenn ihm diese Art der 'Inspektion' nicht unbedingt gefiel, so wusste er doch recht genau, dass er momentan mit den Karten spielen musste, die er besaß. Seine Intelligenz, sein Wissen um seine Fähigkeiten und die Gabe, sich überall unauffällig einfügen zu können, sich anpassen zu können. Und hierfür hatte er, seiner Meinung nach, zu Recht entschieden, nicht zu duckmäuserisch zu erscheinen und dennoch zu tun was man von ihm verlangte. Die Frage wo sich seine Grenzen hierfür befanden, musste er sich noch nicht stellen - das würde er aus dem Augenblick heraus entscheiden wenn es sein müsste. Cole Cole nickte ruhig. Der Mann vor ihm hatte ein gutes Auge. Und er hatte in wenigen Sekunden umgesetzt, worum er ihn gebeteten hatte. Und das Wichtigste war, dass seine Beobachtung beendet war, ohne dass jemand merkte, dass er beobachtete. Gut, sie saßen auch ein wenig abseits, Cole würde von den Personen nicht gesehen werden können. "Schau dir bei Gelegenheit den größten von den drei Männern an, den rothaarigen." Cole wartete ruhig, bis der dunkelblonde Mann vor ihm getan hatte, worum er gebeten worden war. "Ich möchte, dass du in genau fünf Minuten hinübergehst, ihm dieses kleine Päckchen gibst." Cole blickte kurz zu einem kleinen Päckchen, das auf dem Tisch lag. "Sag nichts, einfach nur das Päckchen hergeben, keine Reaktion, wenn die anderen etwas sagen oder sonst irgendwas gemacht wird. Dann gehst du bitte raus, einmal ums Haus und wartest auf mich am Hintereingang. Wenn der Mann rauskommen sollte, dann halte ihn davon ab, wegzulaufen." Seine Augenbrauen hoben sich, fragend blickte er den anderen an, der ihm zu verstehen gab, dass er verstanden hatte. "Du hast jetzt noch 4 Minuten." Dann stand er auf und ging in Richtung Toiletten. Dort wartete er. Nun gab es drei Möglichkeiten. Entweder Russel würde das Paket auspacken und eine tote Ratte darin finden. Anschließend wird er dann wohl durch den Hinterausgang das Etablissement verlassen. Oder er wird das Paket erst hinten auspacken und dann zum Hinterausgang gehen. Oder seine Kollegen werden ihm das Paket auspacken und er würde bald arbeitslos sein. Nun, Cole hoffte auf ersteres. Russel war einer derer, die regelmäßig im Lady-Dream zugange waren. Und wissend, dass er für ein Sicherheitsunternehmen arbeitete, war Cole nicht sehr angetan davon gewesen, dass jener es war, der die Schlägerei angezettelt hatte. Also musste er die Konsequenzen tragen... Es dauerte genau 7 Minuten, als er den Mann durch die Schwingtür gehen sah, zum Hintereingang. Cole folgte ihm in Ruhe. Er schloss die Tür hinter sich zu. Draußen erblickte er bereits Russel, der gerade aufgehalten wurde. "Hallo Russel", lächelte Cole kühl. Der Mann erstarrte und drehte sich um. Cole sah gleich, dass dieser Mann einen lockeren Finger haben würde. Also mussten sie schneller sein. "Ich habe leider einige wirklich negative Dinge über dich gehört. Und ich muss sagen, dass mir das gar nicht gefallen hat." Russel erstarrte und dann kam jener Ausdruck auf sein Gesicht, den Cole schon häufiger bei Menschen gesehen hatte, die Angst hatten: Sie wurden bockig. Cole musste schmunzeln. Dieser Kiefer, der sich vorschob, der hochmütige Blick, die angespannten Muskeln: Dieser Mann war sich seiner Waffe bewusst. Cole hatte Antonins Metallplatte an. Ob Antonin ihn töten würde, wenn er ihm sagte, was er gerade tat? Wahrscheinlich... Dennoch würde er es ihm später sagen, oder morgen, je nachdem, wie lange das heute Abend dauern würde. Nun musste er sich aber auf den Mann vor ihm konzentrieren. "Ich weiß nicht, was diese Aktion soll", keifte Russel. Dann ging alles sehr schnell, aber für Cole vorhersehbar. Und so sackte der Körper des anderen bereits in sich zusammen, bevor Russels Schuss wirklich hatte treffen können. Cole trat auf Gawain zu, der schräg hinter Russel gestanden hatte. "Hilf mir", wies er den anderen an und nickte zu dem Körper. Gemeinsam lehnten sie den Körper an die Häuserwand, dann steckte Cole dem Mann etwas in die Tasche. Nun blickte er Gawain an. "Warum bist du hier?" Gawain Abermals folgte Gawain der Forderung und heftete seinen Blick kurz auf eben jenen rothaarigen Kerl. Allerdings fiel ihm nicht wirklich etwas auf, das die anderen da am Tisch nicht auch hätten. Keine Unregelmäßigkeit, die einem sofort ins Auge sprang, und auch keine nervösen Bewegungen. Was genau wollte der Mann jetzt von ihm? Nur leicht fragend hob er eine Augenbraue und stellte sich dem prüfenden Blick des anderen wieder. Wobei ihm wieder der Gedanke kam, dass die meisten höheren Verbrecher wohl auch verdammt gute Bullen abgegeben hätten. Zumindest jenen Mann hier vor sich würde er ohne Bedenken in ein Verhöhrzimmer lassen. Nachdem er ihm alle Waffen abgenommen hätte, denn besonders geduldig schien der Gute nicht zu sein und Gefangene zu verletzen war nunmal nicht drinnen. Was nun seine Aufgabe war, wurde schnell geklärt und Gawain spürte sich selbst nicken, bevor er alle möglichen Szenarien durchgespielt hatte. Aber was blieb ihm auch anderes übrig? Entweder er parierte jetzt, oder er ließ es bleiben und dürfte sich dann bei der nächsten Organisation versuchen. Er selbst zog es vor, direkt im ersten Spiel zu gewinnen, weshalb er dem Mann aus den Augenwinkeln folgte und dann seine Armbanduhr im Auge behielt. Auch wenn es ihn interessierte was sich da wohl in dem kleinen Paket befinden mochte, so war es nicht seine Aufgabe das jetzt zu überprüfen. Jetzt war sein Ziel nur, sich selbst erfolgreich einzuschleusen. Weshalb er nach den geforderten, verbleibenden vier Minuten auch aufstand, das Paket ergriff und damit auf den anderen Tisch zuhielt. Keine Reaktion zu zeigen war für ihn nicht weiter schwer. Schwierig wurde es vielmehr, wenn es anderweitig von ihm verlangt war, denn seine Emotionen gehörten weder der Polizei noch irgendwelchen Verbrechern. Sie gehörten nur ihm und er bewachte sie eifersüchtig. Wortlos stellte er dem Rothaarigen das kleine Paket vor die Nase, musterte den Mann dann nochmal aus der Nähe ein wenig genauer und wandte sich wieder ab um das Lokal zu verlassen. An der frischen Luft seufzte er kurz und hielt sich dann an der Wand entlang bis er das Gebäude umrundet hatte und am Hintereingang ankam. Wo es nur ein paar Minuten brauchte bis jener rothaarige Typ mehr oder minder herausstürzte. Er gab ein leicht zischendes Geräusch von sich, bevor er seine Jacke weit genug beiseiteschob, um den anderen seinen Waffenholster sehen zu lassen. Worte sparte er sich, noch überlegend, was jetzt von ihm wohl erwartet werden würde? Dass er den Kerl einfach so abknallte? Er hoffte nicht, denn er hatte keine Ahnung, wer der Mann war und selbst wenn er nicht ganz unschuldig sein konnte, so war er doch keinesfalls zur Polizei gegangen, um möglicherweise die eher harmloseren Fälle umzubringen. Kurzweilig wurde ihm diese Entscheidung abgenommen, als der andere Mann, sein Auftraggeber, nun ebenfalls durch die Hintertür heraus kam und sich in fast plauderndem Tonfall an den Mann Namens Russel wendete. Und Gawain hatte schon einiges in seinen 26 Jahren gesehen und erlebt, aber das hier glich mehr einem Film, als etwas, das man tatsächlich als Beschützer der normalen Bürger erleben wollte. Doch sein Atem ging ruhig und sein Blick ruhte auf eben jenem Russel. Konnte er doch kaum zulassen, dass ihm sein Eintritt in die Organisation erschossen werden würde. Die Karten in diesem Spiel lagen schlecht - für den Rothaarigen. Etwas, das sich auch durch das folgende 'Gespräch' nicht besserte. Entweder glaubte dieser Russel wirklich schneller ziehen und schießen zu können, oder er hoffte wirklich lebend davon zu kommen. Gedanken dieser Art schob er schnell beiseite, als Russel plötzlich mit seinem Arm zuckte und gleich darauf zwei Schüsse durch die Nacht peitschten. Kaum steckte man seine Nase für zehn Minuten in so eine Organisation, schon musste man zusehen wie Menschen erschossen wurden, ja? Gawain beschloss für sich selbst, sich baldmöglichst nach einer Kirchengemeinde umzusehen und musterte den nun liegenden Mann, bevor er aufgefordert wurde, zu helfen. Was er auch ohne zu murren tat, schließlich war das nicht seine erste Leiche. Gott sei Dank nicht. Denn damals hatte er sich die Seele aus dem Leib gereiert und damit den Tatort noch ein wenig unbrauchbarer gemacht. Die Spurensicherung war entzückt... Er sah dabei zu, wie Russel noch etwas in die Tasche gesteckt wurde und richtete dann seine Aufmerksamkeit wieder auf Cole. Die Sache ließ sich nicht mehr ungeschehen machen, also hätte es wenig Sinn sich deswegen jetzt schon den Kopf zu zerbrechen oder Schuldgefühle zu bekommen. "Ein Mann namens Stavros hat mir versichert, mir mit seinen Kontakten eventuell Arbeit verschaffen zu können." Er hielt den Blick ruhig und die hin und wieder zu der Leiche gleitenden Seitenblicke waren in jenem Fall pure Absicht. Niemand ohne entsprechende Ausbildung könnte sich so etwas lange entziehen, weshalb man zu manchen Verhören auch Bilder von Opfern an der Pinnwand hängen ließ. Alleine um die Reaktion der verdächtigen Person zu überprüfen. Gawain würde sich durch pure Nichtbeachtung mehr als verdächtig machen, wenn der Mann vor ihm auf so etwas achtete. "Ich halte mich für sowas" Er nickte zur Leiche. "Zwar nicht für einen Topkandidaten, aber ich bin ganz gut darin, Dinge zu tun, die man mir aufträgt. Solange es nicht in einem Bürojob endet." Er war ein bisschen Stolz auf sich selbst, seine Stimme noch so gut im Griff zu haben. Er war und blieb ein Agent einer Undercovereinheit und stand damit auf der Seite der Guten, da machte es ihm natürlich etwas aus, wenn vor ihm Menschen abgeknallt wurden, nur um dann neben der ausblutenden Leiche Smalltalk zu führen. Aber wie schon mal in einem der Seminare erwähnte worden war: Es zählt nicht das einzelne Korn, es zählt das Kornfeld. Er musste sich selbst nur häufig genug sagen das vielmehr Leute geschützt waren, wenn man das Übel an der Wurzel packte und nicht am eh schon verdorrenden Blatt. Blätter taten einem Baum nicht weh… Cole Cole beobachtete das Mienenspiel des anderen. Jener schien vollkommen ungerührt, emotionslos zu sein. Misstrauen kam in ihm auf. Dieser Mann war ihm zu cool. Sicher, er blickte immer wieder auf die Leiche, aber er wirkte nicht im Mindesten nervös oder emotional geputscht, was so eine Aktion eigentlich immer mit sich brachte. Hatte er schon einmal erlebt, dass bei so einer Aktion der andere nicht irgendwie sein Erstaunen, seine Angst oder seine Nervosität gezeigt hätte? Irgendeine Reaktion, die Menschlichkeit verriet. Denn nur, wenn seine Mitarbeiter auch Menschen waren, konnte man sich sicher sein, dass sie bei einem blieben. Das war eigentlich das gewesen, was ihn von Antonin überzeugt hat. Dieser hatte damals Emotionen gezeigt, die er aber schnell wieder im Griff gehabt hatte, die aber auch nicht von unberechenbarer Nervosität gezeugt hatten. Sicher, die Emotionen mussten kontrollierbar sein, aber sie mussten eben auch zu sehen sein. Aber dieser Mann vor ihm, dessen Name er sich nicht gemerkt hatte, oder doch: Hunter... Ob Nomen omen war? War er ein Jäger? Und was jagte er? Oder noch wichtiger, auf welcher Seite jagte er? Jedenfalls war ihm dieser Mann ein wenig zu abgebrüht. Und dafür, dass er so emotionslos reagierte, schienen die Worte, dass er sich für so etwas nicht als Topkandidaten sah, hinfällig. Und das bedeutete, dass er entweder schon für andere Organisationen gearbeitet hatte und dort viel erlebt hatte, oder dass er nicht auf ihrer Seite war. Cole schwieg eine ganze Weile zu den Worten des anderen, trat nur einen Schritt zurück, als die Blutlache sich so weit auszubreiten schien, dass er bald darin gestanden hätte. Die Polizei würde sicher früher oder später hier auftauchen. Aber er vermutete, dass sie noch mindestens 10 Minuten hatten. "Und warum bist du wirklich hier?" Cole fixierte den anderen eindringlicher. "Weißt du, Hunter, ich kenne dich nicht. Selbst deinen Vornamen habe ich vergessen. Ich weiß nur, was ich sehe, aber das hat mich noch nicht ganz überzeugt. Du sagst, du möchtest Arbeit. Das erklärt mir aber immer noch nicht ganz, wieso du bei mir anklopfst. Warum willst du bei mir Arbeit? Welche Arbeit möchtest du, außer dass du nicht Leute um die Ecke bringen willst? Welche Qualifikationen hast du? Welche Erwartungen hast du? Nach welchem Ziel bist du auf der Jagd?" Er lächelte kühl und seine Augen brachten sein absolutes Misstrauen zum Ausdruck. Es war nicht ganz befriedigend, wenn man auf die Frage, warum man hier sei, nur eine halbherzige Antwort bekam, die keine wirkliche Antwort auf die Frage war. Cole wog seinen Revolver in der Hand. Gleichzeitig mahnte er sich, nicht zu übertreiben. Sein Gegenüber aus der Reserve zu locken war sicher nicht verkehrt. Aber er durfte es nicht übertreiben. Wenn der Mann ihm gegenüber ihm indirekt eine gute Erklärung dafür lieferte, warum er so abgebrüht war, dann wäre er sicher keine ganz schlechte Ergänzung zu seinem Team. Aber dennoch würde er sich erst noch einmal beweisen müssen. So einfach ging es nicht. Und er wollte keine Angst erzeugen. Wenn sein Gegenüber Angst zeigen würde, dann wäre er ohnehin gleich draußen. Denn Cole wusste, dass Mitarbeiter, die nur an seiner Seite waren, weil sie vor ihm Angst hatten, schlechte und unzuverlässige Mitarbeiter waren. Seltsam, dass es bei Antonin so anders gelaufen war. Vielleicht weil die schönen Augen des Guards immer ehrlich zu ihm waren.. Cole schob Antonin erneut zur Seite. Wieso drängelte sich dieser ständig in sein Bewusstsein? Er musste sich auf etwas anderes konzentrieren. Auf den potentiellen neuen Mitarbeiter. Nun war er gespannt, wie jener antworten würde. Dann würde er weitersehen. Gawain Sah so aus als wäre seine Reaktion nicht die beste gewesen. Das Misstrauen aus diesen selbst im Halbdunklen durchdringenden Augen erschlug einen ja fast. Und die folgenden Worte bestätigten das nur noch. Gawain hoffte auf eine Assoziation mit seinem Namen und nicht mit seinem Beruf, auch wenn ihm das Herz plötzlich bis zum Hals schlug. Der Mann hatte gerade schon einen umgebracht, was sollte ihn davon abhalten daraus eben zwei Morde zu machen? Er seufzte und beschloss seinen Joker einzusetzen. Etwas, das er nicht gern oder vielmehr, etwas, das er im Grunde gar nicht tun wollte, aber es war eine Möglichkeit davon zu überzeugen, etwas zu sein, dass er eben nicht war. Er hob eine Hand, um sich kurz am Kinn zu kratzen und damit fiel ein Stück seiner Fassade von ihm ab, wie trocken gewordener Sand der sich noch feucht auf der Haut niedergelassen hatte. "Meine Erwartungen bestehen aus Erfahrung", fing er an und überlegte wie er das am besten formulieren sollte. Schlüpfte von einer Rolle zur nächsten ohne die charakteristischen Züge abzulegen. Seine Hintergrundgeschichte baute sich neu auf und würde nach seinen nächsten Worten auch dabei bleiben. "Mein Vater ist in Atlanta in diesem Geschäft eine nicht zu verachtende Konstante. Gale Hunter, auch bekannt als 'Kobra', war zumindest Zeit meines Lebens immer bis zu den Haarspitzen für eine der Organisationen dort tätig. Wenn man also von der Highschool absieht, ist die Drogenszene die einzige die ich kenne. Die einzige Arbeit die ich jemals gemacht habe", er steckte eine seiner Hände in die Jackentasche und versuchte sich entspannter hin zu stellen. "Natürlich bin ich ebenfalls dort eingestiegen, aber ich habe es ehrlich gesagt satt, nur immer der 'Kleine' zu sein. Mein eigentliches Ziel ist es also, meinen alten Herren in dem zu übertrumpfen, was er tut. Weshalb mich mein Weg auch nach New York gezogen hat. Die Stadt ist groß genug, um nicht nur 'Familienbetriebe' zu beherbergen." Und was ihn diese kleine Story gekostet hatte... Zwei Jahre hatte es gedauert, bevor die Einheit, in der er damals war, genügend Beweise gegen die Kobra hatte. Kobra deshalb, weil der Mann einen zusätzlichen Sinn für Ratten zu haben schien. Und schließlich war es Gawain gewesen, der ihn gestellt hatte. Alleine. Mann gegen Mann. Es war grausam und blutig, aber am Ende besaß er wackeligen Respekt des Mannes und damit eine Hintergrundgeschichte. Die Bezahlung dafür war die Freiheit. Es schmerzte Gawain immernoch, daran zu denken, wie er die ganzen Beweismittel beiseite geschafft hatte, und es war ein nicht unerhebliches Risiko gewesen. Doch bei einem ersten Testlauf hatte nicht nur Gale einen Sohn bestätigt, sondern auch die Männer um ihn herum. Inzwischen brachte man in Atlanta in bestimmten Kreisen den Namen Gawain Hunter automatisch mit der Kobra in Verbindung. Woher auch sein eigenes Tattoo am Oberarm stammte, zu dem Gale ihn mehr oder minder zwang. Aber er war um die Kobra herumgekommen und hatte sich für die Mamba entschieden. Eine schwarze Mamba. "Und ich habe nicht bei dir angeklopft, wenn man es genau nimmt", nahm er sich eine weitere Frage vor. "Dieser Russe hat mir nicht gesagt, zu wem er mich möglicherweise schicken würde. Wir sind auch nur über so eine komische Kapsel ins Gespräch gekommen, daher wusste ich auch nicht so wirklich, was mich heute erwartet." Er stockte kurz und diesmal huschte sein Blick ungewollterweise zu der immer größer werdenden Blutlache. "Mir ist so gut wie jede Arbeit recht, wenn es dabei eher unwahrscheinlich ist, dass ich täglich Leute umbringen muss." Er schluckte und wurde tatsächlich ein wenig grün um die Nase. Gawain konnte seine Kontrolle eine lange Zeit aufrecht erhalten, aber der Geruch vom Waffengebrauch und der von Blut wurden auf Dauer etwas viel. "Da ich mir dabei leider in schöner Regelmäßigkeit die Seele aus dem Leib kotze." Cole Cole lauschte den Worten aufmerksam und bemerkte, dass Hunter etwas zögerlich seine Geschichte vorbrachte. Das musste nichts Negatives bedeuten, und der Inhalt der Geschichte bestätigte, dass es nichts Negatives war. Denn wenn man über seine Herkunft redete, die sich dergleichen gestaltete, wie die dieses Mannes, würde er wahrscheinlich auch zögerlich sein. Also wollte sich dieser Mann selbständig machen, wollte ich von der Organisation seines Vaters lösen, um auch eigenen Füßen zu stehen. Eine interessante Geschichte. Cole konnte sie gut nachvollziehen, allerdings hatte ihn ein ähnlicher Versuch eine hübsche, feine Narbe verpasst. Gut, er hatte andere Beweggründe gehabt, aber letztlich wollte er sich auch von der Organisation lösen, wollte frei sein, eigenständig entscheiden dürfen, welche Verpflichtungen er sich auferlegte, wie er sein Leben führen wollte. Aber das war Vergangenheit. Er sollte nicht hier und jetzt darüber nachdenken. Coles Aufmerksamkeit widmete sich wieder jenem Mann vor ihm, als dieser weitersprach, als er begann ihm zu erklären, wie er sich seine Arbeit vorstellte. Stutzig wurde er nur, als er hörte, dass Stavros mit Blue Wonder zu tun hatte. Gut, Antonin hatte erzählt, dass er einen Tester hatte. Allerdings würde er Stavros nur so weit über den Weg trauen, wie seine Nasenspitze lang war. Er mochte den Kerl gar nicht, auch wenn Ragnar ihm versicherte, dass man mit ihm Geschäfte machen könne. "Komm morgen gegen 19 Uhr ins Lady-Dream und frag nach Ragnar", erklärte er nun ohne weiter auf das Gesagte des anderen einzugehen. "Und beeil dich hier wegzukommen. Die Bullen werden in ca. 5 Minuten hier sein." Kurz zögerte er noch. "Und eines sollte dir bewusst sein", fügte er dann noch hinzu und sah den anderen eindringlich an. "Deine Vergangenheit wird dich wieder einholen, verlass dich drauf. So etwas kann man nie gänzlich den Rücken kehren..." Er lächelte kurz. Dann drehte er sich und verließ den Hinterhof, einen potentiellen neuen Mitarbeiter und eine Leiche hinterlassend. Eine Leiche, bei der die Polizei Beweismaterial darüber finden würde, dass sie illegale Geschäfte mit Frauen aus Lateinamerika gemacht hatte, als Schieber seine Position missbraucht hatte und nicht nur einmal Frauen bis zum Tode missbraucht hatte. Es würde aussehen, als hätte sich jemand deswegen rächen wollen. Cole fuhr nach Hause. Er hatte heute keine Nerven mehr, um ins Lady-Dream zu fahren. Und so setzte er sich zu Hause an seinen Schreibtisch und fuhr fort zu arbeiten. Nur noch 4 Tage. hin und wieder ertappte er sich dabei, dass er überlegte, ob er sich bei Antonin melden solle. Aber weshalb? Sollte er ihm sagen, dass er sich in Lebensgefahr begeben hatte? Antonin würde wahrscheinlich herkommen und ihm den Kopf abreißen... Und so entschloss er sich dagegen. Überhaupt, warum überlegte er dauernd, ob er sich melden solle? Antonin könnte sich doch selbst auch einmal melden, oder? Und so arbeitete er gewissenhaft weiter. Er würde es noch schaffen können... Bestimmt könnte er es schaffen, dieses blöde Examen hinter sich zu bringen. Wofür sonst hat er die letzten Jahre so geackert... Kapitel 46: Veilchen -------------------- Antonin Langsam begann Antonin sich zu fragen, wie er seine Augen überhaupt noch offen halten konnte. Er hatte nach seiner Sitzung die gesamte Nacht in seinem Labor verbracht um genügend CI-4 herzustellen, um seinen Ausfall eine Woche zu decken. Und das war hart. Es war sogar so hart, dass er eine ganze Produktionsreihe gegen vier Uhr morgens vernichten musste, weil ihm ein Fehler unterlaufen war. Ein dämlicher, kleiner Fehler und zack... weg ging das ganze Zeug. Simon würde sich schön bedanken, wenn er ihm nächste Woche eine doppelt so große Beschaffungslisten erhalten würde. An jenen hatte er sich inzwischen recht gut gewöhnt und der wohl auch an ihn. Letztes Mal hatten sie am Übergabeort sogar ein Bierchen getrunken und sich über Football unterhalten. Etwas, bei dem man immer Pluspunkte bei ihm sammeln konnte, denn Football war so etwas wie seine geheime Leidenschaft. Zum Superbowl durfte man ihn nicht mit irgendetwas anderem beschäftigen, wenn man nicht über den Haufen geschossen werden wollte. Da kannte Antonin keine Gnade an diesem Tag. Aber wie dem auch war, momentan war es 6 Uhr morgens und er betrachtete den Jeep mit ein wenig Misstrauen. Nicht vor dem Fahrzeug, sondern vor seinen eigenen Fähigkeiten, jenes jetzt noch zu lenken. Vielleicht sollte er sich einen kleinen Kick verabreichen? Hm... das war kein falscher Gedanke und so zuppelte er sein Handy aus dem weißen Labormantel, den er einfach angelassen hatte, und machte sich daran eine SMS zu schreiben. Weißt du, was der wirklich gravierende, alles entscheidende Unterschied zwischen uns ist? Dass mein Doc mir stressbedingten Urlaub verschreibt, während deiner vermutlich schon lange aufgegeben hat. Ich gehe jetzt erst einmal schlafen und wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich gerade an dich denken musste. Gruß Antonin Wunderbares Zeitalter der langen SMS. Er grinste und tatsächlich schlug sein Herz ein wenig schneller, was darin resultierte, dass er es wagte sich hinter das Steuer zu setzen und leise zu lachen. Cole - das neue perfekte Aufputschmittel mit noch unbekannten Nebenwirkungen. Ob das ein Kassenschlager werden würde? Antonin wusste es nicht, hoffte jedoch, dass jenes Mittel nicht mehr für jeden frei zugänglich wäre. Das war sein Aufputschmittel und früher oder später würde das auch der Gegenpart begreifen. Glaubte er. Hoffte er. Wollte er. Wieder etwas bedrückter lenkte er seinen Jeep bis in seine Tiefgarage und torkelte dann in sein Bett, um sich den dringend benötigten Schlaf abzuholen. Später würde er eine neue Übergabe mit Ragnar ausmachen und ihm davon berichten, dass er ihm jetzt mal eine Woche gestohlen bleiben konnte. Vielleicht in etwas höflicheren Worten, schließlich mochte er den Kerl. Und danach würde er vielleicht mal wieder ein paar Schießübungen machen. Oder eine Stadtrundfahrt. Hm... ja das klang alles gar nicht so übel. Cole Als Cole sein Handy läuten hörte, hatte er das Gefühl eben erst eingeschlafen zu sein, müde drehte er sich, um den vermeintlichen Wecker auszuschalten, als er sah, dass es eine SMS war, die er erhalten hatte. Nur mit Mühe konnte er die Augen öffnen, stellte fest, dass er tatsächlich erst seit einer Stunde schlief, und las die Nachricht, die ihn zum Schmunzeln brachte. Aber ihm fehlte gänzlich die Kraft gleich zurückzuschreiben. Und so schlief er weiter, bis drei Stunden später sein Handy ihn tatsächlich als Wecker weckte. Nachdem er geduscht und eine Tasse Kaffee getrunken hatte griff er zum Handy und antwortete. Ich denke, der Unterschied ist, dass du überhaupt zu einem Doc gehst ;) Aber vielleicht verschreibt mir mein Nächte lang arbeitender Küchenchef ja bald einmal Zwangsurlaub, zumindest, wenn er mich bis dahin nicht aufgegeben hat. Allerdings befürchte ich, dass mich mein Küchenchef vorher lyncht, weil ich mal wieder einer Gefahr nicht aus dem Weg gegangen bin. Es ist aber nichts passiert. Also keine Sorge... Vielleicht beschwichtigt ja die Tatsache, dass ich auch an ihn denke, seinen Zorn Cole las es noch einmal durch, dann drückte er auf senden, bevor er es sich anders überlegen würde. Er hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil er Antonin nichts gesagt hatte. Es war mittlerweile 10 Uhr, Zeit, weiter zu machen, wo er vor 5 Stunden aufgehört hatte… Vier Stunden später war er im Lady-Dream. Nur kurz, um Ragnar zu verständigen, dass Hunter, wie er ihn wohl nur nennen würde, an diesem Abend kommen würde, dass er aber vorsichtig sein solle und ihm vorerst nur kleine Jobs geben sollte. Noch war sein Misstrauen nicht gänzlich weg. Denn wenn jener für eine andere Organisation schon einmal gearbeitet hatte, konnte das auch zu Stress führen. Anschließend fuhr er durch New York. Er hatte einige Leute zu besuchen, Verbindungen wieder aufzubauen, Dinge zu organisieren und verschiedene 'Verladestellen' zu inspizieren. Ob er Antonin fragen sollte, ob er ihm bei dem Autodeal helfen würde? Aber offensichtlich würde jener Urlaub nehmen, er sollte ihn nicht stören, sondern ihn seinen Erholungsurlaub wirklich genießen lassen. Antonin Es war 15 Uhr als endlich wieder Leben in ihm erwachte. Und der ganze Vorgang wäre wohl wie immer unendlich in die Länge gezogen worden, wenn er nicht noch schlaftrunken nach seinem Handy gegriffen und die SMS gelesen hätte. Von einer Sekunde zur nächsten saß er aufrecht im Bett und las die kurzen Zeilen wieder und wieder, bis sie sich ihm ins Hirn eingebrannten wie Schwefelsäure. Die Augen verengend, warf er die Decke zurück und das Handy achtlos aufs Bett. Schlafgewohnheiten hin, Schlafgewohnheiten her. Da bräuchte jemand mal eine Erinnerung, was Antonin in erste Linie darstellte. Kannte Cole den Spruch nicht: Was einer nicht weiß, macht einen nicht heiß? Wollte Cole ihn verhöhnen? Hatte jener sich nicht bereit erklärt, ihm Bescheid zu sagen, wenn etwas potentiell Gefährliches anstand? Wie ein Hund vor sich hin knurrend stellte er sich unter die Dusche und versuchte seinen Zorn und auch seine Angst wieder unter Kontrolle zu bekommen. Würde das jetzt so weiterlaufen, ja? Lag das daran, dass sie sich näher kamen, oder daran, dass Cole die ganze Sache mit dem Guard nicht so ernst nahm? Müsste er wirklich auf Observation zurückgreifen, um auf diesen elendigen Sturkopf aufzupassen? Na, der sollte sich nicht wundern! Tropfnass, nur mit einem Handtuch um die Hüften ging er in die Küche und zog seinen Laptop unter all dem Papier hervor und gleich darauf im Internet nach einem passenden Bild zu suchen. Nein, nach zwei passenden Bildern. Und so kam die erste SMS an Cole zusammen mit einem dazu passendem Bild an. Eine eindeutig als Koch zu identifizierende Comicfigur hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte zwischen lachen und weinen schwankend, auf einen brennenden Herd, während nebendran sein Lehrling stand und die Hände wie zum Schulterzucken erhoben hatte. In dessen Sprechblase stand: "Ich hab‘s immerhin versucht." Dein Küchenchef lässt sich damit tatsächlich beschwichtigen. Denkt jetzt jedoch genauer über den erwähnten Zwangsurlaub nach… Während das zweite ein Fantasybild war, das einen ziemlich bösartigen Drachen zeigte, der gerade eine ganze Feuerglut auf einen Ritter losließ. Welches er in seiner zweiten Nachricht mitschickte. Dein Guard ist tierisch angepisst! Und das ist noch eine Untertreibung! Wenn ich dich in eine Ritterrüstung stecken soll, damit du mir keine halben Schlaganfälle mehr verpasst, dann sag mir das. Ich habe kein Problem damit! Schieb das kommende Veilchen nicht mir in die Schuhe, du hast es verdient für die Panikwelle, die mich gerade aus dem Bett gehoben hat! Und sich langsam hineinsteigernd schob er sogar noch eine dritte SMS nach. Und halte das jetzt bloß nicht für einen Witz. Ich scherze nicht wenn es um dein Leben geht! Gruß, dein mehr als feuerspuckender Guard, dem seine Arbeit nicht erleichtert wird! Das alles erledigt wissend pfefferte er den nächstbesten Ordner in die Ecke und stierte vor sich hin. Jetzt hatte er miese Laune und nicht einmal ein Ventil um das rauszulassen. Ob er Ragnar ein wenig auf die Nerven gehen sollte? Oder Nicholas? Aber dafür war die demütigende Erfahrung als Pferd noch zu vordergründig in seinem Kopf. Oh... wie er angepisst war! Und wenn er es sich recht überlegte, hatte Cole ihn noch gar nie wirklich sauer erlebt. Naja... das ließe sich ja nun nachholen. Cole Als sein Handy dreimal hintereinander signalisierte, dass eine SMS eingetroffen war, fuhr Cole doch an den Straßenrand und griff zum Handy, um zu lesen. Mit jeder SMS verdüsterte sich seine Miene. Er hätte es Antonin nicht sagen sollen. Er hätte es ihm definitiv nicht sagen sollen. Was hatte ihn eigentlich geritten, es zu tun? In ihm machte sich ein Gefühl von Trotz breit. Sicher, er hätte ihm Bescheid geben können, vielleicht auch müssen. Aber hätte er ahnen können, dass es gefährlich wird? Schon, aber so gefährlich war es doch gar nicht. Hatte Antonin überhaupt das Recht somit ihm zu schimpfen? Verärgert nahm er das Handy und tippte: Komm runter, es war nicht wirklich schlimm. Habe schon ganz andere Dinge erlebt. Und es ist ja nichts passiert... Ich hoffe ich muss in Zukunft nicht jeden Morgen ein Briefing mit dir machen, und die Erlaubnis einholen, mich frei bewegen zu dürfen… Ohne darüber nachzudenken, ob er das alles, was er da hineingepatzt hatte, ernst meinte, schickte er die SMS los. Und keine zwei Minuten später ärgerte er sich schon darüber. Eigentlich war so ein Handy vollkommen bescheuert. So schön eine SMS auch sein konnte, aber man konnte sie auch immer falsch verstehen, weil man keine Mimik dabei hatte. Man konnte in eine SMS wirklich alles hineininterpretieren. Und in diesem konkreten Fall hatte er die einfache Sorge des anderen um ihn überlesen und durch seine SMS mit Füßen getreten. Sein Handy läutete. Erschrocken blickte er auf den Bildschirm. Kurz blitzte der feuerspruckende Drache vor seinen Augen auf, der sicher gleich wie eine Furie durch das Telefon ihm an die Gurgel springen würde. Aber es war nur ein Geschäftspartner, der ihn fragte, wo er bliebe. "Rush Hour", murmelte er und legte auf, um weiter zu fahren. Es würde sich sicher zu einem anderen Zeitpunkt die Gelegenheit ergeben, sich zu entschuldigen. Jetzt musste er erst einmal arbeiten. Und wofür sollte er sich überhaupt entschuldigen? Dafür, dass er Antonin klar machen wollte, dass er schon auf sich aufpassen konnte? Cole griff zu seinem Handy und stellte es auf lautlos. Er hatte keine Zeit, sich damit zu beschäftigen. Stur und trotzig, ja so hatte seine Mutter ihn schon kennengelernt, aber er selbst würde sich nie so beschreiben. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Gawain Sich die Zigarette schmecken lassend, lehnte er an der Motorhaube des dunkelblauen BMWs und blickte zum Himmel. Abermals den gestrigen Abend Revue passieren lassend. Zum einen wusste er noch immer nicht, wer jener Mann gewesen war, der ihn da recht offensichtlich getestet hatte und zum anderen schien er bestanden zu haben. Etwas, das er wohl seiner gut durchdachten Hintergrundgeschichte verdankte und nicht seinen schauspielerischen Fähigkeiten. Doch das störte Gawain nicht sonderlich. Es kam selten auf das 'wie' an, sondern viel häufiger auf das 'das'. Und dass er eine Chance erhalten sollte, machte der in kürze anstehende nächste Termin klar. Diesmal besaß er immerhin einen Namen, nach dem er fragen sollte und konnte. Trotzdem hoffte er, nicht gleich wieder in so eine Situation wie gestern geworfen zu werden, denn sein schlechtes Gewissen den toten Mann dort so zurück zu lassen, obwohl er der Polizei eine perfekte Beschreibung des Mörders geben konnte, war nicht unbehaglich. Aber auch davor waren sie alle gewarnt worden. Und man sollte dieses schlechte Gewissen nicht beiseite drücken, sondern es vielmehr mit offenen Armen willkommen heißen. Es war die Bestätigung, noch nicht selbst den Weg im Sumpf der Kriminalität verloren zu haben. Es war der Beweis dafür, dass man noch auf der richtigen Seite stand. Nur war das leichter gesagt als getan. Für den heutigen Abend hatte er sich für eine Jeansjacke zum ärmellosen, dunklen Shirt entschieden und für eine ganz normale dunkelblaue Jeans. Er mochte die ärmellosen Shirts, da sie ihm jede Menge Bewegungsfreiheit gaben und zum anderen war es in Atlanta nicht falsch gewesen, sein Tattoo in bestimmten Kreisen zu zeigen. Und damit auch sein Gesicht. Hier wäre das natürlich anders, aber es war weiterhin ein Teil seiner Hintergrundgeschichte und damit müsste es diesem Gawain Hunter wichtig sein. Wichtig, um den Unterschied zwischen dem Vater und dem Sohn darzustellen, ebenso wie die Dinge, die sie doch wieder gleich machten. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er nun genug Zeit vertrödelt hatte und damit dauerte es kaum zwanzig Minuten, bis er auf dem großen Parkplates des Lady-Dreams hielt. Ein Club für alle und jeden, wenn auch im Besonderen für diejenigen mit den dicken Taschen. Doch davon war um diese Uhrzeit eher wenig bis gar nichts zu sehen, weshalb sich die Parkplatzsuche auch als sehr einfach erwies. Noch einmal prüfend ob seine beiden Waffen in Ordnung und geladen waren, stieg er schließlich aus und hielt auf das im Tageslicht doch eher unspektakuläre Gebäude zu. Wo er den erstbesten Kerl auch direkt nach diesem Ragnar fragte, woraufhin ihm mitgeteilt wurde, dass er hier zu warten hätte, während ein anderer losmarschierte. Vermutlich um diesem Ragnar von seinem Eintreffen zu informieren. Und nicht zum ersten Mal spürte er wieder dieses eisige Gefühl im Magen, das ihn immer dann überfiel, wenn er sich nicht genügend vorbereitet fühlte. Aber was hätte er tun sollen? Es gab hier schlichtweg nichts, um sich darauf vorzubereiten, und er würde sich abermals überraschen lassen müssen. So sehr er Überraschungen auch sonst aus dem Weg ging und sie mit einer absolut tiefen Verachtung hasste. Doch dann erweckte eine Bewegung wieder seine Aufmerksamkeit und er sah einen neuen Mann auf sich zukommen und bei diesem wusste er zum ersten Mal nicht so recht, was er von ihm halten sollte. Bei dem Kerl gestern waren gleich einige Dinge deutlich hervor gestochen. Dinge, an denen man sich orientieren konnte. Dinge, die einem einen Anhaltspunkt gaben. Doch jener hier sah so furchtbar normal aus. Kein Bodybuildertyp, keiner der Sorte 'Killer im Tageslicht' und auch keine Eisaura, die einen sofort einfrieren ließ. War er hier bei Jekyll und Hyde gelandet? Der nächste Test? Es war ja total in Ordnung in Seminaren zu sitzen und sich erklären zu lassen, wie man sich zu verhalten hatte. Und in Atlanta waren die Verbrecher auch noch mehr verbrechermäßig. Man konnte sich orientieren und wusste wer zu den bösen Buben gehörte. Dem Kerl da, hätte er in einer U-Bahn keinen zweiten, misstrauischen Blick mehr zugeworfen. New York war wirklich eine Stadt für sich… Ragnar Also hatten sie einen neuen Mitarbeiter. Den würden sie auch wirklich gut gebrauchen können. Und bis jener sich bewiesen hätte, würde er ihn wohl erst einmal auf Abstand halten müssen. Cole hatte die Idee ausgesprochen, ihn in die Autogeschichte mit reinzuziehen. Mal sehen. Ragnar versprach, gleich zu kommen, als er geholt wurde. Die Arbeit, die momentan anfiel, war mehr als gedacht. Besonders seit sie gestern zwei große Fische an Land gezogen hatten. In nächster Zeit würden wirklich viele Mitarbeiter gebraucht, fähige Mitarbeiter benötigt. Er trat auf Gawain zu und reichte ihm die Hand. "Ich bin Ragnar, und bin in Zukunft dein Ansprechpartner", erklärte er und blickte sich kurz suchend um. "Lass uns uns setzen." Ragnar ging zu einem der Tische, die eher versteckt standen und setzte sich, den Mann vor sich musternd. Von Cole wusste er, weshalb jemand aus Atlanta hier war. Und die Geschichte, die der andere von sich zu erzählen hatte, war interessant. Doch darum würde es heute nicht gehen. Kaum hatte sich Gawain gesetzt schob er ihm einen Arbeitsvertrag herüber. "Du bekommst hier eine normale Anstellung als Sicherheitskraft. Über die Bezahlung wirst du dich nicht beschweren könne. Offiziell läuft das alles hier über den Laden und viele Dinge wirst du auch hier für den Laden zu erledigen haben. Du hast feste Arbeitszeiten, wirst unter Umständen hier nachts mal länger bleiben müssen. Alles andere ergibt sich." Er beobachtete wie Gawain den Vertrag betrachtete. "Wir werden hier sehr häufig von der Polizei besucht. Sei es, dass sie vor dem Gebäude auf der Straße stehen und beobachten, sei es, weil sie hier selbst Kunden sind. Jeder, der hier zu oft ein und aus geht, ohne ersichtlichen Grund ist auffällig. Durch den Vertrag gehörst du hier offiziell rein, bis berechtigt hier zu sein." Ragnar faltete die Hände ineinander. "Du wirst erst einmal als Bote eingesetzt. Das heißt du bekommst Adressen, die du besuchst, etwas abgibst oder abholst und dann kommst du wieder zurück. Es werden erst einmal immer die gleichen Adressen sein. Wenn wir sehen, dass alles gut läuft, folgt mehr. Unter Umständen können wir dich auch im Bereich 'Autos' einsetzen. Und da wären wir auch schon beim nächsten Punkt, der geklärt werden muss. Deinen Fähigkeiten." Er griff nach einem Zettel, den er immer hernahm, um nichts zu vergessen, und einen Stift. "Antworte einfach mit ja oder nein. Führerschein? Motorradschein? LKW-Schein? Ausbildung im Schießen? Welcher Waffentyp?" Bei diesen elementaren Fragen blickte er Gawain immer mal wieder an, musternd ruhten seine Augen dann auf dem anderen. Schließlich kamen die nicht ganz so einfachen Fragen. "Und zuletzt zwei Fragen, die für uns wichtig sind, die du wahrscheinlich seltsam findest, aber uns helfen, dir die richtigen Arbeiten zu geben. Was würdest du als deine Stärke, was als deine Schwäche ansehen?" Das waren meistens die Fragen, die am längsten in ihrer Beantwortung brauchten, aber Ragnar hatte ein wenig Zeit mitgebracht. "Und: Was wärst du niemals bereit zu tun?" Es war wichtig für sie zu sehen, dass die Menschen, mit denen sie zusammenarbeiteten ihre Fähigkeiten und ihre Grenzen kannten. Gleichzeitig erfuhr man anhand dessen, wie sie zögerten, um den heißen Brei herumredeten oder einfach zu schnell antworteten, wie ehrlich sie waren. Gawain Er nickte und erwiderte den kurzen Händedruck. "Angenehm, Gawain", stellte er sich vor und folgte dem seltsamen Mann dann zu einem der Tische, wo sie sich setzten. Ganz geheuer war ihm die Sache nicht, aber er würde jetzt wohl am besten einfach mal abwarten. War das hier so eine Art Koordinator, wenn er denn sein Ansprechpartner würde? Aber eigentlich dürfte ihn das Aussehen des anderen nicht noch mitnehmen, war er nicht selbst das beste wandelnde Beispiel dafür, dass die Fassade trügen konnte? Damit konzentrierte er sich auch darauf, was er hörte und überflog den Vertrag zuerst, bevor er näher auf das Geschriebene einging. Also würde er offiziell so eine Art Kerl für die Clubsicherheit darstellen, ja? Nicht die schlechteste aller Tarnungen, besonders wenn er hier wirklich hin und wieder ranmüsste, wie er gerade erklärt bekam. Sein Gehalt musterte er nur flüchtig. Er hatte dem anderen Kerl schon klargemacht, dass sein hauptsächliches Ziel die Erfahrung war und möglicherweise einige Schritte auf der Karriereleiter nach oben zu tätigen. Geld war für jemanden wie ihn kein Problem, schließlich war sein Daddy ja ein Drogenbaron, oder etwa nicht? Gawain nickte, um zu zeigen, dass er soweit verstanden hatte und lauschte auch den Ausführungen was die Polizei betraf. Ja, so gern man solche Läden von oben nach unten auf den Kopf stellte, mit normalen Einsätzen fand man kaum etwas. Und wenn, dann gab es genügend gewiefte überaus teure Anwälte, die die Jungs ganz schnell auf Kaution wieder auf freien Fuß hatten. Und das meistens wegen Formfehler bei der Durchsuchung oder in den folgenden Berichten. Es war schon ein Kreuz mit dieser Bürokratie. "Das mit den Botengängen geht schon in Ordnung", erklärte er ruhig und legte den Vertrag dann beiseite, um sich den Fragen nach seinen Fähigkeiten zu stellen. Und zuerst waren sie wirklich nicht weiter schwierig zu beantworten. "Ja, Ja, Nein, Ja, hauptsächlich mit Handfeuerwaffen, bevorzugt vom Typ PSM." Diese Waffe lag ihm wirklich und er hatte sie so bald wie möglich gegen seine eher unpraktische Polizeiwaffe ausgetauscht. Er mochte dieses zu kleinkalibrige Zeug nicht. Wenn das überhaupt ein Wort war? Bei den nächsten Worten und den folgenden Fragen hob er eine Augenbraue und erwiderte den Blick des anderen ein wenig skeptisch. Ein guter Lügner könnte einem hier das Blaue vom Himmel herunterlügen und wie wollten sie es nachprüfen? Sein Kopf ruckte einige Millimeter nach rechts und er hob die Hand um sich über die Stirn zu reiben. Das war ja schlimmer als jedes Vorstellungsgespräch. Seit wann war eigentlich das Verbrechen auch bürokratisch geworden? Oder gab es daher den Zusatz 'organisiertes' zum Verbrechen? Kurz blies er seine Wangen auf und verzog den Mundwinkel schließlich ein Stück. "Na schön. Eine meiner größten Stärken ist gleichzeitig auch eine meiner größten Schwächen. Ich kann es nicht leiden, unvorbereitet in etwas zu gehen, auf das man vorbereitet hätte sein können. Ich halte eine gute Planung für unabdinglich und kann es partout nicht leiden, kopflos in eine potentiell gefährliche Situation springen zu müssen. Ich kann Personen normalerweise ziemlich schnell recht gut einschätzen und passe mich so gut wie jeder Situation ohne große Probleme an. Dafür kann ich niemanden umbringen, ohne mir danach mein Essen nochmal durch den Kopf gehen zu lassen, und trotzdem habe ich den Finger manchmal zu schnell am Abzug. Wenn ich mich ungerechtfertigt provoziert fühle, schlage ich zu, bevor es der andere tut. Und ich verabscheue es, mehr zu sagen als ich muss, aber ob das eine Schwäche oder Stärke ist, kann ich nicht beurteilen", gab er schließlich die Antwort nachdem er eine Weile überlegt hatte. Soweit traf das alles auf den 'echten' Gawain zu, genauso wie auf den 'unechten' und trotzdem sagte es gleichen Moment alles und nichts über ihn aus. Er konnte seine Emotionen sehr gut im Griff halten, aber manchmal musste man beweisen, wer in bestimmten Momenten das Sagen hatte und daher war sein Waffenfinger häufig nervöser als er es sein müsste. Das hatte nichts mehr brodelnden Gefühlen, sondern mit zu viel Berechnung zu tun. Zur letzten Frage hatte er zuerst nur ein selbstsarkastisches Lächeln übrig. Was er niemals tun würde, huh? Wie oft er sich das eigentlich selbst fragte und die gesteckten Grenzen doch immer wieder überschreiten musste. Gawain mochte die Frage nicht. Kein Stück. Doch abermals entschied er sich für Teile der Wahrheit: "Kinder sind in absolut jeder Hinsicht tabu. Sei es um Drogen zu verkaufen, um sie von der Straße zu kidnapen oder um sie umzubringen." Es ließ sich schlecht sagen ob Ragnar diese Antworten für gut oder schlecht befand, aber dieser forderte noch seine Unterschrift auf dem Vertrag und seine Handynummer und meinte damit wäre er eingestellt und die ersten Botengänge könnten in Kürze erwartet werden. Sie verabschiedeten sich mit einem weiteren Händedruck und einer Uhrzeit wann er morgen wieder hier sein sollte und das war es für den Abend gewesen. Nun hatte Gawain den ersten Fuß in der Tür und er würde sie nicht mehr zufallen lassen. Dazu war er offensichtlich auf eine zu heiße Spur gestoßen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ (Das passende Lied zu dieser Szene: http://www.youtube.com/watch?v=4sT54IEORII) Antonin Ungläubig starrte er auf die Antwort, die er erhalten hatte, bevor er den nächsten Ordner griff und auch diesen wutentbrannt an die Wand pfefferte. Sich dann so fest auf die Unterlippe beißend, dass die Haut unter dem Druck zerplatzte und er seinen eigenen metallenen Geschmack von Blut auf die Zunge bekam, rief er ein bestimmtes Programm auf und ließ Coles Fahrzeug lokalisieren. Stierte geraume Weile auf den roten Punkt auf der Karte und sah diesem zu, bis er sich nicht mehr rührte. Offensichtlich war dieses Arschloch gerade stehen geblieben. Wutentbrannt notierte er sich die Straße und sprang auf, ins Wohnzimmer gehend und dort ein ganz bestimmtes Buch ergreifend und öffnend. In die Seiten des Buches war ein Hohlraum herausgeschnitten worden, wo sich ganz spezielle Patronen befanden, die zu einer ganz besonderen Waffe gehörten. Eine, die nur dafür da war, Schmerzen zuzufügen. Doch ebenso schnell wie er das Ding geöffnet hatte, schloss er es wieder und atmete tief durch. Cole war nicht Andrej. Cole war ein Idiot, aber er war kein folternder Psycho. Weswegen er auch nicht anfangen durfte, ihn in die gleiche Schublade zu stecken, nur weil da ähnliche Anwallungen vorhanden waren. Nein, das wäre ein absoluter Overkill. Sein Ziel hätte ihm nicht davon berichtet, wenn er nicht das Gefühl gehabt hätte, es tun zu müssen. Das war dann wohl gut. Trotzdem war die Antwort beschissen und seine Unzufriedenheit und seine Wut auf den anderen waren keineswegs besänftigt, nur weil er sich selbst davon abhielt zu absolut unhaltbaren Methoden zu greifen. Das Buch zurückstellend ging er wieder in die Küche und musterte sein Handy eine Weile, bevor er ein weiteres Bild von seinem Laptop überspielte. Eines, das alles aussagen würde, was er jetzt besser nicht in Worte fassen sollte. http://jdra.mo-blog.jp/official/images/fuck_you.jpg Mach einfach wie du denkst, darin bist du sowieso am besten. Verreck doch nachts auf ner einsamen Straße. Na und? Und Cole.. FUCK YOU! Das erledigt wissend, formte sich langsam aber sicher ein Plan. Sollte dieses Arschloch ihm doch mal ganz gehörig den Buckel runter rutschen! Er hatte damals sehr offen dargelegt, was seinen Job ausmachte und Cole hatte akzeptiert. Verfluchte Scheiße! Cole hatte ihn bei sich behalten und sogar mehr zugelassen und jetzt wurde er so abgefertigt? "Es ist ja nichts passiert…", äffte er den Text der SMS wutentbrannt nach. "Soll ich das auf deinen verfickten Grabstein meißeln lassen?!", grollte er seinen imaginären Gesprächspartner an und griff dann abermals zum Handy, um diesmal Ragnar die übliche SMS mit den beiden Zahlen zukommen zu lassen. Die Lieferung war deutlich zu früh, aber immerhin würde er auch eine Woche nicht mehr produzieren. Das hinter sich gebracht, tauschte er seine SIM-Karten mal wieder aus und sah sich um. Eigentlich müsste er nur ein paar der Lebensmittel entsorgen und sich sonst um nichts kümmern. Allerdings musste er Nicholas einen Besuch abstatten, vielleicht hatte der ja eine Idee, was Antonin eine Woche mit sich anstellen könnte. Sollte Cole doch mal sehen was er davon hatte. Vielleicht ging dem Penner dann mal ein kleiner Kronleuchter auf, warum er überhaupt einen Guard akzeptiert hatte. Und warum er nicht schon lange unter der Erde war. Nämlich weil Antonin auf ihn aufgepasst hatte, deshalb! Fluchend machte er sich daran zu packen und alles für seine Abreise vorzubereiten. Das Veilchen müsste warten, jetzt würde er sich erstmal um sich selbst kümmern. Was Cole konnte, das konnte er schon lange! Ha! Cole "Du langweilst mich", knurrte Cole und blickte den Mann feindselig an, der auch sofort zurückwich. Dann griff er nach seiner Bierflasche und kehrte aus dem Darkroom zurück auf die Tanzfläche des Savoy, bahnte sich seinen Weg durch die Massen zum Tresen. Auf dem Weg hatte er das Bier leergetrunken und bestellte sich sein 5. an diesem Abend. Was für eine beschissene Woche. Coles blick glitt über die Tanzfläche, über die Körper der Männer, die dort tanzten. Wann hatte diese Woche eigentlich beschlossen, so beschissen zu werden? Cole kannte die Antwort. Er kannte sie verdammt gut. Denn seit er die SMS des anderen gelesen hatte, war plötzlich alles nicht mehr so einfach gewesen. Als er die SMS spät abends, als er nach Hause gekommen war gelesen hatte, hatte er begonnen zu fluchen. Antonins Reaktion ärgerte ihn. Nun ja, wenn er sich gleich so angegriffen fühlte, konnte er ja nichts dafür. Er konnte, wie Antonin ja selbst treffend festgestellt hatte, alleine am besten. Und es war schon ganz schön dreist ihm den Tod an den Hals zu wünschen. Und da es Antonin ja offensichtlich egal war, ob er lebte oder starb, wusste er ja jetzt auch, was er generell von ihm zu erwarten hatte. Von wegen 'Weg' oder 'gemeinsam'. Sie waren so weit voneinander entfernt, wie noch nie zuvor. Aber das war doch besser so. Würde doch irgendwer sagen, dass es gut so war... Er ließ seine Wut über Antonin allerdings nicht ganz durch sich hindurchdringen, schaffte es wie schon so oft wunderbar, alles zu verdrängen. Er hatte so viel zu tun, dass er gar keine Zeit hatte, darüber nachzudenken, was geschehen war. Und dabei schob er auch alle Schuld wunderbar Antonin zu. Aber eigentlich war es ihm selbst zuzuschreiben, dass Antonin so reagiert hatte. Und in ihm meldete sich mit jedem Tag der verstrich, mit jeder Nacht, die er allein in seinem Bett verbrachte, eine Stimme lauter, dass dem so war, dass er der Idiot bei der ganzen Geschichte war. Aber noch schrie sie nicht laut genug, dass sie über den selbstgefälligen Wall, den Cole um sich gezogen hatte, herübertönen würde. und dennoch hatte es Auswirkungen auf ihn. Nicht, dass er seine Arbeit nicht gut machen würde, oder er unkonzentriert war. Es waren die Momente der Ruhe, in denen es ihm beschissen ging, in denen er voll von einem ihm doch eigentlich fremden Gefühl war. Das Gefühl von Einsamkeit. Heute Morgen war er bei der Post gewesen. Dort hatte er via Einschreiben seine Prüfung eingereicht. Nun hieß es warten. Er hatte sich den Abend frei genommen, um dieser Einsamkeit endlich einmal Abhilfe zu verschaffen. Nun und jetzt stand er im Savoy, hatte auf der Tanzfläche keinen der Typen gut gefunden, die ihn angetanzt hatten, und auch im Darkroom hatte er nicht gefunden, wonach er suchte. Er brauchte Entspannung. Er musste runterkommen, er brauchte dringend Ruhe - Seelenfrieden. Ob er wieder nach Hause gehen sollte? Hier fand er ja offensichtlich nicht, was er früher so leicht hier gefunden hatte. Und er wusste auch genau, woran es lag. Die Bilder von einem Tanz, hier auf dieser Tanzfläche... Doch ein anderer Club? Cole trank das Bier aus und beschloss nach Hause zu fahren. Er hatte das Ende seines Examens genug allein gefeiert. Zu Hause hätte er zumindest noch Corleone, dem es sicher nicht egal war, wenn er starb. Corleone war sicher nicht so kaltschnäuzig. Und morgen würde er viel zu tun haben. Denn die Autoschieberaktion stand bevor. Übermorgen würden seine Leute 3 LKW voll gestohlener Autos auf ein Schiff nach Mittelamerika fahren. Und am Ende der Woche würde der nächste Waffendeal über die Bühne gehen. Er hatte genug zu tun, als dass er sich jetzt hier die Birne wegsaufen durfte. Aber wieso eigentlich nicht? Vielleicht würde er ja heute gleich einsam auf der Straße verrecken. Who knows? Und vor allem: Who cares? Er bestellte sich einen Martini, wenige Minuten später war auch dieser wieder geleert. Dann ertappte er sich dabei, wie er sein Handy zückte. Einige Zeit starrte er es an. Ob er nicht doch einmal anrufen sollte? Sollte er nicht doch einmal auf Antonin zugehen? War er nicht eh der klügere? Sollte er sich nicht endlich eingestehen, dass diese Situation ihn wahnsinnig machte? Die letzten Tage war er auf dem Heimweg immer an Antonins Wohnung vorbeigefahren, aber nie hatte Licht gebrannt. Ob es ihm gut ging? Jener hatte von einem Urlaub gesprochen und auch Ragnar hat erwähnt, dass er eine Woche nicht da sein würde. Sicher war er verreist und ließ es sich gut gehen. Sicher dachte er gar nicht mehr an ihn. Und sicher würde er ihn nur stören. ‘Ich bin ein Idiot‘, tippte er und sah die Worte an, denen er leider nur zustimmen konnte. Offensichtlich habe ich meinen Chefkoch mit giftigen Worten vergrault, meinen Guard in seiner Ehre verletzt und dich ziemlich enttäuscht. Ich bin wirklich ein Idiot. Und noch bevor er es sich anders überlegen konnte veranlasste jene Stimme in ihm, die Nachricht abzuschicken. Selbsterkenntnis war der erste Weg zur Besserung. Wenn es überhaupt noch möglich war, etwas zu retten. Cole ging in Richtung Ausgang. Es war bereits 2 Uhr morgens. Er sollte nach Hause fahren, oder besser, sich nach Hause fahren lassen. Antonin Antonin wusste inzwischen schon gar nicht mehr, ob er über die gesamte Situation lachen oder weinen sollte. Anfangs hatte er vor Zorn, Wut und auch Enttäuschung geglüht und Cole auf den Mond und wieder zurück in die Hölle geflucht. Er war losgefahren, um Nicholas einen Besuch abzustatten und war stattdessen, auf Wegen, die ihm nicht mehr wirklich klar vor Augen standen, mitten in einer Kneipenschlägerei gelandet. In einer sehr brutalen Kneipenschlägerei, die ihm mehrere riesengroßer blaue Flecken an den Rippen, eine Platzwunde auf der Stirn, ein blaues Auge und eine verstauchtes Handgelenkt bescherte. Nicht dass er sich darüber beschweren würde, die zwei, die seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten, sahen noch viel schlimmer aus. Für einen war sogar ein Krankenwagen gekommen. Wirklich nervig war dann nur das mit der Polizei. Aber da niemand so genau sagen konnte, wer die Schlägerei - die noch deutlich mehr Personen beinhaltet hatte - wirklich anzettelte, war er mit einem sprichwörtlichen blauen Auge davon gekommen. Seine Akte mit dem Professorentitel blieb weiterhin blütenrein. Und wenn es ihm sonst nichts außer Schmerzen und dem kurzen Gefühl einer fast tierischen Befriedigung verschafft hatte, dann war er danach doch wieder runtergefahren. Seit wann rastete er eigentlich wegen so Kleinigkeiten so aus? Und die Antwort darauf war recht eindeutig: Seitdem Cole ihm so viel bedeutete. Nicht nur als zu beschützendes Ziel sondern als Mensch. Als Person, die ihm wichtig war, als Mann, für den er Gefühle hegte, die weit über etwas rein Freundschaftliches hinausgingen. Und obwohl er das wusste und benennen konnte, kam es gar nicht in Frage, jetzt wieder einen Schritt zurück zu machen. Cole würde immer weiter so handeln, bis er einmal nicht mehr Bescheid sagen könnte, dass es mal wieder gefährlich gewesen war. Und das war inakzeptabel. Durch und durch inakzeptabel. Das für sich geklärt habend, griff er tatsächlich auf jeden noch so kleinen und großen Kniff seiner Ausbildung zurück und observierte sein Ziel aus der Ferne. Ja, manchmal sogar ganz aus der Nähe und hin und wieder fragte er sich, ob er nur so gut, oder andere so schlecht waren. Oder ob Cole einfach nur wahnsinnig unvorsichtig wurde. Wollte dieser Spinner jetzt am Ende vielleicht umsetzen, was Antonin ihm in der SMS geschrieben hatte? Aber sorry Cole, das würde er gut zu verhindern wissen. Abermals bekam er die nächsten Tage kaum Schlaf ab, aber das war es ihm wert. Coles Leben war ihm noch deutlich mehr wert, etwas, dass dieser Sturkopf einfach nicht zu begreifen schien. Oder es nicht begreifen wollte. Tja, er hatte ihm einmal angeboten das auf die eher lockere Tour zu machen, etwas, das Cole mit Pauken und Trompeten vergeigt hatte. Dann eben so. Und wenn er seinen Job bei Chem-Dyne dafür kündigen müsste, dann wäre das eben so. Antonin hatte sich nie große Sprünge erlaubt und mehr als genug auf der hohen Kante, um sich das geraume Zeit leisten zu können. Aber soweit würde es wohl auch gar nicht kommen, denn auch als sein eigenes Stimmungsbarometer schon wieder in die Minusgrade gerutscht war, als er an diesem Abend merkte, wohin Coles Weg führte, so holte die plötzliche SMS das ganze wieder nach oben. Auch wenn er sich leider gar nicht wirklich lange überlegen konnte, ob und wie er darauf antworten sollte, da eben jener Mann gerade aus dem Club spazierte. Die folgende Reaktion war vielmehr ein Kurzschluss, als gut geplant, aber er hob die Finger zum Mund und gab einen lauten Pfiff von sich, während er aus dem Schatten der Wand trat und sich Cole damit zeigte. Gemächlich hielt er auf jenen zu und blieb ein paar Schritte entfernt von ihm stehen. Musterte ihn eine Weile, sich fragend, wie weit sein Gegenüber wohl da drinnen gerade gegangen war... Doch diese Gedanken versenkte er wieder tief in der schwärzesten Tiefe seiner Seele. Nicht jetzt. Einfach nicht jetzt. "Du bist tatsächlich ein Idiot", stimmte er Coles SMS zu, hob das Handy kurz hoch und schob die Hände dann in seine Manteltaschen. "Hat dir diese Woche besser gefallen? War es einfacher für dich zu atmen, wo du doch nicht für alles meine Erlaubnis gebraucht hast? Würde es dich erschrecken zu erfahren, dass niemand dir überhaupt nahe genug gekommen wäre, um dich umbringen zu können?", er hielt kurz inne. "Es ist ein wenig paradox oder? An einem Tag schreibe ich, dass es mir egal wäre, wenn du verreckst, nur um dann die nächsten Tage kaum ein Auge von dir zu lassen. Du hast mich nicht bemerkt und ich frage mich inzwischen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Aber egal..." Er zuckte mit den Schultern. "Ist es dir tatsächlich lieber so? Ist es dir lieber, nicht zu wissen, ob sich dein Leben tatsächlich in Gefahr befindet? Nicht zu wissen, ob ich in diesem einem Moment wirklich da bin oder nicht?" Er warf einen Blick zurück zum Club, bevor er sich Cole wieder zuwandte. "Ich nehme meine Aufgabe ernst, Cole. Und du hast mich mit deiner SMS nur daran erinnert, dass jederzeit ein Irrer hervorspringen könnte, um dich beiseite zu räumen. Und es ist nicht so, dass ich dir nichts zutraue... ich traue dir ehrlich gesagt manchmal mehr zu als mir selbst, aber ich kann es nicht leiden, wenn du mir so eine Heidenangst einjagst. Ich kann dann, wie ich nun weiß, nicht mehr klar denken und handle irrational. Wenn du mir sagst, du hast eine Situation im Griff, dann vertraue ich dir. Aber sag mir nicht... verflucht nochmal, sag mir nicht hinterher so lapidar, was du wieder getan hast." Cole Cole schlug die kalte Nachtluft entgegen. Gedankenversunken mit dem Handy fest in der Hand, wartete er auf das Taxi, das er sich rufen hatte lassen. Er konnte nicht mehr fahren... Mit einem Mal hörte er eine ihm wohl bekannte Stimme und er drehte sich ruckartig um. Antonin? Hier? Seine Verwirrung war - sicher nicht zuletzt auch wegen des Alkohols - deutlich zu sehen. Er war mit einem Mal sehr angespannt. Antonin zu begegnen, damit hatte er nicht gerechnet. Und schon gar nicht so unvorbereitet, so plötzlich. Er fühlte sich irgendwie hilflos. Und diese Hilflosigkeit bewirkte, dass seine kühle Aura wie eine Front um ihn herum aufzog. Kühle Augen musterten den Mann vor ihm. Und diese Kühle verblasste auch nicht, als Antonin begann zu sprechen. Hatte Antonin ihn wirklich observiert? Hatte er ihn die ganzen verdammten Scheißtage verfolgt? Hatte ihm aufgelauert, ihn überprüft? Er schluckte bei dem Gedanken. Und in ihm schrie etwas auf, was ihn eben noch angetrieben hatte, dem anderen eine SMS zu schicken. Sein schlechtes Gewissen wurde von einer neuen Welle Wut gepackt und erdrückt. Seine Zähne knirschten, als sich der Kiefer aufeinander presste. "Du hast mich beobachtet? Mich die ganze Zeit verfolgt?", fragte er ungläubig. Das, was Antonin als seine Erklärung angab, bekam er schon gar nicht mehr richtig mit. "Wer gibt dir das Recht dazu, verdammte Scheiße." Cole musste an sich halten, um nicht auf den anderen zuzugehen, ihm eine Waffen an den Kopf zu halten. Aber das durfte er nicht. Ihm fiel auf, dass Antonin ohnehin ziemlich lädiert aussah. Und einen Moment befreite sich das kleine Etwas in ihm wieder aus seinen Fängen. "Ich begreife nicht, warum du so etwas getan hast? Was hast du dir..." Cole senkte den Blick. Langsam sickerte etwas durch. Dann sah er den anderen wieder an. Die Wut glomm noch immer in seinen Augen. "Nein, es gefällt mir nicht besser", zischte er. "Ganz und gar nicht. Vielleicht hätte ich dir wirklich nichts sagen sollen. Vielleicht sollte ich dir so etwas wirklich gar nicht mehr erzählen. Ich weiß es nicht, aber ich hätte gerade nicht übel Lust, auf dich einzuprügeln, dafür, dass du mich beschattet hast." Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, dass Antonin ihn so hintergangen hat. Und irgendwie fühlte sich das genauso an. Er spürte, wie ihm schwindelig wurde. Kurz schwankte er. Der Martini meldete sich zu Wort und gleichzeitig schien sein Magen ihm signalisieren zu wollen, dass er so viel Alkohol und seine Wut darin nicht gemeinsam bewältigen konnte. In sich verkrampfte sich alles noch mehr. Er lehnte sich an die Wand. "Aber leider geht es mir gerade nicht so gut, dass ich das umsetzen kann", funkelte er weiter. Er blickte den anderen an, als würde er dann sehen können, wohin dieses unsägliche Gespräch nun führen würde. Und langsam aber sicher setzte sich das durch, was er eigentlich dachte, was er eigentlich fühlte. Aber noch konnte er nicht aussprechen, dass das alles hier nicht dem entsprach, was er gerne wollte. Dafür war seine Trauer, die er eben noch im Club gefühlt hatte, im Moment zu sehr von dem Gefühl der Ohnmacht, zu sehr von Wut überdeckt. "Lass mich in Ruhe…", fauchte er dann und versuchte sich von der Wand zu lösen, zu dem Taxi zu gehen, das mittlerweile angehalten hatte. "Lass mich gefälligst in Ruhe." Irgendwie tat es in ihm so verdammt weh. Warum um alles in der Welt hatte Antonin ihn diese Woche, diese Tage verfolgt, hatte ihm aufgelauert, als sei er kein eigenständiger Mensch mehr. "Ich habe dir vertraut…" In dem Moment, in dem er die Worte ausgesprochen hatte, wusste er schon, dass diese Worte falsch waren. Hätte er Antonin wirklich vertraut, wäre es nie zu dieser Situation gekommen. Dann hätte er ihn einfach zu diesem Treffen dort mitgenommen. Aber das war doch jetzt schon eigentlich alles egal... Antonin Antonin beobachtete die Reaktion des anderen mit Argusaugen. Die Verwirrung, die plötzliche Kühle, die Wut, die ihn danach fast erschlug. Und vermutlich hätte das alles plus die Worte eine wirklich vernichtende Wirkung auf ihn gehabt, wenn er nicht selbst schon an einem Punkt angelangt wäre, an dem es ihm egal war. Wenn er nicht selbst schon so weit getrieben worden wäre, dass er sich seine Selbstsicherheit wie einen Schutzpanzer umlegte und einfach abwartete. In dem Gefühl, sich im Recht zu befinden. Mit dem Gefühl, dass ihn das alles gar nicht treffen konnte oder durfte. Und so stellte er sich diesen Augen das aller erste Mal mit der gleichen Kühle. Mit der gleichen nichts und allessagenden kühlen Aura, die nichts zu ihm durchließ. Es kam sehr selten vor, aber wenn man seine Hitzköpfigkeit lange genug niederbrannte, dann blieb nichts mehr zurück mit dem er arbeiten konnte. Nichts mehr, außer jenen selbstsicheren, von sich überzeugten Aura. Er sparte sich die Antwort auf die erste Frage, hob jedoch ein wenig spöttisch eine Augenbraue. "Wer, Cole? Du natürlich. Wer sonst hat es denn akzeptiert, mich als seinen Guard bei sich zu lassen?", fast ein wenig von sich losgelöste sah er dabei zu wie Cole scheinbar mit sich rang. Gar nicht so recht wusste, wie er mit der neuen Situation umgehen sollte. Dazu kam noch der Alkohol ins Spiel, den Antonin zwar nicht roch aber dennoch vermutete. Dafür waren die ganzen Reaktionen einfach zu untypisch, um nicht mitunter auf Alkohol zurückführend zu sein. "Was ich mir dabei gedacht habe?", echote er ein wenig belustigt. "Was hast du dir denn dabei gedacht, mich zu akzeptieren? Im Grunde glaube ich, dass du damals überfordert warst. Aber beim zweiten Mal warst du es nicht. Du hast es offen akzeptiert, also sehe ich keinen Grund jetzt an die Decke zu springen." Immer noch glomm die Wut in Coles Augen und Antonin wusste, dass er bereits fleißig dabei war, jene noch mehr anzufächern. Sie zu einem Großbrand werden zu lassen. Aber er war momentan nicht bereit, sich zurück zu halten. Sollte Cole ruhig mal sehen wie das war, wenn man nur Rücksicht auf sich selbst nahm und den Rest als ganz selbstverständlich für sich einforderte. So, wie er das nun mit seinem Recht tat, das Leben des anderen zu schützen. Egal auf welche Art und Weise. Und so nickte er sogar zustimmend. "Richtig, du hättest es mir besser nicht gesagt. Und dabei fällt mir ein, warum hast du es denn getan? Komm schon Cole, ich warte ja soo gespannt auf die Antwort. Nur keine falsche Scheu. Ich bin hier und höre dir aufmerksam zu." Diesmal registrierte er Coles Schwanken und er ahnte, dass er diesen zu einer denkbar ungünstigen Situation konfrontierte. Aber interessierte ihn das gerade wirklich? Wenn er jetzt anfing sachlich nachzudenken, dann wäre dieser Augenblick herum und es würde alles so weiterlaufen wie bisher. Es durfte aber nicht so weiterlaufen wie bisher. Er war kein Hund, den man nur mal zu sich rief, wenn das Herrchen Lust dazu hatte. Definitiv nicht. "Auf mich einprügeln, huh?", wiederholte er ruhig und nickte dann. "Ja, dass du das gerade nicht kannst, sehe ich recht deutlich. Wo ist deine Selbstbeherrschung hin, Cole? Davon hast du doch sonst so viel." Oh ja, wie sehr er gerade mit dem Feuer spielte und er genoss es. Ja, er genoss es. Nicht weil er Cole in einer ungünstigen Verfassung sah, sondern weil es endlich einmal umgedreht war. Endlich einmal war nicht Cole derjenige, der alles im Griff behielt, der die Zügel in der Hand hielt. Diesmal war er derjenige, der seine Emotionen im Griff hatte und mal mit ein wenig Sarkasmus um sich pfeffern konnte. Doch schließlich verfinsterten sich seine Augen noch mehr und diesmal kam seine Kühle wirklich an Cole heran. Mit wenigen Schritten war er bei ihm und drückte ihn wieder gegen die Wand. "Ich soll dich in Ruhe lassen?! Du hast mir vertraut?!", raunte er giftig. "Ist das denn wirklich alles was du kannst? Davonlaufen wann immer es dir zu viel wird? Mich von dir schieben, wann immer du das Gefühl bekommst, nicht mehr Herr über die Lage zu sein?", er stieß sich von dem anderen ab und holte seine Eagle hervor, während er sich seitlich zu Cole drehte. Jener sollte nur nicht denken, dass er ihn jetzt abknallen würde. Mit schnellen Handgriffen holte er alle Kugeln bis auf eine aus dem Magazin und schob es wieder rein, um Cole die Waffe in die Hand zu drücken und dessen Hände dann so anzuheben, dass die Waffe auf Antonins Brust zeigte. "Jetzt bist du wieder Herr über die Lage, Cole. Bist du doch, oder etwa nicht?", zischte er wutentbrannt. "Es wäre doch so einfach mich wieder los zu werden. Einfach nur abdrücken, das wäre doch so viel befriedigender, als mir eine reinzuhauen, oder etwa nicht?", höhnte er und ließ den anderen nicht aus den Augen. "Das ist meine Art von Vertrauen, Cole. Ich vertraue dir mein Leben sogar in dieser Situation an. Ich lasse dir so viel Freiraum, dass ich manchmal Angst bekomme, dich aus den Augen zu verlieren. Und was ist der Dank?! Der Dank, den du mir zukommen lässt, besteht darin, mir eine SMS zu schicken, in der du schreibst, dass du in Lebensgefahr warst. Und jetzt? Jetzt, wo du schon wieder nicht mehr weiter weißt, willst du mich wieder loswerden?" Und dann plötzlich fiel seine gesamte kühle Aura von ihm ab und zurück blieben zwei leicht zitternde Hände, die jene Hand von Cole mit der Waffe zwischen sich hielten und damit auf sein eigenes Herz zielte. "Wenn du wirklich nicht mehr Mumm in den Knochen hast, als das, dann tu uns beiden den Gefallen und drück ab." Jene letzten Worte enthielten kein Gift mehr. Keine Kühle und auch keinen verletzenden Sarkasmus. Es war einfach nichts mehr da, mit dem Antonin das alles aufrecht erhalten konnte. Dazu hatte die Woche ihm zu viel abverlangt. Dazu verlangte Cole zu viel von ihm. Dazu war das ganze hier einfach zu viel. Cole Cole erschrak als er mit einem mal die Veränderung des anderen bemerkte, wie dieser zu einem Eisklotz mutierte, zu einem ähnlichen Eisberg, wie er ihn oft sah, wenn er sich selbst im Spiegel sah. Und diese Beobachtung erschütterte ihn bis zum Mark, denn er war dafür verantwortlich, oder? Er war dafür verantwortlich, dass Antonin sein Strahlen verlor, seine Herzlichkeit, seine Hitzköpfigkeit, oder? Er hatte es zu verantworten. Und hatte er sich nicht geschworen, dass er einen Schlussstrich zieht, wenn das passiert? Hatte er es sich nicht damals in dem Restaurant geschworen? Doch im Moment konnte er nichts tun, nichts sagen. Im Moment starrte er nur fassungslos in diese Augen, die ihn kalt musterten. Und dann spürte er, wie die Worte des anderen auf ihn einhämmerten, ihn tiefer und tiefer trafen. Er spürte, dass er keine, gar keine Kraft hatte, irgendeine Fassade, irgendeine Mauer aufrecht zu erhalten. Er war zu erschöpft, zu fertig mit sich und der Welt. Und ihm wurde mehr als deutlich bewusst, dass ihn die ganze Geschichte wesentlich mehr mitgenommen hatte, als er gedacht hätte. Und so blieb ihm nichts anderes übrig als drei Dinge zu akzeptieren. Erstens, dass er dafür verantwortlich war, dass das alles überhaupt so weit gekommen war, denn er hatte Antonin als Guard 'angestellt', zweitens, dass sein Egoismus den anderen an sich gebunden hatte, ohne darüber nachzudenken, dass er ihm damit eine schier unmögliche Aufgabe gegeben hatte und dass er damit Antonins Luft zum Atmen genommen hatte. Und drittens dass sein schlechtes Gewissen den anderen so dermaßen verletzt hatte, dass er zu diesem Eisberg mutiert war, der nun vor ihm stand. Er senkte den Blick, war nicht mehr in der Lage irgendetwas zu sagen. Eigentlich sollte er gehen, oder? Sollte er nicht einfach gehen, den anderen aus seinen Verpflichtungen entlassen, sich aus dessen Leben zurückziehen, ihn in Ruhe lassen und am besten nie wieder sehen? Sollte er das nicht tun, um ihn nie wieder so zu verletzen? Um ihn nie wieder so kalt sehen zu müssen? Um ihm nicht weiter sein Strahlen zu rauben, seine Wärme zu ersticken? Er sollte gehen, sich verabschieden, nie wieder kommen... Und mit diesem Gedanken blickte er wieder auf, entschlossener. Ja, er sollte seine Selbstbeherrschung wiederfinden und das endlich beenden. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Und das bezog er nicht auf sich. Er selbst stand nicht mehr im Vordergrund. Er selbst durfte nicht auf die Schmerzen hören, die Verzweiflung in sich, die er spürte, wenn er nur darüber nachdachte, den anderen gehen zu lassen, nie wieder dessen Wärme neben sich im Bett zu spüren, nie wieder das Lächeln des anderen zu sehen. Diese Gedanken brachten Schmerzen, die er jetzt aber nicht in seiner Entscheidung einbeziehen durfte, denn sonst würde er Antonin wohl immer und immer wieder verletzen. Deshalb, weil er er war, weil er ein beschissenes Leben führte, weil er ein kaltes, egoistisches Arschloch war, das nicht aus seiner Haut konnte. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, fühlte er wie Antonin ihn gegen die Wand drückte, sah, wie er ihn zornig anfunkelte. Und dann bekam er die Worte ab, die ihm vor Augen führten, dass es offensichtlich wirklich das einzige war, das er wirklich gut konnte: Davonlaufen, Probleme hinter sich zu lassen, indem er davon lief, sie verdrängte. Er schluckte, erstarrt in dieser Erkenntnis. Sein Gesicht war in eine Fratze der Verzweiflung verwandelt. Er war nicht fähig zu reagieren, nicht zu agieren, nicht zu sprechen. Was sollte er auch sagen? Dass es ihm leid tat? Antonin würde ihn verlachen. Sollte er sagen, dass er es wieder gut machen würde? Unmöglich. Sollte er sagen, dass er geht, damit er den anderen nicht weiter verletzt? Vielleicht. In diesen Gedanken gefangen starrte er auf Antonin, bis er plötzlich sah, wie jener seine Waffe zog. Würde er ihn erschießen? Hoffentlich. Denn in diesem Moment sah Cole absolut keinen Ausweg mehr, sah gar keinen Weg mehr, nichts, wohin er sich wenden sollte. Er war orientierungslos, hilflos, bewegungsunfähig. Und in dieser Situation kam es ihm als gute Möglichkeit vor, sich einfach erschießen zu lassen. Und der Gedanke, durch Antonin zu sterben, erschien ihm gar nicht so schlimm in diesem Moment. Ganz im Gegenteil. Und mit einem Mal fand er sich mit der Waffe des anderen in seiner Hand, sah, wie jener die Waffe an seiner Brust drückte. Was sollte das? Blankes Entsetzen packte ihn. Die Worte des anderen straften seine ganzen Gedanken von eben Lügen. Er war wirklich ein Feigling, war immer ein Feigling gewesen. Aber es war die Angst, die tief saß, die ihn irrational handeln ließ. Konnte Antonin das nicht sehen? "Hör auf...", wisperte er tonlos. Antonin sollte aufhören damit, sollte aufhören, so etwas von ihm zu verlangen, sollte aufhören ihm den Spiegel vorzuzeigen, in dem er ein egoistisches, feiges Arschloch sah. "Hör auf...", murmelte er ein wenig lauter. Sein Blick, der auf die Waffe gestarrt hatte, hob sich und plötzlich sah er nicht mehr jenen kühlen Mann, der ihm eben so viel Angst eingejagt hatte, sondern er sah Antonin, der ihn verzweifelt ansah, der zitterte, der ihn vollkommen entkräftet anblickte, der ihn bat ihn zu töten. "Hör auf...", er wurde lauter. Cole schüttelte den Kopf, erst langsam, dann heftiger. "Hör auf...", schrie er nun schon fast. Sein ganzer Körper drückte sich gegen die Wand, er konnte nicht fliehen. Und mit einem Mal war ihm klar, was der einzige Ausweg war. Cole ließ die Waffe sinken. "Du begreifst etwas nicht", sagte er mit einem mal ohne Zittern, ohne Hilflosigkeit, sondern voll Entschlossenheit. Ja, er sah klar, vollkommen klar. "Ich könnte dir niemals etwas antun, niemals. Ich wollte dich nicht verletzen, ich wollte dich nie verletzten. Ich wollte dich strahlen sehen, wollte dass du hell leuchtest, dass du lachst und dein Leben genießt, aber das kannst du nicht, solange ich in deinem Leben bin. Ich bringe dir nur Unglück. Ich bin dein Verderben. Ich verletze dich unbewusst mit allem, was ich tue. Dass ich dir diese SMS geschickt habe, diese unsägliche SMS, war nur ein Produkt meines Egoismus, ein Produkt meines schlechten Gewissens dir gegenüber. Ich habe Angst vor meinen Gefühlen für dich. Ich habe eine unglaubliche Angst. Es war purer Egoismus, dich an mich zu binden, denn du bist der einzige Mensch, bei dem ich zur Ruhe kommen kann, der einzige, der mich zum Lachen bringt, der meine Seele berührt, der einzige, der mir das Gefühl gibt, lebendig zu sein, der einzige Mensch, dem ich mein Leben anvertraue, der mir so nahe war, wie kein Mensch vorher. Aber ich kann nicht damit umgehen, mit diesem Wissen, mit diesen ‚Gefühlen‘. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Diese Gefühle erschlagen mich, sie machen mir Angst, sie machen mich schwach und halten mir einen Spiegel vor, in den ich mit Schrecken schaue, weil ich darin ein egoistisches Arschloch sehe. Und das alles nur, weil ich in eine Haut gegossen wurde, die mich zwar schützt, aber die ich nicht ausziehen kann. Ich bin zu einem Leben gezwungen, in das das alles nicht hineinpasst. Ich habe furchtbare Angst davor, dich an diesem Leben teilhaben zu lassen, wie es einem Guard eigentlich zukommen müsste. Aber ich kann das nicht, denn das bedeutet Gefahr für dich. Als ich bei Klinger dachte, dass er dich erwischt haben muss, dass du wahrscheinlich auf dem Balkon liegst, tot, weil ich dich in diese Situation gebracht habe... Ich habe mich gefühlt, als würde ich selbst sterben bei diesem Gedanken. Und im Moment merke ich, dass es weder ein vor noch ein zurück gibt. Denn wenn du wirklich als mein Guard arbeitest, setzte ich dich einer Gefahr aus, die ich nicht ertrage. Und wenn ich dich aus meinem Leben heraushalte, dann verletze ich dich..." Er sprach mit einer Ruhe, die ihm selbst neu war. Er sah endlich einen Ausweg aus der Sackgasse. "Ich kann nur davonlaufen, Antonin. Das ist das einzige, was mich immer am Leben gehalten hat. Ich habe nie etwas anderes gelernt. Verdrängen und davonlaufen sind meine beiden besten Freunde. Sie sind die einzigen, die mich davon abhalten, völlig zu verzweifeln, die mich davor schützen, verrückt zu werden, den Verstand zu verlieren. Und noch nie war mein Verlangen so groß, davonzulaufen, wie in dem Moment, als ich gesehen habe, wie unglaublich schön dein Strahlen ist. Denn bei mir gibt es nur Dunkelheit. Mein Leben ist ein Schattendasein. Ich möchte dich nicht mehr davon abhalten, zu leuchten. Ich bringe dir nur Verderben." Der einzige Weg aus dieser Sackgasse war nicht, sich Antonin zu entledigen, der ein Leben führen konnte, das von Helligkeit gezeichnet war. Der einzige Weg aus dieser Sackgasse war sein eigener Tod. Und so hob er die Waffe wieder und hielt sie sich an die Schläfe. Sicher war es wieder eine Art des Davonlaufens, aber darin war er nun einmal gut. Antonin Und jetzt tat es plötzlich doch weh. Es schmerzte mit einer Inbrunst die ihm vollkommen neu war. Eine völlig neue Art von Schmerz, der sich durch sein ganzes System zu pressen schien bis er tief in die Seele. Aber es war nicht weil Coles Worte ihn verletzten, es war vielmehr weil er den anderen in einem solchen Zustand sah. Weil er sich dafür verantwortlich fühlte. Weil Antonin selbst das blöde Arschloch hier war. Eines, das keine Geduld hatte, sich nicht auf den anderen einstellen konnte. Ein saublödes Arschloch das offensichtlich zu viel verlangte... nicht mit dem zufrieden war was es bekam. Und der Dank dafür bestand darin, einem normalerweise so beständigen, starken Mann dabei zuhören zu müssen, wie er ihn bat aufzuhören. Aufzuhören damit ihn zu verletzen. Aufzuhören damit, ihn gerade in so einer Situation in eine Ecke zu drängen. Aufzuhören damit, sich wie der letzte Mensch auf Erden aufzuführen. Und jedes Mal wenn Cole diese beiden Wörter aussprach, traf es ihn tiefer. Führte ihm vor Augen was für ein unsozialer Mensch er doch war. Was für ein kaputter Typ Antonin eigentlich sein musste, um Coles momentane Schwäche so auszunutzen. Auszunutzen, um Dinge auszusprechen, von denen er sich geschworen hatte, es nicht zu tun, da er doch im rationalen Teil seines Gehirns genau wusste, dass man manchmal gar nicht anders konnte, als sich so zu schützen. Doch aus dieser Art von schmerzhaftem Innehalten wurde er von den plötzlich wieder ruhig klingenden Worten gerissen. Statt ins Nichts zu blicken, fokussierten sich seine Augen, wie von einem Magnet angezogen wieder an Coles Gesicht, nur um sich dann halb entsetzt, halb erstaunt zu weiten. Oh Gott... oh lieber Gott. Es war ihm kaum möglich etwas anderes zu denken, etwas anderes zuzulassen. Nein.. nein, nein, nein! Das war so nicht geplant. Das war so nicht gewollt. Solche Worte sollte man sich nicht sagen, weil man nicht mehr anders konnte. Und mit jedem weiteren Wort von Cole war ihm mehr nach Heulen zumute. Immer größer wurde der Drang sich zurück zu ziehen, sich eine Decke über den Kopf zu ziehen und die Welt einmal Welt sein zu lassen. Aber es gab da auch noch die andere Seite, die unglaublich glücklich über diese Worte war. Die Cole packen und von allem bösen dieser Welt beschützen wollte. Die solche Ausbrüche niemals mehr zulassen wollte. Die Seite, die nicht glauben wollte, dass es da wirklich nur Schwärze geben sollte. Und hatte Antonin selbst denn nicht auch etwas anderes gesehen? War er nicht selbst der festen Überzeugung, dass Cole selbst so strahlend schön war, wenn er lachte? Wenn die ganze Fassade mal aus dem Gesicht gefallen war? Fand er Cole nicht atemberaubend, als jener zu seinem Orgasmus gekommen war? Ja, ja und hundertmal ja! Und dann, von einer Sekunde auf die andere bewies ihm sein Körper, dass er immer in der Lage wäre Adrenalin auszuschütten, wenn es um Cole ging. Dass dieser Körper niemals erschöpft genug wäre, um nicht auf Cole aufpassen zu können. Aber er bewies ihm auch, was Angst war. Denn nichts anderes als Angst durchströmte ihn, als er mit weit aufgerissenen Augen dabei zusah, wie Cole sich plötzlich die Waffe aus Antonins Händen befreite und sich selbst an die Schläfen hob. NEIN! In einer Geschwindigkeit, die er sich selbst nicht mehr zugetraut hätte, holte er aus und verpasste Cole das lange versprochene Veilchen. Den Schmerz darüber, den sein angestauchtes Handgelenkt ausströmte bemerkte er nicht. Ihm kam es wieder so vor, als wäre die Welt in einen Zeitlupenmodus zusammengeschrumpft und noch während Coles Kopf beiseite flog, griff er nach dessen Hand und presste sie nach hinten an die Wand, bis er ihm die Waffe aus der wohl durch den Schlag gelockerten Hand riss und sie achtlos neben sie warf. Und irgendwo, ganz in den Tiefen seiner selbst, bemerkte ein kleiner Teil, den er wohl seiner Guardausbildung zuzuschreiben hatte, dass es gut war, dass sie sich im Schatten der Wand befanden. Doch solche Gedanken waren jetzt unglaublich nebensächlich und so dauerte es nach dem wegwerfen der Waffe kaum ein paar Sekunden, bis er Cole an sich gerissen und in eine Bärenumarmung gezogen hatte. "Du Idiot! Du unglaublich, unsäglicher, dämlicher Idiot!", fauchte er dem anderen Mann ins Ohr ohne seine Arme auch nur eine Sekunde zu lockern. "Oh Gott.. oh Gott.. oh Gott. Du kannst dir doch nicht einfach die Scheiß Waffe an den Kopf halten! Cole! Begreif es endlich! Ich lasse dich nicht mehr weglaufen. Ich lasse dich nicht mehr weglaufen, verdammt!", fast versagte ihm die Stimme vor lauter Emotionen. Er war so furchtbar aufgewühlt, fand keinen richtigen Ansatzpunkt. Außer dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Und so schob er Cole weit genug von sich um ihm wieder ins Gesicht sehen zu können, beide Hände fest an dessen Schultern liegend. Die ersten Anzeichen des Veilchens bereits erkennbar... er hatte sich nicht zurückgehalten. Scheiße! Verfluchte Scheiße! "Cole, bitte hör mir zu, ja? Bitte", er hatte sich selten so hilflos gefühlt, selten so sehr das Bedürfnis verspürt, einem anderen Menschen etwas mitteilen zu müssen. "Du bist nicht mein Verderben. Das darfst du keine Minute lang glauben. Nicht einmal eine Sekunde, hörst du? Ich verzeihe dir tausende von diesen SMS wenn es sein muss. Manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte dir alles verzeihen, alles bis auf das hier. Du könntest mich gar nicht tiefer verletzen als damit, dich umzubringen. Andere Verletzungen heilen, Cole. Sie heilen! Aber die Wunde, die du schlagen würdest, wenn du dich umbringst, wenn du plötzlich weg wärst… sie würde immer offen bleiben. Verstehst du, was ich dir sagen will? Du bist mir so wichtig, dass alles andere nebensächlich ist. Und wenn ich strahle, dann liegt das nur an dir", er stockte, um wieder Luft in die Lungen zu bekommen. Um trocken zu schlucken und um Worte für all das zu finden was ihn bewegte. Und während Antonin darüber nachdachte beugte er sich vor und hauchte Cole sanfte Küsse auf die Stirn, Wangen und das Kinn. "Du kannst es nicht wissen, aber ich hatte fast zwei Jahre keinen Kontakt zu Nicholas. Für mich gab es nur das Labor und die Verwirklichung von CI-4. Ich hatte kein Leben nebenher. Es gab keine Gründe, zu lachen oder zu strahlen. Ich habe Leute zusammengeschlagen, weil ich dachte, sie könnten durch den Stoff auf meine Narben sehen und es war mir scheiß egal was andere von mir dachten. Passt das irgendwie mit dem Bild überein, das du von mir haben müsstest? Nein, oder?", er fragte leise, doch erwartete keine Antwort. Inzwischen war seine Stimme auch weniger durch seine Emotionen aufgeputscht, weniger hell, weniger verzweifelt. Cole war noch hier... Cole hörte zu. Hoffte er zumindest. "Wenn du denkst, deine Gefühle machen dich schwach, dann ist das so, aber vergisst du dabei nicht, dass du durch diese Gefühle jemanden gewinnst, auf den du dich stützen kannst? Und ich werde dich hiervor nicht davonlaufen lassen, Cole. Ich kann es gar nicht. Ich kann und will nicht mehr auf dich verzichten. Dann bin ich eben ein paar Mal verletzt. Das ist vollkommen in Ordnung, denn es ist menschlich. Vielleicht läuft das hier extremer ab, als woanders, aber es ist menschlich. Du bist keine Maschine und du bist auch nicht nur Schwärze. Ich habe da so viel mehr als Schwärze gesehen und selbst wenn du das selbst nicht sehen kannst, so kannst du mein angebliches Strahlen gar nicht zum erlischen bringen. Wo doch du der Grund dafür bist, dass es überhaupt vorhanden ist", er lehnte seine Stirn gegen die von Cole und atmete tief durch. "Angst ist in Ordnung, Cole. Ich habe auch Angst, aber ich lasse mich nicht mehr davon diktieren, da ich nicht mehr gewillt bin auf dich zu verzichten. Ich will und werde es nicht tun. Du sagst du willst mich nicht verletzen, du sagst, dass du mir nichts antun könntest und in meinen Augen ist das ein guter Punkt. Es ist ein Startpunkt." Cole Der Schmerz, der ihm unterhalb des linken Auges traf war enorm. Cole taumelte gegen die Wand, musste sich mit seiner freien Hand irgendwie wieder fangen. Sein Kopf war leicht gegen die Wand geknallt. Einen Moment war er nicht in der Lage irgendwie zu begreifen, was gerade geschehen war. Er hielt die Augen geschlossen, den pochenden Schmerz auf seinem Wangenknochen, an seinem Auge spürend. Dann spürte er auch schon, wie ihm die Waffe abgenommen wurde, wie er in die Arme des anderen gezogen wurde, wie Antonin auf ihn einredete. Aber noch immer war er nicht wirklich in der Lage zu begreifen, was gerade geschehen war. Das einzige, was er in dieser Situation konnte, war sich in diesen Armen fallen zu lassen. Und so lehnte er sich kraftlos gegen den anderen, versank in seinen Armen, in seiner Halsbeuge, und spürte, wie ein Brennen seine Augen füllte. Weinte er? Er wusste es nicht. Wahrscheinlich war es nur der Schmerz. Der physische oder der psychische? Er wusste es nicht... Und langsam, sehr langsam drangen die Worte des anderen zu ihm durch, spürte wie ihn Antonin wieder von sich weg drückte, sah wieder diese Augen des anderen, die ihn vorhin so entsetzt hatten, die nun aber wesentlich wärmer waren, genau so, wie er sie mochte, wie er sie schön fand. Nur seine eigenen Augen mochten nicht so recht und so hob er die Hände und strich die Tränen weg, die seine Sicht trübten. Die Berührung in seinem Gesicht war schmerzhaft. Antonin hatte ihn ordentlich getroffen. Er nickte träge, als Antonin ihn bat, ihm zuzuhören, doch die Worte drangen nur schwer zu ihm durch. Er war ihm wichtig? War er das wirklich? Hatte er das verdient? Cole merkte, dass er keinen wirklich klaren Gedanken mehr fassen konnte. Sein Schädel brummte, er meinte zu spüren, wie sein Auge zuschwoll. Antonin redete weiter, er spürte Küsse auf seinem Gesicht, spürte die Nähe des anderen, seine Aufgeregtheit, seine Sorge, spürte, wie jener nach Worten rang, und er merkte, wie jener mit der Zeit ruhiger wurde, seine Worte offenbar leichter fand, das ängstliche Zittern in der Stimme langsam sich legte. Er hörte die Worte, verstand sie, aber begriff sie nicht. Nicht im Moment. Im Moment war ihm einfach alles zu viel. Als Antonin seine Stirn an die seinige lehnte, kam er dieser gerne entgegen. Er hatte so dringend das Bedürfnis dem anderen nah zu sein, wollte gehalten werden. Es war seltsam. Eben hatte er sich doch noch geschworen damit aufzuhören, aber nun... Gut, es ging alles von Antonin aus. Antonin war der, der ihm Halt geben wollte, der ihn bei sich behalten wollte. Es war nicht mehr sein Egoismus, der den anderen an sich band. Und doch war es auch sein Egoismus, denn erhielt Antonin nicht mehr davon ab. Sollte er ihn nicht doch vor sich beschützen? Aber laut Antonins Worten, wollte dieser das nicht. Cole wusste nicht so recht, ob er sich freuen sollte. Doch, eigentlich freute es ihn, sehr sogar. Es war nur im Moment nicht richtig real. Er war der Auslöser seines Strahlens? War er das wirklich? Wie denn? Was tat er denn schon groß, außer den anderen zu verletzen? Aber wenn dieser es so sah, wer wäre er, wenn er widersprechen würde… Und Antonin war selbst in einer Dunkelheit gefangen gewesen, bevor er ihn kennengelernt hatte? Cole meinte zu ahnen, was ihr größtes Problem war: die Kommunikation. Sie kommunizierten nicht genug und nicht richtig miteinander. Und dazu trug wohl jeder seinen Teil bei, oder? Und dann lauschte er den Eingeständnissen, die Antonin ihm machte. Er wollte ihm eine Stütze sein, die die Schwäche seiner Gefühle kompensieren könnte? Er würde es akzeptieren, wenn er ihn noch einmal unbewusst so verletzen würde? Und das alles, weil er nicht auf ihn verzichten konnte? War er dem anderen so viel wert? Cole konnte nicht genau abschätzen, was die Worte des anderen alles für Ausmaße annahmen. Schließlich begann er langsam zu sprechen, zu reagieren, auf das, was der andere sagte. "Ich habe es dir doch gesagt...", murmelte er und schloss wieder die Augen, sich an den anderen lehnend. "Ich werde dich mehr oder weniger bewusst verletzen. Und deine Reaktion darauf war genauso unberechenbar, wie du es prophezeit hast. Aber jetzt haben wir zumindest schon einen großen Umweg hinter uns gebracht und sind damit wider erwartend doch ein Stück vorangekommen." Er begann langsam die Arme zu heben, und umarmte den anderen somit. "Ich hatte mir eigentlich geschworen, mich zurückzuziehen, wenn ich dich verletze, aber du siehst das anders und ich werde mich nicht dagegen wehren. Vielleicht sollten wir es wirklich als Startpunkt sehen. Aber ich fürchte so einfach ist es nicht. Ich.. wir müssen noch viel reden. Überhaupt glaube ich, dass wir in Zukunft mehr miteinander reden müssen. Und besser zuhören müssen, damit so etwas nicht wieder geschieht." Er löste sich leicht von Antonin. "Ich bin nur im Moment so fertig, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Und das einzige, was ich jetzt wirklich will, ist in deinen Armen zu liegen und zu schlafen. Erfüllst du mir den Wunsch? Ich kann einfach nicht mehr." Aus müden Augen blickte er den anderen an. "Bring mich bitte nach Hause." Im Moment war er so kaputt mit allem, dass er vollkommen schutzlos war. Cole zog aus seiner Jackentasche seinen Autoschlüssel. Kapitel 47: Streiten verbindet ------------------------------ Antonin Antonin spürte nichts als pure Erleichterung, als Cole auf ihn zu reagieren begann, die Umarmung erwiderte, ihm mit der Stirn entgegen kam und sich schließlich sogar die Tränen aus den Augen wischte. Ein weiteres Paradoxum, mit dem er noch nicht ganz klar kam. Das war bereits das zweite Mal, dass er diese Reaktion bei Cole erlebte, und obwohl da diesmal kein Blut den Anblick verschlimmerte, so war es doch wieder durch Antonin und einer Waffe hervorgerufen worden. Und obwohl er dadurch einen weiteren Stich voller Schuld in seinem Herzen wahrnahm, so spürte er zusätzlich auch, wie sich der eisige Griff der Angst von seinem Herzen zurückzog, die Umklammerung löste und ihm damit wieder mehr Raum für sinnige Gedanken zugestand. Dafür festigte er seine Umarmung um den anderen als dieser anfing zu sprechen. Ganz als wollte er unterstreichen jenen nicht mehr davonlaufen zu lassen, auch wenn das nicht sein wirklicher Grund war. Es war vielmehr so, dass er den warmen, lebenden Cole jetzt einfach so nah wie möglich bei sich wissen wollte. Egal wie vertrackt und seltsam die Situation auch sein mochte, so würde es dennoch in Ordnung kommen. Einfach weil Cole den Halt, den Antonin mehr als bereit war zu geben, gerade auch einforderte. Weil es ihm wieder Hoffnung gab, obwohl eben noch alles so unsagbar kaputt gewirkt hatte. Und vielleicht war es das auch. Vielleicht standen sie inmitten von Scherben. Aber dann müssten sie eben etwas Neues aufbauen. Etwas, das nur ihnen gehörte und das durch nichts anderes beschmutzt wurde. Einen sicheren Hafen. Das war das Gebäude, das er Cole in diesem Moment errichten wollte... wenn jener es denn annehmen würde. Hm, was der andere da sagte stimmte. Antonin hatte mit einer unberechenbaren Reaktion gedroht, doch wer hätte ahnen können was für einen kleinen Auslöser das ganze wirklich benötigte? Zumindest er war von sich selbst mehr als überrascht und auch enttäuscht. Und Cole sah darin einen Umweg? Antonin sah da viel eher eine gewaltsam hervorgezauberte Abkürzung. Aber egal was es im Endeffekt auch darstellte, solange Cole ihm mit dem Startpunkt zustimmte, war es ihm vollkommen gleichgültig. Außer vielleicht das es sein müdes Herz wieder etwas schneller schlagen ließ. Was er auf die Worte und auf die Umarmung zurückführen würde. Doch dann runzelte er die Stirn. Zurückziehen wenn er ihn verletzte? Oh nein, Antonin würde es nicht zulassen, dass sie es sich beide so leicht machten. Ja, vielleicht steuerten sie geradewegs auf die nächste Katastrophe zu, aber selbst von der Titanic waren Überlebende herunter gekommen. Manchmal musste man einfach ein wenig Vertrauen beweisen und vielleicht würde das ja wirklich in Gesprächen kommen. Vielleicht würden sie sich tatsächlich die Zeit nehmen, um wirklich miteinander zu sprechen. Und das nicht früh morgens nach einem durchgearbeiteten Tag, oder kurz vor oder nach einer Aktion, sondern tatsächlich Zeit, die sie sich nur dafür nehmen würden. Antonin war mehr als bereit zu solchen Gesprächen. Ja, sie würden nicht leicht werden. Wohl auf beiden Seiten nicht und Cole hatte mit Sicherheit recht, denn Antonin sah da noch sehr viel Frustpotential. Besonders da dieser im Grunde wunderbare Mann, der von sich selbst so wenig zu halten schien, wohl einen guten Grund dafür hatte, so zu reagieren wie er es eben tat. Was wiederum bedeuten würde, dass Cole ebenfalls Dinge erlebt und getan hatte, die man weder gern aussprechen noch anhören würde. Außer man hieß vielleicht Antonin Vollidiot Marakow. Dann wäre man nicht nur bereit zuzuhören, sondern auch damit umzugehen. Es nicht nur zu hören, sondern es anzunehmen. Wie alles das mit Cole zu tun hatte. Ein wenig aus seinen Gedanken gerissen ergriff er den Autoschlüssel bevor er Cole nochmal kurz an sich drückte. "Diesen Wunsch erfülle ich dir sehr gerne. Und ich stimme dir zu, was das miteinander sprechen betrifft, aber jetzt bringe ich dich wirklich erstmal nach Hause." Cole Auf der Fahrt sprachen sie nicht. Cole war noch immer ein wenig benebelt, was sicher nicht nur an dem Schlag ins Gesicht, sondern vor allem am Alkohol lag. Er ließ Revue passieren, was soeben geschehen war, und langsam aber sicher begriff er die Dimension, die ihr Streit angenommen hatte. Sie hatten sich gegenseitig eingestanden, Gefühle füreinander zu haben. Sie hatten sich letztlich nun eingestanden, dass sie aus dieser Schwäche, die dadurch entstand, eine Stärke machen wollten. Sie hatten also letztlich beschlossen es zu probieren, zu probieren gemeinsam weiter zu laufen. Ein Gedanke, der Cole massive Angst machte, aber Antonin hatte ihm gesagt, dass er ihn erstens nicht mehr weglaufen lassen würde und zweitens dass er auch Angst hatte. Und das beruhigte ihn. Als sie bei ihm ankamen, schloss Cole die Wohnungstür hinter ihnen. Das Schweigen der Fahrt war nicht halb so unangenehm gewesen, wie er erwartet hatte. Es gab noch zu viele unausgesprochenen Worte, die zwischen ihnen standen. Sollten sie doch jetzt darüber reden? Cole zog sich die Jacke die Schule aus, ging in die Küche und ließ unterwegs sein Hemd fallen. Er nahm aus dem Gefrierfach eine Kompresse und hielt sie sich ans Auge. Die Kühle tat gut, der Druck schmerzte. Kurz wartete er einen Moment, dann zog er seine Hose, seine Short aus und stand nun nackt vor Antonin, hielt sich den Eisbeutel wieder ans Auge. "Ich kann dir nicht viel bieten", meinte er schließlich und ging auf den anderen mit unsicherem Gang zu. "Das ist alles, was ich dir bieten kann." Er trat noch näher an den anderen heran und nahm ihn bei der Hand, führte ihn zu sich ins Schlafzimmer. "Ich kann dir nur diesen Körper bieten, und eine geschundene, getretene, geschlagene Seele dazu, die nicht leicht zu verdauen ist. Aber auch wenn ich noch nicht recht begreife, weshalb du genau das möchtest, so bin ich dir dankbar dafür. Und du musst mir jetzt keine Begründung liefern, weshalb du mich möchtest mit all den Verletzungen, den Macken, den Kanten. Du kannst mich ja hin und wieder in den jeweiligen Situationen darauf aufmerksam machen, damit ich sehe, was dir an mir gefällt." Er ließ sich auf das Bett nieder und legte sich hin, wartend, bis Antonin zu ihm kam, um sich an den anderen zu kuscheln, sie beide zuzudecken. Leise sprach er weiter. "Aber zu mir gehören auch Dinge, die du noch nicht weißt, noch nicht wissen kannst, die dir wahrscheinlich weniger gut gefallen werden, die dich aber vielleicht verstehen lassen, wenn ich irrational handle, wenn ich dich irgendwie verletze... Ich möchte das nicht als Ausrede nehmen, aber ich glaube wir müssen viel mehr voneinander wissen, bevor wir den Weg nun doch gemeinsam betreten. Ich hoffe, dass du diese Dinge auch hören möchtest, und dir möchte ich sie auch anvertrauen, aber es muss bis morgen warten. Okay?" Antonin Die Eagle wieder sicher verstauend, ließ er sich zu Coles Fahrzeug dirigieren, sein eigenes Auto vor dem Club stehenlassend. Die Fahrt verlief ruhig, auch wenn Antonin immer mal wieder kurze Bilder von ihrem Zusammenstoß in den Sinn kamen. Irgendetwas schienen sie beide komplett falsch zu machen, oder warum kam es das immer eine Waffe der Auslöser für solche Zusammenbrüche darstellte? Warum hatte er das überhaupt getan, sich die Waffe selbst ans Herz zu halten? War sein Vertrauen in Cole wirklich so groß? Und das war sogar eine Frage, die er sich selbst bedenkenlos beantworten konnte. Ja, verdammt ja. Und Antonin selbst sah kein Ende davon, da er darin noch nicht wirklich enttäuscht worden war. Mochte Cole sich einreden was er wollte, doch sein Vertrauen in jenen war zu jedem Zeitpunkt da gewesen. Seitdem es sich eingenistet hatte, war es nicht mehr zu zerstören. Weder von Cole noch von Antonin selbst. Eine Tatsache, die ihn mit ein wenig Ruhe erfüllte. Unzerstörbare Dinge dieser Art waren wichtig um weitermachen zu können. Er folgte Cole in dessen Wohnung, zog sich selbst Schuhe, Jacke und die beiden Waffenholster aus bevor er ein paar Schritte in den Raum hinein tätigte. Und mit nicht geringem schlechten Gewissen dabei zusah, wie der andere sich einen Eisbeutel ans Auge hielt. Aber was hätte er tun sollen? Auf Cole einreden? Nein... bei aller Liebe, aber: nein. Dazu war jener viel zu weit in irgendeinem Delirium verstrickt gewesen. Dazu war der Tunnelblick in jenem Moment zu deutlich gewesen. Schließlich sah er neugierig, wenn auch ein wenig irritiert dabei zu, wie Cole sich komplett auszog. Gut, das sollte ihn nicht mehr wirklich überraschen, aber dessen Worte taten es und so war er im ersten Moment viel zu sehr in seiner eigenen Verunsicherung, aber auch Erleichterung gefangen, um etwas darauf zu erwidern. Vielmehr drückte er die Hand des anderen leicht, als jener ihn mit sich ins Schlafzimmer zog. Das wäre alles, das Cole zu bieten hatte? Das klang so, als wäre es jenem nicht genug, doch dieses Angebot - nichts anderes war es wohl - kam Antonin in diesem Moment als ein unglaublich großes Geschenk vor. Doch wie sollte man so etwas glaubhaft in Worte fassen, wenn das Selbstwertgefühl des anderen offensichtlich in den Minusbereichen anzusiedeln war? Und diese Art der Erkenntnis traf ihn in diesem Moment mit einer vollen Breitseite. Wie viel von Cole war im normalen Alltag eigentlich real? Wie viel davon Schauspielerte Cole, ohne selbst davon zu wissen? War das mitunter einer der Gründe, warum der andere ständig alles von sich schob, was ihm zu nahe kam? Weil Cole nicht mit sich selbst klarkam? Nun, das war ein Gefühl, das Antonin nachvollziehen konnte, auch wenn ihm eine leise Stimme zuflüsterte, dass er selbst hiergegen womöglich ein Weisenknabe war. Doch selbst das konnte ihn nicht abschrecken. Nicht mehr. Wenn es denn jemals überhaupt einen Weg zurück gegeben hätte, dann war Antonin selbst mit selbstauferlegten Scheuklappen daran vorbeigelaufen. Und das mit gutem Gewissen. Er wollte Cole. Cole und nichts und niemand anderen. Und wenn es diesen nur mit 'geschundener, getretener und geschlagener Seele' gab, dann würde er das Gesamtpaket immer noch mit Kusshand nehmen. Etwas, von dem er gedachte es dem anderen auch noch auf die ein oder andere Weise klarzumachen. Cole war etwas wert. Nein, er war sogar sehr viel wert. Noch in Gedanken zog er sich bis auf die Shorts aus, da er nicht so wahnsinnig gern nackt schlief und legte sich dann zu dem Mann dessen Leben in Antonins Augen das eigene aufwog. Er spürte die blauen Flecken kaum noch, nicht dass es ihn anders davon abgehalten hätte, und umschlang den an sich anschmiegenden Mann mit den Armen. Hielt ihn in einer sicheren Umarmung. Eine, die ihm selbst auch unglaublich viel Halt in diesem Moment gab, da es ihm wiedermal aufzeigte, warum er sich dem ganzen wirklich mit Herz und Seele verschrieben hatte. Weshalb er ohne zweiten Gedanken dazu bereit war, das alles und noch so viel mehr auf sich zu nehmen und auch auf seine eigene Seele zu laden. Vielleicht auch, weil er wusste, dass er belastbar war. Antonin hatte bis auf seine Narben und das nächste darum herum gelegene kaum etwas verdrängt. Er zog es vor zu verarbeiten und zu verdauen und deshalb war da noch viel Platz den Cole einnehmen konnte. Viel Platz, um Cole Dinge abzunehmen und sie ihm leichter zu machen. Davon ging er zumindest aus. Er wartete bis der andere geendet hatte und schwieg einen kurzen Moment bevor er seine Antwort gab. Leise in den Raum hinein murmelnd, Coles Geruch dabei aufnehmend und auch dessen Wärme so nah an sich dran spürend. Eigentlich perfekt, wenn man davon absah, wie sie diesmal hier gelandet waren. "Ich werde dir zuhören, Cole. Ob mir die Dinge gefallen oder nicht ist dabei vollkommen unerheblich und ich gebe dir dafür auch alle Zeit der Welt. Ich bin jetzt hier, ich werde morgen hier sein und so Gott will, so wird das noch einen viel größeren Zeitraum lang so bleiben. Sag mir so viel du willst und wann du willst. Und ja, vielleicht sind wir ganz schön lange damit beschäftigt zu sprechen, den anderen besser verstehen zu lernen. Und ja, vermutlich gibt es Zeitpunkte, zu denen wir das alles am liebsten wieder hinschmeißen wollen, weil es anders leichter war. Nicht besser, aber leichter. Aber ich für mich werde dann daran zurückdenken, was ich vorher gefühlt habe, als du dir die Waffe an den Kopf gehalten hast und ich weiß, dass alles nicht so schlimm sein kann, wie dieses Gefühl." Er festigte die Umarmung kurz, bevor er Coles Schulter küsste und leise seufzte. "Ich werde mich morgen für das Veilchen entschuldigen, aber jetzt sollten wir besser schlafen. Etwas, das wir beide gut gebrauchen können", murmelte er und begann dann sacht über Coles Haut zu streicheln, darauf wartend, dass der andere wirklich einschlief. Ja, Antonin könnte eine Mütze Schlaf auch gut vertragen, aber momentan war sein Beschützerinstinkt noch zu wach. Was wohl auch an der Art der letzten Tage lag und an dem was Cole fast getan hätte. Bevor er nicht sicher sein könnte, den anderen wirklich hier sicher schlafend zu wissen, würde er sowieso kein Auge zubekommen. Weshalb er dem ruhiger werdenden Atem lauschte und die Zeit ein wenig nutzte, um seine eigenen Gefühle tatsächlich ein wenig genauer zu hinterfragen. Cole Schwindel überfiel ihn, als er die Augen schloss und wieder spürte er zum einen, wie fertig er war, wie benebelt, zum anderen, wie sein Kopf noch immer dröhnte und die Schwellung an seinem linken Wangenknochen pochte. Aber das würde sicher gleich mit untergehen, wenn er schlief. Und er war so erschöpft durch die Anstrengungen der letzten Tage, in denen er sich so gut wie keinen Schlaf gegönnt hatte, damit er seine Prüfungsunterlagen abschicken konnte. Und erschöpft war er auch von diesem Zusammenbruch, den er gehabt hatte, von diesen selbstmörderischen Gefühlen, die er wieder einmal gespürt hatte. Doch die Worte des anderen hatten ihn beruhigt. Antonin hatte versprochen da zu sein und er hatte versprochen geduldig zu sein, darauf zu warten, dass er erzählte. Das beruhigte ihn ungemein. Einfach wird es ihm nicht fallen, Dinge zu erzählen, die er versucht hatte, aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Cole war so fertig, dass er nichts mehr erwiderte. Zu gerne hätte er den anderen gefragt, woher er seine ganzen Blessuren hatte, aber dafür war morgen noch Zeit, auch wenn er meinte zu wissen, was der Auslöser gewesen war. Und ob ihm das gefallen würde, wusste er noch nicht. Und so schlief er schließlich ein, schlief unruhig, wachte bald wieder auf, um aufzustehen, um sich Schmerztabletten zu verabreichen, sich noch einmal einen Eisbeutel holend und das Fenster öffnend, bevor er wieder weiter schlief. Er spürte, dass er die Nähe des anderen brauchte, spürte die Arme des anderen, die ihn immer wieder einfingen, wenn ihn seine Träume, seine Unruhe von diesem sich entfernen ließen. Und es war jedes Mal wie ein nach Hause kommen, wenn er wieder in die Arme genommen wurde. Ein schönes Gefühl. Ob Antonin seine Wohnung irgendwann würde ersetzen können? Er war zu müde, um darüber nachzudenken. Als er zur gewohnten Uhrzeit aufwachte, blieb er liegen und dämmerte tatsächlich auch noch einmal ein. Er würde erst gegen Mittag im Lady-Dream ein müssen, um den Deal in Gang zu halten. Und bis dahin würde er nichts anderes tun, als bei Antonin zu sein. Als er schließlich doch ganz aufwachte, drehte er sich zu diesem, streichelte ihm sacht übers Gesicht, beobachtete die entspannten Gesichtszüge des anderen. Der vergangenen Abend war wirklich krass verlaufen. Und wie würden wohl noch lange daran zu knabbern haben. Schließlich hatten sie sich üble Dinge an den Kopf geworfen. Und wenn ein nicht unerheblicher Teil in ihm laut aufgeschrieben hätte, hätte er Antonin vielleicht auch einfach aus seinem Leben verbannt. Aber da war eben jener Teil, der ihm gesagt hatte, dass er diesen Mann weiter an seiner Seite wollte. Und nun, da er das akzeptiert hatte, würden sie sich zusammenraufen müssen. "Du bist nicht nur ein Hitzkopf, sondern auch ein Sturkopf, Antonin", murmelte er. Gleichzeitig erinnerte er sich an die Kälte, die der andere ausgestoßen hatte. Eine neue Seite, die offenbar dann eintrat, wenn Antonin nicht mehr weiter wusste. Eine Seite, die Cole nie wieder sehen wollte. Sacht küsste er den anderen auf die Stirn. Jemanden einfach so zu küssen war eine schöne Sache. Noch schöner aber war die Tatsache, dass es Antonin war, den er da küsste. Und Cole nahm sich vor, dass er das noch häufiger würde tun wollen. Antonin Es war eine unruhige Nacht und von Schlaf war nicht wirklich viel zu merken, aber das war in Ordnung. Antonin hatte schon Schlimmeres erlebt, als eine Weile mit zu wenig Schlaf auskommen zu müssen. Doch im Zusammenhang mit dem ganzen emotionalen Überlauf war es doch recht ermattend. Andererseits wurde er in den häufigen Wachphasen aber auch damit belohnt, insofern dass es immer wieder durch seine müden Nebelschwaden drang, das es schön war Cole, wieder zu sich zu ziehen, wann immer dieser begann unruhig zu werden. Im Endeffekt fehlte ihm dadurch seine eigene Tiefschlafphase, aber etwas anderes hatte er sowieso nicht erwartet. Nicht, wenn dieses überfürsorgliche Tier in ihm, immer noch nicht bereit war zu akzeptieren, dass Cole keine Dummheiten machen würde. So wachte er ein weiteres Mal aus seinem eher leichten Schlummer auf, als Cole anfing zu sprechen. Doch er hielt die Augen geschlossen, nahm die Worte auch gar nicht in ihrem Sinn wahr, lauschte vielmehr der Stimme des anderen und versuchte sich diesmal gänzlich vom Schlaf zu lösen. Was auch nicht mehr so schwierig war, als er Coles Lippen auf seiner Stirn fühlte und so öffnete er die Augen. Anfangs noch ein wenig unfokussiert blinzelte er ein paar Mal, bis er schließlich eine klarere Sicht hatte und lächelte unbewusst. Es war sein Verdienst, dass Cole überhaupt noch hier war, um ihn küssen zu können. Dass er wohl auch irgendwie daran schuld war, dass jener das für einen Moment nicht mehr sein wollte, verdrängte er in jenem Moment geschickt. Doch dann zuckte er hoch und streckte, mit erschrockenem Gesichtsausdruck eine Hand nach Coles Gesicht aus. Berührte den anderen dann aber doch nicht, sondern hielt kurz vor der geschundenen Haut inne. Betreten musterte er das geschwollene Auge. "Oh Gott, Cole! Das tut mir furchtbar leid. Ich hab‘s dir zwar angedroht, aber doch nicht so. Tut das sehr weh? Ich wusste in dem Moment nur nicht… oh Gott, ich bin so ein Trottel. Warte, ich hol dir neues Eis, ja?" Ohne auf eine Antwort zu warten, löste er sich von dem anderen, warf die Decke zurück und war mit, für sich selbst in neuer Rekordzeit aus dem Bett. Wo er jedoch erst mal kurz inne halten musste, da ihm dadurch ein wenig schwindlig geworden war. Doch das hielt ihn nicht davon ab, seinen Weg zum Gefrierschrank zu machen und dort sogar tatsächlich noch eine Kompresse zu finden, die er in ein Geschirrtuch einwickelte und mit sich zurück ins Schlafzimmer nahm. Dort angekommen setzte er sich an Coles Bettseite an den Rand und hob ihm das Ganze hin. Und ja, natürlich stand er etwas neben sich, aber was hatte er erwartet? Ein wenig verplant fuhr er sich durch die Haare und musterte jenen Mann, der es immer so leicht fertig brachte, ihn durch sämtliche verfügbare Emotionen zu schicken, als wäre sein Körper nur eine kleindimensionale Achterbahn. Schließlich seufzte er. "Wir brauchen Urlaub, Cole. Und zwar richtigen Urlaub. Da kann doch gar nicht so schwer sein. Warum sollten Verbrecher keinen Urlaub nehmen können? Wird man nicht eigentlich kriminell, damit man mehr davon hat als der normale Steuerzahler? Solltest du nicht in einem Swimmingpool aus Geld schwimmen und dir frei nehmen können wann immer du willst?" Er wusste das seine Worte nur bedingten Sinn ergaben, aber es zeugte von seinem Wunsch mit Cole irgendwo alleine zu sein. Ohne CI-4, ohne Prüfungen, ohne Deals und ohne lebensbedrohliche Umstände. Ohne weiter darüber nachzudenken, streckte er die Hand nach Cole aus und strich über dessen Arm. Zeichnete imaginären Linien darauf nach. "Und ich brauche eine Zahnbürste hier. Ich werde verrückt, wenn ich keine Zahnbürste habe", brummte er und warf dem anderen dann ein schiefes Lächeln zu. "Du musst mich gerade für Verrückt halten, hm? Vielleicht bin ich das auch, aber ich fühle mich gerade furchtbar unsicher und überfordert."Kurz huschte ein neuerlicher Schrecken über sein Gesicht und er fuhr gleich darauf ein wenig schneller fort. "Was in Ordnung ist! Ich habe gar nichts anderes erwartet, nur für den Fall der Fälle, dass du jetzt wieder beginnst davon zu reden dich zurück zu ziehen. Aber ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten. Ich war noch nie in einer auch nur ähnlichen Situation und weiß nicht so recht wie.. oder was..", frustriert stieß er Luft aus. "Siehst du, ich bekomme nicht mal einen anständigen Satz hin." Cole "Ich hatte mir als Kind immer blaue Augen wie meine Mutter gewünscht", bemerkte Cole etwas verlegen, als er den entsetzten Blick des anderen sah. "Dass ich aber ein dunkelviolettes in dem Umfang bekommen, hätte ich nie gedacht." Er grinste leicht, zuckte leicht zurück, als Antonin seine Hand ausstreckte und blickte erstaunt, als Antonin aufsprang. "Mach dir keinen Stress... Ich... na gut, Eis kann nicht schaden." Letztere Worte murmelte er nur noch, da Antonin ohnehin schon in der Küche war. Er richtete sich leicht auf, und lehnte sich an die Rückwand seines Bettes. Bereitwillig empfing er die kühle Kompresse und hielt sie an sein Auge, das sich sehr seltsam anfühlte. Er seufzte tief. "Ich denke wir waren beide Trottel", kam er nun auf die Worte des anderen zurück. "Und das Auge hat zwei Vorteile. Zum einen hat es mein Leben gerettet, zum anderen wird es mich in nächster Zeit daran erinnern, dass ich mich meiner neuen Verantwortung stellen sollte." Er lächelte leicht, senkte den Blick, nur um sich zu ermahnen, den anderen wieder anzusehen. Ja, er würde Antonin ansehen, wenn er mit ihm sprach. Er hatte zweimal festgestellt, dass es ihm leichter fiel, mit Antonin zu reden, wenn er ihm nicht ins Gesicht sah. Aber er hatte auch gemerkt, zu welchen Problemen falsche Kommunikation führen konnte. Er würde nicht mehr davonlaufen. Zumindest nicht vor diesem Mann, der an seinem Bett saß und von Urlaub und Zahnbürsten redete. Ein wenig überrumpelten ihn diese Wünsche, aber nur ein wenig. Letztlich signalisierten diese Wünsche nichts anderes, als dass Antonin bestätigt haben wollte, dass sie nun 'zusammen' waren, was immer das auch heißen mochte. Das würden sie erst noch für sich definieren müssen. "Also eine neue Zahnbürste habe ich noch im Badschrank. Die kannst du dir gerne nehmen. Ich mag es selbst nicht, wenn man sich in der Früh nicht die Zähne putzen kann." Er lächelte den anderen amüsiert an. "Und was den Rest betrifft." Sacht griff er nach der Hand, die seinen Arm streichelte und zog Antonin zu sich, um ihn in einer Umarmung an sich zu drücken, so dass Antonin mit dem Rücken an ihm lehnte. Vorsichtig schmiegte er sich an den anderen. "Du bist nicht verrückt. Ich fühle mich auch vollkommen überfordert", murmelte er leise. "Ich habe keine Ahnung, was da alles auf uns zukommt, und ich habe auch noch nicht alles begriffen, was gestern geschehen ist. Aber ich weiß, dass ich froh bin, dass du noch hier bist, dass du mich nicht aufgegeben hast, dass ich dir nicht egal bin." Einen Moment schmiegte er sich einfach nur an den anderen, die Augen geschlossen habend. "Vielleicht wäre ein Urlaub keine schlechte Idee, aber erst, wenn wir uns auch im Alltag zusammengerauft haben. Es muss immer funktionieren, wir müssen uns auch so verstehen und nicht aneinander vorbeireden. Und wir müssen heute noch einen Auto-Deal und übermorgen einen Waffen-Deal über die Bühne bringen. Danach können wir weitersehen." Er spürte selbst, dass ihn diese Situation nicht befriedigte. Er merkte, dass er auch lieber untertauchen, alles andere vergessen wollte. Aber es ging einfach nicht. Er hatte eine Verantwortung zu tragen, der er nicht so schnell würde entfliehen können. "Lass uns kleine Schritte machen. Alles andere überfordert mich, denn ich war noch viel weniger in einer solchen Situation. Und ich möchte nicht wieder etwas übersehen, etwas nicht verstehen oder etwas provozieren, was ich nicht wollte. Und bis wir uns wirklich gemeinsame Zeit gönnen, sollten wir vielleicht versuchen, dennoch einige Zeit miteinander zu verbringen. Du hast einen Urlaub nachzuholen, den ich dir versaut habe. Vielleicht springt ein wenig Zeit für mich dabei raus. Und ich wäre dir dankbar, wenn du mich bei den beiden Deals begleiten würdest. Zumindest ist das Examen vorbei. Ich habe also wieder ein wenig mehr Luft." Sacht strichen seine Fingerspitzen über den Oberkörper des anderen, zogen dessen Konturen nach. Sacht küsste er den anderen hin und wieder in die Halsbeuge. Antonin Antonin hob eine Augenbraue, ein wenig zwischen Unglauben und Skepsis schwankend. "Na, ob das Auge so lange anhält, um dich dauerhaft daran zu erinnern?", doch er schickte ein beruhigendes Grinsen hinterher. "Aber keine Sorge, ich bin gerne bereit meine gewalttätige Ader ein wenig zurückzustellen und dir stattdessen post-it Zettel in der Wohnung zu verteilen." Möglicherweise fühlte er sich nicht ganz so sicher oder entspannt wie er sich gab, aber wo Cole sich die meiste Zeit verschloss, da griff Antonin eben auf andere Mittel zurück. Auch wenn das hier eher harmlos ausfiel und keinen von ihnen wehtun würde. Dann wurde er ein wenig rot um die Nase herum, als er Coles amüsiertes Lächeln bemerkte, doch dann schnaubte er nur selbst ein wenig belustigt und beschloss nichts mehr Zahnbürstenthematik zu sagen, außer vielleicht: "Das hätte dir ja wirklich direkt beim ersten Mal einfallen können." Er warf Cole einen gespielt düsteren Blick zu, bevor er wieder ein wenig ernster wurde und sich gern in die Umarmung ziehen ließ. Ohne den anderen zu unterbrechen hörte er ihm zu, spürte dessen Atem auf seiner Haut und versuchte die Worte zu verstehen. "Was auf uns zukommt?", abermals schnaubte er amüsiert. "Die nächste Katastrophe natürlich. Ich habe sie bereits fest eingeplant und hoffe, dass sie ihren Termin bei uns auch einhält." Er hielt kurz inne und schüttelte den Kopf ganz leicht. "Nein, ich habe natürlich ebenfalls keine Ahnung, aber was wäre das Leben ohne Überraschungen? Zudem ich hoffe, dass es diesmal auch wirklich bei dir angekommen ist." Ruhig fixierte er einen Punkt auf der gegenüberliegenden Wand und rückte sich etwas in Coles Armen zurecht. "Dass du mir keineswegs egal bist, dass ich noch nicht einmal ansatzweise bereit bin dich 'aufzugeben'. Ich hoffe das wirklich, denn auf Dauer halten wir beide solche Zusammenstöße nicht aus." Als sie beide einen Moment schwiegen schloss Antonin die Augen und versuchte sich dieses Gefühl einzuprägen. Das Gefühl, das er hatte, wenn Cole ihn umarmte, wenn er ihm Nähe zugestand, wenn er wusste, dass dessen Aufmerksamkeit rein auf ihm lag. Es war schön... es war angenehm und es war nicht halb so beängstigend wie es das beim ersten Mal gewesen war. Es waren kurze, minimale Ausblicke auf das Ziel. Als Cole dann weitersprach lauschte er ihm aufmerksam, wenn auch innerlich etwas unwillig. Er hätte es sich wirklich denken können. Doch dafür rügte er sich selbst und versuchte den Worten neutraler gegenüber zu stehen. Ungeduld war die letzte Sache, die sie beide jetzt brauchen könnten. So nickte er schließlich nur ergeben. "Ich weiß immer noch nicht, ob ich es mag wenn du Recht hast", murmelte er ein wenig undeutlich. "Aber es ist wohl vernünftiger und es bereitet ja auch ne riesige Freude solche Deals abzuwickeln. Selbstsuggestion und so.." Mehr Enthusiasmus konnte Cole nicht von ihm erwarten, denn auch wenn es vernünftig war, so waren diese Deals grundsätzlich gefährliche Situationen und würden ihm alleine dadurch wieder einiges abverlangen. Auch ganz ohne irgendwelches Gefühlschaos durch das weder Cole noch er selbst bis jetzt durchblickten. "Du hast mir gar nichts versaut, du hast mich einiges wieder auffrischen lassen. Das hat mit Sicherheit nicht geschadet", bescheinigte er mit ruhiger Stimme und er war der Überzeugung, hier die Wahrheit zu sprechen. Ja, natürlich war es kein Urlaub gewesen, aber dafür wusste er ja nun immerhin, dass er nach wie vor nicht wirklich eingerostet war. "Und das mit der gemeinsamen Zeit klang gut. Vielleicht schaffen wir es ja sogar mal das Ganze nicht zwischen zwei und fünf Uhr morgens stattfinden zu lassen. Angeblich geschehen hin und wieder noch Zeichen und Wunder", flachste er und lehnte dann seinen Kopf zurück, an Coles Schulter. "Natürlich komme ich mit. Ich hoffe das war jetzt keine Frage, sondern mehr eine Feststellung. Gerade wo du doch jetzt weißt, dass ich meine Versprechen immer wahr mache. Auch wenn ich dich mit deinen grünen Augen, die ich blau übrigens jederzeit vorziehen würde, um einiges anziehender finde." Kurz huschte ein Grinsen über sein Gesicht. "Andererseits ist das wohl wirklich eine Art Reminder, was ich dann wiederum gar nicht so übel fände. Lief das Examen eigentlich gut? Ich weiß zwar, dass du so gut wie keinen Schlaf abbekommen hast, aber das bedeutet ja nicht wirklich etwas. Auch wenn ich mich hin und wieder gefragt habe, wovon du eigentlich lebst. Ich denke ein Großeinkauf würde dir mal gar nicht schaden, vermutlich würde mir dein Fellknäul auch recht geben, immerhin hätte es niemanden mehr, der ihn füttert, wenn du auf einmal umfällst." Er seufzte leise. "Ich muss mich selbst auch bald mal entscheiden, denn momentan fahre ich auf zu vielen Schienen in unterschiedliche Richtungen. Vielleicht frage ich Ragnar mal, wie weit die Finanzierung für das Labor ist und lege den Rest vorerst selbst drauf.. oder so." Denn zwei Leben zu führen, war auf Dauer zu anstrengend. Vor allem wenn er mehr oder minder zu 100 Prozent seiner Zeit auf Rufbereitschaft wäre. "Sind das eigentlich große Deals?", hinterfragte er dann noch und fühlte sich, obwohl er so viel gesprochen hatte ein wenig dösig. Coles Liebkosungen taten ihm gut und er fühlte sich entspannt. Trotz ihrer Themen. Es war eben Cole, mit dem er sprach. Der Mensch, dem er sowieso alles erzählen würde, daher war das in Ordnung. Cole Cole beruhigte die 'Gelassenheit' des anderen, der Humor, der ihm so vertraut war. Und langsam aber sicher konnte er sich darauf einlassen, sich mehr und mehr entspannen, leise lachen über die Kommentare, die Blicke, die Gesten des anderen, die ihn neckten, die ihn auf angenehme Art und Weise provozierten. "Du musst wissen, dass ich immer recht habe", neckte er zurück und grinste breit. Sacht biss er dem anderen in den Hals. "Zumindest fast immer.." Dass Antonin nicht wirklich begeistert davon war, dass sie noch zwei Deals über die Bühne bringen mussten, konnte er gut nachvollziehen. Er selbst war es ja auch nicht, aber das ging im Moment einfach noch vor. Beruhigt hörte er die beschwichtigenden Worte des anderen. Dennoch nahm er sich vor, Antonin so bald wie möglich wirkliche Entspannung zu gönnen und er hatte da auch schon eine gute Idee. "Was hast du gegen die Zeit zwischen Zwei und Fünf Uhr", flachst er und ließ seine Finger an Antonins Brust hinunterwandern. Ein Glück, dass Antonin sein Funkeln in den Augen nicht sehen konnte, sonst wäre er wohl gewarnt gewesen. "In Zukunft scheint mir, dass ich vorsichtiger sein muss, bevor ich dir wieder ein Versprechen entlocke..." Er lachte leicht, registrierte die Anspielung, dass seine grünen Augen Antonin gefallen mit Zufriedenheit. Leicht begann er den anderen zu Kitzeln, als jener sich über seine Einkaufsgewohnheiten ausließ. "Du bist ganz schön frech dafür, dass du jünger bist", stellte er trocken fest und musste gleich darauf lachen, als er spürte, wie Antonin sich unter seinen Fingern zu winden begann. "Frechheit muss bestraft werden, mein Liebster." Erklärte er lachend und fuhr fort, Antonin zu kitzeln, nicht mehr auf die Frage nach dem Labor und den Deals eingehend. "Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich einfach so umfalle. Und wenn, denke ich, wäre eher mein Küchenchef verantwortlich..." Er grinste, ließ Antonin nicht entkommen, der erst versuchte zu fliehen, nun begann zum Gegenangriff überzugehen, wobei er sich deutlich zurückhielt, wegen Coles Auge, von dem er im Moment wenig spürte, dank der Schmerztabletten. Lachend und sich windend begann ein kleiner 'Kampf'. "Vielleicht sollte ich dir das Versprechen entlocken, dass du in Zukunft mein Hausmädchen mimst... Aber du dürftest dann nur eine Schürze anziehen, mehr nicht, solange du dich in der Wohnung befindest", zog er den anderen auf. Er schaffte es aus ihm unerklärlichen Gründen, sich zu behaupten und kniete nun über Antonin, auf diesen heruntersehend, seine Hände rechts und links neben dessen Kopf festhaltend. Er atmete schwer, doch das Lachen war mittlerweile auch auf seine Augen übergegangen. Und so hielt er inne, als er auf Antonin herabblickte, wurde mit einem Mal nachdenklich. "Meine Mutter sagte immer, wenn sie und mein Vater sich gestritten haben, wir sollen uns keine Sorgen machen. Sie sagte: 'Streiten verbindet'. Ich glaube ich weiß jetzt, wie sie das meinte..." Sanft beugte er sich hinab und küsste den Untenliegenden zärtlich, bevor er leidenschaftlicher wurde. Alles andere vergessend, alles anderen zurückstellend. Sie schliefen miteinander, zärtlich, gefühlvoll und intensiv. Cole nahm sich vor, dieses Gefühl, dieses absolut gute Gefühl für sich zu speichern, damit er sich immer daran erinnern könnte, wie es war, mit Antonin zusammen zu sein. und das Gefühl, das er sich merkte war nicht der Sex oder der Orgasmus, sondern das Gefühl, dass sich in seinem Innersten breitmachte, wenn Antonin ihn ansah, wenn er ihn berührte, ihn küsste, ihn in den Armen hielt. Und so schnell würde er das Gefühl nicht mehr verleugnen. Nach einer gemeinsamen Dusche und einem Stop bei Starbucks, um sich etwas zum Frühstücken zu holen, fuhr Cole Antonin schließlich zu seinem Wagen, mit dem Versprechen, dass sie sich gleich im Lady-Dream wiedersehen würden. Cole hatte Antonin bereitwillig erklärt, dass sein Examen wohl nicht ganz schlecht sei, dass er sich nun aber gedulden würde müssen. Auf die Frage nach dem Geld für Antonin verwies er ihn an Ragnar. Er erklärte Antonin aber, dass er durchaus auch bereit wäre, ihm Geld zu geben, was dieser aber höflich zurückwies. Nun er hatte mit nichts anderem gerechnet, dennoch wollte er, dass Antonin wusste, dass er bereit wäre, ihm da weiterzuhelfen. Kapitel 48: Minischlange ------------------------ Cole Als er schließlich ins Lady-Dream kam erwarteten ihn erstaunte Augen. Nun, mit dem Veilchen, das trotz Sonnenbrille gut zu sehen war, war das auch kein Wunder. Er sah verboten aus, was er Antonin im Bad auch deutlich unter die Nase gerieben hatte. Zwar mit einem Lachen in der Stimme, denn er war ihm deswegen nicht böse, aber er stichelte diesbezüglich dennoch gerne. Um 16 Uhr waren alle versammelt. Es galt heute zu einem bestimmten Übergabeort zu fahren, 3 LKWs mit gestohlenen Wägen zu übernehmen und zum Hafen zu bringen, um sie dort zu verladen. Sie hatten passende, gefälschte Frachtpapiere und er hatte drei Leute, die den passenden Führerschein hatten. Weitere 3 würden die Fahrer begleiten, darunter – wegen eines Ausfalls - auch Gawain. Er selbst würde nur die Übergabe machen, und dann wieder am Hafen weiterhandeln. Sie würden zwei Stunden fahren müssen, bis zum Treffpunkt. Und bis die LKWs dann abgefertigt wären, würde sicher noch mal einige Zeit vergehen. Zeit, die er gedachte mit Antonin zu verbringen. Genaue Informationen hielt er aber wie üblich zurück. Nicht, weil er niemandem vertraute, das nur zum Teil, sondern besonders deshalb, weil dann alle konzentrierter waren und alle wussten, was sie zu tun hatten. Er war damit schon immer am besten gefahren. Und genauso würde morgen auch die Waffenübergabe laufen. Cole hatte Antonin mit in sein Zimmer genommen, als dieser gekommen war und war mit ihm die Pläne durchgegangen. Rechtzeitig hatte er seine Leute informiert und nun würden sie sich gleich wohl alle hier einfinden, um die nächsten Anweisungen zu erhalten. Ragnar Ragnar durchschaute Gawain nicht so recht. Das änderte sich auch nicht in den Tagen nach ihrem Gespräch. Er hatte etwas, das nicht leicht zu durchdringen war. Aber er machte seine Arbeit, aufmerksam und gewissenhaft. Die ersten Tage bestanden für diesen ohnehin nur darin, sich hier im Lady-Dream zurecht zu finden. Die erste Lieferung fand erst nach 4 Tagen statt und verlief genauso reibungslos. Ragnar war mit den Antworten des anderen zufrieden gewesen. Gaben sie doch ein interessantes Bild von diesem ab. Gawain schien sich differenziert wahr zu nehmen und das war eine gute Sache. Zudem schien er intelligent genug zu sein, dass er sich überhaupt über sich und seine Eigenschaften Gedanken machte. Denn die Antwort kam zügig genug, dass man ahnen konnte, dass jener oft darüber nachgedacht hatte, und langsam genug, dass es nicht etwas Zurechtgelegtes war. Interessant waren die Eigenschaften: ‚Einschätzen von Personen‘ und ‚Anpassungsfähigkeit‘. Das war etwas, womit Ragnar gelernt hatte vorsichtig zu sein, denn das bedeutete ja auch, dass er unter Umständen nicht war, was er vorgab zu sein. Und der Rest würde sich zeigen. Er beobachtete ihn, berichtigte ihn und erklärte ihm, worauf er achten musste, wie er sich im Lady-Dream verhalten musste. Einzelne Regeln flossen mit ein, die hinsichtlich des Umgangs mit Drogen und Waffen innerhalb des Lady-Dream wichtig waren. Bei den anderen schien Gawain gut anzukommen, zumindest herrschte ein lockerer Umgangston. Das einzige, was Ragnar wirklich vermied war, Gawain und Cole irgendwie zusammenstoßen zu lassen. Sein Freund und Chef war ein Schatten seiner selbst, war angespannt, sichtbar übernächtigt und von einer unterschwelligen Aggressivität erfüllt, die Ragnar nicht einzuordnen wusste. Nun, da war es besser, ein Neuling ginge Cole erst einmal aus dem Weg… Am Tag des Autoschieber-Deals erlebte Ragnar etwas, das ihn vollkommen unerwartet traf: Cole erschien mit einem Veilchen, dass ich gewaschen hatte. Ragnar vermutete, dass er seinen Frust irgendwo ausgelassen hatte, zumindest schien er wesentlich entspannter zu sein, als vorher, wesentlich entspannter. Und auf die Frage, woher er das denn habe, antwortete Cole nur „Ein Liebesbeweis“ was Ragnar als Scherz verstand. Nun, es machte die kühle Aura um Cole noch eindrucksvoller, irgendwie. Auch wenn Ragnar gedacht hatte, dass Cole schon seit ein paar Jahren nicht mehr jede Gefahr suchte, die sich ihm bot… Und er hätte nie gedacht, dass irgendjemand jemals Coles Ausstrahlung so ignorieren würde, dass er es schaffte, ihm ein Veilchen zu verpassen. Als Cole ihn bat die wichtigen Leute zusammenzutrommeln, machte er sich gleich daran. Doch leider musste er erfahren, dass einer seiner Beifahrer krankheitsbedingt ausfallen würde. Gemeinsam entschlossen sie sich, Gawain abzuziehen und mitzunehmen, was er diesem auch gleich mitteilte. „Wir treffen und in 15 Minuten im Büro“, erklärte er diesem „Ich hoffe du hast heute Abend Zeit.“ Gawain Für Gawain verliefen die Tage ziemlich stressfrei, was ihn selbst wunderte, doch es war so. Die Leute im Lady-Dreams hatten sich recht schnell an ihn gewöhnt und nachdem er sich überwunden hatte, auch über die schlechtesten Witze zu lachen, fand er sich bald in ihrem Kreis aufgenommen. Was auch die erste Zeit alles war, was er so wirklich zu tun hatte. Ragnar erklärte ihm hin und wieder Genaueres, wenn es die Situation erforderte, und so nach und nach gewöhnte Gawain sich an die Umgebung und die Art wie er mit den anderen umzugehen hatte. Dabei behielt er sich seine höfliche aber etwas distanzierte Art bei, ebenso wie die makellose Ausführung jeder noch so kleinen Arbeiten. Noch etwas, das er nicht zu schauspielern hatte, es gehörte zu seinem Wesen, Dinge korrekt oder gar nicht zu erledigen. Denn meistens waren es die kleinen Fehler, die einem später einmal das Genick brechen würden. Auch die erste Lieferung, die er zu tätigen hatte lief problemlos ab. Wobei er das ja sogar einem zwölfjährigem zugetraut hätte. Aber Gawain sah keinen Grund, sich zu beschweren, man konnte ja schließlich kaum erwarten, sofort in den inneren Kreis aufgenommen zu werden und alle Geheimnisse zu erfahren. Damit gab und zeigte er sich geduldig und wand sich dabei weiterhin unauffällig zwischen die Mitarbeiter. Alle zwei Tage besuchte er seine Bank, besser gesagt sein Schließfach und schrieb dort in einem der dafür speziellen Räume seine Beobachtungen auf. Nebenbei tätigte er Aktiengeschäfte, um die häufigen Besuche erklären zu können, und ging auch einmal kräftig einkaufen. Dort wo er momentan arbeitete, würde er mit den eher besseren Kleidungsstücken nur zu sehr hervorstechen. Und hervorstechen war ja gerade das, was er nicht wollte. Antonin Bestens gelaunt betrat Antonin seine Wohnung und ging ins Schlafzimmer, um sich andere Klamotten anzuziehen, und die Platte für sein Herz zu befestigen. Dass er dabei die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen trug bemerkte er ebenso wenig, wie das Lied, das er ununterbrochen vor sich hinsummte. Dieser Tag hatte so fantastisch begonnen, wie die davor scheiße. Cole hatte mit ihm gescherzt, sich auf das Niveau von Antonins Humor herabgelassen und war wieder so gewesen wie er ihn am liebsten in Marmor meißeln wollte. Und der Sex... der Sex war verdammt nochmal atemberaubend gewesen. Noch jetzt erschauderte Antonin wohlig bei dem Gedanken daran. Wie er es überhaupt so lange seit dem letzten ausgehalten hatte? Vermutlich weil es dann nicht auf so ein Erlebnis hinausgelaufen wäre. Noch dazu entspannte er sich selbst mit jedem Mal mehr und konnte das ganze so viel intensiver genießen. Er konnte Cole intensiver wahrnehmen und in seine Seele aufsaugen wie das ein trockener Schwamm mit Wasser tat. Kurzum, seine Laune war absolut perfekt und auch ein dummer Deal könnte ihm das jetzt nicht mehr versauen. Auch wenn ihm einige der Dinge, die Cole gesagt und getan hatte, im Nachhinein ein wenig Kopfzerbrechen bereitete. Warum hatte jener zum Beispiel von einem 'wir' gesprochen als er von seiner Mutter erzählte? Gab es da noch Geschwister? Dann das Wort 'Liebster', das ihm immernoch wie Honig auf der Zunge zerging. Ja, es war im Spaß genannt worden, aber das es überhaupt gesagt worden war.. Fantastisch. Absolut fantastisch. Allerdings fand er es eher weniger amüsant das Hausmädchen von Cole zu spielen und schon gar nicht nur mit einer Schürze. Danke, aber nein Danke. Er war nicht dazu erzogen worden nackt in einer Küche zu hantieren. Tatsächlich fand er das sogar recht unhygienisch, auch wenn die Schürze wohl einiges bedecken würde und der andere das nur im Scherz gesagt hatte. Umso toller war dann wiederum ihre gemeinsame Dusche gewesen, bei der sie beide nicht an Zärtlichkeit gespart hatten, auch wenn Cole meinte, ihn unbedingt ständig daran erinnern zu müssen mit was für einem Veilchen er nun herumlaufen musste. Antonin nahm das ganze gutmütig hin, denn er hatte sich bereits entschuldigt und Cole ebenso akzeptiert. Er nahm das als die Stichelei hin, die es wohl auch darstellen sollte. Wo Antonin jedoch vehement einen Riegel vorgeschoben hatte, war als Cole ihm anbot das restliche Geld für das Labor zu geben. Aber das wäre als ob man einem Künstler die Farben mischte. Es würde sich immer irgendwie falsch anfühlen. Zudem er ja selbst nicht unbedingt mittellos war, aber so ein Labor mit der Einrichtung wie sie ihm vorschwebte war nun mal nicht so leicht zu finanzieren... das stimmte schon. Nun, die Zeit würde es zeigen und bisher hatte er ja mehr als einmal bewiesen wie geduldig er sein konnte. Auch wenn es ihn das Angebot in sich selbst sehr gefreut hatte, was er Cole auch mitteilte. Es kam Antonin so vor, als wäre es dessen Art zu sagen, dass er ebenfalls bereit war, ihn zu stützen, und das war ein wirklich angenehmes Gefühl. Eines das er selbst schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Schließlich hielt er am Lady-Dream, trotz der Hitze wieder in seinen halblangen Mantel gekleidet. Auch wenn er diesmal den leichten Stoff gewählt hatte und darunter sogar ein weißes T-Shirt trug, so war es zum einen einfach Gewohnheit und zum anderen ging es niemanden etwas an zu sehen, wo und welche Waffen er bei sich trug. Vermutlich fragten sich die meisten immer noch wer er eigentlich war und warum er beim letzten Deal nur gelangweilt in der Pampa herumgestanden hatte. Dazu eine beige Stoffhose und eine Sonnenbrille die er sich jedoch auf den Kopf und nicht auf die Nase gesetzt hatte. Er brauchte sie nur zum fahren und sah auch so gut genug aus. Fand er. Und dieser Gedanke brachte ihn sogar zum Lachen als er seinen Wagen abschloss und die Lokalität betrat. Inzwischen kannte er hier einige den Gesichtern nach und sogar Simon war hier, den er mit einem kurzen Handschlag begrüßte. Ja, jenen mochte er inzwischen wirklich. Football verband. Doch diese Gedanken waren schnell beiseitegeschoben als Cole ihn mit in sein Zimmer nahm und ihm den Deal erklärte. Aufmerksam hörte Antonin zu und hinterfragte hin und wieder einige Details bevor er zufrieden mit seinen Informationen war und beschloss damit arbeiten zu können. Ihr Umgang miteinander war so wie er es gewohnt war, vielleicht mit einer zusätzlichen Schicht Vertrautheit. Wo Antonin sich nicht scheute Dinge zu hinterfragen, bei denen er sich vorher nicht sicher gewesen war ob Cole das nicht als Angriff auf seine Planungsweise werten würde, da antwortete Cole ohne zu zögern auf all seine Fragen. Manchmal sogar so ausführlich das gar keine weiteren mehr aufkommen wollten. Antonin, der gerade seine Eagle nochmal überprüfte, schließlich wäre es dämlich nur mit einer Kugel da aufzutauchen, sah zuerst nur kurz auf, als Ragnar und jemand weiterem den Raum betraten. Zumindest bis sich jeder Muskel in seinem Körper zusammenziehen zu schien und er den Blick langsam wieder von der Waffe hob, um den leicht schräg hinter Ragnar stehenden zu betrachten. Ohne eine Sekunde zu zögern, entsicherte er seine Waffe und richtete sie auf den Neuling, bevor er Ragnar mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite winkte. Er sah weder dessen Irritation noch etwas anderes als er sich geschmeidig erhob und auf den Mann zuging, dessen blauen Augen - wenn überhaupt - nur kurz flackerten bevor er ihm kühl entgegen sah. Pff... wollte der Typ Cole der Zweite werden? Da hatte er aber noch viel zu tun. "Was soll das werden?", wurde er angesprochen und sofort schlich sich ein sich bis dato sehr selten gezeigter Glanz in Antonins Augen. "Du! Rückwärts durch die Tür raus. Hände weg von den Waffen. Wir werden jetzt mal plaudern. Ein bisschen plötzlich!", knurrte er und bemerkte nicht einmal, dass er den letzten Teil in Russisch sprach. Antonin hatte alles bis auf den Kerl vor sich ausgeblendet und seinen Tunnelblick rein auf den Mann vor sich gerichtet. Weder bemerkte er die neu dazu kommenden, an welchen sie vorbeikamen, als Gawain sich tatsächlich in Bewegung setzte, noch den Blick den dieser Ragnar zuwarf, scheinbar nicht wissend was los war. Im noch leeren Großraum des Lady-Dreams ankommend, trat er näher an den Mann vor sich, die Waffe an dessen Kehlkopf drückend. "Deinen rechten Oberarm. Ich will ihn sehen", befahl er, den anderen dirigierend, bis jener an einen Tisch stieß. Der andere gehorchte, wenn auch etwas fahrig und Antonin richtete seinen Blick auf das bereits erwartete Tattoo und die beiden unterschiedlichen Augen der schwarzen Schlange. Zufrieden nickend trat er ein paar Schritte zurück. "Das nenne ich doch mal einen Glücksgriff", begann er in plaudernden Tonfall. "Kobra Junior fällt mir einfach so in die Hände. Hast du eine Ahnung wer ich bin?" Er schüttelte den Kopf bevor der andere antworten konnte. "Nein, natürlich nicht, denn wir sind uns nie begegnet. Ich kenne deine hässliche Visage von einem Foto. Eines, das mir dein Onkel Blair Hunter gezeigt hat. Weißt du was mit deinem lieben Onkel passiert ist, Minischlange?", kurz wartete er, dann trat er mit einem großen Schritt wieder näher. "Ich fragte, ob du weißt was mit diesem verschissenem Idioten von einem Onkel passiert ist?!", brüllte er plötzlich und sah dabei zu wie Hunter zusammenzuckte. "Er ist tot", presste sein neues Opfer hervor, dessen Adamsapfel nervös hüpfte, als er schluckte. "Man konnte ihn kaum identifizieren." "Richtig", nickte Antonin und trat wieder ein Stück beiseite. "Gratuliere! Das ist absolut korrekt. Er wurde tatsächlich gefoltert. Nach und nach wurden ihm zuerst die Fingernägel mit einer Kneifzange gezogen. Danach ein paar Zähne. Ein Auge wurde mit einer Säure verätzt und so weiter und so fort. Bis er schließlich an seinem eigenen Blut erstickte." Er wank ab und lachte dann leise. Es war ein beängstigender Laut. "Soll ich dir sagen warum er sterben musste?" Antonin sicherte seine Waffe wieder. Er nahm Gawain mit eisig gewordenen Augen ins Visier und lächelte abermals kalt, als jener nickte, bevor er ausholte und einmal kräftig zuschlug. Dabei zusah wie Hunter beiseite torkelte, ihm dann noch einen Stoß gab, so dass jener auf dem Boden aufprallte und ihm noch einen Tritt in den Magen verpasste. "Weil er und dein auf gestohlener Zeit noch lebender Vater meinten, Geschäfte mit einem Sven Marakow machen zu müssen! Und das, obwohl der im Knast saß. Ich dachte damals wie unglaublich bescheuert diese Typen doch sein mussten, aber es war mir egal. Es juckte mich nicht." Abermals änderte sich seine Stimme, sie wurde fast ein wenig zischend. "Tatsächlich aber hielten sich deine nächsten männlichen Verwandten für super schlau, denn als ich aus einem dreijährigen Auslandsaufenthalt wiederkam, war Sven Marakow im Gefängnis gestorben, ohne seine Schulden bezahlen zu können. Was lag also näher, als das Familienhaus zu pfänden? Da stand ich nun also, wie der letzte Idiot vor meinem einstigen Zuhause, das inzwischen zu einem Bordell umfunktioniert worden war. Ich hörte, dass Kobra Junior dabei geholfen hatte, das ganze Inventar zu 'entsorgen', indem er sie aus dem Fenster warf und anzündete, während meine Mutter dabei zusehen musste." Er hielt kurz inne und trat einen Schritt zurück. "Vielleicht erinnerst du dich nicht mehr, oder kannst den Namen Marakow nicht damit verbinden. Der Name der Frau, deren Haus du und deine Minigang ihr da so gewaltsam entrissen habt, ist Falcon. Ihr Familienname, den sie wieder angenommen hatte. Klingelt‘s? Und der einzige Grund, warum ich dich nicht hier und jetzt umpuste, ist, dass du nicht am schlimmsten Verbrechen beteiligt warst, Minischlange. Du hast meine einst wunderschöne Mutter nicht vergewaltigt. HAST DU DOCH NICHT ODER?!", brüllte er abermals los und trat dem am Boden liegenden abermals in den Bauch. Eine der seltenen Situationen, in denen er schmerzerfüllte Laute genoss. "Ich bin nämlich ziemlich nachtragend, weißt du... nachtragend genug, um deinem Vater vielleicht einen kleinen Finger von dir zu schicken. Als kleine Erinnerung, zu der ersten, die er bereits erhalten hat, als ich meine Mutter aus dem Loch holte, in das ihr sie geworfen habt… huh? Klingt das nicht gut?", er ging in die Knie und drehte Gawain die Hand um, die gerade nach dessen Waffe greifen wollte. "Aber ich bin niemand, der die Kinder für die Fehler der Väter verantwortlich macht. Was dein Glück ist, Minischlange. Aber...", er hob strafend einen Finger, "aber solltest du die falschen Personen einen Moment zu lange ansehen, solltest du nur einmal in eine falsche Richtung blicken und solltest du auch nur einmal mein Auge in Misstrauen auf dich ziehen, dann werde ich dich umbringen. Und es wird genauso lange dauern wie bei deinem Onkel", versprach er und hob abermals seine Waffe. "Oder ich drücke doch jetzt gleich ab und erspare mir das Ganze..hm." Gawain Als Ragnar ihm dann tatsächlich mitteilte, dass er heute an etwas anderem mitwirken dürfte, bestätigte er jenem natürlich, dass er Zeit hatte, und folgte ihm dann alsbald in einen der Räume, die er bisher noch nicht betreten hatte. Cole, dessen Namen er inzwischen erfahren hatte, erkannte er, doch den anderen Mann, der da gerade mit seiner Waffe zu spielen schien, erkannte er nicht. Doch offenbar war es jemand, dem sein momentaner Boss vertraute, denn jener warf dem mit der Waffe nicht einmal einen Blick zu. Gawain konnte so auf die Schnelle niemanden benennen, den er nicht fest im Blick behalten hätte, wenn derjenige neben ihm an seiner Waffe hantieren würde. Und noch während er darüber philosophierte ging alles ganz schnell. Von einer Sekunde zur nächsten durchbohrten ihn fast graue Augen und der Lauf einer Waffe war auf ihn gerichtet. Hatten sie herausgefunden, wer er war? Aber das war doch eigentlich unmöglich?! Was ging hier gerade vor? Etwas, das er auch sofort in Worte fasste, denn noch Bestand ja die Hoffnung, dass es nur ein weiterer dummer Test wäre. Und damit könnte er sogar recht haben, denn der Mann forderte ihn auf, rückwärts durch die Tür zu treten und die Hände von den Waffen zu lassen. Soweit kam Gawain noch mit der Situation klar, denn wenn es wirklich etwas Ernstes gewesen wäre, hätte er Kerl ihn doch direkt abgeknallt, oder? Während er also tat, was der andere ihm befahl, warf er noch einen fragenden Blick zu Ragnar, der ihn jedoch in diesem Moment gar nicht beachtete. Verdammt, was war hier los? Mehr torkelnd als wirklich gehend, wäre er fast ein paar Mal mit einigen der nach ihnen dazu kommenden zusammengestoßen, die ihnen irritiert hinterher sahen. Er konnte das sehen, da er ja rückwärts ging. Dabei fiel ihm auch auf, dass der Kerl, der ihn mit einem leicht irren Blick bedachte, nicht wie jemand wirkte, der sich an einem Scherz beteiligen würde. Also war das hier doch blutiger Ernst? Aber warum? Gawain verstand es einfach nicht und noch viel weniger verstand er es, als er seinen Oberarm zeigen musste. Doch die Waffe an seiner Kehle war ein überzeugendes Argument, weshalb er das Hemd, das er über sein typisches ärmelloses Shirt geworfen hatte auch mit vorsichtigen, langsamen Bewegungen auszog und das gewünschte Tattoo präsentierte. Etwas, das dem seltsamen Mann zu gefallen schien, denn tatsächlich begann er damit, ihn mit Informationen zu füttern. Informationen, die ihm noch nicht viel sagten, außer dass es hierbei nicht um seine Tätigkeit im Lady-Dream, sondern vielmehr um seine Stellung als Sohn ging. Und langsam bekam er das Gefühl, dass er hierbei die schlechteren Karten gezogen hatte, denn der Blick dieses Mannes war inzwischen mit grauem Eis gleich zu setzen. Als er nicht sofort auf die Frage antwortete, brüllte der Kerl ihn vollkommen unerwartet an, was Gawain zurückzucken und ganz automatisch antworten ließ. Blair Hunter war der Polizei ein Rätsel gewesen. Und nicht nur der Polizei, denn niemand hatte sich in der Szene zu diesem Mord bekannt. Und als Gawain sich damals die Bilder der Leiche angesehen hatte, wäre er am liebsten direkt zur nächsten Toilette gerannt, um sich zu übergeben. Das war kein einfacher Mord, sondern eine furchtbar grausame Folterung gewesen. Etwas, zu dem sich der Mann vor ihm gerade mehr oder minder bekannte. Aber warum?! Und was wollte er von ihm? Er nickte auf die nächste Frage und spürte im nächsten Moment wie sein Kopf voller Schmerz zur Seite ruckte, seinem Körper noch ein Stoß verpasst wurde und wie ihm schließlich ein Fuß in den Magen gerammt wurde. Geschockt keuchte er die Luft aus seinen Lungen und griff automatisch zu seinem Bauch, um ihn zu schützen. Ihm wurde schlecht von dem unerwarteten Schmerzen und er fragte sich, ob er jetzt sterben müsste, weil er die Identität eines nichtexistenten Sohnes angenommen hatte. War das Schicksal so grausam, dass es ihm einen total psychopatischen Mörder als Todesart verabreichen würde? Wie durch einen Nebel verfolgte er das weitere Geschehen, versuchte die Worte des Mannes zu verstehen. Versuchte zu verstehen, warum er dessen Gewalttätigkeiten ausgesetzt war und warum noch niemand dazwischen gegangen war, um das zu beenden. Und vielleicht zum aller ersten Mal, bekam Gawain es wirklich mit der Angst zu tun. Diesen grauen Augen, in denen ein ganzer Gewittersturm aus Eis und schierer Rage tobte, bereiteten ihm eine Höllenangst. Aber ja... ja er erinnerte sich an diese Begebenheit. Damals war er nur Gawain Hunter, der der Szene erst später als Kobras Sohn vorgestellt wurde. Es war einer seiner ersten Aufträge im Undercovereinsatz gewesen und er hatte sich danach noch häufig gefragt, was wohl mit der Frau passiert war, nachdem Blair sie zu sich hatte bringen lassen. Caren Falcon. Ja, das war ihr Name und sie war tatsächlich eine wunderschöne Frau gewesen. Hellblaue Augen, Haselnussbraunes Haar und eine tolle Figur für ihr Alter. Gawain erinnerte sich deshalb so genau daran, weil es das erste Mal gewesen war, dass er so etwas in einem Undercovereinsatz tun musste. Es hatte ihm mehr als eine schlaflose Nacht bereitet. Der nächste Tritt traf ihn an den Nieren und ließ seine Sicht kurz verschwimmen, aber er verstand es. Ja, grausamerweise verstand er den Zorn, die Wut und die unglaubliche Aggression dieses Mannes vor ihm. Dann war die Frau also vergewaltigt worden? Und der Mann war der Sohn von ihr? Kein Wunder... dann war es wirklich kein Wunder, dass er hier lag. Aber so durfte es jetzt nicht weitergehen, denn er war immer noch Undercover und er dürfte sich nicht so unterbuttern lassen. So vorsichtig wie möglich versuchte er an eine seiner beiden Waffen heran zu kommen, als der Mann auch schon über ihm war und ihm die Hand verdrehte, was in einem weiteren schmerzerfülltem Wimmern seinerseits resultierte. Die Drohungen hörte er mit einer Mischung aus Erleichterung und Angst. Erleichterung darüber, dass er wohl noch leben dürfte, Angst darüber, dass der andere ihm wirklich auf die Schliche kommen würde. Denn alleine beim Gedanken an eine solche Folterung wurde ihm noch schlechter, als es ihm eh schon war. Geschlagen ließ er seinen Kopf auf den Boden sinken. "Ich bin nicht meine Familie", brachte er noch hervor und konnte dann nicht anders als abzuwarten. Abzuwarten und auf ein Wunder zu hoffen. Cole Cole merkte wieder einmal, wie angenehm es war, wenn man solche Deals mit jemandem besprechen konnte. Es gab Sicherheit, denn Antonin hatte stets einen Blickwinkel auf die Vorgehensweise, der sie gemeinsam letzte Fragen klären ließ, der ergänzte, was Cole übersah. Und für ihn war es entspannend zu wissen, dass er nun an alles gedacht hatte, dass er nun wusste, dass er niemanden unnötiger Gefahr aussetzte. Cole musterte gerade die Frachtpapiere noch einmal, als Ragnar und Gawain eintraten, die Tür offen lassend, weil der Rest sicher auch bald da sein würde. Doch als er das Klicken, das Entsichern der Waffe hörte, blickte er erstaunt auf. Verwirrt beobachtete wie Antonin auf Gawain zuging, wie er ihn nach draußen dirigierte. Er hob die Augenbrauen und blickte Ragnar an, der nur mit den Schultern zuckte. dann stand er ruckartig auf. Was ging hier vor sich? Kannte Antonin Gawain? Und warum bedrohte er ihn dann mit einer Waffe? Das Misstrauen, das der Neuling von Anfang an in ihm geweckt hatte war wieder vollkommen präsent. Kurzentschlossen trat er auf Ragnar zu. "Du weist die anderen ein. Ändere aber die Pläne. Gawain wird dein Beifahrer sein und beobachte ihn noch genauer", wies er diesen an. Ragnar konnte nur noch nicken, bevor Cole auch schon aus der Tür war und den beiden Männern hinterherging, dort ankommend, dass er hören konnte, wie Antonin sich über den Tod, die Ermordung Gawains Onkels ausließ. Cole hatte keinen Antrieb dazwischen zu gehen. Dafür war es viel zu interessant. Zum einen, weil er Gawain beobachten konnte, zum anderen weil er Informationen über Antonin sammelte, die er noch nicht gehabt hatte. Informationen, die ihn erschaudern ließen, die ihm bewusst machten, dass sein eigenes Leben offensichtlich wesentlich weniger schlimm war, als das Leben des Mannes, der immer lächelte, den er hin und wieder in Gedanken 'Sunnyboy' nannte. Cole begriff nun, weshalb Antonin das Symbol des Falken in seiner Seele mit sich herumtrug, weshalb er seinen Wagen so nannte, weshalb er das als Logo seiner 'Attentäter'-Visitenkarten verwendete. Es war in Gedenken an seine Mutter, die er offenbar mehr geliebt hatte, als alles andere. Seine Mutter, die offensichtlich durch den Vater in diese Kreise gerutscht war und alles hatte ausbaden müssen, was dieser verbockt hatte. Und das auf grausamste Art und Weise... Cole schluckte, als er das Schreien seines 'Partners' hörte, wie er dessen Wut sah, wie er seine Augen wahrnahm, obwohl das wenige Licht eigentlich wenig preisgab. Diese Kälte, aber eine andere, als die die er gestern Nacht noch hatte erleben dürfen, eine noch viel viel grausamere Kälte, nämlich der pure Hass. Und er konnte diesen Hass gut nachvollziehen, denn er konnte selbst nicht einschätzen, was geschehen würde, würde er jemals dem Mörder seiner Familie begegnen. Diesen Hass, den Antonin gerade offenbarte war der gleiche Hass, den er schon seit Jahren mit sich herumtrug, der tief in seinem Innersten schlummerte, allzeit bereit, auszubrechen und zu morden. Cole schauderte bei dem Gedanken. Und eigentlich könnte er es Antonin nicht verübeln, wenn er nun die Waffe ansetzen würde und abdrückte. Er hätte eigentlich gar nichts dagegen, aber offenbar beherrschte sich Antonin, wusste, dass dieser Mann nicht der Verantwortliche war. Und dann hörte er die Drohung, die wahrscheinlich nur er wirklich verstehen würde, denn nur er wusste, welche Person Antonin meinte, die Gawain nicht eines falschen Blickes würdigen sollte. Antonin sprach von ihm. Das Gefühl in seinem Magen, das er sich so eingeprägt hatte, flackerte auf. Denn aus den Worten des anderen ließ sich der Schluss ziehen, dass er für Antonin offenbar einen Platz eingenommen hatte, der dessen Mutter ähnlich kam, sicher ein nicht zu haltender Vergleich, aber ähnlich nur auf einer ganz anderen Ebene... Cole trat aus dem Schatten des Ganges, in dem er stehengeblieben war heraus und trat auf Antonin zu, ihn sanft aber bestimmt an der Schulter packend. Jener hatte die Waffe wieder auf Gawain gerichtet. "Ist gut Antonin", sagte er ruhig, spürte wie der andere unter seiner Hand bebte. Er konnte seine Wut wirklich sehr gut verstehen, vielleicht sogar besser, als jeder andere. "Lass ihn, das ist er nicht wert." Seine Hand glitt ein Stück weit den Arm hinunter, so dass er ihm unter den Arm greifen konnte und anzog, um Antonin von Gawain wegzuziehen. "Es würde nichts ändern", redete er weiter auf Antonin ein, zog diesen, als er stand in eine Umarmung, legte ihm seine Arme um den Oberkörper. "Schschsch...", murmelte er Antonin ins Ohr. "Er ist es nicht wert, hier und jetzt zu morden..." Cole spürte die Anspannung, in Antonins Körper, spürte, wie dieser innerlich kochte, wie er Mühe hatte herunterzukommen. "Gawain sagt, er sei hier, um sich von seiner Familie zu distanzieren." Man hörte deutlich, dass Cole das zwar als Grund akzeptiert hatte, aber letztlich dem anderen noch immer misstraute. Und dieses Misstrauen meldete sich mit den Worten gleich wieder. Hatte Gawain nicht eben gesagt, dass er nicht seine Familie sei? Cole runzelte die Stirn, während er noch immer darauf wartete, dass Antonin sich beruhigte. Wer in dieser Szene würde jemals seine Familie so sehr verleugnen? Cole hatte schon viel gesehen, aber die Familie hielt man eigentlich immer hoch, egal was geschah. Denn sie war meist das einzige, worauf man sich noch verlassen konnte. Und wenn Gawains Vater wirklich so ein hohes Tier war, so würde der Sohn doch auch Stolz sein. Dass er unabhängig sein wollte, stand auf einem ganz anderen Blatt, das war oft so, aber dass man indirekt erklärte, dass man nicht zu der Familie gehörte war etwas, was Cole sehr stutzig machen ließ. Sacht löste er sich von Antonin und blickte Gawain an. Seine Augen waren durchdringend, misstrauisch. Doch er sagte erst einmal nichts. Er würde diesen Mann noch einmal auf die Probe stellen müssen, testen müssen, ob es eine Ratte war. Diesmal keine Ratte, die einen anderen Clan unterstützen wollte, sondern diesmal entweder eine Ratte, die nur persönliche Gründe verfolgte, oder eine Ratte, die für jemanden anderes arbeitete, vielleicht sogar für die Polizei. Aber das würde er nicht heute machen können. Dafür würde er ein wenig mehr planen müssen. Cole hatte noch immer einen Arm um Antonin gelegt, als Ragnar zu ihnen stieß. "Es sind alles soweit, Cole", erklärte dieser. Ragnar Antonin hatte auch ein Veilchen und eine Platzwunde? Ragnar konnte nicht umhin als die Stirn in Falten zu legen. Konnten diese beiden Dinge miteinander zusammenhängen? Nun, das Veilchen von Antonin sah schon ein wenig älter aus, oder? Es sah schon verheilter aus, als Coles Auge. Aber die Platzwunde... Ragnar schob die Gedanken beiseite. Merkte sich aber die Vermutung, dass diese beiden Männer hier, die so in trauter Zweisamkeit dasaßen ganz offensichtlich Streit gehabt hatten. Und langsam dämmerte ihm, was unter Umständen der Auslöser für Coles schlechte Laune in den letzten Tagen gewesen sein könnte. Ein Gedanke, bei dem er noch nicht so genau wusste, ob es ihn freuen, oder nicht freuen sollte. 'Ein Liebesbeweis' wiederholte er Coles Worte in seinem Kopf, und er musste kurz lächeln. Doch darüber konnte er in diesem Moment noch nicht nachdenken. Vielmehr sah er Antonin hinterher, der sich Gawain geschnappt hatte. Als Cole auf ihn zutrat nickte er nur und blickte den dreien kurz hinterher, bevor er tat, wie ihm geheißen. Er erklärte, um was es bei dem Deal ginge, teilte die Fahrergruppen ein und übernahm nun selbst einen LKW, den er mit Gawain fahren würde. Kaum hatte er alle instruiert, ließ er die anderen zum Hinterausgang gehen. Er selbst ging in Richtung Club. Bevor er den Raum betrat sah er Cole mit Antonin im Arm dastehen, wie dieser jenen beruhigte. Er sah Gawain auf dem Boden liegen, doch seine Hauptaufmerksamkeit galt Cole, der mit Antonin im Arm dastand. Es war das erste Mal, dass er sah, dass Cole jemanden direkt an seinen Körper herangelassen hatte. Zumindest hier, hier in der Szene. Und dieser Gedanke verpasste ihm einen kleinen Stich, einen eifersüchtigen Stich, der aber von einer Zufriedenheit abgelöst wurde. Einer Zufriedenheit, weil er wusste, dass er Cole schon lange abgeschrieben hatte, eine Zufriedenheit, weil er ihm dennoch aus vollstem Herzen schon lange jemanden wünschte, der es schaffen würde, ihm seine Mauern zu zerschlagen. Vielleicht war Antonin ja dieser Mensch... Er selbst war ab einem gewissenPunkt gescheitert. Er trat hervor und erklärte, dass alle bereit wären. Eigentlich hatten sie gar keine Zeit zu verlieren... Antonin Antonin spürte die Hand und wusste noch bevor Cole zu sprechen anfing, dass es jener war. Niemand sonst würde ihn hier auf diese Weise versuchen zu stoppen. Er schluckte und warf einen letzten furiosen Blick auf den liegenden, bevor er sich hochziehen ließ und seine Aufmerksamkeit langsam auf den viel wichtigeren Mann umschwenkte. Auch wenn etwas in ihm schrie, diesen Bastard von einer Schlange doch einfach weg zu pusten, so war Cole ihm doch bei weitem wichtiger als unsinnige Mordgedanken. Und jener hatte recht, die Minischlange war es nicht wert. Leise grollend sicherte er seine Waffe und merkte dann selbst wie sich seine angespannten Muskeln langsam lösten, als Cole ihn umarmte und unsinniges Zeug ins Ohr murmelte. Ganz so als wäre er ein scheues Tier, das man wieder an Menschenhand gewöhnen musste. Aber das war in Ordnung. Solange es Coles Hand wäre, ging das vollkommen in Ordnung. "Distanzieren…", murmelte er düster und lehnte sich unbewusst in die Umarmung bevor sie aufgelöst wurde. Dennoch blieb da weiterhin ein Arm um ihn geschlungen. Aus Angst dass er doch noch losstürzen und der Minischlange den Hals umdrehen würde? Nein, Antonin vermutete, dass es ihn stützen sollte und das waren auch die besseren Gedanken. Weshalb er schließlich einmal tief durchatmete und dann von Worten hochgeschreckt zu Ragnar blickte. Oje, er war da gerade in den totalen Psychomodus verfallen, oder? Und das, ohne auch nur eine Sekunde an andere zu denken. Na prima.. da ging es dahin sein 'Idiot mit verplantem Lächeln'-Image. Andererseits hatte dieses beim letzten Deal sowieso schon einige Kratzer erhalten, weil er keinen Bock darauf gehabt hatte. Und eigentlich war das gar nicht so schlecht, schließlich würde ihn die Minischlange viel zu hibbelig werden lassen, um das wirklich durchzuziehen. Selbiger warf er auch noch einen letzten Blick zu. "Denk an meine Worte, Minischlange. Ein falscher Blick genügt", spie er aus und löste sich von Cole, um seine Waffe zu verstauen, bevor er jenem in die Augen sah. "Danke." Er schickte ein noch recht schwaches Lächeln hinterher und vermutete, dass dies nun ebenfalls zu den Dingen gehörte, über die sie sprechen würden. Aber vorerst müsste das ‚Danke‘ genügen und er wusste, dass Cole es verstehen würde. Irgendwie verstand jener solche kleinen Gesten viel eher als die großen. Er atmete nochmal tief durch und kratzte sich am Kopf. "Ahh... ich halte den ganzen Betrieb auf. Schande über mich. Und das wo ich so ein großer Fan von Pünktlichkeit bin.", murmelte er halblaut und folgte Cole dann mit nach draußen. Inzwischen waren die Leute wohl von Ragnar eingewiesen worden, so wie er das sah. Er selbst würde mit Cole mitfahren, logischerweise. Auch wenn er seine Zielpeilung unter Umständen auf Ragnar und Simon erweitern würde, wenn es hart auf hart käme, so war jener dennoch der Grund, warum er hier war. Und keine dämlichen Deals, von denen er sowieso kein Geld sah. Außer das diese ihm irgendwie die Drogen finanzierten. Und ja, irgendwo war Antonin schon bewusst, dass er das eben erlebte verdrängte, aber gerade ging es nicht anders. Gerade war es nur wichtig, diese Sache zu erledigen und danach würde vielleicht sogar mal wieder Alkohol auf ihn warten. Oder auch nicht. Je nachdem wie gut Cole ihm jetzt noch, für jenen wohl unbewusst, tun würde. Er selbst sah das ganz klar für sich selbst: Vermutlich hätte er den Kerl umgebracht, obwohl jener nicht wirklich etwas verbrochen hatte. Selbst Antonin würde so ein Haus räumen, wenn es denn ein Befehl wäre. Soweit war ihm das schon bewusst und wenn man es genau nahm, hatte die Minischlange dafür auch gerade eine Abreibung bekommen. Und wenn Antonin nicht gänzlich unwillig auf die Familie Hunter reagieren würde, dann wäre vermutlich nicht einmal das passiert. Zudem er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte, dass Cole nun offensichtlich darüber Bescheid wusste, dass er jemanden zu Tode gefoltert hatte. Hm.. nachdenklich sah er aus dem Fenster, nicht wissend wie und ob er jetzt etwas sagen sollte. Aber es war trotzdem nicht unangenehm nichts zu sagen. Er fuhr sich selbst herunter und machte sich wieder bewusst, was heute seine Aufgabe wäre. Wenn Cole mit Hunter arbeiten wollte, sollte er das tun. Selbst Antonin hatte bei seinen Nachforschungen gehört, dass jener ein nicht zu verachtendes Kaliber war und die Szene im Lady-Dream wäre wohl bei der Schlange zuhause von Anfang an, anders abgelaufen. Aber egal.. er gähnte und legte seinen Kopf gegen die Fensterscheibe. "Was für eine Woche." Kapitel 49: Mutprobe -------------------- Gawain Mit geschlossenen Augen und sich etwas schneller hebenden und senkendem Brustkorb lag Gawain auf dem Boden und hörte dabei zu, wie Cole diesen Verrückten besänftigte. Mit ein paar Worten! Worte, die so klangen als wäre hier dieser mit Antonin angesprochene das Opfer und nicht er selbst. Wobei das natürlich ungerecht war: dieser Mann war ebenfalls ein Opfer und wenn es ein paar mehr von dessen Sorte geben würde, würde sich das organisierte Verbrechen gegenseitig ausradieren. Taten sie aber nicht, weshalb es immer noch Leute wie ihn geben musste, der sein eigenes Leben riskierte und sich dafür zusammenschlagen lassen musste. Ächzend richtete er sich auf und drückte prüfend gegen seine Rippen, bevor er zu den beiden Männern sah, die da verdächtig nahe zusammenstanden. War dieser Antonin der hauseigene Auftragsmörder, der nur auf diese Art zu beschwichtigen war? Trotz seiner Schmerzen versuchte Gawain einen kühlen Kopf zu bewahren und so hatte er das Gefühl seinen Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle zu haben, als diese grau-blauen Augen sich ein letztes Mal auf ihn legten und der dazugehörige Mann seine Drohung wiederholte. Und abermals wollte Gawain sich und sein elendes 'Glück' verfluchen. Als ob seine Arbeit nicht so schon schwer genug wäre, nein da musste ihm auch noch ein Psycho auf den Fersen sein und ihm nachschnüffeln. Als die beiden Männer verschwunden waren, rappelte er sich auf und wischte das Blut von der Lippe bevor er auch hier prüfend dagegen drückte und leise stöhnte. Da hatte dieser Kerl aber wirklich ganze Arbeit geleistet. Nach einem letzten Durchatmen folgte er Ragnar, der offenbar schweigend auf ihn gewartet hatte nach draußen und fand sich nach kurzer Koordination in einem GMC wieder, wo er nicht nur einen neugierigen Blick abbekam. Doch damit konnte er umgehen, was ihn dann aber wirklich ärgerte war das 'Gespräch', das ihm der neben ihm sitzende aufdrückte. Simon wenn ihn nicht alles täuschte. "Denk dir nichts." Sollte das vielleicht tröstend sein? "Bei meiner ersten Begegnung mit ihm war ich am Schluss ohnmächtig und mein Partner ist im Meer geschwommen." Gawain verengte die Augen und durchbohrte den anderen Kerl mit aller Kälte, die er noch zusammenkratzen konnte. "Soll mir das jetzt irgendetwas anderes sagen, außer dass der Typ scheinbar außer Kontrolle ist?", raunte er böse und bekam einen kurzen skeptischen Seitenblick zur Antwort, bevor dieser Simon wieder von ihm weg, nach vorne blickte. "Ich wäre an deiner Stelle mit solchen Worten etwas vorsichtiger", beschied der ihm und Gawain schloss daraufhin nur gequält die Augen und lehnte den Kopf zurück. "Was soll das bringen? Selbst ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben fühle ich mich wie durch den Fleischwolf gedreht", seufzte er und versuchte seine verspannten Muskeln ein wenig zu lockern. Woraufhin er immerhin schon wieder ein Lachen abbekam. Und einen Spruch, diesmal jedoch von der anderen Seite. "Ich weiß gar nicht was Hunter hat. Steht ihm doch gut, so ´ne dicke Backe." Gawain hob nur kurz ein Augenlid und streckte dem Typen den Mittelfinger aus. "Billiger als jede Schönheitsoperation", murmelte er dann jedoch und gab sich damit geschlagen und als freigegeben für die dummen Sprüche. Die Kerle hier waren im Alltag auch nichts anderes als jede andere Gruppe von Männern, die zusammenkam. Und gerade war er das Ziel ihres Spottes. Nun, lieber der Spott als Misstrauen. Darum ließ er das ganze über sich ergehen und mimte den guten Verlierer. ----------------------------------------- Cole Cole nickte nur, blieb noch ein paar Sekunden, während Antonin schon im Begriff war zu gehen und blickte Gawain musternd an. "Ich sagte dir ja, dass die Vergangenheit einen immer einholt." Damit drehte er sich weg von diesem Mann, der in seiner Gunst nun nicht wirklich gestiegen war. Wenn er seine Arbeit nicht gewissenhaft machen würde, hätte er im Moment nicht übel Lust, diesen Mann aus seinem Club zu schmeißen, ihn zu verabschieden. Aber sie brauchten ihn, zumindest heute und die Zukunft würde zeigen, was mit diesem geschehen wird. Er wies die draußen wartenden an, in den Van zu steigen und auf Ragnar und Gawain zu warten, sie würden sich dann später wieder sehen. Cole selbst ging mit Antonin zu seinem Vantage. Er liebte dieses Auto, besonders, da er als kleines Kind schon beschlossen hatte, einen Aston Martin fahren zu wollen. Damals hatte er mit seinem Vater einen James Bond gesehen. Und nun, da er das Geld dafür hatte, hatte er sich den Wunsch erfüllt. Doch das waren Gedanken, von denen er sich ein anderes Mal in Träumereien ziehen lassen konnte. Schweigend fuhr er los, lenkte den Wagen aus dem Hinterhof, fuhr in die Richtung, wie sie am schnellsten aus der Stadt kämen. Als er Antonins Kommentar über die Woche hörte, warf er ihm einen flüchtigen Seitenblick zu. Dass Antonin nicht sehr gut drauf war, das sah er, aber er war froh, dass jener sich in seinen Armen beruhigen hat lassen. Dieser blanke Hass des anderen war wirklich furchteinflößend gewesen und er hoffte inständig, dass er diesem nie selbst begegnen musste, auch wenn er am vergangenen Abend nahe daran vorbeigeschrammt war. Er wusste nun, dass auch in Antonin noch einiges brodelte, was sie sicher die nächste Zeit noch beschäftigen würde. "Möchtest du darüber reden?", fragte er und blickte Antonin noch einmal kurz an, bevor er in seine Jackentasche griff und die Zigaretten herauszog, die er in den letzten Tagen häufiger gebraucht hatte, und sie Antonin reichte. "Ich könnte jetzt eine vertragen", murmelte er. Während Antonin ihnen die Zigaretten anzündete, beschloss er, dass es vielleicht besser war, Antonin zu erklären, was dieser Mann bei ihnen tat. "Gawain ist der Typ, den du durch Stavros an uns weitergeleitet hast. Ich habe mich letzte Woche mit ihm getroffen und ihn getestet. Es war sie Situation, in der ich in Gefahr war." Er schwieg kurz, zog an seiner Zigarette, kaute kurz auf seiner Unterlippe herum, bevor er einen erneuten tiefen Zug nahm. "Er hat mir geholfen, den um die Ecke zu bringen, der für die Schlägerei im Lady-Dream neulich verantwortlich war, bzw. von der Polizei dazu benutzt worden war", erklärte er nun, den Rauch auspustend. "Er wirkte sehr cool, zu cool für meinen Geschmack. Ich traue ihm noch nicht, aber Ragnar meint, er mache seine Arbeit solide." Sie waren mittlerweile auf dem Highway angelangt und Cole fuhr schnell, konzentriert, weshalb er Antonin nicht mehr ansehen konnte. "Ich kam recht schnell dahinter, dass da noch eine Hintergrundgeschichte war, die er erst einmal nicht herausrücken wollte. Er sagte, er sei der Sohn von der Kobra aus Atlanta. Er meinte, er habe es satt im Schatten seines Vaters zu stehen. Aber wenn man in solchen Kreisen großgeworden ist, kann man sich nie davon lösen. Diese Organisationen haben ihre eigenen Gesetze. Deshalb hat es mich auch gerade sehr stutzig gemacht, dass er seine Familie vor dir 'verleugnet' hat. Ich traue ihm nicht." Er atmete tief durch. Dann nahm er noch einen Zug von deiner Zigarette, die er schließlich das Tempo drosselnd aus dem Fenster schnippte. "Wenn du möchtest, schmeiße ich ihn raus. Ich kann mir vorstellen, dass du ungerne ständig über ihn an das erinnert werden möchtest, was er für dich verkörpert..." Zumindest hätte er keine Lust dazu. Ihm reichte es, dass er jedes Mal an gewisse Dinge erinnert wurde, wenn Costello zu ihm kam. Nur den konnte er unmöglich rausschmeißen und ihn sonst in irgendeiner Art und Weise aus seinem Leben verbannen. Er konnte nicht. Antonin Antonin wandte seinen Blick von den vorbeiziehenden Straßen ab und sah zu Cole hinüber. Ob er darüber sprechen wollte? Ja, vermutlich wollte er das sogar. Aber würde ihn das jetzt nicht doch noch runterziehen, nachdem er sich gerade wieder in seiner neutralen Zone befand? Allerdings wäre er an Coles Stelle auch neugierig, würde mehr darüber erfahren wollen. Und im Grunde besaß er diese Seite an sich nun mal, das ließ sich nicht mehr ändern und es wäre nur gerecht wenn dem anderen klar wäre, dass sie ihn nie betreffen würde. "Hm, danke", murmelte er und griff nach der Schachtel um erst Cole und dann sich selbst eine anzuzünden. Zwar stand ihm der Sinn momentan nach anderen Dingen, aber eine Zigarette war da wohl ein passender Ausgleich. Relativ ruhig hörte er dem anderen zu und nickte hin und wieder zustimmend, während er sich schließlich doch etwas bequemer in den Sitz sinken ließ und den bereits so gewohnten Komfort genoss. "Stavros hat mir nur den Vornamen gesagt. Mein eigener Fehler, ich sollte aufhören herumzurennen und Leute zu empfehlen, die ich selbst noch nicht gesehen habe." Langsam wurde seine Stimme wieder lauter, entsprach wieder seiner typischen, normalen Lautstärke und als er den Rauch nach dem nächsten Zug genießerisch ausstieß lächelte er sogar kurz. "Das war in Atlanta sowas wie sein Markenzeichen, habe ich mir sagen lassen, als ich bei meinen Nachforschungen auf ihn stieß. Was da mit seiner Familie los ist, kann ich nicht sagen. Auch zu den Gesetzen innerhalb von Organisationen kann ich nicht wirklich etwas beitragen. So tief wie momentan, was ja auch mehr die Oberfläche ist, war ich da nie drinnen. Aber ich halte es nur für gesund ihm nicht zu trauen." Kurz schwieg er bevor er seufzte. "Aber es ist in Ordnung ihn zu behalten. Ich habe mir vorher schon gedacht, dass ich so ein Haus auch ausräumen würde, wenn es ein Befehl wäre. Ich würde höchstens darauf verzichten das Zeug zu verbrennen. Vermutlich hat er gar nicht gewusst, was mit meiner Mutter passiert ist." Eine Weile sah er wieder schweigend nach draußen, bevor er sich schließlich doch einen Ruck gab und es erzählte. Das hier war Cole. Jener Mann, dem er vertraute. Mehr vertraute als jedem anderen. Sollte er da nicht auch genügend Vertrauen besitzen, ihm seine hässlichen Seiten zu zeigen? Denn das war es was ihn momentan verunsicherte. Antonin selbst hatte schon seit geraumer Zeit damit abgeschlossen, einen richtig psychotischen Mörder in sich sitzen zu haben, der immer dann heraussprang, wenn er auf Rache sinnte. Denn rachsüchtig wurde man nur, wenn man ihm Dinge entriss, an denen seine Seele hing. Und dann gab es eben keine Grenzen mehr für die Auslebung dieser Gefühle. "Meine Mutter ist eine tolle Frau. Selbst jetzt noch. Selbst als ich sie aus der Wohnung holte, in der man sie gefangen hielt. Sie versuchte für mich zu lächeln und mir zu erklären, dass ja jetzt wieder alles gut wäre. Nun, ich persönlich fand alle Dinge weit von 'gut' entfernt, widersprach ihr jedoch nicht und suchte einen ruhigen, sicheren Platz mit einer tollen Nachbarschaft in einer Kleinstadt für sie, bevor ich wieder zurück nach Atlanta fuhr." Er hielt inne, um einen letzten Zug von seiner Zigarette zu nehmen und die Kippe dann aus dem Fenster zu schnippen. Seine Stimme war ruhig. Diese Dinge waren verdaut. Es traf ihn nur noch, wenn er glaubte jemanden vor sich zu haben, der seiner Mutter diese Dinge angetan hatte. "Zu diesem Zeitpunkt war ich dann gerade mal drei Wochen aus Russland zurück und ich würde mich selbst als ziemlich psychopatisch beschreiben, wenn man mich fragen würde, wie ich mich damals gefühlt habe. Es war nicht weiter schwierig heraus zu finden, wer der Kerl war, den meine Mum mir beschrieben hatte. Und von da war es nicht weit, bis ich ihn in meiner Gewalt hatte. Mögen die Sicherheitsvorkehrungen einer Organisation auch noch so gut sein, wenn niemand von einer akuten Gefahr ausgeht, werden sie lascher. Ich erwischte ihn auf einer öffentlichen Toilette und schleuste ihn durch das Fenster nach draußen. Und ja, ich habe ihn gefoltert und in diesen Stunden kannte ich so etwas wie Mitleid oder gar schlechtes Gewissen gar nicht. Ich ließ mir haarklein erzählen, was sie getan hatten und vor allen Dingen wer. Ich schickte der Kobra die Zunge seines Bruders per Expresseinschreiben und flog dann nach New York, um auf Nicholas Angebot zurück zu kommen. Atlanta hielt nichts mehr für mich bereit." Er warf Cole einen prüfenden Blick zu. "Auch wenn ich gerne denken würde, dass dieser Teil nicht wirklich zu mir gehört, so ist das aber leider doch der Fall. Ich habe dir damals erzählt, dass ich 'durchgefallen' bin, weil ich etwas nicht tun wollte. Nun, ich wollte nicht foltern, aber offensichtlich habe ich genug mitbekommen, um es schlussendlich doch zu tun." Er zuckte ein bisschen hilflos mit den Schultern. "Ich hoffe, ich schrecke dich damit nicht ab. Wirklich. Aber ich kann dir versichern, dass ich noch nie, zu keiner Situation auch nur nahe genug dran war, um in deiner Gegenwart den Kopf zu verlieren. Nicht einmal als du meine Narben berührt hast. Ja, ich mag etwas anderes gesagt haben, aber ich…" Er stockte und biss sich auf die Unterlippe. "Hm... wie soll ich es sagen? Während ich bei solchen Aktionen nur Hass spüre, war das bei dir einfach nie der Fall. Ich erwähne das auch nur, weil ich nicht möchte, dass du jetzt denkst ich wäre eine tickende Zeitbombe, die jederzeit beschließen könnte zum irren Massenmörder zu werden. Das bin ich definitiv nicht." Und jetzt blieb einem nur noch übrig auf den Richtspruch zu warten. Zu hoffen, dass Cole sich nicht plötzlich ständig fragen müsste, wann Antonin wieder ausrasten und ihn vielleicht doch noch umbringen würde. Aber das könnte er nicht. Er könnte Cole nicht einmal mehr eine Waffe ansetzen. Das Veilchen war wirklich das höchste der Gefühle und selbst das hatte unglaubliche Schuldgefühle ausgelöst. Im gleichen Moment als er zugeschlagen hatte. Nein, Cole müsste sich solche Gedanken eigentlich wirklich nicht machen. Aber das konnte jener nicht wissen… Cole Cole lauschte den Worten des anderen. Er war beruhigt, dass jener sich offenbar wieder vollkommen unter Kontrolle hatte. Nicht, weil er Angst vor ihm hatte, sondern weil ihm wichtig war, dass es Antonin gut ging. Das, was er von ihm erfuhr war vieles, was er sich schon hatte denken können aus den Worten des anderen, die er vorhin Gawain gegenüber mitbekommen hatte. Doch es war gut, sie noch einmal aus Antonins Mund zu hören. Und es freute ihn, dass Antonin es ihm anvertraute, dass er so offen redete. Ob er das jemals könnte? Würde er Antonin jemals so offen sagen können, was ihn beschäftigte, was ihm auf der Seele lastete? Er würde es versuchen, mehr konnte er nicht versprechen. Aber das stand jetzt im Moment auch nicht zur Debatte. Im Moment waren die Inhalte wichtig, die Antonin ihm anvertraute. und die ließen ihn einige Minuten schweigen. Cole verließ die Autobahn und nun fuhren sie auf der Bundesstraße weiter. Sie würden deutlich vor den anderen da sein, aber das war ihm stets lieber so, weil man noch einschreiten konnte, wenn etwas anders wäre, als geplant. "Weißt du, Antonin", begann er schließlich ruhig. "Ich hatte nie einen einzigen Gedanken daran, dass du für mich eine tödliche Gefahr darstellst. Nicht eine Sekunde habe ich so etwas gedacht." Er blickte den anderen kurz an. "Auch wenn ich zugeben muss, dass deine eisgrauen Augen einem Angst einjagen können. Aber in der Situation eben, und eigentlich auch gestern Abend habe ich nicht eine Sekunde gedacht, dass du eine 'tickende Zeitbombe' wärst." Er lächelte bei dem Gedanken. Es war irgendwie süß, wie Antonin versuchte ihm klar zu machen, dass er ihn niemals umbringen würde. Nun, vielleicht würde er seine Meinung irgendwann einmal ändern, aber dennoch wusste er, dass Antonin ihn niemals tödlich verletzen würde, nicht auf physische Art und Weise. Sein linker Ellbogen war auf das Fensterbrett gestützt und seine Finger spielten wieder mit seiner Unterlippe. "Ich kann gut nachvollziehen, dass du aufgrund der erlebten Dinge einen Menschen zu Tode gefoltert hast. Glaub mir, das kann ich wirklich. Die Frage hinterher ist immer, ob es wirklich Genugtuung gebracht hatte. Wenn du hinterher das Gefühl gehabt hast, dass es das einzige war, das du hast tun können, um mit dir und der Welt wieder im Reinen zu sein, dann war es richtig, es zu tun. Wenn du das Gefühl nicht hattest, dann würde ich mir Sorgen um dich machen. Aber ich habe den Eindruck, dass du generell damit abgeschlossen hast. Zumindest weitestgehend." Er blickte Antonin wieder einen Moment an. "Und dieser Teil, den du dir nicht in dir wünschst, ist dennoch ein Teil, der dich ausmacht und dich menschlich macht. Ich bin froh, dass du solchen Hass empfinden kannst, denn das zeigt mir, dass du auch lieben kannst. Liebe und Hass gehören zusammen, das ein geht nicht ohne das andere. Und aus Hass zu morden, ist besser, als wenn man mordet, um des Mordens willen." 'Und ich für meinen Teil weiß noch nicht, ob ich diese Art der Menschlichkeit noch besitze', fügte er in Gedanken hinzu. Ja, Cole wusste nicht, ob er noch lieben konnte. Sicher, er hatte Angst gehabt um Antonin, und er hatte dieses unbestimmte Gefühl in sich, das ihn in unbekannter Weise glücklich machte, aber erstens kannte er wahre Liebe nicht, hatte sie nie gespürt und würde sie auch nicht erkennen, und zweitens hatte er unglaubliche Angst davor, zu lieben. Und zwar aus genau diesem Grund. Es würde bedeuten, dass er verletzlich war, dass er wieder einen Hass würde empfinden können, den er gehofft hatte, mittlerweile abgelegt zu haben. Er wollte nicht mehr in diesem Maß hassen, wie er es eine ganze Zeit getan hatte. Er wollte eigentlich gleichgültiger werden. Und ob er sich das von Antonin würde nehmen lassen können, das wusste er nicht. Seine Angst davor würde ihn wohl davor zurückhalten, sich jemals solche Gefühle einzugestehen. Aber das war ihm im Moment noch nicht wirklich bewusst. "Also mach dir keine Sorgen darüber, ob ich deswegen Angst vor dir haben könnte." Er grinste verschmitzt, beschließend, von der Ernsthaftigkeit ein wenig abzulenken. "Als ob ich Angst vor dir haben könnte...", schnaubte er grinsend. Ironie heiterte jede Stimmung auf. "Da hättest du früher aufstehen müssen." Er grinste zu Antonin herüber, dann nahm er seine Hand und legte diese kurz auf den Oberschenkel des anderen. "Mach dir keine Sorgen", fügte er an, nun wieder ernst geworden. Und damit wollte er das Thema erst einmal beiseitelegen. Damit Antonin Ruhe bekam, damit er selbst nicht weiter über dergleichen Dinge nachdenken musste. "Meinst du, du hast Lust nach dem Deal mit mir feiern zu gehen? Ich habe noch ein Examen zu begießen, egal wie es ausgehen mag." Er blickte den anderen fragend an. Cole hatte heute mehr Lust denn je, die Nacht mit Tanzen, Trinken, Flirten und vielleicht noch mehr zu verbringen... Antonin Nicht eine Sekunde, huh? Antonin drehte diese Worte in seinem Kopf, aber kam nicht drum herum zufrieden zu sein. Ganz abgesehen von diesem Beziehungsdings an dem sie herumschraubten, war das auch eine tolle Bestätigung für ihn als Guard. Das mit den Augen hörte er auch nicht zum ersten Mal, konnte es jedoch selbst nicht nachvollziehen. Wenn er wirklich mal über seine Grenzen ging, war es bisher nie in seiner Priorität ganz oben gestanden, sich nach einem Spiegel umzusehen. Er kannte sie nur strahlend oder das normale blaugraue Mischmaschdings. So im Stillen beneidete er Leute wie Cole oder Gawain. Eindeutige Augenfarben waren um so viel faszinierender und gerade Coles Augen waren unglaublich eindrucksvoll, wenn sie böse funkelten, abkühlten oder tatsächlich hin und wieder sogar mal mit ihm lachten. "Im Reinen war ich sicherlich nicht mit der Welt, aber es hat mich wieder schlafen lassen. Naja, soviel wie vorher halt auch. Die Befriedigung war auch danach noch vorhanden. Aber wie kann man über so etwas mit der Welt ins Reine kommen? Aber vielleicht sind das nur unterschiedliche Ausdrucksweisen für ein und dieselbe Sache", gab er zu bedenken und überging das mit dem Lieben. Er wusste, dass er es noch konnte. Er liebte seine Mutter nicht nur, er vergötterte sie bis in die Unendlichkeit. Sie telefonierten mindestens alle zwei Wochen und schrieben sich auch so häufiger E-Mails. Alle drei bis vier Monate flog er sie besuchen. Aber das Problem, wenn sie sich gegenüberstanden, war stets das Wissen, das Antonin mit sich herumschleppte und das er ihr niemals sagen können würde. Das machte die Treffen manchmal ein wenig schwermütig, aber nicht schlechter. Nein, keinesfalls schlechter. Und er war so unglaublich erleichtert als Cole begann mit ihm zu scherzen. Damit warf jener ihm einen Rettungsanker zu, zog ihn wieder hoch, denn solche Gedanken sollte man lieber nicht kurz vor einer Aktion haben. Gedanken an seine Mutter wollte Antonin nicht mehr mit Gewalt, Kriminalität oder Drogen verbinden. Seine Mutter war ihm in ihrer Reinheit heilig und dabei sollte es bleiben. "Früher aufstehen, ja?", murmelte er und grinste und strich mit zwei seiner Finger über Coles Handrücken bevor er leicht hineinzwickte. "Du hast heute Morgen schonmal darauf bestanden, mir zu beweisen, dass du ja so viel älter bist. Aber im Grunde hast du gar keine Ahnung wie alt ich bin, richtig?" Er lachte leise. "Vielleicht kann ich dich ja wegen Verführung Minderjähriger anzeigen. Oder wegen Verführung zum Sittenverfall. Ich verweise hier nur an die Idee mit dem Hausdiener", zog er den anderen auf und als er Coles nächste Worte vernahm, verzog sich letztlich alles, was noch an Gewitterwolken in seinen Augen zu sehen gewesen war, und machte wieder seinem eher typischen Humor und wohl auch Lebensfreude Platz. "Feiern? Na aber sicherlich. Da du so fleißig warst, geht der Abend auch gerne auf mich. Vorausgesetzt natürlich, der Herr reserviert mir einen Tanz?" Er grinste frech zu Cole hinüber. "Außer natürlich du bist dafür dann doch wieder zu alt, dann suchen wir uns ein Plätzchen, wo du den ganzen Abend nicht aufstehen musst." Der Schalk tanzte in seinen Augen, war ihm doch durchaus noch eine andere Situation bekannt, wo er Cole ebenfalls zu Unrecht mit dessen Alter aufgezogen hatte. Aber das hatte ihm ja auch nicht wirklich geschadet und es bereitete ihm auch jetzt wieder Freude, den anderen damit zu necken. "Sind wir eigentlich bald daaaa?", setzte er quengelnd noch eines oben drauf. Natürlich würde er sobald sie aus dem Fahrzeug stiegen wieder umschalten können. Das konnte er schließlich immer, daher machte er sich da nicht so die großen Gedanken darum, jetzt ein wenig herum zu flachsen. Es tat ihm gut und ließ ihn vergessen, wovor er wieder einmal kurz gestanden hatte. Und da konnte Cole wirklich behaupten was der wollte... er tat Antonin gut. Punktum. Aus. Ende. Feierabend. Cole "Hey", beschwerte sich Cole und gab Antonin einen kleinen Klaps auf den Oberschenkel, seine Hand danach zum Schalten verwendend. "Ich habe wirklich keine Ahnung, wie alt du bist", stellte er fest und grinste. "Aber zumindest bist du mindestens schon 16, schließlich hast du einen Führerschein. Allerdings... wenn ich bedenke, wie grün du hinsichtlich gewisser Dinge noch hinter den Ohren bist, könnte man fast meinen, dass ich wirklich einen Minderjährigen verführt habe..." Perfekt ließ er seine Stimme ernst und nachdenklich wirken. Doch dann musste er wieder lachen. "Also ich finde die Idee mit den Hausdiener wirklich toll, du nicht?" Seine Augen funkelten amüsiert. "Ein Halsband würde dir gut stehen. Und eine Leine von der Küche bis zum Bett sollte auch drin sein..." nachdenklich wiegte er seinen Kopf. "Und angesichts dieser Tatsache muss ich mir fast noch überlegen, ob ich dich zum Tanzen mitnehme. Lieber ein wenig mehr Peitsche, als zu viel Zuckerbrot. Aber vielleicht bin ich heute gnädig. Auch wenn ich noch nicht weiß, ob in meinem überfüllten Terminkalender noch Platz für einen Tanz mit dir ist." Er grinste Antonin mit einem provozierendem Funkeln in den Augen an. "Aber vielleicht lässt sich da was einrichten. Zumindest werde ich bestimmt nicht in der Ecke sitzen. Im Übrigen möchtest du doch nicht wirklich, dass ich dich daran erinnere, wer das letzte Mal eher schlapp gemacht hat von uns beiden..." Triumphierend funkelten seine Augen. Als er die quengelnde Frage des anderen hörte musste er lachen. "Oh mein Gott, was habe ich mir da nur angetan. Offenbar habe ich mir wirklich ein kleines quengelndes Kind angelacht... Na wenn das kein Grund zum Feiern ist..." Er blickte Antonin lächelnd an. "Noch 10 Meilen, dann sind wir da", sagte er ernst. Antonin "Wer sagt dir denn, dass ich einen Fühererschein besitze?", stichelte Antonin grinsend. "Vielleicht habe ich dein überteures Baby hier ja auch einfach ohne gefahren. Na? Na? Wird da jemand blass um die Nase?" Er kicherte bevor er seine Lippen ein wenig schmollend verzog. "Ich frage jetzt besser nicht nach, worin ich deiner Meinung nach noch grün hinter den Ohren bin. Es könnte meinem Ego schaden. Und das wäre wirklich dramatisch, denn ich mag mein Ego wie es ist. Vielen herzlichen Dank." Und obwohl er das durchaus scherzend meinte, war darin sogar ein kleiner Teil Wahrheit enthalten. Besonders wenn er an seine Sprüche gegenüber Ben zurückdenken musste. Würde Cole ihm sagen, er wäre total Scheiße im Bett, würde das sein Ego nicht nur anknacksen sondern umstürzen. Also lieber gar nicht darüber sprechen. Dieses 'Liebling, wie war ich?' war sowieso nur etwas für Weiber. Ehrlich mal. Als er Cole lachen hörte, begann er wieder zu lächeln. Er mochte es den anderen dabei zu betrachten und zuzuhören. Das war dann immer als säße plötzlich ein komplett anderer Mensch vor ihm, einen der ihn ebenso anzog wie das die gefährliche Aura von Cole tat. Er spielte nun mal gern mit dem Feuer und Cole war nicht nur ein sehr schön anzusehendes, sondern auch ein recht heißes. "Das mit dem Halsband lasse ich mir ja noch eingehen…", fing er ein wenig gedehnt an. "Da gibt‘s ein paar wirklich schicke, die man zum weggehen schon mal anziehen kann, aber das mit der Leine vergiss mal ganz schnell wieder. Um mich zwischen Bett und Küchen anleinen zu können musst du noch ein wenig Muskelmasse zulegen." Doch dann ruckte er ein wenig nach oben und schlug sich gegen die Stirn. "Oh man!", er sah zu Cole. "Ich habe gerade eine Erleuchtung. Du hast einen Hundefimmel! Deshalb pfeifst du deine Leute immer zu dir und lässt einen hinter dir herdackeln als ob man ein Hund wäre. Und ich hab mich echt schon ein wenig gewundert. Na aber das erklärt natürlich alles. Das musst du doch wirklich nicht verstecken, Cole." Diesmal war sein Lachen ein wenig gehässig, aber durchweg fröhlich. "Und ich wusste, dass du mir das jetzt unter die Nase reiben würdest, obwohl ich nach wie vor der Überzeugung bin, dass du selbst auch nicht mehr gekonnt hättest." Er funkelte Cole gespielt zornig an. Cole "Erstens ist mein Baby nicht überteuert, er ist jeden Cent wert", murrte Cole. "Und zweitens solltest du dich geehrt fühlten, überhaupt eine Hand an dieses Steuer gelegt haben zu dürfen..." Das Grinsen, das sich in seinem Inneren breit machte, war schwer zu unterdrücken. Die 'Beschwerde' hinsichtlich der 'grünen Ohren' überging Cole. Er hatte eigentlich nichts an den Fähigkeiten des anderen auszusetzen, in keinerlei hinsichtlich. Und bestimmt auch nicht, was den Sex betraf. Natürlich merkte er, dass Antonin in dieser Hinsicht nicht sehr viele Erfahrungen hatte, aber das störte ihn nicht, denn zum einen mochte er es, dem anderen zu zeigen, was guter Sex war, zum anderen war ihr Sex bisher immer mehr als fantastisch gewesen. Und Cole hoffte, dass Antonin es auch bemerkte, dass es ihm auch gefiel, so dass jener eigentlich daraus sich ableiten konnte, dass die 'grünen Ohren' nicht negativ gemeint waren. Und Cole wäre der letzte, der ihm deswegen mit Huldigungen kommen würde. Entweder war der Sex gut, und er hatte das Bedürfnis das Erlebnis zu wiederholen, oder der Sex war schlecht und er unterbrach oder ließ den anderen dann eben nie wieder an sich heran. Zudem Antonin seit langem der erste war, der es geschafft hatte, Cole dazu zu bringen, mehr als eine Nacht mit ihm zu verbringen, und zudem jene Regel zu brechen, nicht auf den Mund zu küssen. Eine Regel, die er bei Antonin erstaunlich gerne brach. Als Antonin ihm unterstellte, er habe einen Hundetick blickte er ihn mit erhobenen Augenbrauen an. "So würde ich das nicht sehen. Ich pfeife nicht und dennoch kommen alle angewedelt, ob ich will oder nicht. Also selbst wenn ich Hunde wirklich mögen würde, bin sicher nicht ich dafür verantwortlich, dass sich alle aufführen, wie Köter. Ich bin mir keiner Schuld bewusst", knurrte er, und das stimmte zum Teil auch. Als sie an dem Parkplatz ankamen, auf den bald drei LKWs rollen würden, stieg Cole aus und blickte sich kurz um. Dann trat er wieder auf Antonin zu, zog seine Zigaretten heraus und zündete sich selbst eine mit seinem Zippo, das er immer in der Hosentasche mit sich herumtrug, an. Diesmal gab er seine Zigarette weiter, um sich sogleich noch eine anzuzünden. "Ich denke wir werden heute keine größeren Probleme haben. Wichtig ist nur, dass wir vermeiden, dass die Bullen einen von uns kontrollieren. Deshalb werden sie mit einigem Abstand losfahren." Er lächelte Antonin an. "Wir sind ein gutes Team", murmelte er und legte Antonin den Arm um die Schultern, blickte ihn einen Moment an. "Ein Glück, dass wir uns gestern nicht die Köpfe eingeschlagen haben..." Er grinste leicht, seine Hand mit der Zigarette betrachtend. In letzter Zeit rauchte er bedeutend mehr. Er hatte sich sogar selbst welche gekauft. Aber vielleicht brauchte er das momentan auch. Mit einem Mal kam ihm ein Gedanke. Etwas, das er aus seiner Zeit als Teenager kannte. Er blickte Antonin an. "Vertraust du mir eigentlich auch, dass ich dir nie etwas tun könnte?", fragte er unvermittelt. Seine Augen fixierten den anderen. Er nahm die Zigarette, die zur Hälfte ausgeraucht war in den Mund, biss mit den Zähnen darauf und blickte Antonin herausfordernd an. Damals hatten sie sich so beweisen wollen, dass sie einander vertrauten. Es war eine Mutprobe unter 12-jährigen gewesen: Der Kuss mit einer Zigarette im Mund. Antonin "Und nur zu deiner Information, Mister Superhecht, ich bin 24. Zwar nicht mehr lang, aber noch bin ich es. Mich auf 16 zu schätzen... tztz. Ich weiß nicht ob ich das als Kompliment für meine Hautcreme oder als Beleidigung für mein Verhalten werten soll. Worüber ich dir jetzt auch noch 10 Meilen lang vorjammern könnte, wenn ich gemein wäre." Was er dann natürlich nicht tat, sondern am Parkplatz angekommen erst mal ausstieg und sich genüsslich streckte bevor er sich umsah und die Zigarette dankend annahm. "Ja, ich denke auch, dass hier mit wenigen Problemen zu rechnen ist. Der Platz hier ist auch gut ausgesucht", stimmte er zu und erwiderte dann etwas überrascht das Lächeln des anderen, als jener ihm einen Arm um die Schultern legte. "Wieso wir uns?", er grinste kurz. "Eigentlich ja nur ich dir." Vorsichtig hob er die Hand und strich ein wenig unterhalb von Coles Auge über dessen Haut. "Aber man könnte fast behaupten, es steht dir. Es lässt dich gleich nochmal eine Nuance gefährlicher wirken." Doch dann runzelte er die Stirn, als er Coles Frage vernahm. Natürlich vertraute er ihm in diesem Fall, sonst hätte er sich wohl kaum seine eigene Knarre ans Herz gehoben, oder? Verwundert sah er dabei zu, wie jener die Zigarette zur Hälfte in den Mund, zwischen die Zähne tat und ihn herausfordernd ansah. Ne, nicht wirklich. Oder doch? Antonin schüttelte den Kopf belustigt, beschloss jedoch Cole die Antwort nicht verbal sondern 'mündlich' zu geben. Ohne ihren Blickkontakt abreißen zu lassen, kam er Coles Gesicht näher und öffnete dann den Mund, um das brennende Ende der Zigarette aufzunehmen, bis seine Lippen auf denen von Cole lagen. Und es war schon ein seltsames Gefühl. Zum einen löste dieses Funkeln in den grünen Augen sowieso schon ein Kribbeln aus, aber die 'Gefahr' zu wissen, dass jener jetzt nur kurz mit der Zunge an den Filter dran müsste, um ihn zu verletzten, gab dem Ganzen noch einen zusätzlichen Kick. Und es war ja schließlich nicht so, als ob Antonin solchen Kicks aus dem Weg gehen würde. Ganz im Gegenteil. Doch schließlich löste er sich wieder von Coles Lippen und sah den Rauch, der nun aus seinem eigenen Mund kam. Lächelnd ließ er die Zunge über seine Lippen gleiten. "Ich mag ausgefallene Mutproben, vor allem wenn es im Grunde keine sind und sie mir nur einen Kick geben. Denn ja, ich vertraue dir durchaus. Aber ich habe auch nichts gegen Küsse ohne Zigarette dazwischen." Was er auch sogleich bewies, indem er nach Coles Glimmstengel griff, diesen zwischen dessen Lippen hervorzog und unbeachtet wegwarf, bevor er den anderen diesmal 'richtig' küsste. Etwas, das er in dem Moment gerne noch vertieft hätte, was wohl nicht möglich war. Deshalb löste er sich schließlich von Cole und brummte zufrieden, bevor er sich an dessen Auto lehnte. "So der Deal kann kommen und wegen meiner auch gleich wieder gehen. Ich habe heute noch etwas vor." Kurz hoben sich seine Mundwinkel. "Wir haben heute noch etwas vor." Cole Also war Antonin gar nicht viel jünger als er, eher konnte man sagen, dass sie gleich alt waren. Cole empfand es als interessant, dass sie beide doch noch relativ jung waren, aber doch schon so viel erlebt hatten, dass man sie wohl auch für älterschätzen könnte. Die Geste mit dem Zigaretten-Kuss amüsierte Cole. Antonin ließ sich also tatsächlich darauf ein. Dabei wäre diese Art des Vertrauensbeweises wirklich nicht nötig gewesen. Das wusste er, doch das seltsam angenehme Gefühl in seinem Inneren bei diesem Kuss, mochte er. Er lächelte bei den Worten des anderen, ließ sich bereitwillig die Zigarette aus dem Mund nehmen und ließ sich ebenso bereitwillig küssen. Hm, diese Küsse waren etwas, woran er sich gewöhnen könnte. Fast murrte er, als sich Antonin gänzlich von ihm löste, doch die Worte des anderen ließen ihn sich wieder daran erinnern, weshalb sie eigentlich hier waren, auch wenn der letzte Zusatz ihn noch einmal grinsen ließ. "Dann bin ich ja mal gespannt, was wir noch vorhaben...", murmelte er unschuldig. Kurz darauf hörte man auch schon die näherkommenden Geräusche der drei LKW, die auf den Parkplatz fuhren. Cole schaltete von einer Sekunde auf die andere komplett um. Die Arbeit und die damit verbundene Aura waren ihm gewohnter, ihm fiel es wesentlich leichter, sich vom 'Herumalbern' auf die Arbeit zu konzentrieren, als es ihm fiel, von der Arbeit, seiner Ernsthaftigkeit sich wieder zu entspannen, herunterzufahren, um Nähe zulassen zu können. Er überprüfte die LKWs, zählte die Ladungen, überprüfte, ob die Papiere, die sie erhielten brauchbar waren und übereinstimmten. In der Zwischenzeit erreichten auch die anderen und Ragnar den Parkplatz. Bald waren die Fahrer und Beifahrer verteilt. Und nach und nach starteten die LKWs jeweils mit einigen Minuten Vorsprung, jeder mit einer anderen Route. In ca. 3 Stunden würden sie sich am Hafen wieder treffen. Der Van wurde von Simon zurückgefahren und schließlich fuhren auch er und Antonin in Richtung Stadt zurück, unterwegs anhaltend, um Kaffee zu kaufen und einen Happen zu essen, denn Cole spürte, dass die Müdigkeit sich doch langsam meldete, und sie hatten ja noch etwas vor heute Nacht. Die Worte des anderen ließen ihn auf der Rückfahrt immer wieder schmunzeln. Kapitel 50: Das 'Über-den-Tellerrand-Sehen' ------------------------------------------- Ragnar Ragnar verließ mit Gawain das Lady-Dream und verfrachtete ihn in den GMC Van, stieg dann selbst hinters Steuer und fuhr los. Sie sollten nicht zu viel Zeit verlieren. Cole würde ohnehin sicher wesentlich früher da sein, als sie selbst, aber wesentlich später sollten sie auch nicht kommen, wenn alles schnell über die Bühne gehen sollte. Mit halbem Ohr lauschte er den Gesprächen der anderen. Und so bekam er die Wut mit, die Gawain Antonin gegenüber indirekt äußerte. Er bezeichnete den Mann, der Cole beschützte als ‚unberechenbar‘, als ‚außer Kontrolle‘. Ragnar dachte über die Worte nach. War dem wirklich so? War Antonin vielleicht weniger ein Schutz für Cole, als vielmehr eine unberechenbare Gefahr? Ragnar erinnerte sich an die Professionalität, mit der Antonin an seinen Auftrag von ihm, Cole zu schützen, herangegangen war. Und angesichts dieser Geschichte würde er ihn als Profi, nicht als unberechenbaren Menschen ansehen. Er hatte nur die Hälfte von dem mitbekommen, was Antonin zu Gawain gesagt hatte, aber das ließ ihn vermuten, dass Antonin allen Grund gehabt hätte, wenn er Gawain umgebracht hätte, oder? Schwierig. Fakt war allerdings, dass Cole ihm vertraute. Und Cole war wohl der Mensch, der am besten einschätzen konnte, was Gefahr für ihn bedeutete, und was nicht. Auch wenn er risikofreudig war, so war er doch immer ausgestiegen, wenn etwas zu brenzlig wurde und hatte versucht eine andere Lösung zu finden. Und wenn er sich nun das Bild vor Augen rief, wie Antonin und Cole gerade im Lady-Dream gestanden hatten, wie Cole den Russen umarmt hielt, um ihn zu beruhigen, so musste er sich eingestehen, dass er so eine Szene noch nie gesehen hatte. Er hatte noch nie gesehen, dass Cole jemanden auf diese Art und Weise heruntergeholt hatte, noch nie jemanden auf diese Art und Weise besänftigt hatte. Meistens begegnete er Leute, die es übertrieben, mit Gewalt. Bei ihm selbst waren es eher kleine Gesten, die Cole ihm gewährte, und die ihn wieder runterbrachten. Und so gesehen, was Antonin wohl wirklich an eine Stelle in Coles Umfeld gerückt, von der er selbst früher geträumt hatte, die ihm aber immer verwehrt geblieben war. Eine Sache, die ihn mittlerweile freute, früher hätte er Antonin sicher dafür gehasst. Sie erreichten den Parkplatz pünktlich und die Übergabe erfolgte zügig und professionell. Bald war er und Gawain im ersten Truck schon unterwegs. Cole hatte ihm gesagt, er solle als erstes fahren und die direkteste Verbindung nehmen, damit er am Hafen noch das ein oder andere regeln könnte, falls es zu Problemen kommen sollte. Schließlich war Schiffsfracht immer ein kleines Risiko, weil Ankunfts- und Abfahrtszeiten nie wirklich abzuschätzen waren. Nach einer kurzen Weile des Schweigens, blickte Ragnar Gawain kurz an. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte er. „Ich hoffe, er hat dir nichts gebrochen…“ Gawain Gawain hatte sich inzwischen wieder gefangen, auch wenn seine Wange ein Pfund gutes Eis wirklich vertragen könnte. Aber etwas Gutes hatte das Ganze: Dieser Typ hatte nicht direkt sein Auge, sondern mehr sein Kinn getroffen. Damit konnte er immerhin erklären, warum er versuchte nicht über die blöden Witze zu lachen, denn das Gesicht so zu verziehen tat gerade höllisch weh. Zusätzlich war das Ganze natürlich furchtbar ärgerlich, denn seine Rolle war um einiges komplizierter geworden. Wo er in Atlanta ohne weiteres darauf hätte reagieren können - schließlich war er doch der Sohn vom Boss - hatte er hier keine Idee, wie er nun mit diesem Irren umgehen sollte. Besonders nicht, da dieser selbst keine schlechte Stellung hier zu haben schien. Grübelnd schloss er die Augen bis das Fahrzeug schließlich hielt und sie wieder aussteigen konnten. Er ließ einen kurzen aber aufmerksamen Blick über das Gelände schweifen, bevor er an diesem Antonin stoppte. Welcher auch nach kurzer Zeit zu ihm sah und sie sich eine Weile anstarrten, bevor Gawain den Kopf abwandte und sich lieber auf das Geschehen hier konzentrierte. Nur nichts provozieren… Soweit er das überblickte waren das keine unerheblichen Werte auf den LKWs, die da wohl wenn alles gut ginge irgendwohin weiterverkauft wurden. In diesem speziellen Fall bekam er nur immer Mitleid mit den einstigen Besitzern, da er sich ausmalte wie lange die jeweiligen Menschen vielleicht auf diese Autos gespart hatten. Aber es ließ sich wohl kaum so einfach ändern, weshalb er seine Einteilung auch gelassen hinnahm. Nach dem Zwischenfall war es wohl klar, dass er weiterhin überwacht werden würde und Ragnar war ihm wenigstens nicht gänzlich unsympathisch, sondern behandelte ihn die meiste Zeit wie einen ganz normalen Menschen. Oh die Dinge... die Dinge für die man in seinem Beruf dankbar sein musste. Grauenhaft. Warum er seinen Beruf dennoch so gerne ausübte und sich sogar für diese neue Einheit anwerben hatte lassen, war zum einen, dass er sich so ständig selbst beweisen konnte, dass man immer aufmerksam zu sein hatte, und zum anderen natürlich die Bezahlung. Wo sonst bekäme man einen schicken Gehaltsscheck auch ohne dass der Arbeitgeber Kontakt zu seinen Leuten hatte? Im Grunde könnte er sich auch an den Strand legen und behaupten es gäbe hier nicht viel zu sehen. Mehr oder weniger behände kletterte er auf den Beifahrersitz des Trucks und fragte sich, was genau denn jetzt eigentlich seine Aufgabe wäre. Polizisten zu erschießen wenn sie aufgehalten wurden? Nettes, beischmückendes Zierwerk? Oder doch mehr ein Bewacher für die Fracht vor anderen Organisationen? Aber im Grunde war es auch egal, denn er saß hier oder etwa nicht? Weshalb er die Straße, auf der sie fuhren, musterte und sich vorstellte, wie er selbst wohl versuchen würde, so eine Übergabe zu stoppen. Auf freier Laufbahn war etwas kompliziert, denn einen Truck bekam man kaum gestoppt, wenn der nicht stoppen wollte. Also doch am Übergabeort? Ein wenig sarkastisch verzog Gawain die Lippen und bereute es sofort wieder. Bald würde er selbst so eine Organisation leiten können, er sah es wirklich kommen. Nun, wenn sich doch irgendwann mal Anarchie auf den Straßen ausbreiten würde, wüsste er immerhin etwas mit sich anzufangen. Ein wenig aus den Gedanken gerissen sah er zu Ragnar und nickte dann ganz automatisch. Was sollte er schon sagen? 'Nein, mir geht‘s nicht gut. Lass mal bei der nächsten Raststätte halten. Ich muss mich übergeben.'? Nein, nicht wirklich. So winkte er einfach nur ab. "Ich denke nicht. Danke der Nachfrage." Auch etwas, das einige der anderen hier mit wirklich seltsamen Blicken quittiert hatten. Gawain Hunter war ein äußerst höflicher Mensch, der der seine Männlichkeit nicht ständig durch Kraftausdrücke und Unfreundlichkeit beweisen musste. Auch wenn er dadurch vielleicht noch nicht ganz ernst genommen wurde, so wusste er selbst doch recht genau, dass es einem im Kopf bleiben würde. Und das war auf der Straße mehr oder minder schon Kapital. Wenn man sich dann erst einmal bewiesen hatte, war der Rest nicht mehr schwierig. Oder es wäre nicht mehr schwierig, wenn er nicht ein Bulle wäre. "Zudem ich das im Grunde gewohnt bin, für meinen Vater angegangen zu werden. Nur habe ich hier in New York nicht unbedingt damit gerechnet." Ragnar Die Höflichkeit des anderen fiel ihm schon seit geraumer Weile auf. Eigentlich zeugte so etwas davon, dass man einem gewissen Bildungsstand angehörte, dass man eine Bildung genossen hatte, die über das gewöhnliche 'Ich breche die Schule ab und werde böse'-Kariere hinausging, die man in der Branche oft hat. Ob Gawain nicht diesen Weg gegangen war, obwohl sein Vater ihm sicher eine gewisse Zukunftsperspektive gab? Nun, das würde er gut nachvollziehen können. Er war auch keinen anderen Weg gegangen. Ragnar nickte auf die Worte des anderen hin und konzentrierte sich einen Moment, während er auf den Highway auffuhr. Wenn sie wieder näher an New York sein würden, würde der Berufsverkehr sich wieder gelegt haben, aber im Moment war recht viel Verkehr. Und diese vierspurigen Highways, auf denen jeder überholte wann und wo er wollte, mochte Ragnar nicht, und schon gar nicht mit einem Truck. Da lobte er sich Europa. Seine Zeit dort war, was das Autofahren betraf, die Zeit, in der er es genossen hatte. Er fuhr nicht schlecht, aber nicht gerne. Und in Europa ging es größtenteils zumindest gesitteter zu als hier. Allein die Regel, dass man nur links überholen darf, die es hier in Amerika ja nicht gab, war eine Regel, die er sofort durchsetzen würde, wenn er einmal in der Position sein sollte. Als er wieder die nötige Ruhe hatte, blickte er Gawain kurz an. "Cole hat recht wenn er sagt, dass die Vergangenheit einen immer wieder einholt. Und meistens ist das an Orten, wo man nicht damit rechnet. Demnach ist man auch nie darauf vorbereitet, was dir ja gar nicht gut gefällt, wie du mir gesagt hast." Er lächelte leicht. "Aber genug geklugschwatzt. Ich kann nachvollziehen, dass man Distanz von seiner Familie braucht, besonders wenn man gleich in eine Schublade gesteckt wird, in die man eigentlich nicht hinein möchte. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch einer der Gründe ist, weshalb du hierhergekommen bist. Weil du dich selbst definieren möchtest, um nicht immer über deinen Vater definiert zu werden." Er blickte Gawain erneut kurz an, fingerte dann nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. "Magst du auch?", fragte er und hielt die Packung Gawain hin. "Am besten gehst du Antonin aus dem Weg. Ich glaube nicht, dass ihr euch annähern könnt, dafür ist die Geschichte zu groß, aber wenn es Streit in der Gruppe gibt, ist Cole nicht bereit, dich weiter zu beschäftigen. Er wird da nicht lange fackeln. Ihm ist die Harmonie in der Gruppe wichtig, denn nur so funktioniert das Geschäft. Nur, wenn alle an einem Strang ziehen, gibt es kein böses Erwachen." Gawain Gawain grinste kurz und bereute es schon wieder. "Ich habe gesagt ich springe nicht gern unvorbereitet in solche Situationen. Wenn sie einen von selbst anspringen, kann man gar nicht darauf vorbereitet sein." Was jedoch keinesfalls bedeutete, dass er sie deshalb mochte. Es war vielmehr mitunter der Grund, warum er sich so kühl und distanziert gab, da es viel weniger Angriffsfläche für solche Situationen gab. Wenn man nicht einschätzen konnte, ging man ganz automatisch nicht wegen jeder Kleinigkeit an. Und irgendwie war er das auch... kühl und distanziert. Gawain sah keinen Grund darin, mit seiner momentanen Arbeit Freundschaften zu schließen, und lebte vielmehr tatsächlich mehr die Arbeit als ein Leben. Wenn er das Gefühl hatte, dass alles zu viel wurde, ging er in die Kirche und versuchte die ganze Scheiße, die er so mitbekam, aus dem System zu reden. Natürlich nicht in der Beichte. Er traute niemandem soweit, um tatsächlich über seinen Status zu sprechen, aber es tat auch so gut - ganz für sich selbst - über diese Dinge zu sprechen. Ob etwas Übernatürliches dabei zuhörte oder nicht, war dabei hinfällig. Er glaubte nicht wirklich an einen Gott, aber er hoffte auf einen großen 'Masterplan' hinter allem. Er hoffte darauf, dass die Schicksale alle ihren Grund hatten. Die guten wie die schlechten. Er warf einen Blick hinüber zu Ragnar, der ihm gerade eine Zigarette anbot und nahm sich dankend eine aus der Schachtel. "Ja und nein", stimmte er schließlich nach einigem Überlegen zu. "Mein Vater ist ein sadistischer Diktator und das hat noch nie ganz zu meiner Einstellung gepasst. Auch wenn er auf seine eigene Art und Weise ein gerissenes Genie ist, so bin ich eben nicht er und momentan akzeptiert er das. Ich vermute es liegt daran, dass er ahnt, dass ich irgendwann zurück komme." Gawain zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, ob er nicht sogar recht hat." Er zündete sich die Zigarette an und öffnete das Fenster einen Spalt breit. Auf engem Raum mit zwei Rauchern zu sitzen war nicht unbedingt das Highlight seines Tages, daher versuchte er es sich so angenehm wie möglich zu machen. Zudem er sowieso mehr ein Genussraucher war, als wirklich ein Kettenraucher. Diesmal warf er Ragnar einen Blick zwischen Irritation und Neugier schwankend zu. "Ich hatte nicht vor ihm so schnell wieder in die Faust zu laufen. Was ist seine Funktion hier eigentlich? Ich habe ihn nur am Auto lehnen und rauchen sehen." Noch etwas, das ihn ein wenig wurmte. Es hätte ihm durchaus gefallen, jenen jetzt durch irgendwelche Arbeit ins Schwitzen kommen zu sehen. Aber nein, anstatt die Ware zu prüfen oder selbst in einen der stickigen Fahrerkabinen zu steigen, war der Kerl einfach nur dagestanden und hatte zugesehen! Doch dann nickte er. "An mir soll‘s nicht liegen, mit der Harmonie. Ich bin kein Alleinunterhalter, aber ich bin auch kein Partysprenger." Sondern vielmehr jemand, der sich das ganze ansah und sich seinen Teil dachte. Vor allem wenn Alkohol floss kamen da manchmal wirklich seltsame Dinge zutage. Das hatte Gawain alles schon erlebt. Und er wusste, dass er sich solange er undercover war von Alkohol so weit als möglich fernhalten musste. Niemand, wirklich niemand hatte sich unter Alkoholeinfluss perfekt unter Kontrolle und das war dann viel zu riskant. Ragnar Ragnar dachte einen Moment über die Beschreibung Gawains von dessen Vater nach. Es war eine ungewohnte Art und Weise, wie er über ihn redete. So nüchtern, so von außen betrachtend. Eigentlich eine sehr reife Ansichtsweise, die wieder davon zeugte, dass Gawain intelligent genug war, differenziert über die Dinge in seinem Leben nachzudenken. Wieder ein Zeichen für die Gedanken, die er über seine Bildung hatte. Denn Ragnar kannte es nur zu gut: die Söhne der 'machthabenden' Väter, die wie um diese herumtigerten, immer abrufbereit, um den Namen der Familie hochzuhalten, um den Vater zu ehren und in der Öffentlichkeit seine Interessen zu vertreten. Erst vor kurzem hatte er mit 'Junior' zu tun gehabt, einem der Söhne eines anderen Clans, der seinen Vater vergötterte und bereit wäre, für diesen zu sterben. Ein aggressiver Brutalo, der einfach ein Hirn wie eine Erbse hatte und daher gar keine Möglichkeit besaß, sich selbst als jemand anderes zu sehen, als der Sohn seines alten Herren. Und seine Unzufriedenheit über die Situation packte er unterbewusst in seine Aggressivität, seine Brutalität. "Ich finde es gut, dass du versuchst du selbst zu sein, und nicht der Sohn deines Vaters", sagte er schließlich noch immer nachdenklich. "Ich kann die Typen nicht leiden, die ihren Vater vergöttern und nicht genug Hirn in der Birne haben, um zu differenzieren, was wirklich richtig und wichtig ist." Er lächelte matt. "Also selbst wenn du zurückkehrst, wirst du doch ein anderer sein, was sicher nicht ganz einfach ist, aber ein für meine Begriffe richtiger Weg." Die Frage nach Antonins Stellung in der Organisation ließ Ragnar erneut ein wenig nachdenken. Kurz blickte er Gawain an. Fragen nach den Funktionen einzelner Mitglieder waren eigentlich nicht gerne gesehen. Aber in dem Zusammenhang wohl verständlich. Er wusste, dass er nicht wirklich viele Informationen über die Zusammenhänge der Organisation herausrücken durfte, und er würde es auch nie tun. Daher war es generell besser, wenn niemand wusste, dass Antonin der Lieferant und Hersteller von Blue Wonder war. Alles, was damit zu tun hatte, ging nur ihn und Cole etwas an. "Antonin ist so etwas, wie der persönliche Bodyguard von Cole. Und er nimmt seinen Job sehr ernst", sagte er dann schließlich kurz und knapp und seine Stimme signalisierte, dass ein weiteres Nachfragen tabu wäre. "Ich denke es ist bei uns recht einfach, gut mit den anderen auszukommen. Und du musst weder Alleinunterhalter noch Partysprenger sein..." Er lachte leise bei dem Gedanken. "Du musst einfach nur deine Arbeit machen und ehrlich sein, wenn dir etwas nicht passt. Und ersteres tust du, wie du die Woche bewiesen hast." Und er würde beweisen müssen, ob er sein Vertrauen wirklich verdient hatte. Gawain "Kein Hirn in der Birne trifft es ganz gut", murmelte er und schüttelte den Kopf. "Ich weiß natürlich, dass ich auf meinen alten Herren zählen könnte, genauso wie andersherum, aber wenn ich mit meinen sechsundzwanzig Jahren immer noch nur Sohn wäre, hätte ich etwas falsch gemacht."Er lachte kurz ein wenig humorlos. Was er doch gleich wieder sein ließ und sich vorsichtig an das Kinn griff, um dann nur gottergeben zu seufzen. Das würde später noch ordentlich schmerzen. Tat es ja jetzt schon. "Naja, das ist eine Sache der Erziehung, nehme ich an. Diese Typen begegnen einem an jeder Ecke in der Szene. Sie hatten vermutlich nie die Möglichkeit über den Tellerrand zu blicken. Welche ich wiederum hatte und für mich genutzt habe." Soviel konnte er erzählen. Immerhin war es die Geschichte die in Atlanta kursierte. Die Kobra hatte seinen Sohn deshalb verheimlicht, weil er einen gebildeten Nachfolger hatte, der irgendwann nicht nur mit Drogen sondern auch mit größeren Dingen agieren könnte. Gawain war das gerade recht gekommen, denn Bildung ließ sich auf Dauer nicht verbergen und deshalb gab er sich auch gar keine Mühe dazu. Und er sprach ja nicht einmal so viel Unwahres. Die Kobra war ein gerissenes Arschloch, das mehr im Kopf hatte als die Leute um ihn herum. Was es dadurch natürlich leichter machte, sie unter Kontrolle zu behalten. Andererseits machte es das aber auch schwer, die wichtigen zu ersetzen. Blair Hunter war so ein Fall gewesen. Die Kobra hatte getobt. Er hob die Hand ein wenig abwehrend. "Ist in Ordnung, die Message ist angekommen." Da war sein Mund sowieso schneller als sein Hirn gewesen. Aber wer würde nicht gerne wissen, von wem oder was sein Gesicht eigentlich gerade so lädiert worden war? Vermutlich würde diese Frage nicht allzu viel neues Misstrauen aufwallen lassen. Hoffte er. Einen letzten Zug von seiner Zigarette nehmend schnippte er den Rest nach draußen und schwieg einen Moment. Es war, zumindest für ihn kein unangenehmes Schweigen, da er nicht davon ausging, dass Ragnar plötzlich die Hände vom Lenkrad nehmen und ihn erschießen würde. Dafür war der Wert auf dem Fahrzeug zu hoch und im Grunde gab es auch keinen Grund dafür. "Das ist doch genau das, was ich will", brummte er ein wenig verdrießlich. "Einfach mal in aller Ruhe arbeiten, ohne den ganzen unnötigen Stress außen rum. Als ob der normale Alltag nicht schon mit genügend Adrenalin versorgen würde..." Ragnar Ragnar verfiel ins Schweigen. Er hatte nicht das Gefühl, etwas anfügen zu müssen. Und nachfragen wollte er auch nicht weiter. Schließlich wollte er Gawain nicht glauben lassen, dass er ihn ausfragte. Und dieser hatte ihm ja indirekt bestätigt, dass er eben nicht einer von jenen Vater-Verherrlichern war, weil er 'über den Tellerrand‘ hatte blicken können. Also war wohl auch die Kobra einer derjenigen, die Wert darauf legten, dass seine Nachkommen zur Intelligenz erzogen wurden. Einer der wenigen... Und das war auch eines der Dinge, die er an Costello nicht mochte. Er hatte Cole davon abgehalten, seine Ausbildung zuende zu bringen, hatte ihm jegliche Möglichkeit, die vorhandene Intelligenz zu nutzen, und ihm stattdessen nur die Grausamkeit der Welt gezeigt. Costello war einer derer, die mit Angst und Gewalt sich Respekt verschafften. Ragnar hatte schon immer die Vermutung gehabt, dass er Cole zu einer Maschine erziehen wollte. Eine Maschine, die tötete, die dealte, die tat, was man von ihm verlangte. Dass Cole nicht zu einer solchen geworden ist, wunderte ihn bis heute. Es zeugte von dessen starken Willen, sich nicht unterbuttern zu lassen, obwohl er ahnte, was Costello in der Hand hatte, damit sich Cole nicht gegen ihn wandte. Und es wunderte ihn bis heute, worin Cole seinen Ausgleich schaffte. Sicher, zum einen durch seine Sucht nach Sex, die diesen auszeichnete. Ragnar hatte ihn hin und wieder in Clubs gesehen. Und das, was er gesehen hatte, hatte ihm gereicht, um zu wissen, was Cole brauchte. Aber er glaubte nicht, dass Sex das einzige war. Und deshalb vermutete er, dass Cole noch ein anderes Leben führte, nur ein bisschen, soviel er eben Zeit hatte. Und er gönnte ihm dieses Leben, auch wenn er es gerne einmal sehen würde. Und vielleicht würde Antonin Cole nun geben können, was er wirklich benötigte. Ragnar wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sah, dass er nun bald zum Hafen vom Highway runter musste. Sein Handy läutete und er ging ran. "Ragnar", meldete er sich und hörte kurz. "Wir sind vom Highway runter. Keine Vorkommnisse." Er kannte Coles Umgangston, wusste, dass er sich kurz fasste am Telefon. Und mittlerweile hielt er das genauso. Nur noch 15 Minuten und sie hätten es geschafft. "Halte die Augen offen, aber es sollte natürlich aussehen. Der Van wartet dort vorne. Dorthin gehen wir. Cole wir den Rest übernehmen. Wir fahren dann zum Club. Kannst du heute noch bis zum Schluss dableiben?" Ragnar öffnete die Tür des Trucks, und stieg aus. Der salzige Geruch des Meeres strömte auf ihn ein. Kurz streckte er sich, dann sperrte er den Truck ab und ging mit Gawain in Richtung Auto. So wie es aussah waren die anderen wie geplant noch nicht da, aber sie waren gerade bei Coles Auto angelangt, als sie den nächsten LKW hörten. Kapitel 51: Marktwert --------------------- Antonin Antonin behielt seine gute Laune diesmal und beschloss sie sich auch nicht von einem weiteren Anblick der Minischlange verderben zu lassen. Die Überprüfung der Fahrzeuge und das Losschicken der Trucks dauerte kaum eine halbe Stunde und so fand er sich bald darauf zuerst in Coles Fahrzeug und dann bei einem Mittagessen wieder. Wenn man es denn Mittagessen nennen wollte, wie ein schneller Blick auf die Uhr verriet. Doch das war egal. Der Grundtenor ihrer Unterhaltung blieb locker und Antonin fühlte sich satt und relativ zufrieden als sie am Hafen ankamen. Das einzig wirklich praktische für ihn bei diesen Aktionen war wirklich, dass er im Grunde nur für den Notfall hier war. Ja, es kostete ihn trotzdem eine gewisse Kraft seine Konzentration zusammen zu halten und so viele Leute gleichzeitig im Auge zu behalten, aber letztlich war es diesmal in Ordnung. In seinen Augen war das Ganze ein eher harmloser Deal, wenn es um die Sicherheit seines Zieles ging. Was da im Hintergrund an Geld ablief, war ja wieder etwas anderes. Aber wenn nicht mit Waffen herumhantiert wurde, war ihm das als Guard eigentlich immer willkommen. Zudem es ja auch ganz angenehm war, Cole in Action zu erleben und zu beobachten. Und dafür hatte er ja immerhin einen Dauerlogenplatz erhalten. Hm... er griff nach seinem Handy und überprüfte die Uhrzeit, bevor er eine SMS losschickte und bald darauf auch eine Antwort erhielt. Eine, bei der er sich das breite Grinsen ganz dringend verkneifen musste. Aber wenigstens hatte er das Handy vorher lautlos gestellt. Tatsächlich kam Cole schließlich auf ihn zu und meinte, dass sie jetzt fahren könnten. Ein weiterer Blick auf die Uhr verriet Antonin, dass er gut in der Zeit lag. Zeit, den Rest umzusetzen. So fragte er Cole, ob es in Ordnung wäre, sich später am Club zu treffen und ob er ihn erst mal zu seinem Auto fahren könnte. Was wohl kein Problem für jenen darstellte und als sie am Parkplatz ankamen bestätigte Antonin noch einmal die Uhrzeit und sah dem davonfahrenden Auto kurz nach, bevor er zum Handy griff, einen Anruf tätigte und sich eine halbe Stunde später vor einer der vielen Shoppingmeilen wiederfand. Und von da dauerte er noch weitere fünf Minuten, bis er eine jener Frauen um den Hals hängen hatte, nach der sich wohl so gut wie jeder heterosexuelle Mann umdrehen würde. Tayra Milenkof, Nicholas Frau und seine Partnerin in lebensgefährlichen Autorennen. 1 Meter und 75 pure Weiblichkeit und jetzt sein Ticket zu einem erfolgreichen Einkaufsbummel. "Toni, sag mir, dass du die SMS ernst gemeint hast!", forderte sie und hakte sich sofort bei ihm unter, ihn mit sich ziehend. "Weiß Nicholas schon davon? Seit wann weißt du es eigentlich? Und kenne ich den Kerl?" Antonin schüttelte den Kopf belustigt. "Langsam Tayra, langsam", versuchte er sie zu beschwichtigen. "Ich bin mir ja noch gar nicht ganz sicher, ob das ein Dauerzustand ist und nein, natürlich weiß er nichts davon. Warum wäre das eigentlich so toll?" "Natürlich weil sich jede Frau einen schwulen besten Freund wünscht", kam die lapidare Antwort und wieder einmal konnte er nur den Kopf schütteln. Wie diese Frau die recht erfolgreiche Mutter einer furchtbar anstrengenden Tochter war, blieb ihm unbegreiflich. Es blieb ihm auch unbegreiflich, warum er sich in den nächsten Stunden vehement gegen silberne Glitzerhosen und pinke Tops wehren musste. Die Frau sollte ihn stiltechnisch beraten und nicht zu einem Klischee umfunktionieren! Denn ihm war eingefallen, dass sein Kleiderschrank über ein großes Manko verfügte. Oder besser gesagt nicht verfügte. Und das waren Oberteile, die nicht langärmlig oder langweilige T-Shirts waren. Und auch wenn er es nicht zugeben wollte, dann war er sich doch schon etwas bieder vorgekommen zwischen all den Männern, die entweder gar keine Oberteile mehr trugen oder so enganliegend, dass man sie nur noch als Assesoires zum Körper bezeichnen konnte. Und verflucht, wenn er schon über seine dummen Narben hinweg kommen wollte, dann könnte er das auch mit dem entsprechenden Stil tun. Was sich schwieriger gestaltete als geplant, denn seine Beraterin ließ sich nur mühsam davon überzeugen, dass er momentan zwar vielleicht auf Männer - das es nur einen betraf verschwieg er mal dezent - stand, aber deshalb nicht zu einer Tunte degeneriert war. Nein.. ein absolutes Nein! Antonin war ein Kerl und er wollte auch weiterhin als ein solcher gelten und gesehen werden. Trotzdem war die Ausbeute am Schluss gar nicht übel, wie er selbst zugeben musste, und auch Tayra war sehr zufrieden mit sich selbst und ihrem 'neuen schwulen besten Freund'. "Wer immer es ist, er wird dich auf der Stelle fressen wollen", beschied ihm seine neue beste Freundin als er gerade aus der Umkleidekabine kam und sich selbst musterte. Ja, es sah schon gut... nein... Scheiße er hatte gar nicht gewusst, dass er so aussehen konnte! Er grinste, doch dann schlich sich ein wenig Unsicherheit ein. "Denkst du nicht, das ist übertrieben? So von wegen kleine Schritte für den kleinen Mann? Von Jeans und langem Hemd zu sowas ist schon..." Er stockte und musterte sich nochmal während Tayra den Kopf schüttelte. "Hot! Das Wort, das du suchst ist nicht nur hot, es ist sexy as hell. Verdammt, wer hätte geahnt, dass du auch mal anders als niedlich oder bösartig wirken kannst? Mach dir keine Gedanken, Toni. Genieß das bisschen Freizeit, das du dir endlich mal gönnst." Das Grinsen, das sie ihm zuwarf, hätte keine Chance gehabt durch irgendeine Jugendfreigabe dieser Welt zu gelangen. "Bist du eigentlich oben oder unten?" Während Antonin das Gesicht entglitt und Tayra den halben Laden zusammenlachte, kam vom Lärm angelockt noch eine Verkäuferin hinzu und versicherte ihm, dass er der größte Vollidiot wäre, wenn er das nicht kaufen würde. Da er sich selbst natürlich nicht als so ein Vollidiot outen wollte, kaufte er nicht nur die Kleidung sondern nach viel, unendlich viel Gelächter sogar noch ein Halsband. Aber hier war er wieder vollkommen Herr über die Lage, denn auf solche Teile hatte er schon als Jugendlicher gestanden und es war eine Zeit lang absolut der Hit gewesen mit solchen Dingern auf einer Party aufzutauchen. Seine eigene 'Sammlung' war mit der Auflösung seines Elternhauses in Rauch aufgelöst, aber das ließe sich ja vielleicht wieder ändern. Tayra ließ sich dann auch nicht davon abhalten, mit in seine Wohnung zu kommen, um sicherzugehen, dass er das Zeug auch anzog und um ihm die Haare ein wenig zu stylen. Wo sie das Gel dafür herzauberte, würde ihm immer ein Rätsel bleiben. Frauen und ihre Handtaschen… wirklich gruselig. Aber das Ergebnis war tatsächlich lohnend und wenn er wirklich schwul war, dann hätte er kein Problem damit, sich selbst zu bespringen. Das war zumindest die Erkenntnis zu der er kam, als er sich einen letzten Blick im Spiegel zuwarf. "Kannst du mich fahren?" Sie konnte und nachdem sie sich beide noch ein Glas von seinem Aufputschmittelchen und danach jeweils einen Kurzen gönnten - Handtaschen gehörten ebenfalls unter das Waffengesetz gestellt! - sah Antonin auf die Uhr und grinste. Er würde ein wenig zu spät kommen, aber wenn er sich schon mal selbst einen Auftritt gönnte, dann wohl auch richtig. Er könnte es immer noch auf Tayra schieben. Welche sich dann mit einem Kuss auf die Wange von ihm verabschiedete. "Schnapp ihn dir Tiger! Und denk dran, da drinnen kann heute niemand heißer als du aussehen!", feuerte sie ihn noch an, bevor sie ihn mehr oder minder aus dem Auto kickte und davonfuhr. Na schön.. Antonin atmete tief durch. Damit blieb ihm jetzt gar nichts anderes mehr übrig, als das tatsächlich durchzuziehen, richtig? Cole Cole atmete tief durch, als er den Koffer in seinen Wagen räumte und damit der Deal beendet war. Sicher war es nur ein kleiner Deal gewesen, aber bei diesen kam es doch häufig zu Razzien. Das war ihnen diesmal erspart geblieben. Als er sich in seinen Wagen setzte, spürte er wie die Anspannung von ihm fiel. Und nun würden sie feiern gehen. Sicher, der nächste Deal stand schon vor der Tür, aber er hatte es sich verdient. Und momentan hatte er ja vor 13 Uhr meist nichts zu tun, so dass er wunderbar auch feiern gehen konnte. Cole fuhr Antonin zu dessen Wagen, der vor dem Lady-Dream stand. Nun, er musste ohnehin noch rein und warten bis Costello da wäre. Und so war er eigentlich auch ganz froh, dass Antonin offensichtlich noch etwas vorhatte, so dass sie sich für später im Savoy verabredeten. Das Savoy war letztlich sein Lieblingsclub. Dort gab es immer irgendeine Aktion, gab es immer wieder neue Leute zu treffen. New York hatte einige Homo-Schuppen, aber keiner gefiel ihm so gut wie das Savoy. Im Lady-Dream besprach er mit Ragnar die nächsten Geschäfte, während er auf Costello wartete. Cole fiel recht bald auf, dass Ragnar ihn amüsiert und interessiert musterte und Cole ahnte, was diesen beschäftigte. "Wage es ja nicht zu fragen, Ragnar", knurrte er wissend, dass Ragnar ihn verstehen würde. Sie kannten sich schon zu lange, als dass sie einander etwas wirklich vormachen konnten. Und es war Ragnars Diskretion zu verdanken, dass Cole ihn doch in gewisser Weise nah an ihn heranließ. Einzig die Zeit, in der Ragnar in Europa war, war er nicht für ihn da gewesen. Davor und auch gleich wieder danach, waren sie eigentlich immer Freunde gewesen, Freunde auf subtile, feine, unverbindliche Art und Weise, die Cole nicht verschreckte und Ragnar anscheinend mochte. "Ich werde nichts dazu sagen." Cole konnte sich sicher sein, dass Ragnar ihn und Antonin gesehen hatte. Ragnar war sicher einiges klar geworden, als er Antonin beruhigte. Cole und er hatten sich gemeinsam das erste Mal in einen Schwulenschuppen gewagt, doch Ragnar war dann in Europa gewesen und, was auch immer dort geschehen sein mochte, hinterher wollte er nicht mehr mit ihm weggehen. Costello kam und holte sich das Geld ab. Und mit ihm kam die Botschaft, dass Cole bald für unbestimmte Zeit nach Chicago reisen sollte. Coles bisher gute Stimmung verdüsterte sich. Genervt fuhr er nach Hause, kümmerte sich um Corleone und machte sich dann zurecht. Er duschte sich ausgiebig, stylte sich die Haare zu jenem seitlich über seinen Kopf verlaufenden, nicht sehr hohen Iro. Als er sich im Spiegel betrachtete sah er, dass sein Auge zwar nicht mehr geschwollen war, aber durchaus noch dunkelblau unterlaufen war. Er hatte letztlich Glück gehabt. Antonins Schlag hätte auch anders ausgehen können. Allerdings hätte das Ganze auch mit seinem Tod enden können. Eine Tatsache, die er bewusst verdrängte. Denn das würde bedeuten, darüber nachdenken zu müssen, welche Gefühle ihn zu dieser Verzweiflungstat getrieben hatten. Erstaunlich lange stand er vor seiner Schrankwand und überlegte hin und her, bevor er sich für eine dunkelblaue, enge Jeans und ein schwarzes ärmelloses Achselshirt entschied. Schlicht, aber figurbetont. Er spürte die Vorfreude, die ihn gepackt hatte. Das erste Mal seit langem würde er mal wieder so richtig feiern können. Und zudem war Donnerstagabend, was bedeutete, dass die ganzen 'Kinder' nicht die Tanzfläche blockierten. Nun und dann war da noch etwas, worauf er sich freute: Antonin. Er war gespannt, wie jener heute sich verhalten würde. Dass jener mehr vorhatte, hatte er ja angedeutet. Cole nahm sich vor den anderen heute einmal ein wenig aus der Reserve zu locken. Mal sehen, was noch geschehen würde. Antonin Den Club zu betreten war kein Problem und er musste tatsächlich ein paar Kerle mehr oder minder mit einem Todesblick aus seinem Weg beordern. Und das bevor er überhaupt so wirklich drinnen angekommen war. Es stimmte also: Kleider machten Leute. Und in seinem Fall war das eine schwarze, engsitzende Lederhose mit wenigen, dezenten im Neonlicht hell leuchtenden weissen Schlangenlinien darauf, ein ärmelloses weißes Shirt, das in der Mitte nur von zwei schwarzen Lederbändern zusammengehalten wurde und daher recht guten Einblick auf seinen Bauch und Oberkörper gab und nicht zu vergessen das simple schwarze Lederhalsband mit einem einzelnen Ring vorne dran an den er eine silberne Miniaturpistole gehängt hatte. Nach kurzem Umsehen hatte er Cole, wie abgemacht an der Bar ausgemacht und hielt auf ihn zu. Jetzt war es zu spät, um doch noch zu kneifen... dann würde jetzt eben gefeiert werden. Ein leicht über sich selbst belustigtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er bei dem anderen ankam, vor allem da er wieder an seine eigenen Worte denken musste. Ja, er wusste immer noch nicht, ob er wirklich schwul war, aber er wusste ganz definitiv, dass Cole es gerade wieder schaffte, ihn sich fragen zu lassen, wie lange sie wohl zu einer von ihren Wohnungen bräuchten. Wenn es ein Synonym für Sex geben würde, dann wäre das 'Cole'. Cole Als Cole das Savoy betrat war er etwas zu früh, was ihn aber nicht weiter ärgerte. Schnurstracks bahnte er sich seinen Weg zur Theke. Sie hatten sich dort verabredet und Cole würde die Wartezeit nutzen, um sich einen Desperados zum Aufwärmen zu gönnen. Lässig lehnte er sich gegen die Theke und seine Augen glitten über die Männer, die anwesend waren. Hin und wieder nahm er Blickkontakt auf. Sicher, er war mit Antonin d, und jener hatte ihm einmal gesagt, dass er nicht sehen wollte, wenn er etwas mit einem anderen hatte, aber er würde sich nicht verbieten lassen, zu flirten, zu tanzen und es zu genießen, begehrt zu werden. Nein, niemals. Er tolerierte es, wenn Antonin ihn nicht mit einem anderen vögeln sehen wollte, das könnte er ihm wohl einräumen, aber mehr auch nicht. Schließlich waren sie ja kein Paar. Er war zu nichts verpflichtet. Und wenn es nach ihm ging, würde es doch ganz gut so sein, wie es war: Sie hatten Vertrauen zueinander, sie hatten wunderbaren Sex und sie würden sich Sicherheit geben. Mehr war es nicht. Zumindest redete Cole sich das gut ein. Gedankenversunken starrte er vor sich hin, als er einen Blick auf sich ruhen spürte und aufblickte. Seine Augen trafen die graublauen des anderen und einen Moment schien es ihm, als würde alles andere um sie herum verblassen. Wow... etwas anderes fiel ihm erst einmal nicht an. Doch, etwas fiel ihm noch ein: diesen Mann würde er heute Nacht nicht schlafen lassen... Seine Augenbrauen wanderten anerkennend nach oben und wie von selbst pfiff er durch die Zähne, als Antonin nah genug war. Coles Augen glitten an Antonin hinab und wieder hinauf. "Ich muss sagen", überlegte er laut und beugte sich zu Antonins Ohr, nachdem dieser stehen geblieben war, um ihm in die Halsbeuge ein "…du siehst verdammt scharf aus." zu raunen, bewusst gegen die Haut atmend. Es war schön, dass Antonin offenbar keine Probleme damit zu haben schien, dass er seine Arme, seine Narben zeigte. Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen löste er sich wieder und seine Augen blieben in denen des anderen hängen. "Mir scheint, du hast heute noch einiges vor." Er trank einen Schluck aus seiner Flasche. "Ich habe mir schon mal was genehmigt. Was möchtest du?" Sein Blick glitt einen Moment vom Gesicht des anderen ab zu jemandem, der ihm bekannt vorkam, und er sah Mister "Du bist toll" stand dort, Antonin ansehend. Cole seufzte innerlich. Sicher würde Antonin heute Probleme haben, dass die anderen ihre Finger von ihm ließen. Und er konnte es ihnen nicht verübeln. Antonin sah so aus, als wollte er heute seinen Spaß haben, dann sollte er ihn sich auch gönnen. Hauptsache, er würde heute Nacht mit ihm im Bett landen. Sein Blick glitt zu dem Halsband und seine Lippen verzogen sich zu einem triumphierenden Grinsen und seine Augen leuchteten auf. Er hob die Hand und nahm jene kleine Pistole in die Hand, Antonin leicht zu sich ziehend, so dass ihre Lippen sehr nah aneinander waren und Cole Antonin tief in die Augen schauen konnte. "Und ich wusste, dass du dich bereitwillig von mir an die Leine nehmen lassen wirst...", raunte er, darauf bedacht, dem anderen nicht die Möglichkeit zu geben, ihn zu küssen. Cole war nach Spielen zumute. Und dieses Spiel würde eine gewisse Unnahbarkeit bedeuten, eine Grenze, um die sie tanzen würden... Mal sehen, wie leicht sich Antonin provozieren lassen würde... Antonin Coles Reaktion fiel eindeutig aus. Eindeutig zu Antonins Gunsten und damit beschloss er für sich selbst, Tayras Worte für bare Münze zu nehmen und tatsächlich mal ein wenig Spaß zu haben. Was sich sofort in einem Grinsen niederschlug. "Scharf, ja? Ich schätze das kann ich nur zurück geben. Ziemlich sexy", kommentierte er und gab dem Barkeeper auf Coles Frage hin ein Zeichen. Welcher aus alsbald bei ihm war und seinem Wunsch nach einem BlackSun auch sofort nachkam. Das Getränk in der Hand hob er das Glas, um Cole zuzuprosten. "Tatsächlich habe ich das", bestätigte er dann und zwang sich den Blick vom anderen abzuwenden und sich erst mal umzusehen. Und heute würde er garantiert nicht das Gefühl bekommen, hier gar nicht rein zu passen. Soviel war sicher. Kurz glaubte er sogar jemanden zu erkennen, aber das ging im Gesichtermeer genauso unter wie vieles andere. Außer der Erleuchtung, dass er tatsächlich einige der teilweise halbnackten Körper ansprechend fand. Er schmunzelte in sich hinein und trank sein Getränk dann in einem Zug leer. Zwar hatte er nicht vor sich zu betrinken, aber so ein wenig Unterstützung konnte nicht schaden, bei dem Vorhaben, das sich ihm langsam aber sicher als kleine Unterhaltung für zwischendurch formte. Als Cole ihn dann an der Pistole zu ihm zog, sah er dessen vermeintlichen Triumph fast aus den grünen Augen heraus strahlen. Tss... als ob er es dem anderen jetzt wirklich so leicht machen würde. Auch wenn er durchaus nichts dagegen hätte, Cole zu küssen. Nein, vielmehr war es sogar sehr verführerisch, gerade weil dessen Stimme schon wieder Dinge auslöste, denen er lieber früher als später nachgehen wollte. Doch sie wollten feiern, richtig? Weshalb sich sein Grinsen in ein halbwegs nachsichtiges, verspieltes Lächeln verwandelte und er die Hand hob, um Coles Finger von der kleinen Pistole zu lösen. "Wer behauptet denn, dass du derjenige mit der Leine sein wirst?", raunte er zurück und blitzte den anderen herausfordernd an. "Ich habe mir sagen lassen, dass mein Marktwert heute astronomisch ist und ich verkaufe mich nicht unter Wert." Er beugte sich noch ein Stück näher zu Cole, allerdings so dass er seinen Atem über dessen Hals bis hin zum Ohrläppchen wandern lassen konnte. Und verdammt, dieser Kerl roch wirklich lecker. "Niemals", verdeutlichte er nochmal dunkel flüsternd, bevor er sich mit einem Zwinkern zurückzog. Sich ganz aus der Reichweite des anderen begab und schließlich auf die Tanzfläche zuhielt. Schon auf dem Weg durch die Tanzenden sah er sich nach etwas passendem um, auch wenn ihm bewusst war, dass er sich gerade nicht wirklich normal verhielt. Nicht so wie sonst. Konnte er seinem Selbstbewusstsein wirklich so gut getan haben, Tayras bewundernde Blicke, Gesten und Worte vernommen zu haben? Von Coles Reaktion einmal ganz zu schweigen. Doch wirklich nach einer Antwort zu suchen? Darauf hatte er im Grunde genommen jetzt auch gar keine Lust. Jetzt wurde vielmehr der ganze Club zu einer Spielwiese, in einem Spiel dessen Regeln er immer noch nicht wirklich kannte, von dem er aber vermutete, dass es - hoffentlich - in einem Bett, zusammen mit Cole enden würde. Oder einem Gang. Einer Motorhaube... er war da momentan nicht wirklich wählerisch. Was ihn über sich selbst lachen ließ und ihm damit Lockvogel Numero Uno bescherte, von dem er sich gerne antanzen ließ und das Ganze nach einer kurzen Rhythmusfindung auch erwiderte. So ganz hatte er noch nicht durchschaut, wie man sich die Kerle denn wirklich auf einen minimalen Sicherheitsabstand hielt, aber das würde wohl noch kommen. Vermutete er, während er seine Hüften zur Musik bewegte und immer mal wieder ein Stückchen mit den Knien nach unten ging. Und wenn die Blicke mancher Kerle irgendetwas wert waren, stellte er sich nicht allzu blöd an. Na, wie würde das Spiel weiter gehen? Kapitel 52: Unerwünschte Nähe ----------------------------- Cole Cole lächelte erfreut, dem anderen hinterher sehend. Er spürte noch die leichte Gänsehaut auf seinem Rücken, spürte noch den Atem des anderen an seinem Hals, als dieser eben dorthin gesprochen hatte. "Nun, dann bin ich mal gespannt, wer der Meistbietendste ist...", murmelte er und beobachtete in Ruhe, wie Antonin auf der Tanzfläche begann sich zu bewegen, zu tanzen, vor Selbstbewusstsein strotzend. Dieser Mann war wirklich eine Augenweide. Der Körper eines perfekt trainierten Mannes, die breiten Schultern, die schmalen Hüften, der wohl definierte Bauch, der gut mit diesem Hemd zu sehen war. Aber Cole stellte auch fest, dass das Gesicht dieses Mannes auf eigentümliche Art und Weise schön war. Der leicht verpeilte Gesichtsausdruck, der sofort verschwand, wenn es zur Sache ging, das Grübchen am Kinn, der leichte Drei-Tage-Bart, das scharf geschnittene Kinn, die ausdrucksstarken, schönen Augen. Hm, ihn würde er sich gerne in die Vitrine stellen, wenn er eine hätte. Und vielleicht wäre er auch bereit, die wenigen anderen, die er dorthin gestellt hätte, in einem Karton in den Keller zu stellen, da sie verblassten, wenn er Antonin ansah. Kurz rief sich Cole jenes erste Mal in sein Gedächtnis, als Antonin in einem Mantel mit ihm in einem Club gewesen war, wie er ihm gedroht hatte, ihn zu ermorden, als er seine Narben berührt hatte. Und heute? Kaum wieder zu erkennen... Dieser Psychodoc musste offensichtlich ganze Arbeit geleistet haben. Und dass er davon die Früchte würde ernten können, freute Cole mehr als er sich eingestehen würde. Genüsslich trank er seinen Desperado aus, musterte nebenbei den Typen, der Antonin antanzte und lächelte wissend, dass jener keine Chance haben würde. Nicht gegen ihn. Aber das Spiel hatte eben erst angefangen, sie hatten Zeit. Cole stellte schließlich seine leere Flasche auf den Tresen und ging in Richtung Tanzfläche. Seine Augen fingen hie und da andere Augen ein, als wollten sie einladen, mit ihm zu tanzen. Schließlich erreichte er einen Punkt, der ihm richtig erschien, nicht zu weit weg von Antonin, doch genügend Freiraum, um diesem ein Antanzen nicht zu leicht zu machen. Langsam begann er sich in den Rhythmus, den Beat der Musik einzufinden, begann zu tanzen, mit geschlossenen Augen. Ja, die Tanzfläche war es, wo er immer ein wenig runterkam, wo er immer allen Scheiß vergessen konnte. Und der Höhepunkt seiner Entspannung war stets danach im Bett mit einem Typen oder im Darkroom. Doch diesmal sahen seine Pläne anders aus. Diesmal würde er Antonin mit zu sich nehmen... Aber noch würde er sich erst einmal jenes angenehme Gefühl der Selbstbestätigung holen, das er hier stets genoss. Cole öffnete die Augen und lächelte als er dem ersten Typen in die Augen sah, der ihn antanzte. Er fand diese Accessoires immer wieder putzig. Dieser hier trug einen Cowboyhut auf dem Kopf. Cole deutete ihm, näher zu kommen, begann mit ihm über seinen Körper zu flirten. Zum Warmwerden war der Typ gut geeignet, auch wenn er ihn immer wieder in seine Schranken weisen musste, wenn dieser versuchte ihn mit den Händen zu berühren. Hin und wieder glitt sein Blick zu Antonin, beobachtend, was jener sich anlachte. Er war gespannt, wer wohl der war, den dieser sich als seinen Meistbietendsten aussuchte. Mal sehen, wen er ausstechen würde müssen. Aber Cole machte sich keine Gedanken, das nicht zu können. Und so feierte er erst einmal seine Freiheit, sein Bedürfnis nach Männlichkeit. Für Antonin würde er den Rest der Nacht Zeit haben, soviel stand für ihn fest. Cole Die nächsten paar Lieder geriet das Spiel für Antonin kurz in den Hintergrund. Nicht weil ihn irgendetwas störte, sondern weil er es zum ersten Mal seit Jahren wirklich genoss, sich zu zeigen und zu tanzen. Sich ein wenig mit der Musik treiben zu lassen, seine Bewegungen zu den dunklen Bässen anzupassen und sich tatsächlich für den Moment lebendig zu fühlen. So lebendig wie das für jemand in seinem Alter eigentlich normal wäre. Normal… er hob eine Hand und folgte der momentan kaum erkennbaren Linie mit den Augen, bevor er lächelte und den Arm wieder sinken ließ. Er wollte diesen Abend genießen, ohne seine alltäglichen Sorgen und genau das würde er auch tun. Entschlossenheit breitete sich in seinen Augen und seiner Mimik aus und er sah sich aus den Augenwinkeln kurz nach Cole um, bevor er seinen Blick weiter wandern ließ. Der Mann mit dem er bis eben getanzt hatte war nicht schlecht, aber er reicht nicht einmal annähernd an Cole ran. Besonders nicht, wenn er doch gerade die Möglichkeit hatte beide zu vergleichen. Wo es dem vor ihm offensichtlich nur darum ging ihn für sich zu vereinnahmen, ging von Cole eine ganz andere Message an die um ihn herumtanzenden aus. Unbewusst leckte Antonin sich über die Lippen und wandte den Blick wieder ab. Er würde nachgeben, mit Sicherheit, aber noch nicht jetzt. Nicht so. Nicht als Verlierer. Heute sollte es zwischen ihnen beiden keine Verlierer geben und daher beschloss Antonin, sich einen Kerl zu suchen, mit dem er unter Umständen tatsächlich in der Kiste landen würde. Und das Schicksal schien es gut mit ihm zu meinen, denn als er eine Hand an seiner Hüfte spürte und sich umsah hatte er das perfekte Ziel gefunden. Er lächelte hintergründig und scheinbar beschlossen sie gerade beide ihr Telefonat zu vergessen. Kein Problem für Antonin, denn bis gerade eben war das tatsächlich der Fall gewesen. Aber Thorsten war perfekt. Hochgewachsen, kurze aufgegelte schwarze Haare, ausdrucksstarke braune Augen in einem ausdrucksstarken Gesicht und der Körper war auch nicht zu verachten. Weshalb er auch auf Kollisionskurs umschwenkte und vom Angetanztwerdenden zum Antanzenden wurde. Natürlich würden ihm diese kleinen Gesten, die kurzen neckischen Berührungen, die Blicke und die auf seiner Seite durchaus provozierenden Bewegungen bei Cole mehr Spaß machen, aber nach dem Spruch mit der Leine musste er sich noch ein wenig gedulden. Trotzdem lächelte er erfreut als Thorsten mehr als deutlich ansprang und auf ihn einging. Wirklich schlecht war jener ja nun wirklich nicht... Auch wenn ein sehr kurzer Blick zu dem eigentlichen Ziel seiner Begierde ihm nochmal deutlich machte, wo der Unterschied zwischen den beiden bestand. Thorsten war hot, keine Frage. Aber Cole war Sex, Sex der Antonin das Herz schneller schlagen ließ und das war mehr wert als alles andere… Cole Es kostete Cole eine Menge Selbstbeherrschung, nicht den Körperkontakt zu jenem zu intensivieren, der sich gerade an ihn heranmachte. Der Kerl vor ihm war einer jener Typen, die gerne ihren Körper zeigten, deren Gesichtsausdruck danach schrie, dass sie einen schnellen Fick wollten. Nun, Cole war normalerweise der richtige Ansprechpartner, aber er hatte den Platz in seinem Bett heute für jemand anderen reserviert. Dennoch konnte er mit diesem hier flirten, ihn anmachen. Er mochte diese Blicke, die danach schrien, man möge doch mit auf die Toilette oder in den Darkroom gehen. Und bei diesem fiel es ihm schwer, ihm zu signalisieren, dass es nur beim Ansehen blieb. Cole hatte eigentlich kein Problem damit, sich anfassen zu lassen, solange ihn niemand auf den Mund küsste. Als er das letzte Mal in Chicago unterwegs war, hatte er sich recht ausgetobt, was das betraf, aber das war eindeutig etwas anderes gewesen. Denn damals war er allein unterwegs gewesen. Heute war jemand anderes dabei. Jemand, mit dem er noch Pläne hatte. Und jemand, dem er ein Versprechen gegeben hatte: Antonin hatte nicht gewollt, dass er zusehen musste, wenn Cole seinen Bedürfnissen nachging. Sicher, sie waren kein Pärchen, aber er konnte es in gewisser Weise nachvollziehen. Sie hatten mehr als einmal miteinander geschlafen, etwas, das für ihn Besonders war. Und damit war der Sex mit Antonin immer etwas Besonderes. Sex mit anderen Männern, war nur Sex. Und damit eben nichts Besonderes. Das waren zwei völlig verschiedene Ebenen. Eng tanzte er mit jenem Mann, der offenbar ein gewisses Seemannimage repräsentierte. Zumindest wirkte die weiße Hose und der Oberkörper so auf ihn. Doch er blickte den anderen strafend an, als dieser begann seine Hüften, seine Lenden gegen ihn zu drücken, woraufhin dieser zurückschreckte. Nein, soweit sollte er keine Zugeständnisse machen. Sonst würde er sich selbst nicht beherrschen können. Und diese Art des Tanzes wollte er sich für später, für Antonin aufheben. Ja, das, was vor kurzem als Spiel gedacht war, jener Tanz, würde heute mit einem anderen Ziel erfolgen. Diesmal würde er Befriedigung finden... Sein Blick glitt zu Antonin und kurz verengten sich seine Augen, als er sah, was er nicht sehen wollte. Mr. 'Du-bist-toll' tanzte diesen gerade an und Antonin schien begeistert zu sein, stimmte dem Flirt zu und erwiderte die Bewegung. Hatte dieser Typ gerade seine Hand an dessen Hüften gehabt. Cole blickte seinen Gegenüber an. Wenn Antonin das zuließ, könnte er doch auch intimer werden, oder? Cole trat zurück. Nein, er würde nicht mit diesem Mann vor ihm nicht intimer tanzen. Er beschloss, dass er etwas trinken wollte, verschwand von der Tanzfläche, um sich ein Bier zu holen, mit dem er sich dann an den Rand stellte, um dem Treiben zuzusehen. Schließlich ging das aktuelle Lied zu Ende und ein langsameres wurde eingespielt. Kurz blickte er zu Antonin, der unschlüssig dazustehen schien. Doch Mister 'Du-bist-toll' schien genau zu wissen, was er wollte, denn er legte seien Arm um Antonins Hüfte, zog diesen zu seinen Lenden und legte Antonin die andere Hand auf den Oberarm, offensichtlich mit der Hoffnung, diesem diese bald in den Nacken gleiten zu lassen, um ihn näher an sich heranzuziehen. Cole spürte, wie sich in ihm alles anspannte, wie er wie ein unruhiger Wolf die Szene mit Argusaugen verfolgte. Natürlich nicht, weil er eifersüchtig war, niemals! Aber er hatte Angst, dass Antonin mit der Situation überfordert wäre. Und so ging er möglichst gelassen näher heran, um für ihn da zu sein, wenn er Hilfe bräuchte. Antonin Es machte durchaus Spaß mit dem anderen zu tanzen, dessen Blicke über seinen Körper gleiten zu sehen. Doch wo Cole das alles mit Blicken schaffte, hatte Antonin inzwischen herausgefunden wie man ungewünschter Nähe mit kleinen Gesten aus dem Weg gehen konnte. Sehr praktisch und nicht wirklich anstrengend, weshalb es auch weiterhin kein Problem darstellte sich in die Musik hineinfallen zu lassen. Thorsten schien das Ganze auch schnell begriffen zu haben und hielt sich an das kleine Spielchen, auch wenn jener die Grenzen immer mal wieder antestete. Aber Antonin sah das gelassen, war das hier doch wirklich nur ein eher harmloser, flirtender Tanz inmitten einer Tanzfläche. Nicht das 'inmitten einer Tanzfläche' ein Garant für irgendetwas war... besonders wenn er da an jenen Tanz mit Cole zurückdachte. Wo alleine der Gedanke daran ihm die kleinen Härchen im Nacken aufrichten ließ. Ob sie das heute wohl nochmal wiederholen könnten und würden? Der Bruch von den schnellen, harten Bässen hin zu einem langsamen Lied war rabiat und ließ ihn erst einmal ein wenig irritiert inne halten. Noch etwas, das an jenen Abend mit Cole erinnerte, doch dieser hatte damals ja nicht lange gefackelt - ganz ähnlich wie Thorsten also. Zuerst konnte Antonin nur erstaunt und ein wenig überrascht dreinblicken als er, für ihn unerwartet einen Arm um seine Hüften spürte und gleich darauf an Thorsten gezogen wurde. Zu dessen Lenden. Gut... nicht gut? Er runzelte die Stirn ein wenig unwillig und wollte gerade die Arme heben, um sich zu lösen als er erstarrte. Als alles in ihm erstarrte und er von jetzt auf gleich sämtliche Willenskraft aufbringen musste, um sich zu erinnern, dass er in Behandlung war, dass eine Hand auf seinem Arm nichts schlimmes war, dass es nicht geschah um ihn daran zu erinnern. Er wandte den Kopf leicht zur Seite, sich kein Stück im Rhythmus bewegend. Sich vielmehr überhaupt nicht bewegend. Musterte die Hand auf seinem Arm und ballte eine Hand zur Faust als jene sich auch noch zu bewegen begann. Langsam nach oben glitt und damit auch völlig unbewusst genau über seine Narbe. Inzwischen hatte sich sein gesamter Gesichtsausdruck verfinstert und das ganze hätte ohne die Gedanken an seine Sitzungen vielleicht sogar wie mit Cole geendet. Nein, schlimmer noch, denn jener Kerl hier, der ihn so ungefragt berührte löste nichts in ihm aus im normalen Alltag. Der Kerl hier war nichts wert, nur ein kurzes Zwischenspiel, das er jederzeit vergessen könnte, sobald er sich umdrehte. Thorsten konnte gar nicht ahnen, was für ein Glück er in diesem Moment besaß. Auch wenn Antonin durchaus der Gedanke kam, dass er es mit seiner Kleidung herausforderte. Aber er wollte das nicht. Er wollte das verflucht nochmal nicht! Weshalb er auch, kaum zuende gedacht versuchte sich sanft, aber nachdrücklich vom anderen zu lösen. Was leichter gedacht als getan war, denn wenn er jetzt nicht aufpassen würde, könnte es passieren, dass er dem Typen einen oder zwei Finger brach. Weshalb die Versuche momentan auch eher harmlos ausfielen. "Was hast du denn?", raunte dieser ihm gerade ins Ohr und Antonin erzitterte. Wenn auch nicht vor Wohlgefallen, wie Thorsten auch bemerken könnte, wenn er in ein wenig genauer gemustert hätte. Doch der schien zu beschäftigt damit zu sein, sich gegen Antonin zu pressen und reiben, sich der langsam Musik in den Bewegungen anzupassen und ihn damit wieder zum tanzen anregen zu wollen. Unbewusst fiel Antonins Blick an die Stelle an der er Cole vorher gesehen hatte, doch der war verschwunden. Kapitel 53: Der mit der Leine ----------------------------- Cole Sah dieser Idiot nicht, dass Antonin nicht wollte? War es denn so schwer einzusehen, wann Schluss war? Merkte er nicht, dass jener schon längst aufgehört hatte, sich zu bewegen? In Cole kroch Wut durch den Körper. Zu sehen, wie Antonin in der Bewegung innehielt, wie er erstarrte, wie seine 'Befreiungsversuche' keine Reaktion auslösten, wie er sich auch nicht dazu motivieren ließ, wieder in das Tanzen einzusteigen und besonders, wie er seine Faust ballte, reicht aus, dass Cole ohne hinzusehen seine Flasche Bier auf den nächst besten Tisch stellte, und sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Und dann sah er, wie Antonin sich ganz offensichtlich nach ihm umdrehte, ohne ihn zu sehen, ja ohne ihn sehen zu können, da er ja zur Theke gegangen war. Cole ahnte, was in Antonin vorgehen könnte. Sein Selbstbewusstsein in allen Ehren, aber Berührungen dieser Art schienen noch nicht drin zu sein, schienen ihn noch zu überfordern. Sicher war es ihm nicht ganz klar, dass sein Outfit hier einige dazu animierte, mehr dahinter zu sehen. Und nun mit dieser Situation konfrontiert zu werden, dass jemand mehr wollte, überforderte ihn wahrscheinlich komplett. Zumindest verlangte es ihm so viel Selbstbeherrschung ab, dass er sich nicht mehr wirklich zur Wehr setzen konnte, aus Angst, die Kontrolle zu verlieren. Coles Miene verdüsterte sich mit jedem Meter, den er zurücklegte. Schließlich war er bei Mister 'Du-bist-toll' angekommen und tippte ihm auf die Schulter, was diesen sich umdrehen ließ. Kalte, vernichtende Augen trafen ihn. "Das ist meiner...", knurrte Cole und blickte ruhig in die braunen Augen, die ihn erschrocken ansahen. Er ließ dabei bewusst offen, was er als 'Seines' bezeichnete: Antonin oder den Tanz. Langsam deutete sein Kinn eine Bewegung an, die seinem Gegenüber mehr als deutlich machte, dass er sich zu verziehen hatte. Jener drehte sich wieder zu Antonin, und offenbar begriff er nun endlich, was er vorher nicht hatte sehen wollen. Und so ließ er von Antonin ab, hob beschwichtigend die Hände und ging erst vorsichtig, dann hastig davon. Cole blickte ihm einen Moment hinterher, dann drehte er sich Antonin zu. Noch immer waren seine Augen unterkühlt, er würde noch einen Moment brauchten, bevor sie wieder wärmer werden würden. Vorsichtig beugte er sich vor und flüsterte: "Bei deinem Outfit brauchst du stärkere Waffen, um dir die Typen vom Hals zu halten, Grünschnabel." Er lächelte den anderen an, als er sich wieder löste. Kurz zögerte er. "Möchtest du dich noch weiter nach Leinenbesitzern umsehen? Ich hätte gerade nämlich eine Lücke in meinem überfüllten Terminkalender..." Sein Lächeln wurde zu seinem verschmitzten Grinsen, und seine Augen wurden langsam aber sicher wieder heller. "Wir könnten aber auch eine Verschnaufpause einlegen, damit du dich wieder entspannen kannst, und uns hinterher entscheiden, wie es weitergehen soll." Ruhig blickte er in die blaugrauen Augen des anderen, der sich sichtlich zu entspannen schien. Er würde ihn sicher zu nichts drängen, nicht im Moment. Und er war sich ziemlich sicher, dass Antonin auf ihn ganz anders reagiert hätte. Und dieses Wissen empfand er im Moment als sehr angenehm. Antonin Antonins Herz schlug inzwischen unangenehm schnell. So gänzlich unpassend zu der langsamen Musik. Und es fiel ihm von Sekunde zu Sekunde schwieriger, sich an die Worte seines Docs zu halten, ebenso wie es immer leichter fiel, sich selbst doch als größten Vollidioten dieser Welt zu bezeichnen. Er hätte es wissen müssen. Ansehen war ja nicht mehr wirklich das Problem, aber berühren... es gab nur vier Personen, die das durften. Die das überhaupt konnten, ohne ihn sofort in Panik oder Schlimmeres verfallen zu lassen. Und eine dieser Personen vollbrachte gerade ein kleines Wunder und befreite ihn von der Hand. Das dazu noch ein Kerl gehörte war hinfällig und total uninteressant. Wichtig war nur, dass diese furchtbare Berührung aufgehört hatte und der dazu gehörige Mann von ihm wegtrat. Er registrierte das beschwichtigende Heben der Hände, aber es war ihm egal. Furchtbar egal. Ganz automatisch wanderte sein Blick von dem davon eilenden Mann zu jenem, nach dem er sich gerade noch umgesehen hatte. Und fühlte sich im ersten Moment von dessen Augen getroffen. War das Missbilligung? Hatte er Cole jetzt den Abend versaut? Langsam aber sicher konnte Antonin sich wieder entspannen und sich wieder einmal der Lächerlichkeit der Situation bewusst werden. Er, ein gestandener Mann in bestem Alter mit keinerlei körperlichen Defiziten musste sich von Cole von einem 'Grabscher' retten lassen. Und nicht nur das: er war unendlich dankbar dafür. Zudem auch erleichtert über das Lächeln, das sich nun doch noch bei Cole zeigte und langsam gab er sich wieder Mühe die Worte zu verstehen. Grünschnabel, hm? Das traf es wohl ganz gut. Er lauschte auch dem Vorschlag und der immer noch langsameren Musik und im Grunde musste er gar nicht lange überlegen. Es war nur ein leichtes, schwaches Lächeln, aber es war immerhin eines, das es zusammenbekam, bevor er seine Hände nach Cole ausstreckte und diesen zu sich zog. Jener würde das Spiel jetzt einfach mal auf Pause stellen müssen. Zumindest hoffte Antonin darauf, als er Cole umarmte und sein Gesicht in dessen Halsbeuge vergrub. "Ich bin wirklich ein Grünschnabel", nuschelte er gegen die so herrlich riechende Haut. "Ich habe mir zu viel zugemutet. Gut, dass du dazwischen gegangen bist, bevor meine Selbstbeherrschung aufgebraucht war. Danke dir, Cole." Sich das von der Seele geredet hauchte er dem anderen einige Küsse auf die leicht salzig schmeckende Haut, bevor er die Umarmung ein wenig festigte und sich damit den gerade bitter benötigten Halt holte. Jenen, den er brauchte, um wieder auf seine fröhliche Ader zurückgreifen zu können. "Und ich denke du machst dich ganz gut mit der Leine. Vermutlich werde ich nicht allzu häufig zubeißen müssen", murmelte er weiter, um das auch zu zeigen. Um Cole zu bedeuten, dass der Abend nicht gelaufen war, dass er sich im Griff hatte... früher oder später. Cole Überrascht ließ Cole sich in die Umarmung ziehen, wehrte sich nicht dagegen, sah er doch, dass Antonin diese Nähe nun wohl brauchte. Sacht hob er die Arme und legte sie um die Schultern des anderen, die Umarmung so intensivierend. Kurz schloss er die Augen, strich Antonin leicht mit einer Hand die Wirbelsäule hinauf und hinab, wie einem Kind, das man damit beruhigte. Sacht begannen sich seine Hüften zu bewegen, in den sanften Rhythmus der Liedes einsteigend, so dass sie bald zu tanzen begonnen hatten. Er lauschte Antonins Worten und nickte stumm, bis er sich leicht löste, um den anderen anzusehen. "Vielleicht sollte ich dir ein Halsband schenken, auf dem 'Nur ansehen, nicht anfassen!' zu lesen ist. Was meinst du?", lächelte er. Dann lehnte er seine Stirn an die des anderen, sah ihm weiter in die Augen. "Sonst kann ich dich am Ende nicht mehr allein lassen, ohne Angst zu haben, dass du deine eigentlich beachtliche Selbstbeherrschung doch verlierst und das Morden anfängst..." Er lächelte sacht. Dann küsste er Antonin auf die Stirn. "Aber wenn du weiter zu deinem Doc gehst, wirst du auch sicher bald mit diesen Situationen klar kommen. Es ist erstaunlich, was du schon geschafft hat. Du kannst stolz auf dich sein. Aber jetzt lass uns tanzen..." Dennoch würde Antonin noch eine Menge zu lernen haben. Nicht speziell, was seine Narben betraf, sondern die Szene hier allgemein, das Verhalten, die Signale, die man aussendete. Noch war Cole für ihn da, aber das würde er nicht immer können. Cole ließ sein Gesicht wieder in die Halsbeuge des anderen sinken, strich mit seiner Nase sacht über die weiche Haut. "Und ein wenig beißen wirst du wohl bei mir müssen", murmelte er gegen den Hals, um kurz darauf leicht diesen anzuknabbern. "Sonst beiße ich dich…" Cole intensivierte ihr Tanzen, schmiegte sich dementsprechend an den anderen. Seine eine Hand glitt in die Haare des anderen, während die andere den Rücken hinab sank und am Hintern liegen blieb. Antonins Körper war schon unglaublich. Als die Musik sich wieder änderte blieben Cole in demselben, weichen langsamen Rhythmus, als würde er das, was um sie geschah gar nicht registrieren. Die Situation dieses ruhigen Tanzes war gerade so entspannend, dass er nicht aufhören wollte. Und so tanzen sie einige Momente weiter, obwohl alle um sie herum wieder schneller wurden, sich den harten Beats anpassten. Schließlich löste sich Cole und lächelte. "Lass uns was trinken. Danach steigen wir noch einmal ein", erklärte er und löste sich von Antonin. Solche 'romantischen' Szenen in allen Ehren, aber eigentlich war er doch zum Feiern gekommen... Er ging zu jenem Tisch, an dem sein Bier noch stand, und steuerte dann mit Antonin den Tresen an. Dass er vor dieser romantischen Szene flüchtete, bemerkte er gar nicht. Es wäre leichter mit Antonin zu flirten, wenn sie später auf die Tanzfläche zurückkehrten... Antonin Antonin merkte zufrieden wie er sich wieder entspannte und wie leicht ihm das Lächeln auch schon wieder fiel, während sie tanzten und er Cole zuhörte. Besonders sein Amüsement trat wieder zu Tage und so lachte er leise: "Würdest du dir mit so einem Halsband nicht ins eigene Fleisch schneiden?", hinterfragte er leicht kopfschüttelnd, Coles Augen nicht eine Sekunde aus den Augen lassend. Er genoss diese Art der Nähe. Eine, die ihn nicht auf diese Art und Weise überforderte. Nicht mehr. Vermutlich lagen hier noch ganz andere Dinge in ihrem, oder speziell in seinem Weg, die ihn überfordern würden. Ja, Antonin hatte eine vage Vorstellung davon, dass er Cole immer teilen müsste und dass er sich besser daran gewöhnte, wenn er seinen eigenen Platz momentan nicht aufgeben wollte. Und davon war er wirklich meilenweit entfernt, besonders als Cole ihn auf die Stirn küsste und ihm beschied, dass er stolz auf sich sein könnte. Wobei das Zauberwort hier 'könnte' war, denn er war es nach der Vorstellung gerade eben eigentlich nicht mehr. Doch das war in Ordnung. Früher oder später würde er auch damit umgehen können, dessen war Antonin sich sicher. Er lächelte abermals und legte den Kopf ein wenig beiseite, um dem anderen mehr Fläche zu an seinem Hals zuzugestehen. Sein Erschaudern dabei, würde Cole deutlich genug machen, dass er sich so nur zu gern beißen ließ. Als sie trotz der wechselnden Musik in ihrem langsamen Rhythmus blieben zeigte sich für Antonin wieder einmal, dass er kein Mann der fantasievollen Vorstellungskraft war, denn es fiel ihm erstaunlich schwer, die langsamen Bewegungen beizubehalten. Auch wenn er natürlich gar nichts dagegen hatte Coles Körper so nahe an seinem eigenen zu spüren. So war er trotzdem nicht wirklich traurig als Cole sich löste und sie auf die Theke zuhielten. Wo Antonin erst einmal eine Weile überlegte und sich dann auch ein Desperados bestellte, sich selbst auf die Schulter klopfend, dass er nicht dem ersten Drang nach Wodka nachgab. Als er das Bier schließlich in den Händen hielt und sich neben Cole an die Theke lehnte, fühlte er sich wieder entspannt und auch recht gut gelaunt. Die wieder schnellere Musik gefiel ihm und es machte ihm auch immer wieder Spaß, den anderen auf der Tanzfläche zuzusehen. Und trotz des kleinen Zwischenfalls, war es an der Zeit, wieder auf den ursprünglichen Kurs zurückzukehren, weshalb er sich von der Theke abstieß und ein Stück näher an Cole herantrat. Ihn aus wieder deutlich lebendigeren Augen musterte und auch dessen hellen, grünen Augen bemerkte. Nein, dieser Abend war garantiert noch nicht gelaufen und so positionierte er sich so, dass sein Bein zwischen denen von Coles stand als er sich ein wenig nach vorne beugte. Sich dadurch als Nebeneffekt ein wenig an den anderen drückte, bevor er seine Flasche anhob und einen Schluck von dem kühlen, leckeren Bier trank. "Weißt du woran ich vorher denken musste als ich dich gesehen habe, Herr über die Leine?", fragte er ihn ganz direkt und ein amüsiertes Funkeln schlich sich in seine Augen, das deutlicher hervortrat als er sich kurz gespielt vorsichtig umsah und seine Stimme ein wenig senkte: "Ob wir es bis in ein Bett schaffen", beantwortete er die Frage. "Und wo wir landen, wenn wir es nicht schaffen", fuhr er fort und lehnte sich wieder ein Stückchen zurück, um wie in Gedanken weiterzumurmeln. "Ein Hausflur? Ein Gang? Eine Motorhaube? Vielleicht ein Fahrstuhl oder gar die Tanzfläche?", er lachte leise und trank abermals von seinem Bier bevor er seine freie Hand unter den Saum von Coles Shirt gleiten ließ und Muster auf warmen Haut zeichnete. Sacht über den Bauchnabel strich. "Ich konnte es mir nicht beantworten", grinste er und legte den Kopf ein wenig zur Seite, als müsste er noch schwer darüber nachdenken. Cole "Da mache ich mir keine Sorgen", Cole blickte den anderen lächelnd an. "Ich bin schließlich der mit der Leine..." Cole war erleichtert, dass Antonin sich so schnell wieder gefangen hatte, dass er schon wieder in ihre verbalen Spiele einsteigen konnte. Es war sicher nur eine Frage der Zeit, bis Antonin in solchen Situationen auch relaxen könnte. Cole nahm einen kräftigen letzten Schluck aus der Flasche und stellte die leere auf den Tresen. Er deutete dem Kellner an, gleich noch eines haben zu wollen und wollte sich seine Zigaretten aus der Hosentasche ziehen, als er Antonin vor sich stehend fand, wie dieser provokant mit einem Bein zwischen die seinen rutschte. Erstaunt blickte er auf und blieb in dessen Augen hängen, folgte den Augen, die ihn zu mustern schienen. Wollte Antonin gleich anfangen weiter zu flirten? Nun, ihm konnte es recht sein, und so wartete er ab, was jener vorhatte. Als Antonin zu sprechen begann schlich sich sofort ein Schmunzeln auf die Lippen. Cole legte den Kopf leicht schief und blickte Antonin fragend an, wartete die Antwort ab, von der er ahnte, in welche Richtung sie gehen würde. Sein Schmunzeln verbreitete sich zu einem Grinsen und er packte Antonin, als dieser ein Stück zurückwich, an der Hüfte, um ihn nah an sich zu ziehen, so dass ihre Lenden nun aufeinander ruhten. Die Hand des anderen ließ er nur zu gerne unter sein Hemd gleiten. "Ich fürchte", raunte er und seine Hand rutschte von der Hüfte des anderen zu dessen Hintern, den er leicht knetete, so dass sich ihre Unterleiber aneinander rieben. "Ich kann dir diese Frage auch nicht beantworten." Er lächelte amüsiert. "Aber Fakt ist, dass ich weiß, dass ich dich definitiv heute die ganze Nacht nicht schlafen lassen werde. Das war mein erster Gedanke, als ich dich gesehen habe." Sacht winkelte er das eine Bein an, rieb so leicht am Schritt des anderen entlang, bevor er sich vorbeugte und Antonins Gesicht sehr nahe kam. "Und von daher könnte ich mir auch vorstellen, all diese Orte aufzusuchen und dich an allen diesen Orten zu ficken." Er blickte von den Augen zu Antonins Lippen und wieder zurück. Aber noch bevor Antonin die Chance haben würde, ihn zu küssen, wich er zur Seite aus, die Halsbeuge des anderen küssend, daran sanft nach oben knabbernd bis zu dessen Ohrläppchen, das er zwischen seinen Lippen knetete. "Ich stehe auf Sex in der Öffentlichkeit", schnurrte er in das Ohr des anderen. "Sag mir nur, wo ich anfangen soll." Hm, das war etwas nach seinem Geschmack. Antonins Provokation ließ Cole jegliche Zurückhaltung verlieren, die er wegen des Vorfalls eben hatte. Antonin war offensichtlich genauso heiß wie er, genauso begierig. Nun, Cole würde ihn nach allen Regeln der Kunst befriedigen, bis dieser den Verstand verlieren würde, bis dieser nicht mehr wüsste, wo oben und unten war. "Ich möchte dich stöhnen hören", raunte er Antonin weiter ins Ohr, sacht mit seiner Zunge die Ohrmuschel entlang fahrend. "Möchte dich in Ekstase sehen, dir deinen Verstand rauben..." Er wanderte mit leichten Küssen am Kiefer entlang nach vorne, bevor er leicht in das Kinn biss. Seine Augen blickten wieder in die des anderen, als er sich leicht aufrichtete. "Also?", fragte er mit einem herausfordernden Unterton. "Wo wollen wir beginnen?" Antonin Antonin schloss genießend die Augen als er Coles Hand an seinem Hintern spürte, welche eine Reibung zwischen ihnen erzeugte. Ja, so in der Art hatte er sich die Antwort vorgestellt. Zufrieden öffnete er die Augen wieder und betrachtete das amüsierte Lächeln des anderen. Es gefiel ihm. Das Lächeln, die Situation, auch wenn er sich fragte, wo sein eigener Spieltrieb seine Grenzen fand. Oder ob es überhaupt noch Grenzen gab, wenn Cole bei ihm war und ihm gerade versprach, ihn die ganze Nacht nicht schlafen zu lassen. Ein Versprechen, das ihm diesmal ganz andere Schauder über die Wirbelsäule hinab schickte, als beim ersten Mal. Er befeuchtete sich die trocken gewordenen Lippen, während Coles Gesicht dem seinen so nahe kam und musste hart schlucken, als er dessen Worte vernahm. Und auch wenn er Cole jetzt am liebsten an sich gerissen und geküsst hätte, so war er doch gut entschädigt als jener sich um seine Halsbeuge kümmerte und ihm nicht nur damit neue Schauder durch den Körper schickte. Oh Gott, diese Stimme. Er schloss ergeben die Augen, sortierte für sich selbst aus, ob er damit leben könnte und hätte am liebsten wirklich gestöhnt als Cole ihm seine Wünsche entgegen raunte. Er konnte es nicht ändern, aber diese Stimme trieb ihn nochmal in den Wahnsinn! Aus welchem er erst wieder gerissen wurde als Cole ihn abermals biss und so öffnete er seine Augen wieder, suchte die des anderen und fragte sich wie viel er sich wohl selbst zumuten könnte, um es als Kick aber auch als Befriedigung zu erleben. Damit durfte er nicht zu Öffentlich werden. Hey... er zeigte kaum seine Narben, da konnte man keinen kurzen Orgasmus auf der Tanzfläche von ihm erwarten. Ein wenig unentschlossen biss er sich auf seiner Unterlippe herum, bevor etwas in seinen Augen aufblitzte und er sich ein wenig provokanter an das angewinkelte Bein des anderen rieb. "Das fragst du mich?", hauchte er bevor er sich noch enger an Cole schmiegte, um seine Bierflasche hinter diesem auf der Theke abzustellen und als er sich zurückzog, hielt er an dessen Halsbeuge inne und leckte über die weiche Haut bevor er seinen Atem darüber gleiten ließ und im nächsten Moment seine Zähne in Coles Hals zu versenken. Es war kein zärtlicher Biss, aber er würde garantiert auch nicht schmerzen. Trotzdem besänftigte er das malträtierte Fleisch mit einem Kuss während er sich ein Stück zurück lehnte, in Coles massierende Hände hinein bevor er sich abermals an dem Bein rieb und den dadurch entstehenden Druck genoss. Tatsächlich tat er sich selbst und Cole den gefallen und ließ von dessen Hals ab um ihm leise ins Ohr zu stöhnen und dann mit den Lippen über dessen Ohrläppchen zu gleiten. "Bist du hier nicht derjenige mit der Leine?" Seine freigewordene Hand ließ er Coles Nacken hinaufgleiten, strich mit den kurzen Fingernägeln mal sachter, mal fester über die weiche Haut. "Und wenn du das bist, warum quatscht du dann noch und fickst mich nicht schon lange irgendwo, mit ein klein wenig geringerer Publikumszahl, in verstandslose Ekstase?", raunte er und seine andere Hand glitt unter dem Hemd hervor um über den schön festen Oberschenkel des anderen zu streichen. "Außer natürlich... du möchtest zuerst verwöhnt werden?" Und scheiße, er war nie jemand für Smalltalk für vor, mittendrin oder nach dem Sex gewesen, aber das hier machte ihn gerade ohne Ende an. Cole Cole hatte den Kopf zur Seite gleiten lassen, dem anderen an seinem Hals Platz machend, das Lecken, den sanften Biss, den folgenden Kuss genießend. Seine Augen waren einen Moment geschlossen gewesen. Er spürte dadurch noch intensiver, wie Antonin sich an ihm rieb und das Stöhnen, das er vernahm, ließ ihn erschaudern, ihn selbst aufkeuchen. Er spürte, wie seine eigene Erregung wuchs. Cole lachte leise, als er die Worte des anderen vernahm und er öffnete die Augen, Antonin gierig anfunkelnd. Oh, sein Verlangen danach, ihn hier und jetzt zu nehmen, wuchs von Sekunde zu Sekunde, doch er verstand auch die unterschwellige Botschaft des anderen. Die 'geringere Publikumszahl' würde ihn davon abhalten, ihn jetzt hier auf der Stelle zu ficken. Dass Antonin sich überhaupt auf Dirty-Talk einließ freute ihn genauso wie es ihn erstaunte. Aber offenbar hatte er den anderen diesbezüglich unterschätzt, hatte seinen Mut unterschätzt. Das leise Lachen hinterließ ein Schmunzeln auf seinen Lippen. "Warum ich dich nicht schon ficke?" Er schnaubte und sein Gesicht kam dem des anderen wieder verdammt nahe. "Da möchte man einmal in seinem Leben Gentleman sein..." Einen Moment blickte er den anderen nur an, spürte den Atem des anderen über seine Lippen rieseln, meinte fast sogar schon die Lippen erahnen zu können. Doch er überwand die wenigen Millimeter noch nicht, zögerte den Moment noch hinaus. Er wendete den Kopf zur anderen Seite, vergrößerte so die Distanz zwischen ihren Lippen wieder, bevor er ihnen wieder nahe kam und nun den anderen leidenschaftlich küsste, gierig, wie ein ausgehungertes Tier. Und er spürte eben jenes Tier in sich aufbrüllen, nach Befriedigung schreien. Nein, er würde Antonin definitiv nicht schlafen lassen... Der gierige Kuss dauerte nicht sehr lange an, als Cole Antonin von sich drückte, sich selbst von der Theke abstieß, Antonin am Handgelenk packte und mit ihm quer über die Tanzfläche in Richtung Darkroom marschierte. Keine Spiele mehr... Dort angekommen fand er in dem abgedunkelten nur mit Schwarzlicht und einer blauen Lampe erhellten Raum eine Ecke, die frei war. Um sie herum hörte man das Stöhnen andere Pärchen, teilweise auch drei oder vier, die zusammen zugange waren. Es wurde leise Chill-out-Musik gespielt, die dennoch genug Rhythmus hatte, dass man den Eindruck gewann, die Bewegungen der hier miteinander fickenden Personen würden sich anpassen. Rund herum um den Raum waren erhöhte 'Liegeflächen', auf denen man sitzen, an die man sich lehnen konnte. Doch all dem schenkte Cole keine Beachtung. Kaum hatte dieser den freien Platz erreicht zog er Antonin zu sich, so dass dieser fast ein wenig unsanft gegen das 'Podest' gedrückt wurde, und noch bevor dieser begreifen konnte, was geschah, hatte Cole ihn schon in einem Kuss eingefangen, seine Hände unruhig, gierig über dessen Oberkörper streichen lassend. Seine Lenden rieben sich an denen des anderen und er spürte, dass seine Hose langsam aber sicher viel zu eng wurde. Gierig wich er von den Lippen des anderen ab, arbeitete sich zu dessen Hals herunter, an der Haut saugend, sie küssend, beißend. Immer intensiver drückte er seine Erregung gegen die spürbar wachsende des anderen. Bevor er ihn ruckartig umdrehte und nun begann seine Lenden an dem Hintern des anderen zu reiben, ihn im Nacken zu küssen, während seine Hände nach vorne wanderten, seine Hose öffneten und sogleich hinein fuhren, zielstrebig die Erregung des anderen umfassend. Cole selbst stöhnte immer wieder gegen die Haut, die er mit seinen Lippen fand. Provozierend begann er zu pumpen, den anderen zu verwöhnen, der stöhnte, sich unter seinen Berührungen windete, was ihn nur noch mehr Bestätigung einbrachte, dass es Antonin gefiel, was er mit ihm tat. Und so zögerte er nicht, dem anderen die Hose alsbald ein Stück hinunter zu ziehen. In gewohnter Bewegung griff Cole zu seiner Gesäßtasche, zog einen Gummi raus und befreite nun endlich seine eigene Erregung, um sie sogleich mit jenem Schutz aus Latex zu versehen, den er nie vergaß. Und so drückte er schließlich sein Glied gegen den Hintern des anderen. Seine Hand wanderte wieder nach vorne, umfasste Antonins Glied, verwöhnte ihn wieder, bis er schließlich seine Erregung gegen das After des anderen drückte, in ihn eindrang, die süße Enge genießend, aufstöhnend, kurz verweilend, bevor er sich zu bewegen begann. Cole "Gentleman my ass!", brummte Antonin und er war sicher, sich gleich dem Wahnsinn übergeben zu können, wenn Cole ihn nicht endlich einmal küssen würde! Verflucht, dieser Kerl machte ihn irre. Auf jede nur erdenkliche Art und Weise, auf die man verrückt werden könnte. Unter anderem auch auf die beste. Was ihn auch in den Kuss stöhnen ließ, als Cole sich tatsächlich erbarmte. Und ja, es hatte sich gelohnt zu warten was er dem anderen auch signalisierte, indem er den Kuss ebenso hungrig erwiderte. Sein eigenes Verlangen noch einmal steigerte und sich abermals an den anderen reiben ließ. Wenn Cole sich jetzt nicht gleich etwas einfallen ließ, dann wäre es eben doch hier. Inzwischen war es Antonin fast schon egal. Aber er brauchte den anderen und zwar jetzt. Sein Glück, dass dieser auch so zu denken schien, denn mit einmal unterbrach der den Kuss, packte ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich, mitten durch die Tanzfläche. Nicht, dass er das wirklich müsste, denn Antonin war nicht bereit diesen Mann jetzt noch aus seiner Reichweite zu lassen. Nicht bevor er nicht unglaublich befriedigt sein würde. So kam er auch gar nicht großartig dazu, sich in dem abgedunkeltem Raum umzusehen, in dem es nicht nur nach Sex roch, sondern man ihn auch deutlich vernahm. Etwas, das ihn normalerweise vielleicht abgeschreckt hätte, momentan jedoch nur dazu beitrug, seinen Atem schneller gehen zu lassen. So war er auch keineswegs beleidigt als er fast ein wenig grob gegen die Erhöhung gepresst wurde. Besonders nicht als er sogleich in den nächsten hungrigen Kuss gezogen wurde. So eng es möglich war, presste er sich an den Körper des anderen, fuhr fahrig über dessen freien Oberarme, hoch zu den Schultern und keuchte auf als er von Coles Lippen malträtiert wurde. Oh Gott, das war jetzt wirklich was er brauchte. Ganz dringend sogar, was er auch mit einem weiteren Stöhnen quittierte als er von einer Sekunde auf die nächste herumgedreht würde und Cole sich an seinem Hintern rieb und seine Hände nach vorne glitten, um ihm die Hose zu öffnen und kurz darauf sein Glied zu pumpen. Inzwischen war alles andere für Antonin ausgeblendet. Alles bis auf den Mann hinter ihm und sein eigenes Verlangen, dem er sich in vollen Zügen hingab und keine Scham kannte zu zeigen, dass es ihm gefiel, dass er noch mehr wollte und auch brauchte, wodurch es ihm nur ein weiteres Stöhnen entlockte, als Cole ihm die Hose ein Stück herunter zog und einen erwartungsvollen Schauder auslöste, der durch seinen Körper kräuselte als hätte er Ameisen im Blut. Er beugte sich ganz automatisch ein Stück nach vorne als er den Penis an seinem Hintern spürte und selbst wenn diesmal Schmerz da sein sollte, so war das nichts gegen die pure Erleichterung, Cole endlich in sich zu spüren. Was er auch zeigte, indem er sich dem anderen sofort entgegendrückte. Der sollte jetzt ja nicht einen auf 'armer Antonin' machen, sondern ihn verflucht nochmal einfach nur vögeln! Er merkte nur ganz am Rande, dass solche Gedanken vor kurzem nicht in seinem täglichen Gebrauchsvokabular gewesen waren, doch das war egal. Wichtig waren jetzt nur die Stöße, die ihn ausfüllten und die Hand an seinem Glied. Rauh aufstöhnend richtete er seinen Oberkörper wieder ein Stück auf und ein deutliches Zittern lief über seine Haut bei den nächsten Stößen. Ja.. verflucht nochmal ja! Er schloss die Augen und war trotz allem gierigen Verlangen dankbar dafür, dass er sich inzwischen durchaus an diesen Sex gewöhnt hatte. Es ließ das ganze viel besser wirken und auch auskosten können. Vor allem der gut gebaute Körper des anderen, dessen Stöhnen und Keuchen, all das trieben ihn nur weiter voran in seiner Lust. Jede von Coles Bewegungen schien pure Lava durch seinen Venen zu schicken und auch wenn sie beide das ganze durchaus hinauszögern könnten, so war das hier einfach nicht dafür gedacht. Es war, zumindest in Antonins Fall eine erste, schnelle Befriedigung nach der er heute tatsächlich noch auf weitere bestehen würde. Etwas, das er jetzt schon für sich selbst wusste und was ihn noch besser auf Cole reagieren ließ. Zumindest bis jener ihn mit wenigen, zielsicheren Gesten mit einem lauten Aufstöhnen über die Klippe schickte. Keuchend ließ er seinen Kopf nach vorne sinken, sich von Coles Stößen noch weiter auf seinem Höhepunkt tragen lassend und einfach dieses Gefühl totaler Befriedigung genießend. Wenn ihm vor einem halben Jahr jemand gesagt hätte, er würde es als totale Befriedigung bezeichnen, sich in einem dunklen Raum, in dem lauter Leute Sex hatten, an ein Podest drängen und sich von hinten nehmen zu lassen, hätte er denjenigen vermutlich erschossen. Aber er fühlte sich dadurch nicht weniger als ein Kerl, sondern einfach nur als sehr zufriedener, gerade einen seiner besten Höhepunkte habender Mann. Na schön... war er eben schwul. Cole Die Enge, die sein Glied umschlossen hatte, als Antonin sich in seiner Hand ergoss, raubte Cole schier den Verstand. Er stöhnte laut auf, bewegte seine Hüften weiter, um selbst jenen süßen Moment auszukosten, in dem er so gerne sein Leben lang verweilen würde. Cole hatte die Augen geschlossen, verharrte bewegungslos in diesem süßen Moment, stieß noch einmal nach, um das sanft Nachbeben zu genießen. Gott, wie konnte ein Mann ihn nur so gut befriedigen? Wieso schien es ihm, als wären alle anderen niemals so gewesen. Aber darüber wollte und konnte er in diesem Moment nicht nachdenken. Langsam löste sich die Anspannung wieder, wich einer absoluten Entspannung, in der Cole leicht zusammensackte, sich gegen den anderen lehnte, seinen Kopf auf dessen Rücken ablegte, schwer atmend. Dann leckte er die Wirbelsäule des anderen nach oben, knabberte am Nacken zum Ohr. Sacht löste er sich aus Antonin, löste seine Hand von dessen Glied. Er befreite sich von dem Kondom, das er in einen der eigens dafür vorgesehenen Behälter verfrachtete, bevor er Antonin zu sich umdrehte und ihn erneut gegen die Wand drückte. Seine Augen fixierten die des anderen, einen Moment sah er ihn nur an, drängte sich nur gegen ihn, bevor er ihn küsste, nichts in seiner Gier eingebüßt habend. „Ich hoffe du bist fit“, raunte er und biss zärtlich in die Unterlippe. „Ich habe kurz überlegt, ob wir noch hierbleiben sollten, aber ich fürchte, das möchte ich nicht. Denn das von eben war so geil, dass ich noch viel viel mehr davon möchte…“ Er grinste leicht, blickte Antonin funkelnd an. Neckisch begann er die Hose des anderen wieder hochzuziehen. „Zu mir oder zu dir, Sunnyboy?“ Er löste sich von Antonin und zog sich selbst wieder richtig an. Dann verließen sie den Club, zu Coles Wagen. Er hatte zwar schon getrunken, aber er war noch fahrtüchtig. Und so kam es ihm auch recht gelegen, dass sie zu Antonin fuhren, denn das war näher. Cole parkte in der Nähe. Er hatte verdammt gute Laune und strahlte das auch aus. Er lächelte amüsiert, bei dem Gedanken, dass er zwar häufig zu anderen nach Hause ging, dass er dort aber nie über Nacht blieb. Diesmal wäre es anders. Und er hatte nur gute Erinnerungen an das Bett des anderen. Kaum hatte Antonin die Tür geschlossen, zog Cole ihn auch schon wieder zu ihm, küsste ihn gierig, ihn gegen die Wand drückend. „Ich glaube ich kriege nie genug von dir...“, wisperte er gegen die Lippen des anderen, begann an dessen Hemd zu zupfen, seine Hand darunter gleiten zu lassen. "Meinst du wir schaffen es noch ins Bett?", schnurrte er und leckte über das Schlüsselbein. Antonin Konnte das denn sein? Konnte es wirklich sein, dass ihm das hier noch nicht einmal ansatzweise reichen würde heute? Es konnte nicht nur sein, es war so, denn Coles Frage beantwortete er ohne einmal zu zögern mit seiner eigenen Wohnung. Nicht, weil er in Coles Bett schlecht schlief, sondern weil es näher war. Wo er auch kaum, dass er die Tür hinter ihnen verschlossen hatte, an die nächste Wand gedrängt wurde und sehr schmeichelhafte Worte zu hören bekam. Das und einen weiteren atemberaubenden Kuss. Und nein, sie schafften es nicht ins Bett, dafür aber ins Bad, eine Spur an Kleidungsstücken hinter ihnen herziehend. Zwar konnte seine Dusche nicht mit der von Cole mithalten, aber momentan wären sie wohl auch mit deutlich weniger zufrieden gewesen. Zumindest ging es Antonin so und obwohl ihr kleines Zwischenspiel im Darkroom eine erste Gier gestillt und auch befriedigt hatte, so war das hier deutlich intensiver. Denn ein weiteres Mal durfte er feststellen wie unglaublich atemberaubend Cole aussah, wenn ihm Wassertropfen durchs Gesicht und über den Körper glitten. Doch Gedanken dieser Art wurden schnell wieder von jenem beiseite geräumt und so konnte Antonin geraume Weile an gar nichts mehr denken. Außer dass Sex in der Dusche auch für zwei Männer absolut empfehlenswert war. Danach wurde ihr Verhalten... nun wohl ein wenig langsamer. Der Gedanke daran, dass man meinte zu platzen, wenn man nicht in den nächsten Sekunden Sex hätte, verblasste und gab Antonin damit Gelegenheit ein wenig zu experimentieren. Was er auch zur Genüge tat, als sie beide nach der Dusche im Bett lagen. Zwar schien Cole es amüsant zu finden als Antonin ihm sagte, er könnte die Leine ruhig mal ein wenig länger lassen, er würde ihn schon nicht bespringen, doch das konnte ihn kaum stören. Vor allem nicht, da Cole es schlussendlich auch zu genießen schien, verwöhnt zu werden. Und wo es kein Problem war, sich über diesen schönen Körper zu tasten, streicheln, lecken und zu küssen so war Antonin doch dankbar, den Weg über die Dusche genommen zu haben als er dort ankam, wo er eigentlich hinwollte und sich selbst alle Zeit der Welt gönnte, um jenen Weg zu bestreiten. Es könnte ihm auch kein fast 25 Jahre alter Kerl erzählen, dass er schon immer mal ein Glied im Mund haben wollte. Zumindest keiner, der aus der heterosexuellen Sparte der Sexualität kam. Solche Wünsche waren Antonin also zum einen neu und zum anderen wusste er nicht so recht, was er jetzt davon zu halten hatte. Was ihn jedoch, wie so häufig davor, nicht davon abhielt seiner Neugierde nachzugehen und sich zu überwinden. Nur um festzustellen, dass es kurz nach einer Dusche auch nicht anders schmeckte, als die restliche Haut. Und er war bestimmt Welten davon entfernt es einem Profi nachzumachen, aber als Cole grollte, ihn zu sich hochzog und sie beide herumrollte, schien er zumindest irgendwas richtig gemacht zu haben. Als sich danach nicht nur Müdigkeit sondern auch sein Magen meldete, zog er Cole mit sich in die Küche. Auch wenn er jenen zu Shorts überreden musste. Aber seine Küche war hygienisch! Oder zumindest war sie das, bis er sich nach ihrer Mahlzeit von ein paar belegten Broten und Wasser recht nachdrücklich davon überzeugen ließ, zu was seine Kücheneinrichtung eigentlich alles gut war. Oh Gott, dieser Kerl schaffte ihn und Antonin war wirklich hundemüde aber durch und durch befriedigt, als sie es doch tatsächlich mit dem Vorsatz zu schlafen ins Bett schafften. Er ließ Cole noch seinen Wecker stellen und hatte dann keinerlei Bedenken oder Hemmungen irgendeiner Art, den anderen zu umarmen und dessen Geruch einzuatmen, bevor er ins Traumland hinüberglitt. Was man ihm nach so einem Tag auch gönnen konnte, wie er fand. Sie hatten in der Wohnung gar nicht so viel miteinander gesprochen. Wenn dann waren das mehr Wortspielereien und Dinge gewesen, die den jeweils anderen wieder auf Touren brachten. Aber es hatte eine gewisse Selbstverständlichkeit darin mitgespielt, die es Antonin leicht machte, sich darauf einzulassen. Und ihm eine gewisse Befriedigung auch in der Hinsicht verschaffte, als das kein Fleck seiner Körpers negativ auf Cole zu reagieren schien. Auch seine Narben nicht. Hah! Friss das, dummer braunäugiger Oktopus! Kapitel 54: Der mit der Leine - zensiert ---------------------------------------- Cole Sah dieser Idiot nicht, dass Antonin nicht wollte? War es denn so schwer einzusehen, wann Schluss war? Merkte er nicht, dass jener schon längst aufgehört hatte, sich zu bewegen? In Cole kroch Wut durch den Körper. Zu sehen, wie Antonin in der Bewegung innehielt, wie er erstarrte, wie seine 'Befreiungsversuche' keine Reaktion auslösten, wie er sich auch nicht dazu motivieren ließ, wieder in das Tanzen einzusteigen und besonders, wie er seine Faust ballte, reicht aus, dass Cole ohne seinen Blick von Antonin abzuwenden seine Flasche Bier auf den nächst besten Tisch stellte, und sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Und dann sah er, wie Antonin sich ganz offensichtlich nach ihm umdrehte, ohne ihn zu sehen, ja ohne ihn sehen zu können, da er ja zur Theke gegangen war. Cole ahnte, was in Antonin vorgehen könnte. Sein Selbstbewusstsein in allen Ehren, aber Berührungen dieser Art schienen noch nicht drin zu sein, schienen ihn noch zu überfordern. Sicher war es ihm nicht ganz klar, dass sein Outfit hier einige dazu animierte, mehr dahinter zu sehen. Und nun mit dieser Situation konfrontiert zu werden, dass jemand mehr wollte, überforderte ihn wahrscheinlich komplett. Zumindest verlangte es ihm so viel Selbstbeherrschung ab, dass er sich nicht mehr wirklich zur Wehr setzen konnte, aus Angst, die Kontrolle zu verlieren. Coles Miene verdüsterte sich mit jedem Meter, den er zurücklegte. Schließlich war er bei Mister 'Du-bist-toll' angekommen und tippte ihm auf die Schulter, was diesen sich umdrehen ließ. Kalte, vernichtende Augen trafen ihn. "Das ist meiner...", knurrte Cole und blickte ruhig in die braunen Augen, die ihn erschrocken ansahen. Er ließ dabei bewusst offen, was er als 'Seines' bezeichnete: Antonin oder den Tanz. Langsam deutete sein Kinn eine Bewegung an, die seinem Gegenüber mehr als deutlich machte, dass er sich zu verziehen hatte. Jener drehte sich wieder zu Antonin, und offenbar begriff er nun endlich, was er vorher nicht hatte sehen wollen. Und so ließ er von Antonin ab, hob beschwichtigend die Hände und ging erst vorsichtig, dann hastig davon. Cole blickte ihm einen Moment hinterher, dann drehte er sich Antonin zu. Noch immer waren seine Augen unterkühlt, er würde noch einen Moment brauchten, bevor sie wieder wärmer werden würden. Vorsichtig beugte er sich vor und flüsterte: "Bei deinem Outfit brauchst du stärkere Waffen, um dir die Typen vom Hals zu halten, Grünschnabel." Er lächelte den anderen an, als er sich wieder löste. Kurz zögerte er. "Möchtest du dich noch weiter nach Leinenbesitzern umsehen? Ich hätte gerade nämlich eine Lücke in meinem überfüllten Terminkalender..." Sein Lächeln wurde zu seinem verschmitzten Grinsen, und seine Augen wurden langsam aber sicher wieder heller. "Wir könnten aber auch eine Verschnaufpause einlegen, damit du dich wieder entspannen kannst, und uns hinterher entscheiden, wie es weitergehen soll." Ruhig blickte er in die blaugrauen Augen des anderen, der sich sichtlich zu entspannen schien. Er würde ihn sicher zu nichts drängen, nicht im Moment. Und er war sich ziemlich sicher, dass Antonin auf ihn ganz anders reagiert hätte. Und dieses Wissen empfand er im Moment als sehr angenehm. Antonin Antonins Herz schlug inzwischen unangenehm schnell. So gänzlich unpassend zu der langsamen Musik. Und es fiel ihm von Sekunde zu Sekunde schwieriger, sich an die Worte seines Docs zu halten, ebenso wie es immer leichter fiel, sich selbst doch als größten Vollidioten dieser Welt zu bezeichnen. Er hätte es wissen müssen. Ansehen war ja nicht mehr wirklich das Problem, aber berühren... es gab nur vier Personen, die das durften. Die das überhaupt konnten, ohne ihn sofort in Panik oder Schlimmeres verfallen zu lassen. Und eine dieser Personen vollbrachte gerade ein kleines Wunder und befreite ihn von der Hand. Das dazu noch ein Kerl gehörte war hinfällig und total uninteressant. Wichtig war nur, dass diese furchtbare Berührung aufgehört hatte und der dazu gehörige Mann von ihm wegtrat. Er registrierte das beschwichtigende Heben der Hände, aber es war ihm egal. Furchtbar egal. Ganz automatisch wanderte sein Blick von dem davon eilenden Mann zu jenem, nach dem er sich gerade noch umgesehen hatte. Und fühlte sich im ersten Moment von dessen Augen getroffen. War das Missbilligung? Hatte er Cole jetzt den Abend versaut? Langsam aber sicher konnte Antonin sich wieder entspannen und sich wieder einmal der Lächerlichkeit der Situation bewusst werden. Er, ein gestandener Mann in bestem Alter mit keinerlei körperlichen Defiziten musste sich von Cole von einem 'Grabscher' retten lassen. Und nicht nur das: er war unendlich dankbar dafür. Zudem auch erleichtert über das Lächeln, das sich nun doch noch bei Cole zeigte und langsam gab er sich wieder Mühe die Worte zu verstehen. Grünschnabel, hm? Das traf es wohl ganz gut. Er lauschte auch dem Vorschlag und der immer noch langsameren Musik und im Grunde musste er gar nicht lange überlegen. Es war nur ein leichtes, schwaches Lächeln, aber es war immerhin eines, das es zustandebekam, bevor er seine Hände nach Cole ausstreckte und diesen zu sich zog. Jener würde das Spiel jetzt einfach mal auf Pause stellen müssen. Zumindest hoffte Antonin darauf, als er Cole umarmte und sein Gesicht in dessen Halsbeuge vergrub. "Ich bin wirklich ein Grünschnabel", nuschelte er gegen die so herrlich riechende Haut. "Ich habe mir zu viel zugemutet. Gut, dass du dazwischen gegangen bist, bevor meine Selbstbeherrschung aufgebraucht war. Danke dir, Cole." Sich das von der Seele geredet, hauchte er dem anderen einige Küsse auf die leicht salzig schmeckende Haut, bevor er die Umarmung ein wenig festigte und sich damit den gerade bitter benötigten Halt holte. Jenen, den er brauchte, um wieder auf seine fröhliche Ader zurückgreifen zu können. "Und ich denke du machst dich ganz gut mit der Leine. Vermutlich werde ich nicht allzu häufig zubeißen müssen", murmelte er weiter, um das auch zu zeigen. Um Cole zu bedeuten, dass der Abend nicht gelaufen war, dass er sich im Griff hatte... früher oder später. Cole Überrascht ließ Cole sich in die Umarmung ziehen, wehrte sich nicht dagegen, sah er doch, dass Antonin diese Nähe nun wohl brauchte. Sacht hob er die Arme und legte sie um die Schultern des anderen, die Umarmung so intensivierend. Kurz schloss er die Augen, strich Antonin leicht mit einer Hand die Wirbelsäule hinauf und hinab, wie einem Kind, das man damit beruhigte. Sacht begannen sich seine Hüften zu bewegen, in den sanften Rhythmus der Liedes einsteigend, so dass sie bald zu tanzen begonnen hatten. Er lauschte Antonins Worten und nickte stumm, bis er sich leicht löste, um den anderen anzusehen. "Vielleicht sollte ich dir ein Halsband schenken, auf dem 'Nur ansehen, nicht anfassen!' zu lesen ist. Was meinst du?", lächelte er. Dann lehnte er seine Stirn an die des anderen, sah ihm weiter in die Augen. "Sonst kann ich dich am Ende nicht mehr allein lassen, ohne Angst zu haben, dass du deine eigentlich beachtliche Selbstbeherrschung doch verlierst und das Morden anfängst..." Er lächelte sacht. Dann küsste er Antonin auf die Stirn. "Aber wenn du weiter zu deinem Doc gehst, wirst du auch sicher bald mit diesen Situationen klar kommen. Es ist erstaunlich, was du schon geschafft hast. Du kannst stolz auf dich sein. Aber jetzt lass uns tanzen..." Dennoch würde Antonin noch eine Menge zu lernen haben. Nicht speziell, was seine Narben betraf, sondern die Szene hier allgemein, das Verhalten, die Signale, die man aussendete. Noch war Cole für ihn da, aber das würde er nicht immer können. Cole ließ sein Gesicht wieder in die Halsbeuge des anderen sinken, strich mit seiner Nase sacht über die weiche Haut. "Und ein wenig beißen wirst du wohl bei mir müssen", murmelte er gegen den Hals, um kurz darauf leicht diesen anzuknabbern. "Sonst beiße ich dich…" Cole intensivierte ihr Tanzen, schmiegte sich dementsprechend an den anderen. Seine eine Hand glitt in die Haare des anderen, während die andere den Rücken hinab sank und am Hintern liegen blieb. Antonins Körper war schon unglaublich. Als die Musik sich wieder änderte blieben Cole in demselben, weichen langsamen Rhythmus, als würde er das, was um sie geschah gar nicht registrieren. Die Situation dieses ruhigen Tanzes war gerade so entspannend, dass er nicht aufhören wollte. Und so tanzen sie einige Momente weiter, obwohl alle um sie herum wieder schneller wurden, sich den harten Beats anpassten. Schließlich löste sich Cole und lächelte. "Lass uns was trinken. Danach steigen wir noch einmal ein", erklärte er und löste sich von Antonin. Solche 'romantischen' Szenen in allen Ehren, aber eigentlich war er doch zum Feiern gekommen... Er ging zu jenem Tisch, an dem sein Bier noch stand, und steuerte dann mit Antonin den Tresen an. Dass er vor dieser romantischen Szene flüchtete, bemerkte er gar nicht. Es wäre leichter mit Antonin zu flirten, wenn sie später auf die Tanzfläche zurückkehrten... Antonin Antonin merkte zufrieden wie er sich wieder entspannte und wie leicht ihm das Lächeln auch schon wieder fiel, während sie tanzten und er Cole zuhörte. Besonders sein Amüsement trat wieder zu Tage und so lachte er leise: "Würdest du dir mit so einem Halsband nicht ins eigene Fleisch schneiden?", hinterfragte er leicht kopfschüttelnd, Coles Augen nicht eine Sekunde aus den Augen lassend. Er genoss diese Art der Nähe. Eine, die ihn nicht auf diese Art und Weise überforderte. Nicht mehr. Vermutlich lagen hier noch ganz andere Dinge in ihrem, oder speziell in seinem Weg, die ihn überfordern würden. Ja, Antonin hatte eine vage Vorstellung davon, dass er Cole immer teilen müsste und dass er sich besser daran gewöhnte, wenn er seinen eigenen Platz momentan nicht aufgeben wollte. Und davon war er wirklich meilenweit entfernt, besonders als Cole ihn auf die Stirn küsste und ihm beschied, dass er stolz auf sich sein könnte. Wobei das Zauberwort hier 'könnte' war, denn er war es nach der Vorstellung gerade eben eigentlich nicht mehr. Doch das war in Ordnung. Früher oder später würde er auch damit umgehen können, dessen war Antonin sich sicher. Er lächelte abermals und legte den Kopf ein wenig beiseite, um dem anderen mehr Fläche zu an seinem Hals zuzugestehen. Sein Erschaudern dabei, würde Cole deutlich genug machen, dass er sich so nur zu gern beißen ließ. Als sie trotz der wechselnden Musik in ihrem langsamen Rhythmus blieben zeigte sich für Antonin wieder einmal, dass er kein Mann der fantasievollen Vorstellungskraft war, denn es fiel ihm erstaunlich schwer, die langsamen Bewegungen beizubehalten. Auch wenn er natürlich gar nichts dagegen hatte Coles Körper so nahe an seinem eigenen zu spüren. So war er trotzdem nicht wirklich traurig als Cole sich löste und sie auf die Theke zuhielten. Wo Antonin erst einmal eine Weile überlegte und sich dann auch ein Desperados bestellte, sich selbst auf die Schulter klopfend, dass er nicht dem ersten Drang nach Wodka nachgab. Als er das Bier schließlich in den Händen hielt und sich neben Cole an die Theke lehnte, fühlte er sich wieder entspannt und auch recht gut gelaunt. Die wieder schnellere Musik gefiel ihm und es machte ihm auch immer wieder Spaß, den anderen auf der Tanzfläche zuzusehen. Und trotz des kleinen Zwischenfalls, war es an der Zeit, wieder auf den ursprünglichen Kurs zurückzukehren, weshalb er sich von der Theke abstieß und ein Stück näher an Cole herantrat. Ihn aus wieder deutlich lebendigeren Augen musterte und auch dessen hellen, grünen Augen bemerkte. Nein, dieser Abend war garantiert noch nicht gelaufen und so positionierte er sich so, dass sein Bein zwischen denen von Coles stand als er sich ein wenig nach vorne beugte. Sich dadurch als Nebeneffekt ein wenig an den anderen drückte, bevor er seine Flasche anhob und einen Schluck von dem kühlen, leckeren Bier trank. "Weißt du woran ich vorher denken musste als ich dich gesehen habe, Herr über die Leine?", fragte er ihn ganz direkt und ein amüsiertes Funkeln schlich sich in seine Augen, das deutlicher hervortrat, als er sich kurz gespielt vorsichtig umsah und seine Stimme ein wenig senkte: "Ob wir es bis in ein Bett schaffen", beantwortete er die Frage. "Und wo wir landen, wenn wir es nicht schaffen", fuhr er fort und lehnte sich wieder ein Stückchen zurück, um wie in Gedanken weiterzumurmeln. "Ein Hausflur? Ein Gang? Eine Motorhaube? Vielleicht ein Fahrstuhl oder gar die Tanzfläche?", er lachte leise und trank abermals von seinem Bier bevor er seine freie Hand unter den Saum von Coles Shirt gleiten ließ und Muster auf warmen Haut zeichnete. Sacht über den Bauchnabel strich. "Ich konnte es mir nicht beantworten", grinste er und legte den Kopf ein wenig zur Seite, als müsste er noch schwer darüber nachdenken. Cole "Da mache ich mir keine Sorgen", Cole blickte den anderen lächelnd an. "Ich bin schließlich der mit der Leine..." Cole war erleichtert, dass Antonin sich so schnell wieder gefangen hatte, dass er schon wieder in ihre verbalen Spiele einsteigen konnte. Es war sicher nur eine Frage der Zeit, bis Antonin in solchen Situationen auch relaxen könnte. Cole nahm einen kräftigen letzten Schluck aus der Flasche und stellte die leere auf den Tresen. Er deutete dem Kellner an, gleich noch eines haben zu wollen und wollte sich seine Zigaretten aus der Hosentasche ziehen, als er Antonin vor sich stehend fand, wie dieser provokant mit einem Bein zwischen die seinen rutschte. Erstaunt blickte er auf und blieb in dessen Augen hängen, folgte den Augen, die ihn zu mustern schienen. Wollte Antonin gleich anfangen weiter zu flirten? Nun, ihm konnte es recht sein, und so wartete er ab, was jener vorhatte. Als Antonin zu sprechen begann schlich sich sofort ein Schmunzeln auf die Lippen. Cole legte den Kopf leicht schief und blickte Antonin fragend an, wartete die Antwort ab, von der er ahnte, in welche Richtung sie gehen würde. Sein Schmunzeln verbreitete sich zu einem Grinsen und er packte Antonin, als dieser ein Stück zurückwich, an der Hüfte, um ihn nah an sich zu ziehen, so dass ihre Lenden nun aufeinander ruhten. Die Hand des anderen ließ er nur zu gerne unter sein Hemd gleiten. "Ich fürchte", raunte er und seine Hand rutschte von der Hüfte des anderen zu dessen Hintern, den er leicht knetete, so dass sich ihre Unterleiber aneinander rieben. "Ich kann dir diese Frage auch nicht beantworten." Er lächelte amüsiert. "Aber Fakt ist, dass ich weiß, dass ich dich definitiv heute die ganze Nacht nicht schlafen lassen werde. Das war mein erster Gedanke, als ich dich gesehen habe." Sacht winkelte er das eine Bein an, rieb so leicht am Schritt des anderen entlang, bevor er sich vorbeugte und Antonins Gesicht sehr nahe kam. "Und von daher könnte ich mir auch vorstellen, all diese Orte aufzusuchen ..." Er blickte von den Augen zu Antonins Lippen und wieder zurück. Aber noch bevor Antonin die Chance haben würde, ihn zu küssen, wich er zur Seite aus, die Halsbeuge des anderen küssend, daran sanft nach oben knabbernd bis zu dessen Ohrläppchen, das er zwischen seinen Lippen knetete. "Sag mir nur, wo ich anfangen soll." Hm, das war etwas nach seinem Geschmack. Antonins Provokation ließ Cole jegliche Zurückhaltung verlieren, die er wegen des Vorfalls eben hatte. Antonin war offensichtlich genauso heiß wie er, genauso begierig. Nun, Cole würde ihn nach allen Regeln der Kunst befriedigen, bis dieser den Verstand verlieren würde, bis dieser nicht mehr wüsste, wo oben und unten war. "Ich möchte dich stöhnen hören", raunte er Antonin weiter ins Ohr, sacht mit seiner Zunge die Ohrmuschel entlang fahrend. "Möchte dich in Ekstase sehen, dir deinen Verstand rauben..." Er wanderte mit leichten Küssen am Kiefer entlang nach vorne, bevor er leicht in das Kinn biss. Seine Augen blickten wieder in die des anderen, als er sich leicht aufrichtete. "Also?", fragte er mit einem herausfordernden Unterton. "Wo wollen wir beginnen?" Antonin Antonin schloss genießend die Augen als er Coles Hand an seinem Hintern spürte, welche eine Reibung zwischen ihnen erzeugte. Ja, so in der Art hatte er sich die Antwort vorgestellt. Zufrieden öffnete er die Augen wieder und betrachtete das amüsierte Lächeln des anderen. Es gefiel ihm. Das Lächeln, die Situation, auch wenn er sich fragte, wo sein eigener Spieltrieb seine Grenzen fand. Oder ob es überhaupt noch Grenzen gab, wenn Cole bei ihm war und ihm gerade versprach, ihn die ganze Nacht nicht schlafen zu lassen. Ein Versprechen, das ihm diesmal ganz andere Schauder über die Wirbelsäule hinab schickte, als beim ersten Mal. Er befeuchtete sich die trocken gewordenen Lippen, während Coles Gesicht dem seinen so nahe kam und musste hart schlucken, als er dessen Worte vernahm. Und auch wenn er Cole jetzt am liebsten an sich gerissen und geküsst hätte, so war er doch gut entschädigt als jener sich um seine Halsbeuge kümmerte und ihm nicht nur damit neue Schauder durch den Körper schickte. Oh Gott, diese Stimme. Er konnte es nicht ändern, aber diese Stimme trieb ihn nochmal in den Wahnsinn! Aus welchem er erst wieder gerissen wurde als Cole ihn abermals biss und so öffnete er seine Augen wieder, suchte die des anderen und fragte sich wie viel er sich wohl selbst zumuten könnte, um es als Kick aber auch als Befriedigung zu erleben. Damit durfte er nicht zu Öffentlich werden. Ein wenig unentschlossen biss er sich auf seiner Unterlippe herum, bevor etwas in seinen Augen aufblitzte und er sich ein wenig provokanter an das angewinkelte Bein des anderen rieb. "Das fragst du mich?", hauchte er bevor er sich noch enger an Cole schmiegte, um seine Bierflasche hinter diesem auf der Theke abzustellen und als er sich zurückzog, hielt er an dessen Halsbeuge inne und leckte über die weiche Haut bevor er seinen Atem darüber gleiten ließ und im nächsten Moment seine Zähne in Coles Hals zu versenken. Es war kein zärtlicher Biss, aber er würde garantiert auch nicht schmerzen. Trotzdem besänftigte er das malträtierte Fleisch mit einem Kuss während er sich ein Stück zurück lehnte, in Coles massierende Hände hinein bevor er sich abermals an dem Bein rieb und den dadurch entstehenden Druck genoss. Tatsächlich tat er sich selbst und Cole den gefallen und ließ von dessen Hals ab, um ihm leise ins Ohr zu stöhnen und dann mit den Lippen über dessen Ohrläppchen zu gleiten. "Bist du hier nicht derjenige mit der Leine?" Cole Cole hatte den Kopf zur Seite gleiten lassen, dem anderen an seinem Hals Platz machend, das Lecken, den sanften Biss, den folgenden Kuss genießend. Seine Augen waren einen Moment geschlossen gewesen. Das leise Lachen hinterließ ein Schmunzeln auf seinen Lippen. Er schnaubte und sein Gesicht kam dem des anderen wieder verdammt nahe. "Da möchte man einmal in seinem Leben Gentleman sein..." Einen Moment blickte er den anderen nur an, spürte den Atem des anderen über seine Lippen rieseln, meinte fast sogar schon die Lippen erahnen zu können. Doch er überwand die wenigen Millimeter noch nicht, zögerte den Moment noch hinaus. Er wendete den Kopf zur anderen Seite, vergrößerte so die Distanz zwischen ihren Lippen wieder, bevor er ihnen wieder nahe kam und nun den anderen leidenschaftlich küsste, gierig, wie ein ausgehungertes Tier. Nein, er würde Antonin definitiv nicht schlafen lassen... Der gierige Kuss dauerte nicht sehr lange an, als Cole Antonin von sich drückte, sich selbst von der Theke abstieß, Antonin am Handgelenk packte und mit ihm quer über die Tanzfläche in Richtung Darkroom marschierte. Keine Spiele mehr... ------------------------ Er grinste leicht, blickte Antonin funkelnd an. Neckisch begann er die Hose des anderen wieder hochzuziehen. „Zu mir oder zu dir, Sunnyboy?“ Er löste sich von Antonin und zog sich selbst wieder richtig an. Dann verließen sie den Club, zu Coles Wagen. Er hatte zwar schon getrunken, aber er war noch fahrtüchtig. Und so kam es ihm auch recht gelegen, dass sie zu Antonin fuhren, denn das war näher. Cole parkte in der Nähe. Er hatte verdammt gute Laune und strahlte das auch aus. Er lächelte amüsiert, bei dem Gedanken, dass er zwar häufig zu anderen nach Hause ging, dass er dort aber nie über Nacht blieb. Diesmal wäre es anders. Und er hatte nur gute Erinnerungen an das Bett des anderen. Kaum hatte Antonin die Tür geschlossen, zog Cole ihn auch schon wieder zu ihm, küsste ihn gierig, ihn gegen die Wand drückend. „Ich glaube ich kriege nie genug von dir...“, wisperte er gegen die Lippen des anderen, begann an dessen Hemd zu zupfen, seine Hand darunter gleiten zu lassen. "Meinst du wir schaffen es noch ins Bett?", schnurrte er und leckte über das Schlüsselbein. ---------------------------------- Antonin Oh Gott, dieser Kerl schaffte ihn und Antonin war wirklich hundemüde aber durch und durch befriedigt, als sie es doch tatsächlich mit dem Vorsatz zu schlafen ins Bett schafften. Er ließ Cole noch seinen Wecker stellen und hatte dann keinerlei Bedenken oder Hemmungen irgendeiner Art, den anderen zu umarmen und dessen Geruch einzuatmen, bevor er ins Traumland hinüberglitt. Was man ihm nach so einem Tag auch gönnen konnte, wie er fand. Sie hatten in der Wohnung gar nicht so viel miteinander gesprochen. Wenn dann waren das mehr Wortspielereien und Dinge gewesen, die den jeweils anderen wieder auf Touren brachten. Aber es hatte eine gewisse Selbstverständlichkeit darin mitgespielt, die es Antonin leicht machte, sich darauf einzulassen. Und ihm eine gewisse Befriedigung auch in der Hinsicht verschaffte, als das kein Fleck seiner Körpers negativ auf Cole zu reagieren schien. Auch seine Narben nicht. Hah! Friss das, dummer braunäugiger Oktopus! Kapitel 55: Erdrückendes Gefühl ------------------------------- Antonin Über jene Gedanken war er wohl tatsächlich eingeschlafen, was ihn aber nicht davon abhielt lange vor dem Klingeln des Weckers wieder wach zu werden. Unwillig ließ er die Augen eine Weile geschlossen, nahm die Wärme des anderen wahr und runzelte die Stirn dann nachdenklich. Warum zum Henker war er jetzt aufgewacht? Und obwohl er genug Schlaf für eine Woche nachzuholen hatte, war er jetzt wach. Warum ausgerechnet jetzt? Und wach hieß in Antonins Fall nun mal wach, weshalb er sich so vorsichtig wie möglich von Cole löste, der zwar mal die Augen aufmachte, aber sie wieder schloss, nachdem er ihn zu erkennen schien. Gutes Zeichen, beschloss er für sich selbst und gab dem anderen einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er ins Bad tapste um sich eben ein wenig frisch zu machen. Duschen wollte er jetzt lieber nicht, das würde Cole garantiert richtig wecken. Wenn jener denn nicht schon wirklich wach wäre. Leise gähnend schlich er sich aus dem Bad, durch sein Schlafzimmer in die Küche und sah erstmal auf die Uhr. War er bescheuert, oder war das nur sein Körper? Welcher ihm auch noch deutlich von letzter Nacht erzählte. Aber das war in Ordnung, davon dürfte er ihm auch länger erzählen. Abermals gähnend nahm er seine Kaffeemaschine in Betrieb und fragte sich was er jetzt tun sollte. Zurück ins Bett? Es klang verlockend, aber vermutlich wäre er, wenn er jetzt nochmal schlafen würde, danach noch kaputter als jetzt sowieso schon. Seufzend lehnte er seinen Kopf gegen das kühle Metall seines Kühlschranks und schloss die Augen. Noch ein Deal heute. Nur noch ein kleiner Deal und dann würde er zum einen kündigen, zum anderen einen Kredit aufnehmen und seinen Körper wieder umstellen. An normale Schlaf und Arbeitszeiten. Jawohl. Cole Cole lag auf dem Rücken, einen Arm über seinem Gesicht liegend, seine Augen in seiner Armbeuge verbergend. Schwerfällig hob er den Arm, strich sich mit seiner Hand übers Gesicht seine Haare aus der Stirn. Er nahm deutlich den Geruch von Kaffee wahr, hörte die klappernden Geräusche, die verursacht wurden. Langsam, sehr langsam kehrten seine Lebensgeister in ihn zurück. Und bis sie alle wieder da wären hatte er ja Zeit, die vergangene Nacht Revue passieren zu lassen. Ein Lächeln stahl sich unwillkürlich auf seine Lippen. So eine Nacht hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Nein, eigentlich nie, denn selbst wenn er die ganze Nacht durchgevögelt hatte, so war er doch immer danach nach Hause zurückgekehrt. Und das Aufwachen in dem Bett, in dem alles nach Antonin, nach ihrer Lust und ihrem Sex roch, gestaltete sich als äußerst angenehm. Solche Nächte könnte es in Zukunft ruhig häufiger geben. Als Cole sich aufrichtete, schien er jeden Bauchmuskel zu spüren. Er sollte definitiv wieder ins Fitnessstudio gehen oder solche Nächte häufiger haben, entschied er für sich und stand dann auf, einen Moment verweilend, bis sich der erste Schwindel gelegt hatte. Kurz sah er sich um, konnte seine Short aber nicht finden. Er musste sie wohl in der Küche zurückgelassen haben, wohin er nun auch lief. Kurz blieb er im Türrahmen stehen, betrachtete das Bild dieses Mannes, der ihn mehr als anmachte, und trat dann von hinten auf ihn zu, umarmte ihn, drängte sich leicht gegen ihn und küsste ihn sanft zwischen die Schulterblätter auf die Wirbelsäule. "Hast du meine Short gesehen?", raunte er und leckte die Wirbelsäule hinauf. "Ich befürchte ich habe sie hier vergessen..." Damit löste er sich wieder von Antonin, schaute sich um, bevor er sie entdeckte und aufhob. Mit einem schiefen Grinsen drehte er sich wieder zu Antonin. "Ich geh kurz duschen", stellte er fest. Sie würden noch eine Stunde haben, eigentlich noch genug Zeit, um Antonin ein weiteres Mal... Cole seufzte. Nein, vielleicht war es nun besser, sich auf den Tag zu konzentrieren, schließlich stand ein nicht zu unterschätzender Deal an. Und so tigerte er unter die Dusche, genoss das kühle Nass, das ihm übers Gesicht lief und seine anderen Lebensgeister nun endgültig wieder zurückrief. Diesmal merkte auch er, wie es war, wenn man sich ohne Zahnbürste die Zähne putzen musste. Aber es ging irgendwie. Als er in den Spiegel blickte, sah er einen zufriedenen Mann, der ein ungewöhnliches Lächeln in den Augen trug. Schließlich fand er auf dem Weg zur Eingangstür auch seine übrigen Klamotten, die er sich anzog, bevor er schließlich in die Küche zurückkehrte. Antonin war dabei etwas zum Frühstücken aufzutischen, während Cole sich einfach eine Tasse Kaffee nahm und sich an den Tisch setzte. Seine Augen folgten dem schönen Körper des anderen Mannes. Ihm kamen die Worte wieder in den Sinn, die er ihm gestern gesagt hatte, dass er niemals genug bekommen könne. Ob dem wirklich so war? Zumindest im Moment erschien ihm dieser Körper als das Erstrebenswerteste. Und solange sich das nicht änderte, würde es wohl auch so stimmen. Cole passte eine Gelegenheit ab, Antonin am Handgelenk zu greifen und ihn zu sich zu ziehen, um ihn zu küssen. Langsam war es Zeit, wieder aus dieser Traumblase zu erwachen. Cole sah Antonin ruhig an. "Der Deal heute wird noch einmal was Größeres. Und nächste Woche muss ich wohl wieder nach Chicago", erklärte er. "Ich weiß nicht, was Costello vorhat, aber ich habe den Eindruck, dass ihm New York ein zu heißes Pflaster geworden ist. Dabei läuft alles eigentlich ganz gut momentan." Er seufzte, ließ Antonin wieder los, um nach seinem Kaffee zu greifen. "Mal sehen, was passiert." Er trank einen Schluck, stierte nachdenklich auf einen unbestimmten Punkt. "Wen würdest du heute dabei haben wollen, wenn wir neun Leute brauchen?" Antonin Antonin sah Cole nach wie er die Küche wieder verließ und seufzte tief. Bevor er nicht seinen Kaffee hatte, war er sehr empfänglich für realistische aber ein wenig ins Negative schwankende Gedanken und einer jener Gedanken trug die Aufschrift 'Cole'. Seitdem dieser Mann sein Leben betreten hatte lief die eine Hälfte komplett aus dem Ruder während er bei der anderen das Gefühl bekam, dass sie sich endlich richtig auf Kurs setzte. Die Frage war nur, ob sich das tatsächlich ausglich? Aber das würde sich so schnell oder gar so einfach nicht beantworten lassen, weshalb er sich lieber weiter damit beschäftigte, ein Frühstück nach seinem Geschmack fertig zu machen. Dazu gehörte Brot, Quarkaufstrich, Cocktailtomaten, Gurken, gekochte Eier und Orangensaft. Als Cole wieder kam, war er immer noch in seine Gedanken versunken und als er sich selbst eine Tasse aus seinem Schrank holen wollte, wurde er zu eben jenem gezogen und geküsst. Hm... der andere roch diesmal nach seinem Duschgel, doch als er die Worte vernahm war er wieder ganz Ohr und löste sich wieder vom anderen. Nachdem er ihn von sich selbst aus geküsste hatte. Doch dann schwieg er erst einmal, um sich endlich den bitter benötigten Kaffee einzuschenken und sich an seinen Platz zu setzen. Eine Weile starrte er in seine Tasse bevor er trank und nach einer Brotscheibe griff um sich den Kräuterquark drauf zu streichen. "Costello ist dein Boss, ja? Ich habe ihn letztens gesehen, als ich bei Ragnar war. Denke ich zumindest." Mehr wollte er nicht dazu sagen, denn sonst müsste er zugeben, genervt zu sein. Genervt von sich selbst, sich auf sowas überhaupt einzulassen. Genervt von Cole, der ihm solche Mitteilungen mal eben vor seinem ersten Kaffee servierte. Genervt von Gott und der Welt für das Chaos, das sich langsam aber sicher, mal wieder, in seinem Leben ausbreitete und ihn nicht mehr zur Ruhe kommen ließ. Mit was würde er überhaupt aus all dem hier rauskommen? Mit der Erinnerung an guten Sex? Ein wenig grollend trank er wieder von seinem Kaffee. Gestern hatte Cole ihn Sunnyboy genannt, wenn er sich richtig entsinnte. Man merkte, dass jener ihn noch nicht sehr häufig früh morgens angetroffen hatte. Und bei sich zuhause hatte er auch weniger das Gefühl auf Zehenspitzen umherlaufen zu müssen. Trotzdem riss er sich ein wenig mühsam von seinen Gedanken los und sah auf. "Ich kenne nicht einmal die Hälfte der Leute da Cole", erinnerte er den anderen. "Simon, JJ, Ragnar, den einen Kerl mit den zwei Haarfarben... David oder wie der auch heißen mag, den Typ der gestern den zweiten Truck fahren sollte - der hat ein gutes Auge - und der Rest? Keine Ahnung inwieweit du die Minischlange einbeziehen möchtest", ratterte er herunter und biss dann herzhaft in sein Brot, das er sich nebenbei mit Gurkenscheiben belegt und mit Salz und Pfeffer bestreut hatte. Wenn Cole nächste Woche in Chicago wäre, dann hätte er mal Zeit, all die Dinge zu erledigen, die bei ihm anstanden. Dazu käme noch, dass er sich keine Gedanken darüber machen müsste, ob er dem anderen von seinem Geburtstag erzählen sollte oder nicht. Aber was wenn dieser Castello wirklich alles in die andere Stadt verlegen lassen würde? Er ließ seinen Blick nachdenklich auf Cole ruhen. Antonin ahnte jetzt schon, dass er wieder eingehen würde, wenn das wirklich der Fall wäre. Oh ja... sein Leben war momentan schon wirklich super. Absolut super. Toll und fantastisch. Pha… das einzige Fantastische momentan war der Sex gestern Nacht gewesen. Der Rest war ein einziger Spießrutenlauf. Cole Sein Blick wanderte über das Frühstück, das Antonin hingeräumt hatte. Er setzte sich und überlegte, ob er überhaupt Hunger hatte, und er entschied sich für ein Nein. Schließlich hatte er erst vor wenigen Stunden etwas gegessen. Er würde sich mit seinem Kaffee begnügen. "Ja, ist er", war die kurze, kühle Antwort, die er gab, als Antonin nach Costello fragte. Mehr wollte er dazu nicht sagen. Dafür blickte er Antonin einen Moment musternd an. Jener war so verschwiegen, so verschlossen, fast schon mürrisch. War ihm was über die Leber gelaufen? Cole runzelte die Stirn, griff nach seinem Kaffee und trank, den anderen nicht aus den Augen lassend, und hörte diesem so zu, der laut über die Angestellten nachdachte. Doch irgendwie interessierte Cole das gar nicht mehr so wirklich. Letztlich würde er wohl jene nehmen, die auch die letzten Male dabei waren, nur dass sie wieder Ersatz bräuchten für jenen, der gestern schon ausgefallen war. Viel interessanter erschien ihm Antonins abwesender Blick, sein nachdenklicher, irgendwie trauriger Gesichtsausdruck. Er griff dann doch nach einer Cocktailtomate und steckte sie sich in den Mund. "Du ernährst dich ziemlich gesund", stellte er fest, noch mit sich hadernd, ob er Antonin auf dessen Stimmungswandel ansprechen wollte. Ging es ihn etwas an, wenn jener offensichtlich mit irgendetwas unzufrieden war? Der Sex konnte es ja nicht gewesen sein, da hatte Antonin ihm diese Nacht ganz andere Töne vorgeträllert. Und alles andere war doch eigentlich egal, oder? Wenn Antonin etwas bräuchte, würde er doch etwas sagen können. Aber hatte er nicht erst vorgestern unter dramatischen Umständen, die er sich lieber nicht mehr vergegenwärtigt, gesagt, dass sie mehr miteinander reden mussten? Aber warum tat Antonin das dann nicht? Warum redete er nicht mit ihm, wenn ihn etwas störte? Cole spürte, dass er ungeduldig wurde. Vorsichtshalber griff er nach einer Scheibe Gurke, um sich zu beschäftigen. Er empfand das Schweigen gerade als etwas drückend. Doch was sollte er tun? Ihn bedrückte ja nichts, ihn stimmte das alles gerade nicht nachdenklich. Also war doch Antonin an der Reihe, das Schweigen zu brechen. Und wenn jener nicht über seine Gedanken sprechen wollte, dann wollte er das halt nicht. Wer war er, wenn er nachfragen würde? Es ging ihn nichts an. Cole stand auf. "Ich denke ich geh dann mal", meinte er und trank seinen Kaffee aus. "Kommst du später ins Dream? Die Leute werden gegen 16 Uhr eintrudeln." Antonin Er lächelte aufgrund der Feststellung. Aber es war wieder jenes Lächeln, das auf andere fröhlich und aufgeschlossen wirkte, sie in Wahrheit jedoch von ihm fernhielt. Antonin fühlte sich gerade unglaublich überfordert mit all den Gedanken, die gerade auf ihn einstürzten. Mit denen er nicht ganz klarkam. Sie nicht in eine Reihe einsortieren konnte, um wieder durch zu sehen. Und die alles entscheidende Frage, die in der Mitte ihren Platz eingenommen hatte, war die am schwersten zu beantwortende Frage. Eigentlich ja vielmehr Fragen, da sie einen Rattenschwanz hinter sich herzog. Was wollte er eigentlich? Das war sie, die Frage, die er sich beantworten müsste, bevor er sich auf irgendetwas einließ, das ihm ein paar Nummern zu groß war. Oder aber bevor er etwas abstieß, was er eigentlich haben wollte. Vielleicht war es doch nicht schlecht, dass Cole eine Weile verschwinden würde. So antwortete er auch eher unbewusst ehrlich auf die Frage, die mal wieder keine gewesen war. Auch etwas das nur Cole fertig brachte. "Man gewöhnt es sich an, auf seinen Körper zu achten", murmelte er ein wenig abwesend, nachdem er einen Schluck von seinem Orangensaft genommen hatte. "Das ging dem Großteil von uns so, nachdem sie..." Er blinzelte und lächelte abermals. "Das ist kein Thema fürs Frühstück", beschied er schließlich und erhob sich ebenfalls als der andere schließlich aufstand. Trat auf ihn zu und gab ihm noch einen Kuss. "Ich werde da sein", versprach er und wandte sich dem Tisch zu, um das Geschirr einzusammeln. Es dauerte nicht lange, bis er die Tür hinter Cole ins Schloss fallen hörte und das war genau der Moment, an dem er alles stehen und liegen ließ, um sich wieder zu setzen und seinen Kopf zwischen seine auf den Ellenbogen gestützten Hände zu vergraben. Wo kam das ganze Unwohlsein auf einmal her? Woher die ganze Melancholie die ihn gerade zu überrollen drohte? Es verging geraume Zeit, bis er sich tatsächlich in die Dusche bequemte und noch viel mehr, bis er sich fürs Lady Dream fertig machte. Ständig von den eigenen Gedanken abgelenkt, sich nach seinen eigenen Wünschen befragend. Doch kurz bevor er die Wohnung verließ, atmete er entschlossen durch. Für die nächsten Stunden musste er solche Gedankengänge beiseiteschieben und sich konzentrieren. Denn dafür war er da, um auf Coles Leben zu achten. Um darauf zu achten, dass jenem nichts geschah. Und in solchen Momenten musste er selbst immer die zweitrangige Person sein. Etwas, das ihm nicht sehr schwer fiel, normalerweise, da es eben um Cole ging. Aber irgendetwas sagte ihm, dass es heute anders sein würde, gerade weil es um Cole ging. Ein letzter Griff zu seinen Wohnungsschlüsseln und seinem Handy und er machte sich auf den Weg. Die Wohnungstür hinter sich zufallen hörend, in demselben Laut, der ihm beim ersten Mal, als er so darauf geachtet hatte, fast das Herz aus dem Leib gerissen hatte. Im selben Laut, den sie vorher hinter Cole von sich gegeben hatte. Doch, es war das gleiche Geräusch wie immer. Alles wie immer. Im Nachhinein würde er es vielleicht Vorahnung nennen, doch im Moment war es einfach nur ein erdrückendes Gefühl. Kapitel 56: Darum geht es doch gar nicht... ------------------------------------------- Cole Cole fuhr nach Hause. Sein Kopf war voll mit Gedanken, die er nicht ordnen konnte. Er begriff nicht, was mit Antonin plötzlich los gewesen war. Das Lächeln das andere hatte vor Falschheit geschrien. Er war kurz angebunden, wollte nicht über gewisse Dinge reden, was Cole natürlich akzeptierte, aber was ihn dennoch verwunderte. Denn eigentlich war es doch Antonin nie schwer gefallen, über Dinge zu reden, ganz anders als ihm. Ganz zu schweigen von diesem Kuss, der eher ein tuntiges Bussi gewesen war. Und als Cole zu sich in die Wohnung kam, wusste er, was er falsch gemacht hatte, und er schalt sich einen Idioten. Wenn es ihn offensichtlich so beschäftigte, was mit Antonin los war, warum dann - verfluchte Scheiße - war es ihm nicht in den Sinn gekommen, ihn zu fragen? Weil er nie fragte? Weil er nicht wollte, dass man ihn selbst etwas fragte? Aber war Antonin genauso? War Antonin auch jemand, der lieber erzählte, wenn es sein musste, als dass er angesprochen werden wollte? Cole wusste es nicht genau. Aber er schätzte den anderen eher als jenen ein, der beides konnte, sich anvertrauen und gefragt werden. Cole zählte sich selbst zu keinem der beiden Gruppen. Er vertraute sich nicht an, und er wurde auch nicht gerne gefragt. Allerdings hatte er es mit Antonin anders ausgemacht. und vielleicht hatte dieser erwartet, dass er gefragt wurde? Cole zog sich mürrisch um, genervt von sich und dennoch nicht genau wissend, wieso. Er würde Antonin einfach nachher darauf ansprechen. Später würde er nachholen, was er offensichtlich versäumt hatte. Mal sehen. Vielleicht war Antonin ja auch wirklich nur ein Morgenmuffel, und sonst war gar nichts geschehen. Cole zog sich um, zog sich seinen schwarzen Anzug an, wie er es gerne tat, wenn er einen größeren Deal hatte. Und diesmal war sein Geschäftspartner das erste Mal mit dabei. Es würde also wichtig sein, wie er auftrat. Er fuhr ins Lady-Dream, es wurde vier, er trommelte seine Leute zusammen, doch als alle da waren, sie aufbrechen mussten, fehlte einer: Antonin. Cole griff irritiert zu seinem Handy. Er rief den anderen an, doch es ging niemand dran. Genervt, und vor allem besorgt fuhr er zum Deal. Er hatte jetzt einfach keinen Kopf für Antonin. Wenn dieser so unzuverlässig war... Cole brachte den Deal gut über die Bühne, Costello würde zufrieden sein. Doch unterschwellig spürte er die wachsende Sorge. Antonin war noch nie unzuverlässig gewesen. Ganz im Gegenteil. Er hatte ihm mehr als einmal versichert, wie ernst er seinen Job nahm. Cole war froh, als er Costello das Geld übergeben hatte. Nun würde er wieder Zeit haben, an Antonin zu denken, was er auch tat, indem er erneut die Nummer des anderen wählte. Doch wieder nichts. Mittlerweile nagte die Sorge so sehr an ihm, dass er sogar ein Gefühl der Angst verspürte. Er erklärte Ragnar, der ihn fragend ansah, dass es ihm heute nicht gut ginge. Das Lächeln, das dessen Lippen zierte, konnte er zwar nicht zuordnen, aber er nahm ihm wenigstens die Verantwortung ab, das Lady-Dream für diesen Abend selbst abzuschließen. Wenigstens eine Sorge weniger... Aber was sollte er mit Antonin machen? Cole redete sich mehr oder weniger erfolgreich ein, dass dieser sicher einen wichtigen Grund dafür hatte, nicht gekommen zu sein. Und wenn er sich wieder melden würde, würde er es auch verstehen können. Antonin war doch schließlich auch nicht sein Babysitter. Er war ein freier Mensch, der tun und lassen konnte was er wollte. Schließlich tat er, Cole, auch nichts anderes. Ende der Durchsage. Cole stieg ins Auto und wollte nach Hause fahren, als er beschloss, doch bei Antonin vorbei zu fahren. Er konnte doch wenigstens mal schauen, ob jener zu Hause war. Dann wüsste er zumindest, dass ihm nichts geschehen ist. In der Wohnung brannte kein Licht. Als Cole klingelte, nachdem er doch ausgestiegen war, öffnete niemand die Tür. Cole dachte einen Moment nach. Und nun war da auch keine beruhigende Stimme mehr, die ihn versuchte zu beruhigen. Nun spürte Cole ganz deutlich, dass er sich wirkliche Sorgen um Antonin machte. Doch was sollte er tun? Er hatte keine Ahnung, wo der andere sein könnte, ob er ein Hobby hatte oder irgendwelche anderen Verpflichtungen, die ihn abgehalten haben könnten. Nichts, er wusste gar nichts über ihn. Nun, das stimmte nicht ganz. Er wusste, dass er eine Mutter hatte. Und er wusste, dass Nicholas ein wichtiger Mensch für ihn war. Nun, wo er letzteren finden könnte, das wusste er ja auch. Als er beim Schrottplatz aus dem Auto stieg, blickte er sich kurz um. Er kannte jenen 'Rückraum', aber nicht genau das Wohnhaus. Doch als er zu dem Gebäudetrakt lief erkannte er auch das Haus, in das Antonin damals verschwunden war, um zu telefonieren. Ohne zu zögern trat er an die Tür und klingelte. Er merkte, dass er noch immer diesen Anzug anhatte, doch Zeit, sich umzuziehen hatte er im Moment einfach nicht. Cole wartete ungeduldig. Die Sorge in seinem Magen ließen ihn in gewisser Weise aggressiv werden. Als die Tür endlich aufging, blickte er mit durchdringenden, kalten Augen in das ihm bekannte Gesicht des Ausbilders von Antonin. "Wo ist Antonin?", fragte er, seine kühle, abweisende Aura war in ihrer Vollkommenheit präsent. Er hatte das Gefühl, keine Zeit verlieren zu können. Und er war ohnehin eigentlich kein Mann von großen Worten. Er wollte in diesem Moment einfach nur wissen, wo Antonin war. Nicholas Nicholas wollte erst gar nicht öffnen, als die Türklingel ertönte, doch schließlich raffte er sich doch von dem Sessel auf, in dem er versunken war, und trat in den Gang. Wo er erst einmal Licht machte und die Tür dann langsam aufzog und seinen Besucher erblickte. Ein Besucher, der ihn nicht überraschen sollte, doch dass dieser so schnell hier auf der Matte stand? Hatte Tayra die Codes doch entziffern können? Er war beeindruckt von der Gestalt, die da gerade vor ihm stand und ihn mit Blicken durchbohrte, aber er hatte heute wirklich keine Nerven mehr für blöde Spielchen, so öffnete er die Tür ein Stück weiter und machte eine einladende Handbewegung ins Innere. "Im Krankenhaus", gab er schließlich die Antwort und entfernte sich von der Tür, zurück durch den Gang, wo er die Türen links und rechts ignorierte, sondern bis zum Ende durchging und in der Küche stehenblieb und sich über die müden Augen rieb. Schließlich ging er zum Kühlschrank und holte zwei Bier hervor, wovon er eines auf den Tisch stellte, den ihm noch recht fremden Mann dabei beobachtend, wie er näher kam und sich misstrauisch umsah. Nicholas konnte es ihm nicht verdenken. Was er ihm aber verdenken konnte, war, dass dessen Gesicht nichts verriet. Da erzählte er ihm dass sein Guard im Krankenhaus war und das war die Reaktion? Unzufrieden nahm er ein paar tiefe Schlucke von dem Bier und lehnte sich schließlich mit verschränkten Armen an die Küchenzeile. "Nur falls es dich interessiert...", fing er an, musste jedoch stocken und trank abermals. Es fiel ihm nicht leicht auch nur daran zu denken. "Er hatte einen ganz simplen Autounfall. Wenn man es so nennen will. Ein Zeuge berichtete, dass Antonin den Jeep herumriss als ein Kind auf die Straße lief. Genau auf die Gegenfahrbahn, vor einen Truck." Abermals trank er und stellte die dadurch schnell geleerte Flasche unachtsam beiseite. Das war nicht sein erstes Bier heute Abend und es würde wohl auch nicht sein letztes sein. "Wundersamerweise hat er nicht nur überlebt, sondern kam relativ unbeschadet aus dem Wrack von einem Fahrzeug. Relativ deshalb, weil es momentan so aussieht, als ob er einen Großteil seines Gedächtnisses verloren hat. Als er aufwachte hielt er sich für siebzehn und sie mussten ihn unter Beruhigungsmittel stellen, als er unerlaubt aufstand und in einen Spiegel sah", zählte er so monoton wie möglich auf, auch wenn seine Stimme hin und wieder brach. Es war ihm nicht peinlich. Antonin war so etwas wie sein kleiner Bruder. Er gehörte zur Familie. "Als Tayra und ich angerufen wurden und ins Krankenhaus kamen, erkannte er uns zuerst nicht, doch dann wurde er zu einem Berserker und hat alle Dinge, die ihm in die Finger kamen nach mir geworfen." Er atmete tief durch und wandte seinen Blick von dem momentan so gar nicht in diese Küche passenden Mann und dessen Anzug zum Kühlschrank, wo er sich das nächste Bier heraus holte. "Danach schwankte er. Mal erkannte er Tayra, mal nicht. Mal bat er mich sein Fahrzeug zu reparieren, während er mich in den nächsten Minuten in die Hölle wünschte." Er öffnete das Bier, trank jedoch nicht sondern blickte nachdenklich auf den zwischen ihnen stehenden Küchentisch. "Seinen Doktor erkannte er und dieser beriet sich mit dem behandelnden Arzt und danach wurde er wegen zu großer psychischer Belastung wieder ruhig gestellt. Schlaf und Beruhigungsmittel." Schließlich trank er doch wieder, genoss das kühle Getränk und setzte dann wieder ab. "Jetzt weißt du, wo er ist", verkündete er und zog ein Handy aus seiner Jeans bevor er es Cole zuwarf. "Da ist Tonis Simkarte drinnen. Wir wurden nicht schlau aus den Bezeichnungen im Adressbuch, daher konnten wir dich auch nicht informieren. Tja.. ich befürchte auf eure Droge werdet ihr eine Weile verzichten müssen." Cole Coles Miene versteinerte sich mit jedem Wort, das der sichtlich mitgenommene Mann ihm gegenüber von sich gab. Cole beachtete das Bier gar nicht, sondern seine dunkler und dunkler werdenden Augen waren nur auf diesen Mann gerichtet. Cole hatte das Gefühl, dass er nichts begriff. Gar nichts. Er begriff nicht, was diese Worte bedeuteten. Er begriff nicht, was geschehen war, wie es geschehen konnte. Er begriff nicht, was er zu verstehen glaubte. Das war nicht das, was er hören wollte. Er wollte etwas hören, wie "Antonin ist in den Urlaub gefahren und kommt morgen wieder" oder etwas wie "Antonin? Der ist zum Superbowl gefahren." Aber er wollte nicht das hier hören. Nur langsam drangen die Worte des anderen zu ihm durch. Nur langsam ließ er zu, dass er verstand, was jener sagte. Ob Nicholas log? Ob das alles gar nicht stimmte? Aber das Zittern in der Stimme des anderen, die Sorge, das Entsetzten, die die Stimme brechen ließen, waren echt, nicht gespielt. Dieser Mann sprach die Wahrheit. Eine Wahrheit, die er nicht begreifen wollte. Antonin hatte einen Autounfall gehabt? Wie konnte es sein? War er am Ende... Cole wusste, wohin jener gerade unterwegs gewesen war. Er senkte einen Moment den Blick, als er das begriff, blickte auf seine Finger und sah dann wieder auf. Nun, zumindest war ihm physisch offensichtlich wie durch ein Wunder nichts geschehen. Aber was Nicholas ihm erzählte hinsichtlich seiner psychischen Verletzung... Cole spürte, wie ihm schlecht wurde, wie er sich am liebsten übergeben wollte. Er spürte, wie sich in ihm alles verkrampfte. Antonin litt also unter Amnesie, hatte einen psychischen Schock. Er war 17? Das musste das Alter gewesen sein, das er hatte, bevor er als Guard ausgebildet worden war, bevor er nach Russland kam... Wieso wunderte ihn das nicht? Wieso wunderte ihn nicht, dass die Psyche des anderen sich ausgerechnet dieses Alter ausgesucht hatte... Überrascht fing Cole das Handy, betrachtete es kurz. Mit geübten Fingern war er im Telefonbuch, und da stand er auch recht schnell, nicht unter C sondern unter B für Bossmann. Kurz war Cole versucht zu lächeln, doch es sah eher aus wie eine Fratze. Dann blickte er erschrocken auf, als er Nicholas letzte Worte vernahm. Und das erste Mal glomm Emotion hoch. Bestialische Wut. Er trat auf Nicholas zu, und drückte ihm das Handy an die Brust. "Darum geht es doch gar nicht...", fauchte er und funkelte Nicholas an. "Welches Krankenhaus?" Er ließ sich den Namen nennen. "Ich stehe übrigens unter Bossmann drinnen", fügte er hinzu, trat wieder einen Schritt zurück und blickte Nicholas noch einen Moment musternd an. Dann verließ er die Wohnung, fuhr direkt zum Krankenhaus. Durch eine Scheibe blickte er zu jenem Mann, den er letzte Nacht in seinen Armen gespürt hatte. Er lag da, unter Medikation gestellt, beruhigt, wie ein Kind schlafend. Cole spürte, wie sich in ihm alles zusammenzog, er nicht mehr fähig war, einen klaren Gedanken zu fassen. Er blieb bis zum Morgengrauen, sich vehement gegen die Schwester wehrend, die ihn nach Hause schicken wollte. Erst als Antonin wieder aufwachte, fuhr er nach Hause, sich diesem nicht zeigend. Er hatte einen Entschluss gefasst. Und dieser Entschluss sah vor, dass Antonin seinem Wunsch nachkommen sollte: Dem Wunsch, alles was mit Brutalität zu tun hatte, zu vergessen. Diesen Lebensabschnitt zu vergessen, der ihm nur Gewalt, Tod, Schrecken, Verzweiflung und Folter gebracht hatte. Und er, Cole, war ein Teil von dieser Welt. Also würde er den anderen auch nicht an ihn erinnern. Er hatte sich einmal geschworen, dass er Antonin vor sich und seiner Welt schützen wollte. Nun, jetzt hatte er die beste Gelegenheit dazu. In den nächsten Tagen stürzte sich Cole in die Arbeit. Er reiste sogar einen Tag nach Chicago, einen Rückflug so buchend, dass er abends wieder in New York war. Denn jede Nacht verbrachte er im Krankenhaus, beobachtend, wie Antonin schlief. Er wollte zumindest sehen, dass es ihm besser ging. Ihm selbst zeigte er sich nie. Sein Entschluss stand fest. Dieser Augenblick war vielleicht ein Wink des Schicksals. Es war besser, wenn Antonin von seiner Welt verschont blieb. Antonin hatte momentan ohnehin genug andere Sorgen. Kapitel 57: Too much -------------------- Antonin Antonin hielt die Augen lange genug geschlossen, bis er die Tür zugehen hörte, und richtete sich dann etwas mühsam auf. Sich mit der Hand über das müde Gesicht streichend, bevor er nach der Nadel in seiner Armbeuge griff und diese kurzerhand heraus zog. Selbige mit einem bösen Blick achtlos neben sich werfend sah er sich erst mal um, musterte die ganzen Gerätschaften, die er immer nur tagsüber ein paar Stunden zu sehen bekam. "Die wollen mich wohl verarschen", spieh er bösartig aus und setzte sich ganz auf, die Beine vom Bett baumeln lassend, bevor er nach dem Tropf griff und die Formel darauf musterte. "Nein, die wollen mich umbringen", beschloss er für sich selbst und schüttelte den Kopf, bevor er aufstöhnte. "Gut, damit ist Kopfschütteln aus dem Rennen", beschied er sich selbst, kein Problem damit habend, mit sich selbst zu sprechen, und ließ sich dann vorsichtig vom Bett gleiten. Und immerhin, es war wackelig und nicht normal, dass sich das Zimmer drehte, aber er stand. Einige Minuten abwartend gönnte er sich selbst die Möglichkeit wieder klarer zu sehen und dann zum Schrank zu wanken. Als aller erstes musste dieses dämliche Kleidchen von seinem Körper. War er vielleicht ´ne Ballerina oder was? Die würden ihn keine einzige Nacht mehr hier behalten. Das Zeug, das die ihm abends 'zum Einschlafen' gaben, hätte ja sogar ein Pferd ausgeknockt und war zudem nicht das Beste. Selbst er hätte besseres Zeug davon herstellen können. Kurz hielt er inne. Eigentlich sollte er das nicht können, aber etwas sagte ihm, dass es so war. Hm, angeblich war er ja jetzt ein Professor der Chemie, da klang das nur logisch. Er vermerkte es als einen weiteren Anhaltspunkt auf dem Weg zurück in sein normales Leben - von dem ihm irgendwie niemand etwas erzählen wollte - und zog sich dann die Joggingshose und einen bequem aussehenden Pullover über, den ihm Tayra gestern Nachmittag vorbeigebracht hatte. Natürlich nachdem er sich dem hellblauen Fetzen entledigt hatte und diesen achtlos zu Boden fallen ließ. Er würde diesen Menschen garantiert nicht hinterherräumen. Nicht nachdem die ihm so ein Zeug ohne weitere Bedenken verabreichten. Seines Wissens war sein Körper, bis auf seinen Kopf und die Gehirnerschütterung, vollkommen in Ordnung und er sah überhaupt keinen Grund, ihn unter solche Beruhigungsmittel zu stellen. Von den Schlafmitteln ganz zu schweigen. Da waren Bestandteile drinnen, die süchtig machen konnten. Unqualifiziertes Pack! Schuhe fand er keine, weshalb er sich mit den normalen Hausschuhen begnügte und sich dann das Geld schnappte, das ihm dieser Nicholas hier gelassen hatte. Irgendwie müsste er das Taxi ja auch bezahlen. Wohin, das wusste er noch nicht so genau, da ihm der Straßennamen entfallen war. Aber eines nach dem anderen. Einen Schritt nach dem nächsten. Sein Blick fiel auf die Uhr. Kurz nach halb zwölf. Ha, vielleicht würde er zu seinem Geburtstag schon vor dem Dreckskasten hier stehen. Ein wenig zu energisch schritt er zur Tür, warum er dort auch erstmal innehalten musste, bevor er sie öffnete und sein 'schickes Einzelzimmer' verließ. Oder es zumindest vorhatte, denn leider Gottes sah ihm ein erschrockenes Gesicht entgegen. Na toll, ein Pfleger. Genau das was ihm noch fehlte. "Kusch!", befahl er ungnädig und winkte mit der Hand, was ihm einen ungläubigen Blick einbrachte, was sie dann jedoch sogleich in Entschlossenheit zu verwandeln schien. "Professor! Sie sind noch nicht in der Lage aufzustehen!" Antonin hob eine Augenbraue und musterte den Kerl vor sich mitleidig. "Also ich finde ja, dass es erstaunlich gut klappt, dafür, dass ich angeblich nicht dazu in der Lage bin", erklärte er und hob die Hand abermals mit einer winkenden Bewegung. "Kusch, kusch!" Das Ganze hatte leider nicht die erwartete Wirkung, denn der Pfleger drehte sich, scheinbar überfordert um und murmelte etwas davon, die Oberschwester zu holen. "Ja, hol die Oberschwester!", maulte Antonin ihm nach. "Die soll auch gleich den Schrieb zu meiner Entlassung mitnehmen!" Bevor er abermals stöhnte und sich mit geschlossenen Augen an die Schläfen griff. "Gut, auch kein Schreien. Die Liste wird länger und länger." Sich so an die inzwischen geschlossene Zimmertür lehnend, wartete er auf die Oberschwester, die auch in einem Affentempo auf ihn zuzutrampeln schien. Er öffnete die Augen wieder und hob die Hand. "Schön langsam, Lady. Ich würde eher ungern zerquetscht werden, nur weil Sie nicht in der Lage sind, zu bremsen." Die tatsächlich korpulente Dame stoppte mitten in der Bewegung und Antonin grinste zum ersten Mal seit langem, als er ihren entgleisten Gesichtsausdruck bemerkte. Hey, die waren hier ja doch ganz lustig. "Mister Grombowitsch, Sie gehen jetzt sofort zurück in Ihr Zimmer!" Antonin schüttelte den Kopf so langsam wie möglich. "Nein. Mister Grombowitsch wird diese Institution jetzt nämlich verlassen", erklärte er ihr in einem Tonfall, den man sich für kleine Hunde oder minderbemittelte Kinder aufbehielt. "Und ich bin sogar bereit, diesen Wisch zu unterzeichnen, dass es auf eigene Gefahr geschieht. Was Sie mir zugestehen müssen, da ich zum einen volljährig und zum anderen im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin. Was vielleicht nicht stimmt, aber da ich auch noch nicht als unzurechnungsfähig erklärt wurde... Nun Sie ahnen worauf ich hinauswill", fuhr er fort und setzte sich nebenbei in Bewegung, sich an der Wand abstützend, den Pfleger und die Schwester im Auge behaltend. "Sie sind noch nicht ansatzweise gesund!", versuchte es diesmal der Pfleger und Antonin rollte mit den Augen, nur um wiedermal inne halten zu müssen. Augenrollen war auch tabu... was zum Henker durfte er eigentlich noch tun, um seiner Missbilligung Ausdruck zu verleihen? Hm, er öffnete die kurz vor Schmerz geschlossenen Augen wieder und blitzte die beiden Personen vor sich an. "Gesund werde ich auch nicht, wenn ich mit Drogen behandelt werde!", zischte er und war erleichtert darüber, dass diese Stimmlage seinem Kopf nicht zu schaden schien. "Wissen Sie inkompetente Fachidioten eigentlich, was Sie mir da verabreichen? Und das seit Tagen?!", er knurrte wie ein wild gewordener Hund, doch die beiden schienen ihn zu verstehen. "Nein, natürlich nicht. Ich habe nichts anderes erwartet", ätzte er und setzte sich wieder in Bewegung. Irgendwo hier müsste der dumme Fahrstuhl doch schon rein der Logik nach sein. "Schicken sie den Wisch nach unten oder ich gehe ohne etwas zu unterzeichnen und verklage das gesamte dämliche Krankenhaus auf Körperverletzung, Verleitung zu Rauschmitteln und versuchten Todschlags." Jawohl. Tiefe Befriedigung kam in ihm auf als er ihre Gesichter diesmal sah und wandte den Kopf diesmal ab, um sich nach dem dämlichen Fahrstuhl umzusehen. Was war das hier eigentlich für ein Labyrinth?! Cole Ragnar schaffte es. Er schaffte es tatsächlich, ihn durch beharrliche ruhige Blicke dazu zu bewegen, dass Cole endlich erzählte, was geschehen war. Er hatte sich endlich überwinden können, Ragnar zu sagen, dass Blue Wonder in nächster Zeit nicht produziert werden könnte. Als dieser ihn packte und in sein Zimmer zog. Dort hatte er ihn nur angesehen. Mit einem Blick, in dem unterschwellig eine Energie mitschwang, die Cole sagte, dass er reden musste, sonst würde er den Raum nicht mehr verlassen. Seit Ragnar aus Europa zurück war, hatte es solche Momente nicht mehr gegeben. Davor hatten sie sich vieles anvertraut. Davor waren sie so etwas wie Brüder gewesen. Aber seit sie vor fünf Jahren... Aber das gehörte jetzt nicht hierher. Cole hatte jedenfalls gesprochen. Und es hatte gut getan, jemandem strukturiert zu schildern, was geschehen war. Welche Beziehung er zu Antonin hatte, verschwieg er, bzw. erwähnte er nicht. Aber Ragnar schien ohnehin mehr zu wissen, als er vorgab. Und nun war Cole später dran, als gewohnt. Normalerweise verließ er das Lady-Dream um 23 Uhr und fuhr ins Krankenhaus. Heute war es etwas später. Als Cole aus dem Fahrstuhl stieg, hörte er Stimmen und er wusste sofort, was los war. Er erkannte sofort, wessen energische, zischende, anklagende Stimme das war. Kurz schloss er die Augen, lauschte den Worten, die seine Freiheit forderten. Und offensichtlich waren die Schwester und der Pfleger restlos überfordert. Einen Moment haderte er mit sich selbst. Doch dann streckte er sich und ging um die Ecke. Seine Miene war gewohnt kühl. Seine Augen fixierten Antonin, der mehr an der Wand lehnte, als selbst stand, und er ging direkt auf ihn zu. Er konnte nicht riskieren, dass Antonin seinen Willen durchsetzte und er das Krankenhaus viel zu früh verließ. Also musste er handeln. Und wenn er etwas konnte, dann war es gut schauspielern. "Was ist hier los, Schwester", fragte er und redete schon weiter, bevor sie antworten konnte. "Mir scheint, Mr. Grombowitsch, Sie wollen nicht begreifen, dass sie hier nicht eher entlassen werden, als dass sie frei laufen können", raunte er dunkel und nachdrücklich. "Also bewegen Sie Ihren Hintern wieder in Ihr Zimmer und legen Sie sich hin." Seine Stimme war zu einem kalten Zischen geworden. "Je mehr Aufstand Sie hier machen, desto später kommen sie hier raus. Und wenn Sie sich weiterhin so aufführen, als wären Sie ein Kleinkind, verspreche ich Ihnen, dass ich persönlich dafür sorge, dass sie so schnell kein Tageslicht mehr sehen. Ich hoffe wir haben uns verstanden." Seine Augen waren ruhig auf Antonins gerichtet. "Wenn Sie mit ihrer Medikation unzufrieden sind, so bin ich gerne bereit, diese überprüfen und mit Ihnen besprechen zu lassen. Ich weiß, dass Sie vom Fach sind. Nichts desto trotz ist es für Ihre Genesung unabdingbar, dass Sie Medikamente bekommen. Und je weniger Sie deshalb einen Aufstand proben, desto schneller sind sie diese auch wieder los." Kurz verstummte er. Er wartete einen Moment, in dem er sich in diesen Augen weidete, die ihn unsicher, ungläubig, ein wenig überrascht und auch ein wenig verärgert anblickten. Auch wenn Cole äußerlich vollkommen ruhig war, so tobte innerlich ein Gewitter inklusive Hagel. Er hob den Arm, eine Geste der Aufforderung zu gehen. "So, wenn ich Sie nun bitten dürfte." Er drehte sich zur Schwester, die ihn vollkommen baff anstarrte. Doch sein Anzug, den er anhatte, schien genügend Eindruck zu hinterlassen, dass sie nichts sagte. "Ich denke, heute Nacht wird Herr Grombowitsch keine Medikation brauchen. Und morgen werden die Medikamente neu eingestellt.“ Die Angesprochene nickte nur. Dann folgte er Antonin in dessen Zimmer. Seine Augen glitten über den Nacken des anderen, seine Schultern. Wie gerne würde er ihn jetzt einfach in den Arm nehmen... Im Zimmer angelangt wartete er, bis Antonin sich aufs Bett gesetzt hatte. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie - er blickte auf die Uhr - jetzt Geburtstag haben. Herzlichen Glückwunsch!" Er hob die Tüte, die er in der Hand gehalten hatte. "Nun, Ihre Freundin, Miss Milenkof, hat Ihnen etwas abgegeben. Leider sind im Moment keine Besuchszeiten, aber da ich ohnehin hier vorbeigekommen wäre, bot ich mich an, Ihnen das hier vorbei zu bringen." Er reichte Antonin die Tasche. Sie enthielt einen kleinen Blumenstrauß, eine Kerze, einen kleinen Kuchen und eine kleine Figur aus Ton, ein Schutzengel. "Und wenn Sie möchten, bleibe ich noch ein paar Minuten, denn einen Geburtstag sollte man nicht allein feiern." Auch wenn es ihn mehr kostete, als er sich das jemals eingestehen würde. Antonin Was zum..? Wer war das denn jetzt? Oder vielmehr, was ging denn jetzt gerade vor? Gerade noch auf einer Siegeswelle in Richtung Fahrstuhl tastend, fand er sich jetzt einem düster grün leuchtendem Augenpaar und einer gemein gefährlichen Stimme gegenüber. Die ihm gerade beschied, er würde sich wie ein Kleinkind aufführen und ihn dann bedrohte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch nach einigen Sekunden wieder, da ihm die Zeit dafür gar nicht gegeben wurde. War das hier der Chefarzt oder was? Er runzelte irritiert die Stirn und versuchte sich das schwammige Bild von jenem wieder vor Augen zu rufen, was jedoch nicht ganz zu klappen schien. Aber wenn das der Oberarzt war, müsste der dann nicht ein wenig freundlicher mit ihm umgehen? Die Sätze mit der Medikation gingen irgendwie unter, da so viel Aufregung nicht gut für ihn war. Aber wer war der Kerl denn, ihm zu sagen, was er zu tun und zu lassen hatte?! Trotzdem fand er sich selbst dabei wieder, in dieses vermaledeite Zimmer zurück zu kehren und sich aufs Bett zu setzen. Gut, was genau war jetzt passiert? Ein wenig orientierungslos musterte er kurz den Fetzen, den er vorher so achtlos auf den Boden geworfen hatte und sah dann wieder überrascht zu dem Mann, bevor er auf die Uhr über der Tür blickte. Seufzend verzog er die Lippen und musterte die Tüte vor sich kurz bevor er nach ihr griff und sie annahm. Ihr jedoch nur Sekunden seiner Aufmerksamkeit schenkte, bevor sein misstrauischer Blick wieder auf den Mann fiel. Er reagierte zuerst nicht auf dessen Frage, sondern musterte ihn einfach nur. Bisher hatte ihn niemand, abgesehen von dieser Tayra und diesem Nicholas so unglaublich irritiert. Damit stand die dritte Person vor ihm, die ihn ein wenig unruhig werden ließ. Doch schließlich nickte er nur und sah in die Tüte, bevor er zielgenau nach dem Engel griff und ihn herausholte. Ihn mit weniger Misstrauen musterte und in den Händen drehte. Bis sich schließlich ein Lächeln zeigte. Erst klein, wurde es doch immer deutlicher und erreichte sogar für kurze Zeit seine Augen. Und das verrückte war, dass er nicht einmal sagen konnte warum er jetzt lächelte. "Even if saving you, sends me to heaven", murmelte er und runzelte abermals die Stirn, bevor er wieder aufsah. Direkt in diese, nur etwas ruhiger gewordenen grünen Augen. "Also schön, wer sind Sie?", verlangte er zu wissen. "Ich kenne Sie, richtig?", tippte er ins Blaue. "Ich werde seit Tagen nur bei zwei Personen nervös und Sie sind die dritte. Zudem mir der Name Milenkof überhaupt nichts sagt. Was nichts bedeuten muss, schließlich weigert man sich hier standhaft mir andere Dinge als meinen Beruf und mein Alter zu sagen." Er hielt inne und stellte die Figur mit einem etwas sanfteren Blick auf diesen komischen grauen Kasten, der neben seinem Bett stand. Fuhr noch einmal fasziniert die Linien der Flügel nach bevor er sich dem Mann wieder zuwandte und den Kopf ein wenig schief legte. "Und Sie hätten mir den größeren Gefallen getan, mich hier raus zu lassen. Glauben Sie denn wirklich, nur weil Sie mich gerade anzischen und mir drohen, lasse ich mich davon längerfristig beeindrucken?" Sein Gesichtsausdruck war ungläubig. "Blöd herumliegen kann ich auch woanders. Am besten zuhause, von dem ich denke, dass es eine Wohnung im ersten Stock ist. Nur will mir leider die dazugehörige Straße nicht einfallen. Zudem ich mir ziemlich sicher bin, einen wichtigen Termin verpasst zu haben und", er betonte das Wort besonders, "mir hier einfach nur langweilig ist. Verstehen Sie? Todlangweilig. Ich hasse nichts mehr, als tatenlos herum zu sitzen und Däumchen zu drehen. Um so viel heraus zu finden, musste mir keiner mit dem Hammer auf dem Kopf schlagen. Eine Methode, die ich ausprobieren werde, wenn ich nicht hier heraus darf. Verstehen Sie? Ich bin bereit zu drastischen Mitteln zu greifen und kein böser Blick und kein böses Wort kann mich davon abhalten, dieses beschissene Krankenhaus heute zu verlassen", erklärte er trotzig und wandte den Blick ab, um seinen Tropf anzufunkeln und darauf zu deuten. "Das da, würde ich nicht einmal einem Schlachtross spritzen und mir geben sie es seit Tagen und heute, wo ich das erste Mal wach genug bin, um mich zu wehren, kommem Sie ums Eck und vermasseln mir alles. Wenn Sie dafür nicht besser mal eine glaubwürdige Erklärung rausrücken, bin ich in den nächsten zwei Minuten hier wieder draußen." Abermals ruckte sein Blick zu dem Engel und ohne länger darüber nachzudenken nahm er ihn abermals in die Hand. Umschloss ihn, ganz als würde er ihn nicht mehr hergeben wollen und funkelte den Mann dann wieder an. "Und wenn ich Sie tatsächlich kenne, dann sollte es Sie kümmern, dass ich dieses Krankenhaus, wenn das so weitergeht, kranker verlassen werde, als zu dem Zeitpunkt, als ich hier ankam. Was die einem hier als Essen verkaufen wollen, gilt woanders nur als Plörre. Ich ernähre mich gesund, ok? Ich weiß das einfach. Und wenn ich das Zeug noch einmal anrühren muss, werfe ich es dem nächsten Pfleger an den Kopf." Cole Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Doch seine Augen blieben zurückweisend und unnahbar. Er musste sich in diesem Moment, als er sah, wie Antonin mit dem Schutzengel umging, vor sich selbst schützen. "Nein, Sie kennen mich nicht. Zumindest nicht bewusst", begann er zu erklären und er zeigte kein Anzeichen davon, dass er log. "Ich habe Sie an jenem Tag mit aufgenommen, als Sie eingeliefert wurden. Aber Sie sind bei Doktor Rosenberg auf die Station gekommen, da meine voll war. Herr Rosenberg hat mich bezüglich Ihres CTs und des MTKs zurate gezogen. Ich kenne sie daher perfekt und weiß, was in ihrem Kopf vorgeht." Er trat ans Fenster und blickte raus. Er musste sich hier wieder herauswinden. Und er musste unbedingt Antonin davon überzeugen, dass er hier blieb. Es würde eh nicht mehr lange dauern. Antonins Zustand hatte sich deutlich stabilisiert und der Chefarzt, mit dem er hin und wieder redete, hatte ihm versichert, dass Antonin bald wieder raus durfte. "Es tut mir leid, dass man Sie so wenig informiert, und ich kann Ihnen auch nicht mehr Informationen geben, außer denen, die Ihren Kopf betreffen." Cole drehte sich um und schritt auf Antonin zu, blieb vor ihm stehen. "Ich sage Ihnen nur zu gerne, weshalb Sie hier bleiben werden, Antonin Grombowitsch, erstens haben Sie einen riesengroßen Schutzengel gehabt, dass Sie aus dem Haufen Blech überhaupt so unversehrt klettern durften und Sie würden genau diese Schutzengel so dermaßen verhöhnen, wenn Sie nun gingen und damit Ihr Leben riskieren. Und damit wären wir auch schon beim zweiten Punkt." Cole hob die Hand und legte seinen Zeigefinger auf Antonins Stirn. "Hier, hier und hier", sein Finger zeigte auf weitere Punkte. "Kann man deutliche Schatten auf dem MTK sehen. Diese Schatten sind Blutstaus, die auftreten können, wenn man eine solche Gehirnerschütterung erleidet wie Sie. Wenn dieser Blutstau zu einer Verstopfung führt, dann sind Sie schneller tot, als dass Sie Amen sagen können. Noch fließt das Blut, aber wir müssen sicher gehen, dass diese Staus verschwinden und das können wir nun einmal erst nach ein paar Tagen und einem weiteren MTK feststellen, soweit klar?" Er hob die Augenbrauen. Cole redete bewusst ein wenig wie mit einem Kleinkind. "Gut, Sie haben also das Problem, dass wir noch nicht genau sagen können, ob sich Ihre Arterien oder die Vene verschließen und wenn dem der Fall ist, so glauben Sie mir, werden Sie froh sein, dass wir hier ganz schnell in der Nähe sind. Und all den Menschen zuliebe, denen Sie etwas bedeuten, besonders Herr und Frau Milenkof, sollten Sie auch nicht den Fehler begehen, sich unnötigerweise in Lebensgefahr zu begeben." Er lächelte herablassend, auch wenn in ihm alles danach schrie, sich zu offenbaren, ihm als Cole zu begegnen... Ein Glück, dass er sich über die Untersuchungsergebnisse stets genau informieren hatte lassen, so dass er nun mit seinem Wissen auftrumpfen konnte. "Also finden Sie sich damit ab, dass sie hier sind und sich langweilen. Es wird nicht mehr für lange sein. Das nächste MTK ist für in zwei, nein für morgen schon angesetzt. Ich bin mir sicher, das reizende Fräulein Milenkof wird Ihnen sicher etwas vorbeibringen können, was sie ein wenig ablenkt. Mögen Sie Football? Heute Nachmittag werden Spiele übertragen. Und hinsichtlich besseren Essens kann ich mir auch vorstellen, dass man eine Lösung findet. Und dass wir Ihnen das da injizieren mussten, liegt allein an ihrem elenden Sturkopf, der von Anfang an gegen uns gearbeitet hat. Wenn Sie also endlich damit aufhören würden, sich wie ein Kleinkind zu verhalten, dann glauben Sie mir, sind Sie hier schneller draußen, als Sie es für möglich halten." Er atmete tief ein. "Und nun gehe ich und hole Ihnen eine Blumenvase. Auch die Blumen haben es nicht verdient, dass sie unnötig lange gequält werden." Damit griff er zu der Tasche, holte die Blumen heraus. "Sie können ja ein wenig von der Torte essen. Sie sieht verdammt lecker aus und wie sie riecht..." Einen Moment schenkte er Antonin ein warmes Lächeln. "Ich verlasse mich darauf, dass Sie gleich noch da sein werden, wenn ich zurück bin." Er musste hier unbedingt raus. So schnell wie möglich. Und so ging er zur Tür, mit den Blumen in der Hand und atmete, kaum hatte er hinter sich die Tür geschlossen, einen Moment tief durch, bevor er sich wirklich auf die Suche nach einer Vase machte, dieser auch bald fand. Er wollte Antonin nicht zu lange alleine lassen. Und so kehrte er bald darauf mit den Blumen in der Vase zurück, um diese auf das Nachtkästchen zu stellen. Antonin Sprachlos sah er dabei zu wie die Tür ins Schloss fiel und blinzelte ein paar Mal verwirrt. "Und wer erklärt mir jetzt was ein MTK ist?", fragte er in den leeren Raum hinein und sah dann wieder auf den Engel in seinen Händen. Der Kerl hatte ihn nicht nur glatt an die Wand geredet und es geschafft ihm ein schlechtes Gewissen zu verabreichen, sondern war auch schnell genug verschwunden, um ihn über die Worte nachdenken zu lassen. War er denn tatsächlich noch in Lebensgefahr? Gab es da wirklich 'Schatten' in seinem Kopf? Er hob die Hand an die Stirn, wo eben noch der Finger des anderen geruht hatte und biss sich unentschlossen auf die Unterlippe. Irgendetwas störte ihn. Nur was? Suchend ließ er seinen Blick durch das langweilige Zimmer schweifen bevor er ergeben seufzte und sich wieder hinlegte. Seine Sachen behielt er an, für den Fall der Fälle. Zwar hatten die Worte des Kerles, der seinen Namen immer noch nicht genannt hatte wie ihm gerade auffiel, ihm den Wind tatsächlich aus den Segeln genommen, aber wer wusste schon für wie lange? Wer wusste schon, ob sie ihn nicht wieder an so einen Tropf hängen würden? Durften die das überhaupt? Die Tonfigur immer noch zwischen den Händen haltend, ließ er sich zurück ins Kissen sinken und starrte an die Decke. Er fühlte sich, jetzt wo er sich einmal die Zeit nahm, um darüber nachzudenken, wie durch die Mangel gedreht und wieder ausgekotzt. Und schlussendlich war es die pure Verunsicherung, die ihn hier heraustrieb. Niemand sagte ihm etwas. Aber er hatte eine Todesangst empfunden, als er diesen Nicholas zum ersten Mal gesehen hatte. Ganz ohne darüber nachzudenken, hatte er nach allem was in Reichweite stand gegriffen und es nach dem Mann geworfen. Der sollte ja nicht näher an ihn ran kommen! Das war immer noch etwas, das ihn zutiefst verunsicherte und verwirrte, vor allem, da er zwischendurch das Gefühl hatte, sich diesem an den Hals werfen zu müssen und sich einfach mal auszuheulen. Aber das hatte er natürlich nicht getan. Weder das eine, noch das andere. Antonin wusste, dass er vor Jahren aufgehört hatte zu weinen. Er wusste auch, dass er Marakow hieß, egal was die anderen ihm sagten und egal wie dämlich sie ihn dabei anglotzten. Er wusste ebenso, dass sein zweiter Vorname Mikael war und dass er heute seinen 25.ten Geburtstag feierte. Auch wenn er sich wohl tatsächlich hauptsächlich auf einem viel früheren Stand befand. Zumindest den Großteil der Zeit, zu der er wach gewesen war. Dazwischen hatte es, ganz für ihn selbst, durchaus Momente gegeben, zu denen er mehr zu wissen glaubte. Momente, die ihm wie Standbilder vorkamen, die ihm Bilder zeigten, die er eher Fiction als Realität zuweisen würde, von denen er aber ahnte, dass sie echt waren. Es war ein Gefühl... eine Art Instinkt und etwas sagte ihm, dass er auf jenen schon sehr häufig zurecht gehört hatte. Was ihn zu der Frage brachte, warum dieser Doktor ihn anlog. Er wurde bei niemandem nervös. Kein noch so dämlicher Pfleger, den er von sich weghalten musste, bis dieser verzweifelt aufgab und ihm dann erst erklärte ,was ihm da schon wieder gespritzt wurde, und auch keine böse dreinsehende Schwester konnte ihn einschüchtern. Nervös machten ihn wirklich nur Tayra, Nicholas und dieser neue namenlose Mann. Und jetzt, wo er so darüber nachdachte, fragte er sich, warum es sich aus dessen Mund so komisch anhörte, gesiezt zu werden. Hmm.. Aus jenen Gedanken wurde er jedoch gerissen als die Tür wieder aufging und der Kerl samt Blumenvase wieder sein Zimmer betrat. Und rein um seinen Standpunkt klar zu machen, funkelte er ihn nochmal an. "Ja, ich bin noch hier. Und wenn es nur ist, um anzumerken, dass ich mich anfangs nicht wie ein Kleinkind benommen habe, weil mir langweilig war, sondern weil ich eine Todesangst vor diesem Mann hatte. Oder ist das hier vielleicht auch verboten?", höhnte er, doch dann wurde seine Aufmerksamkeit auf die Blumen gelenkt. "Aber Danke für die Rettung der Blumen, sie haben es wirklich verdient." Dann stockte er und sah einen Moment ein wenig hilflos aus, bevor er sich wieder fing und diesmal deutlich freundlicher wieder zu sprechen anfing. "Hey Mister, könnten Sie mir noch einen Gefallen tun und die beiden roten Blumen da raus nehmen? Ich schenke Sie Ihnen, wenn Sie wollen. Aber ich will nichts Rotes in dem Raum, in dem ich schlafe." Warum er das nicht wollte, wusste er nicht. Aber Antonin glaubte, dass es wichtig wäre. So seltsam und verquer sich das auch anhören mochte, aber er schien eine Aversion gegen Rot zu besitzen. Ging es eigentlich noch merkwürdiger? Er setzte ein leicht schiefes Grinsen auf. "Und wenn Sie mir jetzt noch sagen, wo diese Übertragungen von Footballspielen laufen werden und meiner Frage nach Ihrem Namen nicht wieder so geschickt ausweichen, bleibe ich hier, bis dieses Schattenarteriendingsbums verschwunden ist. Versprochen." Von einer Sekunde auf die nächste fiel sein ganzer Trotz von ihm ab und er fühlte sich einfach nur noch müde. Müde und ein wenig traurig darüber, seinen Geburtstag so zu beginnen. "Vielleicht werde ich ja sogar noch richtig handzahm, wenn Sie mir zusätzlich noch erklären, was ein MTK ist. Misst das meine Hirnfrequenzen oder so?", hinterfragte er, während er ganz unbewusst die ganze Zeit mit dem Engel in seiner Hand spielte. Ganz als würde jenem ihm Halt geben. Cole Als er das Funkeln Antonins sah, als er das Zimmer betrat, dachte er schon einen Moment, dass seine Worte, seine Schauspielerei nichts gebracht haben. Doch die Worte des anderen beruhigten ihn diesbezüglich wieder. Gleichzeitig machten sie ihm klar, dass Antonins Unterbewusstsein tatsächlich versuchte sich gegen alles zu wehren, was mit Gewalt zu tun hatte. Und so natürlich auch gegen Nicholas, seinen Ausbilder. Aber dieser war nun einmal der einzige Mensch, bei dem Antonin gut aufgehoben wäre. Cole zupfte die Blumen zurecht. Er hatte noch nie jemandem Blumen geschenkt, also hatte er der Verkäuferin gesagt, sie seien für einen guten Freund, der im Krankenhaus lag. Der Strauß gefiel ihm, doch Antonin offensichtlich nicht. Überrascht sah er Antonin an. "Die roten?", fragte er nach und wunderte sich ein wenig. "Wie Sie wünschen", fügte er schnell hinzu, um seine Verwunderung nicht preis zu geben. Rot... Er ahnte, warum. Cole nahm die beiden Blumen heraus, lächelte Antonin danach an, als er nach dem Footballspiel fragte. "Das Footballspiel wird in einem Gemeinschaftsraum am Ende der Station übertragen. Es wird sicher nett, weil einige der Patienten dort sein werden. Es ist Ende der Saison... Langsam geht es um alles." Cole hatte keine Ahnung von Football. Solcherlei Dinge interessierten ihn nicht sonderlich, auch wenn er an die besten Karten herankommen könnte, wenn er musste. Bei Geschäftsterminen zum Beispiel. Aber Antonin hatte so etwas mal erwähnt, wenn er sich recht erinnerte. Und offenbar erinnerte er sich richtig. Cole trat wieder zurück, lehnte sich ans Fensterbrett, ein wenig Abstand von Antonin nehmend, um nicht in Versuchung zu gelangen, ihm nahe zu kommen. Die Schreie in ihm wurden immer lauter, aber er durfte ihnen nicht nachgeben. "Und ich bin Doktor Sacks, Oliver Sacks – den Namen hatte er irgendwo hier im Krankenhaus gelesen - Und es ist nicht ein Schattenarteriendingsbums, sondern eine angedeutete Verstopfung ihrer Blutbahnen." Er grinste leicht. Antonins nun wieder bessere Laune erleichterte ihn so ungemein, dass er gar nicht anders konnte, als selbst wieder zumindest ein Stück weit seine kühle Aura abzulegen. "Und ein MTK ist nicht die Messung der Gehirnströme, das ist ein EEC. Bei einem MTK werden Sie in eine Röhre geschoben, wir mussten sie damals schlafen legen, weil sie sich gewehrt haben, und in dieser Röhre werden dann sozusagen Röntgenaufnahmen von ihrem Kopf gemacht. Ihr Kopf wird sozusagen 'zerschnitten', so dass man alle Punkte darin gut sehen kann. Nun und auf ihrem MTK kann man eben diese helleren Flecken sehen, die davon zeugen, dass dort das Blut ein wenig gestaut ist. Das Heparin, das sie sich übrigens gerne aus dem Arm ziehen, sorgt dafür, dass ihr Blut dünn bleibt, damit es auch noch durch die kleinste Öffnung fließen kann." Sein Lächeln verblasste wieder. "Und ich kann gut nachvollziehen, dass Sie Angst haben", fügte er ruhig an. "Sie hatten wirklich mehr als Glück. Aber auch wenn Sie sich nicht erinnern, noch nicht erinnern, so ist Mister Milenkof jemand, dem sie vertrauen können. Er meinte, Sie seien wie ein Bruder für ihn gewesen." Cole stieß sich vom Fensterbrett ab. "So, ich werde mich dann mal an die Arbeit machen", erklärte er. "Feiern Sie noch schön Ihren Geburtstag und machen Sie es den Schwestern nicht so schwer. Die Armen machen auch nur, was man Ihnen sagt. Ich werde mit Dr. Rosenberg sprechen und dafür sorgen, dass Sie mehr Informationen erhalten. Er wird Ihnen sicher auch gerne die Aufnahmen ihres Gehirns zeigen." Cole grinste leicht. "Und was das Essen betrifft, wird sich sicher eine Lösung finden. Und schlafen Sie bald. Das Wichtigste ist, dass Sie sich so viel Ruhe wir möglich, so wenig Aufregung wie nötig gönnen. Bald werden Sie hier draußen sein, glauben Sie mir." Er lächelte Antonin an. "Ich wünsche Ihnen weiter gute Besserung." Dann drehte er sich zur Tür und verließ den Raum. Weg hier, bloß weg hier... Seine Selbstbeherrschung war am Ende. Vor der Tür blieb er einen Moment stehen, atmete tief ein und aus, strich sich mit den Händen übers Gesicht. Scheiße, Scheiße, Scheiße... Cole ging zum Schwesternzimmer und machte der Schwester und dem Pfleger klar, dass sie niemals erzählen durften, wer er wirklich war. Niemals, denn sonst hätten sie nicht nur das Problem, dass Antonin noch nachdrücklicher hier heraus wollte, sondern sie würden auch massive Probleme mit ihm bekommen. Und offenbar wirkte seine Aura noch immer gut, denn man versicherte ihm, dass sie einfach behaupten würden, Dr Sacks habe Urlaub, wenn nach ihm gefragt wurde. Zudem würden Sie dem Chefarzt die Wünsche antragen. Cole konnte nur hoffen, dass jener, der ihn ja mittlerweile gut kannte, das auch umsetzen würde. http://www.youtube.com/watch?v=jRehmX3zlwE Wie lange er in seinem Auto saß, die Stirn am Lenkrad abgelegt, die Augen geschlossen, vollkommen kraftlos, wusste er hinterher nicht mehr. Er wusste nur, dass er im Arsch war, vollkommen. Es war etwas geschehen, was er unbedingt hatte vermeiden wollen. Er hatte Antonin nie wieder begegnen wollen. Er hatte ihn nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen wollen, nicht mit ihm reden wollen. Nicht nur, weil er nicht wollte, dass Antonin sich an ihn erinnerte, und offenbar hatte er ja heute Glück gehabt, sondern auch wegen ihm. Denn das, was in ihm gerade vor sich ging war so heftig, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Es war: Too much! Mehr fiel ihm dazu nicht ein. Cole richtete sich schließlich wieder auf, betrachtete die beiden roten Blumen, die er noch immer in Händen hielt. Vorsichtig hob er sie zu seinem Mund und küsste sie. Dann öffnete er das Fenster des Wagens. Es musste aufhören. Das hier musste aufhören. Er musste wieder Kontrolle über sich haben. Unbedingt. Kurz zögerte er noch, dann ließ er die Blumen auf den Asphalt des Parkhauses fallen. Nein, so durfte es nicht weitergehen... Das einzige, was ihn jetzt würde runterkommen lassen, wäre wohl etwas, was er in den letzten Tagen ungewöhnlicherweise komplett unter den Tisch hatte fallen lassen: Sex Und so fuhr er schließlich in einen jener Clubs, wo man hinging, um nur eines zu erhalten. Und so schaffte er es zumindest für einige Minuten zu vergessen, auch wenn diese Augenblicke nur kurz waren, denn wann immer er die Augen schloss, verfolgte ihn das Gesicht des anderen. Kapitel 58: Hündischeres ------------------------ Antonin Antonin war über alle Maßen angepisst. Etwas das er wie Schild und Schwert mit sich herumtrug und dazu führte, dass er die Unterschrift unter den Wisch mit mehr Gewalt als nötig setzte. Zwei Tage. Zwei beschissene Tage war er noch hier gelegen, hatte sich durch eine Röhre schieben lassen und war im Allgemeinen höflicher zu den Menschen um ihn herum gewesen. Bis er aus purer Langeweile durch den Prospekt des Krankenhauses geblättert hatte und dort über ein Bild des hochangesehenen Doktors Oliver Sacks gestolpert war. Einer, der absolut nicht nach dem eindrucksvollen Mann aus seiner Geburtstagsnacht aussah. Seine Suche nach dem Pfleger und der Nachtschwester blieb ohne Erfolg, aber dafür fand er Doktor Rosenberg und fragte diesen nach der prozentualen Möglichkeit einer Arterienverschließung. Und 25 Prozent waren ihm gering genug. Antonin hatte es satt. Er hatte es so unglaublich satt, sich von vorne bis hinten belügen lassen zu müssen und würde den ganzen Mist jetzt selbst in die Hand nehmen. Tayra, die ihn häufig vormittags besuchte war alsbald geschickt ausmanövriert und er hielt kurz darauf seinen eigenen Wohnungsschlüssel in den Händen und die Information nach dem Straßennamen seiner Wohnung. War gar nicht weiter schwer gewesen. Eine unschuldige Frage nach dieser Straße, die ihm offen beantwortet wurde und dann ein wenig Schauspielern und behaupten, dass er eine Tür mit Karte und Code hatte. Sofort wühlte diese Frau in ihrer Tasche und zeigte ihm seinen eigenen Wohnungsschlüssel. Sie danach aus dem Zimmer zu bekommen und diesen aus ihrer Handtasche zu stehlen war nicht weiter schwierig gewesen. Danach der kurze 'Zusammenstoß' mit seinem Doktor, eine abermalige zur Schau Stellung seines unbeugsamen Sturkopfes und eine zornige Unterschrift später stand er auf der Straße und sah sich nach einem Taxi um. Wut schwomm in seinen Augen und der nächste, der ihm dumm kommen würde, den würde er mit einem göttlichen Feuerschwert erschlagen. Der Taxifahrer schien zu ahnen, dass es besser wäre nichts zu sagen, was Antonin mit einem großzügigen Trinkgeld belohnte und sich dann dem Haus zuwandte, in dem er wohl lebte. Tatsächlich wusste er welche Tür zu ihm gehörte und stand wenige Minuten später in seinem Gang und ließ die Ruhe auf sich wirken. Zumindest bevor er in die Stofftasche griff, die er mit sich herumtrug und den Tonengel daraus hervorholte. Jenen vorsichtig auf das Telefonkästchen stellte. Sicher war sicher, nicht dass er doch plötzlichen Schwindel bekam und umfiel und das schöne Stück damit kaputtmachte. Die nächsten Stunden waren in Ermanglung eines besseren Ausdruckes dafür, einfach nur seltsam. Es fühlte sich nicht an als würde er seine eigene Wohnung betrachten, sondern sich durch die eines Fremden wühlen. Nur hin und wieder fühlte er sich nicken, Dinge als seine eigenen erkennen. Die Post-its waren typisch für ihn. Schon immer gewesen. Das schwarz-weiß Bild in seinem Schlafzimmer fand er wunderschön und sein Musikgeschmack war tadellos. Dafür war sein Kleiderschrank eine Katastrophe und er konnte sich nur ein wenig zufriedener zeigen als er einen Stapel Kleidung erkannte, der so aussah als hätte man ihn eilig zusammengeknüllt und ins Eck geworfen. Die Lederhose war schick und das weisse Top hatte etwas, auch wenn er sich frage, ob die Lederbändchen wirklich sein müssten. Und das Halsband brachte ihn zum lächeln. Bis er die kleine Pistole daran näher betrachtete, sie in der Hand wog und nach einigen Minuten wie von der Tarantel gestochen aufsprang. Was seinem Kopf nicht gut tat und strengstens verboten war, aber das war in diesem Moment egal. Zielstrebig öffnete er eine Schranktür, schob einen Anzug beiseite und holte den Kasten, der sich dahinter verbarg hervor. Und ja, dort lagen zwei Waffen, ganz wie vermutet. Unterschiedliche Handfeuerwaffen, wovon ihn die eine deutlich mehr ansprach. Mit zittrigen Händen holte er sie hervor und ohne groß darüber nachdenken zu müssen entfernte er das Magazin, überprüfte es und legte es dann neben die Eagle. Ja.. das war eine Desert Eagle. Seine Desert Eagle. "Was genau geht hier eigentlich vor?", murmelte er und verstaute die Kiste wieder, bevor er sich ein wenig mühsam in die Küche schleppte, sich einen Block und Stift griff und sich einige Minuten später in eine Decke gewickelt auf der Couch wiederfand. Wo er eine Weile ohne etwas zu sehen in die Luft starrte und schließlich einige Worte niederschrieb. Desert Eagle Waffen Fellknäul Savoy Antonin würde diese Liste weiterführen und er würde dahinter kommen, was ihm diese Idioten verschwiegen. Auch wenn dieser Nicholas Andeutungen gemacht hatte, dass es vielleicht nicht falsch wäre zu vergessen, so war Antonin ganz anderer Ansicht. In ihm nagte etwas. Etwas, das ihn auf Trab hielt, das ihn auf Zehenspitzen gehen und ihn über die Schulter sehen ließ. Er war sich sicher etwas Wichtiges vergessen zu haben. Etwas, das ihm wichtig war. Dazu noch der Gedanke an den wichtigen Termin, auch etwas, das ihm keiner beantworten konnte oder wollte. Abermals leuchtete Zorn aus seinen Augen, als er den Kopf zurück auf die Sofalehne legte. Die sollten ihn nur nicht unterschätzen. Sowie ihm auch nur ein Ort einfiel, würde er sich auf seine eigenen Spuren begeben. Cole "Wie er ist nicht mehr da?", fragte Cole verwundert. Als er diese Nacht zu Antonins Zimmer gekommen war, um wie üblich zu beobachten, wie er schlief, zu fragen, wie es ihm ging, ihm etwas zu Essen da zu lassen, hatte er jemand Fremden in dessen Zimmer vorgefunden. Cole hatte Glück, dass Dr Rosenberg heute Nachtschicht hatte, der ihn davon in Kenntnis setzte, dass Antonin seine Entlassung gefordert hatte, nachdem er ihm hatte mitteilen sollen, wie hoch die Gefahr eines Arterien- oder Venenverschlusses sei. "So ein verschissener Dreckskerl", fluchte Cole. "So ein verdammtes, kindisches, sturköpfiges Arschloch." Wut glomm in ihm auf. Der Doktor, der sich offenbar auch verflucht fühlte, versuchte sich zu rechtfertigen, dass er keine andere Wahl gehabt habe. "Sie können nichts dafür", versicherte Cole. "Sagen Sie mir, was zwingend notwendig wäre, damit Antonin auch außerhalb der Klinik sicher ist." Der Doktor erklärte es ihm, stellte ihm Medikamente auf einem Rezept zusammen. Cole schrieb sich die wichtigen Dinge mit, ließ sich die Nummer von Nicholas geben, die auf Antonins Akte vermerkt war, und rief diese an. Eine Frau meldete sich. "Hier ist Cole", sagte Cole kühl. "Antonin hat sich entlassen. Sucht ihn. Ich komme nachher vorbei und bringe Medikamente, die er braucht. Zwingt ihn, bei euch zu bleiben. Er muss beaufsichtigt werden. Wenn ihr ihn nicht findet, versuche ich mein Glück. Und wenn irgendetwas ist, ruft mich bitte an." Er wartete gar nicht auf eine Antwort, zumal sein Tonfall ohnehin keinen Widerspruch geduldet hätte. Er dankte dem Arzt, der ihm versicherte, anrufen zu dürfen, wenn er Fragen habe. Dann verließ er das Krankenhaus. Die letzten zwei Tage hatte Cole damit zu tun gehabt, sich so viel zu beschäftigen, dass er das 'Geburtstagsgespräch' mit Antonin vergessen konnte. Er organisierte und führte einige Deals durch. Ragnar, der offensichtlich ihn wie seinen Augapfel hütete, fragte immer wieder, wie es ihm ginge, doch darauf antwortete er nur halbherzig. Denn im Moment konnte er auch keine wirklich ehrliche Antwort dazu abgeben. Er war beruhigt gewesen zu sehen, dass jener nachts gut schlief, dass er sich daran hielt, was sie besprochen hatten. Aber mehr wusste er auch nicht. Cole fuhr zu einer Apotheke, die Nachtdienst hatte, und besorgte die Medikamente. Dann fuhr er zu Nicholas nach Hause, wo er unschlüssig war, was er tun sollte. Eine Weile beobachtete er das Haus. Sie würden Antonin sicher noch nicht haben. Eines war ihm klar, er durfte sich nie wieder von Antonin sehen lassen. Er sollte die Möglichkeit erhalten, ein ruhiges, freies, sorgloseres Leben zu führen, als das, das er bisher führte. Und deshalb würde Cole sich diesem nicht mehr zeigen. Schließlich stieg er aus, die Tüte und seine Aufzeichnungen in der Hand und ging hinüber zum Haus, um zu klingeln. Antonin sollte es gut gehen, das war das Wichtigste. Tayra Tayra öffnete dem Mann, bevor er klingeln konnte. Cole, wenn sie das am Telefon vorher richtig verstanden hatte. Sie nickte ihm zu, mit einem Ohr noch am Telefon, bedeckte die Muschel kurz mit einer Hand. "Warte kurz", bevor sie wieder der empörten Stimme lauschte. "Du hättest es besser wissen müssen! Er sagt sowas nicht zum Spaß. Ich habe dir gleich gesagt, dass ich fahren sollte, aber nein, der gnädige Herr dachte ja, dass es so viel besser wäre nicht auf seine eigene Frau zu hören. Ich habe gute Lust, dich da sitzen zu lassen." Sie lachte ein wenig hohl auf. "Du in einer Zelle, dass ich das noch erleben darf. Sogar mit Ansage." Sie lauschte der Antwort und musterte nebenbei den Mann vor sich. Er war ein ganzes Stück größer als sie selbst, was nicht weiter schwierig war und sie musste Nicholas Beschreibung von ihm zustimmen. Ein Eiswürfelbad war wärmer als dieser Blick. Aber was Nicholas nicht erwähnt hatte, war, dass der Kerl ein ganz eindrucksvolles Stück Mann war. Auf ganzer Linie. Ob Toni, mit seinem neuentdeckten Schwulsein wohl ein Auge auf jenen geworfen hatte? Doch solche Gedanken waren jetzt nicht förderlich und als ihr Mann geendet hatte blitzten ihre braunen Augen unheilsvoll auf. "Dieser Cole ist hier", merkte sie an und warf einen Blick auf die Tüte. "Mit den Medikamenten. Hast du ihn eigentlich zu Gesicht bekommen?… Mh... er ist ein erwachsener Mann, Nicholas. Ich erkenne das ganze Drama daran nicht. Es ist alles völlig in Ordnung, wenn er innerhalb kürzester Zeit zweimal angeschossen wird, aber sich selbst aus einem Krankenhaus zu entlassen ist es nicht?" Da Nicholas nicht da war, um ihren Frust mit der ganzen Situation abzubekommen, musste eben dieser Cole dafür herhalten. Welchen sie unzufrieden betrachtete. "Ach ja?", höhnte sie. "Na dann ist ja alles wunderbar. Ich komme später, um die Kaution zu hinterlegen." Sie beendete das Gespräch und hob eine Augenbraue. "Du bist sein Ziel richtig? Wie kommt es, dass man dich kein einziges Mal im Krankenhaus sieht, aber du jetzt weißt, dass er sich entlassen hat?", fragte sie gerade raus. Sie hatte keine Angst vor diesem Mann. Zumindest keine, die begründet werden konnte. "Er ist bei sich Zuhause und hat die Polizei gerufen, als Nicholas versucht hat, sich Zutritt zu der Wohnung zu verschaffen. Etwas, das er angekündet hatte, als ich ihn anrief. Ich zitiere: 'Ich war sowieso nur noch im Krankenhaus, weil ich angelogen wurde und wenn ihr mich heute nochmal nervt, dann lasse ich euch von der Polizei abführen. Habt ihr nichts Besseres zu tun, als mich zu stalken?' - Zitat Ende." Abwartend musterte sie den Mann vor sich. Ein wenig prüfend, ein wenig schwankend, doch dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. "Allerdings hatte Nicholas auch keinen Schlüssel, während ich nicht nur den hatte, den man mir im Krankenhaus gegeben und den Antonin mir geklaut hat, sondern auch den, den er bei mir zur Sicherheit hinterlegte. Das kommt davon wenn man seine Frau nicht aussprechen lässt." Cole Die brodelnde Wut auf Antonin, die in ihm gärte erhielt neue Nahrung, als er hier stand, wie bestellt und nicht abgeholt, während diese Frau offensichtlich mit Nicholas telefonierte. Die Frau galt sicher als hübsch, wenn man auf Frauen stand. Sie wirkte energisch und nicht auf den Mund gefallen. Sicher nicht schlecht, wenn man mit einem Mann wie Nicholas verheiratet war. Und Cole wusste ja auch, dass sie Rennen fuhr. Sie musste energisch sein. Wer die dritte Person im Gespräch war, konnte er zunächst nicht aus dem Gespräch schließen. Es ärgerte ihn nur, dass es Nicholas offensichtlich nicht möglich war, nach Antonin zu suchen. Er wurde noch ungeduldiger und es fiel ihm schwer, dieser Frau nicht einfach das Telefon aus der Hand zu nehmen, um aufzulegen. Um nicht noch ungeduldiger zu werden blickte er sich um, leicht unruhig auf seinen Zehenspitzen wippend, ohne dass er es wirklich merkte. Als er jedoch seinen Namen hörte, blickte er Tayra wieder an. Und die nun folgenden Worte ließen ihn erahnen, was geschehen war. Sein Blick verdunkelte sich wieder. Dieser verdammte Sturkopf... Ruhig erwiderte er den Blick, mit dem Tayra ihn bedachte. "Das geht dich nichts an", beantwortete er die Frage, die Tayra an ihn richtete. Es tat nichts zur Sache, wie es kam, dass er nun hier auftauchte. "Fakt ist, dass ich hier bin." Er hörte ihr aufmerksam zu, musste kurz wütend schnauben, als er hörte, was Antonin zu ihnen gesagt hatte. Er stützte einen Moment seinen Kopf auf seine Hand, seine Hand über den Augen liegend. "Dieser verdammte Vollidiot", knurrte er und seine Augen glommen vor Wut, als er Tayra wieder ansah. "Du hast noch einen Schlüssel?", fragte er überrascht. Einen Moment stutzte er. Nicholas in U-haft, Antonin in seiner verschanzten Wohnung, Tayra musste die Kaution zahlen. Wer würde zu Anotnin gehen - er kam sich vor wie in einer Rateshow, bei der man im Multiple Choice-Verfahren via Ausschluss auf die richtige Lösung kam: Cole, er selbst. Aber das ging eigentlich nicht. Erstens, weil er Antonin nicht sehen sollte, und zweitens, weil er der Auslöser dieser Lüge war. Er war derjenige der gelogen hatte. Nicht, was den Gesundheitszustand betraf, sondern wegen seiner Identität. Offenbar musste Antonin herausgefunden haben, wer Dr. Sacks wirklich war. Er seufzte tief. "Mir scheint, mir bleibt nichts anderes übrig. Darf ich den Schlüssel haben?", er blickte Tayra fragend an. Und ein wenig konnte man sehen, wie kraftlos, hoffnungslos er eigentlich im Moment war, wie sehr ihn diese Sache wirklich mitnahm. Er hatte seit Tagen nicht mehr wirklich geschlafen, fand keine Ruhe, arbeitete, um nicht nachdenken zu müssen. Zudem nagten mehr und mehr Schuldgefühle an ihm. Schuld, weil er Antonin nie dazu hätte verpflichten sollen, sein Guard zu werden, denn dann wäre das alles nicht passiert. Und nun ermöglichte ihm dieser Idiot nicht das zu tun, was er sich selbst offenbar doch eigentlich gewünscht hatte, unterbewusst. Nämlich von dem ganzen Scheiß in seinem Leben nichts mehr wissen zu wollen, einschließlich Cole selbst. Cole nickte müde. "Ich bin kein Schuljunge", murrte er und nahm den Schlüssel entgegen. "Ich melde mich, wenn es etwas Neues gibt." Er trat die wenigen Stufen hinunter. "Und danke", fügte er noch an und hob kurz den Schlüssel, sich die Worte sparend, weshalb er sich bedankte. Als er im Auto war musste er einen Moment verschnaufen. Was, verdammte Scheiße, sollte er jetzt machen? Warum verhinderte man es ihm, Antonin einfach in Ruhe zu lassen? Nein,... Warum war es ihm nicht möglich, den anderen einfach in Ruhe zu lassen? Warum kümmerte er sich überhaupt, wieso war er hier, wieso würde er jetzt zu Antonin fahren? Er ließ die Stirn auf das Lenkrad sinken, atmete tief durch. "Du bist ein Idiot, Cole!", murmelte er und fuhr schließlich los. Er hatte eine Verantwortung für Antonin, ja so war es. Eine Verantwortung, weil er ihn in dieser Situation gebracht hatte. Und nun müsste er seine Pflicht tun. Er musste Antonin helfen, weil er es ihm schuldete. Und wenn Antonin wieder fit war würde er ihn über Knie legen und ihm so lange den Hintern versohlen, bis er nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Das war ihm jetzt mehr als klar. So ein elendiger Scheiß Sturkopf! Als er schließlich bei Antonin hielt, hatte er sich genug eingeredet, dass es nun einmal seine Pflicht war, dass er Verantwortung zeigen musste. Er trug die Schuld für die Misere. In Antonins Wohnung brannte Licht. Er öffnete unten die Haustür und ging die Stufen hinauf. Vor der Wohnungstür blieb er kurz stehen, bevor er den Schlüssel ins Schloss steckte und die Wohnungstür öffnete. "Antonin, bist du da?", fragte er leise in den dunklen Gang hinein, der ihn empfing. Vorsichtig schloss er wie Tür wieder und ging leise in Richtung Wohnzimmer, wo er Licht sah. Er trat nicht aus dem Schatten heraus, als er Antonin dort sitzen sah, offensichtlich eifrig damit beschäftigt etwas aufzuschreiben. Einen Moment senkte er den Blick. Ob er die Medikamente einfach hier hinstellen und wieder gehen sollte? Dann hätte er doch seine Pflicht erfüllt oder? Aber was, wenn Antonin die Medikamente nicht nehmen würde... Ihm blieb wahrscheinlich keine andere Wahl. Einige Momente sah er Antonin noch zu, betrachtete das Gesicht, das ihn Nacht für Nacht verfolgte. Dann trat er in das Licht. "Ich fürchte ich muss etwas klar stellen und dir einige Fragen beantworten. Außerdem habe ich dir deine Medizin mitgebracht. Darf ich?" Er würde Antonin die Wahl lassen. Vielleicht würde dieser ja keine Fragen haben, würde nichts wissen wollen. Dann würde er wieder gehen, guten Gewissens. Ruhig blickte er Antonin ins Gesicht, abwartend, wie jener reagieren würde. Antonin Erschöpft drückte Antonin sich in das weiche Polster seiner Couch und seufzte. Er hatte es ihnen prophezeit, oder etwa nicht? Erstaunlich wie schnell die Polizei tatsächlich hier gewesen war, nur noch kurz seine Personalien haben wollte und den Russen dann mit ihnen genommen hatten. Ob er wohl Suaheli sprach, oder warum schien niemand auf das einzugehen, was er wollte? Er fühlte nur ein minimales schlechtes Gewissen, denn wenn die beiden ihn angeblich so gut kennen würden, dann wüssten sie, dass er mit so etwas keine Scherze betrieb. Abermals war ein Funken Misstrauen entfacht, besonders dem Mann gegenüber. Die Frau schien eher auf ihn eingehen zu wollen, aber wurde häufig von kleinen Blicken und Gesten gestoppt. Oh ja, zwar wusste er nicht genau warum aber er besaß offensichtlich ein sehr gutes Auge für solche Kleinigkeiten. Kleinigkeiten wie sie ihm inzwischen auch in seiner Wohnung aufgefallen waren. Wie die aufgerissenen Kondomhüllen, die beiden Kaffeetassen die in seiner Spüle standen und das beidseitig zerwühlte Bett. Vor welchem er nach der Aktion mit der Polizei geraume Weile gestanden und darauf gestarrt hatte. Wie konnte es sein, dass er anscheinend über ein intaktes Sexualleben verfügte und ihm niemand etwas darüber erzählte? Schlief er sich durch die Landschaft und er war deshalb nicht besucht worden? Aber würde er so jemanden zu sich in die Wohnung holen? Ein seltsamer Gedanke, der ihm nicht gefiel. Aber er war sich zumindest sicher, von einem Mann ausgehen zu können. Etwas das ihm schon im Krankenhaus aufgefallen war, als er sich über die hässlichen Pfleger geärgert hatte. Und weil er noch recht nachhaltig über jenen Mann nachgedachte, der ihn so dreist angelogen hatte. Sich ein Glas Wasser einschenkend, hatte er nebenbei den Inhalt seines Kühlschranks gemustert und zufrieden festgestellt, dass er sich tatsächlich gut ernährt. Weniger zufrieden war er jedoch damit, dass er das Gemüse erstmal wegwerfen konnte. Naja, würde er sich später eben eine einfache Brühe machen. Suppenwürfel hatte kein Ablaufdatum von ein paar Tagen. Schulterzuckend war er mit seinem Glas wieder ins Wohnzimmer geschlendert und fand sich jetzt über verschiedene Blätter gebeugt. Alle mit vereinzelten Worten beschmiert, die er versuchte in eine Reihenfolge oder überhaupt in einen Zusammenhang zu bekommen. Er hörte seinen Besucher nicht kommen und zuckte zusammen als jener ihn ansprach. Den Mann mit der eindrucksvollen Aura vor Überraschung mit aufgerissenen Augen musternd, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Der Kerl besaß einen Schlüssel zu seiner Wohnung? Antonin war zwischen Überraschung, Zorn und auch Neugierde hin und her gerissen und entschied sich schlussendlich für letzteres. Immerhin wurden ihm hier gerade Antworten versprochen. Er wandte den Blick ab, wieder auf den Tisch und griff sich zielgenau eines der Blätter und hob es hoch ohne den anderen anzusehen. "Nur zu, Doktor Who. Oder sollte ich Collins sagen? Stimmt das?", fragte er mit ruhiger Stimme, auch wenn das Blatt in seiner Hand mehr zitterte als ihm lieb war. Er schob es auf sein Schädeltrauma oder wie auch immer die das nennen wollten. "Wenn es nicht mein eigenes Leben betreffen würde, wäre dieses Zusammenpuzzeln sogar ganz spannend", fuhr er fort bevor er doch wieder zu dem Mann sah, mit fragendem Blick. "Es sind nur Kleinigkeiten, befürchte ich, aber ich denke Sie... nein, ich denke du bist aus irgendwelchen Gründen wichtig. Was mich nur weiter zu der Frage bringt, warum ich angelogen wurde." Er fühlte sich nicht so ruhig wie sich seine Stimme anhörte. Tatsächlich machte ihm das ganze deutlich mehr Angst als er zugeben wollte. Was wenn sein Gedächtnis so lückenhaft blieb? Was wenn ihm weiterhin Jahre fehlen würden? Was wenn er wichtige Personen nicht mehr erkannte? Jeder konnte ihn momentan die Geschichte vom Weihnachtsmann erzählen und ihm würde momentan gar nichts anderes übrig bleiben, als daran zu glauben. Es war so frustrierend! Cole Also erinnerte sich Antonin langsam aber sicher an gewisse Dinge, erkannte aber keine Zusammenhänge und Hintergründe. Und offenbar war er gerade damit beschäftigt, sich aufzuschreiben, woran er sich erinnern konnte, um alles doch noch in einen großen Zusammenhang zu bekommen. Doch was nun? Was bedeutete das für ihn? Sollte er die Wahrheit sagen? Sollte er ihm alles erzählen, was er wissen wollte? Cole wusste es nicht. "Cole", sagte er. "Mein Name ist Cole." Auf alles andere ging er gerade nicht ein. Er trat näher an das Sofa heran, spürte deutlich, dass ausgerechnet jetzt sein Körper beschloss, dass es zu viel war, spürte, dass er müde wurde, erschöpft, kraftlos. Er hob die Tüte mit den Medikamenten an und stellte sie auf den Tisch. "Ich bin auch kein Doktor, dennoch habe ich dir die Medikamente mitgebracht, die wichtig dafür sind, dass du weiterhin so erfolgreich gesund wirst. Seine Augen ruhten in denen des anderen. Er sah die Unruhe in diesem, sah sein Zittern, und er fühlte sich unglaublich hilflos. Er überlegte einen Moment, dann setzte er sich auf das Sofa, ans andere Ende, lehnte sich an und atmete tief durch. Er streifte seine Schuhe ab, zog die Beine an und setzte sich so, dass er Antonin ansehen konnte. "Du hättest auf mich hören sollen und im Krankenhaus bleiben, aber dein elendiger Sturkopf und deine offensichtlich gekränkte Eitelkeit sind wohl wichtiger als dein Verstand", knurrte er nun und spürte wieder die Wut, die ihn schon seit er im Krankenhaus mit dem Chefarzt gesprochen hatte, verfolgte. Und die Wut wurde größer, auch wenn sie sich nicht gegen Antonin richtete, sondern eigentlich gegen ihn selbst. Denn er spürte, wie er es kaum ertragen konnte, die Angst in Antonins Gesicht zu sehen. Und er kannte ihn gut genug, dass er sie wirklich sehen konnte. "Und ich habe dich nur angelogen, weil ich eigentlich nicht möchte, dass dir etwas zustößt. Also musste ich deinen verdammten und dreimal verfluchten Dickschädel austricksen. Sieh es als Notlüge, denn nichts anderes war es." Seine Wut hatte ihn mittlerweile so weit wieder aufgeputscht, dass seine Augen den anderen zornig anfunkelten. "Und was meine Person betrifft, so spielt sie in dieser Geschichte nur insofern eine Rolle, als dass sie für deinen Unfall verantwortlich ist, denn du warst zu mir unterwegs, beruflich. Und auf der Fahrt zu mir ist dir das passiert." Cole atmete tief durch. Sein Blick wich von Antonins Gesicht ab ins Unbestimmte. "Woran kannst du dich noch erinnern?", fragte er dann plötzlich. "Ich meine aus den vergangenen 7 nein 8 Jahren, die dein Unterbewusstsein hat vergessen lassen?" Seine Augen waren wieder auf Antonin gerichtet. Er durfte jetzt nicht schwach sein. Als er klein war hatte er einmal mit seinem Vater einen alten Western angesehen, in dem John Wayne einen berühmten Satz geprägt hatte: A man´s gotta do what a man´s gotta do! Antonin Antonin sah dabei zu, wie dieser Nicht-Doktor es sich mit einer Selbstverständlichkeit auf seiner Couch bequem machte, die ihn sich abermals fragen ließ, wie gut er den Mann eigentlich kannte. Cole also, ja? Der Name passte irgendwie perfekt. Vielleicht weil Antonin ihn wirklich unter diesem Namen kennengelernt hatte. Vielleicht weil irgendwas jetzt plötzlich richtig zu sein schien, wo es bei dem anderen Namen nur ein schlechtes Gefühl gegeben hatte. Vielleicht besaß er momentan doch so eine Art inneren Lügendetektor, der sich meldete wenn man ihn mit etwas belog, dass er eigentlich besser wissen sollte. Warum sah Cole eigentlich so kaputt aus? Wäre es hier nicht vielmehr Antonins Part den Kranken zu mimen? Faszinierender Weise konnte Antonin allerdings bei sich selbst beobachten, dass er sich immer mehr entspannte, je mehr Cole ihn ankeifte und anfunkelte. Seltsame Welt, aber irgendwie beruhigte ihn dessen Wut. Schon komisch, hätte Nicholas ihn so angesehen, wäre er vor Angst wohl aus dem Fenster gesprungen. "Mein Verstand arbeitet sehr gut Cole", beschied er ihm, doch es war eine ruhige, fast nachsichtige Stimme, die jene Worte trug. "Ein wenig zu gut sogar, weshalb es auch nichts mit gekränkter Eitelkeit zu tun hat, als vielmehr mit Unglauben und Zorn." Der Blick, der Cole traf, war prüfend, doch dann schüttelte er ein wenig ungläubig den Kopf. "Bleib sitzen, ich bin kein Invalide", gab er noch von sich, bevor er in die Küche ging und mit gleich darauf mit einem weiteren Glas zurück kam, das er vollschenkte und Cole dann hinstellte. Er deutete darauf und lächelte ein wenig. "Es ist seltsam sich von jemandem Vorhaltungen machen lassen zu müssen, der selbst aussieht wie der wandelnde Tod", erklärte er und setzte sich wieder, seine Decke erneut um sich schlingend, während er ganz unbewusst Coles Sitzhaltung kopierte und jenen dann wieder ruhig ansah. Wo die Ruhe auf einmal herkam? Woher wollte er das wissen? "Mein dreimal verfluchter Dickschädel hat mir das Leben gerettet. Und nicht nur mir, sondern auch einem kleinen Kind", versicherte er ernsthaft bevor er grinste. Ein Grinsen, das sich zu einem Lächeln verbreiterte und in einem leisen Lachen endete. "Ach du bist verantwortlich ja? Warum? Hast du das Kind auf die Straße geworfen?", er schüttelte den Kopf ein wenig belustigt, doch dann stockte er und verengte die Augen ein Stück weit. "Beruflich? Du bist kein Chemiker." Das wusste er einfach. Und wie er das wusste. So sicher wie das Amen in der Kirche. Wiedermal ein Gefühl, wiedermal vertraute er darauf. "Erzähl mir jetzt bitte nur nicht, dass ich nebenberuflich Callboy oder sowas bin.. auch wenn das einiges erklären würde." Irritiert und auch ein wenig perplex schüttelte er sich und verzog den Mund. Es würde zumindest die vielen, relativ frisch benutzten Kondome erklären… "Woran ich mich erinnere? Hmm..", er gab die Sitzhaltung auf und beugte sich wieder über den Tisch. "Das klingt teilweise ziemlich nach fantasievoller Einbildung", gab er zu und las dann einfach vor und fügte an, was er bisher in Bildern gesehen und zu Worten fassen konnte. "Waffen, da sind jede Menge Waffen. Eine Katze, die ich Fellknäul nenne. Ich kann mich an Bilder aus einem Club erinnern, wo jede Menge tanzender Männer waren. Ich weiß das mein Name Marakow ist und nicht Grombowitsch und dass mein Professorentitel nicht echt ist. Ich weiß, dass meine Narben mit Sicherheit nicht von einem Autounfall stammen. Ich weiß, dass ich mal unter Drogen gestellt wurde als Strafe für irgendwas. Ich habe Bilder vor meinen Augen wie dieser Nicholas mit einem Baseballschläger auf mich losgeht, aber ich weiß nicht, wie es weiterging. Ich sehe keine Schläge. Ich weiß, dass Tayra und ich häufig Autos gefahren sind. Ich weiß, dass ich auf Männer zu stehen scheine. Das und noch einiges mehr, das ich aber noch nicht einmal in Worte fassen kann. Mal kommt es, mal geht es." Er warf Cole einen flüchtigen Blick zu. "Kennen wir uns schon lange? Kommt dir davon etwas bekannt vor? Ich sehe es, aber irgendwie berührt mich nichts davon." Plötzlich genervt warf er die Blätter auf den Tisch. "Es fühlt sich an, als würde man einen Stummfilm sehen." Cole Cole griff zu dem Glas, das ihm eingeschenkt wurde und er blickte darauf, sah zu wie das Mineralwasser Blubberbläschen nach oben schickte, die auf der Wasseroberfläche zersprangen. Er reagierte träge auf die Tatsache, dass er aussah wie der wandelnde Tod. "Wie ich aussehe, geht dich nichts an. Ich muss nun mal viel arbeiten." Auf die Sichtweise des anderen hinsichtlich des Unfalls ging er nicht ein, sondern er beobachtete weiterhin sein Mineralwasser, bis er schließlich einen Schluck trank. Was wusste Antonin schon von seiner Schuld? Er konnte sich ja an nichts mehr erinnern. Er wusste ja nicht, was das große Ganze war, das dahinter stand. Und er konnte ja auch nicht wissen, dass er ihn aus Eigennutz an sich gebunden hatte. Sein Guard... Scheißdreck... Cole blickte auf, als Antonin seinen Beruf hinterfragte. "Ich bin Jurist, ich werde nun mein Referendariat machen, wenn es klappt." Mit dieser Aussage log er nicht einmal. Er hatte vor ein paar Tagen seinen Abschluss erhalten. Er hatte sogar gar nicht schlecht abgeschnitten. Dennoch würde es wertlos sein. Und an ein Referendariat konnte und durfte er ohnehin nicht denken. "Wir hatten etwas zu besprechen an jenem Tag...", erklärte er ruhig. Dann lauschte er den Erinnerungen, die der andere noch hatte, ordnete zu, worüber er selbst Bescheid wusste, was er selbst nicht wusste. Kurz musste er über die Tatsache lächeln, dass sich Antonin an Corleone zu erinnern schien. Er trank das Glas leer und stellte das Glas wieder auf den Tisch. Dann umarmte er seine Beine, die noch immer angezogen waren. Fast wie ein Schutz suchendes Kind. Er schwieg eine Weile, dann begann er langsam, in Gedanken versunken, sich die Bilder wieder vor Augen führend. Er schluckte. "Wir waren zusammen aus, an jenem Abend..." Er blickte Antonin kurz an. Bevor er auf die Zettel blickte, die kreuz und quer über den Tisch verteilt lagen. "Nein, wir kennen uns noch nicht lange. Kein halbes Jahr. Wir haben uns durch Zufall kennengelernt und sind dann irgendwie häufiger ins Gespräch gekommen. Am Abend vor deinem Unfall waren wir in einem Club für Schwule und Lesben und haben die Nacht durchgetanzt. Irgendwann bist du zu dir nach Hause gefahren, mit einem Kerl. Wir hatten uns am nächsten Tag nachmittags um 16 Uhr verabredet. Aber du bist nicht gekommen." Wieder schluckte er und griff nach der Flasche Wasser, um sich wieder etwas einzuschenken. "Ich weiß, dass du Marakow heißt. Dass du unter einem anderen Namen lebst, hat mit deiner Vergangenheit zu tun. Aber diese Vergangenheit kenne ich nicht. Diese Vergangenheit kennt nur Nicholas. Ich kann dir damit nicht weiterhelfen. Zu allem anderen kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Das ist nicht unsere gemeinsame Vergangenheit. Tut mir leid." Er lächelte den anderen schwach an. Sicher, er hätte ihm erzählen können, was er wusste, aber was wusste er schon wirklich? Nichts, gar nichts wusste er über Antonin. "Doch, die Katze. Sie gehört mir. Lustig, dass du dich an sie erinnerst. Du sagtest einmal, dass du das Gefühl hast, dass sie dich nicht mag." So genug geredet. Er hatte ohnehin schon mehr erzählt, als er hätte sagen dürfen. "Antonin", sagte er nun und sah den anderen ernst an. "Ich möchte, dass du weißt, dass ich dir gerne weiterhelfe, sofern ich es kann. Und wenn du hier nicht alleine zurechtkommen solltest, dann darfst du mich gerne anrufen, oder zu mir kommen. OK?" Cole griff nach einem der Blätter und angelte nach einem Stift, um seine Nummer und seine Adresse aufzuschreiben. "Wenn du nicht allein sein möchtest, bin ich da. Ich kann mir vorstellen, dass das alles gerade sehr sehr viel für dich ist. Scheue dich nicht, von meinem Angebot Gebrauch zu machen." Er reichte Antonin den Zettel und stand auf. "Ich werde jetzt lieber wieder gehen. Ruh dich aus und nimm die Medizin. Innen findest du einen Zettel, auf dem alles Wichtige steht. Wenn du Fragen hast, dann melde dich einfach." Antonin „Aha.. mein Rechtsverdreher also.", murmelte er und ließ den Kopf ein Stück sinken, um über den Rest nachdenken zu können. Warum ging es ihn nichts an, wenn der andere beschissen aussah, aber dieser dachte, das Recht zu besitzen, ihm zu sagen, was er tun und lassen sollte? Doch dann konzentrierte er sich auf die Worte, die er vernahm und nickte hin und wieder. Es klang logisch. Das Problem war nur, dass im Krankenhaus auch alles logisch geklungen hatte. Und er hatte es bedenkenlos geglaubt, genauso wie er jetzt bereit war, bedenkenlos zu glauben. Eine Tatsache, die ihn an sich selbst zweifeln ließ, aber auch die Hoffnung schürte, dass er auch diesmal im Grunde die Wahrheit serviert bekam. Die Schattendinger in seinem Kopf waren schließlich auch eine Tatsache, die nicht wegzureden war. Interessant war auch, dass er mit dem Mann wohl gemeinsam weggewesen war und sich selbst jemanden angelacht hatte. Konnte das sein? Dafür war er doch eigentlich gar nicht der Typ, oder inzwischen doch? Eine beantwortete Frage warf zehn neue auf. Als Cole ihm seinen Namen bestätigte ließ er sich erleichtert zurück in sein Polster sinken und wandte dem anderen den Kopf zu. Musterte ihn ein wenig träge. Was genau sollte ihm jetzt das Lächeln sagen? Dass es in Ordnung war, so wenig zu wissen? Aber immerhin wurde damit auch die Katze zur Realität und unter Umständen hätte es ihn zum Lächeln gebracht, aber er wollte nicht daran denken, dass er mit diesem Nicholas sprechen sollte, um wirklich mehr zu erfahren. Bisher war ihm jener geschickt ausgewichen und Antonin wollte nicht zu viel riskieren, bevor er nicht wusste, was genau mit dem Kerl und ihm los war. Doch seine Aufmerksamkeit wurde von jenen Fragen wieder in die Gegenwart gerissen, als er seinen Namen vernahm und Cole fragend ansah. Dabei zusah wie jener ihm etwas aufschrieb und ihm den Zettel dann mit einem Angebot reichte. Ihn beobachtete wie er aufstand und weiter auf ihn einredete und mit einem Mal war die immer vor sich hin schwelende Feuersbrunst in ihm wieder da. Antonin wusste nicht zu sagen, ob es daran lag, dass er sich jetzt noch viel konfuser als vorher fühlte. Ob es die nachlassenden Medikamente waren, die seinen Schleier durchdrangen, den er um sich selbst gelegt hatte, oder daran dass der Mann vor ihm wirklich glaubte, er würde das Angebot annehmen. Wo jener doch offensichtlich nicht einmal ein näherer Freund von ihm war, sondern nur ein eher flüchtiger Bekannter. Einer, der sich zu viel herausnahm. So nickte er nur und erhob sich ebenfalls, die Hand erwartungsvoll ausgestreckt. "Meinen Schlüssel", verlangte er mit kühl gewordener Stimme. "Ich bin dir dankbar für die Medikamente, aber ich glaube ich fühle mich nicht wohl dabei, wenn ein so flüchtiger Bekannter, wie du es anscheinend für mich bist, mit uneingeschränkten Zugang zu meiner Wohnung herumläuft." Und er verstand nicht, warum diese Sätze schmerzten. Warum sie sich so falsch anfühlten. Aber das war zweitrangig. Zumindest momentan. Momentan zählte nur, dass er sich seine Ruhe sicherte. Sonst würde er den nächsten von der Polizei abführen lassen. Denn niemand, auch nicht ein total fertig wirkender Mann mit tollen grünen Augen würde ihn davon abhalten können, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Auch nicht die 'Krankheit' an sich. Antonin würde nicht Ruhe geben, bevor er seine Erinnerungen nicht wieder hätte und daher waren Gedanken an Schlaf auch noch weit weg. Vielmehr wollte er in aller Ruhe in seinem Wohnzimmer sitzen und nachdenken. Ohne dass Personen durch seine Tür kamen, die ihn zuerst nur anpflaumten und ihm dann doch so gut wie nichts erzählen konnten. Nichts! Nichts, bis auf die komische Katze und einen Abend, den sie weggewesen waren? Seine Augen blitzen unwillig auf. Das sollte er so glauben? Das sollte er wirklich glauben? Warum war der Kerl dann um 24 Uhr im Krankenhaus gewesen? Warum war der Engel nicht von Tayra? "Na los…", er machte eine auffordernde Handgeste und fragte sich, warum er dem Mann gerade eine reinschlagen wollte. Cole Es kam wie ein Schlag ins Gesicht. Zwei Worte, die ihm einen linken Haken und einen Schlag in den Magen verpassten. 'Flüchtiger Bekannter' Sein Gesicht verhärtete sich, sein Kiefer knirschte leise, kaum hörbar, seine Augen verdunkelten sich. Wow, das saß. Aber eigentlich konnte er doch darüber sehr froh sein. Schließlich würde der Glaube des anderen daran, dass er nur ein flüchtiger Bekannter war, dafür sorgen, dass er wirklich sein Leben ohne ihn und seine Welt weiterführen konnte. So würde er es dem anderen überlassen können, ob er sich bei ihm meldet. Und wenn alles gut lief, würde er sich nie wieder melden. Wunderbar! Das war doch genau das, was er gewollt hatte. Nie wieder Antonin in so eine Scheiße hineinziehen, ihm nie wieder diese Brutalität vor Augen führen, ihn nie wieder in gefährliche Situationen bringen, ihn nie wieder zum morden verleiten, nie wieder in Schusswechsel verwickeln. Es war doch alles wunderbar... Nur, warum fühlte es sich so Scheiße an? Warum hatte er so ein beklemmendes Gefühl in der Brust? Warum hatte er das Gefühl, gerade etwas Wichtiges in einem Leben zu verlieren? Und warum hatte er ausgerechnet jetzt die Bilder ihrer gemeinsamen Nächte vor Augen? Warum musste er nur jetzt an die Ruhe denken, die er immer gespürt hatte, wenn Antonin ihn in den Arm genommen hatte? Warum ging es ihm gerade beschissener denn je? Cole konnte auf die eigentliche Aufforderung des anderen im Moment nicht reagieren, die Bitte, die Antonin eigentlich an ihn gestellt hatte. Er blickte den anderen nur an, bis er sich wieder einigermaßen im Griff hatte, überwältigt von dem Gefühl der Übelkeit, die dieser Schlag nachdrücklich in seinen Innereien hinterließ. Er spürte, wie er zitterte, leicht schwindelte. 'Reiß dich zusammen, Cole!', schrie er sich innerlich an. 'Reiß dich zusammen, du Arschloch! Es ist das Beste für euch beide!!!!' Er musste an die Odyssee denken, die er als Jugendlicher einmal im Theater gesehen hatte, und an einen Satz daraus, der ihn beeindruckt hatte: "Halte aus, mein Herz, du hast schon Hündischeres erlebt!" Und diesen Satz hatte er sich häufig hochgehalten, sich an ihm festgeklammert wie an einen Strohhalm, wie an ein Rettungsseil. Und auch diesmal bewirkte er, dass er sich streckte, Haltung annahm, seine Aura, an der alles normalerweise abprallte, aufrichtete. Er würde das hier auch hinter sich lassen, würde es zu allen anderen Dingen stecken, die er unter Vergangenes ablegte. Er würde vergessen, wie schon so oft in seinem Leben. Was verlor er schon? Den Sex bekam er auch woanders. Cole wusste, dass es nicht so einfach war, aber es war erstmal seine Art damit umzugehen. Und als Antonin ihn noch einmal aufforderte schüttelte er den Kopf, diesen kühl ansehend. "Nein", erklärte er ruhig. "Den Schlüssel hat Tayra mir gegeben und mir das Versprechen abgenommen, ihn ihr zurück zu geben. Und daran werde ich mich halten. Es ist der Schlüssel, den du ihr höchstpersönlich anvertraut hast, weil sie deine beste Freundin ist." Cole drehte sich um und ging in Richtung Gang, in Richtung Tür. Im Gang stutzte er kurz, sah auf den Schutzengel, der dort auf der Kommode stand und ihn höhnisch anzulächeln schien. 'Bye, bye, mein Guardian Angel', flüsterte es in seinem Kopf. Kapitel 59: Stärke ------------------ Antonin Mit Argusaugen verfolgte er die Wandlung die sich da vor seinen Augen abspielte. Für eine Sekunde sah es so aus als würde Cole in sich zusammenfallen, wie ein Kartenhaus, gegen das man aus Versehen mit dem Finger gestoßen war. Doch der Augenblick verging so schnell wie er gekommen war und mit einem Mal war wieder das zu spüren, was Antonin schon im Krankenhaus bemerkt hatte. Eine Ausstrahlung, die so düster wie die Nacht finster war. Und ja, natürlich bereitete sie ihm Herzklopfen, denn immerhin war ja er derjenige der sich tagelang kaum rühren konnte und mit Sicherheit noch weit davon entfernt war körperlich wieder fit zu sein. Aber er bezweifelte das es in körperlicher Gewalt enden würde. Diese abwehrende Haltung... und hier stockten seine Gedanken. War das wirklich Abwehr? Sein Stirnrunzeln vertiefte sich und er sah wie Cole den Kopf schüttelte, hörte wie er ihm den Schlüssel entsagte. Beobachtete wie dieser Mann den Rückzug antrat und dann schnappte etwas in ihm entzwei. Etwas in ihm bäumte sich auf, schrie ihn an hier nicht so sinnlos in der Gegend herum zu stehen, sondern zuzusehen, dass er den Mann nicht so einfach gehen ließ. Er dürfte ihn nicht gehen lassen. Warum? Egal! Er war in wenigen Schritten im Gang und griff nach dessen Oberarm, noch bevor der andere die Hand nach der Türklinge komplett ausstrecken konnte. Mit einer einzigen, wenn auch anstrengenden Bewegung hatte er den Mann herumgerissen und mit einer leicht wegstoßenden Bewegung an die Tür gedrückt. Antonins Augen funkelten vor lauter unterschiedlichen Emotionen. Waren stur auf die kühlen... ach was eiseskalten Augen von Cole gerichtet. Auch wenn etwas nicht ganz reinpasste.. Unsicherheit? Nein.. aber was? Doch das würde er auch noch rausbekommen. Genau wie vieles anderes. "Feigling!", spieh er das erste Wort das ihm in den Sinn kam aus. "Warum bin ich nur von Feiglingen umgeben?!", donnerte er und merkte kaum wie er eine Hand gehoben hatte um sie ungefähr in der Mitte des Oberkörpers in dessen Hemd zu verkrallen. "Denkt ihr alle denn wirklich, ich lasse mich so leicht abspeisen? Denkt ihr denn tatsächlich, dass ich so stark auf den Kopf gefallen bin, dass mir die ganzen Kleinigkeiten, die euch verraten, nicht mehr auffallen? Du...", er hielt kurz inne, musste nach Luft schnappen. "Du bist schon einmal durch diese Tür gegangen, richtig? Und ich habe dich nicht aufgehalten, obwohl ich es hätte tun sollen. Aber ich bin lernfähig, offensichtlich." Er schluckte hart, lenkte seinen Blick jedoch nicht ab. Atmete tief ein, um mehr Luft in seine Lungen zu bekommen. Er wusste nicht, ob es an seiner plötzlichen Aufregung oder an seinem Kopf lag, aber irgendwie fühlte er sich ein wenig kurzatmig. "Ich habe eine ziemlich schicke Wohnung, hatte ein ziemlich schickes Auto und laut onlinebanking auch ein ziemlich schickes Bankkonto. Warum also, warum also tut ihr Penner dann so, als wäre ich aus Zucker, huh? Du lügst mir ins Gesicht und ich weiß es! Ich kann es nicht beweisen, aber ich werde mich erinnern. Und wenn es das allerletzte ist, das ich auf dieser Welt tun werde, Cole. Und willst du... wollt ihr alle dann als die großen Feiglinge dastehen, die mir nichts gesagt haben? Was ist in meiner Vergangenheit passiert? WAS IST PASSIERT?!", schrie er schließlich und löste seine Hand abrupt... wurde weiß wie eine Wand und verengte die Augen kurz. "Ich habe dich geschlagen", stellte er dann fest. "Und selten hat mir etwas mehr leid getan. Willst du mich den Rest auch noch alleine herausfinden lassen? Willst du mich über eure ganzen schöngeredeten Tatsachen stolpern lassen, obwohl mir eure Hand genauso gut über diese Hindernisse helfen könnte, anstatt mich drauf zu schubsen?! Willst du mir weiterhin weismachen, das wir uns kaum kennen, obwohl deine Augen genau in diesem Moment etwas anderes erzählen?" Er merkte kaum noch was er sprach. Es waren zu Wort gewordene Emotionen, die jetzt raus mussten, und der Mann vor ihm war verantwortlich dafür. Er kannte ihn. Antonin war sich sicher, ihn gut zu kennen. Doch dann kam ihm ein ganz anderer Gedanke und er riss die Augen geschockt auf und trat automatisch einen Schritt zurück. "Außer natürlich.. das wäre die einfachste Art mich los zu werden. Ist es das?" Hatte er Cole deshalb nur an seinem Geburtstag gesehen? War Cole nur deshalb jetzt hier, weil Nicholas und Tayra ahnten, dass er jenen nicht einfach von der Polizei abführen lassen würde. Hatten sie ihn überreden müssen, her zu kommen? Cole Es funkelten Wut und Panik gleichermaßen in Coles Augen. "Nenn mich nicht Feigling", grollte er in einer ersten Reaktion und versuchte Antonin kraftlos wegzudrücken, was ihm nicht gelang, so dass er sich gegen die Tür gepresst wiederfand, die Hand des anderen auf seiner Brust spürend. Und diese Hand verwirrte ihn, denn sie war so ersehnt, so warm, so vertraut. Und sie ließ ihn erzittern. Und nun besaß er keine Kraft mehr das zu tun, was ihm sein Verstand vorgab zu machen: Antonin wegstoßen und gehen. Vielmehr war er gezwungen Antonin ins Gesicht zu sehen, diese grauen Augen zu sehen, die er so schön fand. Und er konnte nun auch nicht mehr seine Emotionen ganz zurückhalten. Und so konnte man in seinen grünen Augen lesen, wie er unsicher war, wie er erschrak, als Antonin sich an ihren letzten Streit hier erinnerte. Man konnte die Angst sehen, die er verspürte, als Antonin begann eins und eins zusammen zu zählen, wie er forderte endlich ein Recht auf die Wahrheit zu haben. Und hatte er das denn nicht eigentlich auch? Wer waren sie denn, dass sie entschieden, was gut und was schlecht war? Und mit jedem gesprochenen Wort des anderen bröselte mal wieder alles von ihm ab, jede Mauer, jeder Schutzwall, einfach alles. Wie schaffte Antonin das immer wieder? Wieso ausgerechnet dieser Mann hier? Sein Blick senkte sich leicht, als er hörte, wie Antonin ihn anschrie. Aber er blickte sofort wieder auf, als er merkte, wie sich diese Hand löste, so dass er leicht taumelte. Und dann sprach Antonin aus, was er gerade schon spürte, dass seine Augen eben nicht mehr lügen konnten. Er versuchte erneut dem bohrenden Blick des anderen zu entkommen, doch wieder musste er nun mit blankem Entsetzen in den Augen aufblicken und Antonin ansehen, als dieser ihm unterstellte, dass er ihn loswerden wollte. Sicher wollte er das, dachte er zumindest, aber nicht aus diesen Beweggründen. "Du willst also hören, was passiert ist? Du alter Sturkopf möchtest also wirklich alles wissen?", zischte er und seine eigene Panik verschaffte ihm die Kraft Antonin wieder anzusehen. "Du möchtest also wirklich alles hören, was dein Unterbewusstsein, dir eigentlich ersparen wollte? Zurecht ersparen wollte? " Cole schloss die Augen, bemerkend, dass er nun nicht mehr zurück konnte. Tief atmete er durch. Dann stieß er sich von der Tür ab, richtete sich auf. "Setz dich, du siehst aus, als würdest du gleich umkippen", knurrte er in einem Tonfall, der keine Widerworte zuließ. Wenn sie sich hier und jetzt anschrien, dann würden es nur die Nachbarn mitbekommen, und das war eigentlich nicht für ihre Ohren bestimmt. "Ich habe vorhin nicht gelogen. Ich habe lediglich Wahrheiten verschwiegen, denn dich anzulügen ist etwas, das mir mehr als schwer fällt, auch wenn du mir das jetzt wohl kaum noch glauben wirst." Er räusperte sich kurz. "Ich werde dir das erzählen, was ich hoffte, dir ersparen zu können. Und das habe ich nicht getan, um dich loszuwerden. Nein. Ich dachte ich könnte dich so schützen und dir endlich ein Leben jenseits der Gefahr und des Todes ermöglichen. Aber der Herr möchte es ja nicht anders, und wer wäre ich, wenn ich seinem Wunsch nicht nachkäme. Du hast letztlich ein Recht alles zu erfahren und du wirst es offensichtlich früher oder später ohnehin selbst raus finden." Einen Moment schwieg er. Er selbst würde sich nicht setzen können. Dafür war alles zu beängstigend. "Du bist ein Chemiker, ein sehr guter. So gut, dass du eine Super-Droge namens Blue Wonder kreiert hast. Darüber sind wir ins Geschäft gekommen. Doch dein Leben als Chemiker ist nur eine der vielen Fassaden, die dein Leben schmücken. Etwas, das länger davor liegt, ist die Tatsache, dass du ein ausgebildeter – von Nicholas ausgebildeter - Guard bist. Ich weiß nichts Genaues, aber so viel du mir verraten hast, bist du bei einem deiner ersten Einsätze nicht so weit gegangen, wie man es von dir verlangt hatte." Er schluckte. Sollte er das wirklich erzählen? Sollte er wirklich weitersprechen? Er hatte begonnen durch den Raum zu laufen, unruhig wie ein wildes Tier in einem Käfig. Nun blieb er am Fenster stehen und blickte hinaus. Mit leiser Stimme sprach er weiter. Leise deshalb, weil er Angst hatte, sie könnte brechen. "Und das bedeutete eine unendliche, qualvolle Folter, die als Ergebnis nicht nur die Narben bedeutete, sondern auch eine seelische Verletzung, die du eigentlich vor deinem Unfall überraschend gut zu verarbeiten schienst. Ich bete zu Gott, dass du jetzt nicht wieder deswegen von vorne anfangen musst." Er atmete tief durch und drehte sich wieder zu Antonin. "Du arbeitest offiziell für eine Firma, inoffiziell für mich. Du produzierst Drogen und dein Traum ist es, ein eigenes Labor zu finanzieren, um dich nur auf die Vervollkommnung deines Wunders zu spezialisieren." Das, was zwischen ihnen bestanden hatte, sprach Cole nicht an. Er ging davon aus, dass Antonin erst einmal genug zu schlucken hatte. Da wollte er nicht auch noch so etwas wie Gefühle auf ihm abladen. Gefühle, an die er sich nicht mehr erinnern konnte. Intime Situationen, die ihm jetzt wahrscheinlich völlig fremd erscheinen würden. Nein, damit würde er ihn im Moment nur überfordern. Und vielleicht erinnerte er sich ja irgendwann daran. "Durch deinen Job mit mir bist du in den letzten 3 Monaten, zweimal angeschossen worden, hast dich mindestens viermal in Lebensgefahr gebracht und auch sonst einiges mitmachen dürfen. Und mich hat es keine Sekunde gewundert, dass dein Unterbewusstsein beschlossen hatte, das alle zu streichen. Ich konnte es mehr als gut verstehen." Ruhig sprach er diese Worte endlich aus. Jetzt, da er endlich reinen Wein eingeschenkt hatte. "Ich kann dir nicht sagen, weshalb Nicholas und Tayra dir alles verschweigen, aber ich für meinen Teil dachte, es sei besser, wenn du dich nicht mehr an alles erinnerst, so wie es deine Psyche ja eigentlich auch vorgehabt hatte. Denn leider sind diese 8 Jahre nicht sehr rosig gewesen." Er strich sich die Haare aus dem Gesicht. "Ich weiß, dass ich kein Recht dazu hatte über deinen Kopf hinweg zu entscheiden, was gut und was schlecht für dich ist, aber für mich erschien es als richtig. Ich denke... ich gehe jetzt lieber. Ich..." Unschlüssig stand er da. "Ich sollte jetzt gehen." Doch irgendwie bewegte er sich nicht. Wollte er eine Antwort hören? Eine Verurteilung, damit es ihm leichter fiel zu gehen? Vielleicht... Antonin Cole versuchte ein paar Mal seinem Blick auszuweichen, aber als Antonin seine letzte Vermutung hervorgepresst hatte, sah er nichts anderes als Entsetzen in diesen Augen schwimmen. Und es fuhr seine Emotionen kurzfristig wieder herunter. Er hatte also doch recht behalten. Er hatte sich nicht getäuscht. Cole war wichtig. Noch war ihm nicht ganz klar, wie weitreichend dieses 'wichtig' war, aber offenbar war er in der Lage den anderen umzustimmen. Ebenso wie dieser es bei ihm ohne größere Probleme zu schaffen schien. Das war ein Anhaltspunkt. Ein weiterer auf seinem Weg. Einer mit dem er tatsächlich ein paar Emotionen verbinden konnte. Der Mann vor ihm hatte nichts mit einem Stummfilm gleich und das war gut. Das war sogar sehr gut. Deshalb tat er wie ihm geheißen wurde und ging zurück ins Wohnzimmer, um sich auf seine Couch zu setzen und Cole zu beobachten. Die Informationen, die jener ihm gab, weiter in sich aufsaugend. Und es waren nicht nur die Worte, die ihn über Dinge in Kenntnis setzten, sondern auch die ganzen Gesten. Gesten, die jener vorher nicht so deutlich gezeigt hatte, sie jetzt aber scheinbar freiwillig herausrückte und Antonins kleine Gehirnzellen damit langsam aber sicher ankurbelten. Doch je länger Cole sprach, desto schwieriger wurde es, sich auf beides zu konzentrieren. Antonin bezweifelte nicht, dass er gerade die Wahrheit auf einem Silbertablett serviert bekam. Aber in seinem Fall war die Wahrheit ein abgeschlagener Kopf. Hin und wieder tauchten ein paar Fetzen vor seinen Augen auf. Weitere Standbilder, die dem aufgeregten Mann vor ihm Recht gaben. Bilder, die ihm Angst machten, aber auch nur noch sturer werden ließen. Er hatte davor damit leben können, er könnte es auch danach. Dessen war er sich sicher, selbst wenn ihn einiges von dem was er hörte, erblassen und zittrig nach seinem Wasserglas greifen ließ. Fast wäre es ihm aus der Hand geglitten, weshalb er die zweite auch noch dazu nahm. Doch er gab es bald auf, trinken zu wollen. Er konnte kaum seinen Mund erreichen. Aber warum, verflucht nochmal, zitterte er überhaupt so? Das meiste von dem Gehörten klang ein wenig unglaubwürdig. Nein.. es klang sogar sehr unglaubwürdig. Also, warum betrog ihn sein Körper gerade? Langsam ließ er seinen Kopf sinken, schloss die Augen und hörte der leiser gewordenen Stimme zu. Und hey, er mochte diese Stimme. Ja, er mochte sie und sie machte es ihm leichter die Inhalte langsamer zu ihm durchdringen zu lassen. Er war gefoltert worden? Er stellte eine 'Wunderdroge' her? Er war innerhalb von 60 Tagen mindestens 4 Mal in Lebensgefahr? 2 Mal angeschossen? Ein Guard? Noch während Cole sprach hob er eine Hand, um mit ihr den Ärmel seines Pullovers hoch zu schieben. Es fiel ihm schwer die Augen wieder zu öffnen, doch er tat es. Und er musterte die Narbe, von der er sich schon häufiger gefragt hatte, woher sie kam. Gefoltert? Warum in Dreiteufelsnamen sollte er sich zu so einem Guard ausbilden lassen? Er wollte immer schon in die Forschung gehen. Dass er sich tatsächlich für die Chemie und nicht für Physik entschieden haben sollte, konnte er noch nachvollziehen. Aber das? Es kostete ihn noch mehr Kraft den Kopf wieder weit genug zu heben, um zu Cole zu sehen. Noch immer schienen sein Körper und sein Verstand zwei verschiedene Wege zu beschreiten, aber damit musste er jetzt wohl erst einmal klar kommen. Im Grunde war es nicht einmal so schlecht, denn wenn man davon absah, dass er hier den Zitterfritzen spielte, ging es ihm nicht schlechter als zu dem Zeitpunkt, zu dem er im Krankenhaus aufgewacht war. Er konnte klar denken und er konnte sehen, dass Cole momentan fertig mit Gott und der Welt war. Und damit galt seine Sorge nicht mehr seinem spinnendem Organismus, sondern dem Mann, der ehrlich zu ihm war. Dem Mann, der sich offensichtlich Gedanken darum gemacht hatte. Gedanken um ihn gemacht hatte. Und damit ließ er ein weiteres Mal zu, dass er seinem Instinkt vertraute. Welcher ihm gerade sehr eindeutige Signale gab. So ballte er seine Hand ein paar Mal zur Faust und tatsächlich schien sich der Arm zu beruhigen und wieder mehr unter Kontrolle zu kommen. Zumindest soweit, als dass er ihn heben und seine Hand nach Cole ausstrecken konnte. "Solltest du?", fragte er sanft. Seine Stimme war nicht lauter als die von Cole, von seiner eben noch gezeigten Hitzigkeit war nichts mehr zu spüren. "Ich denke du solltest her kommen. Hierher, zu mir", fuhr er fort und Antonin ahnte, dass sein Blick eine einzige große Bitte war, aber das war es ja schließlich auch. Und er wusste abermals nicht woher das Bedürfnis kam, den anderen zu umarmen und ihm dafür zu danken, dass jener für ihn stark sein wollte, aber es war vorhanden und wenn Cole ihn lassen würde, dann würde er diesem beweisen, dass er standhielt. Dass es nicht nötig war so stark zu sein. Aber das er trotzdem unendlich viel Dankbarkeit dafür in sich fand. Cole Ein flüchtiger Seitenblick, während er gesprochen hatte, sorgte dafür, dass er es kaum schaffte, Antonin noch einmal anzusehen. Jener schien am ganzen Körper zu zittern. Hätte er ihm doch nichts sagen sollen? Hätte er langsamer mit der Wahrheit herausrücken sollen? Aber jener hatte ihn so gereizt, ihn angeschrien, dass er endlich die Wahrheit sagen solle... Dennoch fühlte er sich ein Stück weit schuldig, dass er Antonin nun so sehen musste, so komplett fertig. Antonin war doch noch krank, kraftlos. Und nun musste er hier so vieles ertragen. Warum hatte er sich nicht gedulden können? Wieso hatte er jetzt sofort die Wahrheit wissen wollen? Doch Cole kannte die Antwort. Er kannte sie in dem Moment, als er sich überlegte, wie er wohl an Antonins Stelle reagiert hätte. Was wäre gewesen, wenn er sich nur noch an Fetzen aus seinem Leben erinnern könnte? Er hätte auch die Wahrheit wissen wollen. Dennoch würde er jetzt besser gehen. Sicher würde Antonin ihn für alle Zeit verfluchen, weil er ihm anfangs nur Halbwahrheiten erzählt hatte oder wichtige Details verschwiegen hatte. Sicher würde er ihn in Zukunft meiden. Und letztlich war das ja auch das, was er wollte, oder? Er wollte, dass Antonin in Zukunft seine Welt mied. Er sollte ein anderes, besseres Leben führen. Als er Worte hörte, blickte er auf, sah Antonin an, der die Hand aussteckte und ihm sagte, er solle zu ihm kommen. Verwirrt blickte er auf die Hand, die so verlockend, so einladend aussah. Und er blickte in das müde Gesicht des anderen. Selbst wenn er jetzt gehen sollte... Konnte er überhaupt gehen? Musste er nicht vielmehr hier bleiben, den anderen nicht mit der Wahrheit allein lassen? Er konnte doch schlecht erst ihm so viele grausame Dinge sagen, und nun einfach verschwinden, oder? Cole zögerte, dann trat er einen Schritt auf Antonin zu. Nur nicht berühren, lieber nicht anfassen. Schon vorhin an der Tür, als Antonin ihm so nahe gewesen war, hatte er das dringende Bedürfnis gehabt, ihn an sich zu ziehen, ihn zu umarmen und zu küssen. Das durfte er nicht noch einmal riskieren. "Ich denke", murmelte er und ergriff die Hand nicht, auch wenn er in ihrer Reichweite stand, "ich bleibe noch so lange, bis du eingeschlafen bist." Er lächelte müde. "Komm, ich bring dich ins Bett. Das war heute alles ein wenig viel, du solltest dich ausruhen und schlafen. Ich bring dich rüber und warte, bis du eingeschlafen bist." Ja, das war doch ein guter Plan. Er würde wissen, dass es Antonin gut ging, und Antonin konnte den ersten Schock einmal überschlafen. Später würde er zwar Zeit für sich brauchen, um alles einmal auch für sich selbst zu klären. Noch war es in Ordnung, dass alles heute Abend so anders gelaufen war, als geplant. Aber welche neuen Aspekte dieser Abend ihm vor Augen geführt hatte, darüber konnte er später immer noch nachdenken. Und so ergriff er schließlich doch noch die Hand, um Antonin aufzuhelfen. "Lass uns rüber ins Schlafzimmer gehen." Antonin Er sah dabei zu wie Cole tatsächlich einen Schritt näher kam. Aber anstatt die Hand zu ergreifen fing er wieder an zu sprechen. Und je länger Antonin dem anderen zuhörte, desto deutlicher wurde das Gefühl, dass dieser zu viel dachte. Viele Sätze von jenem hatten mit diesen Worten begonnen und gerade die davor hatte er nicht umgesetzt. Er war noch nicht sofort gegangen, ganz so als ob er ausgesprochen hätte, was dessen Meinung nach das Richtige zu tun gewesen wäre, aber nicht mehr in der Lage war es umzusetzen. Antonin seufzte leise und ließ sich dann, als Cole seine Hand doch ergriff hochziehen. Die Bewegung für sich ausnutzend fand er tatsächlich noch genügend Koordination in seinem Körper, um den anderen doch noch zu umarmen. Gerade lange genug, um endlich das aussprechen zu können, was er nicht ohne Körperkontakt tun wollte. "Cole", fing er mit ruhiger Stimme an. Viel ruhiger als er sich momentan eigentlich fühlen sollte. Aber er war noch nie ein Mensch gewesen, der das tat, was andere von ihm erwarteten. "Du kannst damit aufhören. Ich sehe die Stärke, die du für mich aufbringst und ich bin dankbar dafür, wirklich. Aber dieser Grad an Stärke ist nicht nötig. Ich weigere mich wegen Dingen zusammen zu brechen, die ich bereits hinter mir habe. Aber ich möchte sie wieder wissen. Die Vergangenheit ist das, was einen Menschen formt und ausmacht und ich möchte wissen, woraus ich geformt bin. Und das kann ich nur, wenn ich nicht komplett abgeschirmt werde", meinte er leise und löste sich dann von dem anderen Mann. Sah ihm kurz in die Augen und brachte sogar ein Lächeln zustande. "Ich nehme das von vorher zurück, ich denke mein Schlüssel ist bei dir gut aufgehoben", versicherte er und trat dann beiseite und an Cole vorbei. Woher er die Kraftreserven dafür noch nahm, wusste er nicht, aber Cole sollte sich keine Sorgen mehr um ihn machen. Antonin würde mit den Dingen klarkommen. Vielleicht nicht alleine und ja, vielleicht bräuchte er die helfenden Hände, die er vorher erwähnt hatte wirklich, aber er war nicht bereit, vor sich selbst davon zu laufen. Er wollte wissen was er für ein Mensch war. Warum er Drogen herstellte. Warum er sein Leben für andere riskierte. Warum er Cole nicht geglaubt hatte, als jener versuchte ihn mit Halbwahrheiten abzuspeisen. Und noch so viele andere Dinge mit welchen er sich noch geraume Zeit beschäftigen könnte. Er winkte Cole mit sich in den Gang, in der Annahme jener würde ihm schon folgen. "Ich glaube nicht, dass ich einschlafen kann, wenn sich jemand im Zimmer befindet, der nichts anderes zu tun hat, als mich zu beobachten. Aber ich danke dir für das Angebot. Genauso wie für das andere. Vielleicht komme ich darauf zurück." Er wartete bis Cole nahe genug heran war und öffnete seine Wohnungstür. Er wollte den anderen nicht wirklich rauswerfen und irgendwie wollte er auch nicht alleine sein, aber er erkannte einen erschöpften Menschen, wenn er einen sah, und Cole war gerade das Paradebeispiel eines eben solchen Menschens. Ruhig sah er ihn an, immer noch an diesem Gefühl festhaltend, in dem Wissen, dass es bald wieder vorüberziehen würde und was dann noch übrig bleiben würde... nun damit wollte er sich lieber alleine auseinandersetzen. Er war eigentlich nicht der Typ dafür, um vor anderen zusammenzubrechen. "Danke für alles, Cole." Cole Cole war überrumpelt, als er sich plötzlich in der Umarmung des anderen wiederfand. Er erstarrte leicht, als er den Körper spürte, der gegen ihn drückte, als er die Wärme spürte, die dieser ausstrahlte, als er den Herzschlag glaubte wahrnehmen zu können. Er schluckte schwer, lauschte dann der Stimme des anderen, unfähig die Umarmung zu erwidern. Stärke? Er fühlte sich momentan eher wie ein Häuflein Elend. Die restlichen Worte bestätigten ihm nur noch seine Gedanken, dass Antonin ein Recht auf die Wahrheit hatte. Nur durfte er jetzt nicht sich dem Gefühl ergeben, den anderen zu umarmen und ihn an die letzte Wahrheit noch zu erinnern. Aber letztlich war es ja doch auch nichts gewesen, woran man sich großartig erinnern musste, oder? Es war halt einfach nur guter Sex gewesen... oder? Dann war es auch schon überstanden. Noch den Blick überstehen, der ihm gewidmet wurde... Nicht wegschauen... Cole schloss einen Moment die Augen, als Antonin endlich an ihm vorbeitrat. Dann drehte er sich um und folgte Antonin in den Gang, doch anstatt ins Schlafzimmer zu gehen, ging Antonin zur Tür. Und die Erklärung dafür folgte auch prompt. Antonin ließ ihn gehen. Cole sollte sich eigentlich freuen. Antonin hatte nun seine Chance zu tun, was er für richtig hielt, sei es nun ein Neuanfang oder nicht. Und er würde sein Leben nicht mehr so negativ beeinflussen. Cole hörte die Worte des anderen, ohne sie richtig wahrzunehmen. Dann ging er an Antonin vorbei und blickte ihn noch einmal an. "Du musst dich nicht bedanken", erklärte er ruhig. "Erhol dich gut. Und wenn du etwas brauchst, dann melde dich. Habe keine Skrupel." Er lächelte leicht, dann ging er ohne sich noch einmal umzudrehen die Treppe hinunter. Das war‘s dann wohl. Nun hatte er zu Ende gebracht, wovor er sich am meisten gefürchtet hatte. Er hatte seine Pflicht getan und Antonin würde nun selbst entscheiden, was er mit seinem Leben anfangen würde. Mehr wollte er nicht. Kapitel 60: I love you, Mum! ---------------------------- Cole Cole fuhr in dieser Nacht direkt nach Hause. Den Schlüssel würde er morgen bei Tayra vorbeibringen. Nicht mehr heute. Zu Hause ging er erst einmal lange duschen, bevor er sich ins Bett legte und die Müdigkeit über ihn hereinbrach. Er schlief traumlos. Dennoch wachte er des nachts hin und wieder auf in dem Glaube, dass etwas oder jemand ihn verfolgte, dass er etwas nicht sah, was so offensichtlich war. Und durch dieses Gefühl schien er unglaublich traurig werden zu müssen. Aber was immer auch der Auslöser dafür gewesen war, so war das nun vorbei. Er wachte von selbst recht früh auf und nahm sich ein wenig Zeit für sich und seine Katze, dann fuhr er bei Tayra und Nicholas vorbei und schmiss den Schlüssel in den Briefkasten, weil niemand die Tür öffnete, als er kam. Nun war das Kapitel abgeschlossen. Er hatte es endlich hinter sich gebracht. Nun würde er runterfahren, ein wenig entspannen. Cole rief Ragnar an, versprach spät abends noch einmal vorbei zu kommen. Und dann fuhr er zu seinem Lieblingsstrand. Er brauchte einen Nachmittag frei… Dringend. Antonin In jener Nacht saß Antonin noch sehr lange auf seiner Couch und starrte in der Dunkelheit des Zimmers an die Decke. Die Informationen, die er bekommen hatte in seinem Kopf jonglierend, in eine Reihenfolge bringend und sich immer mehr fragend, wie er in ein solches Leben hinein geraten war. Doch schließlich überkam ihn die Müdigkeit und er schlief an Ort und Stelle ein. Die nächsten Tage gestalteten sich einfach nur unstrukturiert und wirkten ziemlich willkürlich. Er nahm seine Medikamente, wie es auf dem beiliegenden Zettel beschrieben stand, durchwühlte seine Wohnung und zwang sich schließlich bei Tayra anzurufen. Er wollte nicht alleine einkaufen gehen. Zwar entschuldigte er sich nicht dafür, dass er Nicholas hatte abführen lassen, aber er zeigte ihr auf seine eigene Art und Weise, dass er dankbar für ihre Unterstützung war. Und sehr bald musste er feststellen, dass er wirklich sehr gut mit dieser Frau klarkam. Besonders nachdem er ihr von dem Abend mit Cole berichtet hatte und sie ihm danach ebenfalls deutlich offener auf seine Fragen antwortete. Nach wie vor fand er vieles davon einfach unglaubwürdig, aber als sie ihn zu seinem Konzern fuhr und nach einer kurzen Erklärung - und vielen, unglaublich vielen Besserungswünschen von ihm völlig fremden Menschen - in sein Labor nahm begann er wieder zu glauben. Was nicht weiter schwierig war, da ihm im gleichen Moment als er den Raum betrat ein paar Dinge wieder einfielen. Dinge, die er mit diesem Labor verband und die er erreichen wollte. Natürlich war ihm noch nicht ganz klar, warum er das alles wollte, aber offensichtlich schien er ein Ziel zu verfolgen und das recht erfolgreich. Aber es war nicht 'Blue Wonder' das ihm hier in den Sinn kam, sondern der Name CI-4. Und noch war er sehr über sich selbst verärgert, denn weder im Labor noch in seiner Wohnung hatte er auch nur den kleinsten Hinweis auf die Herstellung jener Droge erhalten. Nicht einmal den Ansatz einer Formel, die nicht zu normalen Forschungen zu gehören schienen. Wie sollte er hierbei weiter ansetzen? Doch von solchen Gedanken lenkte ihn Tayra schnell wieder ab und auch wenn sie aufpasste, ihn nicht zu überfordern, so schleppte sie ihn in den nächsten Tagen zu allerlei Orten, die ihm etwas sagen sollten. Das taten sie jedoch nur in den seltensten Fällen. Einzig der Schrottplatz schien eine magische Anziehungskraft auf ihn auszuüben und so saß er eines Nachts in einer Decke eingemummelt in einem uralten Cabrio und starrte hinauf in den Himmel, beobachtete die ganzen leuchtenden Sterne, die man hier sogar trotz des Stadtsmogs sah und fragte sich, ob er seinen festen Platz auch wieder finden würde. Und seltsamerweise war das er Augenblick, als ihm der Name Lady-Dream in den Sinn kam. Und im Gegensatz zu den vielen anderen Namen, die ähnlich seltsam in seinem Kopf aufpoppten, wollte jener nicht wieder verschwinden. Bis er schließlich die Schnauze voll hatte, ins Haus stapfte und die beiden am Tisch Sitzenden fast zu Tode erschreckte, indem er sie fast anschnauzte, was das für ein Laden sei, dabei immer mal wieder einen misstrauischen Blick auf Nicholas werfend. Jener durfte ihm immer noch nicht zu nahe kommen, aber er konnte seine Gegenwart inzwischen ganz gut dulden. Es war Freitagnacht als er, abermals zusammen mit Tayra vor dem Lady-Dream stand. Relativ gut gelaunt, da ihm sein Doktor heute gesagt hatte, dass er zwar die Medikamente noch nehmen müsste, aber die Schatten fast nicht mehr zu sehen wären. Sehr gut, sehr gut. Dann konnte die Suche ja in alter Frische weitergehen. Lächelnd legte er Tayra einen Arm um die Schultern und zog sie mit sich, auf das Gebäude zu, welches mit großer Leuchtreklame auf sich aufmerksam machte. "So Darling, noch irgendwelche Anmerkungen hierfür oder können wir uns jetzt ein wenig amüsieren und umsehen?", murmelte er an ihrem Ohr und für andere könnte es so aussehen als wären sie ein Liebespaar. Doch Antonin hatte sehr schnell herausgefunden, dass er Gefühle für die Frau aufbrachte, die aber sehr sehr weit weg von allem heterosexuellen waren. Abermals schien Cole nicht gelogen zu haben. Er fühlte sich Tayra auf einer ganz anderen Ebene nahe und damit sehr verbunden und sie gab ihm das alles und noch vielmehr zurück. Sie war ihm in den letzten Tagen der bitter benötigte Hafen gewesen, wenn er wieder von Selbstzweifeln geplagt wurde, wenn ihn die Angst überrollte oder wenn er dabei war abzustürzen. Zwar überkam ihn hin und wieder das Gefühl, dass er sich eine andere Person an ihrer Stelle wünschte, aber sowie er versuchte das Gefühl zu vertiefen und zu analysieren, war es auch schon wieder weg. "Ich weiß nur, dass du hier häufiger für deine Arbeit warst, Toni", antwortete Tayra ihm, während er gerade dabei war, seinen Geldbeutel hervor zu holen, um den Eintritt zu bezahlen. Wofür er nur etwas dümmlich angesehen und weitergewunken wurde. Hm.. Kopfschüttelnd steckte er sein Geld wieder weg und legte Tayra abermals seinen Arm um die Schultern. "Sieht so aus als hätte ich hier ein Dauerabo. Ob das auch für die Getränke gilt?", er grinste als sie sich von ihm löste und ihm einen Knuff in die Seite gab. "Du darfst keinen Alkohol trinken! Das hat der Doktor strengstens verboten." Antonin winkte gespielt gelangweilt ab und sah sich um. "Jaja, schon klar. Ist ja einiges los hier. Aber ich frage mich, was ich hier geschäftlich erledigt haben soll." Er hob die Augenbrauen als Tayra ihn musterte und sich ein Lachen verkniff. Kurz prüfend an sich herunter sehend. Was war denn jetzt kaputt? Die schwarze Hose und das weisse T-shirt mit den schwarzen Linien drauf waren doch vollkommen in Ordnung? "Was?" "Naja.. vielleicht hast du dich ja ... verkauft?", sie lachte lauthals los, als sich seine Augen erst erstaunt und dann empört weiteten. Spielerisch umgriff er ihren Nacken und schüttelte sie leicht. "Pass auf Lady, sonst verkaufe ich dich gleich." "Antonin?" Verwirrt drehten sich beide zu dem Neuankömmling herum und betrachteten ihn. Antonin runzelte die Stirn, erkannte Simon nicht. "Ja?", fragte er schließlich und zuckte mit den Schultern, als er Tayras fragenden Blick spürte. Woher sollte er denn jetzt bitteschön wissen wer das war? "Kennen wir uns?" Dass er Simon damit in eine tiefe Verwirrung stürzte, bemerkte er nicht wirklich. Und so waren sie alle drei erstmal eine Weile beschäftigt, sich gegenseitig irritiert anzustarren, bis Antonin sich innerlich einen Idioten schalt. Er hätte das ganze anders angehen sollen! So zauberte er - sich selbst nicht bewusst - sein übliches charmantes, etwas planloses Grinsen auf sein Gesicht und klopfte den Mann auf die Schulter. "Lass dich nicht verarschen! Alles klar hier?" Ein Schuss ins Blaue.. mal wieder. Langsam wurde das anstrengend. Ob er den Mann da besser kannte? Ragnar Ragnar drehte verwirrt den Kopf, als er den Namen 'Antonin' hörte und gleich darauf auch denjenigen fand, der den Namen ausgesprochen hatte: Simon. Und daneben stand Antonin mit einer hübschen Frau an seiner Seite. Ob das wohl jene Tayra war, über die Cole in den letzten Tagen hin und wieder gesprochen hatte, immer dann, wenn jener nicht weiter wusste und zu ihm kam. Ja, Cole kam zu ihm. Ragnar war überrascht gewesen, positiv überrascht. Cole schien es nicht wirklich gut zu gehen. Und offenbar hatte er das erste Mal in seinem Leben erkannt, dass er jemanden brauchte. Und Ragnar wehrte sich nicht dagegen. Im Gegenteil - Cole half er gerne. Und ein wenig genoss er es auch, dass sie sich wieder ein ganzes Stück näher kamen. Es tat gut. Sicher, er liebte Cole nicht mehr, aber dennoch war er ihm mehr als wichtig. Ragnar erhob sich, warf JJ einen Blick zu. "Sag Cole, dass Antonin da ist", forderte er diesen auf. Dann ging er zu Antonin und Tayra hinüber. "Schön, dass du wieder einmal hier vorbeischaust", sprach er Antonin an und lächelte. Er blickte Simon an. "Simon, kümmer dich mal um Zimmer 2. Ich glaube der 'Gast' übertreibt." Der angesprochene, dem er vorher ins Wort gefallen war, als er Antonin gerade sagen wollte, dass es alles wie immer war, nickte und verschwand. Ragnar drehte sich Antonin wieder zu. Dann drehte er sich zu Tayra. "Ich bin Ragnar", erklärte er. "Ein Mitarbeiter und Freund von Cole." Sie reichte erst ihr, dann Antonin die Hand. "Es ist wirklich eine angenehme Überraschung, euch hier zu sehen. Wollt ihr etwas trinken?" Seine Augen wanderten von Antonins Gesicht über seine Kleidung. Hm... Kein Wunder, dass er bei Cole landen konnte. Dass er es aber auch wesentlich weiter geschafft hatte, als nur bis in sein Bett war etwas, was Ragnar noch nicht ganz nachvollziehen konnte. Aber wenn man dergleichen Dinge begreifen konnte, würden sie sicher auch nicht spannend sein. Und letztlich war es allein Coles Sache. Er kannte Antonin zu wenig, als dass er sich darüber jemals ein Urteil bilden würde. Und vielleicht würde er es ja auch irgendwann wissen. Cole Müde wischte sich Cole über die Augen. Er lockerte die Krawatte etwas und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Er war erst vor wenigen Minuten aus Chicago zurückgekehrt. Wieder hatte er dort zu tun gehabt. Wieder war er sehr früh geflogen und am gleichen Tag zurückgekehrt. Costello hatte ihn deshalb ziemlich angegangen, aber letztlich hatte er sich durchgesetzt. Er wollte hier sein. Wollte im Notfall hier sein. Nur welcher Notfall war das? Dass Antonin sich bei ihm melden würde? Es waren einige Tage vergangen, seit sie sich gesehen hatten. Und sie hatten sich wie 'flüchtige Bekannte' verabschiedet. Cole schüttelte den Kopf, um das zu verdrängen. Er hatte jetzt keine Zeit für dergleichen Dinge. Es erstaunte ihn, wie sehr sein Verstand ihm sagen konnte, dass es das Richtige gewesen ist, Antonin nichts von ihrem 'was auch immer' zu erzählen. Aber in ihm war etwas, das nicht zu überzeugen war. Zumindest machte Ragnar ihm Hoffnung. Hoffnung dahingehend, dass es einfach Zeit brauchte, zu vergessen. Und noch war es ja nicht entschieden, welche Zukunft Antonin sich aussuchen würde. Vielleicht würde er ja so weit 'gesund' werden, dass er seine Arbeit wieder aufnehmen konnte. Vielleicht würde er sich ja wieder an das erinnern, was seine Arbeit war. Aber wollte Cole das? Wollte er ihn wieder als sein Guard? Eigentlich nicht, wenn er ehrlich war. Er wollte ihn als Freund an seiner Seite. Welcher Art von Freund auch immer. Cole hatte schon einmal jemanden vermisst. Er hatte Ragnar einmal vermisst, als Freund und als Stütze, als jener in Europa unterwegs war. Aber es war eine andere Art des Vermissens gewesen, eine ganz andere Art. Und durch diese neue Erfahrung hatte Cole erkannt, dass er Ragnar seit er zurück war nie wieder so nahe bei sich gehabt hatte, wie vorher. Und das lag nicht an Ragnar, der ihn nahm wie er war, ihn immer so genommen hatte. Er selbst hatte sich nicht getraut, auf Ragnar zu zugehen. Und das hatte er nun geändert. Und es half. Ein Klopfen ließ ihn aufschrecken. "Hm…", knurrte er. Konnte man ihn nicht für 5 Minuten in Ruhe lassen? JJ trat ein und er hielt einen Blick, der diesen sich ducken ließ. "Ich soll von Ragnar ausrichten, dass Antonin da sei." Cole hob überrascht die Augenbrauen. "Danke", murmelte er perplex und blieb einen Moment sitzen, bevor er aufsprang und die Tür, die JJ schon geschlossen hatte aufriss, sie zusperrte und in den Großraum des Lady-Dream ging. Dort blickte er sich um, bevor er in den Raum trat. Er sah Antonin mit Tayra und Ragnar am Tresen stehen. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, ein trauriges Lächeln. Kurz atmete er durch, spürte seine Nervosität. Dann ging er durch den Raum, trat auf die beiden zu. "Tarya, Antonin", sagte er und lächelte. "Nett, dass ihr vorbeikommt." Seine Augen glitten zu Antonin. "Wie geht es dir?" Er beugte sich leicht vor. "Du siehst zumindest ziemlich gut aus. Und das liegt nicht nur an den Klamotten." Er distanzierte sich wieder von Antonin. Es fiel ihm erstaunlich leicht, gelassen zu wirken, obwohl alles in ihm danach schrie, vorsichtig zu sein. Doch sie waren doch gute Bekannte. Da konnte man doch ein Kompliment machen, oder? Tayra Freundlich lächelnd erwiderte Tayra den Händedruck. "Nett dich kennenzulernen. Ich bin Tayra", stellte sie sich vor und sah Antonin ähnlich reagieren. Aus den Augenwinkeln sah sie wieder das echtere Grinsen ihres Freundes auftreten und stieß ihm rein zur Erinnerung nochmal in die Seite. "Kein Alkohol!", zischte sie und sah wie er die Augen verdrehte, doch dann zustimmend nickte. "Natürlich keinen Alkohol. Was halten Madame nur von ihrem Begleiter?", neckte er und Tayra spürte, wie sich ihre Mundwinkel wieder nach oben zogen. "Du bist ein Spinner", murmelte sie während er ihr einen der wenigen Hocker zugestand und selbst stehen blieb. Auch dieser Ragnar schien lieber zu stehen und so konnten sie bald ihre Bestellung aufgeben. Wobei es bei einem Bier für sie und einem großen Wasser ohne Sprudel aber mit viel Eiswürfel für Antonin blieb. Sie beobachtete wie ihr Begleiter versuchte diesen Ragnar irgendwo einzuordnen und abermals schien er zu scheitern, denn kurz verschwand dessen Lächeln und machte Platz für das bereits sehr bekannte düstere Funkeln in den Augen. Weshalb sie sich auch an den anderen Mann wandte. "Dann hast du… pardon. Dann haben Sie also schon mit Antonin zusammengearbeitet? Und Sie wissen Bescheid, wenn ich Ihre Vorstellung richtig interpretiere?", fragte sie auf ihre unnachahmliche direkte Art und sah wie Antonin sich an seinem Wasser verschluckte und kräftig husten musste. Sofort schlich Sorge in ihren Blick. "Alles in Ordnung?" Doch der jüngere Mann winkte nur ab. "Du kannst nicht einfach rumrennen und Leute fragen, ob sie 'Bescheid' wissen", brummte er mit noch etwas krächzender Stimme, doch weder kamen sie, noch Ragnar zum Antworten, denn dann kam der Auftritt von Cole. Auftritt deshalb, weil wohl kaum etwas anderes in den letzten Tagen dieses Funkeln in Antonins Augen gezaubert hatte. Ihre Sensoren schlugen Alarm und verkündeten ihr, dass ihre erste, nur an sich selbst gestellte Frage, ob Antonin wohl ein Auge auf Cole geworfen hatte, gerade beantwortet wurde. Nun, es war unwahrscheinlich, dass Leute, die Toni nicht so gut kannten, den Unterschied wirklich bemerken würden, aber er sollte wirklich ein wenig besser aufpassen. Und vor allen Dingen... sie musterte Cole noch einmal aufmerksam, bevor sie sich wieder ihrem Bier und Ragnar zuwandte. Antonin war alt genug, aber wenn ihn hier irgendjemand verletzen würde, dann hätte er sich ihr gegenüber zu verantworten. Ihr bester Freund machte zurzeit wirklich genügend durch, auch wenn es gerade nicht so aussehen mochte. Eine Augenbraue hebend prostete sie Ragnar zu. "Da geht es dahin, mein Date." Antonin Antonin warf dem neu aufgetauchten Mann einen neugierigen Blick zu. Sah so aus, als wäre er hier wirklich häufiger gewesen. Ragnar, ein Freund von Cole und Mitarbeiter. Antonin ließ sich diese Worte durch den Kopf gehen, während er die Hand schüttelte und sich fragte, wie er sich wohl vorstellen würde. 'Antonin, Gedächtnisloser auf der Suche nach Vergangenheit.‘ Ja, so oder so ähnlich würde das wohl ablaufen, was ihn zum Grinsen brachte. Etwas, das Tayra gleich wieder in den falschen Hals zu bekommen schien und es an ihm war, das ganze wieder zu entschärfen. Ragnar nur einen kurzen Seitenblick zuwerfend, gab er also einen blöden Spruch von sich, der seine Freundin besänftigte, zog ihr an der Theke angekommen einen der Barhocker zurecht und bestellte sich nur ein Wasser. An welchem er sich auch gleich darauf furchtbar verschluckte, als er diese Direktheit hörte, mit der sie ihre Frage an den fremden Mann stellte. Nach Luft schnappend stellte er das Glas wieder ab und funkelte Tayra an. "Du kannst nicht einfach rumrennen und Laute fragen ob sie 'Bescheid' wissen", grummelte er und wollte eben noch weiter zu einer Triade ansetzen, als er Cole aus den Augenwinkeln bemerkte. Warum fiel ihm eigentlich nur immer an diesem Kerl auf, dass er anders gepolt zu sein schien? Lag es daran, dass der Mann vielleicht genau dem entsprach, was er als anziehend bezeichnen würde? Oder woran lag es? Doch im Grunde war das erstmal nebensächlich, schließlich war er nicht hier, um sich über seine Sexualität Gedanken zu machen, sondern um wieder eine Art Leben aufzubauen. Er lächelte den anderen Mann an und eine gute Portion Humor schlich sich in seine Augen. "Cole", erwiderte er die Begrüßung mit einem unterstreichenden Kopfnicken. "Ich hab mir den Eintritt gespart, dementsprechend geht es mir recht gut", wand er sich um eine 'korrekte' Antwort herum und kurz sah man seine Überraschung, bevor er sich wieder im Griff hatte. Diesmal war es eines seiner im Lady-Dream sehr selten gezeigten, ehrlichen Lächeln. "Die Firma dankt, kann ich nur zurückgeben", murmelte er und im gleichen Moment runzelte er die Stirn. Das kam ihm bekannt vor. Warum kam ihm das jetzt so furchtbar bekannt vor? Nein, tatsächlich fühlte es sich gerade so an, als hätte er innerhalb kürzester Zeit zweimal hintereinander dasselbe gesagt. Und das war ein sehr seltsames Gefühl. So war er auch dankbar als Tayra ihn mit ihren Worten wieder ablenkte. "Ich bin dein Date?", hinterfragte er. "Und hier stehe ich, im Glauben, dass du meine seelische Stütze sein wolltest. Hast du noch mehr solcher Kracher auf Lager oder soll ich Nicholas gleich anrufen und ihn darüber informieren, dass du die Scheidung möchtest, weil du etwas Besseres gefunden hast?" Er grinste breit und konnte nicht ahnen, dass ihn hier so wohl noch niemand erlebt hatte. Von Tayra einmal abgesehen und auch Cole könnte wohl mit dem Verhalten etwas anfangen, auch wenn er es davor nie in der Öffentlichkeit gezeigt hatte. Aber davon ahnte er nichts, als er sich auf eine kleine verbale Kabbelei einließ, bevor er die Hand ein wenig geschlagen hob. "Na schön, ich gebe auf", gab er bekannt und sah sich dann wieder um. "Ich arbeite hier?", fragte er niemanden speziellen, aber einer der beiden anderen Männer würde sich schon angesprochen fühlen. Doch dann wurde sein Blick wie magisch von einem Kerl angezogen und noch bevor man antworten konnte, schob er eine zweite Frage nach. "Wer ist der Kerl da drüben?", er runzelte die Stirn und schob die Hände in seine Hosentaschen, sich mit den Bewegungen des fremden Mannes mitdrehend, der offensichtlich irgendwas durch den Club trug. Er fühlte sich von einer Sekunde wie auf dem Sprung. Wie eine zusammengezogene Sprungfeder, die nur darauf wartete losgelassen zu werden. Aber warum? Der Kerl war nicht hässlich, aber das war es nicht. Er kannte ihn. Ja, Antonin war sicher, denjenigen zu kennen und im Grunde flatterten in seinem Magen gerade ähnliche Wallungen wie bei Nicholas. Nur dass es keine Angst war. Es war Zorn. Aber auf andere Art und Weise, wie er ihn in den letzten Tagen häufiger einmal verspürt hatte. Antonin sah ihm nach, bis er aus seinem Sichtfeld verschwunden war und wandte sich dann den anderen dreien wieder zu. "Ich brauche übrigens eine Probe", gab er zu verstehen und ließ seinen deutlich weniger humorvollen Blick zwischen Ragnar und Cole hin und her schwenken. Er hatte sich genau in dieser Sekunde hier entschieden, zu sehen was er fabriziert hatte. Zu sehen, warum ihn dieses Leben angezogen hatte. Und zu guter Letzt war er bereit, diese Brücke in Richtung Cole zu bauen. "Es gibt keine Formel", setzte er erklärend dran und griff wieder nach seinem Wasserglas. "Ich bin scheinbar eine sehr misstrauische Person", murmelte er bevor er einen Schluck nahm und Tayra, die ihn mit ihrem sorgenvollen Blick durchbohrte ein leichtes Lächeln schenkte. Eines von dem er wusste, dass sie es ihm nicht abnehmen würde. Danach wurde sein Blick ganz automatisch wieder von Coles Gestalt angezogen. Ja, dieser Ragnar war auf dessen eigene Art und Weise durchaus ein schöner Mann, aber Antonin hatte auf den Straßen in den letzten Tagen viele schöne Männer gesehen. Seinen tatsächlichen Blick auf sich zu ziehen, dazu schien nur der Mann mit der ein wenig außer Kontrolle geratenen Krawatte fähig zu sein. Und alleine schon deshalb, würde er dafür sorgen, dass er jenen häufiger treffen würde. Ragnar Ragnar musste lächeln, als er Tayras Zurechtweisung hinsichtlich des Alkohols vernahm. Diese Frau war offenbar recht energisch. Und diese Energie bekam er auch gleich nochmal zu Gesicht, als sie ihn so direkt fragte, welche Verbindung zwischen ihm und Antonin bestehe. "Ich...", holte er tief Luft, nicht genau wissend, was er wirklich antworten sollte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Antonin hier so schnell auftauchen würde. Zumindest war Cole, der alte Pessimist, davon ausgegangen. Und sie hatten sich nicht einmal darüber unterhalten, inwiefern sie Antonin von seiner früheren Tätigkeit erzählen wollten. Doch in dem Moment kam schon jener Mann, der das sicher besser wüsste und Ragnar konnte beobachten, welche kleine aber feine Veränderung Antonins Lächeln einnahm. Ob sich jener erinnerte? Daran erinnerte, was er mit Cole geteilt hatte. Gut, Ragnar wusste es selbst nur ungefähr. Cole ließ sich nicht darüber aus, was alles genau geschehen war. Tayras Bemerkung lenkte ihn ab und er lächelte sie an. "Nun, dann müssen wir uns wohl mit dem zweiten Rang begnügen...", grinste er leicht und verfolgte amüsiert das darauf folgende Geplänkel zwischen Antonin und seiner Begleiterin. Es war schon erstaunlich, wie anders Antonin auf ihn wirkte. Dieses offene Lächeln, dieser Humor. Anfangs hatte er Antonin für dümmlich und griesgrämig gehalten. Doch ihn so zu sehen... Ob das sein wahres Gesicht war? Ein losgelöstest Gesicht, ohne Sorgen und voll Zuversicht? Ein strahlendes Gesicht? Ein Seitenblick zu Cole verriet ihm zwei Dinge, dass dieses Gesicht tatsächlich das war, von dem jener sich möglicherweise hat einfangen lassen, zum zweiten, dass dieses ihn sowohl mit Freude, als auch mit Sorge zu erfüllen schien. Nun, wenn man Antonin so sah, war er wirklich ein unglaublich hübscher Mann, der nicht nur einen tollen Körper hatte. Doch die Stimmung trübte sich, als jener nach seinem 'Arbeitsplatz' fragte. Ragnar fing Coles Blick auf, doch noch bevor jener antworten konnte, hatte Antonin offenbar Gawain entdeckt. Und damit war klar, dass Antonin noch immer nicht nur ein Strahlemännchen war. Ragnar hob seine Augenbrauen und drehte sich zur Theke. Langsam wurde es spannend, es spitzte sich zu. Und dann kam auch noch dir Frage nach Blue Wonder, das er so teuer wie noch nie verkaufte, weil die wenigen Kapseln, die sie noch hatten, hart umkämpft waren. Als er merkte, dass Cole ein wenig hilflos der Fragen gegenüberstand, trat Ragnar wieder ins Blickfeld des Gastes. "Ich denke ihr solltet solche Dinge nicht hier besprechen", er sah erst Cole, dann Antonin durchdringend an. "Ich werde Tayra nur zu gerne Gesellschaft leisten und ihr könnt hinter gehen. Vielleicht erinnerst du dich dann auch an das ein oder andere..." Er lächelte. Kurz darauf blickte er den beiden seufzend hinterher. "Ihm scheint es soweit recht gut zu gehen. Und Cole hatte sich Vorwürfe gemacht, dass er sich von ihm so hatte in die Enge treiben lassen, dass er ihm die Wahrheit sagen musste." Cole Wow, dachte Cole bei sich. Antonin schien es besser zu gehen, als erwartet hatte. Er senkte dankend den Blick, als er das zurückgegebene Kompliment hörte und beobachtete ruhig die Szene zwischen Tayra und Antonin, die sich kappelten. Ja, Antonin schien es wirklich gut zu gehen. Sicher nur den Umständen entsprechend gut, aber die lockere Art, sein Humor, den er so mochte und der ihm auch diesmal wieder ein Lächeln auf die Lippen zauberte, waren wieder so unverfälscht, wie er es schon ein paar Mal hatte erleben dürfen. Er war so ausgelassen, ein richtiges Strahlemännchen. 'Sunnyboy', dachte Cole und in seine Augen schlich sich ein wenig Traurigkeit. Hoffentlich, und das wünschte sich Cole aus vollstem Herzen, würde Antonin nicht beschließen, wieder sein altes Leben aufzugreifen und damit weiter zu machen. Er wollte dieses Strahlen nicht mehr zerstört wissen. Und das bedeutete gleichermaßen, dass er sich auf nichts einlassen würde. Denn er konnte Antonin nur verletzen. Er würde ihn immer wieder verletzen, einfach weil er nicht wusste, wie er es richtig machen konnte. Und er war nun mal ein beziehungsunfähiges, wenig einfühlsames Arschloch, was er auch des Öfteren schon eindrucksvoll bewiesen hatte. Er schreckte aus den abgeschweiften Gedanken auf, als Antonin die Frage in den Raum stellte, ob hier seine Arbeit gewesen wäre. "Nicht direkt", erklärte Cole ausweichend und blickte Ragnar kurz an. Doch noch bevor er mehr sagen konnte hatte Antonin Gawain erblickt. Die Düsternis, die plötzlich im Vergleich zu vorher das Gesicht des anderen erfüllte, war genau das, was Cole vermeiden wollte. Er senkte den Blick und sah auf seine Hand, bevor er Antonin ansah und antwortete, dass es Gawain sei, ein Mitarbeiter. Würde Antonin mehr wissen wollen, sollte er fragen. Aber vielleicht war es gut, wenn er das nicht hier fragte. Genauso, wie sie nicht hier über die Produktion von Drogen sprechen sollten. Hilflos musste Cole mit anhören, wie Antonin da offensichtlich sich keiner Gefahr bewusst war. Dass es ziemlich übel enden könnte, wenn hier einer der sicher anwesenden Polizisten ein wenig mehr zusammenzählen könnte, schien Antonin nicht bewusst zu sein. Erleichtert nickte er Ragnar zu, der sie aus dieser Situation befreite. "Das ist keine schlechte Idee", stimmte er zu. "Komm mit..." Dann drehte sich Cole um, und lief zu seinem Büro, auf dem Weg das Jackett ausziehend, die Krawatte endlich lösend und die obersten beiden Knöpfe des Hemds öffnend. Er musste sich freier fühlen. Im Büro angekommen hängte er sein Jackett und die Krawatte über den Stuhl und drehte sich schließlich Antonin zu, der die Tür hinter sich geschlossen hatte. "Das ist mein Büro", erklärte er. "Und was deine Fragen betrifft. Du hast hier wenig gearbeitet. Eigentlich hast du vor allem im Labor gearbeitete und die Lieferungen mit Ragnar abgewickelt. Wenn es etwas zu besprechen gab, warst du hier." Er trat zu einem der vertäfelten Wandschränke und öffnete ihn. Mit einer geübten Bewegung öffnete er ein Geheimfach, aus dem er eine kleine Dose entnahm. "Du warst ein sehr misstrauischer Mensch, weil dich deine Vergangenheit dazu gemacht hat. Und du hattest einen Traum, an dem du fleißig gearbeitet hast, weshalb du nicht riskieren wolltest, dass jemand deine Erfindung klauen könnte. Deshalb, und das hast du mir selbst auch so erzählt, hast du niemandem etwas erzählt. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass du dennoch in einem Schließfach bei einer Bank oder etwas ähnlichem wichtige Dokumente verschlossen hältst. In die Richtung könntest du mal forschen." Er überreichte ihm die Dose. "Das sind ein paar Kapseln, die ich dir bereits zur Seite gestellt habe. Es sind die beiden verschiedenen Qualitätsstufen CI-2 und CI-4. Ich habe noch ein wenig mehr davon, falls du noch mehr brauchen solltest." Cole lehnte sich leicht an den Schreibtisch und beobachtete Antonin. "Wie geht es dir wirklich?", fragte er noch einmal nach, denn vorhin hatte er keine richtige Antwort erhalten. "Ich hoffe du kommst in deinem Labyrinth an Erinnerungen einigermaßen zurecht." Ruhig ruhte sein Blick auf dem schönen Mann vor ihm, sich immer wieder daran erinnernd, dass er ihm nicht zu nahe kommen sollte, da er sonst in Versuchung käme, erneut zu flirten. Doch damit musste jetzt Schluss sein. Tayra Ein wenig beunruhigt musste Tayra dabei zusehen, wie ein kleines Wechselspiel an Emotionen über Antonins Gesicht huschte und es war dann wohl an Ragnar, die ganze Situation wieder zu entspannen. Was jener auch mit wenigen Worten bewirkte und gleich darauf sah sie den beiden sich entfernenden Männern noch eine Weile nach, bevor sie sich wieder zu Ragnar herumwandte. "Jetzt hoffe ich nur, dass du auch gute Gesellschaft bist, junger Mann", amüsierte sie sich ein wenig, bevor sie einen weiteren Schluck von ihrem Bier nahm und den Mann dann ein wenig ruhiger musterte. "Er hat gute und schlechte Phasen", meinte sie dann ein wenig vorsichtig, bevor sie sich auf dem Hocker herumdrehte, so dass sie mit dem Rücken zur Theke saß, die Ellenbogen darauf abstützend konnte und ihre Beine überschlug. Einen langen Seitenblick auf Ragnar werfend seufzte sie nach einer kurzen Weile. "Was soll‘s, wirklich etwas kaputt machen kannst du eh nicht mit den Informationen", beschied sie ihm und fing an zu erzählen. "Ich weiß nicht wie Antonin es überhaupt fertig gebracht hat, denn obwohl ich Cole jetzt gerade erst zum zweiten Mal sehe, macht er mir nicht den Eindruck, dass man ihn zu etwas überreden könnte, das er nicht will. Aber egal wie es abgelaufen ist, danach begann Toni mit sich verhandeln zu lassen. Wir antworten jetzt so ehrlich als möglich auf seine Fragen, erzählen ihm sonst aber nichts. Damit scheint er den Großteil der Zeit ganz gut klar zu kommen." Und hier schlich sich ein bitteres Lächeln auf ihre Lippen. "Den Rest der Zeit hat er schlimmere Stimmungsschwankungen als eine Schwangere auf Speed. Im einen Moment lächelt er, während er im nächsten Moment auf nichts anderes als Streit aus ist. Hin und wieder beachtet er uns stundenlang nicht. Sitzt einfach da und starrt vor sich hin. Dazu kommt dann noch das ganze untypische Verhalten." Ein weiterer Schluck von dem herben, aber gut schmeckenden Bier wurde genommen und ein wenig ablenkt trommelte sie mit ihren Fingernägeln auf dem Glas herum. "Das ist im Grunde das Schlimmste", bekannte sie leise, kaum laut genug um die Musik zu übertönen. "Nicholas, mein Mann, und Antonin stehen sich eigentlich sehr nahe. Oder zumindest taten sie das seit einiger Zeit wieder. Seitdem Antonin wieder ein wenig auftaute und aus sich heraus kam. Doch egal ob verschlossen oder offen, es gab Charaktereigenschaften, die immer konstant waren." Sie nahm eine Hand vom Bier und zeigte bei jeder Aufzählung einen weiteren Finger. "Er ist gradlinig, zielstrebig, misstrauisch, treu und ein gnadenlos unsicherer Hitzkopf. Normalerweise hat er eine einzigartige Art für sich selbst gefunden andere Leute einzuschätzen, soviel wie möglich aus ihnen heraus zu kitzeln ohne auf sich selbst eingehen zu müssen." Sie lächelte Ragnar offen an. "Ich weiß natürlich nicht wie gut ihr beide euch kennt und irgendwie benutze ich dich wohl gerade als Mülleimer für meine Sorgen, aber damit musst du jetzt leben", beschied sie ihrem Gesprächspartner. "Genau wie ich damit leben muss, dass er Nicholas nicht näher als einen Meter an sich heranlässt, ohne defensiv oder aggressiv zu werden. Oder damit, dass er seine Art, die er normalerweise nur für seine allerengsten Freunde reserviert hat, nun so offen mit sich herumträgt. So wie ich zu guter Letzt auch damit leben muss, dass er sich von niemandem mehr etwas sagen lässt." Und diesmal verzog sie den Mund missbilligend. "Von niemanden außer Cole." Tayra schnaubte abfällig bevor ihr Gesichtsausdruck entschuldigend wurde. "Tut mir leid, ich vermute das Ganze ist auch für mich ein wenig viel. Ich wollte dich nicht zu Tode langweilen. Soviel zu der guten Gesellschaft." Antonin Antonin richtete seine Aufmerksamkeit von Cole auf Ragnar und nickte dann zustimmend. Erinnern, ja? "Das wäre schön", murmelte er, bereits am weggehen, Cole in dessen Büro folgend. Wo er sich erst einmal aufmerksam umsah. Aber so im ersten Moment kam ihm hier gar nichts bekannt vor. Weshalb er auch zuerst mal ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt dastand und dem anderen dabei zusah wie er an einem der Wandschränke herum schraubte. "Das klingt logisch", nickte er. "Ich hatte seit gestern nur ständig den Namen von hier im Kopf und auf meine Fragen hin meinte Tayra nur, dass ich hier zum arbeiten gefahren wäre. Daher meine Frage", erklärte er und lauschte dann der ruhigen Erklärung von Cole bevor er die Dose entgegen nahm. Sich ein wenig überfordert mit seiner freien Hand durch die Haare fahrend schüttelte er den Kopf ganz leicht. Die Dose ein wenig skeptisch betrachtend. "Ich kann es einfach nicht nachvollziehen. Warum ausgerechnet Drogen? Warum diese seltsame Bezeichnung? Zuerst dachte ich an eine Abkürzung für eine Formel. Aber hast du eine Idee wie lange so eine Formel für eine hochwertige Droge ist?" Antonin erwartete keine Antwort und begann, die Dose noch nicht geöffnet habend vor Cole und dessen Schreibtisch auf und ab zu tigern. "Ich vermute ich hatte meine Gründe und ich weiß, dass es momentan vielleicht nicht so geschickt ist, dir zu erzählen, dass ich im Grunde nichts von Drogen halte. Gerade wo du und Ragnar ja offenbar meine Abnehmer ward. Seid. Wieder sein werdet", irritiert hielt er inne und öffnete die Dose jetzt doch. Eine Weile hineinsehend bevor er eine der Kapseln heraus nahm und sie gegen die nächstbeste Lichtquelle hielt. So gut das eben ging. "Blue Wonder, ja?", fragte er, plötzlich wieder amüsiert. "Was für ein dämlicher Name." Vorsichtig legte er die Kapsel wieder in die Dose und verschloss sie, bevor er sie kurz hochhob. "Danke dafür. Das sollte mir ein paar Ansatzpunkte liefern können." Er schwieg einen Moment als er die Frage nach seinem Befinden hörte, den Mann vor sich betrachtend. Es waren die Augen. Ja, die Augen, die ihn im Krankenhaus zurückschrecken lassen hatten, welche ihn jetzt anzogen wie eine Motte das Licht. Dazu die ganze Ausstrahlung, die durch den Anzug nur noch unterstrichen, mit dezenter Gewalt hervorgeholt und verstärkt wurde. Cole war ein eindrucksvoller Mann. Vermutlich grundsätzlich, aber Antonin begann diese Faszination langsam aber sicher zu hinterfragen. Er fragte sich, warum er dem Bedürfnis nachgegeben hatte, jenen zu umarmen, obwohl es ihm selbst nicht so gut ging. Trotzdem war es ihm in diesem Moment wichtiger gewesen, den anderen davon zu überzeugen dass … ja das was? Dass alles in Ordnung kommen würde? Dass er dessen Stärke nicht brauchte? Aber wenn es da ein 'mehr' gab, wie auch immer dieses 'mehr' aussehen sollte, müsste es dann nicht Hinweise geben? Deutlichere? Antonin fand sich selbst hin und her gerissen. Er konnte ja seine Vermutungen nicht einfach so aussprechen, oder doch? Und wenn er eine klare Verneinung bekam, was würde das dann bedeuten? Es war doch wirklich zum aus der Haut fahren! Schließlich bemerkte Antonin, dass er Cole viel zu lange schweigend gemustert hatte und räusperte sich ein wenig verlegen. Den Blick mühsam von dem Mann abwendend, an jenem vorbeisehend. "Das ist eine erstaunlich schwierig zu beantwortende Frage", gab er schließlich zu und wunderte sich darüber schon wieder. Denn er war dabei ehrlich zu antworten, das wusste er schon bevor er weitersprach. Warum? Warum zum Henker, fiel es ihm gar nicht, ein diesen Mann anzulügen? Aber hatte Cole ihm in seiner Wohnung nicht so etwas Ähnliches gesagt? War das ein Hinweis auf... irgendwas? Kurz huschte sein Blick wieder zu dem anderen, bevor er ihn ein wenig nervös wieder abwandte. "Es ist nicht so, dass ich wirklich nachts im Bett liege und mich frage, was mir alles fehlt. Es sind vielmehr die ganzen großen und kleineren Dinge die mich immer wieder zum stolpern bringen. Ich stehe vor meinem Schrank und frage mich, warum ich so einen seltsamen Geschmack entwickelt habe. Oder ich sehe jemanden und werde zornig, ohne überhaupt zu wissen warum." Er unterbrach sich und lächelte ein wenig melancholisch. "Es ist auch seltsam, Dinge zu können, die man eigentlich nie gelernt hat. Aber das ist nicht das Schlimmste. Damit komme ich schon klar, irgendwie", erklärte er und atmete dann tief durch. "Womit ich nur bedingt klarkomme, sind meine eigenen Gefühle. Es braucht manchmal nur minimale Auslöser, um mich an die Decke gehen zu lassen." Er brummte, zwischen Abfälligkeit und Amüsement schwankend. "Und jedes Mal wenn das passiert ist, habe ich danach das Gefühl, dass es nicht normal ist. Dass ich eigentlich ein ausgeglichener Mensch sein sollte, den man so schnell nicht aus der Reserve locken können sollte. Und das nimmt einen mit, Cole. Nach so vielen Situationen immer und immer wieder dieses eine Gefühl, das an einem nagt. Das mir sagt, dass ich wieder etwas 'falsch' gemacht habe. Dazu kommt noch, dass es zu den normalsten Zeitpunkten passiert. Vorher, als ich mit Tayra gescherzt habe. Im Moment als es passierte war alles bestens. Zwei Minuten später habe ich mich kurz gefragt, ob ich eigentlich verrückt bin." Er zuckte mit den Schultern und sah Cole wieder direkt an. Mit einer ungewöhnlichen Ruhe im Blick, aber auch ein wenig Resignation. "Wie soll ich also antworten, auf deine Frage? Hin und wieder geht es mir großartig. Manchmal habe ich unbegründete Angst. Dazu kommt noch das Gefühl, dass eigentlich etwas in meinem Leben sein sollte, auf das ich fest gebaut habe. Wenn ich mich also den ganzen Tag wirklich mit meinem Gefühlen und Erinnerungen beschäftigen müsste, würde ich Wahnsinnig werden." Ragnar "Ich werde mein bestes tun, um Ihren Erwartungen an eine gute Gesellschaft zu entsprechen, Madam." Ragnar lächelte der hübschen Frau neben sich zu. Er hörte ihr aufmerksam zu und nickte dann. "So ganz nachvollziehen, wie er das geschafft hat, weiß ich auch nicht. Aber offensichtlich hat Antonin etwas an sich, das Cole davon abhält in seiner ihm typischen Art und Weise alles an sich abperlen zu lassen und sich weder zu rechtfertigen, noch sich zu entschuldigen." Ragnar seufzte und schüttelte den Kopf. "Irgendwas besteht zwischen den beiden, aber ich befürchte, dass Cole das nicht mehr zulassen wird." Dann lauschte er den Ausführungen über Antonins verhalten. Dass jener unter Stimmungsschwankungen litt, das konnte er irgendwo nachvollziehen. "Nun, man darf nicht vergessen, dass er sich nur schemenhaft und bruchstückweise erinnert. So gerne ich am liebsten manches einfach komplett vergessen wollte, so holt es mich doch immer wieder ein. Und ähnlich wird es wohl mit den Lücken sein, die ihn immer wieder einholen. Und von daher ist es irgendwo normal, dass er so sprunghaft ist, was seine Gefühle angeht. Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn ich nicht mehr wüsste, was meine Vergangenheit ist, sondern mich nur noch in kurzen Episoden erinnere. Und ich wüsste genau, welche Episoden ich nicht sehen wollen würde..." Er lächelte Tayra an, die ihm nun erzählte, wie sich Antonin Nicholas gegenüber verhielt. Als sie sich zu entschuldigen schien, weil sie sich bei ihm ihre Sorgen ablud, schüttelte er nur den Kopf und hob beschwichtigend die Hände. Dann lauschte er weiter. Schließlich blickte er nachdenklich auf die Tanzfläche. "Dass er seine offenherzige Art vor sich her trägt ist nur dann ein Problem, wenn er jemals wieder in dieses Geschäft einsteigen würde. Er ist noch nicht mit dem ganzen Scheiß belastet, der ihn sonst umgibt. Vielleicht ist es deshalb angenehmer für ihn, einfach locker zu sein, er selbst zu sein, das zu sein, was er sonst verstecken muss, damit er keine Kugel durch den Kopf bekommt..." Ragnar deutete dem Wirt, ihm ein Glas Whiskey zu bringen. Nun drehte er sich Tayra wieder zu, "Cole und Antonin scheinen mir Menschen zu sein, die völlig 'out of order' stehen... Ich werde aus ihnen noch weniger schlau, als anschneidend du. Ich befürchte uns bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten, was geschehen wird. " Er seufzte träge. "Wobei ich hoffe, dass Cole sich nicht wieder zurück in seinen Schildkrötenpanzer zieht und alles verbarrikadiert, was zumindest Antonin geschafft hatte, aufzubrechen." Cole "Ich kann dir nicht sagen, warum du dich für Drogen entschieden hast." Cole lächelte ein wenig, beobachtete Antonin, wie er 'Blue Wonder' ansah wie einen Fremdkörper. "Du hast auch niemals Drogen selber genommen, soweit ich weiß. Bis auf die Zigaretten und den Wodka, den du hin und wieder brauchtest, um Erinnerungen wegzuspülen, vielleicht. Besonders, wenn du Blut gesehen hast. Aber ich weiß, dass du mir einmal erzählt hast, dass du dir als Ziel gesetzt hast, die perfekte Doge zu fabrizieren. Eine ohne Fehler, die sich nicht nachweisen lässt, die einfach genial ist. Es schien so eine Art Berufsziel zu sein. Etwas, das dich fasziniert hat." Cole blickte nachdenkend, sich erinnernd. "Und um deine Unsicherheit zu klären, ob du wieder einmal Drogen für uns herstellen wirst: Nein." Sein Blick war mit einem Mal wieder sehr präsent. "Ragnar wird dir bald noch einmal Geld für deine letzte Lieferung geben - keine geringe Menge. Aber du wirst nicht mehr für uns herstellen. Nicht solange du nicht wieder vollständig hergestellt bist und auch dann nur, wenn du das wirklich noch möchtest. Und du siehst nicht danach aus." Er lächelte kurz und fing den Blick des anderen auf, der eine Weile schwieg, als müsste er noch einmal darüber nachdenken, woran er sich alles erinnern konnte, wenn er ihn ansah. Cole bebte innerlich, doch er hatte in den letzten Tagen genug Selbstbewusstsein zurückerlangt, dass er sich nichts davon anmerken ließ. Und das Strahlen, das er vorhin gesehen hatte, hatte ihn bestärkt, dass es das richtige war, Antonin nicht wieder in die Dunkelheit dieser Welt zu ziehen. Schließlich schien diesem aufzufallen, dass er ihn musterte, schien ihn verlegen zu machen. Und nun antwortete er endlich auf die Frage, die Cole mehr als alles andere interessierte. Er lauschte den Erklärungen, den Beschreibungen und nickte leicht. "Ich helfe dir, wobei ich kann, um dir deine vielen Fragen an dich selbst zu beantworten. Auch wenn ich nur wenig dir 100%ig beantworten kann." Seit Antonin ihn so angesehen hatte, bekam Cole kein Lächeln mehr hin. "Dein Kleidergeschmack ist sicher nichts, was ich dir beantworten kann. Ich weiß nur, dass du gerne lange Hemden trugst, damit man deine Narben nicht sieht, weil du nicht mit ihnen als Folge der Folter, der du ausgesetzte warst, umgehen konntest. Das, was du heute anhast, hättest du früher nie angehabt. Auch an dem Abend vor deinem Unfall hattest du dich das erste Mal wirklich getraut, etwas sehr 'figurbetontest' anzuziehen, bei dem man deine Narben sehen konnte, wenn man hinsah. Ich habe dir an diesem Abend dazu gratuliert, wie gut deine Therapie Fortschritte machte, denn es war dir kaum möglich lange Zeit deine Narben zu akzeptieren. Als ich dich einmal aus Versehen am Arm berührt hatte, hast du mir gedroht mich unter Folter umzubringen, wenn ich es noch einmal tun würde. Das hat sich massiv verbessert, nachdem du zu deinem Therapeuten gegangen bist. Gehst du jetzt auch wieder hin? Vielleicht kann er dir ein paar Dinge erzählen, die du ihm vorher erzählt hast." Er blickte Antonin fragend an. "Und dass du bei bestimmten Personen verschiedene Emotionen hast, kann ich mir auch vorstellen. Und das geht auch ganz gut mit deinen Beobachtungen einher, dass du das Gefühl hast, etwas falsch zu machen. Als ich dich kennengelernt habe, warst du ein Hitzkopf, der immer sagte, was er dachte, auch wenn es ihn Kopf und Kragen kosten könnte, aber mit einer Aura um dich herum, dass man dir lieber nicht zu nahe treten sollte, wenn man nicht gebissen werden wollte. Dein Blick konnte tödlich sein, wenn man deine Nerven überstrapazierte. Du warst geradlinig und letztlich ein sehr zuverlässiger Mensch. Du hattest großen Ehrgeiz und warst von dir überzeugt, und das spürte man auch in deiner Aura. Jeder wusste, dass man dich nicht triezen sollte, da man sonst den Abend unter Umständen nicht mehr erlebte - gut ich übertreibe jetzt, aber du hattest eine gewisse Aura um dich, die dir Respekt verschaffte. Man sah zwar häufig ein Lächeln auf deinen Lippen, aber es war ein Lächeln, das man aufsetzte, um seinen Gegner in Sicherheit zu wiegen, nicht um jemandem wirklich Freundlichkeit zu erweisen. Und das hing wohl mit all dem unverarbeiteten Müll zusammen, den du in deinem Leben erleben musstest. Ich glaube nach der Therapie habe ich dich das erste Mal so erlebt, wie ich dich heute erleben durfte. Als strahlenden Mann, der mit seinem Lächeln ansteckend ist, und ganz offensichtlich die Sonne mit sich herumträgt. Ich freu mich, dass du das sein kannst, auch wenn ich weiß, dass dem nicht immer so ist. Ich freue mich nur, dass du trotz allem ehrlich lächeln kannst. Du hattest es lange Zeit verlernt gehabt. Und daran solltest du dich festhalten, wenn du wieder schwankst. Das ist der richtige Weg." Er lächelte. "Und falsch machst du nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir jemand wirklich Vorwürfe deswegen machen würde. Nur sind momentan sicher einige ziemlich überrascht, dich so fröhlich und unbeschwert zu sehen, denn das werden viele nicht kennen. Die meisten kennen dich nur als jemanden, vor dem man Respekt haben sollte, weil es sonst gefährlich werden könnte." Er seufzte leicht und stieß sich vom Tisch ab, um zu seiner Minibar zu gehen und sich einen Schluck Whiskey einzuschenken, ein bisschen Wasser hinzugebend, wie es sich gehörte. "Und was deine Angst betrifft, glaube ich nicht, dass sie unbegründet ist. Soweit ich das beurteilen kann, hast du einiges erlebt, das jedem Angst machen würde. Dein Bewusstsein signalisiert dir diese Emotionen, die dein Unterbewusstsein eben nur langsam zurückgibt. Ich hoffe inständig für dich, dass du schnell wieder über alles Klarheit bekommst, ohne dass du dein Strahlen verlierst. Ich sagte dir ja, dass ich gezögert habe, dir alles zu erzählen, weil ich hoffte, dass du ein positiveres Leben führen kannst als vorher. Auch wenn ich mir kein Urteil darüber anmaßen sollte. Ich weiß ja nicht, ob dein bisheriges Leben dich glücklich gemacht hat." Er zuckte leicht mit den Schultern nahm einen Schluck Whiskey und griff dann zu der Schachtel Zigaretten und hielt sie Antonin hin. "Möchtest du? Rauchst du eigentlich wieder?" Zu jener Konstante, die Antonin zu vermissen schien, sagte er vorsichtshalber nichts. Er konnte und wollte keine Mutmaßungen treffen. Aber wenn er da in irgendeiner Weise mit drinnen hing, und das vermutete er stark aufgrund der Worte des anderen hinsichtlich seiner Aufgabe als sein Guard, dann empfand er es als sicherer, nicht darauf einzugehen. Tayra "Was heißt, dass er es nicht mehr zulassen wird?", hinterfragte Tayra sofort und in ihren Augen blitzte etwas unheilvoll auf. "Was immer es auch ist, Antonin wird sich erinnern und er wird super angepisst sein, wenn er herausfindet, dass es scheinbar nicht wichtig genug war um es mit 'diesem' Antonin fortzusetzen!", zischte sie und unterstrich das Ganze noch, indem sie mit dem Finger auf der Theke herumklopfte. "Es... wie sich das alleine schon anhört. Ich muss dir Recht geben, die beiden sind wirklich absolut 'out of order'. Und dabei habe ich mich so gefreut als Toni mir erzählt hat er wäre womöglich..", und hier unterbrach sie sich und sah sich ein wenig misstrauisch um. "Ich weiß nicht, wie viel ich hier sagen kann oder sollte. Nennen wir es einfach einmal anders. Also, ich war happy als er das erwähnte und ich rate dir jetzt besser nicht einer von diesen Andershassern zu sein. Nicht dass ich dir das unterstellen will, aber sicher ist sicher", nuschelte sie und winkte den Barkeeper heran, um sich einen Wodka zu bestellen. Doch dann wurde der Blick aus ihren dunklen Augen wärmer und sie lächelte Ragnar wieder herzlich an. "Haben wir solche Episoden nicht alle? Manche müssen nur mit mehr kämpfen als andere. Ich bin mir sicher im Grunde wäre es gar nicht gut, alles zu vergessen. Antonin ist das beste Beispiel. Was man nicht hat, will man und andersherum. Was immer du mit dir herumträgst, Ragnar, so denke ich doch, dass es dich mit ausmacht. Oder nicht?", sie dankte dem Barkeeper und nippte zuerst an ihrem Getränk bevor sie es in einem Zug kippte und das Gesicht danach verzog. "Ich mag Wodka nicht einmal, aber wenn man einen Russen vom Kaliber meines Mannes heiratet, ist das wie Muttermilch. Es wird automatisch mitgeliefert. Und ich dachte immer, das wären nur Gerüchte. So konnte ich mich täuschen." Diesmal war sie es, die den Blick von Ragnar abwandte und zu den ganzen Tanzenden blickte. Eigentlich hatte Toni ihr versprochen sich heute mit ihr zu amüsieren. Und jetzt saß sie hier und machte sich mit einem Fremden zusammen Gedanken über ihre beiden Freunde. Wobei das natürlich im Grunde genommen richtiger war, aber in den letzten Tagen hatte es Tayra auch ganz schön mitgenommen und etwas mehr Entspannung hätte ihr im Grunde nicht geschadet. "Wenn du meine Vermutung hören willst", reagierte sie auf Ragnars letzten Satz und sah ihn aus den Augenwinkeln an. "Dann haben sie gegenseitig so lange aufeinander eingehackt, bis es beim ersten angefangen hat Risse zu geben. Und wenn Cole auch nur ansatzweise den Sturkopf von Toni hat, dann hat sie das nicht dazu bewegt aufzuhören, sondern nur noch mehr angestachelt. Und dann ist das passiert. Wirklich, einen blöderen Zeitpunkt hätte sich selbst Antonin nicht aussuchen können." Sie wandte Ragnar den Kopf wieder mehr zu und lächelte ein wenig. "Aber wer weiß,,vielleicht müsste man ihnen nur wieder einen Hammer in die Hand drücken. Schaden könnte es definitiv nicht. Und wenn nötig schenke ich ihnen einen zu Weihnachten. Oder auch zwei", prophezeite sie und nickte sich selbst zustimmend zu. Antonin Antonin hatte von sich selbst nie gedacht, jemand mit selektivem Hörvermögen zu sein, doch im ersten Moment war alles was er sich aus den vielen Worten ziehen konnte ein übersetztes: "Du bist gefeuert. Du bist uns/mir zu anstrengend. Du wirst ausgezahlt und dann verpiss dich!" Und selbiges drehte sich in einer Endlosschleife bis es zu einem abrupten Stop kam. Oh ja, Antonin sah wie sich Coles Lippen bewegten und er hörte die Worte, die jener sprach. Vereinzelt kamen sie auch noch bei ihm an. Folter, Therapie, umbringen, Emotionen, Unfall, Hitzkopf, tödlicher Blick, Gegner, Vorwürfe, Respekt. Er sah wie Cole sich bewegte. Wie sich dessen Mund abermals bewegte. Wie jener ihm etwas mitteilte. Angst, Unterbewusstsein, Strahlen, Urteil... glücklich. Glücklich?! Antonin hörte wie jemand lachte und es jagte ihm einen Schauer über den Rücken, bis er bemerkte, dass er es selbst war. Er selbst gab diesen gequälten Laut von sich. Er zuckte vor der ausgestreckten Zigarettenschachtel zurück, als ob es eine Giftschlange wäre und taumelte rückwärts bis er die Türklinke im Rücken spürte und ab da gab es kein richtig oder falsch mehr. Da war nur noch Fluchtinstinkt. Etwas sagte ihm, dass er aus diesem Büro raus musste. Dass er dabei war zusammenzubrechen. Und es war dieser eine Moment, in dem er Cole einen letzten gequälten, unverfälschten Blick zuwarf, dass er erkannte, dass sein Leben gerade total den Bach runter ging. Nein, das da eigentlich gar nichts mehr war, das den Bach runter gehen konnte. Es lag doch bereits alles in Scherben. Er könnte sich selbst am Tag hunderte von Fragen stellen, aber es würden immer die Erzählungen von anderen bleiben. Aber den Schmerz, den Verlust den er gerade spürte rührte nicht nur daher. Antonin hatte ja keine Ahnung gehabt, wie schmerzhaft Gefühle sein konnten. Wie tief Emotionen gingen. Aber gerade bekam er eine Ahnung davon und konnte nicht einmal sagen, woher es kam. Er fühlte nur wie ihm etwas aus der Brust gerissen wurde. Etwas, auf das er nicht geglaubt hatte, verzichten zu können. All diese Gedanken stürmten innerhalb weniger Sekunden auf ihn ein und er bekam das Gefühl, als müsste ihm der Kopf gleich platzen. Und so tat er das einzige, das er tun konnte, nämlich flüchten. Was er auch tat und das in einer Geschwindigkeit, die er sich selbst nicht mehr zugetraut hätte. Die Tür war genauso schnell aufgerissen, wie hinter sich zugeworfen und durch den Gang bis in den Raum waren es nur wenige Meter. Die Musik drang nur dumpf an seine Ohren. Er hielt nicht inne, bahnte seinen Weg durch die Tanzenden hindurch, vorbei an Tayra und Ragnar, die er nicht einmal wahrnahm. Einfach nur raus… Einfach nur noch weit weg von diesem Scherbenhaufen. Und es gab nur einen Ort, nur einen einzigen Ort auf dieser Welt, der immer nur ihm gehören würde. Kaum draußen angekommen, griff er in seine Gesäßtasche und zog sein Handy hervor. Ohne eine Ahnung zu besitzen, woher er die Nummer wieder kannte, wählte er sie. Stolperte weiter, vorbei an den geparkten Autos und tippte die Nummern mit schnell gehendem Atem ein. Es war schwer, da er schon wieder zitterte. Warum zu Henker zitterte er ständig? Er hob das Handy zum Ohr, lauschte dem Klingeln und als endlich, als endlich jemand abhob bemerkte er dass ihm Tränen über das Gesicht liefen. "... Mum?", es war seltsam zur gleichen Zeit zu weinen und zu lächeln, aber die Stimme der einzigen Person auf dieser Welt, die ihn niemals enttäuschen würde, machte es möglich. "Habe ich dich geweckt?", es war kaum mehr als ein Flüstern und als er ihre aufgeregte Stimme vernahm, lehnte er sich an das nächste Auto und schloss die Augen. Alles andere ausblenden. Alles andere vergessend. Nur die wunderbare Stimme seiner über alles geliebten Mutter zählte jetzt. Jene eine Person, die ihn nie alleine im Krankenhaus lassen würde. Jene eine Person, die ihn niemals von sich schieben würde. "Nein... mir geht es gut." Er hielt inne und versuchte seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Das war gelogen. Mir geht es beschissen. Ich… ich verliere die Kontrolle, Mum." Kraftlos sank er an dem Auto entlang runter zum Boden, lauschte der Stimme, die ihn bat, sich erst einmal zu beruhigen. Die selbst in ihrer Aufgeregtheit immer die beruhigenste Stimme sein würde, die er jemals gehört hatte. "Das ist es nicht. Ich hatte einen Unfall...", das letzte Wort sprach er abfällig und wischte sich unwirsch über die geschlossenen Augen. Wischte die salzigen Tränen beiseite. "Mir fehlt körperlich nichts. Nun, nichts dramatisches", er lachte freudlos. "Mir fehlen nur ein paar verschissene Jahre in meinem verschissenen Kopf und ich stehe vor einem furchtbaren Scherbenhaufen und weiß nicht, wo ich anfangen soll zu kehren. Ich habe es versucht, Mum. Ich habe es wirklich versucht! Ich wollte stark sein. Ich sagte mir, dass ich nicht die einzige Person bin, die einen Großteil ihres Gedächtnisses verloren hat. Das Leben geht weiter, oder? Aber das tut es nicht. Nicht für mich. Alles dreht sich so schnell und ich weiß nicht mehr weiter. Ich wusste bis vor ein paar Minuten nicht einmal mehr deine Telefonnummer... ich kann einfach nicht mehr." Er sprach schnell, verhaspelte sich häufig, aber die Frau am anderen Ende hörte zu. Sie hörte zu und erklärte ihm, dass sie Bescheid wüsste und dafür gebetet hätte, dass er sich melden würde. Dass er sich daran erinnern würde, wer er war, nämlich der beste Sohn, den sich eine Mutter wünschen konnte. Egal ob er sich selbst daran erinnern würde oder nicht. Antonin hinterfragte nicht, woher sie es wusste. Er hinterfragte auch nicht, warum sie nicht zu ihm gekommen war. Er musste das alles nicht tun, denn er wusste die Antwort bereits. Seine Mutter musste nicht zu ihm kommen, denn sie war immer bereit auf ihn zu warten. Die ganze Zeit. Egal wie schmerzhaft es auf beiden Seiten auch sein mochte, dieses Wissen würde ihm auch ein Unfall nicht nehmen können. "Ich liebe dich, Mum. I love you. I love you. Für Immer und für Ewig" Er wechselte von englisch zu deutsch bis hin zu russisch, in der Gewissheit, dass sie ihn verstehen würde. Schließlich hatte sie ihm alle Sprachen, die er konnte beigebracht. Schließlich würde sie ihn immer verstehen, wenn er ihr sagte, dass er sie liebte. Es dauerte geraume Weile, bis er sich wieder beruhigte, lauschte der Stimme seiner Mutter, die ihn bat nach Hause zu kommen. "Nach Hause? Ich habe keine Ahnung, ob ich noch ein Zuhause habe. Ich habe mich mein ganzes Leben nicht so einsam gefühlt. Ich erkenne mich selbst nicht mehr. Aus dem Spiegel sieht mir ein Gesicht entgegen, das meines sein könnte, aber ich erkenne mich nicht!" Inzwischen hatte er einen Schluckauf und bekam das Gefühl kaum noch Luft zu bekommen. Aber das war nichts Neues. Das Gefühl war ihm in den letzten Tagen wohlvertraut geworden. Nur dass er nicht zugelassen hatte, dass es zu ihm durchdrang. Aber da war jetzt nichts mehr, das diesen Zusammenbruch verhindern könnte. Nichts mehr, das ihn stützte. Er fiel und da war einfach nichts mehr da, um einen Fall zu bremsen. "Nein!", er fuhr auf, öffnete die Augen, sah jedoch vor lauter Tränen nichts. "Komm nicht her. Bitte, bitte komm nicht her. Du sollst mich so nicht sehen. Hör zu... ich melde mich wieder, ja? Ich... ich musste das einfach mal loswerden. Ich liebe dich." Und er legte auf. So schwer es ihm auch fiel, aber er legte auf und ließ das Handy aus seiner Hand rutschen, hörte, wie es auf dem Boden aufprallte. Ob er schon jemals so einen Zusammenbruch gehabt hatte? Wenn ja, war es vielleicht gar nicht so schlecht sich nicht zu erinnern, denn es tat weh. Es tat einfach nur weh. Kapitel 61: Der Tritt in den Hintern ------------------------------------ Ragnar Er wollte gerade ansetzen, einen Schluck seines Whiskeys zu trinken, als er erstaunt das Glas sinken ließ. Ragnar hob die Augenbrauen und sah Tayra überrascht an. Dann musste er leise lachen. „Nein“, erklärte er und beugte sich zu ihr herüber, „ich bin genauso anders…“ Er lächelte vielsagend, als er zurückwich und sie ansah. Doch bevor er auf Tayras erste Frage etwas antworten konnte, musste er erst einmal nachdenken, schaute ihr zu, wie sie ihren Wodka trank, lächelte zu ihren Erklärungen. Wie sollte er ihr erklären, was Cole wohl tun wird? Zumindest vermutete er das. Innerlich seufzend trank er seinen Whiskey und blickte erst wieder zu ihr, als sie ihre Idee mit den Hämmern vorbrachte. Er nickte zustimmend. „So könnte es gewesen sein“, murmelte er, noch immer in Gedanken. „Das könnte gut möglich sein.“ Schließlich trank er den Whiskey leer und blickte sie an. „Und was Cole betrifft.“ Er suchte noch einmal kurz nach Worten, bevor er mit gedämpfter, ruhiger Stimme sprach, so dass nur Tayra es würde hören können. „Ich kann dir in der Kürze nicht alles erzählen, was sein Leben geprägt hat. Fakt ist jedoch, dass ich Angst habe, dass er Antonin nicht mehr so nahe an sich heranlässt, wie es einmal war. Er... Scheiße, wie soll ich das erklären… er hat, was Gefühle betrifft, erstens keine Ahnung was Liebe bedeutet – und ich bin mir ziemlich sicher, dass er etwas Vergleichbares empfindet – und zum anderen hat er furchtbare Angst vor solch einem großen Gefühl. Er redet sich schon sein Leben lang ein, dass er ein gefühlloses, kaltschnäuziges Arschloch ist, das mit Gefühlen nichts anfangen kann. Und er lebt eben dieses Arschloch auch perfekt, indem er fast jede Nacht loszieht und sich einen anderen aufreißt. ‚Ein Schrei nach Liebe‘ würde ein Therapeut sicher sagen. Gleichzeitig besitzt er in dieser Hinsicht auch zu wenig Selbstwertgefühl. Er hat mir gegenüber angedeutet, dass er Antonin nicht mehr in seine ach so schlimme Welt ziehen möchte, dass er ihn nicht mehr in Gefahr wissen möchte. Ich fürchte deswegen wird er ihn früher oder später vor den Kopf stoßen. Soweit ich weiß, hat er Antonin alles gesagt, was er wusste, nicht aber, dass die beiden schon mehr als eine Nacht miteinander verbracht haben. Das beruht zwar nur auf Vermutungen, aber ich kenne Cole schon sehr lange, daher mutmaße ich, dass er Antonin schon sehr tief in sein Herz geschlossen hat, ohne es sich jemals zugeben zu können. Und in seiner Unwissenheit, wie man mit so etwas umgeht, möchte er Antonin schützen, vor sich selbst.“ Er schüttelte den Kopf. „Cole ist sein Idiot, aber er ist alles andere als gefühllos. Er ist nur einfach überfordert. Und im Zweifelsfall sucht er die Fehler immer bei sich selbst. Dann möchte er es besser machen und macht genau das Falsche.“ Er sah Tayra an. „Ich glaube - aber auch das ahne ich nur mehr, als dass ich es weiß - ich glaube Cole war jede Nacht im Krankenhaus und hat gesehen, wie es Antonin geht. Jede Nacht…“ Doch weiter kam er nicht, als er Antonin mit einem Mal sah. Ragnars Stirn zog sich zusammen. „Ich fürchte es ist schon passiert. Ich hätte nicht geglaubt, dass er es so schnell macht…“, murmelte er und sah Antonin an ihnen vorbeirennen. Dann blickte er Tayra an. „Geh du zu Cole und verpass ihm bitte einen mächtigen Tritt in den Arsch. Ich kann das nicht. Ich schau nach Antonin, dass er keine Dummheiten macht…“ Damit folgte er Antonin in einigem Abstand nach draußen, beobachtete die Szene an jenem Auto aus sicherer Entfernung. Er würde bestimmt nicht zu ihm hingehen, denn nicht er war es, den Antonin nun brauchte, von dem er eine Entschuldigung und eine warme Umarmung benötigte. Cole Cole sackte in sich zusammen, als er die Tür ins Schloss fallen hörte, und es fühlte sich an, als sei ihm gerade sein Herz aus dem Leib gerissen worden. Seine Hand glitt zu jener Stelle an der Brust, unter der sich dieses elendig pochende Etwas befand, das er sich zu gerne wirklich herausreißen würde. Seine Hand verkrallte sich in seinem Hemd, während sein Kinn auf seine Brust rutschte, er sich zum Sessel schleppte, um sich dort hinzusetzen. Was war geschehen? Er hatte schon beim Sprechen die Veränderung bemerkt, die man in Antonin wahrnehmen konnte. Seit er ihm gesagt hatte, dass er erst gesund werden solle, bevor er hier wieder arbeiten könne, schien sein Blick in weite Ferne, in schmerzliche Ferne gerückt zu sein. Doch Cole hatte einfach weitergeredet. Nun, wie man es eben tut, als Arschloch. Aber er hatte es ja nicht so gemeint, wie es wahrscheinlich rübergekommen war. Er wollte Antonin doch nur schützen… Er wollte ihn doch nur vor dieser beschissenen Welt bewahren, konnte jener das nicht verstehen? Cole schauderte erneut, als er dieses Lachen sich wieder ins Gedächtnis rief. Dieses ungläubige, verachtende Lachen, das jener verlauten hatte lassen, als er ihm erklärt hatte, dass er glücklich zu sein schien. Und dieses Lachen war die erste große Ohrfeige gewesen, die Antonin ihm verpasst hatte. Die zweite war sein Blick gewesen. Der Blick eines angeschossenen Rehs, das vorm Jäger davon lief. Nein eher vor einem Wolf, einer Bestie, einem gefühllosen Arschloch, das nicht fähig war, ihm Schutz zu bieten, weil er selbst die größte Gefahr war. Das war er doch oder? Er selbst, Cole, stellte doch die größte Gefahr für Antonin da, oder? Er war es doch, vor dem der andere geschützt werden musste. Er war es doch, der ihm nur verderben brachte, der ihn immer nur verletzt hatte. Genauso wie jetzt. Antonin war gegangen, er war weg. Und eigentlich müsste er doch froh sein darüber, oder? Er hatte doch endlich erreicht, was er gewollt hatte. Ihn vor sich selbst zu schützen… Der Schmerz in seiner Brust ließ nicht nach, vielmehr sorgte sie dafür, dass ihm Tränen in die Augen stiegen, heiße, brennende Tränen, die herunterliefen, ohne weggewischt zu werden, die Cole kaum ertragen, doch auch nichts dagegen tun konnte. Denn er sah dieses verzweifelte, zutiefst in Verzweiflung gestürzte Gesicht des anderen. Und Cole wusste, dass es nicht wegen der Charaktereigenschaften war, die er ihm erzählt hatte und die Antonin vielleicht nicht ertragen konnte. Es war, weil er ihn von sich gestoßen hatte. Nun er hatte das doch vorgehabt, und er hatte es doch als richtig empfunden. Antonin war weg und er würde nicht mehr wieder kommen. Er würde ein besseres Leben führen können. – Warum um alles in der Welt fühlte es sich nur so verdammt schmerzhaft an? Warum??? Cole schlug die Hände vors Gesicht, spürte etwas, was er noch nie erlebt hatte - nein -, was er sehr sehr sehr lange nicht mehr erlebt hatte. Sein ganzer Körper wurde geschüttelt, als er aufschluchzte und zu weinen begann, geschüttelt von Weinkrämpfen, die seinen Magen sich zusammenziehen ließen. Das letzte Mal, dass er so hatte weinen müssen, war vor 16 Jahren gewesen. Damals war jemand gekommen und hatte ihn verprügelt, und ihm klar gemacht, dass er nie wieder weinen dürfe. Und nun? Was würde jetzt geschehen? Nur ein bisschen… nur ein bisschen Weinen… Es wird sicher gleich vorbei sein. Tayra Tayra seufzte lächelnd. "Mir kann es ja egal sein, aber es ist wirklich kein Wunder, dass es so viele Singlefrauen gibt. Die ganzen wirklich hübschen Kerle sind alle außer Reichweite", gab sie Ragnar das Kompliment, das ihr schon geraume Weile auf der Zunge gelegen hatte, und hörte dann wieder aufmerksam zu. "Du denkst wirklich er war da? Und es tut mir leid, also dass er es scheinbar so schwer hatte und ich glaube dir als seinen Freund, wenn du sagst, er weiß nicht wie es mit Gefühlen umgehen soll. Aber den Part mit dem Arschloch bekommt er auf den ersten Blick wirklich gut hin. Nicht dass ich mir da ein Urteil wirklich erlauben könnte, als Antonin langsam bereit war, mir die Dinge zu erzählen, war es im Grunde auch schon zu spät." Tayra lächelte Ragnar an und griff wieder zu ihrem Bier. "Ich wusste nicht einmal, dass sie scheinbar schon Nächte miteinander verbracht haben. Aber es beweist nur, dass diese Gefühle auf Tonis Seite definitiv da sind, denn bis auf kurze Quickies auf dem Klo, ließ er niemanden an seinen Körper heran. Vermutlich auch nicht an sich selbst. Und 'juche', jetzt dürfen wir auch noch die Aufpasser spielen. Aber das ist kein Problem, auch nicht wenn Cole sich durch die ganze Stadt schläft. Wenn er Antonins Herz fickt, dann ficke ich ihn." Was leider auch genau der Moment war, als Antonin an ihnen vorbei stürzte. Fassungslos sah sie ihm nach und wollte schon hinterher, als sie Ragnar wieder hörte. Und dann verdüsterte sich ihr ganzer Ausdruck, während sich ihre Hand um die Bierflasche verkrampfte. Was jetzt? Im Grunde schrie alles in ihr danach, ihrem besten Freund beizustehen, aber da war noch das Gespräch. Die Gedanken von Ragnar, dass Cole tatsächlich etwas für Antonin zu empfinden schien und das Ganze aus lauter Angst vor seinen Gefühlen unterband. "Na warte Freundchen...", murmelte sie düster, trank ihr Bier in zügigen Schlucken aus und stand auf. Sich in die Richtung haltend, in die Antonin und Cole vorher verschwunden waren. Dort hielt sie zwar ein Kerl auf, aber sie sah den Penner, der sie jetzt aufhalten würde, nur finster an und meinte, dass sie zu Cole gerufen worden war, woraufhin er sie durchließ. Was für eine lasche Sicherheit diese großen, ach so gefährlichen Kerle doch darstellten. Hätte sie eine Waffe dabei, könnte sie Cole töten. Oder glaubten die das nur nicht, weil sie eine Frau war? Aber da würde gleich jemand anderes merken, zu was Frauen alles fähig waren… Ruckartig riss sie die Tür auf, trat ein und begann zu sprechen, noch bevor sich die Tür wieder ganz hinter ihr geschlossen hatte. "Jetzt pass mal gut auf du Arschl...", sie hielt im Wort inne und kurz klappte ihr Mund voller Überraschung auf, bevor er sich mit einem hörbaren aufeinanderprallen ihrer Zähne wieder schloss. War sie hier in Twilight Zone gelandet? Sie spürte eine ganze Welle Mitleid in sich aufsteigen. Mitleid für zwei Männer, deren Idiotie kaum größer sein konnte. "Wo ist eigentlich das Problem, Cole?", fragte sie schließlich und stemmte die Hände in die Hüften. "Ich rate dir jetzt einmal, mir gut zuzuhören, denn es könnte schmerzhaft werden wenn ich dir meine 9 Zentimeter langen Absätze langsam in den Arsch schiebe, sobald ich das Gefühl habe, dass du es nicht tust", erklärte sie mit fester Stimme und griff nebenbei zu ihrer Handtasche, um eine Packung Tempos hervor zu holen und auf den Schreibtisch zu werfen. "Erstens, wisch dir die Tränen aus dem Gesicht, atme tief durch und denk mal stark nach, warum du hier jetzt so sitzt", befahl sie und trat äußerlich sehr gelassen näher. Umrundete den Schreibtisch, bis sie auf Coles Seite stand, und lehnte sich neben diesem an die Kante. "Zweitens, zieh deinen Verstand aus dem Arschloch, in dem er drin steckt, und betrachte die ganze beschissene Situation mal aus einem anderen Blickwinkel. Weißt du, was ich aus meinem Blickwinkel sehe?", fragte sie und streckte die Hand nach der unbeachteten Packung Tempos aus, zog eines hervor und hob es dem Mann neben sich hin. "Ich sehe zwei Idioten. Wobei du, Gratulation dazu übrigens, der deutlich größere bist momentan. Weißt du auch warum, Cole? Weil du es in der Hand hättest, es nicht soweit kommen zu lassen. Weil du dich ganz genau an die Dinge erinnerst, die Antonin vergessen hat. Und ja… ja alleine dieser Gedanke schmerzt. Er schmerzt mich als beste Freundin, dass er so vieles aus unserer Zeit nicht einmal mehr ahnt. Es schmerzt Nicholas als seinen Bruder und es schmerzt dich als... ja als was? Als was siehst du dich hier in dieser Geschichte? Als der große böse Wolf, der die Großmutter verschlingen will? Oder hast du vielleicht doch eine Ahnung als was Antonin dich sehen würde?" Sie lehnte sich ein Stückchen vor und fuhr ihn dann unerwartet an. "Ich glaube, er würde dich Arschloch als den Kerl bezeichnen, der ihm sein Herz gestohlen hat! Und du bist gerade dabei es zu zerstören!" Räuspernd lehnte sie sich wieder zurück und fuhr ungeachtet jeglicher Reaktion einfach weiter fort. "Drittens, werde ich dir jetzt mal etwas erzählen und wenn du danach immer noch keine Ahnung hast, was du gerade so erfolgreich aus der Tür gejagt hast, dann kann man dir nicht mehr helfen und dann werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass du Antonin nie, nie, niemals wieder in deinem gesamten Leben wiedersiehst. Du wirst nie wieder sein Lächeln sehen, oder seine funkelnden Augen, wenn er dich in eine hitzige Diskussion verstrickt. Du wirst nie wieder erleben, wie er für dich da ist, wie er dir eine Stütze ist. Wie er dich genauso auffängt, wie du es jetzt tun solltest. Du wirst keine Ahnung davon haben, wie es ihm geht, oder ob er sich vielleicht mehr als unterschwellig doch noch erinnert." Und hier senkte sie die Stimme zu einem fast beruhigenden Flüstern. "Denn das tut er Cole. Ich bin fest davon überzeugt, dass es einen nicht unerheblichen Teil in ihm gibt, der sich erinnert. Denn nur du, und nur du ganz alleine, hast ihn aufgehalten, aus dem Krankenhaus zu verschwinden. Dich hat er nicht von der Polizei abführen lassen. Dir hört er zu. Dir widmet er seine gesamte Aufmerksamkeit, sobald du die Bildfläche betrittst. Dir ist es zu verdanken, dass er seine Medikamente nimmt, obwohl er sie verabscheut. Und das Fantastische daran ist, dass er dir keine Schuld gibt. Er wird auch jetzt die Schuld wieder bei sich suchen. Er wird sich fragen warum, und hier muss ich leider raten aber ich vermute recht zu haben, du ihn aus deinem Büro, aus deinem Leben getrieben hast. Und ist das wirklich was du willst, Cole?" Sie stieß sich vom Schreibtisch ab und trat wieder um ihn herum. "Und wenn dir irgendetwas von dem beschriebenem Szenario weh getan hat, dann verfluchte Scheiße nochmal: Steh auf! Steh auf und mach endlich einmal etwas richtig!" Und jetzt hieß es abwarten. Auch wenn es schwer war, auch wenn sie diesen Menschen am liebsten gleichzeitig noch viel mehr beschimpfen, aber auch in den Arm nehmen wollte. Ein tiefes Seufzen entkam ihrer Kehle. Männer.. Cole Cole erschrak fast zu Tode, als er die Tür so schwungvoll aufgehen hörte und er starrte Tayra fassungslos an. Seine Augen nahmen die Person letztlich nur schemenhaft wahr, da sie von Tränen schwammen, doch ihre Stimme war unverkennbar. In Cole zog sich alles zusammen, seine Miene verhärtete sich kurzzeitig, seine Muskeln spannten sich an und hastig wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, sich leicht streckend, damit er nicht ganz so zusammengefallen wirkte, was eher bewirte, dass er wie ein angeschossenes Reh auf dem Sprung aussehen musste. Sein Blick wurde von den Taschentüchern auf seinem Schreibtisch angezogen, dann blickte er wieder zu Tayra auf, die vor ihm stand und ihn ansah. Nur langsam drangen die Worte zu ihm durch. Nur langsam wurde er wieder in das hier und jetzt zurückgezogen aus der Tiefe, in die er sich selbst gestürzt hatte. Er fühlte sich gebeutelt, durchgekaut, wieder ausgespuckt und zermanscht. Sein Kopf schmerzte vom Weinen, sein Magen war verkrampft, wie immer, wenn ihm etwas auf die Nieren schlug, seine Augen brannten durch ungewohnt viel salzige Flüssigkeit, die noch immer nicht recht wieder aufhören wollte zu fließen. Scheinbar meinten seine Tränen, dass sie nun, da sie endlich mal zum Einsatz kamen, auch nicht gleich wieder aufhören wollten zu fließen. Cole schniefte, spürend, wie unangenehm ihm die Situation war. Noch einmal beutelte es ihn, ohne dass er es wollte. Doch gar nicht so unangenehm, wie es gewesen wäre, wenn jemand anderes hier hereinspazieret gekommen wäre. Kraftlos musste er lächeln, fast ein wenig scheu, als Tayra ihm befahl zuzuhören, wenn er nicht wollte, dass sie zu drastischen Mitteln greife. Er konnte ihr nicht ins Gesicht blicken, konnte sie nicht ansehen, aber er hörte ihr aufmerksam zu. Und so leistete er ihren Worten sogar Folge und wischte sich tatsächlich die Tränen aus den Augen, atmete tief durch, sich langsam aber sicher wieder in den Griff bekommend. Warum er hier so saß? Und ohne sich zu belügen antworten: Er weinte, weil er gerade Antonin von sich gestoßen hatte. Und erst jetzt bemerkte er, welch großer Verlust das für ihn war, welche Schmerzen ihm dieser Zustand zufügten. Er blickte auf, als Tayra vor ihn trat und die Packung Taschentücher nahm. Das Taschentuch, das er gereicht bekam, nahm er dankbar an und schnäuzte sich leise, weiter lauschend. Er war ein Idiot? In dieser Situation würde er das sogar anstandslos unterstreichen. Er war ein Idiot, denn er hatte soeben die wohl wichtigste Person seines Lebens aus seinem Leben geschickt. Und das, was Tayra im Weiteren ansprach waren wahre Gedanken. Es schmerzte ihn ungemein, dass Antonin sich nicht an ihre gemeinsamen Stunden erinnerte, dass er sich nicht an ihre Verbundenheit erinnerte. Aber war es nicht besser so? Überrascht sah er zu Tayra auf, als sie ihm erklärte, dass Antonin ihn als den Mann betiteln würde, der ihm sein Herz gestohlen hatte? Ungläubig wurden seine Augen, zweifelnd. Was hatte er getan? Nichts hatte er dafür getan. Im Gegenteil. Woher sollte sie das wissen? Schließlich hat er sich doch gar nicht an ihre Zweisamkeit erinnert... Als Tayra weitersprach begann Cole mit seinem Taschentuch in der Hand zu spielen, unruhig, um sich abzulenken von dem erneuten Schwall an Schmerzen, der seinen Körper durchzog. Keine funkelnde Augen, kein Lächeln, keinen Hitzkopf mehr, keine Stütze, keiner der ihn aus einer tödlichen Situation zieht, der mit ihm Harakirisituationen einging, um einfach bei ihm zu sein. Keiner, der mit ihm am Strand liegen, mit dem er entspannen konnte. Keiner, der einfach da war, wenn er ihn brauchte. Keiner, der mit ihm telefonieren konnte, der ihm zuhörte. Keiner, der nicht auf ihn einstürmte, um alles über ihn zu wissen. Keiner mehr, der einfach nur ehrlich zu ihm war, bei dem er keine Angst haben musste, dass er ihm ein Messer in den Rücken rammt... Die Tränen schienen erneut zu fließen, wieder ungestümer. Die Übelkeit in seinem Inneren verstärkte sich. Ob er sich wirklich noch erinnerte? Unterschwellig? Stimmte das was Tayra sagte? Cole blickte auf, suchte in ihren Augen die Wahrheit, verwirrt, zutiefst verunsichert. Sie ist fest davon überzeugt, dass er sich erinnert? Die Argumente, die sie hervorbrachte waren teilweise sehr überzeugend, doch was, wenn dem nicht so war? Cole schluckte schwer und er merkte, dass sein Hals ihm weh tat. Erneut schnäuzte er sich, entnahm ihr noch ein Taschentuch und trocknete sich die Tränen. Leicht schüttelte er den Kopf, als Tayra ihn fragte, ob er das wollte. Nein, er wollte das nicht. Er wollte Antonin weiter bei sich haben, wollte ihn an seiner Seite wissen, ihn in den Arm nehmen können, in seinen Armen liegen können. Scheiße, er wollte ihn nicht verlieren. Und wenn Tayra wirklich recht hatte, dann würde das Antonin doch auch nicht wollen... Er blickte wieder auf, als Tayra um den Tisch ging und ihm erklärte, dass er seinen Arsch bewegen solle. Er schluckte erneut. „Meinst du, er ist noch da?“, fragte er unsicher und stand auf, strich sich noch einmal über das Gesicht, die Haare aus der Stirn, atmete noch einmal tief durch. Er wollte nicht so verheult, er konnte doch nicht... Was interessierten ihn eigentlich die anderen? Er ging zur Tür, drehte sich noch einmal kurz um. „Danke“, flüsterte er tonlos, nickte Tayra kurz zu. „Danke.“ Mit eiligen Schritten ging er durch den Saal, niemand schien ihn wirklich zu beachten. Als er vor die Tür trat, schlug ihm eisige Luft entgegen. Er blickte sich um und erblickte Ragnar, der ihn zu sich winkte. Er blickte ihn fragend an, wissend, dass jener seine verquollenen Augen sehen würde, doch es störte ihn nicht. Ragnar blickte ihn lächelnd an. „Du bist ein Idiot…“, wisperte er und strich Cole über die Wange. „Jetzt musst du einiges gut machen...“ Cole nickte und lächelte, küsste Ragnar kurz auf die Stirn. „Danke“ Irgendwie schien es ihm so, als müsste er sich für die letzten Jahre bedanken, die Ragnar immer bei ihm war. Doch jener schüttelte nur den Kopf und drückte ihn in Richtung Antonin, wohin er eiligen Schrittes ging. Antonin lehnte gegen das Auto, das dort stand, sein Handy neben ihm liegend. Cole kniete sich neben ihn hin, blickte ihn erschrocken an, als er die leeren Augen sah, die so ohne Leben zu sein schienen. Cole wurde erst jetzt bewusst, was er dem anderen angetan haben musste, sah die Tränen, die jenem die Wange hinunterliefen. Und bevor er irgendetwas sagte, umarmte er den anderen, zog ihn zu sich, sein Gesicht in dessen Haare, seinem Hals vergrabend. „Es tut mir so leid, Antonin“, flüsterte er heiser. „Es tut mir so furchtbar leid... Ich weiß gar nicht, ob ich das jemals wieder gut machen kann. Es tut mir so unendlich leid. Bitte, bitte... bitte geh nicht weg von mir. Ich brauche dich so sehr an meiner Seite, ich möchte nicht mehr ohne dich sein. Es tut mir leid, dass ich dich vorhin von mir gestoßen habe. Es... Ich... Es gibt keine Entschuldigung, aber ich dachte ich könnte dich so schützen. Ich weiß, dass ich ein Idiot bin. Ich hoffe du kannst mir das verzeihen...“ Cole redete hastig, leise flüsternd, wie ein Gebet, das er vor sich hinmurmelte. Er drückte Antonin an seine Brust, spürte, wie kraftlos jener war, wie sehr die Geschite den ja immer noch nicht ganz gesunden Mann mitgenommen haben musste. Sacht löste er sich von Antonin und blickte ihm ins Gesicht, dieses mit seinen Händen einrahmend. „Hör zu, Antonin, ich möchte, dass du bei mir bist. Egal was kommt. Ich möchte...“ Doch weiter sprach er nicht, sondern er küsste den anderen, zärtlich, vorsichtig. Küsste ihn sanft auf die Lippen, einmal zweimal, bevor er ihm die Tränen aus den Augen küsste, ihn auf die Stirn küsste. „Bitte verzeih mir.“ Kapitel 62: Die Rolle der Freunde --------------------------------- Antonin Antonin hörte die schnell näher kommenden Schritte, doch er fand weder den Willen noch die Kraft dazu, seinen Kopf zu wenden, um zu sehen, wer es war. Wenn es der Fahrzeugbesitzer wäre, würde er das schon frühzeitig mitbekommen. Und wenn nicht, dann hatte er ganz bestimmt kein Problem damit, noch ein paar Stunden einfach hier zu sitzen und auf die Reifen des nächsten Fahrzeuges zu starren. Ja, fast beruhigte es ihn sogar. Immerhin bewegten sich die Reifen nicht, fuhren ihm damit nicht davon. Und selbst wenn es nur für eine Stunde wäre, gerade war es konstant und Konstanten fehlten ihm gerade. Doch als sich jemand neben ihn kniete, richtete er seinen immer noch verschwommenen Blick auf die Person und hoffte gleich darauf, dass ihn hoffentlich später jemand finden und ins nächste Krankenhaus bringen würde. Denn er begann schon zu halluzinieren. Oder? Aber bevor er den Anblick vor sich in irgendeine Konfirmation bringen konnte, fühlte er sich in eine Umarmung gezogen. Spürte wie er nahe an den anderen Körper gedrückt wurde und schloss die Augen ganz automatisch, als er den Kopf des anderen an seinem Hals spürte. Ok, wenn das hier eine Halluzination war, dann bräuchten sie ihn doch nicht abtransportieren. Antonin war bereit einfach so hier sitzen zu bleiben. Sich an dem Gefühl weidend und labend, das sich gerade so langsam aber vehement durch seinen Körper schob: Sicherheit. Er hörte die leise, heisere Stimme und erkannte, dass sein tränenverquollener Blick ihn nicht betrogen hatte. Es war tatsächlich Cole. Cole, der sich gerade bei ihm entschuldigte und bat nicht wegzugehen. Der ihn nur schützen wollte. Wovor? War das hier jetzt ernst? Konnte er es für bar nehmen? Noch immer fühlte er sich nicht in der Lage etwas anderes zu tun, als hier zu sitzen und sich umarmen zu lassen. Er wollte nicht wieder auf dem Boden der Tatsachen aufprallen, doch die Welt schien sich heute gegen ihn verschworen zu haben - schon wieder - denn Cole drückte ihn wieder von sich, löste die Umarmung. Doch noch bevor dieses neue, sehr willkommene Gefühl wieder verschwinden konnte, weil sich die Umarmung löste, wurde sein Gesicht zwischen die Hände des anderen Mannes genommen. Ein wenig verwirrt blinzelte Antonin, versuchte sich auf das Gesicht, auf die so faszinierenden Augen vor ihm zu fokussieren. Und was er dort langsam aber sicher erkannte, war ein ähnliches Leid, das er es fühlte. Und ja, er hörte zu. Warum auch nicht? Er würde Cole immer zuhören. Noch etwas, das er einfach wusste, ohne es an einer Erinnerung festmachen zu können. Ohne es daran festmachen zu müssen. Es war gut so, es war richtig so. Abermals schloss er die Augen, als er die vorsichtigen, sanften Küsse spürte. Auf seine Lippen, seine Augenwinkel und die Stirn. Und er spürte noch mehr... wie seinen Tränen abermals neu hervorkamen, aber auch das Lächeln und, dass er eine Hand hob, um sie an Coles Wange zu legen. "Es gibt nichts zu verzeihen, Cole", flüsterte er ein wenig träge und öffnete die Augen wieder. "Du bist jetzt hier und das zählt. Du bist hier und beweist mir, dass ich mir nichts eingebildet habe." Er beugte sich ein wenig vor und legte seine Lippen auf die des Mannes vor sich. Es konnte nicht als Kuss bezeichnet werden, es war sein Versprechen, die Wünsche des anderen zu erfüllen, denn es waren wohl einmal auch seine Wünsche gewesen. Und sie waren es immer noch. Er zog sich ein kleines Stück zurück und löste seine Hand von der Wange des anderen, hob sie an und strich diesem damit durch die Haare. Verfolgte die Bewegung mit den Augen, bevor sein Blick wieder den des anderen suchte. "Es ist nicht deine Aufgabe, mich zu schützen, Cole. Es ist jetzt deine Aufgabe, mir zu zeigen, was ich vergessen habe. Mir zu zeigen, warum ich gerade dachte, ich könnte genauso gut auch gleich sterben, wenn dann nur dieser Schmerz aufhört. Mir zu zeigen, warum du mich so faszinierst und warum ich nicht einmal überlegen muss, um jeder einzigen deiner Bitten nachzukommen", murmelte er und lächelte abermals. "Und ich wäre momentan sehr dankbar wenn du mir aufhilfst." Cole half ihm nicht nur auf und stützte ihn dabei, nicht sofort wieder umzukippen, sondern brachte ihn auch ohne viel weitere Worte zu einem sehr schicken Auto. Und erst dort angekommen sah jener ihn wieder ein wenig fragend an, woraufhin Antonin nur mit den Schultern zuckte. "Nach Hause, Cole, wo auch immer das sein mag." Cole Pure Erleichterung machte sich in Coles Körper breit, als er Antonins geflüsterte Worte vernahm. Ein Glücksgefühl, das ihm für immer hätte verwehrt bleiben sollen, wäre er nicht hierhergekommen. Eine Welle jenes kribbelnden Gefühls überrollte ihn, als er den ‚Kuss‘ des anderen spürte, seine Erwiderung, die davon zeugte, dass das hier nicht das Ende, sondern vielmehr ein Anfang war. Ein Anfang, den Antonin auch gut in Worte packte. Cole musste nun eine neue, ihm fremde Verantwortung tragen. Und er wird sich bemühen, diese zu erfüllen. Sacht strich er Antonin die neuen Tränen aus den Augenwinkeln. Dass jener sich so sehr freute… Aber ihm ging es nicht anders, nur dass seine Freude die Tränen hatte trocknen lassen. Die zärtlichen Berührungen genoss er und sacht lehnte er seinen Kopf gegen die streichelnde Hand. Er lächelte, als Antonin ihn bat aufzustehen. Und so richtete er sich auf, zog den anderen mit hoch, stützte ihn und ohne darüber nachzudenken, einfach nur wissend, dass er nun mit Antonin allein sein wollte, brachte er diesen zu seinem Auto. Dort blickte er ihn fragend an. Ob jener nach Hause wollte? Oder würde er zu ihm mitkommen. Die Worte des anderen ließen ihm die Wahl, denn für ihn war Antonins Wohnung auch ein zu Hause. Aber angesichts der Tatsache, dass da noch ein Fellknäul war, an das sich Antonin erinnern könnte, und die Hoffnung, dass er sich auch an die Wohnung erinnerte, fuhr er schließlich zu sich nach Hause. Tayra Tayra konnte den Mann, der gerade durch die Tür verschwunden war, nicht mehr wirklich mit jenem überein bringen, der vor einigen Tagen an ihrer Tür gestanden hatte. Dessen Blicke während sie versucht hatte ein wenig Verstand in dessen Kopf zu bringen, hatten ihr Herz erwärmt und auch wenn jener es jetzt noch nicht wusste, aber wenn er jetzt nicht alles versaute, wäre er jetzt ebenfalls Mitglied der Familie. Ihrer Familie, zu der auch Antonin seit Jahren gehörte. Kopfschüttelnd sah sie sich kurz in dem Büro um, bevor sie ihre Handtasche wieder vom Schreibtisch nahm und sich wieder nach draußen begab. Durch die vielen Tanzenden hindurch, an die Theke, wo sie schnell einen Whiskey und einen Wodka orderte und beide Getränke - nach einer kurzen Diskussion - mit nach draußen nahm. Dort sah sie gerade noch wie Cole von Ragnar auf den Weg geschoben wurde und hielt auf diesen zu, um ihm dann den Whiskey wortlos zu reichen. Den Blick fest auf Cole gerichtet, dabei zusehend wie jener neben Antonin in die Knie ging und jenen umarmte. "Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll", murmelte sie und ein leicht melancholisches Lächeln schlich auf ihre Lippen, während sie von ihrem Wodka nippte. Dabei zusehend wie Cole auf Antonin einzureden schien, wie er ihn küsste. Für sich selbst vermerkend wie groß Cole ungefähr war, denn wenn sie Antonin auch nur noch einmal in einem solchen Zustand finden würde, dann würde sie einen Sarg verschicken. "Entweder weine ich über die größte Idiotie, die mir seit langem untergekommen ist und weil ich unglaublich viel Mitleid empfinde und das sogar überraschenderweise für beide, oder aber ich lache, weil ich es meinen sündhaft teuren Schuhen ersparen konnte, sie in ein Arschloch zu treten." Sie wendete den Blick nur kurz von den beiden sich am Boden befindenden Männern ab, um Ragnar einen kurzen Seitenblick zuzuwerfen. "Nicht dass ich es nicht gern getan hätte…" Tayra erlaubte sich ein kurzes Grinsen und konnte gerade noch sehen wie Antonin den anderen Mann nun seinerseits küsste. "Jetzt weiß ich, wie ich mich fühlen werde, wenn meine Tochter ihren ersten festen Freund mit nach Hause bringen wird. Auch wenn ich beginne zu ahnen, dass es beiden nicht schaden kann, wenn weiterhin auf sich geachtet wird. Fühlst du dich bereit für diesen Job, Ragnar?" Abermals nahm sie einen Schluck und durfte zusehen wie Cole Antonin aufhalf und beide sich ohne einen Blick zurückzuwerfen entfernten. "Ich habe gehört er wird schlecht bezahlt, meistens ist es eine recht unmöglich wirkende Aufgabe...", fuhr sie fort und wandte sich Ragnar dann doch ganz zu. "Aber wenn man damit zufrieden ist, solche Bilder zu sehen, dann bist du jetzt engagiert." Ragnar Ragnar nahm lächelnd das Whiskeyglas entgegen. „Danke“, sagte er und lachte dann leise über ihre folgenden Worte. „Idiotie trifft es hervorragend.“ Seine Augen ruhten auf der Szene, die sich ihm bot und während in ihm alles jubelte, Cole einmal in seinem Leben so sehen zu dürfen, schmerzte es ihn doch auch noch ein wenig. Was hätte er früher darum gegeben, von Cole so zärtlich berührt zu werden. Aber das war Vergangenheit und so spürte er wie ihn Freude erfüllte, Freude und Zufriedenheit, dass sein bester Freund endlich sich auf den Weg gemacht hatte, der aus dieser schrecklichen Dunkelheit führen konnte. Blieb nur noch zu hoffen, dass er nicht unterwegs wieder abbog oder umkehrte. Aber dafür würde er schon sorgen. „Ich glaube in Hollywood würden sie viel Geld für solch herzzerreißenden Szenen zahlen“, grinste er seine Verlegenheit überspielend. Als Tayra ihm die Frage stellte, ob er die beiden überwachen, nein eher den beiden beiseite stehen wollte, blickte er sie überrascht an. „Ziemlich schlecht sogar. Wenn man nicht aufpasst, dann fliegt man ziemlich schnell aus dem Job raus..“ Er seufzte theatralisch und kratzte sich am Hinterkopf. „Aber weißt du“, murmelte er schließlich und wurde wieder ernst. „Antonin hat mir, ohne dass er es weiß, meinen besten Freund zurückgegeben. Und deswegen alleine werde ich immer auf die beiden aufpassen. Und daher bin ich nicht nur zufrieden, wenn ich hollywoodreife Liebesszenen sehen darf, sondern auch damit, wieder meinen besten Freund nahe bei mir zu wissen, der dringend immer wieder bei der Hand genommen werden sollte, um ihn aus dem Tal der Finsternis zu führen, in das er sich selbst manövriert hatte.“ Er lächelte nachdenklich. „Danke, dass du ihn rausgeschickt hast. Ich glaube, wenn er es heute nicht getan hätte, wäre er wieder ein ganzes Stück von mir weggeruckt. Der elendige Vollidiot der.“ Er grinste breit und trank von dem Whiskey. „Und du?“, fragte er nun. „Welche Rolle kommt dir in diesem Gefüge zu? Und wolltest du dich heute nicht eigentlich amüsieren?“ Er blickte zum Eingang des Lady-Dream. „Wenn du möchtest, sperr ich nur kurz das Arbeitszimmer zu, dann könnten wir weggehen. Wie wäre es mit einem jener Clubs, die Antonin wohl in nächster Zeit häufiger aufsuchen wird?“ Tayra "Hollywood kann mir gestohlen bleiben, solange ich weiterhin solche Logenplätze genießen kann. Das ist besser als jeder Film", gab sie lächelnd zurück und sah dann den überraschten Blick, den Ragnar ihr zuwarf. Na sowas, war das jetzt wirklich so eine Überraschung? "Ich kann dich ein Stück weit verstehen, Ragnar", erwiderte sie und drückte dem anderen kurz ihr Glas in die Hand, der es rein aus Reflex zu nehmen schien. Danach durchwühlte sie ihre Handtasche nach ihren Zigaretten, zündete sich eine an und nahm ihr Glas zurück. "Mit Freundschaften ist es immerhin nicht immer so leicht. Es ist eine ganz eigene Art von Beziehung, in der man manchmal vorsichtiger umher treten muss als in einem Minenfeld. Und ich beneide dich nicht, aber..", und hier hob sie Ragnar die Zigarette hin nachdem sie selbst einen Zug genommen hatte. "Cole gehört jetzt zur Familie und dich als seinen besten Freund kann ich wohl auch noch gut unterbringen", sie zwinkerte und lachte dann belustigt. "Und damit hat du auch die Antwort nach meiner Rolle. Ich mache all das, was andere nicht tun wollen oder können, denn ich kann mir ziemlich viel herausnehmen. Zum einen, weil mein Mann es sehr gut versteht auf mich acht zu geben, dazu kommt noch dass Antonin als mein bester Freund mir sehr viel mehr durchgehen lässt als jedem anderen. Naja, jetzt wohl als fast jedem anderen. Und zu guter Letzt bin ich einfach nur genial, anbetungswürdig und keinesfalls zu sehr von mir und meinen Fähigkeiten überzeugt." Sie leerte ihr Glas, aber ihre Stimme hatte den Humor durchaus durchscheinen lassen. "Nein, Spaß beiseite. Ich bin nichts anderes als du, Ragnar. Jemand der solange zusieht, bis er nicht mehr zusehen kann, da sich der beste Freund selbst in eine dumme Lage manövriert hat. Genau dafür ist eine Familie da. Genau dafür sind Freunde da. Und deshalb gehst du jetzt am besten rein, schließt ab und zeigst mir, womit ich zu rechnen habe. Wenn ich mich nebenbei noch amüsieren könnte, wäre es nur umso besser." Kapitel 63: Für den anderen zu sterben... ----------------------------------------- Cole Sie schwiegen auf der Fahrt, wohl weil jeder für sich einiges zu verarbeiten hatte. Cole fühlte sich noch immer gerädert. Dass Weinen so anstrengend war, so ermüdend, hätte er niemals für möglich gehalten. Langsam aber sicher sickerte die Bedeutung des Ganzen zu ihm durch. Das, was diese Aktion, sein Handeln gerade bewirkte, die Ausmaße, die die Situation annahm. Er hatte nun wider seiner Vernunft beschlossen, Antonin zurückzuhalten, aus seinem Leben zu verschwinden. Nun ja, so ganz stimmte es nicht. Denn er hatte feststellen müssen, dass er zwei Sorten von Vernunft besaß, wobei eine die war, die innerhalb seiner Arbeit zuständig war und die Antonin nicht mehr an sich herankommen hatte lassen wollen. Die andere Vernunft war jene, die ihn selbst und seine Bedürfnisse betraf, und die er in den letzten Jahren, nein, sein Leben lang völlig unter den Tisch gekehrt hatte... Aber das musste sich jetzt ändern. Nun hatte er beschlossen, sich Glück in seinem Leben zu erlauben. Pure Glück - verkörpert durch Antonin, den er an seine Seele heranlassen wollte, - verkörpert durch Ragnar, der ihm als Freund zur Seite stand. Es musste sich einiges ändern. Und so sehr ihn das freute, so große Angst hatte er aber auch davor. Denn es würde nicht einfach für ihn werden. Und damit würde es wohl auch für Antonin nicht einfach sein. Bereits im Fahrstuhl zog Cole Antonin wieder zu sich in seine Arme, als hätte er Angst, jener könnte sich anders entscheiden und weggehen. Schließlich ergriff er seine Hand und führte ihn in seine Wohnung, wo Corleone ihnen entgegenkam und sogar Antonin zu begrüßen schien, vorwurfsvoll maunzend, dass er Hunger habe. „Komm rein“, lächelte Cole und schloss die Tür hinter Antonin. „Vielleicht erinnerst du dich an das ein oder andere.“ Er selbst ging in die Küche. „Möchtest du auch etwas trinken?“, fragte er und ging zum Kühlschrank, aus dem er einen Smoothie nahm und einfach zwei Gläser einschenkte. Er hatte in letzter Zeit ein wenig mehr darauf geachtet, was er aß, denn er hatte gemerkt, dass das auch dazu beitrug, dass er mehr Energie hatte. Etwas, was er in letzter Zeit sehr gebracht hatte. Er kehrte zu Antonin zurück und drückte ihm das Glas in die Hand. „Komm“, murmelte er und ging vor in den Wohnbereich, zur Stereoanlage. Dort stellte er sein Glas ab, legte jene CD ein, die er damals mit zu ihrem ‚Trip‘ zu Klinger genommen hatte. Er wählte ‚Blue Velvet‘ an und sah Antonin an. „Ich habe gelesen, dass man, wenn man Amnesie hat durch gleiche oder ähnliche Geräusche wieder Erinnerungen findet, genauso wie man an bestimmten Orten wieder auf seine Erinnerungen stößt.“ Mittlerweile war er an Antonin herangetreten, als die Musik zu spielen begann. Vorsichtig legte er seinen Arm um Antonins Schulter, das Glas dem anderen aus der Hand nehmend und wegstellend, um ihm auch den zweiten Arm um die Schultern zu legen und sacht anfangend, sich zu der Musik zu bewegen und leise mitzusingen. „Ich denke ich werde mir morgen frei nehmen und mit dir ein paar dieser Orte aufsuchen, die dir wohl deine Erinnerungen zurückgeben könnten…“, unterbrach er seinen Gesang und blickte Antonin an. „Denn ich möchte, dass du dich an alles wieder erinnerst, auch was dich und mich betrifft.“ Antonin Hin und wieder warf Antonin dem Mann neben sich einen Seitenblick zu, musterte dessen Profil, den auf die Straße konzentrierten Blick und die immer noch leicht geröteten Augen. Und so langsam beschlich ihn eine Ahnung davon, was eigentlich gerade passiert war. Ja, im Grunde konnte man behaupten, dass dieser Zusammenbruch zu erwarten gewesen war. Aber dass der Auslöser dafür ein Mann, Cole, war, das schien eher unerwartet zu sein. Oder vielleicht doch nicht? Es fühlte sich richtig an, mit ihm zu fahren. Es hatte sich auch richtig angefühlt, geküsst zu werden, zu küssen und überhaupt die Berührungen. Aber war das nicht seltsam? Antonin gab sich redliche Mühe den untergegangenen Teil ihres Gespräches im Büro zu rekonstruieren, kam jedoch nicht wirklich weit. Warum wollte Cole ihn loswerden? Warum hatte ihm niemand gesagt, dass er scheinbar mit jenem zusammen gewesen war? Und lag hier vielleicht das Problem? Dass sie das gar nicht waren? Aber wäre Cole dann genauso fertig, wie er momentan aussah? Andererseits, musste Antonin sich fragen, ob Cole damit fertig werden würde. Zu wissen, dass sein Partner sich nicht mehr an ihn erinnern konnte. Die Gewissheit zu besitzen, dass im Grunde nichts mehr so wie vorher war. Er unterbrach diese Gedanken als sie in eine fremde Tiefgarage fuhren und sich bald darauf in einem Aufzug wiederfanden. Wo ihn Cole wieder in die Arme schloss und er sich ganz automatisch wieder an jenen lehnte. Und es fühlte sich vertraut und richtig an. Im Grunde genauso 'richtig' wie es vorher der Schmerz gewesen war. Er wollte nicht von Cole getrennt werden. Weder durch diesen noch durch sich selbst. Und sagte nicht alleine dieser eine Gedanke alles aus, was er momentan wissen musste? Sagte ihm das nicht, dass er womöglich in den anderen Mann verliebt war? Sagte ihm das nicht, dass er sich hier gut aufgehoben fühlte und dass es dann eben neue Erinnerungen sein mussten und konnten? Er ließ sich an der Hand nehmen und folgte Cole in die Wohnung, wo er sich einmal um sich selbst drehte und schließlich lächelte als er die Katze bemerkte. "Hey...", murmelte er ein wenig überrascht, "da ist das kleine Fellknäul ja." Er ging in die Hocke und folgte dem Tier mit den Augen, während Cole zu seiner Küchenzeile ging und irgendwas zusammen mixte. "Ich glaube der Sicherheitsmann unten hat mich schon mal aufgehalten", meinte er dann plötzlich ohne Zusammenhang, bevor er sich wieder erhob. "Ich dachte in diesem Moment, ob der mich wohl für Jack the Ripper hielte und ob das hier mehr ein Altersheim oder ein Gefängnis sei." Er nahm das Glas entgegen und folgte Cole, sah dabei zu wie jener eine CD einlegte und lauschte den ruhigen Klängen. Sein Blick wurde nachdenklich, doch er nickte zu den Worten und sah Cole dann ein wenig überrascht an als jener ihm das Glas wieder abnahm und die Arme um die Schultern legte, um zu tanzen. Trotzdem folgte er den Bewegungen fast augenblicklich und schloss die Augen als Cole begann den Text mit zu singen. Er hörte sich selbst sagen, dass Cole eine schöne Stimme hatte und wusste im ersten Moment nicht so genau, ob er es laut ausgesprochen hatte. "Du hast mir das Lied schon einmal vorgesungen", murmelte er und öffnete die Augen wieder. "Und ich fand deine Stimme wunderschön, was ich dir wohl auch gesagt habe?", er sprach leise, fast zu sich selbst. "Ich wusste nicht anders darauf zu reagieren, als dir die Wahrheit zu sagen. Auch wenn in diesem Moment andere Dinge wichtig waren. Wir haben auf irgendwas gewartet." Er suchte Coles Blick und seufzte, bevor er die Arme hob um jenen zu umarmen, so dass sie enger umschlungen tanzten. "Das wäre schön", bekannte er. "Aber erwarte bitte nicht zu viel, ich habe die Enttäuschung in Tayras Augen die letzten Tage ein paar Mal zu häufig gesehen, da sie wohl die gleiche Idee hatte. Bis auf den Schrottplatz bei ihrem Haus, fand ich nichts wirklich ansprechend." Vorsichtig, ein wenig zögernd und prüfend ließ er seine Hand über Coles Rücken gleiten. Er fühlte sich in einer seltsamen Stimmung. Vor einer Stunde noch hatte er mit seiner Mutter telefonieren müssen, um nicht einfach umzukippen und aufzugeben, und jetzt stand er hier mit Cole in einer unglaublichen Wohnung und tanzte zu einem romantischem Lied. "Ich würde mich gern erinnern", bekannte er flüsternd und wich Coles Blick aus, indem er seinen Kopf auf dessen Schulter ablegte. "Es ist gar nicht so leicht, alles hinterfragen zu müssen. Gerade was das hier, was uns betrifft. Du warst nur einmal im Krankenhaus, nur einmal bei mir und jetzt sind wir hier und tanzen, nachdem du sehr erfolgreich versucht hast, mich doch los zu werden. Was daran ist echt? Was davon soll ich glauben? Du hast gesagt wir kennen uns erst relativ kurze Zeit und trotzdem fand ich bei dir selbst in fünf Minuten mehr Reaktionen auf alles um mich herum, als bei anderen. Ich mag diesen Nicholas nicht, dafür vertraute ich Tayra sofort. Und bei dir…" Unbewusst verspannte er seine Hand ein wenig, umschloss ein Stück von Coles Hemd in der gebildeten Faust. "Ich habe dir von Anfang an geglaubt. Zuerst, dass du ein Doktor warst, dann, dass wir uns nicht näher kennen, dann, dass ich für dich gearbeitet habe. Ist das hier die Wahrheit auf die wir hinarbeiten?" Antonin wollte diese Fragen eigentlich nicht stellen, aber sie purzelten nur so aus ihm heraus. Er war zutiefst verunsichert. Eigentlich wollte er nichts weiter als einfach weiter so zu tanzen, während er auf der anderen Seite nicht wieder ein Messer in den Rücken bekommen wollte. Cole Cole lächelte zufrieden, als Antonin ihm erzählte, dass er sich an den Wachmann erinnerte. Er musste Geduld haben, aber solange sich Antonin immer wieder ein wenig mehr erinnerte, solange würde er hoffen können. Hoffen, dass Antonin sich an alles erinnerte, was sie selbst betraf, auch wenn er nicht genau wusste, was es eigentlich war. Schließlich haben sie ja nie etwas Festes gehabt, oder? Aber dennoch. Cole wusste, dass es ihm wichtig war, dass Antonin wieder das wusste, was er selbst über ihre 'Beziehung' gedacht hatte. Bei ihrem Tanz lächelte Cole und verstummte, als Antonin begann sich zu erinnern. "Ja, das hast du...", erklärte er dem anderen. "Wir haben darauf gewartet, dass ein korrupter, drogensüchtiger Polizist namens Klinger nach Hause kommt, um diesen zu beseitigen. Es war eine ziemliche Kamikazesituation. Doch wir haben überlebt. Damals habe ich das erste Mal gemerkt, dass du mir mehr als wichtig bist. Du hast einen Streifschuss abbekommen und ich hatte einen Moment geglaubt, dass du gestorben bist. Damals habe ich dich das erste Mal hierher mitgenommen. Du warst der erste Mann in meinem Leben, der diese Wohnung betreten durfte und das hat sich bis heute noch nicht geändert. Wir.." Cole seufzte. "Ich meine, es war schön." Er lächelte traurig, wissend, dass Antonin dieses nicht sehen konnte, denn jener bettete seinen Kopf auf seiner Schulter. Er lauschte den Worten des anderen und nickte leicht. "Ich kann mir vorstellen wie schwer das für dich sein muss. Aber du wirst dich wieder erinnern. Bestimm." Als Antonin weiter sprach wurde Coles Bewegung langsamer, in ihm spannte sich scheinbar alles an. Er schluckte. Er spürte, wie Antonins Hand sich an sein Hemd klammerte, wie jener sich verspannte. Und er hörte den leisen vorwurfsvollen Ton. Vorwurfsvoll, weil er nur einmal dagewesen war, weil er ihn angelogen hatte, weil er ihn von sich gestoßen hatte. Cole hielt in der Bewegung inne, strich dem anderen sanft über den Rücken. Tief atmete er ein, dann löste er sich leicht von Antonin und nahm diesen bei der Hand. Er ging mit ihm zum Sofa und setzte sich, den anderen mit sich ziehend, ihn neben sich aufs Sofa ziehend. Er hatte sich im Schneidersitz hingesetzt, blickte Antonin kurz etwas unruhig an. "Ich denke ich muss dir einiges erklären", murmelte er ohne den anderen anzusehen. "Mach es dir bequem." Er lächelte leicht. "Die Frage nach der Wahrheit kann ich dir nicht beantworten. Nein, eher nur zum Teil." Er strich Antonin leicht über den Arm, nachdenkend, wo er anfangen sollte. "Es stimmt nicht, dass ich nur einmal im Krankenhaus war. Ich.." Er spielte nervös mit dem Stoff seiner Hose. "Ich war jeden Abend dort und habe nach dir gesehen, habe jede Nacht dort gewacht. Ich wollte nicht, dass du mich seihst. Nun, bis zu deinem Geburtstag, als du beschlossen hast, dich selbstständig zu machen. Ich wusste damals nicht, was ich wollte, wie ich mit der Situation umgehen sollte, deswegen habe ich dich angelogen. Ich hatte Angst, dass du mich erkennen würdest. Und ich hatte Angst, dass du mich hassen könntest. Und ich hatte mir in den Kopf gesetzt, dich in Zukunft vor mir zu schützen und vor meiner Welt, die dich immer nur in Gefahr bringt. Etwas, das ich zum Teil noch immer möchte, aber ich weiß jetzt, dass du das selbst entscheiden musst." Er blickte kurz auf und sah Antonin an. "Ich dachte eine Notlüge könntest du mir verzeihen, könnte ich mir auch verzeihen, aber es lief etwas aus dem Ruder, besonders als du dann doch aus dem Krankenhaus 'geflohen' bist. Ich... Als ich dir meinen Namen genannt habe, habe ich gesehen, dass du dich nicht an mich erinnerst, als jemand, mit dem du... sagen wir... enger zu tun hast. Es schmerzte mich furchtbar, aber ich versuchte mir einzureden, dass das das Beste für dich sei, denn was war ich schon für dich. Nur dein Untergang..." Er schluckte und strich sich über das Gesicht. "Wir kennen uns wirklich erst seit kurzer Zeit, aber in dieser kurzen Zeit hast du es geschafft, mir sämtliche Schutzmauern einzureißen, die ich um mich aufgebaut habe. Du hast sich in mein Herz gesetzt, bevor ich wusste, was geschehen war. Ich kann dir nicht sagen, was zwischen und existiert. Ich kann es nicht... Ich weiß nur, dass du mir sehr wichtig bist und du nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken bist. Es ist alles nicht so einfach, aber... aber ich habe dich sogar als meinen Guard engagiert, nur damit du bei mir bleibst. Es war purer Egoismus.. Und dass das bedeutete, dass du dein Leben für mich riskierst, war eine Tatsache, die ich viel später erst begriff, und die mich fertig machte. Ich... Ich habe dich glaube ich ziemlich verletzt, als ich das erste Mal versucht habe, dir klar zu machen, dass ich nicht möchte, das du für mich dein Leben riskierst, und ein dunkelblaues Auge davongetragen. Aber ich.. Nun ja, letztlich hat sich immer noch nichts geändert. Ich wollte dich immer schützen und habe dabei alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte." Cole griff zu seinem Glas und trank einen Schluck. "Ich glaube ich habe viel zu konfus gesprochen... Frag am besten, wenn dir etwas nicht klar ist." Es war wirklich schwierig, zu erklären, was zwischen ihnen war. Und irgendwie ertappte sich Cole immer wieder dabei, sich zu rechtfertigen für die ganze Scheiße, die er dem anderen angetan hatte. Antonin Er ließ sich ohne Widerworte auf das Sofa nieder, rückte auf der breiten Sitzfläche weit genug zurück, um sich anlehnen und seinen Kopf auf dem Polster ablegen zu können. Welcher er dann auch ein Stück seitwärts wandte, um Cole zu beobachten. Was würde jetzt wieder kommen? Die nächste 'Wahrheit'? Antonin wusste, dass er gerade sarkastisch war, aber sollte sich doch mal jemand an seiner Stelle hier her sitzen und schauen, ob er es besser machen würde. Seine Nerven waren momentan einfach nicht mehr die besten. Zudem sich das mit dem korrupten Polizisten ebenfalls sehr seltsam anhörte. Trotzdem hatte er ganz automatisch die Hand an die Stelle seiner Brust gelegt, wo eine relativ frische, schmale Narbe zu sehen war. Er hatte also geholfen, einen Polizisten um die Ecke zu bringen? Was kam noch? Dass er für das Kennedy Attentat seinen Schnuller gespendet hatte? Aber als Gegenzug hatte Cole ihm auch gesagt, dass er der einzige Mann war, der außer Cole diese Wohnung betreten hatte und wohl auch weiterhin durfte. Und das hob den Sarkasmus aus seinen Angeln und ersetzte es mit einem sehr angenehmen, sehr warmen Gefühl Doch dann weiteten sich seine Pupillen erstaunt und er sah Cole mit offener Überraschung an. "Du warst tatsächlich da?", murmelte er ein wenig fassungslos und setzte sich auf. "Dich hassen? Warum zum Henker sollte ich das tun?"Aufgeregt stieß er Luft durch die Nase aus. "Tayra hat mir erzählt, dass ich meine Arbeit als … als Guard, sehr ernst genommen habe. Dass ich nicht davon abzubringen war, als ich mein Ziel gefunden hatte. Sie hat mir auch erzählt, dass ich sie ausgelacht habe, als sie mich darauf hinwies, wie gefährlich es wieder für mich werden würde. Ich habe ihr wohl gesagt, dass ich genau deswegen ja auch da wäre, um genau dieses übertriebene und vermeidbare Maß an Gefährlichkeit zu unterbinden. Und wenn sie das schon wusste, wie viel mehr musst du dann davon gewusst haben? Wie also, ich frage dich wie, sollte ich dich dann hassen können, wenn mich doch offensichtlich nichts und niemand davon abhalten konnte, meinen Willen durchzusetzen?" Er hielt inne und stand wieder auf. Antonin hatte das Gefühl jetzt nicht sitzen zu können. "Und außerdem habe ich mich an deinen Namen erinnert. Es war allerdings der Nachname, den du mir gegeben hast, als ich das erste Mal selbst hierher gefahren bin. Ja, ich weiß natürlich, dass das nicht viel ist…" Er stockte abermals und holte sich sein Glas, um selbst einen Schluck zu trinken. "Und sind nicht die meisten Gefühle egoistischer Natur?", murmelte er und seufzte tief, sich umsehend. Er konnte Cole jetzt nicht in die Augen sehen. "Es ist nur so... ich habe mich vorher gefragt, was ich getan hätte, wenn ich an deiner Stelle wäre. Und ich konnte es nicht beantworten, da ich es nicht bin. Da ich nicht einmal ahne wie weitreichend das alles ist. Für mich ist das ein Actionfilm, der mir erzählt wird, während es für dich noch immer alles real ist. Aber egal was da war, egal wie unglaubwürdig all diese Geschichten auch klingen mögen, so war da die ganze Zeit das Gefühl, dass etwas in diesem Puzzle fehlt." Er begann auf und ab zu gehen. "Ich habe diesen Nicholas gefragt, was genau so ein Guard ist, was er tut, was er verdient. Und er hat mir geantwortet. Weißt du was ich danach getan habe? Ich habe meine Konten geprüft. Zumindest alle von denen ich Daten in der Wohnung habe und da ist nichts was auf diese Tätigkeit hinweisen würde. Also habe ich Nicholas wieder gefragt und er hat mir gesagt, ich würde das vollkommen freiwillig tun. Ohne Bezahlung." Er lachte ein wenig düster auf. "Und ich weiß, dass ich im Grund kein wirklich guter Mensch bin. Nur zu denen, die mir etwas bedeuten. Da hatte ich also den nächsten Hinweis, dass etwas nicht stimmen konnte. Ich fragte mich also, warum ich mein eigenes Leben für einen flüchtigen Bekannten riskieren würde und die Antwort darauf ist und wird immer sein: Ich würde es nicht tun." Er blieb stehen und trank ein weiteres Mal, bevor er wieder zu Cole blickte. Dessen Blick suchend. "Egal welche Ausbildung, welche Foltermethoden, welche Thrills und welche Gehirnwäsche man mir auch verabreichen würde. Ich bin mir sicher, dass es keine Kraft dieser Welt gibt, die mein Leben in die Linie für jemand unbedeutenden werfen könnte. Und das bedeutet, dass ich recht hatte. Dass mein Gefühl von Anfang an recht hatte. Dass du wichtig bist. Dass du mir wichtig bist. Dass ich gerade nicht zusammengebrochen bin, weil ich einen verfickten Job verloren habe, sondern die Person, für die ich allen Anschein nach auch über ein verfluchtes Kliff springen würde, wenn es sein müsste." Trotz seiner Wortwahl hatte er gegen Ende hin leiser gesprochen. "Und ich bin mir sicher, dass wir nicht nur 'enger' miteinander zu tun hatten. Ich denke…", und hier unterbrach er nicht freiwillig, sondern es war seine Stimme, die ihm kurz wegbrach. Es würde schwer werden das auszusprechen. Aber wenn Cole ihm soweit entgegen kam, dann sollte er das, was er für die Wahrheit hielt, auch aussprechen. "Ich denke, dass ich selbst vergessen könnte wie man spricht, aber diese Gefühle für dich wären nicht weg. Das Herzklopfen wenn du mich ansiehst. Das Gefühl ruhiger zu werden, wenn du beginnst zu fauchen und deine Augen aufblitzen. Weißt du warum das so ist? Weil ich keine Angst habe. Ich bin mir sicher, du könntest mir eine Waffe an den Kopf halten und ich hätte keine Angst, dass du abdrücken würdest. Alleine deine Gegenwart hat Auswirkungen auf mich und ich weiß nicht, ob dir das reicht, aber da ist was übrig ist. Es mögen keine echten Erinnerungen sein, aber es sind echte Gefühle." Cole Cole folgte Antonin mit seinen Augen. Er war wieder vollkommen ehrlich gewesen. Und er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass Antonin mit all diesen Dingen überfordert sein würde. Schließlich hatte er sein Vertrauen missbraucht und woher sollte sich jener sicher sein können, ob er diesmal die Wahrheit sprach, wenn er sich an nichts erinnern könnte? Doch die Antwort auf die Frage schien Antonin ihm eben zu geben. Er konnte ihn nicht hassen. Er wusste von seinem Sturkopf und war sich sicher, dass man ihn zu nichts zwingen konnte. Wie recht er hatte... Cole musste innerlich seufzend nicken. Er horchte auf, als Antonin beschrieb, wie sich die Situation für ihn darstellte. Ja, wie ein Aktionfilm, das konnte er sich vorstellen. Doch leider stand er selbst ja nicht auf der guten Seite. "Es fehlt etwas?", fragte er leise und ahnte, was er damit meinen konnte. Das Wissen über ihre Beziehung. Das Wissen, das er selbst nicht besaß? Wie sollte er ihm in dieser Hinsicht weiterhelfen? Wie sollte er ihm Antonins Gefühle erklären, ihm dabei helfen, diese wiederzufinden, wenn er selbst doch keine Ahnung hatte, welche Gefühle er persönlich hatte. Er trank einen Schluck, lauschte den Ausführungen und blickte Antonin dabei immer erstaunter an. Und so erwiderte er auch den Blick, nachdem Antonin zu seiner Wahrheit, zu seinem Schluss gekommen war. Antonins Wahrheit schien zu sein, dass er ein wirklich sehr besonderer Mensch für diesen war. Er hatte früher immer gedacht, dass es reiner Idealismus eines Guards war, der ihn dazu antrieb, aber dass da so wesentlich mehr dahintersteckte, hatte er offenbar ziemlich gut verdrängt. Und eigentlich hätte er es sehen können, wenn er hingesehen hätte. Die Wut des anderen, als er ihm nicht Bescheid gegeben hatte, die Geste des Vertrauens, als er die Pistole gegen sich gerichtet hatte, als er Cole sein Leben in die Hand gegeben hatte... Wie bescheuert war er eigentlich gewesen? Wie blind war er gewesen? Und wie sehr musste er den anderen deshalb verletzt haben? Coles Herz begann hart gegen seinen Hals zu schlagen und er musste schwer schlucken, als er Antonins Worte vernahm. Die Worte, die letztlich eine indirekte Liebeserklärung waren? Die Worte, die so schwer wogen, die ihn zum einen unheimlich freuten, zum anderen auch ein gewisses Gefühl der Angst hinterließen... Worte, die er noch nie in diesem Maße gehört hatte. Tayra hatte also vollkommen recht gehabt. Antonin erinnerte sich an das, was sie verband. Die Gefühle, die er für ihn hatte. Aber er konnte sie an nichts Konkretem festmachen, sondern nur an Indizien. Und was war mit ihm? Welche Gefühle hatte er? Würde er seine Gefühle so zugeben können? Cole spürte, wie eine gewisse Panik in ihm aufstieg. Panik davor, dass Antonin von ihm verlangen könnte, ihm seine Gefühle zu offenbaren. Und Cole wusste, dass er das nicht konnte. Er konnte es nicht, weil er selbst noch nicht darüber nachgedacht hatte, es tunlichst vermieden hat, sie zu definieren. Seine Augen senkten sich, entzogen sich dem Blick des anderen. "Das... das ehrt mich und freut mich sehr", murmelte er etwas überwältigt. "Ich.." Was stammelte er denn eigentlich hier so rum? War das so schwer? Er stellte sein Glas auf den Couchtisch und stand auf, um zu Antonin zu gehen. Er blickte dem anderen in die Augen, doch er wusste, dass er es nicht schaffte, seine Unsicherheit zu verbergen. "Ich freue mich, dass du das für dich so siehst, denn das ist ein Fundament, auf dem wir aufbauen können. Allerdings bin ich kein Mensch von so großen Worten... Was ich sagen will ist, dass ich dir nicht sagen kann, was ich fühle... Ich kenne dieses Gefühl nämlich nicht, das in mir erwacht, wenn ich bei dir bin, wenn du mit mir redest, wenn du mir fehlst oder ich mich um dich sorge. Ich kann das nicht definieren. Ich weiß nur, dass ich es noch nie gespürt habe..." Er senkte den Blick. Hoffentlich hatte sich Antonin jetzt nicht mehr erwartet, eine Liebesgeständnis oder etwas Vergleichbares. "Wir haben einmal darüber geredet, was zwischen uns ist und uns darauf geeinigt, dass wir versuchen einen gemeinsamen Weg in einem Berg von Chaos zu finden. Aber wir sind noch nicht sehr viel weiter gekommen, als bis zu dem Punkt, dass ich mich für dich umbringen würde, und du mir dein Leben anvertrauen würdest. Eine Definition unserer Beziehung existiert nicht. Höchstens das Wort 'schwierig' würde es ganz gut treffen. Du musst wissen ich bin kein einfacher Mensch. Und es gibt da sehr sehr viel, was du nicht von mir weißt und nie von mir gewusst hast..." Er strich sich die Haare aus dem Gesicht. "Danke für deine Worte eben. Ich weiß jetzt, dass wir nicht wieder den Weg von Beginn an laufen müssen, sondern dass wir nur noch einmal einen kleinen Umweg in Kauf genommen haben. Aber eine klare Zugehörigkeit, eine klare Sichtweise auf das Chaos ist immer noch nicht da, glaube ich. Ich weiß nur, dass ich heute beinahe zum dritten Mal den Mann hätte gehen lassen, der für mich sehr wichtig ist." Scheiße, was redete er nur für großen Müll... Unsicher blickte er Antonin an, ob er es nun wieder geschafft hatte, jenen zu verletzen. Antonin Antonin hob eine Augenbraue. Das ehrte Cole? What the hell? Sowas sagte man vielleicht wenn man einen Preis überreicht bekam oder seinen Namen in einer Zeitung lesen würde, aber doch nicht in so einem Moment. Und womöglich müsste er sich jetzt zwischen dem ultimativen Schmerz oder überschwenglicher Wut entscheiden, wenn da nicht ein kleines Detail wäre. Nein, im Grunde war es kein kleines Detail. Es war Cole selbst. Es war dessen Haltung, wie er den Blick senkte und im Satz stockte was ihn sich selbst wieder an die Zügel nehmen ließ. Abwarten. Ja, abwarten war jetzt erst einmal das Zauberwort. Er war hier nicht der einzige, der mit der Situation an sich Probleme hatte und sollte nicht nur immer von sich ausgehen. Und Coles Augen, als er auf ihn zukam, bestärkten Antonin darin, dass es besser wäre abzuwarten. Und das tat er auch: er wartete ab, hörte und vor allen Dingen sah zu. Und je mehr davon bei ihm ankam, desto leichter war es, beide der vorher aufgetauchten Gefühle wieder beiseite zu schieben. Desto mehr senkte sich die Augenbraue wieder und entspannte sich seine Körperhaltung. Ohne weiter darüber nachzudenken trat er näher und umschloss Coles Gesicht mit seinen Händen bevor er dessen Kopf ein wenig zu sich zog und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen gab. "Du bist kein Mensch von großen Worten?", murmelte er und trat wieder einen Schritt zurück. Sich nicht sicher seiend, ob er nicht doch zu weit ging, auch wenn er bis eben noch immer auf die Füße gefallen war, wenn es um diese kurzentschlossenen Reaktionen ging. Er lächelte und es war ein ehrliches Lächeln. Eines das seine Augen erreichte und das er mit Cole teilen wollte. "Du hast doch gerade alles gesagt, wirklich alles was zählt. Und ich denke, du musst nicht mehr erwähnen, dass du ein schwieriger Mensch bist, ich habe das irgendwie schon mitbekommen." Er legte den Kopf ein wenig schief und musterte den Mann vor sich aufmerksam. Und es war gut, dass er das so häufig tat, beschloss er für sich selbst, denn sonst würden ihm viele der kleinen Details entgehen und dann wäre er vermutlich nicht hier. "Und darum wäre es auch schön, wenn diese Unsicherheit aus deinem Blick verschwinden würde, denn das musst du nicht sein. Ich meine, du hast mir gerade gesagt, dass du für mich sterben würdest, wie viel mehr Worte denkst du, dass ich erwarte? Ich habe nicht einmal das erwartet und es erschlägt mich ein wenig. Aber nicht weil ich Angst vor der Situation habe, oder vor den möglichen Schwierigkeiten, oder weil ich so gut wie nichts über dich weiß." Er schüttelte den Kopf leicht. "Es erschlägt mich vielmehr, dass du zu denken scheinst, dass mir diese Worte nicht reichen könnten. Natürlich sind Worte momentan wichtig, gerade in dieser Situation, aber zählt nicht das, was noch kommt genauso viel? Oder dass du mich mit hierher genommen hast. Dass du mir sagst, ich wäre der bisher einzige? Das wir beide geweint haben - was ich immer noch sehr unmännlich empfinde und was wir hoffentlich nie wieder ansprechen müssen." Hier wurde sein Lächeln kurz zu einem Grinsen, bevor er abermals eine Hand hob und sacht einige der Strähnen aus Coles Stirn strich. "Braucht es denn dann noch eine genaue Zuweisung? Wir waren vorher bereit, uns auf so etwas einzulassen, wenn ich dich richtig verstanden habe und ich sehe keinen aber wirklich gar keinen Grund, das jetzt zu ändern. Ja, vermutlich wird es anders ablaufen als davor, was dann wohl meine Schuld ist, aber das muss nicht automatisch etwas Schlechtes sein. Angeblich haben sich meine Charaktereigenschaften nur insofern geändert, dass ich offener bin. Wenn du damit klar kommst, dann komme ich damit klar, dass ich nichts von dir oder uns weiß - noch nicht - und dass du dich selbst für schwierig hältst. Dann komme ich mit dem Chaos darum herum auch klar, denn darauf kommt es in meinem Scherbenhaufen wirklich nicht mehr an." Cole Cole lächelte verlegen, als Antonin so nahe zu ihm kam, ihn küsste, was ihm dieses mittlerweile wohlbekannte Kribbeln im Bauch bescherte. Seine Augen blickten noch immer ein wenig unsicher in die des anderen, wobei die Unsicherheit einer unglaublichen Verlegenheit wich. Er hob die Augenbrauen, als Antonin ihm erklärte, dass er ein schwieriger Mensch war, und lächelte entschuldigend. Überhaupt machte ihn diese Situation verlegen, denn das, was er gerade gesagt hatte, so zu hören, wie es bei Antonin angekommen war, war irgendwie sehr peinlich. Und dann wieder ein Vorwurf, der ihm vor Augen führte, wie wenig Selbstbewusstsein hatte, wenn es wirklich ernst wurde. Cole konnte gar nicht mehr zählen, wie viele Männer er gehabt hatte, konnte sich an die wenigsten erinnern und hatte noch weniger das Bedürfnis sich an sie zu erinnern. Aber jetzt gab es da einen Mann, der es geschafft hatte sein ganzes Bein in die Tür zu stecken, der sich langsam aber sicher ganz in ihn hineinschlüpfte, und er verlor alle Selbstsicherheit, die er zu haben geglaubt hatte. Ein wenig unangenehm, aber nicht so unangenehm, dass er das Bedürfnis hatte dagegen massiv etwas zu tun. Aber Antonin bat ihn, die Unsicherheit aus seinen Augen zu nehmen. Also sollte er sich entspannen und… Oh, in dem Moment erinnerte er ihn an ihre Heulerei. Scheiße. Cole lachte verlegen. "Ich bin auch dafür, dass wir das ganz schnell vergessen. Ich habe jetzt noch Kopfschmerzen davon", knurrte er, strich sich über die Stirn und erwiderte das Grinsen. Dann spürte er das sanfte Streicheln des anderen, als dieser ihm eine Strähne aus dem Gesicht striff. Sein Blick wurde automatisch in die Augen des anderen gezogen, die ihn so warm ansahen. Und so wurde es mit einem Mal so still um sie, als Antonin ihm mitteilte, dass er vor hat, wirklich den Weg weiter mit ihm zu bestreiten. Langsam nickte er. "Ist gut", murmelte er dann. "Ich denke ich werde damit klar kommen. Wir lassen es einfach ruhig angehen." Er lächelte, dann beugte er sich vor uns küsste Antonin sanft, als würde er ihr 'Bündnis' besiegeln wollen. Cole spürte, dass er dringend das Gefühl hatte, das Thema zu wechseln. Ihm war es unangenehm, über Gefühle zu reden. Und daher sollte man das auch nicht zu sehr in die Länge ziehen. "Und jetzt lass uns schlafen gehen. Ich bin hundemüde. Und du solltest dich auch noch schonen." Gespielt streng schauter er Antonin an. "Ich hoffe, Tayra hat in den letzten Tagen darauf geschaut, dass du brav deine Medikamente genommen hast und immer früh ins Bett bist?" Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Ruhig sprach er weiter. "Brauchst du heute Abend noch etwas? Ich meine medizintechnisch? Ich könnte uns auch in deine Wohnung bringen. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Entschuldige." Cole löste sich leicht von Antonin. "Ich muss nur kurz Corleone füttern. Er überlegt glaube ich schon gerade, ein Attentat auf uns zu verüben, um dann an sein Fressen zu kommen." Mit diesen Worten drehte er sich weg, entzog sich dieser ihn verlegen machenden Situation und ging in die Küche, um der Katze, die freudig um seine Beine strich, das ersehnte Futter zu geben. Er spürte, dass er nun sich wieder entspannen konnte. Er war einfach kein Mensch für solche Gespräche. Auch wenn es in diesem Fall wichtig gewesen war. Sicher. Aber so bald würde er sich darauf nicht wieder einlassen müssen, so hoffte er. Und das Gespräch war ja auch nicht in allen Dingen sehr angenehm gewesen. Denn auch wenn Antonin ihm versichert hatte, zu wissen, dass er viel für ihn empfand, so hatte er auch zugegeben, dass er sich an sie nicht mehr erinnerte, was irgendwie schon schmerzte. Aber darüber sollte er sich keine Gedanken machen. Es würde wiederkommen. Sicher würde er sich wieder erinnern, bald. Und dann? Nicht darüber nachdenken. Letztlich hatte er sich heute bereit erklärt wirklich eine Beziehung zu führen. Und an diesen Gedanken musste er sich erst noch gewöhnen. Aber ihm war mehr als klar geworden, dass er auf Antonin auch nicht verzichten wollte, dass er ihn bei sich haben wollte, dass er bereit war sein Leben in gewisser Weise mit ihm zu teilen. Cole seufzte, als er die Kühlschranktür schloss und sich wieder zu Antonin drehte. "Schlafen?", fragte er müde. Antonin Antonin ließ sich gerne küssen, auch wenn Cole gerade etwas durch den Wind wirkte. Sollte er das nachvollziehen können? Vielleicht hatten sie wirklich noch ganz am Anfang gestanden. Am Anfang einer Beziehung? Am Anfang von etwas Undefinierbarem? Nun, Antonin konnte es nicht sagen, deshalb nahm er einfach, was sich ihm anbot und erkannte das als komplett ausreichend an. Ein wenig erstaunt erwiderte er den strengen Blick bis er tief ergebend seufzte. "Jaja, ich habe die Medikamente genommen, kein Grund vorhanden, um den Doktor wieder herauszukehren." Ein wenig herausfordernd sah er den anderen an. "Und ich habe geschlafen, wenn ich müde wurde, was wohl gut war, denn mein echter Doktor hat sich heute sehr zufrieden gezeigt", erzählte er und schüttelte dann den Kopf. "Ich habe alles genommen bevor ich heute Abend losgefahren bin." Er sah Cole nach und hörte ihm zu wie er von Attentäterkatzen sprach, weshalb sein Blick auch auf das Fellknäul umschwenkte. "Sei froh, dass du keine zwei hast, die verbünden sich nämlich und planen ihre Tage so, dass immer einer wach ist, um einem hinterher zu laufen und Aufmerksamkeit zu fordern." Er lächelte und strich sich durch die Haare um sich dann über die müde gewordenen Augen zu reiben. "Ich wollte viel lieber einen Hund haben. Einen richtig großen, der dann aufs Haus aufpassen könnte. Aber naja, manchmal waren die beiden Monster wie Hunde." Er sah dabei zu, wie Cole die Katze fütterte und nickte dann nur auf dessen Frage, bevor er zur Anlage ging und die Musik ausstellte, der er mitunter den Grund gab, jetzt doch auf einmal wieder so müde zu sein. Seltsamerweise war da keine Nervosität bei ihm vorhanden, was die Schlafangelegenheiten betraf. Sein Handy hervorholend schrieb er noch schnell eine SMS an Tayra, dass er sich morgen melden würde und dass sie sich keine Gedanken um ihn machen sollte. "Hm, ich befürchte, ich habe Tayra ganz schön blöd stehen lassen. Gut dass sie gefahren ist", murmelte er während er auf das Schlafzimmer zuhielt. Wenn man es so nennen wollte. Die ganze Wohnung besaß eine recht interessante Architektur, wenn man es genau bedachte. Antonin selbst war mehr ein 'Fan' von Türen, was aber auch nur zum Tragen kam, wenn man nicht alleine lebte. Manchmal war es einfach wichtig, den Rest der Welt einfach mal aussperren zu können, selbst wenn es nur aus einem Zimmer war. Sich seine Neugierde erlaubend durchquerte er das Schlafzimmer, dem Bett einen prüfenden Blick zuwerfend, bevor er sich an die Badezimmertür lehnte und hinein sah. Hm.. kurzentschlossen zog er sich sein Shirt über den Kopf und stellte sich vor den Spiegel, seine Finger zögerlich über die schmale, frische Narbe gleiten lassend. Antonin sah seinen eigenen nachdenklich gewordenen Blick und griff dann in die Hosentasche, wo er die kleine Schatulle verstaut hatte und holte sie hervor. Öffnete sie und starrte eine Weile hinein, bevor er eine der Kapselln hervorholte und abermals gegen das Licht hielt. Die dunkelblaue Flüssigkeit war deutlich durch die klare Hülle zu erkennen und mit einem Schritt, näher ans Waschbecken herantretend, teilte er das Ganze. Ließ die Flüssigkeit in den Abfluss rinnen und wusch den einen Teil der Umhüllung mit kaltem Wasser ab. Tatsächlich begann sie sich langsam aufzulösen, während er auf warmes Wasser umstellte und die ganze Prozedur wiederholte. Diesmal dauerte er nicht lange bis sich davon nichts mehr in seiner Hand befand. Nicht einmal mehr schmierige Rückbleibsel. Ein wenig beeindruckt nickte er, bevor sich langsam aber sicher ein Grinsen breit machte. "Schau an, schau an", murmelte er bevor er auch die andere Hälfte im warmen Wasser verschwinden ließ und es dann abstellte, um zurück ins Schlafzimmer zu gehen. Dort sah er sich nach Cole um und zog sich bis auf die dunklen Shorts aus, bevor er aufs Bett, unter die Decke kroch. Er ging einfach mal davon aus, nicht auf dem Sofa nächtigen zu müssen. "Du hast Recht", beschied er ihm, noch immer ein leichtes, eindeutig zufriedenes Lächeln auf den Lippen habend. "Ich sollte nicht an Dingen herumfuhrwerken, an die ich mich nicht mehr erinnere. Am Ende kommt keine Wunderdroge sondern ein Wundervirus dabei raus." Er schloss die Augen und ließ seinen Kopf auf das Kissen sinken. Antonin hatte soeben einen Entschluss gefasst und damit beschlossen, sein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Cole Cole gönnte sich fünf Minuten Ruhe, in der er in der Küche stand, während Antonin im Badezimmer verschwunden war. Antonin hatte sich in der Wohnung umgesehen, als sei er fremd. Nun, in gewisser Weise war er das jetzt auch wieder. Interessant war nur, dass er damals sich nur flüchtig umgesehen hatte, diesmal mit unverhohlener Neugierde. So äußerte sich also die Offenheit, von der der andere gesprochen hatte. Nun, Cole ärgerte sich nicht darüber. Antonin durfte in seiner Wohnung sein, so viel er mochte, solange er nichts anstellte... Seine Anwesenheit empfand Cole nicht als störend, auch wenn er bisher noch nie mit jemandem diese Wohnung geteilt hatte. Cole stellte die Gläser in die Spülmaschine und überprüfte die Alarmanlage. Dann löschte er die Lichter und ging ins Schlafzimmer, wo er sich auszog, feststellend, dass er auf ihrer 'Flucht' sein Jackett im Lady-Dream gelassen hatte. Nun, es würde schon nicht wegkommen. Seine Klamotten landeten in einem Wäschesack. Er zog niemals zwei Tage hintereinander dasselbe an. Manchmal zog er sich sogar tagsüber ein-, zweimal um. Müde ging er zum Bett, schüttelte die mit schwarzer Satin-Bettwäsche überzogene Decke aus und schüttelte sogar die Kissen aus. Er machte nie sein Bett, selten. Dabei mochte er es eigentlich ganz gerne, wenn die Bettwäsche ausgeschüttelt war. Seine Mutter hatte früher immer die Bettdecke für ihn ausgeschüttelt und dann über ihn gedeckt. Er liebte dieses Gefühl, wenn sich die Decke langsam über den Körper senkte und federleicht die Haut berührte, bevor sie schwerer wird. Er ging zum Schrank, um sich die Sachen für morgen rauszulegen. Er würde morgen Besuch aus Chicago bekommen. Als er die Schritte des anderen hörte blickte er auf. Sein Blick glitt automatisch über den schönen Körper des anderen, dem man kaum ansah, dass er nun sicher schon seit längerem nicht mehr so trainiert wurde, wie zuvor. Doch auch, wenn in Cole alles danach schrie, diesen Mann jetzt sofort zu vernaschen, schob er den Gedanken beiseite. Er würde sich sicher gedulden müssen. Ob für Antonin noch immer die Regel galt, dass er mit anderen Männern schlafen durfte, solange jener nichts davon mitbekam? Cole wusste es nicht, und er hatte das Gefühl im Moment auch lieber nicht danach fragen zu sollen. Cole fiel auf, dass er es für selbstverständlich genommen hatte, dass Antonin zu ihm ins Bett kommen würde, doch jener schien damit auch kein Problem zu haben. Gut, dann würde er heute Nacht vielleicht wieder in den Genuss kommen, jene Ruhe zu spüren, die er bei Antonin eigentlich immer gespürt hatte, wenn sie die Nacht miteinander verbracht hatten. Die Worte des anderen zogen wieder seine Aufmerksamkeit auf diesen. "Wenn du dich wieder erinnern möchtest", sagte er, "dann kann es sicher nichts schaden, herumzuprobieren. Aber ich denke du hast noch viel Zeit. Nichts sitzt dir im Nacken und du solltest dir diese Zeit auch nehmen, um wieder der zu werden, der du vorher warst. Oder sagen wir, um das wieder zu wissen, was du vorher wusstest. Denn es heißt ja nicht zwangsläufig, dass du das alles wieder tun möchtest, was du vorher getan hast. Und egal, in welche Richtung du dein 'neues' Leben ausrichtest, du wirst sicher die richtige Entscheidung treffen. Ich denke du wirst nie Schwierigkeiten haben, einen guten Job zu finden." Er lächelte den anderen an. "Ich geh kurz ins Bad", erklärte er und ließ seinen Worten Taten folgen. Dort wusch er sich das Gesicht, blickte sich im Spiegel an. Das Auge war mittlerweile gut verheilt. Neben einigen dummen Kommentaren hatte es bei einigen auch ganz schön Eindruck hinterlassen. Und es hatte ihn immer wieder erinnert, weshalb ihm Antonin so wichtig war, weshalb er jede Nacht bei ihm gewesen war. Auch wenn er zeitweise geglaubt hatte, dass der Verlust der Erinnerungen ihm signalisieren sollten, dass er es auch vergessen sollte. jene Zweisamkeit vergessen sollte, die er genossen hatte. Doch jetzt hatte er sie wieder. Zwar nicht, wie davor, aber in ähnlicher Weise. Auch wenn ihm das Rationale bei dieser ganzen Geschichte ein wenig Sorgen machte. Sorgen, weil er noch nie über solche Dinge gesprochen hatte. Und er wusste, dass ein rationaler Beschluss zu einer Beziehung bei ihm auch nicht funktionierte. Er brauchte das Emotionale, das bei ihm stets mit Sex begann und danach über Zärtlichkeiten, Liebkosungen und Neckereien zu Vertrautheit führte. Eine Vertrautheit, die für ihn dennoch immer wieder Überraschungen bereithalten musste. Aber da Antonin nichts wusste, nichts wissen konnte, musste er ihm eingestehen, darüber zu reden. Es musste ihm erlaubt sein. Denn wie jener schon sagte: Er lebte in einem Scherbenhaufen. Und Cole sollte darin nicht auch noch wie ein Wirbelsturm herumtoben. Als er ins Bett kroch kuschelte er sich vorsichtig an Antonin. Er würde nicht wirklich schlafen können, wenn er keinen Körperkontakt hatte, und um herauszufinden, ob es Antonin recht wäre, provozierte er es einfach. Es war ohnehin ungewohnt für ihn, sein Bett zu teilen, wobei es mit Antonin erstaunlich gut geklappt hatte, aber nur, weil er seine Nähe gehabt hatte. Ohne diese hatte er Angst, dass er nicht würde schlafen können. "Schlaf gut, Antonin", murmelte er und atmete den wohlbekannten Geruch des anderen ein. Sanft strich er über seine Seite. "Und wenn irgendetwas ist, scheue dich nicht, mich aufzuwecken." Antonin Ohne weiter nachzudenken umarmte er Cole, als dieser zu ihm kam und suchte seinerseits engeren Körperkontakt. Es gab ihm ein gutes Gefühl und nicht nur das. Es gab ihm eine gewisse Art von Normalität, da diese Nähe etwas ganz normales und selbstverständliches zu sein schien. Er lächelte und küsste einen Flecken freier Haut, bevor er Cole ebenfalls eine gute Nacht wünschte und ihm versprach ihn aufzuwecken, wenn etwas wäre. Doch dazu sollte es nicht kommen, auch wenn Antonin diese Nacht sehr lange keinen Schlaf fand. Dazu war momentan zuviel in seinen Gedanken. Es war das eine etwas zu beschließen, aber etwas ganz anderes sich zu überlegen wie man das umsetzen wollte. Zudem ihm der versprochene morgige Tag auch schwer im Magen lag. Tayra hatte ihm gezeigt, wo er normalerweise immer gelaufen war, wo er arbeitete, wo er am liebsten einzukaufen schien und die meisten dieser Orte waren für ihn genau das. Orte, die er sah aber mit denen er nichts verband. Ähnliches galt für die Wohnung hier und es war schwer mit Enttäuschung umzugehen. Das hatte Antonin die letzten Tage immer mal wieder festgestellt. Sei es seine eigene Enttäuschung darüber, sich nicht zu erinnern oder die in den schönen dunklen Augen seiner wohl besten Freundin. Aber was sollte er tun? Was in Dreiteufels Namen sollte er nur tun? Selbst das hier, obwohl es sich so richtig anfühlte, wirkte mit einem bitteren Nachgeschmack im Mund mit sich. Es kam ihm wie Stunden später vor, als ihn der Schlaf endlich einholte und er aufhören konnte sich Sorgen über sein Leben zu machen. Cole hatte leicht reden. Es saß ihm nichts im Nacken? Haha. Ein schönes, trockenes: Haha. Im Grunde saß ihm alles im Nacken, wieder 'der zu werden der er vorher war'. Und selbst das schien eine Art Zwickmühle zu sein, denn im einen Moment schien sich jeder zu wünschen, dass er sich erinnerte, nur das man ihm im nächsten Moment beschied, das es womöglich so wie es momentan lief besser für ihn war. Wie sollte er sich für irgendeine Richtung entscheiden können, wenn er selbst ständig mit unsicherem Schwanken konfrontiert wurde? Kapitel 64: Harte, aber klärende Worte -------------------------------------- Antonin Der nächste Morgen schwankte ebenfalls. Von sehr seltsam und dem Gefühl nichts richtig zu machen, bis hin zu einer Art Normalität in Form von kleinen Neckereien. Und je länger sich das hinzog, desto mehr breitete sich das Gefühl von Angst in Antonins Magen aus. Die Angst nicht mehr genügen zu können. Die Angst über Zeit hinweg doch weniger wert zu sein als vorher. Die Angst dass es den Leuten um ihn herum, vor allem aber Cole bald zu anstrengend werden würde. Und genau das war es, was es ihm verbat zu erwähnen, wenn er sich erinnerte. Was er tat. Regelmäßig. Manchmal kam es mit einem Schwindelgefühl wenn er bestimmte Dinge ansah, manchmal war es einfach da und hin und wieder wurde ihm sogar übel. Aber er erwähnte es nicht, denn es hätte keine Auswirkungen. Es waren Dinge, die nichts mit Cole oder Tayra zu tun hatten. Hin und wieder kam Nicholas darin vor und deutlich häufiger machten ihm diese Erinnerungen zu schaffen. Er tat sich schwer einige seiner Gedankengänge und Taten nachzuvollziehen, konnte es nicht mit sich selbst übereinbringen. Konnte sich selbst nicht verstehen. Das gleiche galt auch für die Situationen, an die er sich erinnerte. Es ließ sich einfach nichts in eine bestimmte Reihenfolge bringen und das wiederrum machte ihn zornig, was ihn auch einmal direkt sehr pampig auf eine einfache Frage von Cole reagieren ließ. Wen interessierte es, ob er jetzt Kaffee oder Tee oder wusste der Geier was trinken wollte?! Natürlich entschuldigte er sich sofort dafür, wollte sein Unverständnis mit sich selbst, mit der Situation und überhaupt mit allem eigentlich unter keinen Umständen an Cole auslassen. Wo doch gerade die Gegenwart von dem Mann das einzige akzeptable Beruhigungsmittel zu sein schien. Er tobte nicht herum wie ein Berserker oder versank in zu tiefer Melancholie. Etwas an Cole hielt ihn halbwegs konstant, ließ ihn nie zu unaufmerksam werden. Noch so eine 'Kleinigkeit', die ihm an sich selbst auffiel. Er beobachtete Cole. Aber nicht nur ein einfaches Beobachten. Er merkte sich Gesten, Mimiken ja sogar bestimmte Stimmlagen. Er konnte sagen wie jener seinen Kaffee trank ohne wirklich hingesehen zu haben, sondern es mehr aus den Augenwinkeln erahnend. Er sah die Veränderungen in dessen Augen in dem Moment, wenn sie auftraten. War das normal? War das was eine Beziehung ausmachte, oder war es was einen Guard ausmachte? Was immer es auch war, er bat Cole ihn nach Hause zu fahren, da er sich momentan nicht gut genug fühlte für eine Sightseeing-Tour. Es schmerzte Antonin, aber er konnte sich nicht anders behelfen als davonzulaufen. Er konnte nicht immer stark sein und er war es, seitdem er aufgewacht war bis auf den Zusammenbruch gestern Nacht immer gewesen. Er war stark für Menschen, die ihm etwas zu bedeuten schienen. Oder die ihm das zumindest glaubhaft versicherten. Aber sein überraschend großer Pool an Geduld, Stärke und Ausdauer war erschöpft. Absolut erschöpft und er wünschte sich nichts sehnlicher als sich die Decke über den Kopf zu ziehen und sich zu verstecken. Darauf zu hoffen, dass ein Wunder geschehen würde. Ein Wunder, das ihm endlich erzählte, wer er war, was er fühlte und was ihn ausmachte. Cole "Meld dich", sagte Cole eindringlich und blickte Antonin an. "Meld dich, wenn du mich brauchst oder wenn ich irgendetwas für dich tun kann." Dann blickte er Antonin nach. Auch als dieser im Hauseingang verschwunden war, blickte er noch zu jener Tür, die sich langsam schloss. Er hatte kein gutes Gefühl, gar kein gutes Gefühl. Antonin hatte sich den Morgen wie ein scheuer Hund verhalten, der ängstlich am Zaun entlang streift, weil er den Ausgang aus seinem Gefängnis suchte. Oder bewertete er das Verhalten über? Sah er es übertrieben? Aber wieso hatte jener dann gleich zugebissen, nur weil er eine einfache Frage gestellt hatte? Nun gut, er wusste, dass Antonin Kaffee liebte, aber angesichts der Umstände wollte er eben sicher gehen. Und eigentlich hatten sie doch sehen wollen, ob Antonin sich an bestimmten Orten an verschiedene Dinge erinnern konnte. Doch dieser hatte ihn gebeten, ihn nach Hause zu bringen. Antonin schien den gesamten Morgen mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, als mit dem hier und jetzt. Ob jener nicht gut hatte schlafen können? Ob jener jetzt vielleicht schon bereute, sich auf ihn eingelassen zu haben? Ob er am Ende seine Anwesenheit als störend empfunden hatte? Vielleicht war es doch zu nah gewesen alles. Vielleicht war es nur Einbildung gewesen, dass er auch seine Nähe gesucht hatte. Scheiße. Cole fuhr nachdenklich zum Lady-Dream. Dort bemühte er sich konzentriert zu arbeiten, was teilweise nicht so einfach war, was allerdings einfacher wurde, nachdem er mit dem recht verkaterten Ragnar sich ein wenig ausgetauscht hatte. Jener riet ihm, das Ganze gelassener zu sehen, nicht überrascht zu sein, wenn Antonin eben nicht immer nur ein Sonnenschein sein konnte. Er musste sich immer wieder im Klaren darüber sein, dass Antonin sein Gedächtnis verloren hatte. Und so ein Verlust ist etwas, was einen sehr beschäftigt. Cole sollte abwarten und Antonin signalisieren, dass er für ihn da war. Als Cole wieder allein im Büro war, griff er zum Handy. Eigentlich wusste er, dass SMS-Schreiben auch fatale Folgen haben konnte, und daher bastelte er ewig an dem Text rum, den er schließlich Antonin schickte: Hey Antonin! Ich wollte dir nur sagen, dass ich es sehr schön fand, dass du heute Nacht bei mir warst. Ich weiß, wie schwierig das alles für dich sein muss. Sei dir gewiss, dass ich für dich da bin, wenn du mich brauchst, und dass ich gerne warte, bis du soweit bist, auf die Spurensuche zu gehen. Fühl dich umarmt von Cole Die Leute aus Chicago kamen am frühen Abend. Sie hatten einiges zu besprechen und das war unter Anderem ein wichtiger Deal, der in den nächsten Tagen stattfinden sollte. Stoff aus Kolumbien, der über ihren Hafen kommen und nach Chicago gebracht werden musste. Nach den geschäftlichen Dingen ließen die Beteiligten den Abend im Lady-Dream ausklingen, wo einiges getrunken wurde, einige Frauen im Hinterzimmer verschwanden, wo viel geredet wurde, und zu Coles Bedauern das Geschäftliche auch in die Gespräche einfloss. Etwas, das er eigentlich nicht wollte, denn er hielt seine Gespräche gerne unter Verschluss, bis es soweit war. Die Ratte hatte ihm Vorsicht gelehrt. Und noch etwas nervte ihn an diesem Abend. Einer der Typen aus Chicago hatte ihn angemacht. Cole hatte eigentlich nie etwas mit Geschäftsleuten, eines seiner Prinzipien. Doch diesmal hatte er sich schwer getan, sich zurück zu halten. War er einsam? Nein, er brauchte nur Sex... Cole nahm sich vor, seinen Bedürfnissen in den nächsten Tagen nachzukommen, doch heute war er zu müde. Als er sehr spät nach Hause kam, legte er sich aufs Sofa und zückte das Handy. Ragnar hatte ihm befohlen, sich noch einmal bei Antonin zu melden. Nun gut, wenn dieser meinte, dass es so richtig war... Und so lauschte er dem Freizeichen. Eigentlich war es schon spät. Ob er doch auflegen sollte? Doch als Antonin ran ging, spürte er, wie er lächeln musste. "Hey! Ich hoffe ich habe dich nicht aufgeweckt. Ich weiß es ist spät, aber ich wollte... ich wollte deine Stimme noch einmal hören und wissen, wie es dir geht." Er entspannte sich, legte sich zurück und schloss die Augen, um den Worten des anderen besser folgen zu können. Antonin Er sah von seinem Laptop auf als er sein Handy klingeln hörte und überlegte kurz bevor er aufstand und den Anrufer überprüfte. Tief durchatmend ging er ran und lauschte der Begrüßung. Sie brachte ihn zum lächeln und ließ ihn sich schlecht fühlen, die SMS nicht beantwortet zu haben. "Heya Cole, du hast mich nicht geweckt. Um ehrlich zu sein arbeite ich gerade. Und ich möchte mich dafür entschuldigen, nicht auf deine SMS reagiert zu haben, obwohl alleine das Wissen darum mir heute eine große Stütze war", begann er und trat zurück an seinen Küchentisch, sah auf das Bild, das sich gerade auf seinem Laptop zeigte und atmete noch einmal tief durch. "Ich habe eine Menge zu erzählen, gerade im Hinblick darauf, wie es mir geht. Wenn du dafür nicht zu müde bist?", er lauschte der Antwort und nickte dann. "Du erinnerst dich, mir gesagt zu haben, dass du mich angelogen hast, um mich zu schützen? Nun, im Grunde habe ich das Gleiche ebenfalls getan. Obwohl ich nicht direkt gelogen, sondern vielmehr verschwiegen habe." Er stockte und biss sich auf die Unterlippe. Aber einmal angefangen gab es kein Zurück mehr, eine der neuen goldenen Regeln. "Im Grunde hat mich auch niemand danach gefragt. Es hat mich niemand gefragt, was ich gesehen habe, um Dinge nach Nicholas zu werfen, oder warum ich ihn nicht leiden kann. Ja, du hast mich gefragt, an was ich mich erinnere und ich habe nicht gelogen. Ich erinnere mich an die Dinge, die ich dir aufgezählt habe. Aber da ist mehr. Viel mehr", gestand er und griff nach dem Glas Wasser, um einen Schluck zu nehmen und danach den Kopf in den Nacken zu legen, um an die Decke zu sehen. "Und diese Dinge machen mir Angst." Er stolperte ein wenig über das Wort, sprach jedoch weiterhin mit besser kontrollierter Stimme weiter. "Es ist das eine zu hören was man war, dass man sich besser nicht mit sich selbst angelegt hätte, dass man gefoltert wurde oder dass man dafür in psychiatrischer Behandlung ist, aber es ist etwas gänzlich anderes, Dinge davon wieder als wahr zu empfinden." Antonin schluckte und schloss die Augen, lauschte dem Atem von Cole und versuchte den roten Faden nicht zu verlieren. "Und das ist nicht das Einzige was einem... nein was mir Angst macht. Es macht mich nicht nur panisch, diese Dinge einfach so in meinem Kopf aufpoppen zu haben, sondern es lässt mich fragen, was für eine Art von Mensch ich bin. Was für ein unsäglich kaputter Mann scheinbar aus mir geworden ist. Jemand, der keine Angst davor hat den Abzug einer Waffe zu betätigen und ein anderes Menschenleben auszulöschen? Jemand, der keine Bedenken hat, eine nicht mehr nachweisbare Droge zu entwickeln? Jemand, dem es egal war, dass in dem Prozess vermutlich mehr Menschen draufgegangen sind, als ich tatsächlich selbst umgebracht habe? Weißt du wie ich das nenne, Cole? Ich nenne das Belastung und ich bin nicht mehr sicher, ihr standhalten zu können. Was den Grund dafür darstellt, dass ich es weiterhin nicht wahrhaben wollte." Er öffnete die Augen wieder und richtete den Kopf gerade. Sah abermals auf den Bildschirm. "Und selbst wenn ich es könnte, so ahne ich bereits, dass ich es nicht alleine schaffen werde. Womit wir auch schon auf dem nächsten Punkt der Tagesordnung im Falle des zerstörten Lebens von Antonin Marakow wären." Es klang genauso sarkastisch wie es sich anfühlte. Aber er konnte nicht anders damit umgehen. Irgendwie musste er sich schützen. Irgendwie.. "Und dieser nächste Punkt nennt sich Verlustangst. Bin ich momentan nicht nur eine furchtbar abgespeckte Version von mir selbst? Selbst ich finde mich anstrengend, wie muss es da erst Tayra gehen. Oder dir?" Die letzten beiden Worte flüsterte er, aus Angst seine Stimme doch wegbrechen zu lassen. Ja, dass Cole sich wieder von ihm abwenden, ihn wieder von sich stoßen würde… diese Angst saß seit gestern tief. Sehr tief. Irgendwas in dem Vertrauensfluss, den er für den anderen Mann zu besitzen schien, war gebrochen und alleine dieser Gedanke machte ihn panisch. "Was wenn ich nie wieder 'der alte Antonin' werden kann oder möchte? Was wenn ich nicht mehr genug bin? Was ist, wenn die Person, die ich momentan bin, nicht ausreicht?" Alleine diese Gedanken auszusprechen war schmerzhaft, aber sie waren die Wahrheit. Es waren seine Gedanken und Gefühle und er wollte Cole nicht anlügen. Jeden, aber nicht Cole. "Ich bin nicht stark. Im Grunde bin ich gerade das Gegenteil davon. Und weil ich das erkenne, habe ich zumindest damit begonnen an einer meiner vielen Baustellen aufzuräumen. Weißt du was CI-2, CI-2 und CI-4 eigentlich sind? Es sind Nachfolger. Im Grunde sind es Abfallprodukte, die mir genügend Geld einbringen sollten für CI-1. Und CI-1 ist nach all den Jahren der investierten Zeit und Forschung noch immer nicht fertig. Denn ich bin nicht das Genie, das mir Tayra weismachen möchte. Ich bin nur jemand, der hart arbeiten kann, wenn er sich etwas erhofft. Die Lösung für das CI-4 Problem kam mir mehr durch Zufall und ja, es war ein Geniestreich, aber es war Glück. Pures, dummes Glück. Genauso ein Glück, als dass ich mich daran erinnere. Traurig aber wahr, ich erinnere mich eher an eine Droge, als an Menschen, die mir sehr viel bedeuten. Aber Tatsache", und hier wurde er etwas lauter, deutlicher, vielleicht wollte man es auch leidenschaftlicher nennen, "Tatsache ist, das CI-1 ein Schmerzmittel der besonderen Art werden sollte. Für Drogenabhängige, Cole. Für so Arschlöcher wie meinen Vater, der mein gesamtes Leben aus dem Knast heraus ruiniert hat, nur weil er nicht auf seine Drogen verzichten konnte oder wollte. CI-1 ist dazu gedacht, den Schmerz eines kalten Entzuges auf das absolute Minimum zu reduzieren, ohne den Körper für ein neues Mittel süchtig zu machen. Das weiß ich wiederum, weil ich meine Emails gelesen habe, da ich in Kontakt mit anderen Chemikern, Biochemikern und weiß der Geier mit wem noch alles stehe. Und dort beginne ich mich zu fragen, ob ich wirklich so ein verschissenes Arschloch bin, das erst eine Droge herstellen muss, um andere wieder davon runterbringen zu wollen. Du siehst... mein Kopf ist voller Gedanken, Ängste, Ängste und noch mehr Ängste." Er atmete ein paar Mal tief durch, musste sich selbst davon abhalten zu hyperventilieren und versuchte sich wieder runter zu bringen. "Und das Schlimmste daran ist, dass ich noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen bin. Wenn ich dir und den anderen beiden glaube, dann kommt da noch viel Schlimmeres auf mich zu. Und ja.. ja verflucht nochmal ich würde wirklich alles darum geben, mich wieder an dich erinnern zu können. An mehr als das, was ich bisher weiß. An einfach alles aber ich habe eine Scheißangst davor und darum bin ich heute auch geflüchtet. Weil ich das Gefühl habe, es nicht zu schaffen. Nicht alleine. Aber dazu kommt dann noch das Gefühl nicht nur mich, sondern auch dich zu überfordern. Die dumpfe Ahnung, dass du dem vielleicht genauso wenig gewachsen bist wie ich und dass du mich dann doch wieder rauswirfst. Denn das würde ich nicht noch einmal ertragen." Cole "Klar, ich höre dir gerne zu", erwiderte Cole ohne lange nachzudenken. Er wollte schließlich nur zu gerne hören, dass Antonin Fortschritte machte, dass er sich an mehr, vielleicht auch an sie erinnerte. Und wenn Antonin von seinem Gesundheitszustand sprechen wollte, wäre er doch der letzte, der etwas dagegen hätte. Also hörte er zu, fiel Antonin nicht einmal ins Wort, unterbrach ihn auch nicht, als jener sich wieder beruhigen musste, als jener kurz zögerte, mit den Worten rang, als jener leise wurde. Er hörte ihm zu und seine Augen, die er eigentlich geschlossen hatte, um zu entspannen, öffneten sich schnell wieder, zeugten von dem Wechselbad an Gefühlen, die die Worte des anderen in ihm auslösten. Denn Cole wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Teilweise konnte er sehr gut nachvollziehen, wie sich Antonin fühlte, konnte seine Angst, sein Gefühl der Überforderung, der ungeheuren Belastung verstehen. Teilweise spürte er aber, wie die selbstkritische Betrachtungsweise ihn in gewisser Weise kränkte. Denn wenn Antonin ein kaputter Mann war, was war er dann? Er sah sein Leben also als zerstört an? Sollte er jetzt Mitleid haben? Noch mehr Mitleid aufbringen? Cole wusste es nicht. Es machte ihn ärgerlich. Und dann das erste Mal dieses Wort: allein. Er konnte es nicht allein tragen. Verlustangst. Cole hatte das Gefühl, als würde sich die Schlinge um seinen Hals immer mehr zuschnüren, obwohl er jetzt schon kaum Luft bekam. Diesmal konnte er die Gefühle des anderen nicht nachvollziehen. Hatte sich Antonin wirklich so sehr verändert, dass er Angst haben musste, dass er ihm nicht mehr 'reichte'? Irgendwie war ihm der Gedanke noch nie gekommen. Aber vielleicht hatte Antonin recht, wenn er sagte, dass er ihm nicht genügen konnte. Aber nur wenn es einzig und allein um Sex ging. Und machte eine Beziehung nicht wesentlich mehr aus? Wie sollte er ihm dabei helfen, wenn er doch selbst überhaupt keine Ahnung hatte, wie es funktionierte? Erleichtert hörte er Antonin zu, als dieser von der CI-Reihe sprach und er konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Doch lange hielt es nicht, als Antonin wieder in dieser für Cole unbekannten Form des Selbstmitleids endete. Er konnte ihn ja ein Stück weit verstehen, aber eben nur ein Stück weit. Und nun schnürte sich die Schlinge wieder weiter zu. Denn Antonin sprach plötzlich eine größere Wahrheit aus, als es jenem wahrscheinlich bewusst war: 'Überforderung' Cole schwieg einen Moment, als Antonin geendet hatte. "Hör zu, Antonin", begann er langsam, aber selbstsicher. "Hör mir genau zu und lass mich zu Ende reden. Wir haben nämlich ein massives Talent aneinander vorbei zu reden und ich möchte nicht, dass du mich falsch verstehst. Genauso, wie du selbst nicht falsch verstanden werden möchtest." Kurz dachte er nach. Wie sollte er anfangen. "Erstens, bist du kein verschissenes Arschloch und auch kein unsäglich kaputter Mensch. Du bist eigentlich das Gegenteil davon. Denn dein Antrieb für alles was du tust ist immer der gleiche. Sei es, dass du mordest, sei es, dass du Drogen herstellst. Das ist nur meine Meinung, so wie ich es sehe und ich möchte, dass du das einfach so akzeptierst, auch wenn ich mir sicher bin, dass du nur darüber lachen würdest, weil du eine viel zu negative Einstellung zu dir hast. Das, was dich antreibt, zu tun, was du tust, ist nichts anderes als Liebe. Du hast den Schänder deiner Mutter umgebracht, aus Liebe. Du produzierst CI-1 aus Liebe, zu deinem Scheiß-Vater. Du hast mich beschützt, aus dem Gefühl der Zuneigung heraus. Nichts anderes hat dich jemals angetrieben. Vielmehr hast du aufgehört, wenn du eben nicht durch Liebe angetrieben wurdest. Was letztlich wohl zu deiner Folter geführt hat, die als Strafe gedient hatte, einen Befehl nicht zu befolgen. Du bist ein Mensch voll Liebe, der auch sehr liebenswürdig ist. Das einzige Problem bei der Geschichte ist nur, dass du dich selbst nicht liebst. Und bevor du wieder zu dir selbst findest, solltest du genau an diesem Punkt beginnen zu arbeiten." Cole schwieg einen Moment rekapitulierte noch einmal, was er noch sagen wollte, was Antonin noch gesagt hatte. "Zweitens. Ich begreife deine Ängste, ich verstehe deine Panik, ich kann deine Sorgen nachvollziehen. Aber mich nervt dein Selbstmitleid. Entschuldige Antonin, aber ich habe auch verdammt viel Scheiße erlebt, mehr als du dir träumen kannst. Und das einzige was mir geholfen hat, diesen riesigen Berg Scheiße zu überwinden war, dass ich niemals aufgehört habe an mich selbst zu glauben, an meine Kraft, an meine Stärken und auch an meine Schwächen. Ich ahne nur, wie es für dich sein muss, welches Gefühl es ist, sich an vieles nicht mehr zu erinnern, aber zu wissen, dass alle verschwunden Erinnerungen nur mit Brutalität, Schmerz, Gewalt und Kriminalität zu tun haben. Aber da hilft es dir absolut gar nicht, wenn du dich selbst bemitleidest. Ich stand in meinem Leben auch schon einmal vor einem riesengroßen Scherbenhaufen - Cole schnaubte - Du kannst dir gar nicht vorstellen, was alles zerstört war, meine ganze Existenz, alles, was mir Halt gegeben hatte, alles, einfach alles war innerhalb einer verfluchten Stunde weg. Ich war neun Jahre alt, und ich habe mich einfach nur nicht unterkriegen lassen. Ich habe nicht vor meiner Angst, meiner Panik und meinen Sorgen kapituliert, sondern mich ihnen gestellt, sie versucht zu verarbeiten, oder eben erfolgreich verdrängt. Ich bin ein guter Verdränger. Ich weiß, dass du das nicht bist, also musst du dich diesen Ängsten stellen, ihnen begegnen und sie überwinden. Und das kannst du, und da wären wir sowohl beim ersten Punkt wieder, und wohl auch schon beim nächsten Punkt. Denn das kannst du nur, wenn du dich so akzeptierst, wie du bist, dass du lernst, dich selbst zu lieben, mit allem was dazu gehört, mit Haut und Haar, mit deinen Narben und vor allem mit einem viel zu großen Herz. Nun und der letzte Punkt, den ich dir sagen muss, der hängt mit deinem Gefühl zusammen, es nicht alleine zu schaffen. Wann bitte warst du jemals alleine? Außer, wenn du geflohen bist, wie heute Morgen? Antonin, du bist nicht eine Sekunde deines Lebens alleine. Es gibt Menschen, die ständig an deiner Seite sind, die dich lieben. Deine Mutter, Tayra, Nicholas und ich sind ständig für dich da, wann immer du uns brauchst, wann immer du jemanden an dich heranlässt. Wie kannst du mir in ein und dem selben Satz sagen, dass du es nicht alleine schaffst, und vor mir geflohen bist? Antonin, du musst dir endlich in deinen Knackarsch treten und dir selbst helfen. Denn bevor du nicht begreifst, dass du erstens sehr viel wert bist, zweitens du sehr viel Kraft hast und drittens jeder für dich da ist, wann immer du ihn brauchst, werden dich deine Ängste nur zerfressen und runterdrücken. Es lässt sich vielleicht leicht reden, aber ich weiß wovon ich spreche. Also hör bitte auf, dir selbst leid zu tun und stell dich deinen Ängsten. Vorher wird sich niemals etwas ändern." Er schluckte kurz. War er zu hart? Aber er hatte das dringende Bedürfnis Antonin in den Arsch zu treten. "Und zuletzt was uns beide, dich und mich betrifft." Er holte tief Luft, um seiner Wut keinen Platz zu geben. "Ich gebe offen zu, dass ich teilweise wirklich überfordert bin. Das liegt einzig und allein daran, dass ich keine Ahnung habe, wie man eine Beziehung führt, denn ich bin eigentlich ein Mensch, der sich niemals auf feste Bindungen einlässt. Ganz im Gegenteil. Das ist aber mein Problem, und nicht dein Problem. Und ich werde mich diesem Problem stellen, genauso wie ich möchte, dass du dich deinen Problemen stellst. Ich bin dem Ganzen wirklich wenig gewachsen, weil ich so etwas noch nie erlebt habe. Dieses Gefühl, dich immer bei mir haben zu wollen, gemischt mit dem Gefühl, dass du dich an nichts mehr erinnerst… Natürlich weiß ich nicht genau, wie ich damit umgehen muss. Es sind Gefühle, die ich noch nie hatte. Und vor deinem Unfall warst du es, der mich da ein wenig an die Hand genommen hat, um mir zu zeigen, dass meine Gefühle für dich nichts sind, was mir die Luft zum Atmen nimmt. Aber jetzt hast du eine andere Aufgabe. Und nun muss ich selbst schauen, wie ich mit mir klar komme, mit den Veränderungen in meinem Leben. Und das bedeutet nicht, dass ich weglaufen werde und daher werde ich dich niemals von mir stoßen oder dich rauswerfen, Antonin, niemals. Es kann nur sein, dass ich eben auch oft nicht weiß, wie es weitergeht. Ich habe vorhin gesagt, dass ich gerne verdränge. Aber ich habe mir einmal geschworen, dass ich das bei dir nicht mehr machen möchte. Also verlass dich darauf, dass ich mit meiner Überforderung selbst ganz gut klar kommen werde. Das ist nichts, womit du dich belasten musst. Du musst einzig und allein schauen, dass du mit dir selbst zurecht kommst. Und dabei bist du nicht alleine." Cole seufzte tief. "Ich fürchte dir wird nicht gefallen haben, was ich dir zu sagen hatte, aber das ist das was ich denke." Antonin Spätestens bei 'Schänder deiner Mutter' wäre ihm fast das Telefon aus der Hand geglitten, weshalb er es kurzentschlossen aber mit verengten Augen auf Lautsprecher umstellte und auf den Küchentisch legte. Er schluckte hart und wünschte sich einen Knopf, um das Gespräch auf Pause stellen zu können. Doch so etwas gab es leider nicht, weshalb er das kurzentschlossen aber mir sehr viel Kraft beiseiteschob und Coles nun durch den Lautsprecher etwas dunkleren Stimme weiterhin aufmerksam zuhörte. Sich dabei auf einen Stuhl setzte, die Arme vor der Brust verschränkte und auf das Handy stierte. Liebe zu seinem Vater? Was wusste Cole schon davon? Sein Motiv dahinter war dann wohl vielmehr seine 'Liebe' zur Menschheit, denn kein anderes Kind sollte wegen so einem Vater durch die gleiche Hölle gehen müssen. Das mit der Zuneigung zu Cole mochte stimmen, nein tat es sehr wahrscheinlich sogar. Und abermals bekam er eine neue Information zu seinen beiden Narben, auch wenn es ihn ein wenig wunderte wie Cole von ihm dachte, so hörte er es sich ohne zu unterbrechen an. Dabei stark darum bemüht, den Griff um seine Emotionen nicht zu verlieren. Hin und wieder weiteten sich seine Augen erstaunt, während sie zu anderen Zeitpunkten vor Zorn zu sprühen schienen. Er liebte sich selbst nicht, ja? Womöglich. Aber er könnte schwören, dass Cole das auch nicht tat. Etwas, worin er nur bestärkt wurde als er weiter zuhörte. Nur weil man an sich selbst glaubte, bedeutete das nicht, dass man sich selbst auch liebte. Und wo bemitleidete er sich selbst? Abermals verengten sich seine Augen. Angst nicht nur zu besitzen, sondern sie auch zuzugeben war also neuerdings mit Selbstmitleid gleich zu setzen? Na vielen Dank auch, Professor Cole. Doch was darauf folgte, ließ ihn seine zwigespaltenen Gefühle abermals beiseiteschieben und nachdenken. Was genau konnte passieren, um einem neunjährigem alles zu nehmen? Innerhalb einer Stunde? Sein erstes Bauchgefühl ging zu einem Familiendrama, aber noch bevor er sich entscheiden konnte dort nachzufragen, sprach Cole auch schon weiter. Erfolgreich verdrängt? Na ob verdrängen an und für sich überhaupt als Erfolg benannt werden konnte? Das war im Grunde auch nichts anderes, als davonlaufen oder wo sollte da der große Unterschied sein? Und schon wieder der Hinweis auf die Selbstliebe, diesmal verpackt mit einem großen Herz, das er angeblich zu besitzen schien. Er hätte den anderen eigentlich nicht für jemanden gehalten der mit einer rosa Brille durch die Welt lief.. Doch wenn Antonin gedacht hätte, damit jetzt durch zu sein, dann bekam er gleich darauf die nächste mentale Ohrfeige. Er wäre nie alleine, weil er geliebt werden würde. Der nächste große Bullshit, den er eher in Liebesromanen als aus Coles Mund erwartet hätte. Ob jener das ganze Zeug eigentlich selbst glaubte? Aber immerhin hörte er dann einen der ersten wirklich sinnigen Sätze: Er musste sich selbst helfen. Und das müsste er wohl tatsächlich, wenn ihn nicht einmal derjenige verstand, von dem er es sich am meisten erhofft hatte. 'Stell dich deinen Ängsten.' Ja, gar kein Problem. Es war ja schließlich nicht so, dass er nicht alle paar Minuten daran erinnert wurde, dass er sich eben nicht erinnerte. Wie sollte man sich dem stellen, wenn es einen verunsicherte mit den Personen, die einem nahe standen zu tun zu haben, aus Angst falsch zu handeln? Oder meinte Cole genau diese Angst, wenn er ihm befahl sich dem Ganzen zu stellen? Nun, das klang immerhin ein ganzes Stück sinniger und nachvollziehbar. Wenn er das richtig verstand, bot Cole ihm gerade mehr oder weniger an, sich so viele Fehltritte erlauben zu können wie er wollte, wenn er nur mutig genug war überhaupt auf Fehltritte einzugehen. Aber das war leichter gesagt als getan, besonders da er einige der Reaktionen vom gestrigen Abend noch gut im Gedächtnis hatte. Die Unsicherheit auf Seiten Coles. Die Verlegenheit und den Versuch das Ganze zu überspielen. Und seltsamerweise gab jener genau das auch gerade zu. Verflucht! Dann kam jedoch die Erklärung sich nicht auf Beziehungen einzulassen - niemals. Was zum Henker war er dann?! Ein Kuscheltier fürs Bett?! Abermals tobte ein grauer Sturm durch seine Augen und wenn er übersinnliche Fähigkeiten besessen hätte, dann wäre sein unschuldiges Handy gerade zu Staub zerfallen. Doch dann hörte er, dass er Cole mehr oder weniger bei der Hand genommen hatte, um jenem zu zeigen, dass es keinen Grund zur Verunsicherung gab. Tatsächlich? Vielleicht war er ja doch so großherzig wie ihm alle weißmachen wollten. Andererseits.. es ging hier um Cole, der ihn selbst mit seiner Präsenz zu erfüllen schien, wenn er gar nicht hier war. An den er stündlich denken musste. Dessen Wärme ihm über die Nacht wirklich gut getan hatte. Es wäre also gut möglich, dass dem wirklich der Fall war. Die nächsten Worte taten ihm gut, zumindest bis er das 'niemals' hörte. Und was war das gestern gewesen? Coles Gedächtnis schien kurzlebiger zu sein als Antonins. Er hörte zu, bis der andere geendet hatte, sich überlegend wie genau er jetzt auf das alles reagieren sollte. Cole hatte so ruhig und bedacht geklungen, was ihm einerseits einen kleinen Halt gab, ihn aber andererseits auch irritierte. "Oookay...", murmelte er und zog sein Handy näher zu sich am Tisch, bevor er die Arme auf der Tischplatte verschränkte und den Kopf darauf ablegte. So war er näher dran am Gerät und konnte so weitersprechen. "Zuerst habe ich keine Ahnung wo der Unterschied zwischen verdrängen und weglaufen ist, aber der Rest ist angekommen." Er überlegte kurz, um einen korrekten Ansatz zu finden, aber im Grunde war es ja jetzt auch schon egal. "Ich bin dir dankbar für deine Offenheit, versteh mich nicht falsch, aber denkst du nicht, dass du der Falsche bist, um mir zu sagen, dass ich mich selbst lieben sollte? Natürlich weiß ich nicht, was geschehen ist als du neun warst und ich bezweifle keines deiner Worte dazu. Ich bezweifle auch den Scherbenhaufe nicht und dass du nicht aufgegeben hast, aber was ich bezweifle ist, dass du dich dem Ganzen gestellt hast. Du knallst mir um die Ohren, dass ich mich selbst bemitleide, während du dir dafür selbst nie die Chance gegeben hast. Du bist genauso weggelaufen wie ich es heute Morgen getan habe, aber im Gegensatz zu mir wirst du das auch weiterhin tun, weil verdrängen ja sooo viel besser ist." Antonin war es in diesem Moment egal, ob er unfair war oder ob er schonungslos war. Cole hatte ihm das gleiche zukommen lassen und er fühlte sich nicht dazu verpflichtet jenen jetzt mit Samthandschuhen anzufassen, nachdem jener sie ihm verwehrt hatte. "Dann sagst du ich wäre nicht alleine, weil ich geliebt werde. Und das ist der allergrößte Bullshit, den ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Möglicherweise kommen meine Gefühle für dich nahe an so ein Wort heran. Vielleicht waren sie auch schon einmal weiter und kannst du wirklich behaupten, dich nie alleine zu fühlen? Kannst du wirklich behaupten immer mit allem klar zu kommen, nur weil du mit jemandem darüber sprichst? Ach nein... halt... ich vergas ja: Du sprichst ja nicht darüber.“ Es gab seiner Stimme nichts anderes als Ruhe mit. Eine Ruhe, die er nicht empfand, aber diese Worte würden ihn an Coles Stelle treffen, hart treffen, da gab es keinen Grund das Ganze noch mit emotionaler Schärfe zu unterlegen. "Und ja, vielleicht verurteile ich mich zu hart und mir ist bewusst, dass ich dein Leben gleich mit verurteile, aber diese Fragen existieren nun einmal. Ob ich sie ausspreche oder nicht. Möglicherweise habe ich das meiste wirklich aus Liebe getan, das Ganze hat eine gewisse Logik, allerdings ist da keine Liebe für meinen Vater vorhanden. Da hast du falsch getippt. Aber ich möchte mich für deine Offenheit bedanken und für die Ehrlichkeit, die du mir damit entgegen gebracht hast. Es ist dein gutes Recht so über alles zu denken, zudem du mich ja besser kennst als ich mich selbst gerade. Daher bewerte ich das durchaus als positiv." Er atmete tief durch und hob die leicht zitternde Hand, um das Telefon wieder zur Hand zu nehmen. "So... nachdem wir das geklärt haben", und als er wieder zum sprechen anfing war seine Stimme kalt geworden und sein gesamter Gesichtsausdruck hatte sich verhärtet: "Was heißt, ich habe den Schänder meiner Mutter umgebracht? Von welcher Art ... Schändung sprechen wir hier?" Cole Und wie diese Worte trafen. Wie ein perfekt gesetzter linker Haken. Doch Cole blieb ruhig. Letztlich sprach Antonin nur Wahrheiten aus, die er für sich selbst kannte, die er durch ihn schon lange festgestellt hatte. Doch sie taten nichts zur Sache. Nicht im Moment. Er hatte Antonin gerade abgewatscht und daher hatte dieser auch das Recht, ihn abzuwatschen. Und in gewisser Weise war Cole auch erleichtert. Erleichtert, weil Antonin nicht aufgelegt und ihn zum Teufel gejagt hatte. Und er war erleichtert, weil er zumindest geschafft hat, den anderen zum Nachdenken zu bringen. Und das war letztlich das Ziel der harten Worte gewesen. "Ich bin wahrscheinlich wirklich der Falsche, um dir diese Dinge zu sagen, aber ich glaube ich bin der einzige, dem du zuhörst", erwiderte er leise, nicht ganz verbergen könnend, dass es ihm schon weh tat. Nicht, weil er diese Dinge von Antonin hörte, sondern weil er sie generell einmal ausgesprochen hörte. "Du hast vollkommen recht, dass ich mich lange Zeit nicht geliebt habe, ich habe dieses Leben gehasst, und in gewisser Weise tue ich das immer noch. Aber ich versuche nicht mehr zu verdrängen, weil du mir gezeigt hast, dass ich es nicht verdrängen kann. Und du hast mir gezeigt, dass ich sehr wohl doch an meinem beschissenen Leben hänge. Und dafür bin ich dir mehr als dankbar." Kurz schwieg er fuhr sich mit seiner Hand über die Augen und er seufzte tief. "Ich bin wirklich nicht der richtige, um dir diese Sachen zu sagen. Du solltest mich wirklich nicht als Vorbild nehmen. Ich wollte nicht so klingen, als ob meine Art mit solchen Scherbenhaufen umzugehen, die einzig richtige ist. Ich wollte dir nur zeigen, dass man sich seinen Problemen stellen muss. Entschuldige." Er hatte die Augen wieder geschlossen und versuchte die innere Aufgewühltheit zu bändigen. "Und was den größten Bullshit angeht, den du je gehört hast. Du bist nicht ich, und ich bin nicht du, und um ehrlich zu sein, ist das verdammt gut so. Ich war mein Leben lang allein. Immer. Weil ich niemanden an mich heran gelassen habe, weil ich niemanden mir nahe wissen wollte. Denn ich habe schmerzlich gelernt, dass Nähe nur Verzweiflung bringt. Und daher war ich immer allein. Und ich hatte gedacht, dass mir nichts fehlt, dass das wunderbar so ist, dass es sicherer ist. Bis du gekommen bist und mir das Gegenteil gezeigt hast. Du bist zu mir gekommen, hast mit einer leichten Handbewegung alle Schutzmauern durchbrochen und dich in mir niedergelassen. Und das hast du mit einer Selbstverständlichkeit getan, die mir ungeheure Angst gemacht hat. So große Angst, dass ich alles versucht habe, dagegen anzugehen, aber nichts hat geholfen, weil mir mein Herz gesagt hat, was für ein Arschloch ich war, dass ich jemals glauben konnte, allein zurecht zu kommen. Und mit einem Mal warst du da und warst mir nahe und mit einem Mal habe ich gesehen, wie nahe Ragnar immer bei mir war. Und ich fühle mich nicht allein, nicht mehr. Und alles, was es für mich zu klären gilt, was ich nicht mit dir oder mit Ragnar bereden kann, kläre ich für mich, allein. Aber deswegen bin ich dennoch nicht einsam. Mittlerweile spreche ich über diese Dinge und verdränge sie nicht. Nun sagen wir, ich versuche es. Ich habe ja schon gesagt, dass ich nicht als Vorbild fungieren kann, aber ich habe meine Lektion gelernt und vielleicht kann ich ja ein wenig davon an dich weitergeben." Er lächelte traurig. "Ich würde dich jetzt gerne küssen, weißt du das? Du hältst mich jetzt wahrscheinlich für völlig bescheuert, aber ich würde dich gerne so sehr küssen, dass du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist. Aber damit muss ich mich wohl noch eine ganze Weile gedulden." Er schluckte, als er sich die letzte Frage von Antonin ins Gedächtnis rief, seine kalte Stimme. "Und was deine Mutter betrifft" Er seufzte lautlos. Er hätte das nicht erwähnen sollen, aber jetzt gab es kein zurück. "Als du in Russland warst, wurde sie vergewaltigt. Euch wurde das Haus genommen, weil dein Vater ziemliche Schulden hinterlassen hatte. Und sie… Nun, du hast sie gerächt. Aber du hast es ihr nie gesagt." Kurz überlegte er. "Ich weiß leider nicht wirklich mehr davon, nur Kleinigkeiten, was den Mord betrifft, die ich nicht erläutern möchte." Nein, es wäre besser, wenn er nicht weiter ausholen würde. Antonin würde mit diesen Informationen genug zu schlucken haben. "Aber ich finde, du solltest selbst zu ihr fahren. Sie wird dir helfen, besser als ich das kann. Du hast mir gesagt, dass sie der wichtigste Mensch in deinem Leben ist. Und das hast du mit einer Wärme in deinen Augen gesagt, die mich vor Neid erblassen ließ. Du solltest so schnell wie möglich zu ihr fahren und ein wenig dort bleiben. Ich denke der Abstand zu dem hier würde dir mehr als gut tun. Es würde dir helfen, die Dinge klarer zu sehen. Und das wäre kein Weglaufen, nur manchmal ist ein Scherbenhaufen besser zu überblicken, wenn man einen Schritt zurücktritt und aus einem anderen Blickwinkel ihn betrachtet. Bitte, fahr zu ihr." Antonin Antonin seufzte tief, doch gleichzeitig begann er zu lächeln. "Du hast Recht. Ich würde dir immer zuhören, egal wie sehr ich vielleicht lieber gar nichts hören möchte. Und ich freue mich darüber, dass ich dir das gezeigt habe. Denn dein Leben bedeutet nicht nur dir etwas. Dich am Leben zu wissen ist mir sehr wichtig und ich glaube Ragnar auch. Und es tut mir leid, dass ich dir das alles um die Ohren geknallt habe, denn es war im Grunde nicht meine Absicht dich zu kritisieren. Schlussendlich kann jeder nur für sich selbst entscheiden, richtig? Aber ich hoffe darauf, dass du vielleicht irgendwann wirklich deinem eigenen Ratschlag nachkommst und wenn es soweit ist, dann bin ich hier um zuzuhören. Genauso wie du mir gerade zugehört hast, etwas, das mir schon immens weiterhilft." Er verzog den Mund ein wenig nachdenklich bevor er weiter sprach. "In den wenigen Minuten, die wir schon sprechen, habe ich jede Menge erfahren. Über dich, über mich auch über ein mögliches uns und daher möchte ich dir sagen, dass ich ein Idiot bin. Ich weiß, dass ihr mich nicht einfach so hängen lassen würdest, aber es ist manchmal der einfachere Weg, den Kopf in den Sand zu stecken. Nun, es war vielleicht nicht die einfühlsamste Methode, um mir die Augen zu öffnen, aber es hat funktioniert. Womöglich werde ich noch in Jahren daran zurückdenken und mich daran erinnern wie du mir gerade gesagt hast, dass ich dir geholfen habe. Und es wird mir die Kraft geben mir diesmal selbst zu helfen - mit Unterstützung. Das bedeutet mir eine Menge, Cole", murmelte er ins Telefon und überging das mit dem Küssen erst einmal, obwohl diese Worte ein unglaubliches Kribbeln in seinem Magen auslösten. "Und ich.. naja ich weiß nicht genau wie ich es nennen soll, aber danke für die Wahrheit. Danke für die Wahrheit, die ich von dir erhalte, egal was ich davon halten mag. Denn ich ziehe sie einer Lüge zu jeder Zeit vor. Selbst wenn ich wieder in so ein depressives Loch fallen sollte. Weshalb ich deinem Vorschlag auch nachkommen werde. Ich mochte jetzt mehr denn je sehen, wie es meiner Mutter geht, auch wenn ich gerade dabei bin, halbwegs erfolgreich zu verdrängen. Aber ich kann mir jetzt keine Zusammenbrüche erlauben, die nur auf Vermutungen basieren. Was ein weiterer Grund dafür ist, dass ich tatsächlich zu ihr fahren werde." Er seufzte abermals und ohne dass jemand es sehen konnte wurden seine Augen wieder wärmer. "Und dann wäre es sehr schön, wenn diese versprochenen Küsse noch auf mich warten würden bis ich zurückkomme, denn sie sind nicht bescheuert. Auch du nicht. Zudem du der allerletzte Mensch auf diesem Planeten bist, der diese Art von Neid zu haben braucht. Vielleicht solltest du einfach nur mal ein wenig genauer hinsehen, wenn ich über dich spreche." Er warf einen flüchtigen Blick auf seinen Mülleimer und hob eine Augenbraue. "Ich wünschte mir tatsächlich du wärst gerade hier um das umsetzen zu können. Das und noch mehr, denn es ist durchaus nicht nur die emotionale Achterbahn, die ich an dir anziehend finde." Antonin war ein wenig über sich selbst erstaunt, aber es fiel ihm beileibe nicht schwer, diese Worte auszusprechen. Inzwischen war er sich auch recht sicher, dass die Kondome, die er gefunden hatte, im Grunde nur zu Cole und ihm gehören konnten. Weshalb er sich sogar ein kurzes Grinsen erlaubte. "Zudem du ja gesagt hast, dass man manchmal durch gleiche oder ähnliche Geräusche wieder Erinnerungen zurückbekommen kann. Nun, vielleicht gilt das auch für Tätigkeiten." Cole Cole entspannte sich sichtlich wieder, als er die Worte des anderen hörte. Er war froh, dass er doch recht gnadenlos in seiner Wortwahl gewesen war, denn Antonin hatte zum Glück gesehen, was dahinter stand. Und er hatte nicht beleidigt reagiert. "Dir muss nichts leidtun, wir haben uns beiden einiges um die Ohren gehauen, aber das ist mir lieber, als wenn man alles nur in sich hineinfrisst und dann irgendwann hoffnungslos explodiert. Außerdem habe ich dir gesagt, dass ich immer ehrlich sein möchte zu dir. Und genauso möchte ich, dass du immer ehrlich zu mir bist." Die Erleichterung und die Freude waren in seiner Stimme sicher zu erkennen. "Ich freue mich, dass du für mich da sein wirst, wenn ich selbst an dem Punkt bin, dir noch mehr zu erklären. Und ich weiß, dass ich dich dann brauchen werde." Er lächelte noch immer. "Nenn dich nicht Idiot. Ich bin mindestens ein genauso großer. Ich glaube wir beide könnten einen Club gründen. Den Club der größten Idioten der Weltgeschichte. Und glaube mir, ich wäre der Vorsitzende." Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Aber ich freue mich, dass ich dir helfen kann, so wie du mir immer hilfst, meine Idiotie zu überwinden." Als er die Worte des Danks hörte rollte er sich ein wenig ein, und meinte die Wärme spüren zu können, die Antonin ihm zuteilwerden ließ. "Das ist gut, das ist sehr gut, dass du zu ihr fährst. Und du kannst mich jederzeit anrufen. Und wenn du irgendwas brauchst, sag einfach Bescheid." Die Worte, die folgten, ließen sein Herz spürbar schneller schlagen. Konnte es sein, dass sich Antonin an ihren Sex erinnerte? Nein, das sagte er ihm gerade. Aber offensichtlich schien Antonin nicht abgeneigt zu sein, diese Erfahrungen zu wiederholen. Dafür sagte er ihm aber, dass er ihn begehrte. Und das ist mehr, als er gestern noch geglaubt hatte. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. "Ich brauche genau 20 Minuten, um hier alles fertig zu machen und weitere 12 Minuten um bei dir zu sein", stellte er fest. "Und wenn es dir recht ist, würde ich gerne zu dir kommen, auch wenn das nicht bedeuten muss, dass wir wirklich umsetzen müssen, was du dir offenbar wünschst." Das verschmitzte Grinsen war in seiner Stimme zu hören. "Ich würde mich auch einfach nur, mit einem ruhigen Schlaf in deinen Armen zufrieden geben. Wenn du das möchtest." Kapitel 65: Bettgeflüster ------------------------- Cole Erleichtert hörte er, dass Antonin nichts dagegen hatte. Und so sprang er schnell unter die Dusche, zog sich etwas Frischeres an und war wenige Minuten später bei Antonin, der ihm die Tür öffnete. "Und da bin ich..", lächelte er den anderen an, betrat die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Dann nahm er Antonin am Arm, um ihn zu sich zu ziehen und zu küssen, noch bevor dieser etwas erwidern konnte. "Entschuldige nochmal, dass ich so harsch zu dir war", murmelte er gegen die Lippen des anderen und streichelte Antonin sanft über die Wange. Einen Moment folgten seine Augen seinem Daumen, der sanft über die Wange des anderen streichelte, bevor er ihn erneut küsste. "Ich werde mich bemühen, mich zurückzuhalten, aber ich kann es nicht versprechen...", wisperte er dann gegen die Lippen des anderen. "Aber ich werde nichts tun, was du nicht möchtest." Seine Augen suchten in dem Halbdunkel des Flures die des anderen. Hm, vielleicht sollte er sich hier und jetzt schon zurückhaltender verhalten. Aber in ihm schrie alles nach dem Körper des anderen, nach dessen Küsse. Er war gierig, den anderen zu kosten, zu verwöhnen, zu liebkosen und ihn einen Moment alles vergessen zu lassen... So wie er gerne alles für einen Moment vergaß, wenn er sich einen schnellen Fick suchte. Aber das hier war etwa komplett anderes. Etwas vollkommen anderes, was nicht miteinander zu vergleichen war. Denn hier waren Gefühle im Spiel. Antonin Antonin starrte noch eine Weile auf sein Handy, bevor er seine Augen aufriss und in die Dusche stürzte. Er hatte sich heute so vermummelt und in sich selbst verkrochen, dass er seine Hygiene vollkommen außer Acht gelassen hatte. Er Idiot! Wirklich, sie sollten sich überlegen, diesen Club tatsächlich zu gründen. Antonin würde ohne Vorbehalte beitreten. Die Dusche war eine schnell erledigte Geschichte und bald darauf stand er in frischen Klamotten in seinem Schlafzimmer und sah sich um. Es sah zwar etwas chaotisch hier aus, da so viele offene Ordner herumlagen, in denen er nach Anhaltspunkten gesucht hatte, aber ansonsten konnte es sich sehen lassen. Ein wenig verwirrt strich er sich durch die Haare und über das Gesicht. Im Grunde hatte er Cole mehr oder weniger für Sex zu sich eingeladen, richtig? "Oh mein Gott", murmelte er und trat in seine Küche, um den Laptop herunter zu fahren. Sein Herz klopfte unnatürlich schnell, auch wenn es Coles Versprechen im Ohr hatte, dass jener sich auch mit weniger zufrieden geben würde. Antonins Mund wurde trocken und das Schlucken fiel ihm schwer. Er hatte schon mit Cole geschlafen, soviel stand jetzt zumindest mal ohne jeden Zweifel fest. Daher gab es auch gar keinen Grund sich jetzt wie eine fünfzehnjährige Jungfrau aufzuführen, die auf ihren Freund wartete, weil die Eltern über die Nacht nicht Zuhause wären. Als es klingelte zuckte er zusammen und verdrehte über sich selbst die Augen. "Reiß dich am Riemen, Toni", murmelte er sich selbst zu, während er den Türöffner drückte. "Das ist schließlich was du wolltest...", hoffte er. Und als Cole dann schließlich vor ihm stand, spürte er fast sofort, wie er sich wieder etwas entspannte. Was jedoch nicht so lange anhielt, denn noch bevor er den anderen begrüßen konnte, wurde er in einen Kuss gezogen. Er lauschte der in seinen Augen unnötigen Entschuldigung und lehnte sich unbewusst der streichelnden Berührung entgegen. Beim nächsten Kuss fand er sich noch ein wenig angespannter, aber diesmal war der Ursprung anderer Natur, was seine Augen auch verrieten als Cole seinen Blick suchte. "Zurückhalten?", erwiderte er und gab einen 'tsss'-artigen Laut von sich. "Das kannst du gern tun, aber erwarte das gleiche nicht von mir." Auf mehr Worte konnte er sich nicht mehr konzentrieren, denn er musste gerade nach Cole greifen und jenen gierig küssen. Er hatte keine Ahnung woher diese plötzliche Lust auf den anderen Mann kam oder wohin seine Verunsicherung verschwunden war, doch das war vollkommen gleichgültig. Wichtig war jetzt nur, dass er mehr Hautkontakt, im Allgemeinen mehr Kontakt bekam. Mehr von diesen unglaublichen Küssen und viel, viel mehr von dieser Leidenschaft. Und wenn Coles Reaktion darauf irgendein Hinweis war, dann ging es ihm nicht nur alleine so. Plötzlich waren alle Gedanken an Erinnerungen, an Vergangenheit und an alles andere weit weg. Es war viel wichtiger dem anderen das Hemd auszuziehen, über dessen Brust zu streicheln und diesen unglaublichen Körper für sich zu entdecken. Neu zu entdecken. Das ganze endete in seinem Schlafzimmer, wo sie fast über seine Ordner gestolpert wären und auf dem Bett landeten. Und ja, hin und wieder schien eine gewisse Vorsicht und auch Zärtlichkeit hindurch. Zeigte sich durch sanftere Küsse und sanfte Berührungen, aber im Grunde waren sie dabei, über einander herzufallen, und Antonin sah keinen Grund darin, das Ganze aufzuhalten. Zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr genoss er in vollen Zügen, was er dem anderen auch vermittelte und sich auch selbst durch dessen Laute und Gesichtsausdruck vermitteln ließ. Und als sie dann tatsächlich miteinander schliefen, konnte er es mit nichts anderem als perfekt bezeichnen. Erfüllend, befriedigend und absolut perfekt. Cole schien genau zu wissen, was er tun musste, um ihn vor Lust fast vergehen zu lassen, und als sie danach schwerer atmend nebeneinander lagen, erschien es Antonin schon wieder ganz natürlich, dessen Körper zu streicheln. Die verschwitzte Haut mit sanften Küssen zu versehen und keinesfalls auf die Nähe des anderen verzichten zu wollen. Ja, ihr 'Zusammentreffen' wäre bestimmt nicht als sanft zu bezeichnen gewesen, aber dafür fühlte er sich jetzt umso freizügiger mit seinen Gesten und Liebkosungen. Er wollte Cole streicheln, umarmen und küssen und das war genau das was er auch tat. "Es sollte ein Gebot geben, das einem verbietet, so etwas zu vergessen", murmelte er und schloss die Augen, seine Stirn gegen Coles Schulter lehnend. Doch schließlich huschte ein Grinsen über sein Gesicht. "Andererseits bist du ja hier, um mich immer wieder daran zu erinnern, was ich gerade auch nicht als schlecht empfinde." Cole Ein Grinsen zierte seine Lippen, als Antonin ihm erklärte, dass sich dieser nicht zurückhalten würde. Nun, dann würde er sich auch nicht zurückhalten müssen. Doch er merkte, dass er sich indirekt doch zurückhielt, indem er immer wieder zärtlich war, liebevoll, vorsichtig, auch wenn es ihm schwer fiel, immer sanft zu sein. Er wollte Antonin, der gesundheitlich noch immer letztlich nicht ganz fit war, nicht überstrapazieren. Und dennoch spürte er die Gier in sich, die ihn überwältigte, der er gerne nachgab. Ihr Sex war so ausfüllend, wie die letzten Male, als er mit Antonin geschlafen hatte. Und Cole ahnte, dass das letztlich einfach nur mit diesem völlig anderen Gefühl in seinem Inneren zu tun hatte. Er würde ihren Sex immer als fantastisch empfinden, als ausfüllend und entspannend, egal ob es nun wilder, unbeherrschter Sex war, oder kuscheliger, einfühlsamer. Er würde es solange immer so empfinden, solange er dieses Gefühl in sich trug. Das Gefühl, das ihm sagte, dass es dieser Sex war, nach dem er immer gesucht hatte. Nun, zumindest hatten die vorherigen Erfahrungen dafür gesorgt, dass er die Praxis besaß, die Antonin das verschaffte, was er sich für ihn gewünscht hatte, nämlich einfach mal alles vergessen zu können. Und egal, ob Antonin wirklich nie wieder so werden würde wie vorher: Wer sagte denn, dass es schlechter war, wenn er nur dieses Gesicht sehen konnte, wenn jener seinen Höhepunkt erlebte? Und egal, ob sich jener nie wieder an diese Dinge erinnern würde, die sie bereits miteinander erlebt hatten. Cole würde sich erinnern, und zudem hatten sie die Möglichkeit, die Geschichte neu zu schreiben. Er spürte die Liebkosungen des anderen, seine Streicheleien und Zärtlichkeit, während er nach Luft rang, versuchte seinen Pulsschlag wieder kontrollieren zu können. Sanft schmiegte er sich in die Umarmung des anderen und küsste die Haut, die er zu 'fassen' bekam, küsste am Schlüsselbein des anderen entlang. Als er Antonins Worte vernahm lächelte er sanft. Sacht biss er in die Haut des anderen und blickte dann auf, Antonins Augen suchend. "Ich kann dich gerne so oft du möchtest daran erinnern... Und bald brauchst du dann die Erinnerungen nicht mehr." Er küsste den anderen sanft. "Und ich habe so einige Erinnerungen an unseren Sex, die ich sicher nie vergessen werde und auch gerne mit dir teile, wenn du möchtest..." Er grinste leicht bevor er gespielt nachdenklich blickte. "Ich könnte dir zum Beispiel von unserem Techtelmechtel in der U-Bahn erzählen, oder dem Sex in der Telefonzelle, oder auf der Kühlerhaube deines Jeeps, oder ... ach nein, das waren meine Träume..." Er grinste den andren verschmitzt an. "Nun, zumindest könnte ich dir erzählen, dass du in der Regel vor mir schlapp machst und dass dein Küchentisch nicht nur zum Essen geeignet ist." Mit einem triumphierenden Funkeln blickte er Antonin an, doch dann wurde er ernst. "Und ich stehe dir jederzeit zur Verfügung, das hier zu wiederholen, wenn ich dafür dein Lächeln sehen kann und deine warmen Augen." Sanft versiegelte er die Lippen des anderen mit einem Kuss, rollte sich herum, um über Antonin liegen zu bleiben. Sacht löste er den Kuss und sah auf Antonin hinab. "So, wie du in diesem Moment bist, so völlig frei, ohne die Gedanken an das, was gewesen sein könnte, ohne Gedanken, was sein wird. Das bist du, wie du dich in mein Herz geschlichen hast. Das bist du, vollkommen du, quasi 'pur' und unverfälscht. So, wie ich dich kenne. Und wenn du vorhin die Frage aufgeworfen hast, ob du nicht genug sein könntest, oder nicht 'ausreichen' könntest, dann muss ich dir definitiv antworten, dass das mehr ist, als ich verdient habe. Du bist einfach nur wunderbar." Eindringlich blickte er den anderen an. Er wollte, dass Antonin begriff, wie viel er ihm wert war, was für ein toller Mensch er war, egal welche Geschichte um sie herum stattfand, egal ob sie gerade jemanden ermordet hatten, oder Antonin nicht mehr wusste, dass er ihm das Leben gerettet hatte. Das war alles nebensächlich im Vergleich zu dem Menschen, den er jetzt in diesem Moment sah, wenn er Antonin anblickte. Sanft küsste er den anderen. Antonin Antonins Lächeln verbreiterte sich mit jedem Wort von Cole, bis er schließlich leise lachte und die Hand hob um die Haare des anderen zu zerzausen. "In der U-Bahn!", japste er lachend. "Ich glaube dir kein Wort." Doch dann schlich sich ein schelmischer Funke in seine Augen. "Aber man soll seine Träume ja bekanntlich nicht aufgeben, da man nie weiß, ob sie sich nicht doch erfüllen." Er zog ganz vorsichtig an einer von Coles Haarsträhnen als er das weitere Geplänkel von diesem vernahm. "Es wäre für mich auch nicht besonders befriedigend, in dieser Position, wenn du vor mir schlappmachen würdest." Er streckte dem anderen kurzentschlossen die Zunge raus. "Und das mit dem Küchentisch hast du dir auch gerade ausgedacht. Ich meine: Man isst da", erklärte er dem anderen mit gespielt ernsthafter Stimme, bevor sein Lächeln wieder sanfter, weicher wurde. "Du solltest mit solchen Angeboten vorsichtiger sein, Cole. Ich könnte sie ernst nehmen", murmelte er noch bevor er den Kuss erwiderte und danach zufrieden seufzte und Cole umarmte, als dieser herum rollte und auf ihn hinabsah. Ein kleines, glückliches Funkeln löste die etwas träge Zufriedenheit in seinen Augen ab, als er Coles Worte vernahm und eine große Welle an Zärtlichkeit für den anderen Mann überrollte ihn ganz einfach. Er genoss den sanften Kuss und festigte die Umarmung kurzzeitig bevor er sich leicht löste und ein wenig forschend in diese tollen, grünen Augen sah. Augen, die ihm so unglaublich gut gefielen und die ihm gerade so viel gaben. "Ja, purer geht kaum noch", stimmte er ein wenig verspielt zu, bevor er ernster wurde. "Es wäre schön wenn das stimmen würde, aber ich muss dir widersprechen. Ich bin garantiert nicht mehr als du verdient hast. Ich halte mich momentan im Gegenteil genau für das, was du verdient hast. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Du siehst...", abermals schlich sich ein schelmisches Lächeln mit hinein. "ich beginne deinen Worten zu folgen und liebe mich selbst. Und meine Werteinschätzung von mir, wiegt die deinige ungefähr auf. Was bedeutet, dass wir beide uns perfekt ausgleichen." Er hob den Kopf ein Stück an um Cole seinerseits küssen zu können, bevor er ein wenig spielerisch an dessen Unterlippe knabberte und dessen Blick wieder suchte. "Und wenn dir das schon gefällt, dann solltest du erst einmal abwarten bis ich dir den ein oder anderen dieser Träume tatsächlich erfülle." Er lachte leise, küsste Coles Mundwinkel, stupste dessen Gesicht dann mit der Nase ein Stück beiseite und küsste sich über dessen Kinn ein Stück weit bis zum Hals hinunter, wo er sanft hinein biss und dann inne hielt. "Zudem du doch eigentlich derjenige bist, der wunderbar ist." Abermals hauchte er einen Kuss auf die Stelle. "Du lässt mich im Grunde machen was ich will." Der nächste kleine Kuss. "Du wäscht mir den Kopf, wenn ich es brauche." Diesmal folgte ein kleiner Biss. "Du hörst mir zu, egal wie viel Blödsinn ich von mir gebe." Ein letzter kleiner Kuss, bevor er den Kopf wieder hob und Coles Blick suchte. "Und ganz nebenbei...", er begann frech zu grinsen. "hast du einen tollen Körper, der mich momentan ziemlich interessiert. Alles in allem scheine ich also so eine Art Jackpot gezogen zu haben, hm?" Er ließ seinen Kopf zurück ins Kissen sinken und sah wie gebannt in die Augen des anderen, strich ihm mit einer Hand über den Rücken, malte unbewusste Figuren auf dessen Haut. "Ich bin froh, dass du noch hergekommen bist. Wirklich." Er meinte es durchaus ernst und trotzdem blieb das leichte Lächeln auf seinen Lippen zurück. Wie könnte er auch anders, nachdem er solche Worte der Sicherheit vernommen hatte? Wie sollte er anders können bei einem Mann wie Cole? Man, sein Leben war gar nicht so unglaublich kaputt, denn offensichtlich war er ein verdammter Glückspilz was sein Privatleben betraf. Sein Gesicht verdüsterte sich gespielt nachdenklich. "Hm… jetzt habe ich Blut geleckt. Stehst du auf Telefonsex?", er versuchte das ernste Gesicht beizubehalten, musste jedoch nach kurzer Zeit aufgeben und begann herzhaft zu lachen. Cole "Nein", protestierte Cole. "Dein Küchentisch ist genauso toll, wie deine Dusche, der Strand oder der Darkroom des Savoy." Cole schmunzelte bei dem Gedanken an jene Nacht, in der sie letztlich vor Erschöpfung eingeschlafen waren. Wie oft hatten sie miteinander geschlafen? Er wusste es gar nicht mehr. Doch darüber würde er jetzt nicht nachdenken, dann Antonin lag bei ihm, und es gab Wichtigeres als an Vergangenes zu denken. Und dieser jemand tat ihm gerade unheimlich gut. Denn als Antonin vorhin mit ihm am Telefon geredet hatte, hatte er kurzzeitig gedacht, dass er jenen abschrecken würde, enttäuschen würde, wenn er ihm seine Meinung geigte. Doch das Gegenteil war der Fall gewesen. Nun lagen sie hier, hatten guten Sex gehabt und waren sich näher als je zuvor. Streiten verbindet. Und so richtig gestritten hatten sie sich gar nicht. Und Antonin bestätigte ihm gerade, dass ihr Gespräch nicht nur ihm sondern auch Antonin gut getan hatte. "Hm, so gesehen ergänzen wir uns wirklich fabelhaft", er grinste leicht und erwiderte den Kuss spielerisch, ließ sich zu gerne an seiner Unterlippe herumknabbern. Dass Antonin sich aber wirklich mehr wertschätzen sollte, das wiederholte er nicht. Die Botschaft war angekommen und er wollte die angenehme Situation nicht mir Ernsthaftigkeiten belasten. Im Moment war Zeit dafür, alles einmal zu vergessen, alle Sorgen und alle Ängste. Alles, was ihr Glück und vor allem diese wunderschönen graublauen Augen trüben könnte. Er schnurrte leicht, als Antonin ihm in Aussicht stellte, seine Tagträume zu erfüllen. "Ich habe da noch eine ganze Menge anderer Träume...", raunte er und erhaschte die Lippen des anderen, bevor dieser sich an seinem Hals zu schaffen machte. Cole streckte nur zu gerne den Hals, um Antonin mehr Fläche zu geben. Die nun folgenden Worte jagten einen Schauer über Coles Rücken und er schloss unwillkürlich die Augen. Er sollte wunderbar sein? Sein Körper vielleicht... Doch die Erklärungen des anderen gingen in eine ganz andere Richtung. Und diesmal war es an Cole, diese Komplimente für sich zu akzeptieren, auch wenn es ihm ein wenig unangenehm war. Er tat doch schließlich nichts, was andere nicht auch tun würden. Als er spürte, wie sich Antonin wieder von ihm löste, sah er ihn ruhig an und er war dankbar, dass Antonin von der Ernsthaftigkeit seiner Worte wieder Abstand nahm und ihn neckte. "Einen Jackpot? Also was meinen Körper betrifft in jedem Fall. Wobei du dich sonst immer beschwerst, dass ich zu dünn bin..." Er erwiderte das Grinsen, schloss dann aber wieder die Augen, als er die Streicheleien an seinem Rücken spürte. Nur kurz konnte er genießen, bevor Antonin im bestätigte, dass es gut war, dass er hergekommen war. Er lächelte ihn warm an und küsste ihn. "Ich bereue es auch nicht", murmelte er, rollte sich leicht zur Seite und lag nun wieder neben Antonin, diesen von der Seite betrachtend. Seine Fingerspitzen streichelten über Antonins Brust. Als ihn Antonin offensichtlich neugierig geworden, was seine Sexpraktiken betraf, fragte, ob er auf Telefosex stehe, musste auch Cole lachen. "Nein", sagte er und schüttelte nachdrücklich den Kopf. Seine Finger piksten Antonin in die Seite, als er weitersprach. "Ich habe lieber etwas zum anfassen... Genauso wie Internetsex, nichts für mich. Wobei ich deine Stimme schon ganz schön erotisch finde. Du kannst mir ja mal was ins Ohr flüstern, dann überlege ich es mir vielleicht anders..." Er grinste breit. "Andererseits könnte ich dann nicht dein Gesicht sehen, wie es vor Lust verzerrt ist, wenn du kommst. Also nein, definitiv nein. Aber wie schaut‘s mit dir aus? Stehst du auf Telefonsex? Und überhaupt. Was sind deine Träume, die ich dir gerne erfüllen möchte? Du hast zwar vorhin gemeint, ich solle mit solchen Angeboten vorsichtig sein, aber ehrlich gesagt hoffe ich darauf, dass du es ernst nimmst. Ich kann nicht genug davon bekommen, dich zu spüren, dich zu verwöhnen, dich zu ficken." Bei den letzten Worten hatte er sich zu Antonins Ohr gebeugt, um ihm dieses hineinzuflüstern. Nun knabberte er an der Ohrmuschel entlang. "Und wenn ich ehrlich bin", raunte er dunkel. "Habe ich jetzt schon wieder Lust auf eine Fortsetzung..." Antonin "Zu dünn, ja?" Er ließ seinen Blick über den neben ihm liegenden gleiten und fuhr dann mit den Finger die Konturen der Tätowierung nach. "Vielleicht wollte ich dich ärgern, denn obwohl du ein paar Pfunde mehr vertragen könntest, hast du wirklich gar keinen Grund, dich zu verstecken." Er grinste kurz. "Was du ja offensichtlich auch nicht tust." Antonin schmunzelte als Cole ihn in die Seite pikte und hob eine Augenbraue. "Zu schade, es hätte einen gewissen Reiz gehabt im Gästezimmer meiner Mutter zu liegen und dir zu zwitschern, was ich in dem Moment gerne hätte." Er seufzte gespielt tief. "Ich vermute man kann nicht alles haben." Er sah das breite Grinsen und fand, dass es Cole ganz ausgezeichnet stand. Es ließ diesen jünger und irgendwie ausgelassener wirken. Fast ein wenig strahlend. Doch dann blinzelte er ein paar Mal überdeutlich und spürte, wie er selbst verlegen wurde. Cole schien so etwas wie Schamgefühl nicht zu besitzen... und im Grunde machte es Antonin unglaublich an, jenen so sprechen zu hören. Ein Schauer durchlief ihn, als er die dunkle, rauhe Stimme des anderen flüstern hörte und drehte den Kopf ein wenig um diesem mehr Platz zu machen. "Ich würde es eher Fantasien nennen", murmelte er während er den Kopf wieder wandte und Cole einen wieder gieriger werdenden Kuss gab bevor er die Hände hob, um dessen Oberkörper wieder zurück ins Bett zu drücken und sich selbst über den anderen beugte. Sich langsam über dessen Oberkörper küssend, die Brustwarzen neckend, schielte er zu Cole hinauf. "Da wäre zum einen Sex in einem Footballstadion, während eines laufenden Spieles. Aber es muss ein gutes, spannendes und wichtiges Spiel sein. Ein Spiel, das mich fasziniert." Er ließ eine Hand weiter an Coles Körper hinabgleiten, über dessen Bauchnabel, sacht über dessen Glied, bis er Coles Beine ein wenig auseinander drückte und mit einer fließenden Bewegung dazwischen glitt. Spielerisch ließ er seine Zunge in dessen Bauchnabel gleiten, bevor er abermals aufsah. "Es wäre deine Aufgabe mir zu zeigen, dass es selbst in diesem Moment sehr anregend sein kann, meine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden." Er umschloss das sich wieder aufrichtende Glied des anderen und pumpte es ein paar Mal bevor er sich noch ein Stück weiter hinunter gleiten ließ. "Zu zeigen, dass es um so viel spannender ist einen Touchdown", und hier umglitt er mit seiner Zunge die Eichel des anderen und hauchte dann einen Kuss darauf, "zu erleben während du tief in mir gebettet bist und so sehr ausfüllst, dass ich vor Lust einfach nur noch schreien möchte.." Und damit wandte er sich nach einem letzten langen Blick zu Cole hinauf, ganz dem Gefühl zu, den anderen zu verwöhnen. Tatsächlich bekamen sie beide diese Nacht nicht wirklich viel Schlaf, was auch nicht weiter schwierig war, wenn man bedachte zu welcher Uhrzeit Cole bei ihm angekommen war. Und etwas sagte ihm, dass dies nicht das erste Mal der Fall war. Ein Gedanke, der sich gut anfühlte. Ebenso gut wie sein durchaus befriedigter Körper. Etwas, das irgendwie auch für seine Seele und damit für sein ganzes Gemüt galt. Obwohl er sich recht ermattet fühlte, begann der nächste Morgen für sie mit einigen Streicheleinheiten und nochmaligem Sex unter der Dusche. Irgendwie kam es Antonin so vor, als würde er sich im Voraus befriedigen wollen, für die Zeit, die er bei seiner Mutter verbringen würde. Nun, Cole schien nichts dagegen zu haben und als sie es schlussendlich wirklich bis in die Küche und zu Kaffee geschafft hatten begann Antonin sich kurz zu fragen, ob er wirklich fahren wollte. Aber im Grunde war das keine ernstgemeinte Frage, denn es war ihm wichtig, seine Mum zu sehen. Und Cole wirkte nicht so als wäre er nicht mehr da, wenn Antonin zurück käme. Er hielt sich die Hand gähnend vor und musterte seinen Küchentisch ein wenig skeptisch. "Ich kann das immer noch nicht glauben", murrte er zwischen Irritation und Belustigung wankend. "Die Küche ist der letzte Ort auf Erden, wo man Sex haben sollte. Aber immerhin werde ich heute Abend wieder in einer hoffentlich jungfräulichen Küche sitzen." Er stockte kurz und dachte nach. "Wenn ich bis abends überhaupt angekommen bin. Das kommt wohl auf den Verkehr an und welches Auto ich Nicholas abschwatzen kann, denn mein Jeep hat Vollschaden." Abermals verzog er den Mund ein wenig unwillig. "Wobei mir einfällt, dass ich mir ein neues kaufen muss wenn ich zurück komme." Cole Cole klaubte im Gang sein Hemd, das dort achtlos auf den Boden geworfen worden war, auf und schüttelte es kurz aus, bevor er es anzog. Er würde sich nachher sowieso noch umziehen müssen. Und das dunkelblaue Achselshirt hatte er eh erst gestern Abend angezogen. Als er sich umdrehte erblickte er den Schutzengel, der dort noch immer stand. Vorsichtig griff er zur tönernen Figur und betrachtete sie. Hm, ihm hatte dieser Schutzengel doch ein wenig geholfen. Denn auch wenn sich Antonin nur teilweise daran erinnern konnte, was vor seinem Unfall gewesen war, so hatte er doch nicht seine Zuneigung zu ihm verloren. Und diese Nacht war eine Entschädigung für alle Verzweiflung vorher. Sie waren sich so nah gewesen, wie auch vor dem Unfall. Und das war unabhängig vom Sex. Es war die Sorglosigkeit, die er einfach in Antonins Gegenwart genießen konnte. Und auch ihr Telefonat war trotz der harschen Worte auf beiden Seiten ein Beweis für ihre Verbundenheit. Sie konnten so etwas nun einmal aussprechen, ohne dass deswegen jemand beleidigt war. Es funktionierte bei ihnen. Und Cole hoffte, dass sich das nie ändern würde. Ebenso behutsam stellte er die Figur zurück und blickte kurz in den Spiegel, der über der Kommode hing. Darin sah er sich, aber er sah auch, dass er zufrieden war, dass er lächeln konnte. Und er wusste auch wieso das so war. Sein Blick glitt zur Quelle seiner Zufriedenheit, die begann in der Küche herumzufuhrwerken. Er sollte ihm wirklich einmal eine Schürze anziehen, um ihn anschließend mit viel Sahne zu vernaschen. Cole trat in die Küchentür und beobachtete Antonin, wie er Kaffee kochte. Er erinnerte sich an seinen geheimen Sex-Wunsch. Was hieß da Fantasie? Cole würde ihm diesen 'Traum' erfüllen. Ganz bestimmt. Und die Art und Weise, wie Antonin diesen Traum geschildert hatte, ließ ihn jetzt schon erschaudern, ließ ihn sofort wieder an Sex denken. Ob sie für noch einmal Zeit hatten? Wohl eher nicht... Als Antonin zu reden anfing, wurde Cole aus seinen Gedanken gerissen. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er stieß sich leicht vom Türrahmen ab, an dem er gelehnt hatte, und ging auf Antonin zu, um ihn von hinten zu umarmen, seine Hände über den schönen Oberkörper des andren streicheln lassend. "Ich kann dir gerne helfen, deine Erinnerungen aufzufrischen...", raunte er ihm ins Ohr und knabberte leicht am Hals des anderen. Doch als Antonin weitersprach hielt er inne. Seine Miene verdüsterte sich. "Du wirst nicht mit dem Auto fahren", stellte er fest und löste sich von Antonin. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich eine so weite Strecke alleine Auto fahren lasse, obwohl du noch nicht ganz wieder gesund bist, seit deinem Unfall noch nicht wieder vor dem Steuer gesessen hast und noch das Risiko besteht, dass du starke Kopfschmerzen haben könntest oder sogar epileptische Anfälle." Seine Worte klangen wie ein Grollen. "Entschuldige Antonin, aber nur über meine Leiche." Cole griff zu seinem Kaffee und setzte sich an den Tisch. Antonin Antonin gab ein wohliges Brummen von sich, als Cole ihn umarmte und lehnte den Kopf zurück an dessen Schulter. Es war angenehm sich einfach mal so in den Tag hinein treiben zu lassen. Doch als Cole sich von ihm löste und ihm befahl nicht mit dem Auto zu fahren huschte Unglauben über sein Gesicht, bevor er sich zu dem anderen herumdrehte. Er hob eine Augenbraue, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Küchenzeile, den Mann beobachtend wie er vor sich hinknurrte. "Doch", gab er schließlich die Antwort und sein Kopf wippte wie bei einem Nicken ein wenig auf und ab. "Doch, das habe ich eigentlich geglaubt. Tatsächlich habe ich mich sogar ein wenig darauf gefreut", bekannte er und griff nach seiner Kaffeetasse, um einen Schluck zu nehmen. "Und Risiko besteht immer. Es besteht auch das Risiko, dass mir wieder ein Kind vor die Reifen läuft und die Wahrscheinlichkeit eines epileptischen Anfalles ist furchtbar gering. Im Grunde gibt es also nichts, das meinen Sturkopf stoppen könnte." Er stellte die Tasse wieder ab, trat hinter Cole und dessen Stuhl um sich herab zu beugen und seine Arme um dessen Hals zu schlingen. Frech biss er dem anderen ein wenig fester in die Wange. "Sei froh, dass ich heute so entspannt bin, Cole", murmelte er nahe an dessen Ohr. "Denn ich interpretiere deinen kleinen Befehl jetzt einfach mal als eine höchst liebevolle Geste der Sorge um mich. Und da ich dich eigentlich nicht umbringen will, wäre ich in diesem Fall damit zufrieden, in einem erste Klasse Abteil zu reisen. Ich meine... stell dir nur vor, ich würde in der zweiten Klasse furchtbare Kopfschmerzen bekommen." Er lachte leise und gab Cole einen kleinen Kuss auf die Wange bevor er sich wieder aufrichtete. "Glaub nicht, dass du deinen Willen jedes Mal so leicht durchsetzt." - das hoffte Antonin zumindest nicht. Er wartete nicht mehr großartig auf eine Antwort, sondern tapste ins Schlafzimmer, um einen seiner Koffer aus dem ganz linken Schrank zu zerren und die restlichen Schranktüren dann ebenfalls aufzureißen. Ein wenig skeptisch betrachtete er seine Klamotten und seufzte dann tief. "Ich sollte mir alles einfach neu kaufen", grummelte er und begann damit Hemden, die er als tauglich empfand, heraus zu ziehen und erstmal aufs Bett zu werfen. "Wusstest du eigentlich, dass Tayra mit Ragnar unterwegs war?" Er sprach etwas lauter, damit Cole ihn hören könnte, selbst wenn er noch in der Küche wäre. "Nicholas war nicht begeistert, als sie erst früh morgens und gut betrunken heimkam." Hier huschte ein Grinsen über Tonis Lippen. "Jetzt war sie im Grunde vor mir in so einem Schuppen. Das ist ein wenig unfair." Cole "Autsch", empörte sich Cole wenig überzeugend, als Antonin ihm in die Wange biss. Doch er trug ein Lächeln auf den Lippen. Als Antonin begonnen hatte, ihm zu erklären, dass er wirklich fahren wollte, war Zorn kurz aufgeglommen und er hatte gedacht, dass Antonin nicht so schnell einverstanden wäre, doch nun war er zufrieden. Und wenn er Gewalt hätte anwenden müssen, um Antonin in den Zug zu setzen... Und das erste Klasse Ticket, wenn Antonin es wirklich wollte, würde kein Problem darstellen. "Wenn du wieder da bist, können wir ja gemeinsam nach einem Auto für dich schauen, wenn du möchtest", sagte er und blickte Antonin hinterher, als dieser die Küche verließ. Cole gähnte herzhaft und trank einen Schluck Kaffee, dann zog er sein Handy heraus und stellte zufrieden fest, dass niemand ihn bisher angepiepst hatte. Träge stand er auf. Viel Schlaf hatten sie nicht bekommen, und ihm wäre es auch nur recht, wenn er heute sich in einen Zug setzen könnte... Einfach mal weg, das wäre schön. Aber im Moment gab es viel zu viel, was ihn davon abhielt, mal die Seele baumeln zu lassen. Wobei er diese Nacht wohl auch als Erholung ansehen konnte, irgendwie. Müde folgte er Antonin ins Zimmer, wo er im Türrahmen stehen blieb und ihm dabei zusah, wie er packte. Er hob die Augenbrauen, als er sah, wie Antonin packte. "Du hast einen interessanten Stil, deinen Koffer zu packen...", grinste er und trat näher an den Schrank. Musternd glitt sein Blick über die Kleidungsstücke. "Also ich mag deinen Stil, auch wenn dein Outfit neulich im Savoy mehr als heiß war..." Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Sein Blick wandte sich Antonin zu, als dieser ihm von Ragnar und Tayra erzählte. "Die beiden waren noch unterwegs?", Cole lachte leise. "Kein Wunder, das Ragnar so verkatert war gestern. Offensichtlich haben sie gefeiert, dass sie mir den Kopf gerade gerückt haben." Cole streckte sich leicht und zog ein Hemd aus dem Schrank, das ihn erneut grinsen ließ. "Ok, du solltest wirklich neue Klamotten kaufen", stellte er neckend fest. "Besonders, wenn ich dich nach deiner Rückkehr mit in diese 'Schuppen' nehme. Wir können ja Ragnar und Tayra fragen, ob sie uns begleiten. Und Nicholas kann auch mit. Ich denke er könnte dort ziemlich gut ankommen." Cole grinste breit und setzte sich aufs Bett. Antonin Antonin sah auf, als Cole das Schlafzimmer betrat. "Gemeinsam ein Auto für mich kaufen? Ja sicher... damit ich dann mit einem von vorne bis hinten mit Airbags zugestopften Panzer durch die Gegend fahre." Er grinste und warf dem anderen die Hose die er gerade in der Hand hatte zu, in der Hoffnung den Kopf zu treffen. Nach Hosen folgten T-Shirts und daraufhin seine Unterwäsche, was sich nach und nach alles auf seinem Bett stapelte und schon drohte runter zu fliegen, doch das konnte Antonin nicht stören. "Zudem ist dieser Stil sehr hilfreich. Man hat immer im Überblick, ob man auch genau gleichviele Dinge dabei hat. Es wäre doch ziemlich ärgerlich, mehrere Tage das gleiche tragen zu müssen, nur weil man geschlampt hat", erklärte er seine unvergleichliche Technik und lachte dann leise. "Eigentlich ist es nur Gewohnheit. Keine Ahnung." Er hob die Hand, um sich durch die Haare zu fahren. "Ich bin im Grunde ein recht chaotischer Mensch, der sich nur gut zwischen den ganzen Ordentlichen tarnt", erklärte er und sah dann ein wenig skeptisch zu Cole. "Du magst meinen Stil", wiederholte er ungläubig und schüttelte den Kopf. "Nun ich finde ihn langweilig", merkte er an und lächelte dann. "Ja, ich habe mir sagen lassen, dass es mir gut stand. Angeblich habe ich mich von Tayra und einer Verkäuferin dazu überreden lassen." Kurz wurde sein Lächeln etwas melancholisch, doch das war so schnell weg wie es gekommen war. Doch dann nickte er, wieder amüsiert und lächelte Cole an. "Haben sie das? Es fällt mir ein wenig schwer mir das vorzustellen, aber ich kann verstehen, warum sie dann danach feiern gegangen sind." Seine Augen funkelten belustigt auf. Zumindest bis Cole ihm sagte, er sollte wirklich neue Kleidung kaufen gehen. Er seufzte. "Du kannst ja mitkommen und mich beraten", murmelte er und faltete die nächste Hose, um sie in den Koffer zu legen. Doch dann ruckte sein Kopf hoch und er runzelte die Stirn. "Ja, vielleicht", stimmte er zu und trat dann ein Stück auf Cole zu und wuschelte ihm durch die Haare. "Die Abmachung die wir haben... sie steht noch", murmelte er und beugte sich hinunter, um dem anderen einen Kuss zu geben, bevor er sich wieder ans packen machte. "Zumindest glaube ich, dass wir eine Abmachung haben. Natürlich könnte es auch ein Film sein, den ich gerade verwechsele, aber ich denke schon, dass es ein Gespräch zwischen uns war. Die Stimme, die ich im Kopf habe würde zu dir passen", erklärte er und hängte die Hemden, die er doch nicht mitnehmen wollte, wieder auf, ein wenig überlegend in den Koffer starrend. Es war ihm nicht recht. Die ganze Erinnerung war ihm nicht recht. Warum erinnerte er sich an solche Dinge? Andererseits war es ein guter Start, vielleicht würde dazu noch mehr kommen. Oder lag es daran, dass er jetzt eine Weile weg wäre und er sich nur Sorgen darüber machen würde, dass Cole ihm von jemand anderem weggenommen werden würde? Erinnerte er sich deshalb an diesen 'Deal'? Verdammt, was war er eigentlich für ein freizügiger Mensch? Aber andererseits hatte er ja scheinbar darauf bestanden nicht davon wissen zu wollen, wenn Cole sich durch die Stadt fickte. Im Grunde war es also mehr oder weniger eine lange Leine, um den anderen bei sich zu behalten. Oh... diese Ironie. Cole "klar komm ich mit", sagte er. "Am besten gehen wir in das Küchenfachgeschäft und kaufen dir erst einmal eine Schürze, dann in den Zoohandel und kaufen dir noch ein Ersatzhalsband, damit du ein wenig variieren kannst. Dein Halsband neulich war mehr als..." Er knurrte leicht und lächelte vielsagend. "Und vielleicht gefällt mir das ein oder andere T-Shirt so gut, dass ich gerne mit in die Umkleidekabine komme, um es dir gleich wieder auszuziehen." Als Antonin zu ihm kam, war er kurz versucht, jenen mit aufs Bett zu ziehen, doch dann hörte er die Worte des anderen. Sanft erwiderte er den Kuss und blickte Antonin mit erhobenen Augenbrauen an, sah ihm wieder dabei zu, wie er den Koffer packte. "Ja, wir hatten eine Abmachung. Und ich halte mich daran. Wenn ich etwas mit anderen Kerlen habe, dann wirst du nichts davon mitbekommen." Cole war sich gar nicht sicher, ob er diese Freiheit in Anspruch nehmen würde, wenn ihr Sexleben so weitergehen würde, wie es diese Nacht gewesen war. Aber auf diese Freiheit würde er auch ungerne verzichten, ob er sie nun brauchte oder nicht. Als Antonin im Krankenhaus war, war der Sex das einzige, was ihn wenigstens ein wenig hat runterkommen lassen. Er brauchte es als Ablenkung, er brauchte es als Entspannung und er brauchte es, um zu fühlen, dass er noch lebte. Seine Augen ruhten auf Antonin. Ob jener das auch jetzt wirklich akzeptieren würde? Schließlich kannte er ihn nicht mehr in dem Maße, wie er ihn davor gekannt hatte. Er hatte Cole noch nie in einem Club gesehen, nie mitbekommen, wie er in dieser Welt drauf war. Sollte er mehr dazu sagen? Sollte er sich erklären? Sollte er nachfragen, ob es Antonin störte? Aber was, wenn dieser mit 'ja' antworten würde? Was wäre dann? Cole ließ sich zurück aufs Bett sinken, blickte an die Decke. Der Sex, den er sich teilweise mehrmals die Woche irgendwo abholte, hatte nichts, gar nichts mit ihrer 'Beziehung' zu tun. Und Cole wusste mittlerweile auch, dass niemand Antonin den Rang ablaufen würde, dass er diesen jedem anderen vorziehen würde. Aber wusste das Antonin auch? "Es gibt da einen großen Unterschied zwischen Sex und Sex mit dir, Antonin", begann er nun doch, langsam. Cole richtete sich wieder auf. "Und dieser Sex hat mit uns beiden gar nichts zu tun." Ob Antonin das akzeptieren würde? Antonin "Eine Schürze?", hinterfragte er ein wenig perplex, bevor er stockte und man konnte direkt sehen wie der Groschen fiel. "Ich hoffe nicht, dass dies ein dezenter Hinweis ist, um mich zu deinem Putz und Sexsklaven verkommen zu lassen?" Antonin schüttelte lachend den Kopf und lächelte dann entspannt. "Und man kauft solche Halsbänder nicht in einer Zoohandlung. Es sei denn, du willst wirklich ein echtes Hundehalsband. Ich hatte mal eine ganze Sammlung von Halsbändern." Er zuckte mit den Schultern. "Es war eine Zeit lang modern und sie stehen mir tatsächlich ausgezeichnet.", er warf Cole einen herausfordernden Blick zu. "Findest du nicht auch, Herr und Meister?" Antonin hatte kein Problem damit sich auf solcherlei Geplänkel einzulassen, denn er hatte keine Bedenken Willensstark genug zu sein um sich nie wirklich komplett unterzuordnen. Vermutlich hätte er nicht einmal einen Abend lang ein Problem damit, aber alles was über Spielereien hinausging wäre absolut tabu. Er war ein freier Mensch und solche Dinge lagen nicht wirklich in seiner Natur verankert. Mit oder ohne Erinnerungen. Als Cole ihre Vereinbarung bestätigte nickte Antonin zuerst nur und beschäftigte sich damit, die kleine Holzkiste aus dem Schrank zu holen und zu öffnen. Kurz warf er der sich dort befindlichen Waffe einen Blick zu, bevor er auch jene in den Koffer packte. Es war an der Zeit einmal zu überprüfen, ob er das Ding wirklich nicht nur zur Zierde in seinem Schrank verstaut hatte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Cole wie dieser sich auf sein Bett sinken ließ und zur Decke sah. Gut, es war jetzt einmal an der Zeit logisch zu denken und sich nicht von gekränkter Eitelkeit verunsichern zu lassen. Wie wahrscheinlich war es, dass er so einer Vereinbarung nicht nur zustimmte, sondern sie selbst auf den Tisch brachte? Gering. Eigentlich sehr gering außer ihm war etwas klar gewesen. Nur was? Dass sein Bedürfnis nach Sex nicht an das von Cole herankam? Dass es die einzige Möglichkeit war, den anderen zu halten? Hmm… Er sah zu dem anderen als er wieder zu sprechen begann und nickte abermals. Also schien er mit der ersten Möglichkeit gar nicht so weit entfernt von der Wahrheit zu liegen. Er atmete tief durch und lächelte dann wieder. "Das ist in Ordnung, Cole. Wenn mich nicht alles täuscht war ich derjenige, der das ganze aufgebracht hat, und ich hatte sicherlich meine Gründe. Zudem das ja dann wohl auch für beide Seiten gilt. Wer weiß, wofür es gut ist?", er zuckte mit den Schultern und ging ins Bad, um seine Toilettenartikel zusammen zu suchen. Als er wieder zurück kam hatte er sich komplett gefangen und für sich beschlossen, damit leben zu können. Was interessierte es ihn, ob Cole mit anderen Kerlen schlief? Hatte jener ihm nicht gesagt, Antonin wäre der einzige gewesen, der jemals mit in dessen Wohnung durfte? Das musste mehr als dummer Sex zählen. Und das tat es auch. Es wog für ihn manche Dinge ganz deutlich auf. Allerdings würde er darauf bestehen, davon wirklich nichts zu wissen, denn sonst könnte er für nichts garantieren. Gar nichts. Cole Ja, diese Abmachung bestand auf beiden Seiten. Und das war auch gut so. Cole seufzte erleichtert, als er Antonin hinterherblickte. Es war gut, dass sie das wieder geklärt hatten. Besonders jetzt, wo Antonin nicht da sein würde. Und genau so wie Antonin ihm alle Freiheit ließ, würde es ihm nicht einfallen, Antonin diese Freiheit zu nehmen. Wenn er schon eine 'Beziehung' hatte, dann war das erstens eine offene Beziehung, und zweitens eine Beziehung, die mehr als nur Sex war. Er musste schmunzeln bei dem Gedanken, denn er konnte sich noch gut an die Worte des anderen erinnern, als er ihm sagte, dass er keine Fick-Beziehung haben wollte. Damals, als sie über Wege philosophiert hatten. Cole lächelte. Seitdem war viel geschehen. Und mittlerweile war er derjenige, der Antonin an der Hand nehmen musste, um weiter zu laufen. Seltsam, aber es war so. Gut, er hatte einen ziemlichen Arschtritt gebraucht, diesen Weg weiterzulaufen, aber er bereute es nicht. Als Antonin zurückkehrte stand Cole vom Bett auf. "Können wir?" Er blickte den anderen an, zog ihn dann zu sich und küsste ihn sanft. "Weiß deine Mutter eigentlich schon, dass du kommst? Ich könnte mir vorstellen, sie würde sich freuen, wenn sie es wüsste." Kapitel 66: Bettgeflüster - zensiert ------------------------------------ Cole Erleichtert hörte er, dass Antonin nichts dagegen hatte. Und so sprang er schnell unter die Dusche, zog sich etwas Frischeres an und war wenige Minuten später bei Antonin, der ihm die Tür öffnete. "Und da bin ich..", lächelte er den anderen an, betrat die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Dann nahm er Antonin am Arm, um ihn zu sich zu ziehen und zu küssen, noch bevor dieser etwas erwidern konnte. "Entschuldige nochmal, dass ich so harsch zu dir war", murmelte er gegen die Lippen des anderen und streichelte Antonin sanft über die Wange. Einen Moment folgten seine Augen seinem Daumen, der sanft über die Wange des anderen streichelte, bevor er ihn erneut küsste. "Ich werde mich bemühen, mich zurückzuhalten, aber ich kann es nicht versprechen...", wisperte er dann gegen die Lippen des anderen. "Aber ich werde nichts tun, was du nicht möchtest." Seine Augen suchten in dem Halbdunkel des Flures die des anderen. Hm, vielleicht sollte er sich hier und jetzt schon zurückhaltender verhalten. Aber in ihm schrie alles nach dem Körper des anderen, nach dessen Küsse. Er war gierig, den anderen zu kosten, zu verwöhnen, zu liebkosen und ihn einen Moment alles vergessen zu lassen... So wie er gerne alles für einen Moment vergaß, wenn er sich einen schnellen Fick suchte. Aber das hier war etwa komplett anderes. Etwas vollkommen anderes, was nicht miteinander zu vergleichen war. Denn hier waren Gefühle im Spiel. Antonin Antonin starrte noch eine Weile auf sein Handy, bevor er seine Augen aufriss und in die Dusche stürzte. Er hatte sich heute so vermummelt und in sich selbst verkrochen, dass er seine Hygiene vollkommen außer Acht gelassen hatte. Er Idiot! Wirklich, sie sollten sich überlegen, diesen Club tatsächlich zu gründen. Antonin würde ohne Vorbehalte beitreten. Die Dusche war eine schnell erledigte Geschichte und bald darauf stand er in frischen Klamotten in seinem Schlafzimmer und sah sich um. Es sah zwar etwas chaotisch hier aus, da so viele offene Ordner herumlagen, in denen er nach Anhaltspunkten gesucht hatte, aber ansonsten konnte es sich sehen lassen. Ein wenig verwirrt strich er sich durch die Haare und über das Gesicht. Im Grunde hatte er Cole mehr oder weniger für Sex zu sich eingeladen, richtig? "Oh mein Gott", murmelte er und trat in seine Küche, um den Laptop herunter zu fahren. Sein Herz klopfte unnatürlich schnell, auch wenn es Coles Versprechen im Ohr hatte, dass jener sich auch mit weniger zufrieden geben würde. Antonins Mund wurde trocken und das Schlucken fiel ihm schwer. Er hatte schon mit Cole geschlafen, soviel stand jetzt zumindest mal ohne jeden Zweifel fest. Daher gab es auch gar keinen Grund sich jetzt wie eine fünfzehnjährige Jungfrau aufzuführen, die auf ihren Freund wartete, weil die Eltern über die Nacht nicht Zuhause wären. Als es klingelte zuckte er zusammen und verdrehte über sich selbst die Augen. "Reiß dich am Riemen, Toni", murmelte er sich selbst zu, während er den Türöffner drückte. "Das ist schließlich was du wolltest...", hoffte er. Und als Cole dann schließlich vor ihm stand, spürte er fast sofort, wie er sich wieder etwas entspannte. Was jedoch nicht so lange anhielt, denn noch bevor er den anderen begrüßen konnte, wurde er in einen Kuss gezogen. Er lauschte der in seinen Augen unnötigen Entschuldigung und lehnte sich unbewusst der streichelnden Berührung entgegen. Beim nächsten Kuss fand er sich noch ein wenig angespannter, aber diesmal war der Ursprung anderer Natur, was seine Augen auch verrieten als Cole seinen Blick suchte. "Zurückhalten?", erwiderte er und gab einen 'tsss'-artigen Laut von sich. "Das kannst du gern tun, aber erwarte das gleiche nicht von mir." Auf mehr Worte konnte er sich nicht mehr konzentrieren, denn er musste gerade nach Cole greifen und jenen gierig küssen. Er hatte keine Ahnung woher diese plötzliche Lust auf den anderen Mann kam oder wohin seine Verunsicherung verschwunden war, doch das war vollkommen gleichgültig. Wichtig war jetzt nur, dass er mehr Hautkontakt, im Allgemeinen mehr Kontakt bekam. Mehr von diesen unglaublichen Küssen und viel, viel mehr von dieser Leidenschaft. Und wenn Coles Reaktion darauf irgendein Hinweis war, dann ging es ihm nicht nur alleine so. Plötzlich waren alle Gedanken an Erinnerungen, an Vergangenheit und an alles andere weit weg. Es war viel wichtiger dem anderen das Hemd auszuziehen, über dessen Brust zu streicheln und diesen unglaublichen Körper für sich zu entdecken. Neu zu entdecken. Das ganze endete in seinem Schlafzimmer, wo sie fast über seine Ordner gestolpert wären und auf dem Bett landeten. Und ja, hin und wieder schien eine gewisse Vorsicht und auch Zärtlichkeit hindurch. Zeigte sich durch sanftere Küsse und sanfte Berührungen, aber im Grunde waren sie dabei, über einander herzufallen, und Antonin sah keinen Grund darin, das Ganze aufzuhalten. Zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr genoss er in vollen Zügen, was er dem anderen auch vermittelte und sich auch selbst durch dessen Laute und Gesichtsausdruck vermitteln ließ. Es war erfüllend, befriedigend und absolut perfekt. --- Und als sie danach schwerer atmend nebeneinander lagen, erschien es Antonin schon wieder ganz natürlich, dessen Körper zu streicheln. Die verschwitzte Haut mit sanften Küssen zu versehen und keinesfalls auf die Nähe des anderen verzichten zu wollen. Ja, ihr 'Zusammentreffen' wäre bestimmt nicht als sanft zu bezeichnen gewesen, aber dafür fühlte er sich jetzt umso freizügiger mit seinen Gesten und Liebkosungen. Er wollte Cole streicheln, umarmen und küssen und das war genau das was er auch tat. "Es sollte ein Gebot geben, das einem verbietet, so etwas zu vergessen", murmelte er und schloss die Augen, seine Stirn gegen Coles Schulter lehnend. Doch schließlich huschte ein Grinsen über sein Gesicht. "Andererseits bist du ja hier, um mich immer wieder daran zu erinnern, was ich gerade auch nicht als schlecht empfinde." Cole Ein Grinsen zierte seine Lippen, als Antonin ihm erklärte, dass sich dieser nicht zurückhalten würde. Nun, dann würde er sich auch nicht zurückhalten müssen. Doch er merkte, dass er sich indirekt doch zurückhielt, indem er immer wieder zärtlich war, liebevoll, vorsichtig, auch wenn es ihm schwer fiel, immer sanft zu sein. Er wollte Antonin, der gesundheitlich noch immer letztlich nicht ganz fit war, nicht überstrapazieren. Und dennoch spürte er die Gier in sich, die ihn überwältigte, der er gerne nachgab. -------------------------------------- Er spürte die Liebkosungen des anderen, seine Streicheleien und Zärtlichkeit, während er nach Luft rang, versuchte seinen Pulsschlag wieder kontrollieren zu können. Sanft schmiegte er sich in die Umarmung des anderen und küsste die Haut, die er zu 'fassen' bekam, küsste am Schlüsselbein des anderen entlang. Als er Antonins Worte vernahm lächelte er sanft. Sacht biss er in die Haut des anderen und blickte dann auf, Antonins Augen suchend. "Ich kann dich gerne so oft du möchtest daran erinnern... Und bald brauchst du dann die Erinnerungen nicht mehr." Er küsste den anderen sanft. "Und ich habe so einige Erinnerungen an unseren Sex, die ich sicher nie vergessen werde und auch gerne mit dir teile, wenn du möchtest..." Er grinste leicht bevor er gespielt nachdenklich blickte. "Ich könnte dir zum Beispiel von unserem Techtelmechtel in der U-Bahn erzählen, oder dem Sex in der Telefonzelle, oder auf der Kühlerhaube deines Jeeps, oder ... ach nein, das waren meine Träume..." Er grinste den andren verschmitzt an. "Nun, zumindest könnte ich dir erzählen, dass du in der Regel vor mir schlapp machst und dass dein Küchentisch nicht nur zum Essen geeignet ist." Mit einem triumphierenden Funkeln blickte er Antonin an, doch dann wurde er ernst. "Und ich stehe dir jederzeit zur Verfügung, das hier zu wiederholen, wenn ich dafür dein Lächeln sehen kann und deine warmen Augen." Sanft versiegelte er die Lippen des anderen mit einem Kuss, rollte sich herum, um über Antonin liegen zu bleiben. Sacht löste er den Kuss und sah auf Antonin hinab. "So, wie du in diesem Moment bist, so völlig frei, ohne die Gedanken an das, was gewesen sein könnte, ohne Gedanken, was sein wird. Das bist du, wie du dich in mein Herz geschlichen hast. Das bist du, vollkommen du, quasi 'pur' und unverfälscht. So, wie ich dich kenne. Und wenn du vorhin die Frage aufgeworfen hast, ob du nicht genug sein könntest, oder nicht 'ausreichen' könntest, dann muss ich dir definitiv antworten, dass das mehr ist, als ich verdient habe. Du bist einfach nur wunderbar." Eindringlich blickte er den anderen an. Er wollte, dass Antonin begriff, wie viel er ihm wert war, was für ein toller Mensch er war, egal welche Geschichte um sie herum stattfand, egal ob sie gerade jemanden ermordet hatten, oder Antonin nicht mehr wusste, dass er ihm das Leben gerettet hatte. Das war alles nebensächlich im Vergleich zu dem Menschen, den er jetzt in diesem Moment sah, wenn er Antonin anblickte. Sanft küsste er den anderen. Antonin Antonins Lächeln verbreiterte sich mit jedem Wort von Cole, bis er schließlich leise lachte und die Hand hob um die Haare des anderen zu zerzausen. "In der U-Bahn!", japste er lachend. "Ich glaube dir kein Wort." Doch dann schlich sich ein schelmischer Funke in seine Augen. "Aber man soll seine Träume ja bekanntlich nicht aufgeben, da man nie weiß, ob sie sich nicht doch erfüllen." Er zog ganz vorsichtig an einer von Coles Haarsträhnen als er das weitere Geplänkel von diesem vernahm. "Es wäre für mich auch nicht besonders befriedigend, in dieser Position, wenn du vor mir schlappmachen würdest." Er streckte dem anderen kurzentschlossen die Zunge raus. "Und das mit dem Küchentisch hast du dir auch gerade ausgedacht. Ich meine: Man isst da", erklärte er dem anderen mit gespielt ernsthafter Stimme, bevor sein Lächeln wieder sanfter, weicher wurde. "Du solltest mit solchen Angeboten vorsichtiger sein, Cole. Ich könnte sie ernst nehmen", murmelte er noch bevor er den Kuss erwiderte und danach zufrieden seufzte und Cole umarmte, als dieser herum rollte und auf ihn hinabsah. Ein kleines, glückliches Funkeln löste die etwas träge Zufriedenheit in seinen Augen ab, als er Coles Worte vernahm und eine große Welle an Zärtlichkeit für den anderen Mann überrollte ihn ganz einfach. Er genoss den sanften Kuss und festigte die Umarmung kurzzeitig bevor er sich leicht löste und ein wenig forschend in diese tollen, grünen Augen sah. Augen, die ihm so unglaublich gut gefielen und die ihm gerade so viel gaben. "Ja, purer geht kaum noch", stimmte er ein wenig verspielt zu, bevor er ernster wurde. "Es wäre schön wenn das stimmen würde, aber ich muss dir widersprechen. Ich bin garantiert nicht mehr als du verdient hast. Ich halte mich momentan im Gegenteil genau für das, was du verdient hast. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Du siehst...", abermals schlich sich ein schelmisches Lächeln mit hinein. "ich beginne deinen Worten zu folgen und liebe mich selbst. Und meine Werteinschätzung von mir, wiegt die deinige ungefähr auf. Was bedeutet, dass wir beide uns perfekt ausgleichen." Er hob den Kopf ein Stück an um Cole seinerseits küssen zu können, bevor er ein wenig spielerisch an dessen Unterlippe knabberte und dessen Blick wieder suchte. "Und wenn dir das schon gefällt, dann solltest du erst einmal abwarten bis ich dir den ein oder anderen dieser Träume tatsächlich erfülle." Er lachte leise, küsste Coles Mundwinkel, stupste dessen Gesicht dann mit der Nase ein Stück beiseite und küsste sich über dessen Kinn ein Stück weit bis zum Hals hinunter, wo er sanft hinein biss und dann inne hielt. "Zudem du doch eigentlich derjenige bist, der wunderbar ist." Abermals hauchte er einen Kuss auf die Stelle. "Du lässt mich im Grunde machen was ich will." Der nächste kleine Kuss. "Du wäscht mir den Kopf, wenn ich es brauche." Diesmal folgte ein kleiner Biss. "Du hörst mir zu, egal wie viel Blödsinn ich von mir gebe." Ein letzter kleiner Kuss, bevor er den Kopf wieder hob und Coles Blick suchte. "Und ganz nebenbei...", er begann frech zu grinsen. "hast du einen tollen Körper, der mich momentan ziemlich interessiert. Alles in allem scheine ich also so eine Art Jackpot gezogen zu haben, hm?" Er ließ seinen Kopf zurück ins Kissen sinken und sah wie gebannt in die Augen des anderen, strich ihm mit einer Hand über den Rücken, malte unbewusste Figuren auf dessen Haut. "Ich bin froh, dass du noch hergekommen bist. Wirklich." Er meinte es durchaus ernst und trotzdem blieb das leichte Lächeln auf seinen Lippen zurück. Wie könnte er auch anders, nachdem er solche Worte der Sicherheit vernommen hatte? Wie sollte er anders können bei einem Mann wie Cole? Man, sein Leben war gar nicht so unglaublich kaputt, denn offensichtlich war er ein verdammter Glückspilz was sein Privatleben betraf. Sein Gesicht verdüsterte sich gespielt nachdenklich. "Hm… jetzt habe ich Blut geleckt. Stehst du auf Telefonsex?", er versuchte das ernste Gesicht beizubehalten, musste jedoch nach kurzer Zeit aufgeben und begann herzhaft zu lachen. Cole "Nein", protestierte Cole. "Dein Küchentisch ist genauso toll, wie deine Dusche, der Strand oder der Darkroom des Savoy." Cole schmunzelte bei dem Gedanken an jene Nacht, in der sie letztlich vor Erschöpfung eingeschlafen waren. Wie oft hatten sie miteinander geschlafen? Er wusste es gar nicht mehr. Doch darüber würde er jetzt nicht nachdenken, dann Antonin lag bei ihm, und es gab Wichtigeres als an Vergangenes zu denken. Und dieser jemand tat ihm gerade unheimlich gut. Denn als Antonin vorhin mit ihm am Telefon geredet hatte, hatte er kurzzeitig gedacht, dass er jenen abschrecken würde, enttäuschen würde, wenn er ihm seine Meinung geigte. Doch das Gegenteil war der Fall gewesen. Nun lagen sie hier, hatten guten Sex gehabt und waren sich näher als je zuvor. Streiten verbindet. Und so richtig gestritten hatten sie sich gar nicht. Und Antonin bestätigte ihm gerade, dass ihr Gespräch nicht nur ihm sondern auch Antonin gut getan hatte. "Hm, so gesehen ergänzen wir uns wirklich fabelhaft", er grinste leicht und erwiderte den Kuss spielerisch, ließ sich zu gerne an seiner Unterlippe herumknabbern. Dass Antonin sich aber wirklich mehr wertschätzen sollte, das wiederholte er nicht. Die Botschaft war angekommen und er wollte die angenehme Situation nicht mir Ernsthaftigkeiten belasten. Im Moment war Zeit dafür, alles einmal zu vergessen, alle Sorgen und alle Ängste. Alles, was ihr Glück und vor allem diese wunderschönen graublauen Augen trüben könnte. Er schnurrte leicht, als Antonin ihm in Aussicht stellte, seine Tagträume zu erfüllen. "Ich habe da noch eine ganze Menge anderer Träume...", raunte er und erhaschte die Lippen des anderen, bevor dieser sich an seinem Hals zu schaffen machte. Cole streckte nur zu gerne den Hals, um Antonin mehr Fläche zu geben. Die nun folgenden Worte jagten einen Schauer über Coles Rücken und er schloss unwillkürlich die Augen. Er sollte wunderbar sein? Sein Körper vielleicht... Doch die Erklärungen des anderen gingen in eine ganz andere Richtung. Und diesmal war es an Cole, diese Komplimente für sich zu akzeptieren, auch wenn es ihm ein wenig unangenehm war. Er tat doch schließlich nichts, was andere nicht auch tun würden. Als er spürte, wie sich Antonin wieder von ihm löste, sah er ihn ruhig an und er war dankbar, dass Antonin von der Ernsthaftigkeit seiner Worte wieder Abstand nahm und ihn neckte. "Einen Jackpot? Also was meinen Körper betrifft in jedem Fall. Wobei du dich sonst immer beschwerst, dass ich zu dünn bin..." Er erwiderte das Grinsen, schloss dann aber wieder die Augen, als er die Streicheleien an seinem Rücken spürte. Nur kurz konnte er genießen, bevor Antonin im bestätigte, dass es gut war, dass er hergekommen war. Er lächelte ihn warm an und küsste ihn. "Ich bereue es auch nicht", murmelte er, rollte sich leicht zur Seite und lag nun wieder neben Antonin, diesen von der Seite betrachtend. Seine Fingerspitzen streichelten über Antonins Brust. Als ihn Antonin offensichtlich neugierig geworden, was seine Sexpraktiken betraf, fragte, ob er auf Telefosex stehe, musste auch Cole lachen. "Nein", sagte er und schüttelte nachdrücklich den Kopf. Seine Finger piksten Antonin in die Seite, als er weitersprach. "Ich habe lieber etwas zum anfassen... Genauso wie Internetsex, nichts für mich. Wobei ich deine Stimme schon ganz schön erotisch finde. Du kannst mir ja mal was ins Ohr flüstern, dann überlege ich es mir vielleicht anders..." Er grinste breit. "Andererseits könnte ich dann nicht dein Gesicht sehen, wie es vor Lust verzerrt ist, wenn du kommst. Also nein, definitiv nein. Aber wie schaut‘s mit dir aus? Stehst du auf Telefonsex? Und überhaupt. Was sind deine Träume, die ich dir gerne erfüllen möchte? Du hast zwar vorhin gemeint, ich solle mit solchen Angeboten vorsichtig sein, aber ehrlich gesagt hoffe ich darauf, dass du es ernst nimmst. Ich kann nicht genug davon bekommen, dich zu spüren, dich zu verwöhnen, dich zu ficken." Bei den letzten Worten hatte er sich zu Antonins Ohr gebeugt, um ihm dieses hineinzuflüstern. Nun knabberte er an der Ohrmuschel entlang. "Und wenn ich ehrlich bin", raunte er dunkel. "Habe ich jetzt schon wieder Lust auf eine Fortsetzung..." Antonin "Zu dünn, ja?" Er ließ seinen Blick über den neben ihm liegenden gleiten und fuhr dann mit den Finger die Konturen der Tätowierung nach. "Vielleicht wollte ich dich ärgern, denn obwohl du ein paar Pfunde mehr vertragen könntest, hast du wirklich gar keinen Grund, dich zu verstecken." Er grinste kurz. "Was du ja offensichtlich auch nicht tust." Antonin schmunzelte als Cole ihn in die Seite pikte und hob eine Augenbraue. "Zu schade, es hätte einen gewissen Reiz gehabt im Gästezimmer meiner Mutter zu liegen und dir zu zwitschern, was ich in dem Moment gerne hätte." Er seufzte gespielt tief. "Ich vermute man kann nicht alles haben." Er sah das breite Grinsen und fand, dass es Cole ganz ausgezeichnet stand. Es ließ diesen jünger und irgendwie ausgelassener wirken. Fast ein wenig strahlend. Doch dann blinzelte er ein paar Mal überdeutlich und spürte, wie er selbst verlegen wurde. Cole schien so etwas wie Schamgefühl nicht zu besitzen... und im Grunde machte es Antonin unglaublich an, jenen so sprechen zu hören. Ein Schauer durchlief ihn, als er die dunkle, rauhe Stimme des anderen flüstern hörte und drehte den Kopf ein wenig um diesem mehr Platz zu machen. "Ich würde es eher Fantasien nennen", murmelte er während er den Kopf wieder wandte und Cole einen wieder gieriger werdenden Kuss gab bevor er die Hände hob, um dessen Oberkörper wieder zurück ins Bett zu drücken und sich selbst über den anderen beugte. Sich langsam über dessen Oberkörper küssend, die Brustwarzen neckend, schielte er zu Cole hinauf. "Da wäre zum einen Sex in einem Footballstadion, während eines laufenden Spieles. Aber es muss ein gutes, spannendes und wichtiges Spiel sein. Ein Spiel, das mich fasziniert." Er ließ eine Hand weiter an Coles Körper hinabgleiten, über dessen Bauchnabel, sacht über dessen Glied, bis er Coles Beine ein wenig auseinander drückte und mit einer fließenden Bewegung dazwischen glitt. Spielerisch ließ er seine Zunge in dessen Bauchnabel gleiten, bevor er abermals aufsah. "Es wäre deine Aufgabe mir zu zeigen, dass es selbst in diesem Moment sehr anregend sein kann, meine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden." Er umschloss das sich wieder aufrichtende Glied des anderen und pumpte es ein paar Mal bevor er sich noch ein Stück weiter hinunter gleiten ließ. "Zu zeigen, dass es um so viel spannender ist einen Touchdown", und hier umglitt er mit seiner Zunge die Eichel des anderen und hauchte dann einen Kuss darauf, "zu erleben während du tief in mir gebettet bist und so sehr ausfüllst, dass ich vor Lust einfach nur noch schreien möchte.." Und damit wandte er sich nach einem letzten langen Blick zu Cole hinauf, ganz dem Gefühl zu, den anderen zu verwöhnen. Tatsächlich bekamen sie beide diese Nacht nicht wirklich viel Schlaf, was auch nicht weiter schwierig war, wenn man bedachte zu welcher Uhrzeit Cole bei ihm angekommen war. Und etwas sagte ihm, dass dies nicht das erste Mal der Fall war. Ein Gedanke, der sich gut anfühlte. Ebenso gut wie sein durchaus befriedigter Körper. Etwas, das irgendwie auch für seine Seele und damit für sein ganzes Gemüt galt. Obwohl er sich recht ermattet fühlte, begann der nächste Morgen für sie mit einigen Streicheleinheiten und nochmaligem Sex unter der Dusche. Irgendwie kam es Antonin so vor, als würde er sich im Voraus befriedigen wollen, für die Zeit, die er bei seiner Mutter verbringen würde. Nun, Cole schien nichts dagegen zu haben und als sie es schlussendlich wirklich bis in die Küche und zu Kaffee geschafft hatten begann Antonin sich kurz zu fragen, ob er wirklich fahren wollte. Aber im Grunde war das keine ernstgemeinte Frage, denn es war ihm wichtig, seine Mum zu sehen. Und Cole wirkte nicht so als wäre er nicht mehr da, wenn Antonin zurück käme. Er hielt sich die Hand gähnend vor und musterte seinen Küchentisch ein wenig skeptisch. "Ich kann das immer noch nicht glauben", murrte er zwischen Irritation und Belustigung wankend. "Die Küche ist der letzte Ort auf Erden, wo man Sex haben sollte. Aber immerhin werde ich heute Abend wieder in einer hoffentlich jungfräulichen Küche sitzen." Er stockte kurz und dachte nach. "Wenn ich bis abends überhaupt angekommen bin. Das kommt wohl auf den Verkehr an und welches Auto ich Nicholas abschwatzen kann, denn mein Jeep hat Vollschaden." Abermals verzog er den Mund ein wenig unwillig. "Wobei mir einfällt, dass ich mir ein neues kaufen muss wenn ich zurück komme." Cole Cole klaubte im Gang sein Hemd, das dort achtlos auf den Boden geworfen worden war, auf und schüttelte es kurz aus, bevor er es anzog. Er würde sich nachher sowieso noch umziehen müssen. Und das dunkelblaue Achselshirt hatte er eh erst gestern Abend angezogen. Als er sich umdrehte erblickte er den Schutzengel, der dort noch immer stand. Vorsichtig griff er zur tönernen Figur und betrachtete sie. Hm, ihm hatte dieser Schutzengel doch ein wenig geholfen. Denn auch wenn sich Antonin nur teilweise daran erinnern konnte, was vor seinem Unfall gewesen war, so hatte er doch nicht seine Zuneigung zu ihm verloren. Und diese Nacht war eine Entschädigung für alle Verzweiflung vorher. Sie waren sich so nah gewesen, wie auch vor dem Unfall. Und das war unabhängig vom Sex. Es war die Sorglosigkeit, die er einfach in Antonins Gegenwart genießen konnte. Und auch ihr Telefonat war trotz der harschen Worte auf beiden Seiten ein Beweis für ihre Verbundenheit. Sie konnten so etwas nun einmal aussprechen, ohne dass deswegen jemand beleidigt war. Es funktionierte bei ihnen. Und Cole hoffte, dass sich das nie ändern würde. Ebenso behutsam stellte er die Figur zurück und blickte kurz in den Spiegel, der über der Kommode hing. Darin sah er sich, aber er sah auch, dass er zufrieden war, dass er lächeln konnte. Und er wusste auch wieso das so war. Sein Blick glitt zur Quelle seiner Zufriedenheit, die begann in der Küche herumzufuhrwerken. Er sollte ihm wirklich einmal eine Schürze anziehen, um ihn anschließend mit viel Sahne zu vernaschen. Cole trat in die Küchentür und beobachtete Antonin, wie er Kaffee kochte. Er erinnerte sich an seinen geheimen Sex-Wunsch. Was hieß da Fantasie? Cole würde ihm diesen 'Traum' erfüllen. Ganz bestimmt. Und die Art und Weise, wie Antonin diesen Traum geschildert hatte, ließ ihn jetzt schon erschaudern, ließ ihn sofort wieder an Sex denken. Ob sie für noch einmal Zeit hatten? Wohl eher nicht... Als Antonin zu reden anfing, wurde Cole aus seinen Gedanken gerissen. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er stieß sich leicht vom Türrahmen ab, an dem er gelehnt hatte, und ging auf Antonin zu, um ihn von hinten zu umarmen, seine Hände über den schönen Oberkörper des andren streicheln lassend. "Ich kann dir gerne helfen, deine Erinnerungen aufzufrischen...", raunte er ihm ins Ohr und knabberte leicht am Hals des anderen. Doch als Antonin weitersprach hielt er inne. Seine Miene verdüsterte sich. "Du wirst nicht mit dem Auto fahren", stellte er fest und löste sich von Antonin. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich eine so weite Strecke alleine Auto fahren lasse, obwohl du noch nicht ganz wieder gesund bist, seit deinem Unfall noch nicht wieder vor dem Steuer gesessen hast und noch das Risiko besteht, dass du starke Kopfschmerzen haben könntest oder sogar epileptische Anfälle." Seine Worte klangen wie ein Grollen. "Entschuldige Antonin, aber nur über meine Leiche." Cole griff zu seinem Kaffee und setzte sich an den Tisch. Antonin Antonin gab ein wohliges Brummen von sich, als Cole ihn umarmte und lehnte den Kopf zurück an dessen Schulter. Es war angenehm sich einfach mal so in den Tag hinein treiben zu lassen. Doch als Cole sich von ihm löste und ihm befahl nicht mit dem Auto zu fahren huschte Unglauben über sein Gesicht, bevor er sich zu dem anderen herumdrehte. Er hob eine Augenbraue, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Küchenzeile, den Mann beobachtend wie er vor sich hinknurrte. "Doch", gab er schließlich die Antwort und sein Kopf wippte wie bei einem Nicken ein wenig auf und ab. "Doch, das habe ich eigentlich geglaubt. Tatsächlich habe ich mich sogar ein wenig darauf gefreut", bekannte er und griff nach seiner Kaffeetasse, um einen Schluck zu nehmen. "Und Risiko besteht immer. Es besteht auch das Risiko, dass mir wieder ein Kind vor die Reifen läuft und die Wahrscheinlichkeit eines epileptischen Anfalles ist furchtbar gering. Im Grunde gibt es also nichts, das meinen Sturkopf stoppen könnte." Er stellte die Tasse wieder ab, trat hinter Cole und dessen Stuhl um sich herab zu beugen und seine Arme um dessen Hals zu schlingen. Frech biss er dem anderen ein wenig fester in die Wange. "Sei froh, dass ich heute so entspannt bin, Cole", murmelte er nahe an dessen Ohr. "Denn ich interpretiere deinen kleinen Befehl jetzt einfach mal als eine höchst liebevolle Geste der Sorge um mich. Und da ich dich eigentlich nicht umbringen will, wäre ich in diesem Fall damit zufrieden, in einem erste Klasse Abteil zu reisen. Ich meine... stell dir nur vor, ich würde in der zweiten Klasse furchtbare Kopfschmerzen bekommen." Er lachte leise und gab Cole einen kleinen Kuss auf die Wange bevor er sich wieder aufrichtete. "Glaub nicht, dass du deinen Willen jedes Mal so leicht durchsetzt." - das hoffte Antonin zumindest nicht. Er wartete nicht mehr großartig auf eine Antwort, sondern tapste ins Schlafzimmer, um einen seiner Koffer aus dem ganz linken Schrank zu zerren und die restlichen Schranktüren dann ebenfalls aufzureißen. Ein wenig skeptisch betrachtete er seine Klamotten und seufzte dann tief. "Ich sollte mir alles einfach neu kaufen", grummelte er und begann damit Hemden, die er als tauglich empfand, heraus zu ziehen und erstmal aufs Bett zu werfen. "Wusstest du eigentlich, dass Tayra mit Ragnar unterwegs war?" Er sprach etwas lauter, damit Cole ihn hören könnte, selbst wenn er noch in der Küche wäre. "Nicholas war nicht begeistert, als sie erst früh morgens und gut betrunken heimkam." Hier huschte ein Grinsen über Tonis Lippen. "Jetzt war sie im Grunde vor mir in so einem Schuppen. Das ist ein wenig unfair." Cole "Autsch", empörte sich Cole wenig überzeugend, als Antonin ihm in die Wange biss. Doch er trug ein Lächeln auf den Lippen. Als Antonin begonnen hatte, ihm zu erklären, dass er wirklich fahren wollte, war Zorn kurz aufgeglommen und er hatte gedacht, dass Antonin nicht so schnell einverstanden wäre, doch nun war er zufrieden. Und wenn er Gewalt hätte anwenden müssen, um Antonin in den Zug zu setzen... Und das erste Klasse Ticket, wenn Antonin es wirklich wollte, würde kein Problem darstellen. "Wenn du wieder da bist, können wir ja gemeinsam nach einem Auto für dich schauen, wenn du möchtest", sagte er und blickte Antonin hinterher, als dieser die Küche verließ. Cole gähnte herzhaft und trank einen Schluck Kaffee, dann zog er sein Handy heraus und stellte zufrieden fest, dass niemand ihn bisher angepiepst hatte. Träge stand er auf. Viel Schlaf hatten sie nicht bekommen, und ihm wäre es auch nur recht, wenn er heute sich in einen Zug setzen könnte... Einfach mal weg, das wäre schön. Aber im Moment gab es viel zu viel, was ihn davon abhielt, mal die Seele baumeln zu lassen. Wobei er diese Nacht wohl auch als Erholung ansehen konnte, irgendwie. Müde folgte er Antonin ins Zimmer, wo er im Türrahmen stehen blieb und ihm dabei zusah, wie er packte. Er hob die Augenbrauen, als er sah, wie Antonin packte. "Du hast einen interessanten Stil, deinen Koffer zu packen...", grinste er und trat näher an den Schrank. Musternd glitt sein Blick über die Kleidungsstücke. "Also ich mag deinen Stil, auch wenn dein Outfit neulich im Savoy mehr als heiß war..." Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Sein Blick wandte sich Antonin zu, als dieser ihm von Ragnar und Tayra erzählte. "Die beiden waren noch unterwegs?", Cole lachte leise. "Kein Wunder, das Ragnar so verkatert war gestern. Offensichtlich haben sie gefeiert, dass sie mir den Kopf gerade gerückt haben." Cole streckte sich leicht und zog ein Hemd aus dem Schrank, das ihn erneut grinsen ließ. "Ok, du solltest wirklich neue Klamotten kaufen", stellte er neckend fest. "Besonders, wenn ich dich nach deiner Rückkehr mit in diese 'Schuppen' nehme. Wir können ja Ragnar und Tayra fragen, ob sie uns begleiten. Und Nicholas kann auch mit. Ich denke er könnte dort ziemlich gut ankommen." Cole grinste breit und setzte sich aufs Bett. Antonin Antonin sah auf, als Cole das Schlafzimmer betrat. "Gemeinsam ein Auto für mich kaufen? Ja sicher... damit ich dann mit einem von vorne bis hinten mit Airbags zugestopften Panzer durch die Gegend fahre." Er grinste und warf dem anderen die Hose die er gerade in der Hand hatte zu, in der Hoffnung den Kopf zu treffen. Nach Hosen folgten T-Shirts und daraufhin seine Unterwäsche, was sich nach und nach alles auf seinem Bett stapelte und schon drohte runter zu fliegen, doch das konnte Antonin nicht stören. "Zudem ist dieser Stil sehr hilfreich. Man hat immer im Überblick, ob man auch genau gleichviele Dinge dabei hat. Es wäre doch ziemlich ärgerlich, mehrere Tage das gleiche tragen zu müssen, nur weil man geschlampt hat", erklärte er seine unvergleichliche Technik und lachte dann leise. "Eigentlich ist es nur Gewohnheit. Keine Ahnung." Er hob die Hand, um sich durch die Haare zu fahren. "Ich bin im Grunde ein recht chaotischer Mensch, der sich nur gut zwischen den ganzen Ordentlichen tarnt", erklärte er und sah dann ein wenig skeptisch zu Cole. "Du magst meinen Stil", wiederholte er ungläubig und schüttelte den Kopf. "Nun ich finde ihn langweilig", merkte er an und lächelte dann. "Ja, ich habe mir sagen lassen, dass es mir gut stand. Angeblich habe ich mich von Tayra und einer Verkäuferin dazu überreden lassen." Kurz wurde sein Lächeln etwas melancholisch, doch das war so schnell weg wie es gekommen war. Doch dann nickte er, wieder amüsiert und lächelte Cole an. "Haben sie das? Es fällt mir ein wenig schwer mir das vorzustellen, aber ich kann verstehen, warum sie dann danach feiern gegangen sind." Seine Augen funkelten belustigt auf. Zumindest bis Cole ihm sagte, er sollte wirklich neue Kleidung kaufen gehen. Er seufzte. "Du kannst ja mitkommen und mich beraten", murmelte er und faltete die nächste Hose, um sie in den Koffer zu legen. Doch dann ruckte sein Kopf hoch und er runzelte die Stirn. "Ja, vielleicht", stimmte er zu und trat dann ein Stück auf Cole zu und wuschelte ihm durch die Haare. "Die Abmachung die wir haben... sie steht noch", murmelte er und beugte sich hinunter, um dem anderen einen Kuss zu geben, bevor er sich wieder ans packen machte. "Zumindest glaube ich, dass wir eine Abmachung haben. Natürlich könnte es auch ein Film sein, den ich gerade verwechsele, aber ich denke schon, dass es ein Gespräch zwischen uns war. Die Stimme, die ich im Kopf habe würde zu dir passen", erklärte er und hängte die Hemden, die er doch nicht mitnehmen wollte, wieder auf, ein wenig überlegend in den Koffer starrend. Es war ihm nicht recht. Die ganze Erinnerung war ihm nicht recht. Warum erinnerte er sich an solche Dinge? Andererseits war es ein guter Start, vielleicht würde dazu noch mehr kommen. Oder lag es daran, dass er jetzt eine Weile weg wäre und er sich nur Sorgen darüber machen würde, dass Cole ihm von jemand anderem weggenommen werden würde? Erinnerte er sich deshalb an diesen 'Deal'? Verdammt, was war er eigentlich für ein freizügiger Mensch? Aber andererseits hatte er ja scheinbar darauf bestanden nicht davon wissen zu wollen, wenn Cole sich durch die Stadt fickte. Im Grunde war es also mehr oder weniger eine lange Leine, um den anderen bei sich zu behalten. Oh... diese Ironie. Cole "klar komm ich mit", sagte er. "Am besten gehen wir in das Küchenfachgeschäft und kaufen dir erst einmal eine Schürze, dann in den Zoohandel und kaufen dir noch ein Ersatzhalsband, damit du ein wenig variieren kannst. Dein Halsband neulich war mehr als..." Er knurrte leicht und lächelte vielsagend. "Und vielleicht gefällt mir das ein oder andere T-Shirt so gut, dass ich gerne mit in die Umkleidekabine komme, um es dir gleich wieder auszuziehen." Als Antonin zu ihm kam, war er kurz versucht, jenen mit aufs Bett zu ziehen, doch dann hörte er die Worte des anderen. Sanft erwiderte er den Kuss und blickte Antonin mit erhobenen Augenbrauen an, sah ihm wieder dabei zu, wie er den Koffer packte. "Ja, wir hatten eine Abmachung. Und ich halte mich daran. Wenn ich etwas mit anderen Kerlen habe, dann wirst du nichts davon mitbekommen." Cole war sich gar nicht sicher, ob er diese Freiheit in Anspruch nehmen würde, wenn ihr Sexleben so weitergehen würde, wie es diese Nacht gewesen war. Aber auf diese Freiheit würde er auch ungerne verzichten, ob er sie nun brauchte oder nicht. Als Antonin im Krankenhaus war, war der Sex das einzige, was ihn wenigstens ein wenig hat runterkommen lassen. Er brauchte es als Ablenkung, er brauchte es als Entspannung und er brauchte es, um zu fühlen, dass er noch lebte. Seine Augen ruhten auf Antonin. Ob jener das auch jetzt wirklich akzeptieren würde? Schließlich kannte er ihn nicht mehr in dem Maße, wie er ihn davor gekannt hatte. Er hatte Cole noch nie in einem Club gesehen, nie mitbekommen, wie er in dieser Welt drauf war. Sollte er mehr dazu sagen? Sollte er sich erklären? Sollte er nachfragen, ob es Antonin störte? Aber was, wenn dieser mit 'ja' antworten würde? Was wäre dann? Cole ließ sich zurück aufs Bett sinken, blickte an die Decke. Der Sex, den er sich teilweise mehrmals die Woche irgendwo abholte, hatte nichts, gar nichts mit ihrer 'Beziehung' zu tun. Und Cole wusste mittlerweile auch, dass niemand Antonin den Rang ablaufen würde, dass er diesen jedem anderen vorziehen würde. Aber wusste das Antonin auch? "Es gibt da einen großen Unterschied zwischen Sex und Sex mit dir, Antonin", begann er nun doch, langsam. Cole richtete sich wieder auf. "Und dieser Sex hat mit uns beiden gar nichts zu tun." Ob Antonin das akzeptieren würde? Antonin "Eine Schürze?", hinterfragte er ein wenig perplex, bevor er stockte und man konnte direkt sehen wie der Groschen fiel. "Ich hoffe nicht, dass dies ein dezenter Hinweis ist, um mich zu deinem Putz und Sexsklaven verkommen zu lassen?" Antonin schüttelte lachend den Kopf und lächelte dann entspannt. "Und man kauft solche Halsbänder nicht in einer Zoohandlung. Es sei denn, du willst wirklich ein echtes Hundehalsband. Ich hatte mal eine ganze Sammlung von Halsbändern." Er zuckte mit den Schultern. "Es war eine Zeit lang modern und sie stehen mir tatsächlich ausgezeichnet.", er warf Cole einen herausfordernden Blick zu. "Findest du nicht auch, Herr und Meister?" Antonin hatte kein Problem damit sich auf solcherlei Geplänkel einzulassen, denn er hatte keine Bedenken Willensstark genug zu sein um sich nie wirklich komplett unterzuordnen. Vermutlich hätte er nicht einmal einen Abend lang ein Problem damit, aber alles was über Spielereien hinausging wäre absolut tabu. Er war ein freier Mensch und solche Dinge lagen nicht wirklich in seiner Natur verankert. Mit oder ohne Erinnerungen. Als Cole ihre Vereinbarung bestätigte nickte Antonin zuerst nur und beschäftigte sich damit, die kleine Holzkiste aus dem Schrank zu holen und zu öffnen. Kurz warf er der sich dort befindlichen Waffe einen Blick zu, bevor er auch jene in den Koffer packte. Es war an der Zeit einmal zu überprüfen, ob er das Ding wirklich nicht nur zur Zierde in seinem Schrank verstaut hatte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Cole wie dieser sich auf sein Bett sinken ließ und zur Decke sah. Gut, es war jetzt einmal an der Zeit logisch zu denken und sich nicht von gekränkter Eitelkeit verunsichern zu lassen. Wie wahrscheinlich war es, dass er so einer Vereinbarung nicht nur zustimmte, sondern sie selbst auf den Tisch brachte? Gering. Eigentlich sehr gering außer ihm war etwas klar gewesen. Nur was? Dass sein Bedürfnis nach Sex nicht an das von Cole herankam? Dass es die einzige Möglichkeit war, den anderen zu halten? Hmm… Er sah zu dem anderen als er wieder zu sprechen begann und nickte abermals. Also schien er mit der ersten Möglichkeit gar nicht so weit entfernt von der Wahrheit zu liegen. Er atmete tief durch und lächelte dann wieder. "Das ist in Ordnung, Cole. Wenn mich nicht alles täuscht war ich derjenige, der das ganze aufgebracht hat, und ich hatte sicherlich meine Gründe. Zudem das ja dann wohl auch für beide Seiten gilt. Wer weiß, wofür es gut ist?", er zuckte mit den Schultern und ging ins Bad, um seine Toilettenartikel zusammen zu suchen. Als er wieder zurück kam hatte er sich komplett gefangen und für sich beschlossen, damit leben zu können. Was interessierte es ihn, ob Cole mit anderen Kerlen schlief? Hatte jener ihm nicht gesagt, Antonin wäre der einzige gewesen, der jemals mit in dessen Wohnung durfte? Das musste mehr als dummer Sex zählen. Und das tat es auch. Es wog für ihn manche Dinge ganz deutlich auf. Allerdings würde er darauf bestehen, davon wirklich nichts zu wissen, denn sonst könnte er für nichts garantieren. Gar nichts. Cole Ja, diese Abmachung bestand auf beiden Seiten. Und das war auch gut so. Cole seufzte erleichtert, als er Antonin hinterherblickte. Es war gut, dass sie das wieder geklärt hatten. Besonders jetzt, wo Antonin nicht da sein würde. Und genau so wie Antonin ihm alle Freiheit ließ, würde es ihm nicht einfallen, Antonin diese Freiheit zu nehmen. Wenn er schon eine 'Beziehung' hatte, dann war das erstens eine offene Beziehung, und zweitens eine Beziehung, die mehr als nur Sex war. Er musste schmunzeln bei dem Gedanken, denn er konnte sich noch gut an die Worte des anderen erinnern, als er ihm sagte, dass er keine Fick-Beziehung haben wollte. Damals, als sie über Wege philosophiert hatten. Cole lächelte. Seitdem war viel geschehen. Und mittlerweile war er derjenige, der Antonin an der Hand nehmen musste, um weiter zu laufen. Seltsam, aber es war so. Gut, er hatte einen ziemlichen Arschtritt gebraucht, diesen Weg weiterzulaufen, aber er bereute es nicht. Als Antonin zurückkehrte stand Cole vom Bett auf. "Können wir?" Er blickte den anderen an, zog ihn dann zu sich und küsste ihn sanft. "Weiß deine Mutter eigentlich schon, dass du kommst? Ich könnte mir vorstellen, sie würde sich freuen, wenn sie es wüsste." Kapitel 67: Die Konstante im Scherbenhaufen ------------------------------------------- Cole Bald darauf saßen sie in Coles Auto, um zum Grand Central Terminal zu fahren. Cole mochte Bahnhöfe, genauso wie er Flughäfen mochte. Er liebte diese Hektik, besonders, wenn man es selbst nicht eilig hatte. Und er liebte es, Szenen zu beobachten, wenn Menschen sich begegneten, wenn sie sich wiedersahen oder auch sich verabschiedeten. Er war einmal als Kind mit seinem Vater am Bahnhof gewesen und hatte seine Mutter abgeholt. Es war einer der wenigen Momente gewesen, wo er gesehen hatte, dass seine Eltern sich wirklich mochten. Gut, weil sein Vater vorher ihm gezeigt hatte, dass er seine Frau vermisste, indem er den Kindern für alles Schuld gab, war er auch froh gewesen, seine Mutter wieder zu sehen, weil er diese leichter berechnen konnte und es daher gut schaffte, rechtzeitig aus dem Haus zu sein, bevor der Alkoholpegel so hoch war, dass sie auch zu Schlägen über ging. Sein Vater war da unberechenbarer gewesen. Wie dem auch sei. Er mochte Bahnhöfe und Flughäfen. "Wo wohnt deine Mutter jetzt?", fragte er Antonin und ging mit ihm in Richtung Schalterhalle, um sich dort mit ihm anzustellen und ein Ticket zu lösen. Als sie am Schalter waren setzte sich Cole durch, das Ticket erster Klasse zu bezahlen und setzte noch das i-Tüpfelchen drauf, indem er einen Fenstersitz reservierte. Ihre Zankerei ließ beim Verkäufer ungläubig die Augenbrauen hochgehen. Cole blickte diesen kritisch an. "Sie haben wohl noch nie ein frisch verheiratetes Ehepaar gesehen", fragte er in einem herausfordernden Ton, der den Verkäufer erröten und ihnen schnell das Ticket geben ließ. Cole legte Antonin den Arm um die Schultern. "Komm Schatz", sagte er und so gingen sie in die Haupthalle. "Wir haben noch eine gute halbe Stunde. Wollen wir doch noch etwas frühstücken?", fragte Cole den anderen. Antonin Antonin war sehr dankbar für seine eigene Voraussicht, sich einen Koffer mit Rollen gekauft zu haben, denn er hätte wirklich gar keine Lust gehabt, diesen durch den ganzen Bahnhof zu schleppen. Er fühlte sich ein wenig wie ein Geschäftsmann, vor allem weil er sich für Teile seines Anzugs entschieden hatten. Schwarze Hose und Jackett, dazu ein hellblaues Hemd. Im Grunde nichts womit er wirklich stundenlang im Zug sitzen wollte, aber es ging immerhin darum, seine Mutter zu sehen, und er wusste wie sehr sie es genoss mit ihrem Sohn anzugeben. Da musste man schon ein gewisses Bild repräsentieren, ob man mochte oder nicht. Hin und wieder ertappte er sich dabei wie er bestimmte Menschen misstrauisch musterte und sie gedanklich durchsuchte. Aber nach was? Nach Waffen? Sein Unterbewusstsein signalisierte ihm schon die ganzen letzten Tage immer mehr und mehr von diesen Dingen. Doch jetzt wollte er sich nicht damit beschäftigen, weshalb er den Kopf schüttelte, ganz als ob die Gedanken dann verschwinden würden. Er antwortete auf Coles Frage und folgte jenem zum Schalter, wo er sich erst einmal versuchte, vehement gegen dessen Bezahlung zu wehren. Die Betonung lag auf versuchte, denn sehr weit kam er nicht. Etwas von dem er nicht ganz wusste, ob er es jetzt irgendwie ... süß fand oder es als Einmischung deklarieren sollte. Doch spätestens als Cole den Verkäufer so abwatschte entschied er sich für ersteres und lachte leise, dem Verkäufer noch einmal zuzwinkernd, bevor er sich mitziehen ließ. "Frisch verheiratetes Ehepaar?", murmelte er und musterte Cole. "Das hättest du mir schon ein wenig früher erzählen können, Darling." Antonin grinste und deutete auf eines der Cafés, wo er für sich einen Orangensaft, Vollkornbrot und Käseaufschnitt bestellte bevor er nach seinem Handy griff. "Ich vermute du hast recht, ich sollte ihr Bescheid geben." Ruhig tippte er die Zahlen ein und lauschte auf das Freizeichen und begann zu lächeln als seine Mutter abhob. "Antonin hier. Ich wollte mich entschuldigen, dass ich dich vorletzte Nacht so spät noch angerufen habe und da es immer besser ist, wenn man das von Angesicht zu Angesicht macht solltest du um", er warf seinem Ticket einen prüfenden Blick zu, "um 17:04 Uhr am Bahnhof in Greenville an Gleis 3 stehen." Er lauschte der Antwort und lachte kurz. "Nein, das ist mein Ernst. Ich komme nach Hause und lasse mich auch ganz anstandslos herumzeigen." Das restliche Gespräch bestand nur noch aus kurzen Bestätigungen und als Antonin auflegte, musterte er Cole nachdenklich. "Hm, wie beschreibe ich dich wohl, wenn sie mich nach einer Freundin fragt? Wobei mir einfällt, vielleicht fragt sie mich auch nach einem Freund. Ich habe keine Ahnung ob sie das weiß oder nicht." Er zuckte mit den Schultern und legte sich zwei Käsescheiben auf sein Brötchen bevor er abbiss und plötzlich wieder grinste. "Ich könnte ihr ja auch von meinem Ehemann erzählen. 'Oh ja Mum, die Hochzeit war angeblich wunderschön. Wir wurden von Elvis in Las Vegas getraut und alle unsere zwei besten Freunde waren da.'" Cole Cole biss genüsslich in das Croissant, das er sich zu seinem Milchkaffee gegönnt hatte. Ihm war gerade nach süß obwohl er generell eher herzhaft aß. Er registrierte das Lächeln des anderen als dieser seine Mutter hörte. Es war eine gute Idee gewesen, Antonin zu einem Besuch bei seiner Mutter animiert zu haben. Es würde ihm sicher gut tun. Und durch dieses Wissen kam ihm auch nicht der Gedanke, er werde ihm fehlen. Noch nicht. Aber im Moment dachte er nicht darüber nach. Geduldig wartete er bis Antonin geendet hatte und lächelte ihn an. "Ich freue mich, dass ihr euch wiederseht. Es wird dir und ihr gut tun", stellte er fest und trank einen Schluck Kaffee, sich danach über die Lippen leckend, um den Milchschaum einzufangen. Wieder etwas, das er schon seit er klein war mochte. Leute, vornehmlich Frauen, die Milchschaum löffelten, konnte er nicht verstehen. Das durfte man in seinen Augen erst am Ende, wenn die Tasse fast leer war. Als Antonin darüber nachzudenken begann, wie er ihn vorstellen solle, blickte er den anderen zweifelnd an. „Am besten erzählst du nicht die Wahrheit", entgegnete er. "Also sag ihr nicht, dass ich ein schwuler, sexhungriger, egoistischer Bastard bin, der nebenbei auch noch ein Mitglied des organisierten Verbrechens ist und bei den Bullen sicher gern hinter schwedischen Gardinen gesehen wäre." Er überlegte kurz. "Am besten machst du ein Dummenblondchen aus mir. Das ist am Einfachsten. Und wegen mir darfst du dann auch sagen, dass wir verheiratet sind. Als Frau würde ich das vielleicht wirklich tun." Er grinste leicht und blickte dann auf die Uhr. "Wir müssen los." Wenig später fanden sie sich auf dem Bahnsteig wieder und hatten auch bald den Wagon gefunden nachdem der Zug eingefahren war. Antonin verstaute sein Gepäck innen und kam nochmal kurz raus. Sie hatten noch 5 Minuten. Cole zog den anderen zu sich ungeachtet der Blicke um sie herum und küsste ihn zärtlich. "Pass auf dich auf, mein Schöner", sagte er leise und blickte Antonin nachdrücklich an. "Du kannst mich immer anrufen egal weshalb und egal wann. Und mach es bitte auch wann immer dir danach ist." Antonin Antonin musste über sich selbst schmunzeln, als er bemerkte welche Wege seine Gedanken einschlugen als Cole sich den Milchschaum von den Lippen leckte. "Sie ist eine tolle und vor allen Dingen starke Frau", erzählte er, um sich davon abzulenken. Davon und vor der Nervosität, die ihn langsam aber sicher überkam. Er wusste zwar noch, wo seine Mum lebte, aber was war mit ihrem Haus passiert? Was war überhaupt passiert? Waren das Fragen, die er sie überhaupt fragen sollte? Mit nicht wenig Kraftanstrengung schob er auch diese Gedanken beiseite. "Und daher freue ich mich natürlich auch sie wiederzusehen." Er erwiderte zuerst nichts auf Coles andere Worte, sondern schob sich das letzte Stück seines Brötchens in den Mund und folgte dem anderen. Cole konnte seinen kurz nachdenklich gewordenen Blick nicht sehen, da dieser durch das Gedränge vor ihm ging und dafür war Antonin dankbar, denn er hätte ihn gerade nicht verstecken können. Auch nicht die kurze Entschlossenheit die danach aufblitzte, aber ebenso schnell wieder verschwunden war. Als sie seinen Wagon gefunden und er sein Gepäck verstaut hatte ließ er sich nur zu gerne nochmal in die Arme ziehen und küssen. Ungeachtet sämtlicher Leute, was ihn jedoch nur noch mehr in seinem Vorhaben bestätigte. "Keine Sorge, du wirst alle fünf Minuten von mir hören sobald ich zu einer dieser langweiligen 'Hach was sind wir tolle Nachbarn' Partys geschleppt werde", versprach er schmunzelnd, bevor er ein wenig ernsthafter wurde und Cole an dessen Hemd zu sich zog. So das ihre Gesichter sehr nahe beieinander waren und er dem anderen sehr gut in die Augen sehen könnte. "Und bevor ich, weiß Gott wie lange von hier verschwinde, möchte ich dir noch etwas sagen", meinte er leise und hob dann herausfordernd eine Augenbraue. "Verlange nie wieder, auch nicht im Spaß von mir, dich vor anderen umzugestalten. Du bist keine dumme und vorallenden weibliche Blondine. Und ja, du magst ein schwuler, sexhungriger, egoistischer Bastard sein, aber du bist der sexhungrige, egoistische Bastard, mit dem ich schlafe. Der Mann dem ich vorjammern werde, wie furchtbar ich die Großstadt vermisse, dem ich ein erste Klasse Ticket abgeschwatzt habe, dem ich vertraue und den ich unter gar keinen Umständen unter irgendeinen Teppich dieser Welt kehren werde. Und wem das nicht passt, der kann mich gerade mal kreuzweise am Arsch lecken. Ich hoffe ich habe mich klar genug ausgedrückt?" Er wartete auf gar keine Antwort, sondern zog Cole noch einmal in einen Kuss. "Sehr gut. Pass auf dich auf Cole, sonst suche ich die Gardinen aus, wenn ich zurück komme und sie werden dir nicht gefallen." Er grinste, hauchte noch einen kleinen Kuss auf die Lippen des anderen und löste sich dann von ihm, um in den Zug zu steigen. Er sah nicht mehr zurück. Es war einfach besser so, denn sonst wäre er womöglich nicht gefahren. Seufzend ließ er sich auf seinen Platz fallen und schloss seine Augen. Es war schon seltsam, dass er ausgerechnet wegfuhr wenn er aktuell das Gefühl bekam, dass sich etwas aus seinem Scherbenhaufen wieder am richtigen Platz befand. Und vielleicht war es das einzige, das sich immer dort befunden hatte und er war nur zu blind oder aufgeregt gewesen, um es zu sehen. Egal was es auch war, jetzt war es gut und er hatte jede Intention es dabei zu belassen. Und er würde Cole gehörig in den Arsch treten, wenn sich daran bei seiner Rückkehr irgendetwas geändert haben sollte. Seufzend öffnete er die Augen, als der Zug nach einer gefühlten Ewigkeit endlich anfuhr. Oh verdammt, er würde Cole schrecklich vermissen. Cole Ohne sich umzudrehen verließ Cole den Bahnsteig. Sich umzudrehen würde bedeuten, zugeben zu müssen, dass er den anderen vermissen würde. Und das wollte er weder sich noch sonst jemandem eingestehen. Es war wichtig und richtig, dass Antonin zu seiner Mutter fuhr. Und damit fertig. Was spielte es eine Rolle, dass er gerne die nächsten Nächte genauso verbringen wollte, wie diese Nacht. Kapitel 68: Der Vorhof zur Hölle -------------------------------- Cole Er fuhr zu sich, wo er sich wie schon seit längerem wieder aufs Laufband stellte. Er musste fit bleiben. Außerdem war das eine Art von Entspannung, die er momentan gut gebrauchen konnte. Nachdem er sich geduscht hatte, zog er sich förmlich an. Noch war der Besuch nicht weg, heute Abend würde er sich noch einmal zu dieser Gruppe gesellen dürfen, durfte sich noch einmal angraben lassen, sich von Costello Honig ums Maul schmieren lassen. Er hasste diese ‚Geschäftsessen‘. Aber auch diese würden über die Bühne gehen. Wenn erst einmal der Deal in ein paar Tagen über die Bühne gegangen war, dann würde er wieder mehr Ruhe haben. Aber bis dahin war noch viel Arbeit zu tun. Als er ins Lady-Dream fuhr, merkte er, dass er sich nicht nur vollkommen entspannt fühlte, sondern auf eigentümliche Weise auch glücklich. Doch diese Tatsache bekam nur ein einziger mit: Ragnar. Jener saß in Coles Büro und studierte die Lagepläne des Hafens, als er hereinkam. Cole lächelte seinen Freund an, ging auf ihn zu und küsste ihn sanft auf die Wange. „Danke für deine Ratschläge“, murmelte er und blickte Ragnar nachdrücklich lächelnd an. „Danke.“ Dann ging Cole zur Tagesordnung über, baute seine ihm vertraute Aura um sich auf, die es ihm erleichterte, sich auf das Wesentliche, auf die Arbeit zu konzentrieren. Erst später, wenn sie ein wenig Zeit zum Verschnaufen hatten, würde Ragnar auf die Frage, was mit Antonin sei, die Antwort erhalten, dass dieser zu seiner Mutter gefahren sei und in unbestimmter Zeit zurückkehren würde. Aber nun konzentrierten sie sich erst einmal auf das, was sie in den kommenden Tagen erwartete und Ragnar erzählte Cole noch vom vergangenen Abend, nachdem er gegangen war. Die Gäste aus Chicago schienen an diesem Abend recht gut drauf gewesen zu sein, was nicht nur dazu geführt hat, dass sie einige der Mädchen belästigt hatten, sondern auch freizügige Gespräche über ihre Heldentaten und auch über die kommenden Geschäfte geführt hatten. Cole brodelte innerlich als er davon hörte. Ragnar konnte es nicht beschwören, aber ihm schien es, als sei in dem ein oder anderen Gespräch auch etwas über konkrete Dinge geredet worden. Dinge, die nicht für jede Ohren bestimmt waren. Zudem hatte der Typ von gestern Abend angefangen, die anderen über Cole auszuquetschen. Offenbar hatte er noch nicht aufgegeben und glaubte über Coles Mitarbeiter an ihn heranzukommen. Padrick hätte ihn zwar irgendwann zurechtgewiesen, aber letztlich stand dieser auch etwas hilflos da, denn der, der eigentlich seine Leute im Griff haben musste, schien es überhaupt nicht zu stören. Ragnar war schließlich dazwischen gegangen, als jener sich mit Gawain unterhielt. Von allen anderen wusste er, dass die zum einen wenig über Cole wussten, zum anderen nie etwas verraten würden. Bei Gawain war er sich bei letzterem nicht sicher. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass er zu spät gekommen war. Zumindest war die Reaktion des Neuen, seine Forderung zu bejahen und zu beteuern, dass er nichts gesagt habe, ein wenig zu nachdrücklich. Nicht so, dass man meinen konnte, er hätte ein schlechtes Gewissen, weil er wirklich etwas erzählt hatte. Eher so, als hätte er mit jenem Mann über andere Dinge geredet. Wie dem auch war. Es war eine seltsame Situation kurzzeitig gewesen. Cole ärgerte sich über die Ereignisse des Abends. Er ärgerte sich wenig über die Neugierde des Mannes. Er hatte schon öfters erlebt, dass ‚Geschäftspartner‘ ihm hinterherstiegen, glaubten bei ihm landen zu können. Er kannte es auch, dass sie, da sie keinen Erfolg hatten, begannen über seine Leute an ihn zu kommen. Mit so etwas konnte er umgehen, so etwas war er gewohnt. Was ihn wirklich ärgerte war Wayne, der eigentliche Boss, der Sippe aus Chicago. Was war denn das für ein Stümper? Warum hatte er seine Leute so wenig im Griff? Wie bescheuert musste man eigentlich sein, wenn man solche Leute um sich hatte? Oder sah er am Ende gar nicht die Gefahr, die von diesen Leuten ausging? Die Gefahr, dass alles schief laufen konnte, dass die Polizei dahinter kommen könnte, was geschah? Dass sie riskierten, dass sie abgehört wurden? Cole war das unbegreiflich, aber er würde damit leben müssen. Und wenn er ehrlich war, hatte er ohnehin kein Vertrauen zu Wayne, so dass er einiges in der Hinterhand hatte. Cole hatte Pläne, wusste was er tat. Und außer Ragnar kannte niemand sonst diese Pläne, und niemand sonst würde sie je so kennenlernen. Das, was er am vergangenen Abend mit Wayne und seinen Leuten besprochen hatte, war nur ein kleiner Teil eines riesigen Projekts, das in sich gut durchdacht war. Die wirklich wichtigen Informationen hielt er zurück, verbarg sie vor den anderen, wissend, dass er nicht vertrauen konnte, aus einem generellen tiefen Misstrauen heraus. Seine Leute kannten ihn, wussten, dass er nie alles verriet, dass man auf alles gefasst sein musste, aber sie wussten auch, dass es sie so schützte, dass sie sicher waren, weil sich jemand darüber Gedanken machte, was das Beste war. Und damit vertrauten sie ihm blind, und das zu Recht. Und sie waren noch nie enttäuscht worden. Denn Coles Pläne waren bisher stets erfolgreich gewesen. Sicher hatte es hin und wieder Komplikationen gegeben, aber im Großen und Ganzen war es immer gut gegangen. Zumindest solange er mit den Leuten zusammenarbeitete, die er sich ausgesucht hatte. Aber wie dem auch war. Er wusste nun, dass er hinsichtlich der Chicagoer vorsichtig sein musste, noch vorsichtiger als sonst. Er würde heute keine neuen Informationen herausgeben. Es reichte, dass die anderen wussten, dass am Sonntagabend, also in 3 Tagen ein Schiff kommen würde, das aus Panama kam und um die 30 Kilo Heroin aus Kolumbien mitbringen würde. Feinster, bester Stoff, von unbezahlbarer Qualität. Sie wussten außerdem, dass drei LKWs die Ladung nach Chicago bringen würden, dass der Stoff in Kaffee-Containern versteckt war, weil Spürhunde durch den intensiven Kaffeegeruch den Stoff nicht würde riechen können. Cole selbst würde sich 10 Kilo abzwacken, der Rest würde auf den Weg nach Chicago gehen. Drei von Waynes Leuten würden die LKWs fahren, mit denen sie das Zeug nach Chicago brachten. Der Handel würde schnell über die Bühne gehen, zügig. Cole und Ragnar waren den Nachmittag damit beschäftigt, die Leute zu positionieren. Cole musste zudem einige wichtige Telefonate führen und erhielt auch einige Anrufe, die ihn beruhigten. Das Schiff war bereits unterwegs und die Sache lief. Sie lief gut. Am frühen Abend fuhr Cole zu Costello, der ein Abendessen geben würde. Die gut bewachte Villa am Stadtrand von New York war einer der Orte, die Cole nicht ausstehen konnte. Aber man merkte ihm sein Unwohlsein nicht an, das ihn immer begleitete, wenn er dieses Haus betrat. Er parkte seinen Wagen und griff zu seinem Handy, weil er soeben eine SMS erhalten hatte. Er nickte und löschte sie sogleich wieder. Dann sah er, Antonins letze SMS. Kurzentschlossen schickte er dem anderen eine Nachricht: Hey mein Putz- und Sexsklave! Ich hoffe, du bist gut angekommen und hast deinen Sitz in der 1. Klasse auch ein wenig genießen können. Bist du schon zum tollen Nachbarn mutiert? Erinnere dich einfach an die Hochzeit mit Elvis, dann kannst du sicher weiterlächeln und den perfekten Sohn spielen ;) Cole Dann stieg er aus und betrat das Haus, in dem er einige Dinge erleben musste, an die er sich lieber nicht mehr erinnerte. Costello war da, Wayne und zum Glück auch Padrick. Der Rest würde wohl im Lady-Dream feiern. So war er zumindest den Typen los, der ihm hinterher stieg. Und Ragnar würde die zweifelhafte Freude haben, zu kontrollieren, dass nicht noch mehr geplaudert wurde. Cole kämpfte sich drei Stunden durch ein Essen und ein Gespräch, das er als Tanz um den heißen Brei bezeichnen würde. Immer wieder versuchten Costello und Wayne ihm mehr Informationen zu entlocken, doch er ließ es nicht zu. Er würde ihnen nichts weiter sagen, denn das würde bedeuten, dass er die ganze Aktion gefährdete. Und er hatte noch nie versagt, und das wollte er auch nicht ändern. Aber offensichtlich schien das niemand zu begreifen, außer Padrick, der nicht nachfragte. Gegen 23 Uhr erklärte Cole, dass er noch viel zu tun habe, und er nahm Padrick mit ins Lady-Dream. Erst dort kam er dazu, Antonins Antwort zu lesen, die ihm ein Lächeln auf die Lippen zauberte, das ungesehen blieb, weil er sich bereits nach kurzer Zeit zum Auto begab. Wie gut es tat, diese wenigen Zeilen zu lesen. Wie beruhigend es war, zu wissen, dass Antonin an ihn dachte, selbst wenn es wahrscheinlich selten war. Dennoch bewirkten die Worte ein angenehmes Gefühl. Er hatte an diesem Abend leider noch einen unschönen Besuch abzustatten. Ein Besuch zu einem der Unterhändler, der Ragnar Probleme bereitete. Leider endete der Besuch noch unerfreulicher, als der Grund dieses Besuches war, denn jener Mann schien sich gleich sehr angegriffen zu fühlen, rastete aus und Cole blieb nichts anderes übrig, als zu beenden, was aus den Rudern gelaufen war. Als er durch die Wohnung des Toten lief, stellte er fest, dass jener wohl selbst ein wenig zu viel von dem Zeug konsumierte. Cole räumte ein paar Sachen auf, zerstörte die Sim-Karte des Handys und beseitigte auch sonst einige Spuren, die auf eine Verbindung zu ihrer Organisation hindeuten konnten. Sicher war man nie, ob man alles erwischte, aber wenigstens waren die Spuren so schwerer und uneindeutiger zu erkennen. So schön der Tag begonnen hatte, so trist endete er. Gawain Gawain runzelte die Stirn, zog sich eine Zigarette aus der frei liegenden Schachtel und zündete sie sich an. Abermals ließ er die letzte halbe Stunde nochmal vor seinem geistigen Augen Revue passieren und fragte sich, ob das wirklich wahr sein konnte. Waren diese Leute so unvorsichtig ihm jetzt, bereits nach so kurzer Zeit wirklich mit Informationen zu füttern? Mit brauchbaren Informationen? Gut, Ragnar war wie ein Buttermesser zwischen sie gesprungen und Mikael, einer der Typen auch Chicago, hatte diesem ein wenig unglaubwürdig versichert, dass sie von nichts Wichtigem gesprochen hätten. Und im Grunde hatte eben dieser Mikael vermutlich gar nicht so viel sagen wollen, sondern vielmehr Informationen zu Cole abstauben. Doch zum einen war jener damit bei ihm grundsätzlich an der vollkommen falschen Adresse und zum anderen wüsste Gawain es sowieso besser. Ihm wurde nicht wirklich vertraut und bevor nicht eine ganze geraume Weile hier wäre, würde er sich gar nicht trauen auch nur die Schuhgröße von den Leuten hier an andere weiter zu geben. Doch davon schien Mikael eher wenig zu halten und versuchte ihn, warum auch immer, mit Informationen zum Deal zu ködern. Nun, geködert hatte er ihn damit allemal, aber wirklich etwas gesagt hatte Gawain ihm trotzdem nicht. Dennoch war es recht interessant zu hören wie hochgelobt Cole von dem Mann wurde. Wie toll das ganze hier doch immer ablaufen würde und auch diese Planung wäre wieder einwandfrei, denn wer würde Kaffeelaster aus Kolumbien denn wirklich aufhalten? Und jetzt blieben Mikael nur noch drei Tage bevor er Cole am Hafen das letzte Mal sehen würde. Äußerlich gelassen prostete er einem der Männer zu und zog dann genüsslich an seiner Zigarette. Die Frage war, wie er jetzt weiter vorgehen wollte? Ja, in den letzten Tagen hatte er immer mal wieder unbeobachtete Momente genutzt und Bilder mit seinem Handy geschossen, aber sie waren eben genau das: Bilder. Sie hätten vor Gericht ungefähr so viel Aussagekraft wie eine Zeichnung. Es brauchte mehr und offensichtlich war ihm gerade etwas in den Schoß gefallen das ihm drei Tage zur Umsetzung gab. Er blieb genau noch so lange, dass es keine Aufmerksamkeit erregen würde und noch ein paar Minuten länger, bevor er sich verabschiedete, in seinen BMW stieg und zum nächsten Internet Cafe fuhr. Schöne, tolle Neuzeit mit ihrem 24 Stunden Öffnungszeiten. Er setzte sich in eine der Ecken und öffnete eine öffentliche Chatseite, wo er eine kurze Nachricht an jemanden schrieb und er Minuten später eine Einladung für einen Privatchat erhielt. Snake_SF_Hunter: Ich brauche alle Schiffe, die in drei Tagen aus Kolumbien am Hafen eintreffen. (New York) A_Machine_HQ: Die Daten werden Ihnen an die übliche Email Adresse gesendet. Snake_SF_Hunter: Wie schnell könnte ein Zugriff auf Zuruf erfolgen? A_Machine_HQ: Die P zeigt sich unkooperativ ohne mehr Daten. Zugriff wohl zu langsam für entscheidende Situationen Gawain seufzte tief und rieb sich über die Nasenwurzel. Wieso scheiterte es eigentlich so oft an der normalen Polizei? Und war das hier wirklich schon groß genug, um sie Special Forces - wofür auch das SF in seinem Namen stand - zu aktivieren und nach New York kommen zu lassen? Aber wenn man bedachte, dass sie im Grunde damit gleich zwei Organisationen einen heftigen Schlag verpassen könnten. Und er wusste nicht einmal sicher was da aus Kolumbien angetuckert käme, wobei er auf eine neue Ladung von diesem Blue Wonder hoffte, über das von einem Tag auf den nächsten keiner mehr zu sprechen schien. Snake_SF_Hunter: Ladung, die erwartet wird, ist groß genug für mehrere Laster. Art der Ladung unbekannt. Vermutlich D oder W. Zweite Organisation hat Spielfeld betreten. A_Machine_HQ: Aktivierung gefordert? Scheiße, da war sie die Frage aller Fragen. Sollte er es wirklich schon so früh riskieren? Aber seine Intuition hatte ihn bisher selten betrogen. Verdammt! Notfalls würden sie eben weiterziehen. Es war an der Zeit, ihre Ausbildung endlich einmal in einem echten Fall zum Zuge kommen zu lassen. Snake_SF_Hunter: Bestätige. Teilaktivierung gefordert. 2 Einheiten mit bundesübergreifender Berechtigung. Sende Bilder der möglichen Zielpersonen in wenigen Minuten. A_Machine_HQ: Teilaktivierung wird weitergeleitet. Unruhig verbrachte Gawain die nächsten Minuten damit, die bereits hochgeladenen Bilder von einem externen Emailaccount weiter zu leiten und darauf zu hoffen, dass die Jungs im Hauptquartier noch nichts besseres zu tun hatten. Aber als er die Antwort las lächelte er das erste Mal seit Tagen wirklich befreit. Genau das war der Charme ihrer neuen Einheit und der große Vorteil, den sie besaßen: Sie waren wenige, aber dadurch auf dem Spielfeld furchtbar wendig und schnell dirigierbar. A_Machine_HQ: Bestätigen Teilaktivierung. Neues HQ: New York. Treffpunkt morgen 14 Uhr örtlicher Zeit. Code: NQ-DW-01 Danach kamen noch verschlüsselte Daten zum Standort ihres neuen Hauptquartiers und damit war die Sache im Rollen. Cole und Ragnar sollten sich besser warm anziehen, denn diese Jungs waren Profis und hatten nur wenige Auflagen was die Art der Ausübung ihrer Arbeit betraf. Antonin Es war bereits Samstagnachmittag, als Antonin endlich einmal die Ruhe und Zeit fand, die Emailadresse, die er von Cole erfragt hatte, zu benutzen. Weshalb er sich auch an den eher furchtbar unterentwickelten Rechner seiner Mutter setzte, gefühlte zwei Stunden darauf wartete, dass jener hochfuhr und sich sogar noch per Klick mit dem Internet verbinden musste. Kopfschüttelnd fragte Antonin sich, wie seine Mutter mit so einer mittelalterlichen Technik hier überhaupt überleben konnte. Wie sie es fertig brachte, ihm damit Email zu schreiben. Doch das drängte er erst einmal beiseite und konzentrierte sich lieber darauf, Cole die versprochene Email zu schreiben. Eigentlich wollte er dessen Stimme ja hören, aber andererseits würde er dann vielleicht doch gleich wieder in den nächsten Zug in Richtung New York steigen und das war ja nicht der Sinn des Ganzen. Heya Cole, aka mein Herr und Meister, das Leben in einer Kleinstadt ist genau das: klein. Jeder scheint hier jeden zu kennen und selbst wenn sie dich nicht persönlich kennen, dann kennen sie dich aus Erzählungen. Selten kam mir ein simpler Einkauf mehr wie ein Spießrutenlauf vor als hier. Versteh mich nicht falsch, ich freue mich wahnsinnig, hier bei meiner Mutter zu sein, aber ich denke auch Freude kann an ihre Grenzen stoßen. Während ich meiner Mum liebend gerne dabei zuhöre wie sie über ihre Nachbarn tratscht und mich auf dem Laufenden über ihr Leben hält, so interessiert es mich im Grunde herzlich wenig, was Mrs Bolt von Mister Singer hält. Ähnlich verhält es sich mit dem Gerücht um die Frau des Pastors, der ein Verhältnis mit dem Metzger angedichtet wird. Das weiß ich wiederum weil ich in der Kirche (ich war in der Kirche, das ist ungefähr genauso unglaubwürdig wie die erste Mondlandung der Amerikaner - ich bin nur ein Viertel Ami, ich darf das sagen)… wo war ich? Ach ja, also ich weiß das, weil ich während des abendlichen Gottesdienstes vor zwei relativ klatschwütigen Frauen saß. Auch wenn ich mich ein wenig beeindruckt von deren Detektivarbeit zeigen muss. Ganz ehrlich. Hier kann man noch was fürs Leben lernen, auch wenn ich es für eher unwahrscheinlich halte, dass ich mich hinter einer Zeitung versteckt daran mache, die arme Pastorenfrau zu verfolgen. Aber wie dem auch sei, würde meine Mutter nicht hier leben wäre ich geneigt, das ganze hier als Vorhalle zur Hölle zu bezeichnen. Wirklichen Frieden und traute Zweisamkeit konnten wir bisher nur am ersten Abend genießen, denn seitdem bin ich hier wohl so etwas wie eine Attraktion. wtf?! Aber gut, es kann natürlich nicht jede Mutter einen so jungen, intelligenten, gut aussehenden und erfolgreichen Sohn wie mich vorzeigen. Ich verstehe das also bis zu einem gewissen Grad. ;) Aber man sollte meinen, das würde sich legen. Doch davon ist bisher nichts zu spüren. Die versuchen mich hier mit Hackfleischbällchen und BBQ zu ermorden. Ob die eine Ahnung haben, was sie ihrem Organismus damit antun? Von den fettigen Steaks und Pommes will ich gar nicht anfangen, denn mir ist immer noch schlecht von der Mayo mit Kartoffel - in anderen Sphären auch als fehlgeschlagener Kartoffelsalat bekannt. Gastfreundschaft nimmt hier ganz neue Dimensionen an. Ich musste also nicht nur einmal an Elvis denken, sondern habe ihn sozusagen ständig in meinem Kopf. Und er singt und singt und singt und versucht damit das elendige Geschnatter auszublenden. Ich bin kurz davor, meine Mum einzupacken und mit nach NY zu zerren. Das hier ist vieles, aber keine Erholung. Allerdings habe ich auch ein paar witzige Dinge zu berichten. Zum Beispiel hat mich meine Mutter tatsächlich gefragt, ob ich eine Beziehung habe. Ich gestehe... ich musste eine Weile nachdenken was und vor allem wie ich jetzt wohl antworten sollte. Ich habe mich dann darauf beschränkt ihr zu erzählen, dass ich womöglich im Anfangsstadium von etwas stecke, das man wohl unter Umständen als Beziehung bezeichnen könnte. Doch wie Frauen nun einmal so sind, hat sie keine Ruhe gegeben. Demnach hat sie mich auch auf dem BBQ ihres gegenüberliegenden, zwei Häuser nach rechts befindlichen Nachbarn ebenfalls durchlöchert und ich habe die Party mit ein paar wenigen Worten gesprengt: "Mum, ich schlafe mit einem Kerl, der sich selbst als sexsüchtigen, egoistischen Bastard bezeichnet. Aber hey, er hat mir das erste Klasse Ticket bezahlt." Nun, während die Nachbarn sehr damit beschäftigt waren, nicht allzu offensichtlich in Ohnmacht zu fallen, hat sich für mich nur wieder bewiesen, dass ich tatsächlich der Sohn meiner Mutter sein muss, denn ihre Antwort war nicht minder unerwartet wie der Heiratsantrag der Siebzehnjährigen (!!) Kassiererin in der einzigen (!!!) Tankstelle hier. Sie verschränkt also ihre Arme, macht mich mit ihrem patentierten Eisblick ungefähr 3 Köpfe kleiner und wirft mir Folgendes an den Kopf: "Antonin Mikael, es ist mir vollkommen gleichgültig als was sich dieser Mann selbst bezeichnet, aber wenn du diese Worte noch einmal in meiner Gegenwart in den Mund nimmst, vor allem wenn du über deinen Partner sprichst, dann wasche ich dir den selbigen mit Kernseife aus!" Danach hat sie den Schneid zu lächeln und mir vor allen anderen die Wange zu tätscheln! "Ich hoffe ihr verhütet... man hört ja immer wieder von diesen Geschlechtskrankheiten in der Schwulenszene." Lass mich dazu nur sagen, man ist NIE zu alt, um sich ein Loch im Boden zu wünschen. Was gibt es sonst noch zu berichten? Ach ja, ich soll dir von Tayra ausrichten das sie ihre Drohung wahr machen wird, wenn sie dich das nächste Mal sieht, denn sie hat fast einen Herzinfarkt bekommen, als sie zu mir kam und ich offensichtlich die Sachen gepackt hatte und weg war. Keine Ahnung warum sie nicht mir, sondern dir die Schuld gibt oder was diese Drohung beinhaltet, aber ich habe meinen Soll hiermit erfüllt. Tja und was meine Erinnerungen betrifft so habe ich inzwischen auch hier wieder ein paar mehr, aber die betreffen hauptsächlich Russland und meine Ausbildung. (Scheiße ich bin wirklich so ein Guarddings... und ich glaube ich bin gut!) Es ist schon erstaunlich was der menschliche Körper und vor allem Geist alles aushält. Soviel kann ich inzwischen mit absoluter Sicherheit bestimmen. Ich habe danach auch mit meinem Doc telefoniert, der mich zu sich bittet sobald ich wieder zuhause bin. Scheinbar bin ich also noch in psychiatrischer Behandlung. Naja, wer weiß für was es gut ist. Ich habe mich zudem entschlossen bei Chem-Dyne zu kündigen und mir selbst ein Labor zu finanzieren. Mal sehen was die Bank zu diesem Vorhaben sagt. Das Wichtigste zum Schluss, was dann wohl wäre, dass du mir hier ziemlich fehlst. Ja, natürlich ist es schön sich ohne Gedanken von vorne bis hinten bemuttern zu lassen. Vor allem weil ich hier nicht so viele größere und kleinere Dinge hinterfrage(n muss), aber dennoch merke ich wie ich immer unruhiger werde. Das Leben hier ist einfach nicht das meine und ich werde nicht immer ruhiger sondern im Gegenteil immer aufgeregter. Was wohl auch damit zusammenhängen könnte, dass ich mit meiner Eagle geschossen habe. Leider kamen keine Erinnerungsstürme auf mich zu, aber getroffen habe ich wie ein Profi. ;) Sex per Email ist auch nicht das Wahre, daher habe ich mir das jetzt mal gespart und dich nur so mit allem zugetextet was mir gerade eingefallen ist. Ich bin sicher, dass wäre dir jetzt ohne meinen dezenten Hinweis gar nicht aufgefallen, aber es tut gut, dir diese Dinge mitzuteilen. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass du mir wohl auch zugehört hättest wenn ich dir das Ganze von Angesicht zu Angesicht erzählen würde. Und ich rufe nur deshalb nicht an, weil ich sonst mit Sicherheit schon bald im Zug nach Hause sitzen würde. Ich denke wirklich oft an Dich. Dein Putz & Sexsklave Antonin P.S. Denk daran, dass wir einkaufen gehen wollen, wenn ich zurück bin! P.P.S. UND PASS AUF DICH AUF! Antonin überflog die Email nicht mehr, sondern sendete sie so wie sie war. Denn so war sie zu 100% genau wie er sich momentan fühlte. Ein wenig verplant und verwirrt, aber immerhin ehrlich. Cole Die Tage waren stressig für Cole. Durch die Umstände, dass wohl einige Informationen durchgesickert sein könnten, die den Deal betrafen, hatte er einiges zu regeln, damit nichts schief laufen würde. Cole war bewusst, dass die Abwicklung der Ware letztlich ihn unter Beweis stellen sollte. Costello war ein typischer Boss, wie ihn jede beschissene Firma auch hatte: Er erwartete Unmögliches und wenn man dieses bewältigt hatte, türmte er immer mehr auf einen. Und so schien er auch Cole weiter und weiter fordern zu wollen. Ragnar vermutete, dass er seinen Nachfolger in Cole sah. Aber Cole wusste, dass er mindestens 5 Kinder von verschiedenen Frauen hatte, die teilweise auch genauso alt waren wie er. Er schickte sie auf Privatschulen, weit ab von der Realität seiner Arbeit, damit sie einmal, wie er immer sagte 'Ein besseres Leben hätten'. Cole hasste diese Tatsache. Wieso hatte er damals kein 'besseres Leben' haben dürfen? Sollten diese Kinder doch einmal sehen, was ihr Vater wirklich tat, sollten sie doch seinen Scheiß selbst weiter machen. Aber es brachte nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Es war wie es war, und es würde kommen, wie es kommen würde. Letztlich hatten doch jeder Menschen in gewisser Weise ein Schicksal, das man sicher selbst auch in die Hand nehmen konnte, Cole tat das mehr als gerne, aber gewisse Determinanten waren eben unumstößlich. Das hatte er schmerzlich erfahren müssen. Nun, und damit der Deal klappte, musste für jede Eventualität gesorgt werden. Am Sonntagabend um 21 Uhr würde das Schiff den Hafen erreichen. Da seine Mitarbeiter ja bisher nur teilweise Bescheid wussten, informierte er jeden von ihnen einzeln am Samstagnachmittag in seinem Büro darüber, was sie zu tun haben würden. Es waren diesmal alle dabei. Alle würden gebraucht werden. Er erklärte ihnen, dass die Aktion ab 20 Uhr hier im Lady-Dream laufen würde, dass sie dann am Hafen am Peer 16 eine Lieferung erwarteten. Ob es Waffen oder Drogen oder sonst etwas war, erklärte er nicht. Das musste niemanden interessieren. Und es fragte auch niemand. Jeder würde einen Arbeitsschritt unter seiner Kontrolle haben. Und jeder würde niemand anderem etwas darüber erzählen. Jeder sollte seine Arbeit machen, mehr nicht. Sei es die LKWs einweisen, was er JJ überließ, oder sei es ein einfacher Überwachungspunkt, die Gawain, Terence und in etwa 6 andere innehatten. Aufgabe der Überwachungspunkte war letztlich nur zu warnen, falls sich unberechtigte Personen oder die Polizei näherten, und dann selbst zu verschwinden. Cole und Ragnar hatten sie so positioniert, dass sie sich untereinander gegenseitig sahen und in Rufweite waren. Mit Walkie Talkie würden sie sich mit Ragnar verständigen können, denn zwischen den Containern würde ein Blickkontakt von den Bewachungsstandpunkten zu dem Verladeplatz nicht möglich sein. Der ganze Akt würde binnen einer viertel Stunde über die Bühne gehen - wenn alles glatt lief. Allerdings war die ungewisse Konstante, wie lange die Container vom Schiff bis zum Verladen bräuchten. Das war etwas, was schwierig war einzuschätzen, aber die Hafenarbeiter versicherten Cole, dass um spätestens 22.30 die Container bei ihrem Treffpunkt waren. Nun, damit würden sie leben müssen. Anders ging es nicht. Immer wieder überprüfte er die Route des Containers von seinem Stellplatz auf dem Schiff zum Verladeplatz. Die Ware war bereits unterwegs und so wusste er, wo auf dem Schiff sich das Heroin befand. Es lief bisher alles wie geplant. Als er schließlich alle informiert hatte, widmete er sich wieder seinem Laptop. Als er sah, dass Antonin ihm, wie er es angekündigt hatte, eine E-Mail geschrieben hatte, ließ er kurzzeitig alles stehen und liegen und nahm sich die Zeit, in Ruhe zu lesen. Ein Lächeln zierte seine Lippen und er las die E-Mail insgesamt dreimal, bevor das Handy klingelte und seine Seifenblase voller angenehmer, glücklicher Gefühle jäh platzte. Er ging ran, nickte. "Ist gut, ich komme gleich vorbei." Eine Antwort auf die Mail würde warten müssen. Er musste zum Hafen. Er kam erst weit nach Mitternacht dazu, zu antworten. Er war noch immer hellwach, obwohl er sich in den vergangenen Nächten so gut wie keinen Schlaf gegönnt hatte. Das Bevorstehende hielt ihn vom Schlafen ab und nicht selten lag er im Bett und ging noch einmal alles durch, um nichts zu übersehen. Und in diesen Minuten sehnte er sich nach Antonin, seine Arme, die ihm die nötige Entspannung gaben, trotz allem ruhig schlafen zu können. Er griff nicht selten zum Handy, doch unterließ es dann doch, eine SMS zu schicken, wissend, dass Antonin schon längst schlief. Außerdem wollte er nicht, dass jener sich Sorgen machte, auch wenn die Mail, bzw. das PS ihn wissen ließ, dass er sich dennoch um ihn sorgte. Hey Antonin, mein Mann in Schürze! Ich würde es nicht unbedingt als Vorhof zur Hölle sehen. Das Leben, das du beschreibst ist so nett und adrett und so gewöhnlich, wie es sich eben für eine Kleinstadt gehört. Ich sehe förmlich die fürsorglichen Nachbarn vor mir, die jeden Tag auf ihrem Rasen stehen und diesen mit der Nagelschere bearbeiten, damit er schön gleichmäßig ist, während sie genau beobachten, welcher Nachbar was gerade tut oder eben nicht tut. Sicher geben sie gerne Ratschläge, was man machen kann, damit die Geranie besser wächst. Und sicher hat auch jeder von ihnen die amerikanische Flagge im Vorgarten gehisst. Und sicher gibt es auch in der Straße einen Störenfried, über den am meisten gelästert wird. Sonst wäre das Leben ja nicht abwechslungsreich… Wie viele Gartenzwerge habt ihr in der Siedlung? Ich bin mir sicher, da wird es den ein oder anderen geben. Also wie ich finde, ist das nicht der Vorhof zur Hölle, ich denke es ist die Hölle selbst. ;) Kein Wunder also, dass du als Engel (so beschreibst du dich ja selbst ;) ) dort willkommen bist. Pass nur auf, dass sie dir nicht deinen strahlenden Glanz rauben und dir die Flügel stutzen, denn sonst haben sie ein Problem, nämlich mich… Und ich werde nicht zögern, ihr kleinstädtisches Glück zu zerstören und ihnen in ihren kleinbürgerlichen Arsch zu treten, falls sie dir entweder dumm kommen, oder dich assimilieren wollen ;) (Nicht, dass ich glaube, dass du das zulassen würdest…) Ich hoffe zumindest, dass du den Heiratsantrag nicht angenommen hast. Denn sonst sähe ich mich gezwungen, sofort zu euch zu fahren, und dich aus der Hölle zu retten. Deine Mutter ist übrigens klasse! Grüß sie lieb von mir und sag ihr, dass sie eine tolle Frau ist, die ihren Sohn durchaus noch bessere Manieren beibringen sollte. So über einen Partner zu sprechen… Tztztztztz. Wenn du solche Worte in den Mund nimmst, hätte sie dir eigentlich wirklich deinen Mund auswachsen sollen. (Ich konnte nicht anders als lachen, als ich das gelesen habe :D ) Sie ist wirklich toll! Und sag ihr auch, dass sie sich bezüglich der Verhütung keine Sorgen machen muss. Ich passe auf ihren Sohnemann schon auf. Ich hoffe, dass du und deine Mutter dennoch ein paar Minuten für euch alleine habt. Ansonsten würde ich euch raten einen Tagesausflug zu machen oder sonst irgendwie mal raus zu kommen, damit ihr nur euch zwei habt. Diese Zeit ist die wichtigste. Wichtiger, als alles andere, kostbarer, als alles, was man sich vorstellen kann. Das kannst du mir ruhig glauben! Gut, dass du deine Erinnerungen langsam wieder bekommst. Und du warst ein hervorragender Guard, der beste Schutzengel, den man sich wünschen kann. *schleim* Ich habe übrigens eine Idee, wie wir mal austesten können, was du so noch drauf hast. Aber das verrate ich dir erst, wenn du wieder da bist. :P Du bist jemand, der unglaublich viel aushält. So stark, wie du dich mir in den letzten Wochen präsentiert hast, so stark ist nicht jeder! Und dein Doc wird dir sicher wieder ein Stückchen weiterhelfen. Ich denke es ist gut, wenn du wieder hingehst. Bei deinem Chemielabor unterstütze ich dich gerne, wenn du etwas brauchst. Du musst es nur sagen. Ich denke, das ist eine gute Sache, denn damit erfüllst du dir den größten Traum, den du hattest/hast. Nun und was das Wichtigste betrifft: 1. Hast du mich nicht zugetextet, denn ich habe mich über deine Mail sehr gefreut und genossen, sie zu lesen ;) 2. Natürlich hätte ich dir zugehört, wenn du bei mir bist. Und ich werde es auch tun, wenn du wieder hier bist. Auch wenn ich hoffe, dass ich bald auch wieder deine Stimme hören kann, ohne dass du dich gleich in den Zug setzt. (Was mich natürlich ehrt, aber genieße die Zeit mit deiner Mutter!) 3. Genieße das bemuttern und pass genau auf, wie sie es tut, denn wenn du wieder hier bist, musst du mir das Gleiche zuteilwerden lassen. Ich habe ja sonst niemanden, der das tut, und sterbe gerade vor Neid ;) 4. Übernimm dich nicht auf der Suche nach deinen Erinnerungen. Ich möchte nicht, dass du dir zu viel zumutest. 5. Sex per Mail ist wirklich nicht so ganz das Wahre… Du weißt doch, dass ich lieber etwas zum anfassen habe ;) Aber wir holen das nach, versprochen ;) Zum Schluss noch eine Rüge! Denk nicht zu viel an mich, konzentrier dich lieber auf dich. Das ist wichtiger. Auch wenn ich mich freue, dass ich nicht der einzige bin, der sich hin und wieder dazu hinreißen lässt, an jemand anderen zu denken… Fühl dich umarmt! Cole Ps: Sag Tayra bitte, dass es nicht meine Schuld ist, sondern eine Notwendigkeit. Ich habe keine Lust ihre Absätze in meinem Arsch wiederzufinden… PPS: Ich passe immer auf mich auf. Auch wenn mir mein Schutzengel fehlt, so bin ich wirklich vorsichtig. Keine Sorge! Aber denk morgen Abend ein wenig an mich. Dann wird es ein wenig nervenaufreibender. Und danach wird aber wieder alles ein wenig ruhiger. Dann würde ich mich freuen, wenn wir telefonieren könnten… Cole las noch einmal die Mail durch, zögerte, ob er Antonin nicht direkter sagen sollte, dass er sich nach ihm sehnte. Aber er ließ es. Er konnte das nicht. Und letztlich hatte er ihm ja mitgeteilt, dass er an ihn dachte. Das sollte reichen. Und so schickte er die Mail los. Er hatte morgen einen anstrengenden Tag und musste jetzt schlafen. Auch wenn es noch einige Zeit dauerte, bis er es wirklich konnte. Gawain Dafür dass vierzehn Personen hier in dem Raum saßen, war es erstaunlich ruhig. Das einzige Geräusch war das Summen des Beamers, der nacheinander Bilder auf die Leinwand projizierte und die anwesenden Männer sowie die beiden Frauen mit Fotos versorgte. Gawain war einer der wenigen, der sich momentan noch nichts aufschreiben musste, schließlich waren diese Informationen dort ja auch die seinigen. Er fand es momentan interessanter die Anwesenden zu mustern und sich zufrieden zu zeigen. Bis auf zwei die gemeinsam in Bosten am Werke gewesen waren, hatte sich niemand über die Kurzfristigkeit der Aktion beschwert. Doch auch für diese beiden war ein glaubhafter Grund ausgetüftelt worden und sie würden nach der Aktion wieder in ihr Undercoverleben eintauchen können. Was bedeutete, dass sie momentan alles hier versammelt hatten, was sie brauchen würden. Menschen wie Gawain selbst. Polizisten, die sich oftmals auf sehr schmalem Grad zwischen Recht und Unrecht bewegten und über viele Delikte hinwegsehen mussten, um weiter bis zum Kern vordringen zu können. Schließlich war die Diashow abgelaufen und Captain Horlocker erhob sich, räusperte sich kurz und rief eine andere Präsentation auf bevor er sich nach vorne an das Pult begab. Er betätigte einen Knopf und ein Gesicht erschien hinter ihm. "Cole Tinsley ist der örtlichen Polizei durchaus bekannt, doch wie so häufig verliefen bisher alle Versuche ihn festzunageln im Sand. Wir halten ihn für einen der Hauptdrahtzieher in den ganzen größeren Deals, die von den Iren in letzter Zeit vorgenommen wurden. Wir besitzen momentan einen Augenzeugen aus unserer Einheit für einen Mord, doch dafür alleine wird er ebenfalls nicht lange festgehalten werden können." Er hob einen strafenden Finger. "Egal was wir während unseres Zugriffes auch tun, es bleibt innerhalb eurer Grenzen! Sonst können wir das Ganze gleich wieder wegen zerstörter Indizien und Verlaufsfehler einstellen lassen." Er drückte den Knopf ein weiteres Mal und diesmal war ein unscharfes Bild von Costello und Wayne zu sehen. Gawain hatte es unter Aufbringung sämtlicher Finesse bei der Feier mit dem Handy gemacht. "Von diesen beiden Männern ist nicht unbedingt auszugehen, dass sie sich ebenfalls am Hafen befinden werden, doch falls doch bekommen sie Priorität. Der linke Mann ist uns als Costello bekannt, dessen rechte Hand Tinsley ist. Der rechts sitzende gehört wohl zu der Organisation aus Chicago und der einzige Name, der uns bisher zu ihm bekannt ist, ist Wayne. Wenn Hunters Eindrücke stimmen hat jener keinen besonders guten Griff um seine Leute und wir müssen deshalb mit vermehrter Gefahr für Kamikazeaktionen ausgehen. Haltet die Augen immer offen!" Ein weiteres Bild erschien auf der Leinwand. Diesmal war es Ragnar, wie jener gerade mit dem Handy telefonierte. "Ragnar. Die rechte Hand der rechten Hand, um es einmal so zu nennen. Im Grunde ist er wohl für alles zuständig und gleichzeitig für nichts." Captain Horlocker betätigte eine andere Taste und diesmal sah man alle drei Bilder in verkleinerter Form nebeneinander auf der Leinwand. "Diese vier Personen sind die Hauptziele, meine Damen und Herren. Die anderen, die ich ebenfalls noch vorstellen werde sind Gefahrenquellen, aber leicht zu ersetzen. Tinsley und Costello sind das Gewürm, das wir aus dem gesunden Fleisch dieser Stadt entfernen müssen, und das wir mit etwas Glück morgen Abend auch endlich erledigen können. Die Polizei hat ihre Mitarbeit zugesichert und hält ebenfalls zwei Teams auf Abruf. Diese können wir anfordern, sobald wir uns sicher sein können, welche Ware dort aus Kolumbien bei uns eintuckert." Ein weiterer Knopfdruck und das nächste Bild war zu sehen. Ein Mann, der neben einer Frau stand und offensichtlich gerade mit jemandem sprach. "Antonin Marakow. Wir sind uns nicht sicher inwieweit er mit der Organisation zusammenarbeitet, aber er ist als eine Art Bodyguard für Tinsley genannt worden. Laut eigener Aussage hat er den kriminellen Blair Hunter zu Tode gefoltert, da dieser mitunter für die Vergewaltigung und Enteignung seiner Mutter verantwortlich war. Das ganze spielte sich in Atlanta ab und das sind polizeiliche Bilder der Leiche." Der nächste Knopfdruck und tatsächlich konnte man von einer der Frauen ein würgendes Geräusch hören. "Er wurde eine Weile nicht mehr gesehen, was jedoch nicht bedeutet, dass die Gefahr durch ihn verringert wurde. Abermals kann ich nur empfehlen euch zu jeder Zeit an den Plan zu halten und euer eigenes Leben und das eueres Partners auf die höchste Priorität zu stellen." Horlocker erzählte auch noch zu den restlichen Personen, was er oder die Akten von jenen wusste und schließlich zeigte sich ein Plan vom Hafen, speziell Peer 16. "Wir haben die Schiffe inzwischen auf zwei eingegrenzt, uns jedoch dafür entschlossen kein Augenmerk auf die Schiffe, sondern auf die reine Übergabe zu verwenden. Wir brauchen die Beweise, dass diese Organisation auch wirklich mit der Lieferung zu tun hat und nicht nur 'zufällig' dort herumstand. Hunter erzählte uns ja vorher, dass sie gegen 20 Uhr heute Abend am Lady Dream erwartet werden und dass es von dort aus weiter zum Hafen geht. Hunter wurde bei der ganzen Geschichte ein Posten zugeteilt, der es uns möglich machen sollte, ihn so gut zu schützen wie wir nur können." Horlocker deutete mit einem Stab auf einen der Punkte. "Leider fehlen uns die Informationen zu den anderen Personen, doch unsere taktische Leitstelle gab uns weitere Anhaltspunkte." Mit dem nächsten Knopfdruck erschienen schwarze Punkte auf der Karte. "Das sind die möglichen Stellen und Punkte, wo Tinsley seine Männer positionieren könnte. Und wie Sie sehen, bleiben uns damit nicht mehr sehr viele Spielräume. Weshalb das eine Team sich im Gegenüberliegenden Peer 27 positionieren wird." Ein weiterer Knopfdruck. "Und zwar hier, hier, hier und hier. Lorenz und Mills sind hier und hier auf dem Dach. Je nachdem wie gut eure Sicht ist, seid ihr für diese Aktion die Rückendeckung." Ein weiterer Knopfdruck zeigte wieder Peer 16. "Hunter wird sich hier befinden, weshalb wir zwei weitere Leute - Narsch und Catell - in dessen Rücken positionieren. Wir haben gestern Nacht einen Container dort aufstellen lassen. Das ist eure Spielwiese." Damit beendete er die Präsentation und der Beamer verstummte. Ruhig musterte Horlocker seine Leute und legte dann den Zeigestab wieder weg. "Unsere Kommunikation wird sich auf Niedrigfrequenz Morsezeichen beschränken. Die jeweiligen Ohrstöpsel bekommen Sie später noch. Machen sie die Klopfzeichen mit ihrem jeweiligen Partner aus. Der einzige der darüber wirklich sprechen wird, bin ich. Fragen?", er sah eine Weile in die Runde und nickte dann zufrieden. "Dann macht euch bereit. Die Aktion läuft!" Gawain atmete tief durch bevor er sich erhob und den Raum verließ. Er wäre derjenige, der am wenigsten Schutz hatte und der die anderen warnen müsste, wenn sich etwas ändern würde. Und jetzt blieb erstmal zu hoffen, dass ihre Leute sich unbemerkt an ihre vorgesehenen Plätze begeben konnten. Kapitel 69: Kaffee - und was dazu gehört ---------------------------------------- Cole Cole schlief nicht lange, genoss dafür beim Frühstücken den Sommer auf seiner Dachterrasse und verbrachte den Vormittag damit, seine Wohnung aufzuräumen, was ihn sogar seine Wäsche waschen ließ. Er hasste Hausarbeit und die meisten Kleidungsstücke gab er ohnehin lieber in die Reinigung, aber dennoch blieb genug übrig, dass er immer wieder selbst waschen musste. Und jedesmal, wenn er putzte verfluchte er sich dafür, dass er ein Loft mit dieser Größe geleistet hatte. Schließlich war es Zeit, seiner Arbeit nachzugehen. Er legte sich seinen Schutz an, den Antonin ihm gegeben hatte. Darüber zog er sich relativ normal an, schwarze Hose, ein Schwarzes Achselshirt und seine Lederjacke. Er würde heute nur mit seinen eigenen Leuten zu tun haben. Kein Grund also sich in förmliche Schale zu werfen. Gegen 15 Uhr kam er ins Lady-Dream. Er war vorher in seiner anderen Wohnung gewesen. Sie lag in einem Haus, zu dem man von seiner Tiefgarage auch gelangen konnte. Während er seine eigene Wohnung nur mit Zahlencode betreten konnte, waren die Wohnungsschlüssel in seiner Hosentasche nur die dieser zweiten Wohnung. Dort hatte er den täglichen Routinebesuch gemacht, die Blumen gegossen und war dann wieder gegangen. Hin und wieder musste er sich hier aufhalten, damit nicht auffiel, dass es nicht wirklich seine eigene Wohnung war. Hin und wieder brachte er auch einen mit, wenn dieser vorgab nicht nach Hause zu können. Aber er schlief nie hier. Er schlief nie außerhalb seiner oder Antonins Wohnung. Im Lady-Dream war es ruhig. Noch war niemand da, bis auf den Barkeeper und Ragnar, der seltsamerweise irgendwie immer vor ihm da war. "Sag mal schläfst du auch genug?", fragte ihn Cole und Ragnar lachte nur leise als Antwort. Seine Augen ruhten auf seinem Freund, der irgendetwas auszurechnen schien. "Hast du Lust die nächsten Tage irgendwas zu unternehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir mal wieder zur Möweninsel fahren könnten." Ragnar sah überrascht auf, doch dann lächelte er. "Das klingt gut", bestätigte er und nickte wissend. Die Möweninsel war ein Ort, den sie als Jugendliche hin und wieder besucht hatten. Ob die kleine Insel wirklich so hieß, wussten sie nicht, aber sie hatten sie so getauft. Dort waren sie hingegangen, wenn ihnen einmal alles zu viel geworden war, wenn sie eine Verschnaufpause brauchten. Dort hatten sie häufig über alles geredet, was ihnen wichtig war. Und vielleicht würde Cole dort erfahren, was Ragnar in Europa erlebt hatte. Cole blickte auf sein Handy, wartete auf eine SMS. "Wir müssen dann noch alles dicht machen", sprach er während er auf das Handy sah. Ragnar nickte. "Ich werde mich drum kümmern." Wie immer, wenn etwas Gefährlicheres, etwas Größeres anstand, sorgten sie dafür, dass nirgendwo andere Indizien zurückblieben. Denn wenn etwas schief gehen würde, dann sollten die Polizisten nicht die Möglichkeit haben, hier mehr Informationen zu sammeln. Und dass bei einem Eingriff durch die Polizei das Lady-Dream und auch die Wohnung durchsucht werden würden, war klar. Cole konnte man in dieser Hinsicht schon fast als Sicherheitsfanatiker sehen. Aber er wusste nun mal, was auf dem Spiel stand. Und er wollte nicht sein Leben lang in den Knast. Dafür fand er sich noch nicht alt genug. Vielleicht, wenn er über dreißig war.. Das Piepsen des Handys holte ihn aus den Gedanken zurück. Zufrieden lächelte er und löschte sie sofort wieder. Wie besprochen trudelten seine Leute so ein, dass um 20 Uhr alle da waren. Man traf sich im Büro. Cole musste ihnen nichts mehr erklären. Es war alles besprochen. Cole hatte alle angewiesen, die Handys auszuschalten. Am Hafen wäre es zu einfach, Nachrichten oder Telefonate aufzuzeichnen. Auch den Kanal des Walkie Talkies würden sie ständig wechseln müssen, mit einer bekannten Reihenfolge der Frequenzen. Es war letztlich alles geplant, durchdacht. Eigentlich würde nichts schief gehen können. Gar nichts. Sie erhielten alle ihre Ausrüstungsgegenstände, falls nötig. Dann wies Cole sie noch einmal darauf hin, dass im Falle eines Polizeieinsatzes nicht geschossen werden dürfe. "Keine Schusswechsel, keine unnötige Gewalt. Ihr wisst, wie ihr euch zurückziehen sollt und könnt." Tatsächlich hatte er allen nicht nur ihre Position, sondern auch ihren Fluchtweg gezeigt. Und niemand wusste, um was es in dieser Nacht ging, keiner kannte die Ware. So waren sie sicher, egal was geschehen würde. Es gab also keinen Grund zu riskieren, dass jemand erschossen wird. Und so stiegen sie schließlich in die Autos und fuhren los. JJ und Simon in einem Auto, das sie weiter vom Peer weg abstellten. Sie würden den weitesten Weg zu Fuß zurücklegen müssen, aber das lag daran, dass sie sich als erstes zurückziehen würden. Die meisten kamen in zwei Vans, und kaum waren sie ausgestiegen begaben sie sich auf ihre Positionen, die die Überwachungsleute beziehen mussten. Am eigentlichen Containerplatz waren nur Ragnar, JJ und Cole zusammen mit Simon, der später zu ihnen stieß. Nun hieß es warten. Cole zündete sich eine Zigarette an. Um 21 Uhr 15 erreichten die LKWs den Treffpunkt. JJ kam seiner Aufgabe nach. Und wieder wurde gewartet. Bald würden die Container kommen. Bald... Er hörte immer wieder Ragnar Kontakt zu den anderen aufnehmen, sich immer wieder bestätigen lassend, dass alles in Ordnung war. Cole sah auf die Uhr. 22 Uhr. Nun würde nichts mehr schief gehen. Jetzt nicht mehr. Und so entspannte er sich, schloss einen Moment die Augen. Und als sei das das Signal gewesen, kamen die Kräne plötzlich in Bewegung und drei rote Container fuhren auf sie zu. Er nickte Simon zu, der JJ mitnahm. Sie wurden nicht mehr gebraucht. Sie konnten nach Hause fahren. Zumal JJ seit kurzem eine kleine Tochter hatte und seine Frau ihm die Hölle heiß machte, wenn er zu spät nach Hause kam. Es dauerte noch 20 Minuten, bis die Container auf den LKWs standen. Cole ging schließlich zu einem der Container hin, öffnete eine Luke und holte zwei Koffer heraus. Einen reichte er Ragnar, der ihn in sein Auto legte. Dann ging Cole zu seinem eigenen Wagen und legte den Koffer rein. Ragnar hob das Funkgerät. "Ihr könnt abhauen", verkündete er. Gawain Gawain lehnte neben JJ an der Wand in Coles Büro und nahm das Walkie Talkie ruhig entgegen. Letzte Anweisungen wurden gegeben und dann waren sie auch schon unterwegs. Und ab diesem Moment wurde Kaugummi die einzige Möglichkeit ihn vor nervösen Gesten abzuhalten. Etwas, das nicht auffallen konnte, da er sowieso den Großteil seiner Zeit mit einem Kaugummi im Mund herum lief. Sie kamen am Hafen an und er begab sich auf seine Position. Von wo aus er im Sichtkontakt zu den anderen stand, soweit das durch die Winkelungen des Hafens überhaupt möglich war. Dem Container hinter sich warf er nur einen flüchtigen Blick zu, war aber dankbar für das Gefühl der Sicherheit, das jener ihm gab. Ja, wenn alles glatt lief würde er sich ebenfalls abführen lassen müssen, aber grundsätzlich wusste er bei seiner Einheit wenigstens woran er war. Und wenn alles schlecht lief, müsste er sich überlegen wie es weitergehen sollte. Sehr schnell überlegen. Aber diesmal ging er vom besten Fall aus, denn es gab eigentlich nichts, das sie nicht bedacht hatten. Captain Horlocker war nicht umsonst der Leiter ihrer neuen Einheit, denn dieser Mann war eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Bekannt wurde er durch einen spektakulären Fall in Washington als er einen Menschenhändlerring hochgehen ließ. Man könnte diesen Mann als eine Art Vorbild für ihn bezeichnen. Sein Talkie ging an und er bestätigte Ragnar das auf seiner Position alles in Ordnung war bevor er sich ein weiteres Mal umsah und dem nächsten Kerl ein Daumen hoch Zeichen gab. Welches jener erwiderte und Gawain damit klarmachte, dass seine Leute tatsächlich noch nicht entdeckt worden waren. Als er schließlich das Geräusch von den Kränen hörte, musste er trocken schlucken. Gleich würde der Zugriff erfolgen, denn sie würden genau solange warten, bis die Übergabe komplett war und sich die Ware komplett in der Hand der irischen Organisation befinden würde. Inzwischen konnte er sich das schnellere Kauen auch nicht mehr verkneifen. Aber wen wunderte es? Das hier war sein erster Undercovereinsatz, der mit einem groß geplanten Zugriff enden würde, und es lag nur in seinem eigenen Interesse, dass gut und vor allem lebend hinter sich zu bringen. Als sich das Talkie ein weiteres Mal meldete, trommelte er mit den Fingern an einen nahen Container, ganz so als ob er eine Melodie nachspielen wollte und danach ging alles ganz schnell. Von einem der bisher unbenutzten Kräne schaltete sich der Scheinwerfer ein und während die Jungs von Peer 27 verhinderten, dass über diesen Weg jemand abhaute, übernahmen ihre beiden Scharfschützen so gut als möglich die Reifen der jeweiligen Fahrzeuge. Im Nachhinein sollte Gawain erfahren, dass Coles Fahrzeug zu jenen gehörte, auf das sie gute Sicht gehabt hatten. Im Hintergrund hörte er die Lautsprecher. "Hier spricht die Polizei! Verhalten Sie sich ruhig und legen die Hände hinter den Kopf! ... ", weiter konnte er nicht mehr zuhören, denn aus dem Container hinter ihm sprangen zwei Leute seiner Einheit. Ganz in schwarz mit Schutzwesten und der Polizeiaufschrift. Zudem ihr Logo mit dem verschnörkelten USF, was für Undercover Special Forces stand. Etwas, das auch nur intern bekannt war. Offiziell stand es für United Special Forces. Ganz automatisch ging der Griff zu seinen Waffen, doch als er auch schon angebrüllt wurde, diese fallen zu lassen, tat er genau das. Wenn auch offensichtlich widerwillig. Weitere Leute seiner Einheit waren scheinbar aus anderen der hier gelagerten Container gesprungen und hielten so viele Leute auf, wie möglich. Hin und wieder wurden Warnschüsse in die Luft abgegeben und Befehle gebrüllt. Während er zu Boden gedrückt und nach weiteren Waffen durchsucht wurde, war Captain Horlocker ebenfalls von Peer 27 herüber gekommen und zum LKW Platz gegangen. Jene hatten noch versucht anzufahren, doch waren nicht weit gekommen, da der eine Kran, den sie für sich beschlagnahmt hatten, ihnen den Weg mit einem anderen Container versperrt hatte. Horlocker Die Zigarette aus den Mund nehmend, spuckte er auf den Boden bevor er sich umsah: "Ich will das hier niemand zu fest angefasst wird! Zerstört mir keine Beweismittel und keiner rührt auch nur irgendetwas an bevor ich nicht deutlichen Befehl dazu gegeben habe! Lest den Kerlen ihre Rechte lieber zweimal vor als einmal zu wenig. Schaut dass ihr immer euren Partner bei euch habt, denn ihr werdet Zeugen brauchen! Lasst sie nicht miteinander sprechen und durchsucht sie auf Waffen, als ob euer Leben davon abhängen würde... denn das tut es auch!", brüllte er und sah mit Zufriedenheit, dass seine Einheit genau so arbeitete wie er es erwartet hatte. Auch wenn es ihn ein wenig schockierte, dass es zu keinem wirklichen Schusswechsel gekommen war. Die Warnschüsse, die sie abgaben, um etwaige Flüchtende aufzuhalten, waren die einzigen Schüsse gewesen. Er warf einem der LKW's einen Blick zu und bemerkte den vorderen plattgeschossenen Reifen. Scharfschützen waren immer wieder eine Freude. Er griff zu seinem Unterfrequenzgerät und aktivierte es: "Catell! Wie sieht es aus? Ist jemand geflüchtet?" Er bekam kurze Klopfzeichen zurück und runzelte die Stirn. Was hieß hier sie wussten es nicht?! Aber das war erstmal egal, denn langsam aber sicher bekamen sie die Situation hier unter Kontrolle. "Sir, in dem einen Fahrzeug wurde ein Koffer gefunden", sprach ihn einer seiner Leute an und Horlocker warf dem entsprechenden Auto einen prüfenden Blick zu. "Ist das Tinsleys Auto?", er wartete gerade noch bis zum Nicken des Mannes und hielt dann darauf zu, dem gerade abgeführten und vermutlich zum zweiten Mal dessen Rechte vorgelesenen Mannes, der ihm entgegen kam ebenfalls einen abschätzenden Blick zuwerfend. Tinsley war ein Eisklotz, soviel war ihm klar. Umso deutlicher wurde, dass sie sich hier keine Fehler leisten durften. "Ruft unsere Kollegen. Die sollen zwei Polizeibusse schicken, um die Jungs hier abzuführen. Behaltet eure Umgebung gut im Auge!", er deutete auf den nächst besten. "Du da! Geh und hol mir den Koffer aus dem Auto und zieh um Gottes Willen Handschuhe an." Danach wandte er sich vom Auto ab und hielt doch auf einen der Container zu. "So, wer von euch möchte jetzt mal nachsehen und mir sagen, was uns eigentlich ins Netz gegangen ist?", fragte er und eine der beiden Frauen trat vor. Er nickte ihr zu und beobachtete gespannt, wie sie auf die Luke zuhielt, während er dem Kerl mit dem Koffer eine abwartende Handbewegung zukommen ließ. Gawain Gawain fand sich, zusammen mit drei anderen am Boden im Schneidersitz wieder. Nicht zu vergessen die Handschellen, für die er mehr als bösartige Blicke auf seine Kollegen warf und seinen Kaugummi schließlich genervt ausspuckte. Die beiden neben ihm waren blass, wirkten aber nicht in ihren Grundfesten erschüttert. Hierfür müsste man Cole wohl Respekt zollen, denn wenn jener irgendetwas gut hingebracht hatte, dann war es seine Leute einzuweisen. Ohne den Typen aus Chicago hätte Gawain wohl sehr, sehr lange im Undercovereinsatz bleiben müssen. "…Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was sie sagen kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.." Hin und wieder blitzen Kameras auf, die das Ganze noch in Bildern festhalten sollte, für den Fall der Fälle, dass sie sich mit Falschaussagen herumschlagen müssten. Im Grunde lief alles astrein und genau das machte Gawain nervös. Cole Cole blickte auf die Uhr und lächelte zufrieden. Dann gab er den LKW-Fahrern ein Zeichen, dass sie losfahren konnten. Es hatte alles geklappt. Die Ware war dort, wo sie sein sollte, der Rest war Formsache. Er spürte, wie sich die Anspannung langsam zu lösen begann und er musste an Antonin denken. Ob jener ihm schon eine E-Mail geschickt hatte? Anrufen konnte er ja nicht, denn Cole hatte sein Handy an einem sicheren Ort zurückgelassen. Das, das er dabei hatte, war ein 'Einweg-Handy', eines, das er kurzfristig gekauft hatte und das er weiterverkaufen würde, sobald er Zeit dafür hatte. Etwas, was er bei so großen Operationen immer tat. Als die Scheinwerfer angingen, schlenderte Cole gerade zu seinem Wagen. Er verharrte in der Bewegung, als er die Worte vernahm und sein Blick glitt zu Ragnar, der noch auf ihn hatte warten wollen. Ragnar lächelte, und so konnte er auch nicht anders als zu lächeln. Sie rührten sich nicht, sondern hoben gelassen ihre Hände, verschränkten diese hinter dem Kopf, wie es ihnen gesagt wurde, blickten den sehr nervös wirkenden Männern entgegen, die mit erhobenen Waffen auf sie zu kamen, als hätten sie Angst, der Leibhaftige würde ihnen gleich gegenübertreten, um ihnen ihre Seele aus dem Leib zu reißen. Er spürte, wie er den Lauf der Waffe auf den Rücken gehalten bekam, ließ sich gegen sein eigenes Auto drücken, folgte ohne Widerworte den Anweisungen des Beamten und ließ sich von dessen Kollegen widerstandslos durchsuchen, sich entwaffnen. "Das grenzt ja schon an sexuelle Belästigung", stellte er amüsiert fest, als er die Hand des Mannes an seinem Hintern spürte und an seinem Schritt. Noch immer zierte ein Lächeln seine Lippen. Der Mann zischte ihm ein. "Pass auf, dass ich dir nicht in den Arsch trete, Tinsley." ins Ohr. Cole schüttelte seufzend den Kopf, ließ sich die Handschellen anlegen und lauschte den Worten, die heruntergeleiert wurden, verbesserte den nervösen, jüngeren Polizisten an einer Stelle provokant, und ließ sich dann umdrehen, blickte dem Beamten mit seinen kühlen Augen direkt ins Gesicht. Noch immer war das Lächeln auf seinen Lippen nicht verschwunden. Seine Augen verließen das Gesicht des Polizisten und wanderten über das Szenario. Ragnar stand an dessen Auto, aus dem soeben auch ein Koffer gezogen wurde, genuso wie aus seinem Wagen. Der vorderste LKW stand etwa seltsam da, was ihm die Vermutung einbrachte, dass ein Reifen durchschossen worden war. Die Schüsse, die er vereinzelt gehört hatte, zeugten davon, dass sich seine Leute an die Abmachung gehalten hatten. Er konnte mehr als zufrieden sein. Es hatte alles geklappt. Und Cole stellte an dieser Stelle fest, dass er zu gerne bei diesem Deal die Polizei dabei haben hatte wollen. Sonst wäre die ganze Mühe, der ganze Stress ja umsonst gewesen. Es freute ihn schier ein wenig, dass irgendwer den Bullen gesteckt hatte, was passieren würde. Und dass die Polizei wirklich informiert war, das war nicht zu übersehen. Das hier war kein Routineeinsatz. Das war etwas Professionelles. Und nun würde es für ihn daran gehen, zu untersuchen, wer der Auslöser war, wer das verbockt hatte. Entweder Waynes Leute, oder jemand innerhalb seiner Leute, und da kam für ihn nur eine einzige Person in Frage. Und diese Person wurde gerade herangeführt, mit ein paar anderen hingesetzt. Cole beobachtete gelassen, wie einige seiner Leute hergebracht wurden. Nun, diese würden keine Probleme bekommen. Sie wussten schließlich nichts. Sie arbeiteten ganz offiziell für das Lady-Dream und wenn ihr geliebter Chef sie bat ihm zu helfen, waren sie die letzten, die der Bitte nicht nachkamen. Und um was es hier gegangen war, wussten sie einfach nicht. Sie waren nur missbraucht worden. Keine Ahnung, kein Widerstand gegen die Staatsgewalt, kein Verbrechen. Zufrieden stellte er fest, dass JJ und Simon nicht dabei waren. Dann war alles in Ordnung. Dann würde auch er selbst davon kommen. Und diese Tatsache ließ sein Lächeln auf seinen Lippen noch weiter bestehen. Als erneut jemand auf ihn zutrat und ihm seine Rechte rezitierte, rollte er genervt mit seinen Augen und sprach synchron mit. Wie oft musste er das denn heute noch hören? Doch schließlich kam der, der vorhin schon so resolut seine Leute kommandiert hatte auf ihn zu. Cole blickte ihn ruhig an, gelassen und kühl, auch wenn das Lächeln noch immer nicht weg war. Der Polizist musterte sein Auto. "Netter Wagen, nicht war? Können Sie sich sicher von ihrem Gehalt nicht leisten", stellte er fest, als er den musternden Blick des Einsatzleiters sah. Doch dieser reagierte nicht auf ihn. War ja auch nicht anders zu erwarten. Cole spielte seine Rolle, erfüllte das Klischee, das man bei der Polizei wohl von ihm hatte. Und jener spielte die seine. Cole beobachtete, wie sein Koffer aus dem Kofferraum genommen wurde, beobachtete, wie sein Wagen sorgfältig behandelt wurde. Zum Glück war er noch nicht ins Auto gestiegen und wollte losfahren, denn sonst hätte er sicher jetzt ein Loch in seinem Reifen. Als der Kommissar befahl nachzusehen, was ihnen ins Netz gegangen war streckte sich Cole leicht. Jetzt endlich würde es die Erklärung für sein Lächeln geben. Jetzt endlich würde er das Gesicht sehen, worauf er sich schon die ganze Zeit freute. Denn in den Koffern waren nur typisch südamerikanische Kaffeemaschinen drin. Ein kleiner Gag in dieser Show der Illusionen. Cole war schon immer von Zauberern fasziniert gewesen. Während man als Zuschauer optisch abgelenkt wurde, bekam man gar nicht mit, was eigentlich geschah, zudem man ohnehin nur sehen konnte, was man sehen wollte. Und genauso war auch dieser Deal aufgebaut worden. Doch er würde nichts dazu sagen, keinen Tipp geben, keine Information, die diesen Kommissar vor Augen halten würde, was für ein Stümper er war, vielleicht später oder morgen. Aber jetzt noch nicht. Jetzt würde er liebend gerne zusehen, wie die Polizisten dümmlich vor zwei Kaffeemaschinen standen und noch dümmlicher vor zwei Containern voll von Kaffee. Er selbst würde nichts dazu sagen. Gar nichts. Die Polizisten würden mindestens 5 Stunden brauchen, bis sie die Ladung in den Containern wirklich komplett durchsucht hatten. Und mindestens so lange würde er noch warten. Das einzige, was ihn an der Geschichte störte waren die 24 Stunden, die er mindestens nun darauf warten musste, wieder frei zu kommen. Was wenn Antonin anrief und sich sorgte? Nun, vielleicht würde er später Gelegenheit haben, sich zu melden. --------------- Zeitgleich stellte Simon den Wagen bei Costello auf den Hof, übergab diesem die Schlüssel. Das war die Aufgabe des Abends für ihn gewesen. Mehr nicht. Müde fuhr er mit dem Taxi nach Hause. Cole hatte ihm gesagt, dass das die wichtigste Aufgabe war, und er hatte nicht nachgefragt. Je weniger er wusste, desto sicherer lebte es sich. Nun, der Job war erledigt. Horlocker "Sir, hier ist Kaffee", meldete die Polizistin und Horlocker verdrehte die Augen. "Durchsuchen. Und du da, mach den Koffer auf." Er sah dabei zu, wie eine Kaffeemaschine ans Tageslicht kam und nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie achtlos wegschnippste. Auch der zweite Koffer, welcher im Wagen von diesem Ragnar sichergestellt wurde, enthielt nur eine Kaffeemaschine. Zu diesem Zeitpunkt entschied der Captain für sich, dass es Zeit für die nächste Zigarette war. Gawain Gawain währenddessen sah zu Boden als er zum zweiten Mal seine Rechte erklärt bekam und versuchte sein Gefühlschaos unter Kontrolle zu bekommen. Kaffeemaschinen?! Was zum Henker? Doch selbst als die beiden Polizeibusse ankamen und auch einige Drogenhunde mit am Einsatzort erschienen, ließ man sie noch nicht einsteigen. Er hörte wie Horlocker mit einem der New Yorker Polizisten ein kurzes Streitgespräch führte und sie sich darauf einigten, abzuwarten, was bei der Durchsuchung herauskommen würde. Doch Gawain begann zu diesem Zeitpunkt bereits zu ahnen, dass er einem Anfängerfehler unterlaufen war. Er hatte die erste sich bietende Option genutzt und mit jeder Stunde, die verstrich, wurde er sich der Schlinge um seinen Hals bewusster. Im Grunde führten innerhalb der irischen Organisation alle Wege zu ihm und er war sich sicher, dass dieser Mikael möglicherweise zugeben würde, darüber gesprochen zu haben. Und vor allen Dingen mit wem. Scheiße! Horlocker Horlocker nahm die immer unruhiger werdende Aura seiner Leute nur zu deutlich wahr. Während er sich selbst nicht um die Festgenommenen kümmerte, sondern seinen Blick stur auf die LKWs gerichtet ließ, vernahm er doch das leise raunen und die Ungläubigkeit. Und er konnte das gut nachvollziehen. Horlocker war angepisst genug, um einen Besen samt Stiel verspeisen zu können, doch das würde nichts bringen. Wenn einem dreißig Jahre Polizeidienst irgendetwas beibrachten, dann, dass es Tage gab, an denen man verlor, und im Gegensatz zu seinem durchwegs jungem Team sah er hier nur höchstens eine vergeudete Woche. Etwas mehr wenn man Hunter bedachte. Normalerweise bezahlte die Polizei mit einem solchen Fehlschlag mit viel, viel mehr Einbußen. Es gab ihm nur umso deutlicher zu verstehen, wie wichtig ihre neue Einheit war. Sie waren schnell und kompromisslos einsatzfähig und der Verlust bei einer solchen Aktion wie hier war minimal. Wohingegen der Gewinn bei einer geglückten geradezu astronomisch war. Was natürlich nicht bedeutete, dass er sich darüber freute. Nein, ganz im Gegenteil biss er seine Zähne immer fester zusammen und gab immer knurriger werdende Befehle. Er konnte und durfte seinem Team jetzt nicht erzählen, dass sie ihre Taufe soeben zumindest was den Einsatz betraf bestanden hatten. Dafür war die Enttäuschung darüber viel zu sehr präsent. Weshalb er einem der jüngsten einen scharfen Blick zuwerfen musste, als dieser jenen Ragnar zu deutlich wieder auf die Beine zerrte. Was auf einen Handwink von ihm auch mit allen passierte. "So meine Herren. Wir nehmen Sie jetzt mit auf die Wache und werden die Frachtpapiere kontrollieren. Es sieht so aus als wäre hier alles sauber, aber noch wird man wohl ein paar Dinge klären müssen." Hier verkniff er es sich mit aller Gewalt zu Hunter zu sehen. Jener müsste entscheiden, ob er Tinsley für den Mord drankriegen wollte oder nicht. Vermutlich bliebe diesem eh nichts anderes mehr übrig als auszusteigen. "In der Wache steht jedem von Ihnen ein Anruf zu, sowie das Recht auf einen Anwalt. Wenn Sie sich keinen leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Wenn Sie weiterhin so gut kooperieren, haben wir das ganze bald hinter uns." Damit wandte er sich ab. Allerdings nicht bevor er einen letzten Blick auf Tinsley geworfen hatte. Jetzt hatte sich dessen dämliches Lächeln endlich erklärt, aber noch war da der Mord, der Tinsleys Kopf sehr schnell wieder in die Schlinge ziehen könnte. Gawain Gawain ließ sich mit hochzerren und stolperte kurz, folgte den anderen dann in einen der Polizeibusse und setzte sich schweigend auf den ihm zugewiesenen Platz. Was sollte er tun? Was zum Henker sollte er nur tun? Nicht nur, dass die Leute aus seiner Einheit zu Recht tierisch angepisst wären, da gab es auch noch die Kleinigkeit mit seinem eigenen Leben. Wie viel hatte er verraten? Könnte er einfach so weitermachen wie bisher? Nun, er müsste wohl auf Horlocker warten. Und auf ein Gespräch mit diesem. Tief seufzend ließ er den Kopf zurück zur Rückenlehne gleiten und schloss geschlagen die Augen. Was für ein Reinfall... was für ein unglaublicher, scheiß Reinfall! An der Polizeiwache angekommen, kamen sie alle zusammen in eine der großen Auffangzellen. Dort befanden sich außer ihnen nur ein schlafender, nach Alkohol stinkender Penner und zwei Halbstarke, die so aussahen als ob sie sich miteinander oder mit jemand anderem geprügelt hätten. Abermals seufzend ließ er sich auf die nächste Bank nieder und harrte der Dinge, die da noch kommen mochten. Wie zum Beispiel die einzelne Überprüfung der Personalien, den versprochenen Anruf oder dem Wunsch nach einem Anwalt. Abermals schloss er die Augen, ganz so als könnte er so der harschen Realität entkommen und rieb sich über die Schläfen. Das war eine Katastrophe und die Stimmung in der Wache war ziemlich mies, etwas, das sich seiner Meinung nach auch auf die junge Einheit umwälzen würde. Von Horlockers Gedankengängen ahnte er nichts. Antonin Um zwei Uhr morgens hielt er es nicht mehr aus und rief Cole an. Aber das Ergebnis war das gleiche, wie bei seinen vorherigen beiden SMS. Nämlich gar keines, da Cole nicht ranging. Genervt legte Antonin sein Handy neben sich aufs Bett und stand auf, begann nur in Shorts bekleidet im Gästezimmer auf und ab zu gehen, Verwünschungen aussprechend und böse Blicke zu dem kleinen Gerät werfend. Er war lange Antwortzeiten gewöhnt, hielt er selbst doch eher wenig davon, immer sofort zu antworten. Aber dass Cole gar nicht an sein Handy ging… es machte ihn nervös. Ganz besonders da dieser ihn sozusagen in der E-mail gebeten hatte, heute Abend an ihn zu denken. Nein, gestern Abend, schließlich war nun Montag früh. Was an und für sich auch kein Problem darstellen würde, denn er hatte Cole vertraut. Bis ihn unter den gesendeten SMS diejenigen aufgefallen waren, die er selbst an jenen geschickt hatte. Und damit fiel ein weiterer Baustein in seinem Kopf an seinen rechtmäßigen Platz. Er erinnerte sich daran, mehr als in Rage gewesen zu sein, als Cole zu einem potentiell gefährlichen Treffen ohne ihn gefahren war. Er glaubte sich sogar zu erinnern, dass dies der Grund dafür gewesen war, Cole ein Veilchen zu verpassen und dass sie sich gegenseitig in dieser Situation ziemlich angegangen hatten. Was nur bedeuten konnte, dass er Cole zwar viel zutraute, es ihm aber zu jeder Zeit lieber gewesen war, dabei zu sein. Und darum schien ihn das Ausbleiben von einer Antwort auch an eine Klippe zu schicken. Kurzentschlossen trat er zum Schrank, um ihn zu öffnen, nur um ihn dann gleich wieder zu schließen. Was genau brächte es ihm oder Cole, wenn er jetzt ohne jeden Peil nach New York fliegen würde? Außer Ärger, weil er es getan hätte? Selbst wenn Cole etwas passiert wäre - und alleine der Gedanke daran tat ihm fast körperlich weh - dann könnte er nichts ausrichten. Ohne den Rest seiner Erinnerungen war er wertlos was jeglichen Personenschutz betraf. Vermutlich sogar was den Schutz seiner eigenen Person betraf. Genervt raufte er sich die Haare und trat wieder auf das Bett zu, das Handy wieder aufnehmend und nochmals versuchend den anderen zu erreichen. Was ein weiteres Mal nicht zu dem gewünschten Ergebnis führte und ihn damit fast wahnsinnig machte. "Du elender Scheißkerl", murmelte er düster. "Wenn dir was passiert ist, grabe ich dich eigenhändig wieder aus und bringe dich nochmal um." Kapitel 70: Eine gemeinsame Zigarette ------------------------------------- Cole Cole spürte das leise Tuscheln, das durch seine eigenen Reihen ging, als bestätigt wurde, dass lediglich Kaffee und Kaffeemaschinen zum Vorschein kamen. Ein paar seiner Leute lachten leise, wohl um ihrer Anspannung, ihrer Angst ein wenig Luft zu machen. Und Cole konnte das gut nachvollziehen. Es war ein Bild für die Götter: die ratlosen Gesichter der Polizisten, das leicht verkrampfte des Kommissars, der Blick zu Boden von Gawain. Wirklich eine lustige Situation, bei der man ruhig lachen durfte. Besonders, wenn man keine Ahnung gehabt hatte, was hier wirklich geschah. Als der Kommissar erklärte, dass hier alles 'sauber' sei, blickte er auf die Uhr. 'Noch nicht ganz, aber bald', dachte er bei sich. Cole ließ sich in den Polizeiwagen führen. Er vermied es Hunter anzusehen. Er hatte im Moment keinen Kopf für ihn. Darüber würde er morgen nachdenken, wenn das hier vorbei war. Ob er wieder auf Rattenjagd gehen musste? Er seufzte innerlich darüber. Er hätte Hunter damals rausschmeißen sollen, als Antonin ihm offenbart hatte, aus was für einer beschissenen Familie sein neuer Mitarbeiter kommt. Auch wenn die Gründe, weshalb er hier war in gewisser Weise einleuchteten und Antonin ihn wirklich eindeutig zu jenem Clan aus Atlanta zugeordnet hatte, so hätte er doch auf sein Gefühl hören müssen. Und wenn Gawain wirklich ein Bulle war, so musste er ihm wohl oder übel bescheinigen, dass er zu ungeduldig war. Noch hatte der andere weder wirklich tief in ihre Organisation schauen dürfen, noch wirklich intensiv mit den Geschäften zu tun gehabt. Er konnte nur drei Dinge den Polizisten mitteilen. Ein paar kleinere Kurierdienste, bei denen er aber nicht wissen konnte, was darin war; einen Waffenhandel, bei dem er mitgefahren war, ohne zu wissen, was in den Containern gewesen ist; und ein Mord. Letzteres könnte Cole Probleme bereiten, andererseits wüsste er dann, wenn ihm der Mord angehängt werden würde, wenigstens 100%ig, dass es Gawain war, der sie ans Messer liefern wollte. Denn sonst war niemand da gewesen; sonst wusste niemand Bescheid. Er spürte, dass einige seiner Mitarbeiter ein wenig unruhig waren, doch er hatte ihnen klare Anweisungen gegeben, an die sich halten sollten im Falle eines Falles. Wenn jemand seine Nerven nicht behalten würde, dann wäre das dessen Problem, nicht seines. Letztlich hat er alles getan, um seine Mitarbeiter zu schützen. Sie hatte keinerlei Grund, ihm in den Rücken zu fallen. Und das würden sie auch nicht tun. Da war er sich sicher. Er fing Ragnars Blick ein, der ihn beruhigen wollte, Cole schüttelte kurz, ganz wenig den Kopf. Er war ja nicht unruhig. Kurz überlegte er, ob er sich einen Anwalt nehmen sollte. Eigentlich könnte er sich selbst verteidigen, aber andererseits hätte er keine Möglichkeiten etwas nachzulesen. Daher beschloss er, Jodie in jedem Fall zu informieren. Cole blickte erneut auf die Uhr, als der Polizeibus anhielt. Es war bereits weit nach Mitternacht. Noch drei Stunden. Gemeinsam standen sie in jener Zelle. Cole sprach nicht zu seinen Leuten. Er hatte ihnen alles gesagt, was sie wissen mussten. Wenn ihn jemand fragend ansah, versuchte er sie durch Mimik, nicht durch Worte zu beruhigen, was recht gut klappte. Schließlich ging er zu Ragnar. "Ruf Jodie für uns an", erklärte er ihm, der dies mit einem Nicken bestätigte. "Ich werde sie nicht anrufen können." Ragnar blickte ihn fragend an, zuckte dann aber mit den Schultern, als Cole ihm keine Antwort auf seinen fragenden Blick gab. Cole hatte etwas anderes mit seinem Telefonat zu erledigen. Zumal er wusste, dass er erstens als letztes verhört werden würde, da man ihn am längsten dabehalten wollte, und dass man ihn auch als letzten telefonieren lassen würde, um ihn so lange wie möglich ohne einen Wortverdreher an seiner Seite zu genießen. So lief es doch immer ab. Wie erwartet wurde er bald nachdem er mit seinen Leuten in die Zelle gebracht worden war, in einen Raum geführt. Dort würde er jetzt einige Zeit bleiben, beobachtet durch die verspiegelten Gläser, in der Hoffnung, ihn ein wenig mürbe zu machen. Wenn er reden würde, würde man ihn ignorieren, wenn er Emotionen zeigte, wären das Offenbarungen, die er niemals wollte. Daher setzte er sich einfach nur hin und machte es sich ein wenig gemütlich, sofern das überhaupt möglich war. Letztlich wollte man nur verhindern, dass er mit seinen Leuten weiterhin kommunizieren konnte. Nun hieß es warten. Warten darauf, dass man zu ihm kam, ihn verhörte, ihm verschiedene Dinge vorwarf, ihm Unterstellungen machte, bevor man ihm gestattete, seinen Anruf zu tätigen, bevor die Anwältin da sein würde. Aber er würde erst einmal vollkommen schweigen. Erst wenn die Anwältin da war, würde er reden. Und die Zeit arbeitete für ihn, wobei jetzt schon eigentlich nichts mehr schief gehen könnte. Eigentlich war alles schon erledigt. Aber noch waren es 2,5 Stunden bis wirklich alles vorüber war. Vielleicht hätte er Zauberkünstler werden sollen, überlegte sich Cole. Er wäre bestimmt erfolgreich. Gawain Gawain ließ seinen Kopf in dem Moment auf den Tisch sinken, als sich die Tür hinter dem Polizisten schloss und er mit Horlocker alleine war. Allerdings nur eine Sekunde bevor er wieder aufsah: "Es tut mir leid, Captain. Es.. ich.. Scheiße!", frustriert schlug er mit der Faust auf den Tisch und sprang auf, den Stuhl von sich kickend. Der Captain ließ ihn eine Weile toben, bevor er sich räusperte. "Wir haben beide Fehler gemacht. Du warst zu ungeduldig, diese Bastarde festzunageln, und ich die Einheit zu testen. Aber was jetzt für dich im Vordergrund stehen muss, ist nicht diese Niederlage, sondern die Frage, wie du weiter vorgehen willst." Wie immer brachte diesen Mann so schnell nichts mehr aus der Ruhe. Auch einer der Gründe, warum die Männer und Frauen in dieser USF diesem Mann so sehr vertrauten. "Fehler?!", empörte sich Gawain. "Das war nicht nur ein Fehler, das war absoluter Bullshit von meiner Seite aus. In Atlanta hat es fast zwei Jahre gedauert, bis wir einen Zugriff wagten und hier sitze ich und denke, dass es nach ein paar Wochen klappen könnte?" Horlocker lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Es muss eine echte Übergabe stattgefunden haben, nur haben wir uns zu sehr auf die Container konzentriert. Im Grunde ist es genauso meine Schuld wie die deinige. Und ich sagte dir gerade, dass du dich darauf nicht zu konzentrieren hast. Mit etwas Pech spielst du gerade mit deinem Leben. Sollen wir dich da rausziehen und Tinsley für den Mord anklagen oder nicht?" Unzufrieden schnaubend griff Gawain nach seinem Stuhl und setzte sich wieder drauf. "Wie hoch halten Sie die Wahrscheinlichkeit, dass nicht alle Wege zu mir führen, wenn ich es nicht tue?" Horlocker hob eine Augenbraue und sah ihn eine Weile an. "In dem Geschäft ist sich jeder selbst der nächste. Wenn dieser Mikael Lunte riecht, zwitschert er schneller als die Spatzen auf dem Dach." Es herrschte lange Zeit Ruhe zwischen den beiden Männern, bevor Gawain den Kopf senkte. "Klag ihn an, dann steht wenigstens irgendwas in seiner Akte. Was es ihm die nächsten Male nicht mehr so leicht macht. Und ich möchte in eine andere Stadt versetzt werden." Horlocker nickte. "Wir holen dich hier raus Hunter." Horlocker Gemächlich ging er den Gang entlang, bis er kurz vor einer Tür stehen blieb, diese öffnete und die beiden sich darin befindlichen Polizisten ansah. Es waren Männer seiner eigenen Einheit. "Läuft das Band?", sie bestätigten es ihm und damit schloss er die Tür und betrat nach wenigen Schritten den Raum in dem Tinsley platziert worden war. Kurz musterte er diesen, bevor er sich diesem Gegenüber setzte und seinen Ordner öffnete. Dann sah er über seine Schulter zu der verspiegelten Wand. "Hatte er seinen Anruf schon?" Kurz knackte ein Lautsprecher. "Nein, Sir." Horlocker seufzte und drehte sich wieder herum. "Haben Sie sich schon durch jemand anderen einen Anwalt angerufen, oder wollen Sie ganz auf einen verzichten, Tinsley? Wenn Sie das nicht vorhaben, können Sie das jetzt nachholen." Natürlich wusste Horlocker, dass viele seiner Kollegen erst einmal versuchten andere Beweise, ja vielleicht sogar Geständnisse aus den Leuten herauszuholen. Aber anders als eben jene Kollegen hatte Horlocker schon zu viele Verfahren einstellen lassen müssen wegen Form und Verfahrensfehler. Über diesen Dingen stand er inzwischen genauso gut wie über vielen anderen. Diese Menschen, wenn es denn überhaupt noch welche waren, bedeuteten ihm persönlich nichts mehr. Sein Augenmerk lag darauf, die nachfolgende Generation an Polizisten mehr Wissen auf den Weg zu geben, um solche Arschlöcher zu fassen, nicht darauf, sich selbst noch als großen Helden zu profilieren. Würde Tinsley sagen, dass er telefonieren wollte, würde er wie die anderen zu dem Telefon gebracht werden und es blieb nur zu hoffen, dass das alles schnell hinter sich gehen würde, denn im Grunde war hier nicht mehr viel zu holen. Es ehrte Hunter, dass er den Typen wegen Mordes drankriegen wollte, aber wirklich klappen würde das wohl auch nicht. Die Richter tendierten dazu Undercoveragenten nicht so viel Glauben zu schenken, besonders nicht, wenn es keine anderen Zeugen oder Beweise gab. Weshalb er seinen eigenen Plan fahren würde. Einen der Hunter besser schützen und trotzdem herausholen würde. Wenn auch ohne dessen Wissen. Cole Cole hob den Kopf, als der Kommissar hereinkam. Kurz blickte er auf die Uhr. Erstaunlich, dass er nur ein paar Stunden hatte warten müssen. Der Kommissar musterte ihn, doch er stellte sich nicht vor. Cole seufzte innerlich, hörte dem anderen zu. "Ich wüsste gerne, mit wem ich es zu tun habe", erklärte er, ohne auf die Frage des anderen einzugehen. "Da wo ich herkomme, stellt man sich vor, bevor man spricht. Und über mich scheinen sie ja schon Bescheid zu wissen." Fragend blickte Cole seinen Gegenüber an. "Und dann würde ich gerne telefonieren, da ich ohnehin nichts sagen werde, bis meine Anwältin da ist. Also wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich zu einem Telefon bringen würden, bevor wir unser Gespräch fortführen." Er lächelte den ernsten Mann vor sich höflich an. Dieser sagte etwas zu dem verspiegelten Glas und kurz darauf erschien ein junger Polizist. Cole stand auf, die Hände noch immer in Handschellen und musterte den jungen Mann. Leise pfiff er durch die Zähne. "Ich glaube hier könnte ich mich wohlfühlen", raunte er dem Polizisten zu, als er an ihm vorbei hinausging, und registrierte mit Genugtuung die Verwirrung, die er anrichtete. Er gab sich gerne provozierend in diesen Situationen. Wieso nicht seinen Spaß haben, wenn das ganze hier doch äußerst spaßig war? Beim Telefon angekommen musste er kurz überlegen, dann tippte er eine Nummer ein, die dafür sorgen würde, dass in einem Schlafzimmer in einem Vorort von Greenville das Handy von Antonin klingelte. Als dieser heranging, redete Cole direkt drauf los. "Hey", sagte er. "Ich wollte dir nur sagen, dass du dir keine Sorgen machen musst. Mir geht es gut, aber ich werde mich erst morgen oder übermorgen wieder bei dir melden können. Dann telefonieren wir ein wenig ausführlicher. Ich muss nämlich jetzt gleich wieder auflegen. Es tut mir leid." Kurz schwieg er. "Mach dir keine Sorgen, ok? Bis dann!" Er legte schon wieder auf. Es war ihm wichtig gewesen, dass Antonin Bescheid wusste. Er hätte ihm in der E-Mail nichts sagen dürfen. Aber da er es getan hatte, war er sich sicher gewesen, Antonin würde sich Sorgen machen, wenn er sich nicht meldete. Und das wäre nicht gut für ihn. Ragnar würde Jodie O'Connor anrufen. Sie war schon immer in Rechtsfragen für ihn da gewesen und würde für alle sprechen. Er konnte also sein Telefonat beruhigt an Antonin abtreten. Der Polizist führte ihn wieder zurück und Jodie war auch schon da. Sie blickte ihn vorwurfsvoll an. Gemeinsam wurden sie in den Raum von eben geführt. Jodie vergewisserte sich, dass kein Tonband lief, dass sie nicht abgehört wurden. Dann konnten sie miteinander reden. "Was ist denn passiert?", fragte sie und blickte Cole fragend an. "Nichts", erklärte dieser. "Gar nichts. Wir haben einem Bekannten nur helfen wollen, eine Kaffeelieferung auf den Weg zu schicken. Und da der Kaffee nun nicht dort ankommt, wo er hin sollte, werden die Polizisten also nicht nur wahnsinnige Kosten haben, weil sie einen riesigen Einsatz durchgeführt haben, sondern sie müssen auch Schadensersatz leisten." Er lächelte seine Anwältin an, die er schon kannte seit sie ihm nach dem Mord an seinen Eltern beigestanden hatte. Sie war nicht mehr die Jüngste, sah aber noch sehr gut aus. Cole mochte sie. Und hin und wieder telefonierten sie. Meist rief sie an und fragte, wie es ihm ginge. "Ansonsten war nichts", versicherte Cole. "Dann wollen wir mal hören, was die dazu sagen." Jodie seufzte, stand auf und signalisierte den Polizisten, dass sie bereit wären zu reden. Horlocker Nach einem letzten Durchatmen betrat er den Verhörraum wieder und nickte diesmal beiden Personen zu und stellte sich neben seinen Stuhl. "Guten Abend. Mein Name, wie ich vorher wohl vergessen habe zu erwähnen, ist Gabe Horlocker, ich bin Captain des Einsatzteams, das den Kaffee beschlagnahmt hat. Setzen wir uns doch, ja?" Er wartete die Vorstellung der Anwältin ab und nickte freundlich, bevor er sich setzte und seinen Ordner wieder öffnete. "Nun, sprechen wir am besten gar nicht erst um den heißen Brei herum, ja? Wie sich wohl alle Parteien denken können, haben wir nicht mit Kaffee gerechnet als wir den Einsatz ausführten. Sie werden darum die restliche Zeit abwarten müssen, bis wir die Lastwagen samt Ware wieder freigeben können, da sich momentan noch ein Spezialteam um eine nochmalige Durchsuchung kümmert. Von der ich jedoch ausgehe, dass wir weiterhin nichts außer eben Kaffee finden werden.", Hier schenkte er Cole einen durchdringenden aber nicht unfreundlichen Blick. Horlocker erkannte wenn er ausgespielt worden war. Es freute ihn nicht, aber ohne solches Wissen ließen sich Fehler dieser Art auch nicht in Zukunft vermeiden. Dass die Ware weitergelaufen war, war hierbei nicht das Problem. Himmel, das hier war Amerika. Hier lief minütlich alles Illegale ein und aus wie es den Organisationen gefiel. Es kam nicht auf die Ware an, sondern auf die Personen, die es steuerten. Und einen davon würde er wohl leider aus dieser Polizeistation laufen lassen müssen. Er wusste das sehr genau, aber zu ändern war es nun einmal nicht. Horlocker wechselte von dem Mann zu der Frau. "Sie werden sicherlich nachvollziehen können, dass wir Ihren Mandanten noch solange auf der Wache behalten müssen. Zumindest bis die Durchsuchung abgeschlossen und die Frachtpapiere zu unserer Zufriedenheit überprüft sind." Abermals wanderte sein Blick zu dem Mann mit den kühlen Augen und dem ruhigen Auftreten. Tinsley wusste nur zu gut, dass sie ihm gerade gar nichts konnten. Wenn man von dem Mord absah, welchen er jedoch nicht gedachte auf den Tisch zu bringen. Hunter war ein guter Polizist und brachte ihm lebend mehr als tot. Jener würde sich mit dem Hintergrund, den er sich selbst gegeben hatte, mehr als fähig sein in einer anderen Stadt wieder in den Undercovereinsatz zu gelangen. Und dieser Russel Smurf war sowieso schon tot, ob sie jetzt eine Anklage einreichten oder nicht. Leute wie Tinsley würden sich auch dort wieder herauswinden. Nein, Kaliber wie ihn musste man wirklich bei solchen Übergaben oder direkt bei einem Mord erwischen. Etwas das Horlocker in seinen vielen Jahren nur zu schmerzhaft hatte erfahren müssen. "Ich nehme nicht an, dass Sie etwas anderes zu der Bewaffnung ihrer Leute zu sagen haben, als dass es zum reinen Selbstschutz gedacht ist? Oder vielleicht, dass sie gar nichts davon wussten?", vermutlich würde die Anwältin hier einspringen, aber Horlocker würde selbst Probleme bekommen, wenn seine Vorgesetzten das Band ansahen und er nicht einmal versucht hätte ein paar Informationen zu erhalten. Antonin Was zum...? Mehr als irritiert starte er auf sein Handy. Das war Cole gewesen, oder? Zumindest dessen Stimme. Aber zum einen war es nicht dessen Nummer sondern eine unterdrückte und zum anderen fühlte er sich nun nur noch unwohler als vorher schon. "Mach dir keine Sorgen. Bis dann", wiederholte er laut, die Worte wie schlechten Wein auf der Zunge rollend. Im Grunde hatte dieser Anruf sehr vieles bewirkt, aber nicht, dass er sich entspannen konnte. Wenn er das Ganze als SMS bekommen hätte, würde er sich vermutlich langsam wieder locker machen. In einer SMS wäre das Ganze nicht so kurzangebunden herübergekommen, sondern eher einfach nur wortsparend. Aber der Tonfall und die Wortwahl machten ihn schier wahnsinnig. Abermals begann er in dem Zimmer auf und ab zu tigern, nachdenkend und darüber sinnierend was er wohl tun würde, wenn er alle seine Erinnerungen hätte. Natürlich war diese Frage vollkommen dumm, da er sie nicht beantworten konnte, aber sie gab ihm etwas zu tun. Sie gab ihm die Möglichkeit verschiedene Antwortmöglichkeiten heran zu ziehen und sie im Geiste durchzuspielen. Trotzdem kam er jedes Mal nur soweit, dass er an die Grenzen seiner Erinnerung oder an Cole stieß. Er wusste ja nicht einmal, wo Cole jetzt war oder was genau passiert war. Um was es gegangen war wusste er auch nicht. Verflucht nochmal! NICHTS! Antonin wusste nichts! Und es trieb ihn die Wände hinauf. Es wollte ihn wie ein Tier aufbrüllen und etwas zerstören lassen und trieb seinen Puls so gezielt nach oben, wie das normalerweise nur ein schneller Spurt fertig brachte. Seufzend setzte er sich auf sein Bett und ließ sich, die Augen schließend nach hinten fallen. "Das Leben eurer Zielperson ist das eurige! Je weniger ihr von einer Situation erkennt, desto höher ist die Chance, dass euer Ziel getroffen wird. Ob nur ein Streifschuss, lebensgefährlich oder direkt tödlich ist hierbei egal, denn ihr solltet dort sein, um das zu verhindern! Ihr seid keine Soldaten, die sich sinnlosen Befehlen beugen und das aus Liebe zum Vaterland, ohne zu hinterfragen, ausführen. Ihr seid die zusätzliche Intelligenz, die zusätzlichen Organe und das zusätzliche Leben eurer Zielperson. Versagt ihr, versagt eure Ausbildung!" Genervt öffnete Antonin die Augen wieder. Erinnerungen dieser Art brachten ihn jetzt auch nicht weiter. Zudem das nicht einmal eine neue war, sondern eine, mit der er sich schon genügend auseinandergesetzt hatte. Aber er ahnte auch, warum sie gerade wieder an die Oberfläche seines Bewusstseins trat, denn Schuld bahnte sich in langsamen Schüben durch seinen ganzen Körper. Und das Gefühl kam nicht einmal unerwartet, denn ab dem Moment, wo er sich damit abgefunden hatte, tatsächlich so ein Guard zu sein - Coles Guard - war jene Empfindung schon häufiger sein Gast gewesen. Vermutlich wollte ihm sein Unterbewusstsein damit etwas sagen. Wohl das sein Platz nicht hier in diesem Zimmer, sondern in Coles Rücken wäre. Als dessen Deckung. Aber wie sollte so etwas funktionieren, wenn er sich immer noch nicht an die wirklich essentiellen Dinge erinnerte? Ja, sein Körper schien zu wissen, wie er mit seiner Waffe umzugehen hatte, aber er besaß kein taktisches Denken. Alles was ihm in den Kopf sprang, wenn er zum Beispiel versuchte dieses Haus hier zu sichern, waren dumme Filme, aber kein rein taktisches Denken. Aber trotzdem... wenn er morgen nichts von Cole hören würde... nein halt, wenn er morgen nicht deutlich MEHR von Cole hören würde, dann war sein Flug nach Hause schon so gut wie gebucht. Blöde Arterien in seinem Kopf hin, dumme Erinnerungen her. Cole "Sie tun nur Ihre Arbeit", kommentierte Cole die Aussage, dass er den Rest der 24 Stunden noch ausharren würde müssen. Cole war erleichtert. Und doch war er auch verwundert. Sein Blick ruhte auf dem Mann ihm gegenüber, der ihm zugegebenermaßen sympathisch war. Wohl vor allem, weil er zu wissen schien, wenn er verloren hatte. Die Polizisten, die mit Wut und Ärger reagierten, die gewalttätig wurden, wenn sie das Nachsehen gehabt hatten, konnte er auf den Tod nicht ausstehen. Aber dieser Mann war ehrlich zu sich selbst. Und das mochte Cole. Offensichtlich war Captain Horlocker ein realistischer Mensch mit viel Erfahrung. Jemand, der sich selbst nicht am nächsten Stand. Jodie blickte ihn von der Seite nachdenklich an. Cole erwiderte kurz den Blick, bevor sich seine Anwältin zu Horlocker drehte. "Das ist kein Problem", erklärte sie. "Wie mein Mandant schon sagte. Sie tun nur ihre Arbeit und wir kennen das Procedere. Cole lächelte innerlich. Ja, er kannte das Procedere, denn er hatte ein Examen darüber geschrieben. Er spürte, dass es ihn innerlich ziemlich ärgerte, dass er niemals sein Wissen würde einsetzen können. Nun zumindest nicht offiziell. Vielleicht irgendwann einmal, wenn er vielleicht sogar von diesem Polizisten hier wirklich geschnappt wurde. Aber bis es soweit war, so hoffte er, würde noch viel Zeit vergehen. Er streckte sich leicht, und blickte den dunkelhäutigen Mann wieder an, als er wieder zu ihm sprach. "Meine Leute waren bewaffnet?", fragte er beinahe ehrlich überrascht. "Nun, sie arbeiten alle für mich im Lady-Dream, wie sie sicher wissen. In diesem Milieu ist es für manche wirklich sicherer, wenn sie sich wehren können. Ich kontrolliere nicht, wer von ihnen eine Waffe hat, und wer nicht. Das muss jeder für sich selbst entscheiden." Cole blickte Horlocker fragend an. "Haben sie eine Zigarette für mich? Ich habe vorhin gesehen, dass sie rauchen und ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, was ich gerade alles tun würde, für eine Zigarette." Judie blickte ihn irritiert an und schlug ihm in die Seite. "Cole!", zischte sie perplex. Doch Cole lächelte sie nur an. "Wenns doch so ist..", erwiderte er. "Ich habe vorhin meine letzte geraucht. Und Mister Horlocker sieht außerdem so aus, als könnte er auch gut eine gebrauchen." Er strich sich mit seinen Händen durchs Haar, um sich ein wenig zu strecken. Wieso mussten diese Stühle eigentlich immer so unbequem sein? "Captain Horlocker", sagte er dann unvermittelt, "Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen? Mich würde interessieren, weshalb Sie zur Polizei gegangen sind." Er hob kurz beschwichtigend die Hände. "Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, und Sie müssen auch nicht antworten, aber mich würde das interessieren." Er ignorierte Jodies genervtes Schnauben und Kopfschütteln und sah sein Gegenüber offen an. Er wollte nur eine ehrliche Antwort, auf eine Frage, die er schon immer einmal einem fähigen Polizisten stellen wollte. Denn als er jung gewesen war, wäre er selbst auch zu gerne Polizist geworden. Aber wahrscheinlich aus einer ganz anderen Motivation heraus. Horlocker Horlocker nickte und verzeichnete etwas in dem aufgeschlagenen Ordner, nachdem er den Blickwechsel und die Antwort vernommen hatte. Er nickte ein weiteres Mal auf die nächste Antwort und schrieb unbeeindruckt weiter, bevor er wieder aufsah. "Es wird natürlich überprüft, ob die Waffen auf die entsprechenden Männer auch angemeldet sind, aber grundsätzlich macht das nicht ihnen die Schwierigkeiten sondern im entsprechenden Fall nur der jeweiligen Person." Doch dann hob er ehrlich überrascht eine Augenbraue und wenn man die Anwältin bedachte, war er nicht der einzige, dem die Frage seltsam vorkam. Doch was sollte es im Grunde? Er erlaubte sich ein kurzes, wenn auch müdes Lächeln und zog seine Zigarettenschachtel hervor, welche er bis dorthin wortlos über den Tisch schob bevor er sich zu der verspiegelten Wand umdrehte. "Aschenbecher bitte." Es war mehr ein Befehl, trotz des Wortes. Einem Befehl dem natürlich Folge geleistet wurde und kurz darauf betrat Catell den Raum und stellte ihm nach einem fragenden Blick den Aschenbecher auf den Tisch. Horlocker bedankte sich und schob jenen in die Mitte zwischen sich und den beiden anderen, darauf wartend, dass jener sich eine Zigarette genommen hatte bevor er sich selbst ebenfalls eine anzündete. "Im Grunde sollte ich das nicht tun und Ihre Anwältin wird Ihnen zustimmen, dass Sie das ebenfalls nicht tun sollten. Aber es ist spät und Sie haben recht. Ich kann sie gut gebrauchen", erklärte er, bevor er ein paar Mal tief inhalierte und den Mann sich gegenüber gleich darauf mit einem weiteren durchdringenden Blick bedachte. Worauf wollte Tinsley hinaus, oder war das eine wirklich ehrlich gemeinte Frage? Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und warf seinen Blick zwischen beiden Personen ein paar Mal hin und her bevor er seufzte. Warum auch nicht? Sie hatten gerade sowieso nichts Besseres zu tun. "Sie gehören zu einer Generation, die sich nichts mehr dabei denkt, jemandem wie mir gegenüber zu sitzen", fing er an und stieß den bläulichen Rauch dann genussvoll aus. "Und das ist nichts Schlechtes, nein tatsächlich ist es sogar der Grund nachdem Sie fragen, Mister Tinsley. Aber es ist noch gar nicht so lange her, da hätte man einen 'Schwarzen' selbst innerhalb der Polizei nicht höher als zu einem Streifenpolizisten gemacht. Die Straße hatte ihre eigenen Regeln - hat sie wohl auch immer noch - und wenn man sein Leben nicht danach ausrichten wollte, dann musste man bereit sein, für die angeblich so gegenwärtigen gleichen Rechte zu kämpfen." Er warf einen kurzen prüfenden Blick auf die Anwältin, bevor er sich ein wenig gerade hinsetzte und einen weiteren Zug von seiner Zigarette nahm. "Um ein System zu verändern, muss man das von innen heraus versuchen, und weil sich das genügend Leute gedacht haben, sitzen Sie nun mir und nicht einem 'normalen Weißem' gegenüber. Nicht weil die Quote erfüllt werden musste, sondern weil ich mir diesen Platz verdient habe. Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht enttäuscht, aber wenn Sie hören wollten, dass es mein Lebenswerk ist Gesetzesbrecher dran zu bekommen, dann sollten Sie andere Polizisten befragen. Mir war und wird es immer nur wichtig sein, der nächsten Generation genügend Wissen mitzugeben, um aus den Fehlern der meinigen lernen zu können." Er lächelte kurz und schnippte Asche über dem Gefäß zwischen ihnen ab. "Und ich denke meine Einheit hat auch heute wieder etwas gelernt. Für die Zukunft." Cole Cole lauschte den Worten des anderen, lehnte sich zurück, zufrieden seine Zigarette rauchend. Er entspannte sich. Diese Zigarette war seine Siegeszigarette, denn soeben war es 4 Uhr geworden und alles war überstanden. Zudem schien Horlocker ihn wirklich nicht wegen Russel in die Mangel nehmen zu wollen. Es hätte auch wenig Sinn gemacht, denn es gab keine anderen Zeugen, und dadurch, dass Russel selbst auch geschossen hatte, würde er wegen Notwehr keine Probleme bekommen. Nun konnte er sich wirklich wieder entspannen. Und so lauschte er den Motiven des anderen, nickte hin und wieder zustimmend. "Ja, die Zeiten haben sich diesbezüglich wirklich geändert. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich das gut finde. Und angesichts der Tatsache, dass auch unser Präsident mittlerweile ein Afroamerikaner ist, habe ich die Hoffnung, dass dieser Prozess weitergeht. Aber es gibt noch genügend Orte in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, an denen Sie wahrscheinlich noch immer keinen Respekt erhalten würden." Cole seufzte und aschte ab. "Und was ihre Motivation und meine Erwartungen betrifft." Er lächelte Horlocker an. "Sie haben mich in keinster Weise enttäuscht. Im Gegenteil, sie sind mir sympathischer als je zuvor. Ich wollte nur bestätigt wissen, dass Sie ein guter Polizist sind. Ich glaube bei jemandem wie Ihnen würde ich mich wohl auch gerne geschlagen geben, falls es Ihnen wirklich jemals gelingen sollte, mir etwas nachweisen zu können." Cole überlegte kurz, nahm einen tiefen Zug von der Zigarette, dann fügte er noch hinzu. "Und irgendwie ist es schön, dass ich ihrer Einheit eine Lehrstunde verpassen durfte. Sie sollten ihre Einheit einmal mit in eine Zaubervorstellung nehmen. Sie müssen lernen, dass das alles nur mit Illusion zu tun hat. Der Zuschauer wird abgelenkt, damit er das, was eigentlich geschieht, nicht sieht. Das klappt nicht immer, aber hin und wieder ist das ganz nützlich." Cole blickte Jodie kurz an. "Ich würde gerne noch einmal mit meiner Anwältin reden, wenn das in Ordnung geht." Seine Augen ruhten wieder auf Horlocker. "Und grüßen Sie Gawain von mir. Ich glaube es ist besser, wenn er ans andere Ende des Landes versetzt wird." Aufmerksam beobachtete er Horlocker. "Er hat wohl die größte Lektion seiner Kariere bekommen." Es war letztlich ein blinder Versuch. Aber er konnte es ja einmal probieren. Mehr als dass er kein Recht hatte, würde nicht passieren können. Wenn Hunter wieder bei ihm auftauchen würde, würde er eine Rattenfalle aufstellen und ihn hineinlaufen lassen. Wenn er nicht mehr auftauchte, würde er wenigstens dafür sorgen, dass er es nicht mehr sehr einfach haben würde. Er würde es sehen. Nachdem Horlocker ihnen noch 5 Minuten zugestand bat Cole Jodie für ihn seine Nachbarin anzurufen, um sie zu bitten seine Katze zu versorgen. Sie solle ihr ausrichten, dass er erst morgen Nacht wiederkäme. Kurz überlegte er noch. Doch er entschied sich, dass Antonin bis morgen Nacht warten müsste, wenn die 24 Stunden vorüber waren. Er hatte ihm ja gesagt, dass er sich entweder morgen oder übermorgen melden würde. Und auch wenn er ahnte, dass Antonin wahrscheinlich nicht sehr beruhigt war, so würde dieser ihm einfach vertrauen und sich gedulden müssen. Horlocker Er beobachtete den Mann, der da so zufrieden die Zigarette rauchte, konnte sich selbst aber nicht wirklich entspannen. Er sehnte sich inzwischen nach einem Bier und einem Bett. Zumindest Letzteres würde sich ihm hoffentlich bald bieten. Und morgen würde er seine Einheit wieder einpacken und aus New York abziehen. Die einzelnen bereits eingesetzten Beamten würden zurück in ihre Undercovereinsätze gehen und der Rest wäre wieder im Hauptquartier, um die Informationen zu beschaffen, die jene anderen bräuchten. Noch befand sich alles im Anfangsstadium und Horlocker durfte seine Jungs und Mädchen noch nicht am losen Zügel durch die Welt laufen lassen. Ähnliches galt für Hunter, den er mit sich nach DC nehmen würde. Tinsley bewies ihm gerade wieder, dass er zu gerissen für alles andere wäre. Ein guter Polizist, ja? Manchmal kam es ihm tatsächlich so vor, als gäbe es davon zu wenige, aber dann sah er auf seine Einheit und bemerkte welche Risiken diese Menschen eingingen, um die Straßen wieder ein wenig sicherer zu machen und war wieder beruhigt. Aber vermutlich war es gar nicht das, worauf der Mann anspielte. "Nur zu gern geschlagen geben", echote er leise bevor er den Blick des letztendlich triumphierenden Mannes suchte. "Passen Sie auf, was Sie sich wünschen, Mister Tinsley. New York mag nicht mein Hauptquartier sein, aber hin und wieder gelingt es sogar uns zu zaubern. Vielleicht sollten Sie sich Ihren eigenen Ratschlag ebenfalls noch einmal zu Herzen nehmen." Natürlich rieb ihm Tinsley damit unter die Nase, was er sowieso schon vermutet hatte, aber wie schon zuvor kam es ihm nicht auf die Ware an, sondern auf die Personen dahinter. Das war das Ärgerliche an dieser ganzen Vorstellung. Andererseits beeindruckte ihn dieser durchaus noch junge Mann und unter anderen Umständen hätten sie sich sicherlich gut verstanden. Auch in Hinblick auf die Ansicht der Hautfarbe. Es durfte im Land der 'unbegrenzten' Möglichkeiten nicht nach Aussehen gehen, sondern nur danach, was der entsprechende Mensch draufhatte, und leider schien Tinsley jemand zu sein, an dem er sich Kopf an Kopf messen könnte. Wenn er nicht andere Dinge zu tun gehabt hätte, würde er sich sicherlich eine Weile hierher versetzen lassen, rein um zu sehen, wie ihr Spiel weitergehen würde. Aber wer wusste schon, was die Zukunft noch bringen mochte… Als jener Hunter ansprach lächelte Horlocker nichtssagend. "Sie können gerne mit ihrer Anwältin sprechen." Er erhob sich und reichte Cole die Hand. "Hoffen wir beide, dass wir uns so schnell nicht mehr begegnen, denn die meisten Lektionen müssen zumindest bei mir an keinem großen Ego vorbei und ich lerne schnell", verabschiedete er sich und verließ den Raum um Hunter einzusammeln. Jener war nicht begeistert, aber Befehl war Befehl und wenn es Abzug hieß, dann hieß es Abzug. Gemeinsam mit zwei anderen Polizisten fuhren sie zu dessen Wohnung und räumten aus, was auszuräumen war. Übergaben das Fahrzeug wieder an die Polizei und setzten den erschöpften jungen Mann direkt in das nächste Flugzeug nach DC. Ja, noch in dieser Nacht, denn im Hauptquartier müsste man erst einmal sehen, wann und wie man Hunter wieder in den Einsatz schickte. Vermutlich müssten sie sogar auf drastischere Mittel zurückgreifen, um ihn wieder einsatzfähig zu machen. Danach sprach er noch mit seiner Einheit, lobte deren Einsatz und erklärte, dass dies alles kein kompletter Reinfall gewesen war, sondern eine Art Taufe ohne Schiff. Aber die Flasche war in die richtige Richtung geschwungen und beim nächsten Mal würde es besser gelingen. Damit war für Horlocker der Fall NQ-DW-01 abgehakt und die Akte geschlossen. Auch wenn er für sich selbst beschloss, ein Auge auf New York zu behalten, denn hier hatte er jemanden gefunden, an dem er herumprobieren konnte. Mehr als Fehlschläge würde es auf ihrer Seite nicht geben, dafür aber vielleicht eine nervöser werdende Organisation. Kapitel 71: Gewitter -------------------- Cole Cole wurde wieder zurück in die Zelle gebracht. Gawain war nicht da. Als er Ragnar nach ihm fragte, teilte dieser ihm mit, dass er gerade weggeführt worden war. Also hatte er doch recht gehabt. Anders, als er es vielleicht erwartet hatte, ärgerte es ihn nicht so sehr. Er wusste, was er tun würde. Und wenn er die Gelegenheit erhalten sollte, jenen auszuschalten, würde er es wohl tun, aber sollte er ihn jagen? Nein. Denn dann würde jeder genau wissen, wer es war. Noch war nicht die Zeit gekommen, sich um Gawain zu kümmern. Nicht direkt zumindest. Cole setzte sich auf eine der Bänke und schloss die Augen, ließ sich noch einmal das Gespräch mit Horlocker durch den Kopf gehen, ging noch einmal das Gespräch mit Jodie durch, die ihn am liebsten einen Kopf kürzer gemacht hätte. Solche Dinge, die Cole angedeutet hatte, gab man nicht zu. Nicht, wenn man damit zu rechnen hatte, dass diese Worte irgendwann einmal vor Gericht dazu benutzt werden würden, um ihm einen Strick daraus zu drehen. Und dass er einen Captain ganz offensichtlich öffentlich herausgefordert hatte, grenzte an Selbstmord. Jodie hatte ihm versprechen müssen, dass Costello nichts davon mitbekommen würde. Costello... Cole graute es davor, ihm gegenübertreten zu müssen. Costello würde sich nicht damit zufrieden geben, dass das Heroin vor einigen Minuten in Chicago angekommen waren, weil sie bereits am Nachmittag in New York im Hafen angekommen und auf einem LKW nach Chicago gebracht worden sind, nachdem mehrmals der LKW gewechselt worden war, um die Spuren zu verwischen. Heute Nachmittag hatte er die SMS bekommen, dass die Lieferung verschickt worden war. Und nun war sie, wo sie hingehörte. Costello würde sich auch nicht mit dem 10 Kilo im Kofferraum von Simons Wagen zufrieden geben. Er würde ihm vorhalten, dass er sich hatte einkassieren lassen, anstatt sich zu wehren. Jener Mann war immer für die gewalttätige Lösung. Doch auch wenn Cole kein Problem damit hatte, Gewalt anzuwenden, wenn es nötig war, so griff er nicht dazu, wenn es eben unnötig war. Und er hätte keine Chance gehabt. Es waren zu viele Polizisten, zu viele Scharfschützen gewesen. Es hätte niemand überlebt. Costello würde das aber nicht sehen. Das würde er ihm nicht als Stärke, sondern als Schwäche auslegen. Und Cole wusste, was geschah, wenn er in Costellos Augen zu schwach war... Cole lehnte sich an Ragnar, wie ein kleiner Junge, wie früher, wenn er mit Ragnar Nächte lang durch New York getigert war, weil er sich nicht nach Hause traute und sie daher auf der Straße schlafen mussten. Und Ragnar gewährte ihm den Halt, den Cole gerade brauchte. Cole war erschöpft. Er war erfolgreich gewesen, keiner der Anwesenden hatte Probleme bekommen. Keiner der Anwesenden konnte sich beschweren. Die Aktion war an und für sich erfolgreich gewesen. Aber Cole war erschöpft. Es war ein wenig viel gewesen in letzter Zeit. Als sie am späten Vormittag plötzlich entlassen wurden, wunderte sich Cole ein wenig. Eine Antwort auf die Frage, weshalb sie schon gehen durften, wurde ihm nicht gegeben. Aber ihm konnte es recht sein. So würde er wenigstens noch zum Schlafen kommen... "22 Uhr Lady-Dream", teilte er den anderen mit, wissend, dass er das eigentlich nicht sagen musste. Es würden heute Abend alle da sein. Alle bis auf Hunter. Zu Hause ließ sich Cole auf das Bett fallen. Sein Auto hatte er am Lady-Dream stehen gelassen. Jemand würde sich darum kümmern, es wieder wanzenfrei zu bekommen. Man konnte nicht wissen, ob die Polizei die Gelegenheit ergriffen haben würde... Müde schloss er die Augen, doch dann hörte er das Piepsen seines Handys, das ihm erklärte, dass der Akku fast leer war. Müde wälzte er sich noch einmal heraus und sah, dass Antonin am vergangenen Abend mehrmals angerufen hatte hatte. Er musste lächeln. Ein Glück, dass er ihn angerufen hatte, denn sonst wäre jener wohl bei ihm und würde ihm den Kopf abreißen. Später würde er mit ihm telefonieren, und ihm erzählen, was geschehen war. Hey! Ich bin wieder zu Hause, aber ich muss jetzt dringend schlafen... Ich melde mich später! Cole Er schloss sein Handy am Strom an, zog sich auf dem Weg zum Bett aus und nun konnte er endlich den Schlaf der Gerechten schlafen. Nun ja, sofern man ihn als Gerechten sehen konnte... Ein blödes Sprichwort. Er schlief fast augenblicklich ein. Erst am späten Nachmittag wachte er wieder auf. Nachdem er sich geduscht, einen Espresso gemacht hatte, machte er es sich auf die Terrasse mit Corleone auf dem Bauch im Liegestuhl bequem. Er hatte sein Handy mit raus genommen und rief Antonin an. "Hey!, begrüßte er ihn. "Hast du Zeit?" Antonin Als die SMS kam, saß Antonin bereits im Zug, die Gewitterwolke über dessen Kopf deutlich für alle spürbar, weshalb es in seinem Abteil auch sehr leise schien. Was auch nicht weiter schwierig war, denn die alte Dame, die ihm gegenübersaß, schien lieber zu lesen und ansonsten hatte er die anderen beiden Sitzplätze ebenfalls gekauft. Er wollte weitestgehend seine Ruhe, auch im erste Klasse Wagon. Seine Mutter war nicht erstaunt darüber, dass ihr geliebter Sohn schon wieder abreiste, gab ihm noch allerlei gute Ratschläge auf den Weg und das Versprechen ihn bald einmal in New York zu besuchen. Den Sonntag hatten sie gemeinsam mit einer Wanderung verbracht und waren sich abermals sehr nahe gekommen. Sie hatte ihm schließlich auch erzählt, was ihr in Atlanta passiert war und ihr schien das inzwischen weniger auszumachen als ihm. Doch sie hatte es für sich irgendwo verarbeitet und auch wenn sie keinen Mann mehr an sich heranließ, so konnte sie doch ein fast normales Leben in dieser Kleinstadt führen und dafür war sie mehr als dankbar. Im Gegenzug hatte Antonin ihr einiges von Cole, Tayra und sogar Nicholas erzählt. Russland ließ er außen vor und seine Mutter fragte nicht danach. Der ganze Tag was Balsam für seine Seele, bis er abends anfing, sich Sorgen um Cole zu machen. Weshalb er auch nicht auf die SMS antwortete. Was sollte das auch bringen wenn jener schlief? Als sein Handy einige Stunden später klingelte, war er gerade in eine Fachzeitschrift vertieft und warf dem Gerät einen bösen Blick zu. Jetzt hätte Cole die Stunde auch noch warten können, bis er keine Zuggeräusche mehr im Hintergrund hätte. Aber andererseits waren die gar nicht so laut und möglicherweise konnte er das überspielen, denn Cole würde ihm vermutlich den Kopf abreißen, wenn jener wüsste, dass er schon wieder so kurz vor New York war. Und sich danach (zu Recht) Vorwürfe machen, dass es dessen Schuld wäre. Aber soweit wollte Antonin es gar nicht kommen lassen, weshalb er abnahm und diesmal sogar gefragt wurde, ob er Zeit hätte. Hört, hört! "Du meinst, mehr Zeit als für fünf Sätze? Lass mich nachdenken...", es war nur ein wenig gegiftet, aber im Grunde war es nur ein Zeichen seiner Sorge um Cole. Jener würde das schon erkennen. Hoffte er. "Ja.. ja ich kann dich in meinem überfüllten Terminkalender unterbringen. Du kannst diesmal sogar langsam und deutlich sprechen." Cole Cole schloss einen Moment die Augen. Er konnte förmlich spüren, wie Antonin vor Wut kochte. Und so ganz konnte er es ihm nicht verdenken. Er wusste ja, dass Antonin dazu neigte, sich mehr Sorgen um ihn zu machen als notwendig war. Und er hätte sich denken können, dass er auch diesmal nicht begeistert gewesen sein musste, dass er ihn mit so wenigen Worten abgespeist hatte. Aber er hatte auch keine andere Möglichkeit gehabt. Er hätte ihn schließlich schlecht mitnehmen können. Der Sarkasmus, der ihm ins Gesicht schlug, traf ihn dennoch. Als Antonin kurz schwieg wagte Cole noch nicht, dem anderen ins Wort zu fallen. Daher viel ihm das gleichmäßige Rattern leise im Hintergrund auf. Coles Augen öffneten sich wieder und er richtete sich leicht auf, das Corleone überrascht aufblicken ließ. "Du bist im Zug", stellte er fest, ohne auf die Worte des anderen zu reagieren. "Du alter Sturkopf, du ... argh... Du hättest nicht herfahren dürfen.... Antonin." Coles Worte klangen zunächst anklagend, zuletzt jedoch verzweifelt. "Ich wollte nicht, dass du den Besuch bei deiner Mutter abbrichst." Er seufzte schwer. "Wann bis du da? Ich hol dich ab." Kaum hatte Antonin ihm die Antwort gegeben, legte Cole auf und fuhr wenige Minuten später mit einem Taxi in Richtung Hauptbahnhof, wo er schließlich auf dem Gleis wartete, dass der Zug einfuhr. Er war nervös. Ob er diesmal wieder ein Veilchen abbekommen würde? Wahrscheinlich... Cole musste bei dem Gedanken schmunzeln. Antonins Sorge um ihn, ehrte ihn in gewisser Weise. Er konnte auch nicht behaupten, dass er sich nicht freute, den anderen wieder zu sehen. Aber eigentlich, vernünftiger Weise wäre es besser gewesen, wenn Antonin sich noch ein paar schöne Tage bei seiner Mum gemacht hätte. Und dass Antonin offensichtlich sauer auf ihn war, ließ ihn ein wenig unsicher werden, wie er auf den anderen zugehen sollte, wenn dieser nun gleich aus dem Zug steigen würde. Er seufzte tief und spielte mit dem Reißverschluss seiner Jacke herum. Antonin Kaum hatte er aufgelegt schlug er sich mit der Hand gegen die Stirn. War er ein Vollidiot? Er hätte doch auch sagen können, dass er mit seiner Mutter in die Nachbarstadt fuhr oder eine andere Lüge. Aber so lief das mit Cole ständig. Ständig! Der fragte etwas und bevor sich die kleinen warnenden Gehirnzellen bei ihm meldeten, hatte sein Mund schon geantwortet. Die Dame ihm gegenüber warf ihm einen mitleidigen Blick zu. "Probleme mit der Freundin? Das gibt sich schon wieder, Kindchen." Antonin konnte nicht anders als zu lächeln und den Kopf zu schütteln. "Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit, aber Danke für Ihre Worte." Sie lächelte ihn noch einmal an und schien sich wieder in ihr Buch zu vertiefen, was Antonin genug Zeit gab, sich auf das kommende Zusammentreffen vorzubereiten. Vor allem weil er glaubte, eine gewisse Verzweiflung in Coles Stimme gehört zu haben, und hatte er vorher nicht noch gedacht, dass jener sich mal zu Recht Vorwürfe machen würde? Doch im Grunde war es ihm jetzt auch wieder nicht recht. Abermals seufzte er tief und machte es sich noch einmal in dem weichen Sitz bequem. Die Endstation war noch eine halbe Stunde entfernt, was ihm genug Zeit gab, sich zu überlegen wie er Cole gegenübertreten wollte. Natürlich wollte er diesem klar machen, dass er sich Sorgen gemacht hatte, aber es sollte nicht wieder in einem emotionalen Tief für einen von ihnen enden. Das würde in dem Fall mehr zerstören als reparieren und Cole hatte ihm ja bereits einmal durch die Blume zu verstehen gegeben, dass Antonin es vor seinem Unfall gewesen war, der ihre ganze Beziehung ein wenig an der Hand nahm und durch unruhige Gewässer führte. Nun, vermutlich befanden sie sich gerade wieder in so einem und hierfür brauchte er keine Erinnerungen, um seinen alten 'Job' wieder aufzunehmen. Als der Zug schließlich im Bahnhof einfuhr, half er der alten Damen dabei, ihr Gepäck nach draußen zu tragen, bevor er wieder einstieg und seinen Koffer ebenfalls aus dem Zug holte. Dafür bekam er ein Danke von der Lady und ihrer Tochter und wank lächelnd ab, bevor er sich nach Cole umsah. Welchen er auch nach einigen Schritten ausgemacht hatte und auf diesen zuhielt. Und auch wenn er jetzt gerade einmal ein paar wenige Tage bei seiner Mutter gewesen war, so fühlte sich die Wärme, die sich wie ein Kloß in seinem Magen bildete und von der Sehnsucht nach dem Mann verkündete, durchaus gut an. Ja, er hatte wirklich häufig an den anderen denken müssen, obwohl jener ihm mehrmals gesagt hatte, dass seine Mutter es war, die jetzt wichtig sein musste. Das tat Antonin ja auch leid, aber er war niemand, der seine Gefühle einfach so an und ausstellen konnte. Wenn er Cole vermisste, dann tat er das. Punktum. Er kam vor dem anderen zu stehen, ließ seinen Koffer los und musterte den Mann vor sich schweigend, eingehend bevor er seufzte, noch einen Schritt näher trat und Cole ungefragterweise umarmte. "Keine Vorwürfe, Cole", murmelte er an dessen Ohr. "Nicht von meiner Seite aus und nicht von deiner. Ich möchte dich und deine Reaktion sehen, wenn die Situation anders herum gewesen wäre. Auch wenn ich natürlich eine Erklärung nicht schlecht fände, ist es schön dich zu sehen. Sogar an einem Stück." Und es tat umso besser sich persönlich davon zu überzeugen, dass es dem anderen gut ging. Da könnten kein Telefon, keine SMS und auch keine Email mithalten. Antonin hätte nicht mehr ruhig in Greenvile sitzen können, ohne sich genau davon überzeugt zu haben. Es wäre ums verrecken nicht gegangen. Cole Cole hatte Antonin gesehen, wie er der Frau half. Und das Herzklopfen, das seit der Einfahrt des Zuges sich beständig meldete, schien sich nun, da er ein paar Schritte dem anderen entgegenkam, während dieser auch ihm entgegenlief, zu verstärken. Er hatte Antonin vermisst. Das spürte er gerade mehr als deutlich. Er hatte ihn von dem Moment an vermisst, als jener in den Zug gestiegen war, als sie sich hier verabschiedet hatten. Unruhig glitten seine Augen über die Miene des anderen. Er wusste nicht, was Antonin gerade denken mochte, konnte nichts in seinem Gesicht lesen. Umso nervöser wurde er innerlich, als Antonin ihn musternd ins Gesicht blickte. Verwirrt zog Cole die Stirn in Falten, als er sich in einer Umarmung wiederfand. Er war leicht zusammengezuckt, wie ein verängstigtes Tier, das eine schlagende Hand erwartet hatte, aber einer streichelnden begegnete. Und letztlich war es ja auch so. Doch als Antonin zu sprechen begann, entspannte er sich wieder, erwiderte die Umarmung schließlich uns schmiegte sich an den anderen. Seine Augen waren geschlossen. Er atmete den anderen ein. Hm, es tat gut. Antonin wieder bei sich zu haben. Und ihm fiel auf, dass er gerade eben jene Szene hatte, die er selbst so gerne beobachtete. Eine Begrüßung zweier sich sehr nahestehenden Personen am Bahnhof. "Ist gut", erwiderte er leise, lächelnd. "Und deine Erklärung bekommst du natürlich." Er verharrte noch einen Moment in der Umarmung, dann löste er sich sacht, blickte Antonin an, bevor er sich ein wenig hinabbeugte und den anderen sanft küsste. Der Kuss war genauso ersehnt, wie die Person, die ihn gerade umarmt hatte. Wie Antonin es nur geschafft hatte, ihm so wichtig zu werden... "Ist es ok, wenn wir uns irgendwo etwas zu essen holen und dann zu mir gehen? Ich sterbe bald vor Hunger", fragte er und zog sich aus der ihm unbekannten Situation, die ihn in gewisser Weise verlegen machte. Es war wirklich, wie ein Pärchen. Waren sie sich bereits so nah? Offensichtlich. Und diese Tatsache verunsicherte ihn ein wenig, auch wenn er das Gefühl, das dabei mitschwang, genoss. Und da er noch nicht so weit war, es einfach nur zu genießen, musste er wohl manchmal einen kleinen Schritt zurückgehen, unbewusst wissend, dass Antonin ihn dennoch mitnehmen würde. Als sie endlich bei Cole ankamen, hatten sie etwas zu Essen vom asiatischen Schnellimbiss dabei. Cole holte etwas zu trinken und gemeinsam setzten sie sich auf die Terrasse, um zu essen. Cole begann ungefragt zu erzählen. Er wollte es hinter sich bringen. Und so erzählte er Antonin von dem Heroin aus Kolumbien, das vergangenen Nachmittag angekommen und verteilt worden war, während er abends ein Täuschungsmanöver veranstaltet hatte, weil ihm zu viele Informationen durch Waynes Idioten an die Öffentlichkeit gekommen waren. Er beteuerte, dass er in keiner Sekunde lebensgefährlich in Gefahr gewesen war. Es schien ihm, dass Antonin das wichtig sein könnte, auch wenn dieser momentan nicht sein Guard sein konnte. Er erzählte auch von Gawain, der offenbar für die Polizei gearbeitet hatte, und von dem Gespräch mit Horlocker. "Ich denke ich werde ihn nicht 'jagen', ich werde aber dafür sorgen, dass er in den großen Städten nicht unerkannt bleiben wird", erklärte er. Schließlich blickte er Antonin an. "Und nun erzähl mir, was du noch bei deiner Mutter gemacht hast", meinte er und schob das kaum angerührte Essen zur Seite. Er hatte während er geredet hatte nur hin und wieder einen Bissen genommen, doch die hatten offenbar ausgereicht, dass er nun satt war. Und letztlich lag ihm alles noch zu sehr im Magen, als dass er wirklich viel Essen konnte. Antonin Antonin lächelte ein wenig befreit, als er spürte wie Cole die Umarmung erwiderte, und er bemerkte wie sehr ihm das gefehlt hatte. Seltsamerweise nicht nur Cole, sondern auch das ein wenig ungewisse Herzklopfen, das mit jenem einherging. Es war im Grunde genommen sogar ein wenig spannend, sich immer wieder auf den anderen einzustellen. Zudem ihm sein Gedächtnis ja hin und wieder sogar auf die Sprünge zu helfen schien und wenn er den sanften Kuss, den er gerade bekam, als Meßlatte nahm, dann stellte er sich scheinbar gar nicht so ungeschickt an. Ein weiterer Grund lieber hier als in Greenvile zu sein, denn seine Mutter gab ihm zwar den manchmal bitter benötigten Halt, aber auch nur weil er ihr ungesehen Vertraute. Und dorthin wollte er bei Cole auch kommen. Er wollte sich keine Gedanken mehr darüber machen müssen, ob jener schlecht auf etwas reagieren würde, sondern einfach das tun wonach ihm der Sinn stand. Wie es wohl auch normal wäre, wenn sich zwei Menschen auf so etwas wie eine Beziehung einließen. Und als das deklarierte er das, was sie beiden momentan besaßen, denn ihm fiel kein anderer Begriff ein, der dem ganzen gerecht werden würde. Er nickte zustimmend als Cole sich von ihm löste, etwas zu essen fände er jetzt gar nicht schlecht. Was ihm nur ein weiteres Mal auffiel, als sie schließlich bei Cole angekommen waren und sich auf die Terrasse gesetzt hatten. Weshalb er, als der andere geendet hatte auch schon deutlich mehr als jener verputzt hatte. Auch wenn ihm das Essen stellenweise ein wenig schwer im Magen lag, besonders als Cole den Zugriff der Polizei beschrieb. "Mit dir macht man wirklich etwas mit", murmelte er dann und stocherte nach einem weiteren Hähnchenstück, bevor er es sich in den Mund schob und zufrieden darauf herumkaute. "Aber das ist nun mal was du bist und was du machst, insofern bin ich momentan einfach nur erleichtert, dich gesund und munter und auf freiem Fuß zu sehen", gab er schließlich zu und lächelte. Auch wenn es ein unsicheres Lächeln war, denn obwohl er sich jede Menge Mühe gab, das gehörte zu verdauen und als das zu akzeptieren was es nun einmal war, so fiel es ihm stellenweise natürlich ein wenig schwer. Nicht weil ihm das Heroin oder der Gesetzesbruch dabei Sorgen machte, sondern weil er Cole nicht verlieren wollte. "Dieser Captain scheint ein vernünftiger Mann zu sein, daher wird er diesen Gawain wohl nicht so schnell wieder einsetzen. Ich denke du hast jede Menge Vorbereitungszeit, für was auch immer du dann vorhast." Damit war er auch satt und strich sich kurz über den Bauch. Er würde bald mal wieder laufen gehen müssen, denn das fettige Essen bei seiner Mutter würde sonst ansetzen und das ginge mal überhaupt nicht. Seine Narben machten ihm durch ein paar Erinnerungsfetzen zwar wieder ein paar mehr Probleme, aber seine Figur mochte er eigentlich sehr gerne. Die Muskeln, die er besaß ließen ihn ein wenig größer wirken und gaben ihm ein wenig mehr Selbstbewusstsein. Möglicherweise würde er sogar mal bei Nicholas anfragen - vorsichtig natürlich - wie jener ihn trainiert hatte. So einen durchaus netten Körper warf man nicht einfach weg, nur weil man mit seinem Trainer nicht klarkam. Antonin warf einen kurzen Blick auf die von Cole übrig gelassene Mahlzeit, beschloss jedoch nichts dazu zu sagen. Der Mann war alt genug, um seine eigenen Entscheidungen treffen zu können, und wenn ihm gerade etwas auf den Magen schlug, wäre es wohl schlecht, ihn daran über das Essen zu erinnern. So begann er zu erzählen, führte einige der seltsameren Begebenheiten etwas mehr aus als andere. Erzählte auch von dem Tag den seine Mutter und er alleine verbracht hatten und von dem eher ungewöhnlichen Heiratsantrag der junge Frau aus der Tankstelle. Jene hatte wohl mitbekommen, dass er so eine Art Wissenschaftler war und wollte im Grunde nur raus aus dem kleinen Nest, weshalb sie sich ihm an die Brust geworfen und darum angebettelt hatte, sie zu heiraten. Nun, man konnte sich seine Überforderung mit der Situation vorstellen, aber er war von seiner Mutter gerettet worden, die das Mädchen beiseiteschob und es rügte, dass man sich nicht jedem wildfremden Mann einfach so an den Hals warf. Offensichtlich tat die gute das häufiger. "Alles in allem waren es ein paar schöne Tage, aber ich denke nicht dass ich so schnell wieder hinfahren werde. Allerdings hat mir meine Mum versprochen, mich hier einmal zu besuchen und ich soll dir schöne Grüße ausrichten und ihren Dank darüber das du sie toll findest." Hier lächelte er höchst zufrieden. "Tatsächlich fand sie das sogar recht amüsant und meinte, dass sie sich jetzt weniger Sorgen um mich machen würde. Warum auch immer. Und von Tayra soll ich dir ausrichten, dass sie ihre Schuhe nicht ruinieren möchte und du deshalb noch einmal um die Strafe herumkommst." Cole War das ein Vorwurf? Nun, er könnte es dem anderen nicht verübeln. Mit ihm machte man wirklich etwas mit. Aber es machte ihn eben aus. Doch Antonin zerschlug seine Sorge gleich wieder, indem er sagte, was Cole gerade gedacht hatte. Ja, diese Welt war schon lange ein Teil seines Lebens. Und das würde sich wohl erst ändern, wenn er wirklich eingebuchtet worden wäre. Und selbst dann würde es ihn wahrscheinlich erst loslassen, wenn er gestorben war. So war das nun einmal. Und so schnell würde sich daran auch nichts ändern. Cole gab es nur damit, oder gar nicht - egal, wie sehr er das auch bedauerte. Und in gewisser Weise bedauerte er es wirklich ein wenig. Wie wäre es wohl, wenn er einfach ein ganz normales, ungefährliches, legales Leben führen könnte? Wäre er dann jetzt in einer Kanzlei tätig? Würde er den Beruf ausführen können, der ihn wirklich interessierte? Oder wäre er vielleicht wirklich Polizist geworden, wie er es sich als Junge gewünscht hatte? Als Antonin weitersprach blickte Cole aus seinen Gedanken hoch. "Ja, ich mag den Captain. Er ist ein kluger Mann." Cole nahm doch noch einen Bissen aus seinen Nudeln. "Und um Gawain kümmere ich mich, wenn es soweit ist. Ich weiß, dass er jetzt erst einmal untergetaucht ist. Alles andere wird sich dann irgendwann geben." Cole tat es gut, Antonin zuzuhören, wie dieser über seinen Aufenthalt bei seiner Mutter redete. Es ließ ihn seinen Stress vergessen, seine Anspannung und seine Sorge für einen Moment ruhen. Durch die Ausführungen des anderen wurde er von den Dingen, die am vergangenen Tag geschehen waren, abgelenkt. Und erst jetzt merkte er, wie angespannt er wirklich war. Cole lachte leicht, als Antonin von jener Dame an der Tankstelle berichtete. "Mit der guten Dame könnte man ja schon fast Mitleid bekommen", lächelte er und nickte zu Antonins Feststellung, dass er eine schöne Zeit gehabt hatte. "Wenn sie herkommt, dann ergibt es sich ja vielleicht mal, dass ich sie kennenlernen darf", überlegte er und spürte wieder jenes beklemmende Gefühl, dass das Wort 'Beziehung' schön längst im Raum stand, ohne dass er es wirklich gemerkt hatte. Aber er würde es nicht aussprechen, und er würde es auch nicht verscheuchen. Er würde einfach sehen, was geschah. "Das verstehe ich auch nicht", er hob die Augenbrauen. "Was lässt deine Mutter so sicher sein, dass ich nicht eigentlich ein gewalttätiger Psychopath bin?" Er grinste Antonin an. "Nun ja, zumindest bin ich jemand, 'mit dem man was mit macht'" Er zwinkerte und dem andren zu. "Und das Tayra meinen Arsch nicht malträtiert beruhigt mich ungemein. Der guten würde ich es zutrauen, dass sie mir wirklich ihre Absätze in den Arsch rammt und genüsslich umrührt. Dabei bin ich mir diesmal nur der Schuld bewusst, weshalb du wieder hier bist, anstatt bei deiner Mutter zu sitzen und über Strickmuster zu plaudern." Er wollte gerade ansetzen noch etwas zu sagen, als sein Handy klingelte. Unmerklich zuckte er leicht zusammen. Er wusste, wer das war. Die Melodie verriet den Anrufer. Seine Miene verhärtete sich schlagartig. "Ich muss kurz telefonieren", erklärte er und stand auf, da er innen sein Handy vergessen hatte. Costello redete nicht lange um den heißen Brei herum. Er solle unverzüglich zu ihm kommen, befahl jener und legte sogleich wieder auf. Cole blickte auf sein Handy. Nun, das ging ja doch schneller als erwartet. Cole rieb sich über die Augen, blieb noch einige Momente so stehen, den Blick auf den Boden gerichtet. Er hasste diese Situation. Ein Gefühl von absoluter Hilflosigkeit, das er so gut wie gar nicht kannte. Es war eine andere Art von Hilflosigkeit, die er empfand, wenn Antonin von ihm verlangte, aus sich heraus zu gehen. Eine komplett andere. Denn diese Hilflosigkeit, die er bei Costello empfand, war hoffnungslos, ohnmächtig, ohne Perspektive. Bei Antonin wusste er, dass es gut war, dass es ihn nicht umbringen würde, dass er dennoch sicher war. Diese Empfindungen fehlten bei Costello. Bei jenem hatte er eher das Gefühl, dass jemand ihm den Boden unter den Füßen wegriss, während er versuchte seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Bei Costello spürte er immer wieder das Messer im Rücken, das jener ihm dort schon einmal hineingerammt hatte. Bei Costello kam er sich wehrlos vor, mit dem Wissen, dass er nicht sicher war. Cole ging wieder auf die Veranda. "Ich muss leider los", erklärte er ernst. "Und nachher muss ich noch ins Lady-Dream." Kurz überlegte er. "Entweder bleibst du hier, wenn du möchtest, oder ich nehm dich schnell mit nach Hause. Was wäre dir lieber?" Eigentlich wollte er gar nicht gehen, aber er musste. Alles andere würde es nur noch schlimmer machen. Also würde er das Beste daraus machen. Augen zu und durch... Und vielleicht würde er später noch einmal mit Antonin telefonieren können, oder zu ihm kommen können. Er bezweifelte, dass jener hier bei ihm bleiben wollte. "Und morgen könnten wir wohl etwas gemeinsam unternehmen, wenn du möchtest." Antonin "Ich denke, ihr hat imponiert, dass du ihr zugestimmt hast, was die Kernseife betrifft", vermutete er und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. "Und dass sie dich nicht für einen Psycho hält mag entweder daran liegen oder eventuell an meinen Erzählungen." Er zuckte mit den Schultern. "Schlussendlich bin ich ihr Sohn, was bedeutet, dass sie mir jede Menge mitgegeben hat. Nicht nur was meine Erziehung, sondern vielmehr meine Charaktereigenschaften betrifft. Insofern geht sie wohl davon aus, meinen Instinkten und Einschätzungen trauen zu können." Antonin lächelte, als er die doch recht bildliche Darstellung von Tayras 'Künsten' vernahm. "Ja mit Tayra ist manchmal nicht gut Kirschen essen. Aber wenn sie solche Drohungen gegen dich ausspricht, bedeutet das nichts anderes, als dass sie dich in ihre unendlich große Familie aufgenommen hat. Sie sammelt Familienmitglieder wie andere Briefmarken." Er selbst bemerkte gar nicht, dass er damit auf mehr Erinnerungen zurückgriff. Nicht alles kam mit einem Knall, vieles war einfach wieder da und fiel ihm gar nicht als neu auf. "Und ihr könnt euch ja gegenseitig immer die Schuld zuschieben und ich bin dann immer fein raus. Gefällt mir eigentlich recht gut dieses Arrangement." Er grinste und nahm einen Schluck von seinem Wasser, bevor Coles Handy klingelte und die Stimmung damit sofort umschlug. Die ganze Ausstrahlung des anderen Mannes änderte sich von einer Sekunde auf die andere und so sah Antonin nur mit hochgezogenen Augenbrauen hinter dem anderen her. Das kam ihm seltsam vor und es wurde noch viel seltsamer als Cole zurück kam. Doch Antonin hatte in der letzten Zeit dazu gelernt. Nicht nur was sich selbst, sondern auch was sein Umfeld betraf, weswegen er sich nur zu gerne nach Hause fahren ließ und dem anderen noch bestätigte, dass er am nächsten Tag gerne etwas mit Cole unternehmen würde, wenn jener denn Zeit hätte. Recht viel mehr sprachen sie auch nicht mehr miteinander. Antonin nicht, um Cole nicht aus der neu aufgetretenen Konzentration zu reißen, und Cole wohl nicht, weil es momentan offensichtlich nichts mehr zu sagen gab. Als er in seiner Wohnung ankam, riss er erst einmal alle Fenster auf, um die abgestandene, stickige Luft zu vertreiben und durchsuchte eine bestimmte Schrankschublade, aus welcher er auch gleich darauf eine Packung Zigaretten zog. Mit jener ging er zu seinem Wohnzimmerfenster und zündete sich gleich darauf eine an, bevor er zum Telefon griff und Tayra anrief, um ihr zu sagen, dass er zurück sei. Das Gespräch verlief angenehm und er erfuhr auch, dass ihn seine Patentochter gerne einmal wieder sehen würde. Er gab ein lasches Versprechen und legte das Telefon bald darauf wieder zur Seite, den Kopf an die Wand lehnend und raus auf die Straße blickend. Coles Verhalten gab ihm immer wieder neue Rätsel auf, vor allem wenn man bedachte, dass er jenen im Grunde momentan nicht so gut kannte, wie er das gerne glaube wollte. Irgendetwas schien diesem noch auf der Seele zu liegen und das tief und schwer genug, um ihn nicht darüber sprechen zu lassen. Selbst wenn Antonin der Typ von Mensch wäre um nachzufragen, so hielt ihn alleine der gesamte Ausdruck von Cole immer wieder davon ab. Ein wenig frustriert stieß er den Rauch durch die Lippen und griff ein weiteres Mal zu seinem Telefon, diesmal um seine Mutter anzurufen und ihr zu versichern, dass er sicher zuhause angekommen war. Und danach gönnte er sich etwas, das er nur ganz selten tat... ein langes, heißes Bad mit einem Glas voller Eiswürfel gegen den Durst. Zusätzlich noch seinen geliebten Armageddon Soundtrack und der Schachtel Zigaretten. Ja, so konnte ein Abend ausklingen und gab ihm viel Gelassenheit um über Dinge nachzudenken, die er in den letzten Tagen eher zurück gestellt hatte. Wie zum Beispiel das Auto, an das er sich wieder erinnerte und das er gerne einmal in echt sehen wollte. Schließlich fühlte er sich entspannt genug, um nach dem Bad direkt nackt in sein Bett zu gleiten und mit ein paar letzten Gedanken an Cole einzuschlafen. Beruhigt einzuschlafen und damit auch die Stunden nachzuholen, die ihm fehlten, da er nach dem kurzen Telefonat mit dem anderen nicht mehr hatte schlafen können. Dass er sich einbilden konnte, Coles Geruch noch in den Laken zu haben, half ihm dabei immens weiter. Wobei er sich dabei doch eher den echten, realen Mann an seine Seite wünschte. Aber von solcher Regelmäßigkeit und Beständigkeit waren sie wohl noch Meilen entfernt.. Cole Es war 4 Uhr früh. Es hatte vor kurzem gewittert und die Straßen New Yorks dampften. Die Hitze der vergangenen Tage war enorm gewesen. New York im Hochsommer war etwas zum abgewöhnen. Und der Regen hatte es nicht besser gemacht. Gut, die Luft roch nicht mehr nach Müll, Autoabgasen und Schweiß, aber dafür war die Stadt nun von einer drückenden Schwüle erfüllt. Die Luftfeuchtigkeit war schier unerträglich. Die ganze Stadt, die eigentlich nie schlief, schien wie benebelt zu sein, wie in Trance, wie nach einem hitzigen Tanz, der einem den Verstand geraubt hatte. Cole stand in einem Häusereingang und zog seine Zigarettenschachtel heraus und nahm seine letzte Zigarette heraus. Die leere Verpackung warf er achtlos von sich, griff zu seinem Zippo und zündete sich die Zigarette an. Er rauchte ungewöhnlich viel. Er sollte sich wieder einschränken. Aber heute brauchte er etwas zum festhalten. Sein Blick glitt zu den Fenstern hinauf, die zu der Wohnung gehörten, in der er jetzt gerne wäre, in die er jetzt gerne gehen würde. Er würde sich jetzt zu gerne zu Antonin ins Bett legen, sich von ihm in den Arm nehmen lassen, gestreichelt und geküsst werden. Aber wenn er nun Antonin anrufen und ihn um Einlass bitten würde, dann würde jener sehen, dass es Cole nicht besonders gut ging. Dann würde er die blauen Flecke an seiner Seite sehen, die mittlerweile mit Klammerpflastern versehene Platzwunde über dem linken Auge. Und wenn Antonin ihn so sehen würde, würden Fragen im Raum stehen. Fragen, die Antonin wohl gar nicht aussprechen würde, aber die dennoch nach einer Antwort verlangten. Und Cole war sich noch nicht sicher, ob er die Antwort schon geben konnte. Er wusste nicht, ob er Antonin schon von seiner Geschichte, seiner ganz persönlichen Geschichte erzählen konnte. Nicht, weil Antonin ihm nicht zuhören würde, oder nicht verstehen würde; Nicht weil er Angst vor dessen Reaktion hätte; Er wusste nicht, ob er selbst dies alles schon aussprechen konnte, was er jahrelang tief in sich vergraben hatte, verdrängt, nicht aufgearbeitet. Und wenn er es aussprechen würde, dann würde er viele Dinge wohl als endgültig darstellen müssen. Und nun stand er da und überlegte, ob er Antonin anrufen sollte, oder nicht. Der Abend hatte ihn gezwungen mal wieder so einiges sich vor Augen zu führen, was er eigentlich nicht gerne tat. Er hatte sich zu Costello fahren lassen, wo er auch sein Auto stehen sah. Daher wusste jener also, was geschehen war. Alan, der Arschkriecher, hatte gepetzt. Nun, dann würde er später zumindest sein Auto wieder mitnehmen können. Er wurde anstandslos eingelassen und zu Costello durchgelassen. Die Villa, die einen wunderbaren Blick auf New York bot, war wirklich schön. Und Cole wusste, dass er sie letztlich durch seine Arbeit mitfinanziert hatte. Im Garten hörte er Kinderstimmen, ein Lachen, ein Hund bellte, offensichtlich mit dem Kind spielend. Es war wohl Costellos Tochter Anne, eine Nachzüglerin und sein ganz besonderer 'Schatz'. Costello vergötterte sie. Als er Costellos Zimmer betrat blickte dieser ihn mit seinen kalten Augen an, doch sein Lächeln war stets da. Es war immer da, dieses Lächeln, immer. Es war da gewesen, als er ihn aus dem Haus seiner Eltern geholt hatte. Es war da gewesen, als er ihm begreiflich gemacht hatte, was Cole tun musste, um seine Eltern rächen zu dürfen. Es war da gewesen, wenn er ihn gelobt, wenn er ihn geschlagen, wenn er ihn misshandelt hatte. Costello deutete Alan, dass er gehen sollte. Als die Tür ins Schloss fiel trat Costello auf ihn zu. "Ich habe unschöne Dinge gehört", erklärte er und sah Cole an. "Hast du dazu etwas zu sagen?" Cole hatte angefangen ihm zu erklären, was sein Plan gewesen war, und dass er ja auch funktioniert hatte. Alles hatte funktioniert, alles hatte geklappt. Er sah den Schlag zu spät, der ihm am Auge traf. Costello hatte ihm den Rücken zugewandt, so getan, als wollte er sich etwas zu trinken einschenken. Als er etwas patzig bemerkte, dass er seinen verdammten Stoff doch pünktlich erhalten hatte, holte Costello aus und schlug ihn mit der vollen Wucht einer Drehung nieder. Cole ging benommen zu Boden, wo er gegen irgendein Möbelstück gefallen war, spürte das Blut über sein Gesicht laufen. Er blickte zu Costello hoch, der bereits über ihm stand und ausholte, um ihm einen Fußtritt in die Rippen zu geben, einen, zwei, drei, bevor er endlich von ihm ließ. Cole blieb regungslos liegen. Er hatte gelernt, dass er sich nicht rühren durfte, wenn Costello in dieser Rage war. Es war gesünder. Und schon begann jener, der sich stets selbst als seinen Daddy bezeichnete, wie gewohnt ihm eine Moralpredigt zu halten. Er erklärte Cole, was er von ihm erwartete, weshalb er enttäuscht war. Und schließlich begann er mit der alten Leier wieder, den Worten, die er schon zu genau kannte, weil er sie so oft in seinem Leben schon gehört hatte. "Cole, du bist mein bester Mann, mein Liebling, du bist mir wie ein Sohn für mich. Ich habe dich immer unterstützt, dir geholfen ein erfolgreiches Leben zu führen und dir gezeigt, wie man sich in unserer Welt zurechtfindet. Und das ist dein Dank dafür? Hast du denn gar nichts gelernt? Du weißt doch was passiert, wenn man nicht aufpasst, wenn man nicht vorsichtig ist. Du hast deine Eltern und deine Geschwister nicht vergessen, oder? Und du vergisst doch auch nicht, dass du ihnen etwas versprochen hast, oder? Nun, wieso enttäuscht du sie dann? Wieso enttäuschst du sie immer und immer wieder?" Als ob er daran erinnert werden müsste. Wie oft sah er seine Eltern, seine Geschwister in seinen Träumen. Wie sie dalagen, blutüberströmt, von so vielen Kugeln durchschossen, dass sie vollkommen entstellt waren. Cole schloss die Augen und schluckte. "Schau mich an, wenn ich mit dir rede, Cole", wurde er gleich darauf angefahren und so öffnete er wieder die Augen und sah erneut, was er immer in diesen Situationen zu sehen bekam. Ein Foto. Das Foto seiner Eltern, seiner Geschwister und ihm selbst, scheinbar glücklich. "Cole, du weißt, was du zu tun hast, also mach es auch richtig. Du bist doch mein guter Junge." Costello half ihm hoch und zupfte an seinen Kleidungsstücken herum, die Blutflecken ignorierend. "Bring mir Hunters Kopf, egal wie du es anstellst", raunte er bedrohlich. "Dann vergesse ich das." Er lächelte wieder und klopfte ihm auf die Schulter. "Ach, und bevor ich es vergesse. Eine Sache musst du mir noch erklären." Costello ging an seinen Schreibtisch und nahm einen kleinen Gegenstand. "Alan hat das hier an deinem Wagen entdeckt. Es ist ein Sender. Einer, den die Polizei nicht verwendet, sondern eher private Sicherheitsunternehmen. Kannst du mir das erklären?" Cole hob überrascht die Augenbrauen. Er ahnte, woher dieser Sender kam, und es würde auch erklären, wie Antonin ihn damals überwacht hatte, wieso er im Haus seiner Eltern auftauchen konnte. "Ich habe keine Ahnung", erklärte er und sah Costello an. "Aber ich werde es herausfinden." Costello nickte zufrieden. "Gut. Und in Zukunft möchte ich, dass du dir kein Kuckucksei ins Nest holst. Ende der Woche werden wir neue Projekte für dich haben. Bis dahin solltest du schauen, dass das Lady-Dream ruhig läuft. In deinem Wagen ist das Geld für die Operation. Zahl jedem seinen Anteil." Er deutete ihm, dass er nun gehen solle. Cole ging, ruhig, gelassen, die kalte Aura um sich, die er bei Costello in all den Jahren gelernt hatte. Im Lady-Dream warteten alle schon auf ihn. Cole zog sich schnell um. Ragnar verarztete die Platzwunde, wissend, nicht fragend. Dann erklärte er seinen Leuten, was die Ursache für den Polizeieinsatz war und erklärte, dass es nun umso wichtiger war, dass sie nun vorsichtig seien. Er erklärte ihnen, er könne nur auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass nichts geschah, wenn alle ihre Arbeit gewissenhaft machten und ihm vertrauten. Doch dass das Vertrauen nach dieser Aktion größer war als je zuvor, stand außer Frage. Schließlich war allen bewusst, welcher Geniestreich die Aktion letztlich gewesen war. Cole tat es gut, zu sehen, dass wenigstens seine Leute komplett hinter ihm standen. Er zahlte ihnen ihr Geld und die Stimmung war ausgelassen, als sie gemeinsam etwas tranken. Doch Cole trank nicht mit. Er hatte zu arbeiten. Er saß recht lange da, sammelte alle Infos zusammen und schickte schließlich ein gutes Foto, eine genaue Beschreibung und einige andere Informationen an alle größeren Organisationen. Auch nach Atlanta schrieb er, bemerkend, dass die Verkleidung von Gawain Hunter in Zukunft nicht mehr funktionieren würde. Er schloss das Lady-Dream um 3 Uhr ab und fuhr durch das Gewitter zu Antonin. Noch bevor es aufgehört hatte zu regnen, war er ausgestiegen. Der Regen hatte ihm gut getan, die Kühle, das Beständige. Und nun stand er durchnässt auf dem Bürgersteig, blickte hinauf zu einem Fenster, hinter dem er nun gerne stehen würde. Ein letztes Mal zog er an der Zigarette, dann schnippte er den Filter weg. Nein, er war noch nicht so weit. Er würde noch nicht über den Tod seiner Eltern reden können. Und noch weniger über die Jahre die folgten, über seine Erziehung durch Costello, seine verfluchte Bindung an diesen, über sein beschissenes Leben. Noch konnte er das nicht. Zu Hause duschte er sich lange, um sich wieder aufzuwärmen, denn der Regen hatte die innere Kälte entfesselt, die ihn schlottern ließ. Dann ging er ins Bett. Er stellte sich keinen Wecker. Irgendwann würde er schon aufwachen. Und wenn nicht, war es auch egal. Kapitel 72: Wiedergeburt des Falcon ----------------------------------- Antonin Antonin war früh auf den Beinen, denn selbst wenn ihm der Schlaf gefehlt hatte, so war er doch für seine Verhältnisse zu zeitig ins Bett gegangen. Er trödelte eine ganze Weile herum, bevor er sich ins Bad begab und seine Routine startete. Welche dann erstmal von Koffer auspacken, Wäsche sortieren und schließlich sogar Wäsche waschen resultierte bevor er sich in eine gutsitzende aber gemütliche Jeans und ein dunkelblaues T-Shirt warf und seine Wohnung verließ, um sich etwas zum Frühstücken zu organisieren. Jenes kurze Frühstück endete in einem Großeinkauf, wo er sich selbst erst einmal geraume Weile verfluchte, als er schließlich mit den vielen schweren Tüten wieder bei sich angekommen war. Er brauchte ganz dringend wieder ein Auto. Ganz, ganz dringend. Und apropos Auto… nachdem er die Einkäufe weggeräumt und sein schon wieder verschwitztes T-Shirt diesmal gegen ein schwarzes ausgetauscht hatte, rief er sich ein Taxi und nannte eine Straße, von der er hoffte das sie existierte. Was sie auch tat und so stand er eine halbe Stunde später vor einer eher etwas heruntergekommenen Werkstatt, welche er mit deutlichem Misstrauen musterte. Das Auto aus seinen Gedanken würde hier so gar nicht reinpassen… "Antonin?.. Antonin! Man das ist ja eine Überraschung! Ich dachte schon, du holst dir den Falcon nie wieder ab. Komm rein!", irritiert sah er sich um, bis er eine Frau mit grellpinken kurzen Haaren in der Tür zur Werkstatt ausmachen konnte. Naja, sah so aus als wäre er hier richtig. Nur noch kurz zögernd folgte er der Frau nach drinnen, bis in ein eher abgedunkeltes Eck der Werkstatt, wo sie sich erst einmal die schmierigen Hände an der dunklen Latzhose abwischte und ihm eine davon hinhielt. "Du warst lange weg." Antonin lächelte und reichte ihr die Hand, wobei er dann ein wenig stutze, da sie damit irgendwelche seltsamen Verrenkungen anstellte. Oder besser, anstellen wollte, da er nicht mitmachte. Irritiert sah ihn die deutlich kleinere Frau an und er lächelte melancholisch. "Ich hatte einen Unfall, Billy. Mein Gedächtnis ist ziemlich angeknackst. Sorry." "Oh mein Gott!", quietschte die Frau, von der er auf einmal wieder gewusst hatte, wie sie hieß, auf und Sekunden später hatte er einen Arm voll Frau an der Brust. "Geht es dir gut? Darfst du schon wieder rumlaufen? Ist dir was Ernsteres passiert?" Er tätschelte ihr beruhigend den Rücken und schob sie dann ein Stück von sich. "Keine Sorge. Nichts was nicht wieder wird. Aber ich habe mich erst gestern an mein Auto erinnert und würde es gerne sehen." Und plötzlich begann die kleine Frau zu strahlen wie ein Sonnenaufgang und zog ihn mit sich zu einem abgedeckten Fahrzeug. "Das ist ein Wunsch, den ich dir gerne erfülle. Siehe und staune, denn dein Falcon ist wieder so gut wie neu! Ach was.. er ist BESSER!" Mit diesen großspurigen Worten zog sie die Plane weg und wäre das ein Comic gewesen, so wäre Antonin das Kinn auf den Boden gefallen. Das war sein Auto? "Oh Scheiße.." "Na, bist du beeindruckt?" Billy lachte und begann ihn an der Hand zu nehmen und erklärte ihm sein Fahrzeug von oben nach unten. Die Lachgaseinspritzung, die Felgen, die Farbe an der sie zu zweit ewig herumgetüftelt hatten bis sie genau Antonins Augenfarbe entsprach, wann er bereit für den Start eines Rennens war, die Maße des Falkenkopfes und dass sie die Türen extra umgebaut hatten, so dass die Türen zur Seite hochklappbar waren. "Mein eigenes 10 Sekunden Auto...", murmelte Antonin fassungslos und bekam dann erstmal erzählt, dass sie keine 10 Sekundenrennen fuhren, sondern sogenannte Penalty Races. Die Strafe für zu langsames Ausweichen war meistens ein zerschossener Reifen, oder Schlimmeres. Weshalb der Falcon momentan auch hier stand, da Antonin aus bisher noch unbekannten Gründen das Auto lieber seitwärts an die nächste Wand gedreht hatte, als das Rennen zu gewinnen. "Holy shit... kann ich fahren?", in seine Augen schlich sich ein aufgeregter Glanz und abermals lachte Billy hell auf. "Es ist dein Wagen Großer. Ich bin nur deine Mechanikerin." "Ich habe ihn Nicholas nicht anvertraut, huh?", murmelte er mehr zu sich selbst und sah abermals erstaunt auf als Billy lachte. "Natürlich nicht! Nicholas hätte das Fahrzeug mit den ganzen Sicherheitsvorkehrungen für dich und Tayra so schwer gemacht, dass es vermutlich gar nicht mehr vorwärts gehen würde. Warte kurz, ich packe dir schnell noch neue Nummernschilder drauf und ab geht die Post!" Und ab ging die Post tatsächlich! Die ersten Runden um den Block fuhr er noch mit Billy, die ihm aufgeregt das ganze System des Fahrzeuges erklärte. Welche Knöpfe die Einspritzung aktivierten und welche das Dach 'unters Dach' fahren ließ, um eine Öffnung zum Schießen zu haben. Wobei er selbst es wohl vorgezogen hatte aus den Fenstern zu schießen, wofür es einen extra Gurt am Fahrersitz gab, der den Beifahrer sicherte. Antonin war scheißbeeindruckt als er Billy absetzte und ihr tausendmal versprach, sich wieder bei ihr zu melden. Und noch viel mehr, wenn er wiedermal ein Rennen fahren wollen würde. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es bereits 13 Uhr war und so fuhr er sein Auto rechts ran, griff zum Handy und rief Cole an. Es dauerte eine Weile, aber dann hörte er die etwas verschlafen klingende Stimme. "Cole! Coooole!", überfiel er ihn sofort. "Hast du noch geschlafen? - Egal! Du glaubst nicht was ich heute herausgefunden habe. Hast du Zeit? Hast du Hunger? Ich hole dich ab!" Cole Cole schlief unruhig, aber er schlief zumindest endlich mal wieder. Doch die schon länger nicht mehr geträumten Erinnerungen verfolgten ihn in dieser Nacht, so dass der Schlaf wenig erholsam war. Corleone schien zu spüren, dass es Cole nicht gut ging und auch wenn Cole die Katze eigentlich nicht in sein Bett ließ, so war er diesmal doch dankbar für die Wärme, die sie ihm spendete. Als sein Telefon klingelte war er gerade wieder eingeschlafen, nachdem er um zwölf beschlossen hatte, zu versuchen, noch einmal einzuschlafen. Er hatte keine Lust aufzustehen. Das Lady-Dream würde ihn später ohnehin einholen. Wahrscheinlich würde er einige Rückmeldungen erhalten, was sein Schreiben betraf. Verschlafen meldete er sich musste dann aber lächeln, als er Antonins Stimme hörte und noch breiter grinsen, als er dessen Aufregung hörte. "Einatmen, ausatmen, Antonin. Vergiss das nicht", erklärte er und seufzte. "Ich habe Zeit, ob ich Hunger habe, weiß ich noch nicht, und komm ruhig her. Klingel einfach..." Er legte auf und wartete kurz, bevor er aufstehen wollte und sich wieder daran erinnerte, was sein Körper am vergangenen Abend ertragen hatte müssen. Und mit einem Mal war er hellwach. Er sollte sich schnell duschen und anziehen. Das Auge wäre nicht zu übersehen, den Rest musste Antonin ja nicht gleich sehen. Und so eilte er ins Bad, musterte die blauen Flecken an seiner Seite und drückte vorsichtig die Rippen ab, die zum Glück nicht gebrochen waren. An seinem Rücken war auch ein Hämatom, das einen deutlichen Abdruck irgendeiner Kante darstellte. Wohl der Tisch, gegen den er geknallt war. Nun, das Auge war leicht blau, aber bei weitem nicht so stark, wie nach Antonins Schlag. Man sah es nur, wenn man genau hinsah. Deutlicher war die Platzwunde. Er hatte sich stark zusammenreißen müssen, um nicht seine Waffe zu zücken. Aber er durfte keinen Widerstand leisten. Er konnte nicht... Eilig duschte er sich, was mehr dazu dienen sollte, ihn aufzuwecken, als dass er es wirklich nötig gehabt hätte. Er wechselte vorsichtig das Klammerpflaster. Dann zog er sich eine Jeans und sein Lieblingshemd an. das dunkelrote, das er oben ein wenig offen ließ. Dann klingelte es auch schon. Ein Glück, dass er schon fertig war. Er ließ Antonin rein und ging in die Küche, um sich seinen Orangensaft einzuschenken. Dann wartete er bis Antonin aus dem Aufzug stieg. Cole lehnte an der Küchenzeile und blickte Antonin entgegen, der hereinkam und die Tür zuzog. Ein Lächeln schlich sich sogleich auf seine Lippen. "Erzähl, was sorgt dafür, dass sich deine Stimme schier vor Freude überschlägt." Fragend sah er den anderen an. Antonin Antonin schüttelte belustigt den Kopf. Er atmete ein und aus! Höchstens ein wenig schneller als normal. Aber dann legte er das Handy beiseite und ließ rein aus kindischer Freude heraus den Motor seines Falcon einmal aufjaulen, bevor er aus der Parklücke herausschoss und sich wieder in den Verkehr einfädelte. Wobei man durchaus merkte, dass diese Fahrzeug im Grunde nicht für den normalen Gebrauch konzipiert war. Aber wen juckte das schon? Hauptsache es fuhr. Hehe... und wie es fuhr! Und obwohl er sich auf Cole freute, konnte er sich auch den Umweg zu dessen Wohnung nicht verkneifen, dafür machte es viel zu viel Spaß. Er parkte und warf dem Auto noch einen letzten sehnsüchtigen Blick zu, bevor ihm eine Idee kam und er das Handy zückte und ein paar Bilder schoss. Wenn Cole 'lieb' war, würde er die Bilder schon in der Wohnung zu sehen bekommen. Antonin lachte leise über seine eigenen Gedanken und jenes Strahlen hielt an bis er schließlich das Loft betrat und die Tür hinter sich zuzog. Sein Blick suchte nach Cole und fand ihn gegen die Küchenzeile lehnend. Abermals vertiefte sich sein Lächeln und er trat näher heran, wollte gerade den Mund aufmachen um zu berichten, als er stockte und die Stirn runzelte. Sein bisher oberflächlicher Blick wurde prüfend, aufmerksam und vor allen Dingen genauer. Diese ganze Veränderung hielt nur wenige Sekunden, vielmehr sogar nur einige Augenblicke an, bevor sein Lächeln wieder da war und er zu seinem Handy griff, darauf herumtippte und Coles Handy gleich darauf das Geräusch einer SMS von sich gab. In jenen wenigen Sekunden hatte Antonin für sich entschieden, dass er nicht nachfragen würde. Dass er, wie versprochen, darauf warten würde, dass Cole bereit wäre ihm diese Dinge zu erzählen. Dass er hier und jetzt beweisen würde, dass Cole ihm zurecht vertraute und er die für ihn abgesteckten Grenzen erkannte und respektierte. Denn das jene Grenzen vorhanden waren, davon zeugte alleine Coles nonchalante Haltung, die bereit wäre auf ihn, Antonin, einzugehen aber nicht mehr. Und das reichte. Vorerst. So trat er nur schnell näher, bevor Cole nach seinem Handy sehen konnte, zog dessen Kopf ein Stück zu sich und gab dem anderen einen Kuss, bevor er murmelte: "Ich hab dir gerade ein Bild auf dein Handy geschickt. Und das Objekt dieses Bildes versetzt mich jetzt schon mehrere Stunden in helle Aufregung und es steht mehr oder weniger direkt vor deiner Tür." Er trat zurück und gab dem anderen mit einer Geste zu verstehen, dass jener nachsehen dürfte. "Du hast keine Idee, aus welcher abgefuckten Werkstatt ich ihn gezogen habe, aber die Frau dort ist mehr als fähig und ich habe erfahren, dass es so eine Art Hobby von mir war, bei Rennen mitzufahren. Kannst du das glauben?" Er blitzte Cole gut gelaunt an und begann sogar wieder leise zu lachen. "Ich habe vorher bestimmt alle zwei Blöcke irgendwelche Verkehrsregeln gebrochen, aber das Baby ist nicht zum Langsamfahren gedacht." Cole Coles Augen folgten Antonin, der auf ihn zutrat. Und er sah die Veränderung, die dessen Gesichtsausdruck einen Augenblick annahm. Der musternde Blick an seinem Auge. Cole spürte, wie er sich innerlich verkrampfte, wie er einen Moment sich zusammenzog, als würde er sich auf einen Angriff vorbereiten. Doch dieser Angriff blieb aus. Stattdessen blickte er wieder in ein lächelndes Gesicht und Cole hätte in diesem Moment Antonin am liebsten zu sich gezogen und ihn dafür geküsst, dass er eben nicht ihm Vorwürfe machte oder sorgenvolle Fragen stellte. Doch das übernahm schon Antonin, der ihn sacht küsste. Cole hatte nichts dagegen. Von Antonin ließ er sich gerne küssen. Nach Antonins Erläuterung ergriff er das Handy, das hinter ihm gepiepst hatte, und öffnete die Mitteilung, die Bilder betrachtend. Anerkennend pfiff er durch die Zähne. "Wow", kommentierte er ehrlich und betrachtete das Foto eindringlicher. Hm, so in der Art hatte er sich den Wagen vorgestellt, von dem Antonin ihm bereits erzählt hatte. Er blickte den anderen mit warmen Augen an, als dieser schon wieder vor Aufregung schneller und schneller zu reden begann. "Die Werkstatt kenne ich tatsächlich nicht", kommentierte er und musterte dieses glückliche Gesicht, das ausgelassen wie ein kleines Kind ihn anstrahlte. Als sei Weihnachten und Ostern direkt aufeinander getroffen. Gott, wie man nur so glücklich sein konnte... Aber er gönnte es Antonin. Er gönnte es ihm aus vollstem Herzen. "Aber ich kann es gut glauben. Ich kenne dein Hobby. Du hast es mir erzählt und du hast erst vor ca. 3 Monaten dein letztes Rennen gefahren und du musst mit Tayra ein gutes Team sein. Ich habe leider noch keines der Rennen gesehen. Aber du wolltest mich mal mitnehmen, wenn wieder eines sein würde." Erklärte Cole und trank seinen Orangensaft aus. "Lust noch mehr Verkehrsregeln zu brechen? Ich würde mich gerne mitnehmen lassen, wenn du das auch möchtest." Fragend sah er Anotnin an. Es würde ihm gut tun, raus zu kommen. Und es würde ihm gut tun, mit dieser Lichtgestalt Zeit zu verbringen. Er würde ihm die Dunkelheit aus dem Herzen vertreiben. Während er früher wahrscheinlich geflohen wäre, spürte er jetzt, dass er lieber die Nähe dieses Strahlens suchte. Kurz musste er lächeln bei dem Gedanken, dass er wie ein Falter war. Ein Falter, der trotz seines Wissens um seinen Tod, dennoch auf die Lichtquelle zuflog. Er hatte einmal ein Gedicht gelesen, das ihn beeindruckt hatte. Es war noch auf der Highschool gewesen, aber er hatte es nicht vergessen. Darin hieß es: "Wenn der Falter fliegt, denkt er dann, sobald das Licht ihn trifft an Untergang? Oder fühlt er nur neuen Lebensmut? durchs Licht die Liebe und stürzt sich freudig in die Glut? Wenn der Falter glüht, ist er dann seinem Traum ganz nah oder ist ihm bang? Verflucht er seine Leidenschaft und stemmt die Flügel gegens Licht mit allerletzter Kraft? Wenn der Falter stirbt, fühlt er dann seines Herzens letzten Schlag und weiß er dann daß dieses Licht ihn mit Unendlichkeit belohnt, daß mit dem Licht sich sein ganzes Leben gelohnt?" Er für sich hatte mittlerweile die Antwort gefunden: Mit diesem Licht lohnte sich sein Leben. Und er würde sich nicht dagegenstemmen, würde seine Leidenschaft nicht verfluchen. Nicht mehr. Unvermittelt ergriff er Antonin am Arm und zog ihn wieder zu sich, um ihn erneut zu küssen. "Es ist schön, dass du hergekommen bist", murmelte er und löste sich wieder von Antonin. "Ich hol schnell meine Zigaretten." Und so wandte er sich ab, Antonin nicht in die Augen blicken könnend. Er holte sich seine Zigaretten und gemeinsam verließen sie die Wohnung. Das Auto sah in real noch beeindruckender aus, als auf dem Bild. Cole pfiff erneut durch die Zähne. "Wirklich ein tolles Auto." Seine Fingerspitzen glitten über den Lack, während er um das Auto ging und es ansah. "Und die Farbe ist auch interessant. Aber das ist kein normales navygray..." Cole stutzte und trat an Antonin heran, um ihm tief in die Augen zu blicken. "Gut getroffen, wirklich gut getroffen", murmelte er lächelnd. Antonin "Und ob ich Lust darauf habe!", bestätigte Antonin, zufrieden mit Gott und der Welt. "Und wir gehen garantiert mal zu so einem Rennen. Selbst ohne zu fahren soll das ziemlich spannend sein, hat Billy mir erzählt. Das ist meine Mechanikerin. Ich habe sogar eine eigene Mechanikerin." Abermals lachte Antonin auf und ließ sich auch nur zu gerne nochmal küssen. Was immer für Probleme Cole auch zu haben schien, für den Moment schob er diese offenbar beiseite und das konnte ihm nur recht sein. Besonders als er hörte dass jener froh war ihn hier zu haben. Es bestätigte seine Gedanken von vorher und belohnte ihn für seine Geduld. Als sie bei seinem Auto angekommen waren, betrachtete er seine beiden Schätze. Ein Gedanke der sein Lächeln veränderte. Es wurde weniger kindlich und einfach nur wärmer. Cole war so etwas wie ein Schatz für ihn, oder? Dieser Mann war ihm wichtig genug, um eine Erholungsreise zu seiner Mutter abzubrechen, um ihn selbst ohne Erinnerungen aufzuhalten, seine Wohnung zu verlassen, um ihn zum Weinen zu bringen, als er dachte jener wollte ihn nicht mehr sehen. Wichtig genug, um ihn am liebsten ständig um sich zu wissen. Oh man, wie unglaublich verliebt er war. Und wie unglaublich tief er das besser in sich vergraben und nur vor sich selbst zugeben sollte. Aber das war in Ordnung. Seine Gefühle veränderten sich nicht, nur weil er etwas nicht aussprechen würde. Er sah auf, als Cole auf ihn zutrat, und erwiderte dessen Blick bevor er nickte: "Daran wurde wohl recht lange getüftelt. Speziallackierung für das Spezialauto." Er schmunzelte, öffnete die Beifahrertür und warf dem etwas überraschten Cole den Schlüssel zu, welcher sie mehr aus Reflex heraus auffing. "Los, steh da nicht so sinnlos herum. Ich brauche einen Chauffeur." Er warf dem anderen einen auffordernden Blick zu und setzte sich dann ohne weiteres Federlesens auf den Beifahrersitz. Es dauerte nicht lange bis Cole sich wieder fing und offenbar überhaupt keine Probleme damit zu haben schien, den Falcon zu fahren. Tatsächlich dauerte es überhaupt nicht lange, bis er jenen auf einen der Highways lenkte und sich dann etwas besser mit dem Gaspedal anfreundete. Und zu dessen Glück mache sich Antonin weder Sorgen um sein Auto noch um sich selbst, weshalb er sich entspannt zurücklehnen und die Fahrt genießen konnte. Wozu alleine das Aufgrollen des Motors beitrug, fast als wollte das Fahrzeug verkünden, dass ihm die Straße jetzt gehörte und dass alle anderen mal besser sofort beiseite fahren sollten. Sie fuhren ein ganzes Stück, in die Ausläufer der Stadt, das Meer immer auf ihrer Seite habend, bevor Cole das Auto vor ein kleines Restaurant lenkte. Dort machten sie es sich auf der Terrasse bequem und hatten zum einen bessere Luft als in der Stadt und zum anderen einen wunderbaren Ausblick auf das Meer. Es gab gute und auch gesunde Hausmannskost, wobei Antonin sich etwas zurückhielt, um seine Figur nicht noch weiter zu gefährden und Cole nebenbei alles erzählte, was er zu seinem Auto wusste. Besser er erzählte es weiter, bevor er es wieder vergessen würde, denn obwohl er dieses spezielle Auto jetzt schon liebte, war es eben nur das: ein Auto. Daten zu solch eher unwichtigen Dingen blieben nie lange in seinem Kopf. Schließlich lehnte er sich entspannt zurück, schnorrte sich eine Zigarette bei Cole und genoss die paar wirklich schönen Stunden. Auch wenn jener erstaunt darüber zu sein schien, dass er tatsächlich noch rauchte. "Gelegenheit macht Diebe", erklärte Antonin schulterzuckend. "Ich rauche wenn ich Lust darauf verspüre, das ist wie mit allem anderen auch." Er lächelte und nahm einen weiteren Zug. "Ahh.. ich kann nicht fassen, dass ich dich so schnell schon habe fahren lassen. Zurück fahre ich", bestimmte er, doch ein mehr als humorvoller Unterton schwang mit und kündete davon, dass er es nicht ernst meinte. Dass es für ihn durchaus in Ordnung gewesen war, Cole fahren zu lassen. "Außer natürlich du hast immer noch Angst, dass ich Kopfschmerzen bekommen könnte. Vielleicht lasse ich mich dann davon überzeugen, dich auch noch zurückfahren zu lassen. Das kommt dann ganz auf die Bestechung an." Er zwinkerte und wandte den Blick von Cole ab, um aufs Meer hinaus zu sehen. "Es müsste viel mehr solcher Tage geben, aber selbst meine Realität holt mich morgen Nachmittag wieder ein. Ich habe einen Termin mit meinen Vorgesetzten bei Chem-Dyne ausgemacht und mit meiner Kündigung muss ich den Rest wohl auch schnell umsetzen, da ich meinen Lebensstandart eigentlich nicht einschränken will. Oder die monatlichen Zahlungen in das Konto meiner Patentochter. Zuerst dachte ich, ich wäre geschieden oder so. Aber offensichtlich sind die Zahlungen an sie nur so hoch weil ich ein großzügiger Mensch bin?" Er zuckte abermals mit den Schultern. "Was wolltest du eigentlich mit mir unternehmen, wenn ich wieder zurück bin? Du wurdest in der Email nicht genauer?" Neugierig sah er dem anderen in die so geliebten grünen Augen. Cole "Für einen speziellen Menschen", ergänzte Cole die 'Aufzählung' des anderen und fing den Schlüssel tatsächlich mehr aus Reflex, als dass er damit gerechnet hatte. Er hob fragend die Augenbrauen, ungläubig Antonin ansehend, der sich in das Auto setzte. Aber er ließ sich nicht lange bitten. Das Auto zu fahren wäre absolut genial! Und so steuerte er den Wagen schließlich auf direktestem Weg auf den Highway in Richtung Süden an der Küste entlang. Und das Fahrgefühl war absolut genial. Es war geil, einfach nur geil. Cole entspannte sich zusehends, genoss die Gefühle von Freiheit und Unbesiegbarkeit, die ihm das Auto gaben. Gott, das tat ihm unglaublich gut. Ob Antonin eigentlich bewusst war, wie gut er ihm tat? Wie er mit einer Leichtigkeit es immer wieder schaffte, ihn zu beruhigen, so dass er sich entspannen konnte. Cole war sich nicht sicher, ob Antonin das wusste. Aber vielleicht würde er es ihm bald einfach einmal sagen. Cole steuerte schließlich ein kleines Restaurant an. Dort aß er etwas, wenn auch nicht viel, aber dafür hörte er gerne Antonins Erklärungen zu. Cole mochte schnelle Autos und so interessierten ihn die technischen Einzelheiten, mit denen Antonin aufwartete. Cole zündete sich schließlich eine Zigarette an und lehnte sich zurück, nickte nur, als Antonin sich eine Zigarette nahm. "Es ist irgendwie lustig. Als ich dich kennengelernt habe, hast du wesentlich mehr geraucht als ich. Mittlerweile ist das genau anders herum. Ich sollte auch wieder aufhören, so viele Glimmstängel zu konsumieren." Cole seufzte, wissend dass es der Stress war, der ihn dazu trieb, zu rauchen. Und das lag aber nicht an Antonins Gegenwart in seinem Leben. Das war es vielleicht anfangs. Es lag vielmehr darin, dass er erkannt hatte, dass ihm etwas im Leben fehlte, oder eher, dass er erkannt hatte, dass er sein Leben so wie es war nicht mochte, er aber keinen Weg sah, wie er es ändern konnte. Cole lächelte, als er Antonins Erstaunen über sein Großzügigkeit hörte. "Die Firma dankt für deine geistige Umnachtung, mir dein Auto zu geben." Cole grinste breit. "Du kannst gerne zurückfahren. Ich werde gerne auch mal ein Beifahrer sein. Und wenn du merken solltest, dass es dir nicht gut geht, dann übernehme ich. Du bist ja nicht alleine. Und vielleicht werde ich dich demnächst wieder bestechen, damit ich noch einmal fahren darf. Blöd ist nur, dass mein Wagen wohl nicht mehr als Bestechungsmittel ziehen wird. Den bist du ja schon mehr als einmal gefahren." Cole lächelte und griff zu seinem Glas und trank das Wasser aus. Cole legte den Kopf schief und musterte Antonins Gesichtszüge, als er von der 'Realität' sprach, die ihn wieder einholen würde. "Machst du dir Sorgen, was die Zukunft betrifft?", fragte er ruhig, ohne zunächst auf den Rest einzugehen. "Du bist ein guter Chemiker, du wirst auch selbständig deinen Weg gehen. Und du weißt, dass ich dir helfe, wenn du Hilfe brauchst. OK? Und ob du wirklich großzügig bist, das kann keine ernste Frage sein, nachdem du mich dein Auto fahren hast lassen." Cole lächelte den anderen an und musste grinsen, als Antonin nach seiner Idee fragte. "Hm..", überlegte er. "Wenn du möchtest, zeige ich dir meine Idee." Er blickte auf die Uhr. "Und wenn du möchtest könnten wir es heute auch gleich umsetzen." Er drückte seine Zigarette aus und nahm ein paar Scheine aus seinem Geldbeutel, die er auf den Tisch legte. "Du fährst und ich sage dir wohin..." Antonin Antonin grinste anzüglich. "Ich würde mich vermutlich auch anders bestechen lassen", doch dann wurde er wieder ein wenig ernsthafter. "Natürlich mache ich mir Sorgen, was meine Zukunft betrifft. Vermutlich kommt sogar noch ein Rechtsstreit auf mich zu, da ich den Großteil der Rechte am neu entwickelten Verfahren für die Umhüllung einer Kapsel besitze. Der Konzern behauptet, ich hätte zugesagt, diese Rechte zu überschreiben, doch davon bin ich ehrlich gesagt nicht überzeugt. Aber das ist Zukunftsmusik und momentan beschäftige ich mich so wenig als möglich mit dieser Art der Zukunft. Und danke für dein Angebot. Ich weiß das zu schätzen, aber ich möchte das aus eigener Kraft schaffen. Immerhin betrifft das einen Teil meines Lebens der immer Bestand haben sollte, egal was noch passieren mag." Es brauchte nicht mehr als diese angedeuteten Hinweise, um Antonin mehr als neugierig zu machen und so lenkte er sein Auto ruhig nach Coles Anweisungen. Kapitel 73: Hit! ---------------- Cole Als sie schließlich auf den Parkplatz fuhren, der zur Paintball-Anlage gehörte, erklärte Cole endlich, was er sich überlegt hatte. "Wenn du Lust hast, könnten wir Gotcha spielen. Ich dachte, es könnte dir helfen, zu testen, welche Fähigkeiten du hast. Ich weiß natürlich nicht, ob wir heute noch Platz in den Mannschaften haben, aber wir können es ja mal versuchen. Und ansonsten machen wir einen Termin aus. Das ist nämlich ein Mannschaftssport, aber um die Uhrzeit müsste es eigentlich noch nicht losgegangen sein." Kurz erklärte er die Regeln. "Beim Spiel werden von den zwei Mannschaften zwei Flaggenpunkte aufgebaut. Das Ziel des Spieles ist, die gegnerische Flagge zu erobern und in die eigene Flaggenbasis zu bringen. Um die Sache zu erschweren, ist jeder Spieler mit einem Markierer ausgestattet, der Farbkugeln verschießt. Die Spieler, die von den Farbkugeln getroffen werden, werden durch das Platzen dieser Farbkugeln mit einem Farbklecks markiert und scheiden aus dem laufenden Spiel aus. Ich werde aber fragen, ob wir ein Spiel spielen, in dem es darum geht, nur die andere Mannschaft zu markieren, das ist einfacher." Er blickte rüber zum Eingang. "Was meinst du, ob du dem gewachsen bist?" Fragend blickte er Antonin an. Antonin Antonin musterte die Anlage, die sich vor ihnen erschloss erstaunt, bis er Coles Worte vernahm. Hm, das wäre vielleicht nicht die schlechteste aller Ideen. Er lauschte den Erklärungen und fand sich mehr als bereit das auszuprobieren, weshalb er dem anderen ohne weiteres Federlesens in das Gebäude folgte nachdem er bestätigt hatte sich dem Ganzen durchaus gewachsen zu fühlen. Cole "Ausrüstung bekommen wir drinnen", erklärte er dem anderen und lächelte. "Ich habe früher hier ab und zu gespielt. Letztlich war es für mich, um zu üben." Als sie den Raum betraten blickte Dwayne von einer Zeitschrift auf. "Cole", begrüßte er ihn und lächelte. "Ich habe dich ewig nicht gesehen." Cole begrüßte den anderen. "Hast du heute noch zwei Plätze frei?", fragte er schließlich. Dwayne musterte Antonin kurz. "Ja, aber die Gruppe ist wohl recht gut. Ist er Anfänger?" "Nicht wirklich", erklärte Antonin. "Ich wäre aber für ein Team-Death-Match oder eine Mission Impossible." "Das lässt sich einrichten." Dwayne nickte. "Zieht euch um. Du kennst dich ja aus." Cole nickte und deutete Antonin ihm zu folgen. Hinter der Umkleide war ein Raum mit den entsprechenden Schutzanzügen. Er drehte sich zu Antonin. "Such dir aus, was dir passt. Bei der Maske helfe ich dir. Sie muss optimal sitzen, sonst ist es gefährlich. Waffen bekommen wir später." Cole ging zu einem Spint und öffnete die Zahlenkombination. Früher war er oft hier gewesen. Und sein Spint war noch nicht aufgelöst worden. Drinnen fand er seinen Anzug. Er wusste, dass er aufgrund der 'Verletzungen' vom Vortag wohl heute im Nachteil sein würde, aber egal. Es ging ihm heute nicht darum, zu gewinnen, sondern Antonin sich selbst finden zu lassen. Langsam zog er sich um. Antonin Er verfolgte das Gespräch der beiden Männer und ließ die Musterung ruhig über sich ergehen. Er hatte schließlich kaum ein Schild um, auf dem stehen würde, ob er das hier konnte oder nicht. Auch wenn er Cole erstaunt ansah als dieser meinte er wäre kein wirklicher Anfänger. Na gut, wenn der meinte... Sich die Schutzanzüge näher betrachtend meinte er nur "Geht klar" zu der Aussage, dass der andere ihm die Maske anlegen wollte. Kein Problem. Cole durfte ihm noch ganz andere Dinge anlegen. Abermals huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht, bevor er sich zielgenau einen der Anzüge herauszog, jenen kurz prüfend an sich hielt und wohl direkt auf Anhieb die richtige Größe erwischt zu haben schien. Es war schon etwas seltsam in jenen zu schlüpfen, weshalb er sich prüfend ein wenig verrenkte und sich sogar ein wenig eingeengt fühlte. Aber was tat man nicht alles für die eigene Sicherheit? Als er sich wieder zu Cole herumdrehte, pfiff er kurz durch die Zähne. "Na aber hallo, vielleicht solltest du dir mal überlegen, in so einem Teil wegzugehen." Er lachte leise und ließ sich dann auch widerstandslos bei der Maske helfen. Nur um sich abermals mit dem Gefühl auseinandersetzen zu müssen, dass sich das nicht richtig anfühlte. Er dürfte nicht so eingeengt sein. Aber warum nicht? Ein wenig irritiert folgte er Cole, wobei sie aus der Anlage raus traten und dort auch auf die anderen Spieler trafen. Antonin hielt sich aus dem folgenden Gespräch heraus, ließ es die anderen aushandeln, wer mit wem spielen würde und auch wenn es der einen Mannschaft nicht ganz zu passen schien, gleich mit zwei Fremden spielen zu müssen, so wurde sich doch darauf geeinigt. Wonach sie auch die speziellen Waffen ausgehändigt bekamen und Antonin das 'Ding' mit deutlicher Skepsis musterte. "Du hast das doch schonmal gemacht, oder?", wurde er von ihrem Marshall angesprochen. "Es hieß du wärst kein Anfänger." Diesmal klang es schon ein wenig empörter, wohl weil er nicht sofort geantwortet hatte. Kurz verdüsterte sich Antonins Blick und er suchte die Augen des anderen unerschrocken, bevor er das 'Ding' von einer Sekunde auf die nächste mit einer Hand - und etwas Kraftanstrengung - hob und dem Kerl ans Herz hielt. Für die Dauer dieser Kraftprobe würde er das Gewicht der eigentlich für zwei Hände gedachten Waffe schon aushalten... Ruhig sah er in die kurz vor Überraschung geweiteten Augen. "Ja, sowas in der Art", antwortete er schließlich und ließ die 'Waffe' wieder sinken. Damit war das auch geklärt, zumindest in Antonins Augen, und als sie aufs Feld geschickt wurden, um ihre 10 Minuten Vorlaufzeit zu beginnen, war er bereits wieder dabei, das Gerät in seinen Händen missmutig zu mustern. Sie liefen eine Weile, bevor jener Marshall ihnen die gängigen Befehle durchgab und ihnen mehrfach einschärfte, sich kurz aber genau in den Beobachtungswiedergaben zu halten. Zudem sein Wort hier zählen würde. Diskutiert werden konnte auch danach. Und als er sie damit losschickte damit sich jeder in Position bringen konnte, änderte sich etwas in Antonins Sichtfeld. Wobei das natürlich nicht möglich war, aber die Art der Betrachtung änderte sich. Nicht das Spielfeld an sich rückte in eine priorisierte Position sondern Cole. Er merkte sich wohin jener sich begab und suchte sich selbst Deckung hinter einem breiteren Baum, ohne jenen wirklich aus den Augen zu verlieren. Und langsam aber sicher fühlte er etwas. Etwas, das sich wie ein alter, stets herbeigesehnter Bekannter anfühlte: Adrenalin. Langsam... unglaublich langsam aber beständig schien das Adrenalin das Schmiermittel zu sein, um seinen Körper hochzufahren. Wie bei einem lange ausgeschalteten Computer dauerte es seine Zeit, doch als das Spiel begann, hob er die Waffe, zielte auf den nächsten Baum und drückte ab. Etwaige blöde Blicke und Kommentare komplett ignorierend, merkte er sich die Reaktionszeit der Waffe, die Genauigkeit und vor allem die Zeit zwischen Abdruck und Einschuss. Man konnte einfach nicht mit einer Waffe durch die Pampa rennen, ohne solche elementaren Dinge zu wissen. Und genau das taten sie auch... durch die Pampa rennen. Hin und wieder hörte er Befehle, führte sie fast ohne nachzudenken aus. Solange er Cole im Blickfeld behalten konnte, so gut es eben ging, war alles kein Problem. Es dauerte eine Weile bis erster Kontakt mit dem anderen Team stattfand, und es endete damit dass ihr Team einen Mitspieler weniger besaß. Antonin warf einen prüfenden Blick zu Cole, bevor er sich zu der Position bewegte, an dem er den anderen vermutet hatte. Immer wieder Deckung suchend, erkannte er den Spieler des anderen Teams sehr schnell und auch wenn es der Befehl war, den anderen Bescheid zu geben, so ging es ihm hier momentan nicht um ein dämliches Spiel, sondern darum, ein paar seiner viel tiefer sitzenden Instinkten nachzugehen. Was er auch tat und schlussendlich stand er fast hinter dem anderen Mann, bevor er die Waffe hob und abdrückte. Und fast im gleichen Moment ging das bisher von ihm unbemerkte Rauschen in seinen Ohren zurück und er fühlte sich wieder ansprechbar für die Dinge um ihn herum. Für die Dinge, die nichts mit der Auslöschung eines Feindes zu tun hatten, sondern vielmehr mit einem Spiel, das als Teamspiel gedacht war. Na schön... er würde jetzt nach Teamregeln spielen. Und ganz nebenbei überprüfen, ob er verhindern konnte, dass Cole jemand zu nahe kam. Das war schließlich sein Job, richtig? Kurz nur erwärmten sich seine kühl gewordenen Augen bevor er sich auf den Weg zurück machte. Den Blick immer aufmerksam und beobachtend. Das eigene Team in Gedanken auf das Feld stellend, stellte sich jedoch bald heraus, dass es nicht so geschickt war, das auch mit dem gegnerischen Team zu machen. Zwar waren jene nicht schlecht, aber die Ausbildung fehlte, um jene wirklich über die besten Wege gehen zu lassen. Man, man... was ein simples Spiel so alles aus ihm zutage förderte, sinnierte er als er aufmerkte. "Cole, der umgefallene Baumstamm auf elf Uhr!", warnte und informierte er in einem und beobachtete wie jener darauf reagierte, mit sich zufrieden sich an die Regeln gehalten zu haben. Cole Cole grinste schief, als er das Kompliment vernahm. Doch jetzt war keine Zeit zu flirten. Und so winkte er nur ab. "Ich sehe immer gut aus." Als er vorhin zu Antonin hinübergeschaut hatte, hatte er schon Mühe gehabt, den anderen nicht noch kurz... Aber nein, Wayne und die anderen warteten auf sie. Vielleicht würde sich später noch eine Gelegenheit ergeben. Er spürte, dass er dringen Sex brauchte, dass es ihm gut tun würde. Und er wusste, dass er heute noch Sex haben würde. Aber das würde sich später noch zeigen. Jetzt war es wichtig, andere Dinge zu regeln. Und so suchte er Antonin lieber einen passenden Helm. "Das blöde an dieser Aufmachung ist nur, dass man sich nicht küssen kann…", grinste er und ließ seinen Gesichtsschutz leicht gegen den des anderen knallen. "Und damit scheidet die Aufmachung aus, wenn ich weggehe." Gemeinsam gingen sie auf die Anlage. Cole kannte sie recht gut, dennoch stellte er fest, dass sich ein paar Sachen geändert hatten. Nun er würde sehen, ob das Vorteile hatte oder nicht. Wayne erklärte, wie es üblich war die Spielregeln. Dann hatten sie kurz Zeit sich einzuschießen, wovon ihr Marshall Antonin allerdings abhielt, indem er mit ihm redete. Cole hielt sich raus. Antonin würde schon selbst wissen, wie er jenem recht herrischen, aber erfahrenen Mann begegnen wollte. Und das tat er auch auf beachtliche Art und Weise. Vielleicht nicht, wie man es harmonisch machte, denn im normalen Paintball war so etwas nicht so gerne gesehen, aber in dieser Gruppe war das anders. Der Marshall selbst war soweit er wusste, schon auf einigen illegalen Wettkämpfen gewesen, bei denen es etwas heißer zuging. Sie erhielten Befehle und Anweisungen. Cole durfte seine Lieblingsroute gehen und Antonin war an seiner Seite. Das war gut. So konnte er beobachten, wie jener zurechtkam. Zwar wusste Cole, dass sie so positioniert wurden, dass sie, falls sie ausfielen, auch gut ersetzbar wären, aber das störte ihn nicht. Er würde es wohl nicht anders machen, wenn er etwas zu sagen hätte. Und so startete das Spiel schließlich und zu seinem Erstaunen bemerkte er, wie Antonin sich in seiner Bewegung veränderte. Offensichtlich war da wirklich eine schlafende Erinnerung geweckt worden. Wenn nicht bewusst, so aber zumindest unbewusst. Und damit war ihr Ausflug hierhin auch schon erfolgreich. Zeit sich auf das Spiel zu konzentrieren. Langsam aber sicher merkte er das Adrenalin in seinen Adern, das er genoss. Diese unterschwellige Unruhe, unter Umständen beobachtet zu werden, unter Umständen gleich getroffen zu werden. Es spannte ihn auf angenehme Art und Weise an. Cole tat es gut, wieder einmal zu spielen. Und bei dem Spiel ging es nicht um Aggressionen, sondern es war letztlich nur ein Räuber und Gendarm-Spiel für Erwachsene, ein Spiel, bei dem man zwar mit Waffen aufeinander zielte, aber in dem es eben nicht darum ging zu töten, sondern raffiniert zu sein, einen Plan zu verfolgen und erfolgreich zu beenden. Und Cole war gut in diesen Dingen. Er bewegte sich geschmeidig, wohlüberlegt und behielt seine Umgebung im Auge. Doch leider sah er den Gegner, der einen seiner Mitspieler traf zu spät, so dass er ihn nicht mehr traf, bevor jener wieder in Deckung war. Doch Antonin handelte klüger und so beobachtete er ruhig, wie jener den Schützen mit einer Coolness markierte, die seinesgleichen suchte. Sie stießen weiter vor. Es gab noch 5 andere, die markiert werden wollten. Und da war auch schon einer, den er sah, als Antonin ihn darauf aufmerksam machte. Er nickte nur, rollte sich zur Seite und bewegte sich in Deckung zu einem näheren Baum, ohne jenen eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Sobald er freie Sicht hatte, drückte er ab. Ein gerufenes "Hit" versicherte ihm, dass er getroffen hatte. Hm.. das tat gut. Der Marshall signalisierte ihnen, dass sie sich weiter streuen sollten und gab Anweisungen, wie sie gehen sollten, und wo er andere vermutete. Cole blickte Antonin an und nickte ihm zu. Leider mussten sie nun durch ein eher blödes Gelände, in dem viele dünne Bäume eng beieinander standen, was bedeutete, dass sie weniger weite Sicht hatten. Aber egal, es war nur ein Spiel, und sie würden ihr bestes geben. Und so schlich er, die Pistole im Anschlag, weiter, ruhig beobachtend, bis eine Bewegung seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er konnte gerade noch reagieren, als er an einem Baum neben sich den Aufprall einer Kugel hörte. Er hörte Schritte, ruhig atmete er in der Deckung, auch wenn sein Herz mit einem Mal enorm raste. War es vorhin auch schon so schnell? Er versuchte zu lauschen, doch der Gegner schien sich nicht mehr zu bewegen. Er versuchte Antonin auszumachen. Wo war er? Antonin Mit einem gewissen Stolz sah er Cole dabei zu, wie jener den anderen traf und damit aus dem Spiel schickte. Wenn jener eine Ahnung hätte wie sehr er Antonin gerade anmachte, würden sie vermutlich nicht mehr lange an diesem Kriegsspielchen weitermachen. Aber später würde sich sicherlich eine Gelegenheit ergeben, das zu verdeutlichen. Das Schmunzeln blieb lange genug in seinem Gesicht, bis sie in das eher unvorteilhafte Gelände stießen und ab hier wurde es komplizierter. Kompliziert aber nicht unmöglich. Er schlich geduckt vorwärts, darauf achtend auf keine heruntergefallenen Äste oder zu viele Blätter zu treten, seinen Atem regulierend und sich auf seine Umgebung konzentrierend. Allen voran natürlich Cole, von dem er immer eine sehr genaue Ahnung hatte wo jener sich befand. Und jenes Wissen gereichte ihm gleich darauf zu einem großen Vorteil, denn er hörte den Aufprall einer Farbkugel auf einem der Bäume und hielt mitten in der Bewegung inne. Lauschend den Kopf wendend, bevor er einen Bogen einschlug und Cole in sein Sichtfeld bekam. Hart schluckend musterte er die Umgebung bis er den Farbklecks ausgemacht hatte. Von wo hatte der andere geschossen? Langsam folgte sein Blick seinen Vermutungen und sein Herz begann schneller zu schlagen, als er die Gestalt tatsächlich durch das dichte Gestrüpp auf den anderen zuschleichen sah. Doch von seiner Position hatte er kein freies Schussfeld, würde am Ende noch Cole treffen. Oder etwas anderes, das seine Position verraten würde. Verflucht! Was nun? Doch im Grunde war es nicht viel an Überlegung wert, während der aus dem fremden Team noch schlich, gab er seine Haltung auf und war in wenigen Schritten bei Cole, welchen er von hinten an der Schulter packte und herumriss. "Waffe heben und abdrücken!", befahl er noch bevor er auch schon den Einschlag auf seinem Anzug spürte. Noch bevor er in die Hocke ging um für beide Parteien aus dem Schussfeld zu gehen, gab er seinen Treffer noch mit dem erwartenden "Hit!" bekannt. Und abermals schlich sich fast so eine Art Besitzerstolz in seine Augen, als Cole tatsächlich tat worum er 'gebeten' hatte und den anderen damit ebenfalls aus dem Spiel kickte. Besitzerstolz.. huh? Lag vermutlich daran, dass er seinem Ziel solche Dinge zutrauen konnte. Er richtete sich wieder auf und lächelte schief. "Ich sagte es ja schon mal: Niemand schießt dir in den Rücken..", murmelte er und wandte sich um, um das Spielfeld zu verlassen. "Schnapp sie dir Tiger und das am besten bevor ich wieder vergesse, wie scharf mich Adrenalin macht…" Er lachte leise und machte sich schließlich auf den Weg, zusammen mit demjenigen, den Cole gerade aus dem Spiel gekickt hatte. Tatsächlich kam am Sammelpunkt sogar ein ganz entspanntes Gespräch zustande, von dem Antonin sich dann jedoch verabschiedete und die Waffe abgab, bevor er auf die Umkleidekabine zuhielt. Ihm reichte ein Spiel. Zum einen, weil er sich sonst womöglich ins eigene Knie schoss, da er immer noch nicht wieder zu 100% hergestellt war, und zum anderen hatte er genug Erfahrungen aufgefrischt. Und nicht nur das. Er erinnerte sich an das Ritual, das er mit Cole durchgeführt hatte. Er erinnerte sich daran, dass er Kopf und Kragen für jenen riskiert hatte, ohne Dank zu erwarten. Dank, den er dennoch erhalten hatte. Das und so viel mehr, denn obwohl sie damals offensichtlich beide mit ihren Kräften total am Ende gewesen waren, hatten sie noch den Elan gefunden sich gegenseitig halb an die Kehlen zu springen. Und dabei herausgegangen waren sie beide als Sieger. Cole mit einer weiteren Lebensversicherung und Antonin mit dem Gefühl wieder etwas wert zu sein. Er schnallte sich den Helm los und lehnte seinen Kopf dann an das kühle Metall des nächstgelegenen Spindes. Er verdankte Cole unglaublich viel und jener hatte davon keine Ahnung. Oder schien zumindest keine Ahnung zu haben. Und selbst wenn, so schien dieser es nicht zu glauben, wenn denn dessen Worte in Antonins Bett für irgendetwas zu zählen waren. Dort hatte Cole immerhin gesagt, es wäre mehr als jener verdienen würde. Ha! Und auch wenn Antonin normalerweise ungern verlor, so fühlte er momentan nichts anderes als Zufriedenheit in sich. Selbst wenn es nur ein Spiel war, so hatte er doch für Coles Weiterkommen gesorgt. Ohne etwas zu hinterfragen, ohne etwas auf dämliche Erinnerungen aufbauen zu müssen, war das Ganze zu ihm gekommen wie die Luft zum Atmen. Und wenn der andere sich jetzt ein wenig mit dem Gewinnen beeilen würde, dann hätte er jetzt noch genug Elan, um sich dafür bei dem anderen zu bedanken. Cole Cole spürte die Hand, die ihn an der Schulter packte und er wusste, dass sie zu Antonin gehörte. Ohne nachzudenken, in blindem Vertrauen tat er, wie dieser ihm befahl. Doch der Aufprall einer Farbkugel irritierte ihn. Nicht, der, die er eben abgefeuert hatte, den Gegner nun endlich gesehen habend, sondern eine, die vorher schon getroffen hatte. Und das Wort, das Antonin von sich gab, um zu signalisieren, dass er getroffen worden war, bestätigte seinen Verdacht. Antonin hatte ihn also tatsächlich beschützt. Cole blickte ihn perplex an, als er seinen Gedanken in Antonins Worten bestätigt fand. Cole lächelte etwas irritiert. Zwei Dinge bedauerte er in diesem Moment. Erstens, dass er den Schutzanzug anhatte, und sie noch im Spiel waren, so dass er es nicht wagte, sich seinen Helm abzunehmen, um Antonin zu küssen. Zweitens, dass sie nicht alleine waren, denn sonst hätte er Antonin auf der Stelle vernascht. So blieb ihm nichts anderes, als ihm kurz hinterher zu schauen und sich schließlich weiter auf den Weg zu machen. Und Cole kam gut voran. Die anderen beiden hatten zwei markiert, und so blieb für Cole noch einer, wobei sie sich fast gleichzeitig trafen. Nichts desto trotz war er zwar getroffen worden, aber ihr Team hatte gewonnen und das galt. Und so waren sie eine Viertelstunde später bei den anderen. Er blickte sich nach Antonin um. Wayne trat auf ihn zu. "Er ist sich umziehen gegangen", erklärte er ihm ungefragt. "Er ist gut, aber sein Blick war nicht auf die Gegner gerichtet, sondern nur auf dich." Cole lächelte. "Er ist mein Schutzengel. Das hätte ich vielleicht vorher sagen sollen." Wayne hob die Augenbrauen. "Hm", er grinste leicht. "Du kannst deinen Schutzengel gerne mal wieder mitbringen. Und komm wieder öfter vorbei." Wayne schien klar zu sein, dass Cole nicht bleiben würde, wenn Antonin auch nicht da war. Und so wandte er sich ab und ging zu den anderen, um das Spiel zu analysieren. Er als Schiedsrichter hatte via Kamera immer alles im Blick. Und hinterher galt es, zu analysieren. Cole zog sich die Handschuhe aus und ging hinüber zum Haupthaus. Als er die Umkleide betrat, erblickte er Antonin. Er stand mit freiem Oberkörper da, schien über etwas nachzudenken. Wie hatte er es eigentlich bis hierher ausgehalten, ihn nicht zu vernaschen? Wortlos ging er auf ihn zu, legte unterwegs irgendwo seinen Helm und seine Handschuhe ab und trat schließlich nahe an Antonin heran, um ihn gierig zu küssen. Fordernd drückte sich sein Körper an den des anderen, bevor er kurz im Kuss innehielt. Antonin noch einmal kurz ansah, nur um ihn gleich darauf umso gieriger weiter zu küssen. Seine Lippen glitten von denen des anderen und wanderten zu dessen Ohren, die er zärtlich liebkoste, bevor er sacht hineinbiss. "Also mein Adrenalin ist noch auf Hochtouren", raunte er während seine Lippen sich am Ohr des anderen zu schaffen machten und seine Finger begannen, Antonin weiter auszuziehen. "Und das liegt nicht an dem Spiel." Er wollte Antonin, jetzt, hier, auf der Stelle. Und ein zurück würde er nur schwer ertragen. Er hatte zu lange keinen Sex mehr gehabt. Viel zu lange, für seinen Geschmack. Als sie später in Richtung Innenstadt fuhren blickte Cole auf die Uhr. "Bringst du mich ins Lady-Dream?", fragte er Antonin und musterte das Profil des anderen ruhig. Cole war absolut entspannt. Ein Zustand, den er sich gestern Abend auch gewünscht hatte, den er sich aber wohl selbst verwehrt hatte. Antonin hätte ihn gestern Nacht sicher zu sich gelassen, oder? "Ich werde heute noch einiges zu tun haben." Er blickte wieder auf die Straße, die an ihm vorbeizog. Er war ein wenig still. Wohl, weil er keine Lust hatte, heute wieder zu arbeiten. Aber er wusste, dass er bald Ergebnisse brauchte, die er Costello vorzeigen musste. Antonin hatte die blauen Flecke bemerkt, da war er sich sicher, aber er hatte geschwiegen. Sollte er dem anderen bald erklären, was los war? Wie lange würde Antonin sich mit dem Schweigen zufrieden geben? Cole spürte, dass es ihn ein wenig ängstigte. Was, wenn Antonin ihn irgendwann doch fragte? Ihn zu einer Antwort drängte? "Ach, bevor ich es vergesse", er blickte Antonin an. "War das dein Sender an meinem Auto. Weißt du das noch? Dadurch dass die Bullen meinen Wagen hatten, wurde er gefilzt und sie haben den Sender gefunden. Ich will nur wissen, ob es noch jemand anderen gibt, der mir einen Sender angehängt hat, oder nicht. Es war nämlich keiner von der Polizei." Seine Stimme verriet, dass es ihn nicht stören würde, wenn es Antonins war. Anders wäre es, wenn jener nichts damit zu tun gehabt hätte. Aber Cole war sich relativ sicher, dass es Antonins Sender sein musste. Antonin Er fuhr aus seinen Gedanken hoch als Cole den Raum betrat und schweigend auf ihn zukam. Was jener sauer, dass er die Farbkugel abgefangen hatte? Doch dessen Kuss ließ ihn solche Gedanken gleich wieder vergessen und ihn sich vielmehr darauf konzentrieren, ihr beider Adrenalin durchaus sinnvoll zu nutzen. Das 'wo' spielte hierbei momentan nicht einmal eine untergeordnete Rolle, es kam nur noch auf das 'das' an. Und verflucht, das war genau was er jetzt ganz dringend gebrauchen konnte. Als sie wieder im Auto saßen fühlte Antonin sich nicht nur entspannt sondern auch angenehm müde und mit sich selbst im reinen. Er besaß wieder ein paar Erinnerungen mehr und das Spiel oder vielmehr der Verlauf des Spieles hatten ihm sehr gut getan und ihm ein paar Dinge bestätigt. Was damit wiederum sehr gut für sein Selbstwertgefühl war und ihn sich selbst ein bisschen weniger hinterfragen lassen würde. Er war nicht wenig wert. Langsam aber sicher begann er es zu glauben. Er nickte und warf Cole einen kurzen Seitenblick zu, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Ja, das ist kein Problem", gab er auf die Frage zurück, ob er jenen am Lady Dream absetzen könnte. "Du hast immer viel zu tun." Er schmunzelte, denn es war in keiner Weise wertend gemeint, vielmehr feststellend. Und im Grunde war Beschäftigung auch wichtig, selbst wenn diese Beschäftigung das eigene Leben deutlich zu häufig zu riskieren schien. Aber auch damit hatte Antonin sich angefreundet und je mehr von seinem eigentlichen Beruf zurückkam, desto mehr half es ihm, Coles Beruf zu verstehen und zu akzeptieren. Solange der andere immer wieder lebend und gesund zu ihm zurück kam war es ihm auch egal was Cole tat. Jener könnte wenn es nach Antonin ging auch versuchen den Weltrekord im Tiefseetauchen zu brechen, solange eben jene eine Bedingung erfüllt wurde. Weshalb er auch abermals nicht nachgefragt hatte, als er Coles geschundenen Körper sah. Zum einen weil er in diesem Moment viel zu sehr damit beschäftigt war, an seine Lust zu denken und zum anderen, weil er jetzt weder den Elan noch die Courage dafür aufbrachte. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als auf Cole zu warten. In jener wie noch in vielen anderen Hinsichten. Doch was er dafür immer wieder zwischendrin bekam, machte diese Warterei nicht nur erträglich, sondern versüßte sie auch irgendwie. Als er Coles Frage nach dem Sender hörte, runzelte er die Stirn und dachte nach, nebenbei mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herumtrommelnd. Aber ja... ja da waren Bilder. Sie gehörten zur selben Nacht, in der er zum ersten Mal alles für Cole riskiert hatte. "Du hast geschlafen", fing er ein wenig zögerlich an. Nicht weil er Cole nichts davon erzählen wollte, sondern weil es ihm bei solchen Dingen immer noch schwer fiel, das alles in die richtige Reihenfolge zu bekommen. "Im Auto, meine ich", setzte er noch erklärend hinzu und verengte die Augen in Konzentration. "Du hättest dich im Leben nicht damit einverstanden erklärt, jemanden auf dich aufpassen zu lassen. Und obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon drei Orte genannt bekommen hatte, griff ich durch diesen Zufall doch auf die eher einfache Methode zurück", erzählte er und hoffte, dass er hier auch die Wahrheit sprach. Aber es war das, was bei ihm aufpoppte, wenn er sein Hirn nach einem Sender für Cole durchlöcherte. "Ich glaube ich habe ihn hinter dem Nummernschild befestigt, aber abgesehen von diesem einen Mal nicht mehr benutzt. Im Grunde blieb er nur dort zurück, um in weiteren Notfällen wieder darauf zurückgreifen zu können. Zumindest glaube ich, dass es so war…" Er warf einen fragenden Blick zu dem Mann neben sich. "Ich habe dir nicht davon erzählt, hm? Dann möchte ich mich jetzt dafür entschuldigen. Aber ich bin mir wirklich sicher, dass ich ihn ansonsten nicht benutzt habe", setzte er noch dran, bevor er sich wieder auf den dichter werdenden Verkehr konzentrierte. Es dauerte nicht mehr lange, bis er ein Stück vom Parkplatz des Nachtclubs entfernt anhielt und sich Cole noch einmal zuwandte. "Ich danke dir für den Tag heute. Abgesehen davon, dass er einfach nur entspannend und auch befriedigend war, hat mir das Spiel tatsächlich einige Informationen über mich selbst gegeben. Was wohl im Grunde auch deine Absicht gewesen sein muss." Er lächelte warm. "Es ist wohl unsinnig dir zu sagen, dass du nicht mehr zu lange machen sollst, aber wenn etwas ist, weißt du wo du mich findest." Er gab Cole noch einen Kuss, weswegen er überhaupt ein Stück vom Club entfernt geparkt hatte, schließlich wusste Antonin nicht wie 'öffentlich' sie überhaupt waren. Was auch immer sie waren... oder hatten... Hm. Cole In regelmäßiger Bewegung zogen die Markierungsstreifen an seinem Auge vorbei. Ist es Müdigkeit? Oder ist es Unwille? Er spürte deutlich, dass er zwar vernünftigerweise Antonin gebeten hatte, ihn ins Lady-Dream zu fahren, aber dass er dort eigentlich nicht hinwollte. Nicht nach so einem Abend wie gestern, und noch weniger, nach so einem entspannenden Tag wie heute. Cole blickte den anderen irritiert an, als dieser feststellte, dass er immer viel zu tun hatte. Wie meinte er das? Doch die Worte klangen nicht anklagend, oder unter Druck setzend. Sie klangen nicht wie die Worte einer Frau, die sich beklagte, dass ihr Mann zu viel arbeitet, obwohl er das nur tun muss, damit sie hemmungslos shoppen konnte. Blöder Gedanke; Cole schob ihn zur Seite. "Ja", murmelte Cole und wusste nicht so recht, was er darauf noch sagen sollte. Daher senkte er den Blick und sah dann wieder aus dem Fenster. Sollte er Antonin erklären, was er im Moment zu tun hatte? Sollte er ihm irgendwas berichten? Cole wusste es nicht. "Aber die Woche müsste es eigentlich ruhiger sein", fügte er noch hinzu. "Das hoffe ich zumindest. Ich bin müde." letzteres sprach er eher zu sich, als zu Antonin, schon wieder in Gedanken versinkend. Nachdenkend lauschte er den Worten des anderen hinsichtlich des Senders. Ja, es muss damals gewesen sein, vor der Aktion im Haus seiner Familie. Seine Familie... Ihr Todestag war in der nächsten Woche. Ob er zum Friedhof fahren sollte? Ob er Antonin mitnehmen sollte? Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, Antonin ein wenig mehr von seiner Welt zu zeigen. "Gut, dann weiß ich da Bescheid. Und du brauchst dich nicht dafür entschuldigen. Du hast ihn zum Glück befestigt, denn sonst säße ich jetzt nicht mehr hier mit dir, sondern würde an einem wohl unangenehm heißen Ort sitzen und darauf warten, dass Millionen Jahre der Folter vorbeigehen, damit ich auch mal wieder frische Luft schnuppern darf." Cole grinste schief bei dem Gedanken. "Und du hast mir wahrscheinlich aus gutem Grund nichts davon erzählt, denn sonst säße ich jetzt nicht hier, sondern hätte dich aus meinem Leben verbannt. Es fällt mir nämlich wirklich schwer, jemanden auf mich aufpassen zu lassen." Er zwinkerte dem anderen zu. Für ihn war die ganze Geschichte weniger problematisch. Allerdings würde Costello eine Antwort haben wollen. Und die würde er ihm wohl nur mit Ragnars Hilfe geben können. Cole wollte nicht, dass Costello auf Antonin traf. Er wollte nicht, dass dieser Mann Antonin nahe kam. Niemals würde er das zulassen. Als Antonin ein Stück weit vom Club entfernt parkte, war Cole recht dankbar dafür. Ihm war zwar bewusst, dass alle wussten, dass er am anderen Ufer angelte, aber das war etwas, was er komplett aus dem Leben im Lady-Dream heraushielt. Es ging niemanden etwas an. Und da er ohnehin nicht mit Mitarbeitern etwas anfing, würden sich diese Welten auch niemals kreuzen. Cole blickte Antonin lächelnd an. "Es freut mich, dass dir das Spiel geholfen hat. Mir hat es gefallen. Wenn du willst, können wir das öfter machen." Cole seufzte. "Ja, das ist unsinnig.. Ich fürchte ich werde heute einiges zu tun haben. Aber danke." Wofür er sich bedankte ließ er offen. Aber letztlich bedankte er sich damit für alles, was er so nicht so leicht über die Lippen brachte. Dank für den schönen Tag, die Entspannung und Ablenkung, die ihm gut getan hatten. Dank für die Wärme und die Aufmerksamkeit, die Zuwendung und die Sorge. Doch darüber dachte er nicht nach. Denn letztlich waren das Sentimentalitäten, die er lieber zurückstellte. Und so ließ er sich küssen, strich Antonin kurz sacht über die Wange, blickte ihm kurz in die Augen, dann stieg er aus und ging dorthin, wo er heute am liebsten gar nicht hingegangen wäre. Antonin Er sah Cole kurz hinterher bevor er recht kurzentschlossen zu Tayra und Nicholas fuhr. Wo er aus dem Fahrzeug sprang, auf Nicholas zu rannte und jenen in eine Bärenumarmung zog und begann auf Russisch auf ihn einzusprechen. Ja, jener könnte sich bei Cole bedanken, wenn Antonin denn überhaupt etwas davon erzählen würde. Aber Nicholas hatte es jenem Mann zu verdanken, der von sich selbst immer dachte, anderen nur Unglück zu bringen, dass er seinen kleinen 'Bruder' zurück hatte. Denn das war die zweite Erinnerung des Tages gewesen: Die Erinnerung daran, wie Nicholas zwei seiner Folterer umbrachte und ihn unter Einbringung des eigenen Lebens nach Amerika brachte. Nach Hause. Kapitel 74: Kommender Dienstag ------------------------------ Cole Das Lady-Dream war heute recht leer. Kein Wunder, es war noch nicht wirklich spät und es war Montag, ein generell ruhigerer Tag. Doch in Coles E-Mail-Account sah es ganz anders aus. Es wimmelte von Rückmeldungen. Nun, die meisten waren Worte des 'Dankes für die Warnung', wenn man so wollte. Andere fragten, wie es ihm ginge, ob sie mal wieder ins Geschäft kämen. Und dann gab es da noch eine Mail aus Atlanta mit dem Wortlaut: "Eine Hand wäscht die andere." Cole ahnte, was damit gemeint sein könnte. Als Ragnar zu ihm kam, war er gerade dabei, der ein oder anderen Mail zu antworten. Es war nie verkehrt, Kontakte zu pflegen. Ragnar setzte sich wortlos zu ihm. Es dauerte eine Weile, bis Cole schließlich das Schweigen brach und ihm vom vergangenen Abend erzählte. Und dabei spürte er, dass es ihn ein wenig ärgerte, dass er Ragnar davon erzählen konnte, aber Antonin nicht. Der Unterschied war, dass Ragnar über die Vorgeschichte Bescheid wusste. Aber er konnte ja schlecht zu Antonin gehen nach dem Motto 'Hey Antonin! Ich wollte dir mal kurz erzählen, dass meine ganze Familie massakriert worden ist, als ich 7 war und ich habe nur durch Zufall überlebt. Und danach hatte ich ein grässliches Leben, weil mein Onkel mich regelmäßig verprügelt hat, während mein Ziehvater Costello meine Angst und meine Wut dazu verwendet hat, mich zu dem zu machen, was ich bin: Einem gefühllosen, kaltschnäuzigen Arschloch, das kein Problem damit hat, Menschen umzubringen, und willenlos seinen Anweisungen folgt, weil ich ihm hilflos ausgeliefert bin. Und das Schöne an der Sache ist, dass ich diesem Leben nie entkommen kann, denn wenn ich es tue, würde ich die letzte Chance verwirken, meine Eltern doch noch irgendwann rächen zu können.' Cole wurde schlecht bei dem Gedanken. "Kennt Antonin eigentlich die Geschichte?", fragte Ragnar, als könnte er seine Gedanken lesen. Cole blickte ihn wütend an. "Nein", erklärte er patzig. "Weiß er nicht. Und das ist auch gut so. Schließlich sind das alte Geschichten." Ihn nervte die Situation ohnehin schon. Da wollte er nicht auch noch von Ragnar hören, dass er Antonin alles erzählen sollte. Er wusste es doch selbst... Ragnar hob beschwichtigend die Hände. "Nur nicht gleich patzig werden", knurrte er zurück und Cole seufzte tief. "Ich fürchte, ich werde dich gleich noch wütender machen, aber Costello hat vor einer geraumen Weile angerufen. Offenbar wollte er sehen, ob du an Gawain dran bist. Ich hab gesagt, dass du deswegen gerade unterwegs bist." Cole blickte Ragnar dankbar an, der aufstand und den Raum verließ. Cole griff genervt zum Telefonhörer und rief Costello an. "Was gibt‘s?", meldete er sich noch immer patzig. Dann schloss er die Augen, als er hörte, was jener wollte. "Wann geht der Flieger?", fragte er tonlos und blickte auf die Uhr. "Ist gut." Er legte den Hörer auf. Im Moment machte es keinen Sinn Costello zu widersprechen. Und so ging er zu Ragnar, erklärte ihm, dass er nach LA fliegen musste und bat ihn, das Lady-Dream die nächsten Tage zu leiten. Dann erklärte er ihm noch, was es mit dem Sender auf sich hatte. Und ob er das auf seine Kappe nehmen würde. "Am besten lässt du dir von Antonin noch ein paar Infos zu dem Sender geben, falls Costello fragt, woher du ihn hast. Er scheint etwas außergewöhnlicher zu sein." Ragnar willigte ein. Dann ließ sich Cole zu seiner Wohnung fahren und packte seinen Koffer, zog sich um und ließ sich zum Flughafen fahren. Auf dem Weg dorthin versendete er eine SMS an einen Kontaktmann in LA, an Costello und schließlich an Antonin. Hey Schutzengel! Bin drei Tage in L.A. Keine Sorge, wird nicht gefährlich. Werde versuchen mich zu melden. Ich hoffe es geht alles schnell über die Bühne. Mach dir eine schöne Zeit. Ich werde morgen Nachmittag an dich denken. Lass dich nicht unterbuttern. Du wärst schön blöd, wenn du dir deine Patentrechte nehmen lassen würdest. Das ist ne Menge Kohle jeden Monat ;) Meld dich, wenn du Neuigkeiten hast. Kannst mich jederzeit anrufen! Cole Der Flug dauerte drei Stunden. Am Flughafen wartete bereits Joshua. Dieser war früher einer seiner Leute in New York gewesen und mit ihm arbeitete Cole gerne zusammen. Letztlich ging es bei seinem Aufenthalt hier in LA nur darum, dass er ihnen half Verhandlungen zu führen. Genaueres erfuhr er auf dem Weg zu deren Zentrale. Dadurch, dass es in LA drei Stunden früher war, als in New York, war dieser Tag für Cole unnatürlich lang. Müde kehrte er schließlich um halb vier Ortszeit in sein Hotelzimmer und schlief sofort ein, kaum dass er auf dem Bett lag, nicht mehr fähig, sich auszuziehen. Er hatte nur 5 Stunden, dann würde es weitergehen... Antonin Antonin sah auf die Uhr und bemerkte das er noch ungefähr zehn Minuten Zeit hätte, weshalb er sein Handy hervorholte und beschloss auf Coles SMS zu antworten. Gestern hatte er sie erst gesehen, als er todmüde in sein Bett gefallen war und deshalb keinen Elan mehr aufgebracht, um noch eine Antwort zu tippen. Guten Morgen ;) Danke, dads du mir Bescheid gegeben hast. Eine schöne Zeit wird es wohl nur bedingt, aber ich werde sie gut nutzen. Wenn ich Neuigkeiten habe, melde ich mich sicherlich. Viel Erfolg, bei was auch immer. Kuss, Antonin Nach einem letzten Blick auf die Nachricht sendete er sie und betrat die Anwaltskanzlei, wo er auch sofort von der Empfangsdame durchgelassen wurde und auf die beiden Partner von Mall & Trous traf. "Mikael, es sind zwar bedauernswerte Umstände, aber es ist dennoch schön, Sie wohlauf und unversehrt wieder zu sehen", begrüßte ihn Laura Trous, während er Martin Mall nickend die Hand reichte. "Ja, es ist wirklich gut, dass Sie hier sind Mikael, denn sonst hätten wir bald das von Ihnen hinterlegte Paket losschicken müssen", fügte jener noch an und Antonin sah auf, bevor er blass wurde. "Das Paket werde ich heute wieder mitnehmen", verkündete er und setzte sich seinen beiden Anwälten gegenüber. "Das hat sich geklärt", führte er weiter aus und dachte an das Hemd mit dem Blut des zweiten Bürgermeisters, das er hier deponiert hatte und das seine Lebensversicherung dargestellt hatte. Komisch, dass ihm das so klar vor Augen stand. "Sehr schön. Wir haben Ihre Kündigung aufgesetzt und es braucht nur noch Ihre Unterschrift, bevor wir uns den eher unangenehmen Dingen, welche diese Kündigung mit sich zieht, zuwenden können. Habe sie Ihre Unterlagen dabei, Mikael?" Und damit setzte Antonin den ersten kleinen Stein in Bewegung, um seiner Selbstständigkeit wieder einen Schritt näher zu kommen. Wobei er sich wohl auf einen langen und harten Kampf vorzubereiten hatte was die Patentrechte seiner Umhüllung betraf. Er schnaubte und erklärte, dass Chem-Dyne die Formel dafür nicht besaß und er könnte durch seinen Unfall immer noch darauf plädieren, es vergessen zu haben, und das Ganze später ein wenig verändert und als seine eigene 'Neuerfindung‘ herausgeben. Etwas, worauf seine beiden Anwälte unterschiedlich reagierten und man beschloss, dem rechtlichen Hintergrund hierfür erst ein wenig genauer auf den Zahn zu fühlen, bevor man solcherlei Schritte in Betracht ziehen würde. Doch bis es soweit war, dürfte Mikael in keinerlei Kontakt mehr mit Chem-Dyne treten und seine Formeln am besten auch noch alle hier hinterlegen, um beweisen zu können, dass sie aus seiner Feder stammen würden. Am Ende könnte der Konzern sonst behaupten, dass es Mikael gewesen war, der diese Dinge geklaut hätte und nicht anders herum. Zum Mittagessen hatten sie sich darauf geeinigt, erst einmal die nächsten Schritte von Chem-Dyne abzuwarten, nachdem jene jetzt das Kündigungsschreiben und die Verweigerung zur Herausgabe seiner Formel bzw. seines Anteiles der Patentrechte erhalten würden. Weshalb Antonin dann zu sich nach Hause fuhr, sich in einen hellgrauen Anzug warf und sich damit für seinen Termin mit der Bank bereit machte. Dort wurde er von einem Mister Steen in ein kleines Büro geführt und legte diesem seine Pläne vor. Einschließlich seiner Rücklagen, dem Gebäude, das er zu kaufen gedachte, und den Kosten, die für den Umbau sowie die Einrichtung anfallen würden. Man versprach ihm das Ganze zu prüfen, erinnerte ihn jedoch auch daran, dass er bisher noch keine Schulden gemacht hatte und man ihn deshalb als nicht sehr Kreditwürdig einstufen könnte. Zudem da ja auch noch die Verfahrenskosten wären, mit denen er zu rechnen hatte, wenn sein Patentstreit - den er nicht verheimlicht hatte - wirklich vor Gericht ginge. Verdammtes Amerika mit ihrem verdammten System! Antonin bedankte sich für das Gespräch, ahnte den Ausgang jedoch schon und knirschte wütend mit den Zähnen,, als er wieder vor der Bank stand und sich eine Zigarette anzündete. Was nun? Natürlich hatte er Coles Angebot, ebenso wie Nicholas, der ja ebenfalls kein armes Würstchen war, aber warum zum Henker konnte er nicht endlich mal etwas alleine hinbekommen? Grollend schnippste er seine Zigarette weg, schnappte sich ein Taxi und fuhr nach Hause, um sich erst einmal mit gutem Essen abzulenken. Oder vielmehr mit dem Zubereiten davon. Und wie so häufig davor lenkte es ihn tatsächlich ab, so simple Aufgaben wie das Hacken und Schneiden von Gemüse zu erledigen. Doch auf einmal hielt er mitten im Kleinschneiden von Sellerie inne und runzelte die Stirn, bevor er alles stehen und liegen ließ, um seine Anwälte anzurufen und jenen seine neue Idee vorzubringen. Beide stimmten ohne weiteres Federlesens zu, weshalb Toni erst einmal eine halbe Stunde seine vielen Akten auf den Kopf stellte, bevor er das gesuchte Schreiben fand. Lächelnd betrachte er den Absender des Briefes, der kurz nach seiner Konferenz in Washington bei ihm eingegangen war. Zu jenem Zeitpunkt war er viel zu beschäftigt mit sich selbst gewesen, zudem er solchen Dingen im Grunde sowieso aus dem Weg ging. Er galt als menschen- und pressescheues Genie. Nicht seine Worte, aber er konnte gut damit leben. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr wählte er die Nummer, die darauf zu sehen war, und fragte, ob sie noch Interesse an ihm hätten. Und wie sie hatten! Der nächste Tag begann noch stressiger als der davor schon. Doch auch diesmal nahm er sich die Zeit, eine SMS an Cole zu schreiben. Heya Mann mit der Leine, hier stockte er und dachte nach. Ja, Cole wollte ihn mal an die Leine legen. Aber sie hatten da mehr herumgeblödelt und sich wohl einen Spaß aus dem Halsband gemacht, das Antonin an jenem Abend getragen hatte. Hm, so nach und nach kam in den letzten Tagen immer mehr zurück. Auch wenn Antonin sich in der Zwischenzeit nicht mehr sicher war, ob das gut war. Je mehr er von Cole erfuhr, desto mehr begann er über seine Aktionen in dessen Gegenwart nachzudenken, anstatt sich einfach nur intuitiv zu verhalten. Es bereitete ihm manchmal Kopfschmerzen… ich habe heute einen wichtigen Termin und wenn du aufwachst kannst du mir die Daumen drücken, damit ich das professionell über die Bühne bekomme. (Keine Guardsache). Vermisse Dich. Antonin Es ging dann für ihn erstmal zum Friseur, um ihm wieder eine vorzeigbare Frisur zu verpassen. Nicht einmal gegen die ganz wenigen aufhellenden Strähnchen wehrte er sich. Auch die Maniküre ließ er anstandslos über sich ergehen, bevor er nach Hause fuhr und sich diesmal mit mehr Aufmerksamkeit seiner Kleidung widmete. Schließlich entschied er sich für schwarze Stoffhosen, ein hellblaues Hemd und eine dazu passende schwarze Krawatte. Nach einem letzten Blick in den Spiegel stellte er fest, dass er sich so durchaus zeigen konnte. Er sah gut aus, er sah erfolgreich aus und am wichtigsten: Er sah von sich selbst überzeugt aus. Nach einem letzten Durchatmen machte er sich auf den Weg. Es war schon sehr spät, als er bei Tayra und Nicholas vorfuhr und jenen erzählte, was er heute getan hatte. Während Tayra beeindruckt schien, konnte Nicholas sich einen sorgenvollen Blick nicht verkneifen. "Damit bist du kein NoName Gesicht mehr, Toni. Ich hoffe du hast dir das gut überlegt", merkte er an und Antonin zuckte mit den Schultern. "Cole wollte mich im Grunde nie als seinen Guard. Auch wenn er zwischenzeitlich anders darüber gedacht haben mag, so glaube ich, dass es ihm nur recht ist, wenn ich so wenig als möglich mit seiner Szene in Kontakt trete", antwortete er und sah dann jedoch seinerseits sorgenvoll aus als Nicholas seufzte. "Das klingt jetzt, in diesem Moment alles sehr logisch. Für dich und für ihn, aber vergiss nicht, dass da immer noch Erinnerungen ruhen. Du hast schon mal versucht davon loszukommen und es hat nicht geklappt. Wenn du dich wieder an alles erinnerst, wird der Drang dein Ziel zu beschützen alles andere zurück in den Schatten drängen. Das ist die Natur dieser Ausbildung. Du hast es einmal Gehirnwäsche genannt und vermutlich hattest du damit nicht einmal unrecht." Antonins Gesichtsausdruck verhärtete sich. "Cole ist nicht nur mein Ziel und natürlich ist es mein Hauptinteresse, ihn sicher und lebend zu wissen, aber ich kann mein Leben nicht davon bestimmen lassen. Er macht das mit seinem ja auch nicht." Diesmal war es Nicholas, der kurz irritiert dreinsah. "Und was genau ist Cole dann für dich?" "Der Mann, mit dem ich so etwas wie eine Beziehung führe", antwortete Antonin und sah Nicholas fest in die Augen. Was dann folgte, hatte er ab dem Moment erwartet, als er sich wieder an jenen erinnern konnte. Unverständnis, Fassungslosigkeit und unter anderem auch die Anklage, dass es nicht normal sei. Das Homosexualität nichts Normales wäre und dass er sich lieber eine Frau suchen sollte. Während Tayra versuchte, beschwichtigend einzugreifen, erhob sich Antonin und meinte, dass er kein Problem damit hätte, nicht der Norm zu entsprechen, und dass es Nicholas - bei aller Liebe - einen Scheißdreck angehen würde, mit wem er schlief. Das Ganze wäre wohl nicht so ausgeartet, wenn sich die beiden Männer nicht in vielen Dingen so unglaublich ähnlich wären, doch da dies der Fall war dauerte er nicht lange, bis sie sich nicht nur aus voller Kehle anbrüllten, sondern das Ganze nach draußen und in eine Prügelei verlegten. Und wer immer ihnen zugesehen hätte, außer der inzwischen schier verzweifelten Tayra, würde sofort erkennen, dass dies keine einfache Schlägerei zwischen zwei Besoffenen war, sondern eine Machtprobe. Eine, bei der Antonin durch sein fehlendes Training, seine fehlenden Erinnerungen und seine Reha im Grunde der deutlich unterlegene sein müsste. Doch was ihm fehlte, machte er mit einer unglaublichen Wut im Bauch wieder wett, weshalb es eine geraume Weile dauerte, bis beide Männer zerschunden und zerschlagen schwer atmend im Dreck lagen und beschlossen, die Sache zu vergessen. Nicholas würde nichts mehr dazu sagen oder erfragen und Antonin würde nichts erzählen. Das war der Deal, über den er nachdachte als er in 'seinem' alten Cabrio auf dem Schrottplatz saß und die Sterne beobachtete. Tayra kam vorbei und brachte ihm neues Eis für sein blaues Auge und sah ihn sorgenvoll an. "Er hat dich gut zugerichtet. Dass er es auch nur gewagt hat, dir gegen den Kopf zu schlagen!", giftete sie und Antonin ließ sich ohne etwas dazu zu sagen den Oberkörper von ihr verarzten. "Damit musst du morgen zum Arzt", murmelte sie, während sie Creme über den immer dunkler werdenden Fleck an seiner Seite rieb. "Ich sah schon mal schlimmer aus", antwortete er und sog dann schmerzerfüllt Luft ein, als sich da Muskeln in seinem Gesicht regten, die sich besser nicht mehr so schnell regen sollten. "Ich hätte es ihm gar nicht sagen sollen." "Er ist was diese Dinge betrifft einfach ein Idiot", murmelte sie beruhigend und setzte sich schließlich neben ihn ins Auto und reichte ihm aus dem mitgebrachten Korb ein Bier. "Hier, das kann jetzt nicht schaden." Er dankte ihr und seufzte dann tief. "Vielleicht bin ich auch ein Idiot. Immerhin lasse ich mich wirklich auf ziemlich viele Dinge gleichzeitig ein. Ungewisse Dinge mit ungewissem Ausgang." "Sprichst du von Cole?", fragte sie und nahm ihm das Bier aus der Hand, um ebenfalls davon zu trinken. "Ich denke du solltest dir in seinem Fall nicht so viele Gedanken machen. Als er dich von sich stieß an dem Abend im Lady Dream, hat er geweint wie ein Schlosshund und er sah so furchtbar verloren und verzweifelt aus", erzählte Tayra ihm und Antonin warf ihr einen müden, wenn auch überraschten Blick zu. "Ich stelle ihn mir ungern so vor", gab er zu. "Natürlich ist es nur menschlich, aber ich mag seine Stärke. Seine Art mit den Dingen umzugehen. Wobei ich diese Stärke inzwischen häufig für gespielt halte. Und ich frage mich, ob ich ihm einmal wichtig genug sein werde, um mich wirklich an seinem Leben teilhaben zu lassen. Wusstest du, dass wir eine Art Abmachung haben?", fragte er den letzten Satz eher unwillig und schnaubte als Tayra den Kopf schüttelte. "Ich habe ihm wohl selbst vorgeschlagen… naja vielmehr erlaubt, sich durch sämtliche Betten dieser und jeder anderen Stadt zu schlafen, solange ich nichts davon mitbekomme", erzählte er und nahm seinerseits das Bier, um es in wenigen großen Zügen auszutrinken, während Tayra ihn ein wenig fassungslos ansah. "Warum zum Henker hast du das denn getan?!", verlangte sie zu wissen und griff nebenbei ein weiteres Mal in den Korb, um das nächste Bier hervor zu zaubern. "Um ihn nicht zu verlieren - schätze ich", murmelte er düster. "Aber das Tolle ist, die Abmachung gilt für beide Seiten." "Das ist Bullshit, du bist die treuste Seele, die ich kenne. Vermutlich könnte man dir... äh wen fandest du nicht schlecht? Vin Diesel? Also vermutlich könnte man dir so einen Superstar hinstellen und du würdest ihn nicht ansehen! Das ist eine beschissene Abmachung!", maulte sie und Antonin nickte zustimmend. "Ich weiß, ich weiß. Aber irgendwas muss ich mir dabei wohl gedacht haben." "Nichts gegen dich, Toni, aber manchmal liegst selbst du einfach nur falsch", bescheinigte ihm seine beste Freundin und Antonin lächelte etwas melancholisch, ohne darauf zu antworten. Am nächsten Tag schrieb er keine SMS, denn er war damit beschäftigt, zum nächsten Zeitungsverkäufer zu joggen - und damit hatte er auch begonnen seinen Körper wieder mit leichtem Training zu belasten, auch wenn ihm teilweise jede Rippe wehtat und sein Gesicht so aussah, als wäre er mit einem Lastwagen zusammengestoßen - und sich die NewYork Times zu kaufen. Und tatsächlich war die Kapsel da, wie vom Chefredakteur versprochen, auf der Titelseite. Das war seine einzige Bedingung gewesen, dass die Story nicht irgendwo hinten vergammelte, wenn er sich denn schon mal zu einem Interview hinreißen ließ. ‘Streit um Leben und Tod - Patentstreit stoppt Auslieferung von neuem Verfahren‘ Zufrieden kaufte er sich die Zeitschrift und lief damit zur nächsten Parkbank, um sich zu setzen und in aller Ruhe zu lesen. Zuerst wurde erklärt, wer er überhaupt war. Ein junges Genie, das sich den Titel Professor in Russland angeeignet hatte, nachdem er hier in Amerika die aufbauende Schule dafür besuchte. Jemand den Chem-Dyne mit Kusshand angenommen hatte und für die er schon einige neue Errungenschaften zusammengezimmert hatte. Er galt als pressescheu und der Reporter bedankte sich zum Start des Interviews dafür, dass er trotz seines schweren Unfalles und den Stress, der jetzt auf ihn wohl zukommen würde, Zeit für das hier fand. Es wurde darauf eingegangen, was diese neue Umhüllung tun konnte und welche weiteren Kollegen Antonin dazu befragt hatte. Dass die verschiedenen Bestandteile als Träger der Medizin handeln würde und nicht nur noch als Umhüllung. Dass man Menschen mit zum Beispiel Herzinfarkt damit noch zuhause, bevor der Notarzt da war, die bereits dringend benötigten Mittel so schnell als möglich in den Blutkreislauf einschleusen könnte. Zuerst war noch versucht worden, ihn als den Bösen hinzustellen, doch Antonin hatte die Worte des Reporters sehr schnell gegen diesen gewandt, als er davon erzählt hatte, dass er damit nur sein eigenes Labor finanzieren wollte und die Rechte danach an eine Hilfsorganisation für Drogensüchtige abgeben wollte. Er wurde zu seinem Unfall befragt und zu seinen Zukunftvision, nach seinen Hobbys, Interessen, was er von der momentanen Politik hielt. Und so weiter und so fort. Antonin persönlich war damit sehr zufrieden, denn der Artikel war wie versprochen tatsächlich auf seinen Antworten aufgebaut worden, ohne etwas dazu oder wegzudichten. Damit steigerte er nicht nur den Druck auf Chem-Dyne, sondern stellte sich selbst wieder in einer guten Position in den wissenschaftlichen Kreisen auf. Wenn er sein Labor (wie auch immer) finanziert hätte, würde er keine Probleme haben, an Aufträge zu gelangen. Zudem die Bilder in dem Artikel auch gar nicht schlecht getroffen waren. Er wirkte genauso wie er es vor dem Spiegel getan hatte: Absolut souverän. Cole Der Wecker läutete unbarmherzig und nach einer Dusche stand auch schon Josh wieder bereit, um ihn abzuholen. Im Auto las er Antonins SMS, die gerade eingetrudelt war. 'Viel Erfolg, bei was auch immer.' - Cole spürte die leise, wohl unbewusste Anklage. Antonin wusste selten, was er tat, oder er erfuhr es nur im Nachhinein. Aber Cole wusste ja selbst oft nicht, was auf ihn zukam. Wie sollte er es also Antonin mitteilen? Und interessierte es den anderen überhaupt wirklich, was er tat? Wollte Antonin wirklich hören, wenn er loszog, um Geld einzutreiben, Autos zu schieben, Drogen ins Land zu schleusen, jemanden umzubringen. Was hatte er eigentlich für ein verfluchtes Leben? Cole seufzte und steckte das Handy wieder weg, den Seitenblick von Joshua kalt abprallen lassend. Wieso Cole hier war, wusste er immer noch nicht so richtig. Die Gruppe gehörte eigentlich nicht zu Costellos Leuten, arbeiteten mit ihm nur zusammen. Joshua war so das Bindeglied zwischen diesen Gruppen. Und offenbar brauchte er Cole an seiner Seite, um bei Verhandlungen einen Trumpf zu haben. Und doch war Cole nicht klar, um was es hier eigentlich ging. Aber vielleicht würde er gleich endlich durchschauen, welche Pläne man mit ihm hatte. Denn ihm war gestern schon klar gewesen, dass der Flug eine Bestrafung durch Costello war, und dass es alles nicht so 'easy going' war, wie behauptet worden ist. Einige Stunden später wusste Cole endlich, was hier geschah und weshalb er hier war. Man benötigte sein Organisationstalent und seine Kälte. Denn bei den Verhandlungen ging es um ein beträchtliches Gebiet von LA, um das sich momentan gestritten wurde, weil die ehemaligen 'Verwalter' sich tödlich auseinanderdividiert hatten. Und nun stand der Kampf offen und nur noch zwei Finalisten standen im Ring. Cole hätte Scheiße brüllen können, als er das herausgefunden hatte. Warum verfluchte Scheiße musste er hier her kommen? Aber ihm war klar, was das hier war. Eine Bestrafung durch Costello. Man handelte einen Gesprächstermin aus, der für den nächsten Tag angesetzt war. Cole war absolut klar, dass dieses Gespräch von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Hier in LA, das merkte er immer mehr, hielt man nicht viel vom reden. Der Finger saß sehr locker. Nicht umsonst war die Quote, der mit Schussverletzungen ins Krankenhaus Eingelieferten bei alle 14 Minuten einer. Und Cole wünschte sich mehr denn je, nicht hier sein zu müssen. Die Platte, die er von Antonin hatte, war sein steter Begleiter. Er dachte viel an ihn, doch er würde ihn nicht anrufen. Denn dann müsste er ihm wohl die Wahrheit sagen, was hier los war, und das wollte er nicht. Und so ließ er sich diesen Tag durch diese Art des Ganglebens treiben, bei dem man nie wusste, wo der nächste Feind auf einen lauert mit der Absicht, einen zu ermorden. Mein Gott, wie froh war er, dass es in New York in seiner Hierarchie wesentlich friedlicher zuging, wohl deshalb, weil man miteinander kommunizierte und gewisse Regeln einfach einhielt: Ein friedliches Miteinander. Sicher war das nicht überall so und es gab auch Viertel in N.Y. in denen es ganz anders zuging, aber die spielten nicht in seiner Liga. Der morgige Termin würde sicher blutig werden. Und da Cole alles andere als draufgehen wollte, kniete er sich hinein, dass sie gut vorbereitet sein würden. Er machte den Job, weswegen er da war. Abends spürte er die wachsende Anspannung in der Gruppe, weswegen er sich irgendwann zurück ins Hotel bringen ließ, von wo aus er auf die Piste ging. Er brauchte Ablenkung, er musste runterkommen. Und das konnte er nur wirklich beim Sex. Als er am nächsten Morgen Antonins SMS erhielt musste er schmunzeln. 'Vermisse dich' - Wie einfach Antonin das fiel, ihm das zu schreiben. Vermisste er Antonin auch? Ja, in gewisser Weise schon. Wenn er ehrlich zu sich war, vermisste er ihn sogar sehr. "Hey, mein Mann mit dem Halsband! Ich werde an dich denken. Du wirst das wunderbar hinbekommen, da bin ich mir absolut sicher. Ich hoffe, dass das hier in LA bald vorbei ist. Wir wollten ja noch shoppen gehen ;) Cole" Nun, zumindest hatte er so einen Grund, sich mit Antonin zu treffen, wenn er wieder da war. Das 'Gespräch', das geführt werden sollte, dauerte genau 5 Minuten bevor Cole das erste Entsichern der Waffe hörte. Weitere 10 Minuten, bevor jemandem der Geduldsfaden riss. Cole war ein guter Redner. Aber ihm war schnell klar, dass es hier niemanden gab, der wirklich zuhören wollte. Eigentlich hat man sich auf einem Schlachtfeld getroffen, um einen lange andauernden Krieg zu beenden, nicht um einen Friedensvertrag zu schließen. Es war genau so, wie Cole es geahnt hatte. Aber er hatte dennoch gehofft, es ändern zu können. Was folgte war blutig und Cole handelte nur instinktiv. Ihm war es egal, wer der 'Sieger' war. Er wollte hier nur lebend rauskommen. Als es offenbar vorbei war, saß er unter Vollspannung in seiner Deckung, versuchte leise zu atmen und erzitterte unter der Stille, die plötzlich im Raum stand. Er hasste diese Stille, er verfluchte sie. Sie verursachte in ihm ein Gefühl von Panik, blankem Entsetzen. Erinnerungen, die auf ihn einströmten; Der Geruch des Blutes gemischt mit Pulver; Und diese unerträgliche Stille, in der man spüren konnte, wie der Tod vorbeikam, um die Seelen der Menschen einzusammeln. Dann begann jemand zu sprechen. Es war Joshua. Er wimmerte mehr, als das er sprach, rief letztlich um Hilfe. Cole machte ihn aus, verließ seine Deckung, erkannte, dass niemand mehr der anderen zu leben schien, und eilte zu Joshua, der eine halbe Stunde später bei einem Arzt war und eine weitere Stunde später an seinen Verletzungen starb. Die Gruppe, für die er hatte arbeiten müssen, hatte ein paar Verluste gehabt. Doch nun, da es vorbei war, war man damit beschäftigt, zu zeigen, dass der Krieg gewonnen war. Dass es Tode zu beklagen gab, schien niemanden zu interessieren. Genauso wenig, wie es jemanden zu interessieren schien, dass Cole mit einem Mal weg war. Er fuhr mit Joshuas Wagen ins Hotel, duschte sich ausgiebig, packte seine Sachen und ging dann sich ablenken. Morgen am späten Nachmittag würde der Flieger gehen. Und bis dahin würde er nicht mehr nachdenken wollen... Als er am nächsten Morgen erwachte lag er bei einem Mann im Bett, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnern konnte. Er stand auf, nahm seine Sachen und ging, auch wenn dieser ihn zum Bleiben überreden wollte. Doch Cole blieb nicht. Im Hotel duschte er sich, vor sich selbst ekelnd. Der Kater, den er hatte quälte ihn. Aber schlimmer noch, waren die Erinnerungen an die Stille und an Joshua. Es war Mittag, als er das Hotel verließ und an den Strand fuhr, um spazieren zu gehen. Sein steter Blick aufs Handy wurde immer wieder enttäuscht. Es kam keine SMS, nicht so wie die vergangenen zwei Tage. Ob es Antonin gut ging? Als sein Handy piepste war es Ragnar, der ihn bat, einen Blick in eine Zeitung zu werfen. Als Cole das Titelbild sah, kaufte er sie uns setzte sich, um zu lesen. Antonin hatte also sich entschieden, welchen Weg er in Zukunft einschlagen wollte. Und Cole war mehr als erleichtert darüber. Denn ihn an diesem, seinem Leben wieder als sein Guard teilhaben zu lassen, konnte sich Cole immer weniger vorstellen. Es war ihm erst gestern bewusst geworden, als er Joshua gesehen hatte, blutüberströmt, verzweifelt, zu jung, um zu sterben. Und einen Moment hatte er nicht Joshua gesehen, sondern Antonin. Nur einen Moment hatte ihm sein Gehirn einen Streich gespielt, aber er hatte gereicht, um ihn spüren zu lassen, dass er damit niemals klar kommen würde. Schließlich gegen 15 Uhr tippte er selbst eine Nachricht an Antonin. Er wollte nicht mehr warten, dass jener sich meldete. Hey Antonin! Ich bin sprachlos - und beeindruckt, irgendwie. Ich vermute, dass der Erfüllung deines Traumes nicht mehr viel im Wege steht =) Ich komme heute Abend zurück. Vielleicht sehen wir uns ja bald! Hast du nächsten Dienstag etwas vor? Ich würde mich freuen, wenn du eine Stunde Zeit erübrigen würdest. Ich möchte dir etwas zeigen... Cole Ja, in zwei Stunden ging der Flieger und in fünf Stunden würde er wieder in New York sein. Und eines wusste er mehr als sicher. Heute Abend würde er nicht ins Lady-Dream gehen. Vielleicht würde er einfach nur zu Hause sein und einfach einmal nichts tun. Ihm war klar, dass er liebend gerne heute Abend bei Antonin sein würde, in seinen Armen liegend. Aber er würde ihn nicht fragen können. Sicher hatte jener viel zu tun. Es wäre in Ordnung, wenn sie sich nächsten Dienstag sehen würden. Cole hatte sich entschlossen, Antonin zum Grab seiner Eltern mitzunehmen. Vielleicht würde es bedeuten, dass Antonin überfordert sein würde, aber das Risiko wollte er eingehen. Denn es waren diese unausgesprochenen Dinge, die ihn belasteten, weil sie sich nicht verdrängen ließen. Ragnar Die Tage im Lady-Dream waren ruhig gewesen, ohne größere Vorkommnisse. Die Belegschaft war motiviert, es war eine angenehme Atmosphäre und das übertrug sich auch auf die Damen, die einen wirklich guten Job machten, besonders am vergangenen Abend, als sie von einer Firma gemietet worden waren, um mit der Belegschaft aus N.Y. und der aus Tokio zusammen zu feiern. Doch Ragnar machte sich Sorgen um Cole. Die Aktion von Costello war nicht die erste dieser Art. Immer wenn Cole aus der Reihe getanzt war, oder etwas angestellt hatte, war er letztlich so oder so ähnlich bestraft worden. Und Ragnar war sich absolut sicher, dass er auch diesmal wieder zu einer Kamikazeaktion geschickt worden war, damit Cole niemals vergessen konnte, was er damals erlebt hatte, als seine Eltern und seine Geschwister gestorben waren. Und Cole hatte immer viel Glück gehabt. Aber wie lange würde sein Schutzengel noch funktionieren? Ragnar wusste es nicht. Daher rief er ihn hin und wieder an, immer erleichtert, wenn er ans Telefon ging. Costello war am vergangenen Tag auch im Lady-Dream gewesen und Ragnar fiel ein, dass er Antonin noch wegen des Senders befragen wollte. Es war wirklich besser, wenn er Genaueres wusste, wenn er damit zu Costello ging. Als er gegen 13 Uhr die Zeitung mit Antonins Artikel gesehen hatte, hatte er Cole gleich eine Nachricht geschickt, bevor er selbst Antonin anrief, um ihm mitzuteilen, dass er ihn gerne sehen würde, wenn möglich gleich jetzt. Und zwei Stunden später trafen sie sich in einem kleinen Cafe. Ragnar hatte einen Koffer dabei. Das letzte Geld, das durch Blue Wonder eingegangen war und das Antonin zustand. Er hob die Augenbrauen, als er das Gesicht des anderen sah. Hatte er sich um den Artikel prügeln müssen? "Mir scheint, du hast ein bewegtes Leben gehabt in den letzten Tagen." Ragnar grinste und zwinkerte dem anderen zu. Er erwartete nicht, dass Antonin sich erklärte, aber das blaue Auge sah zu beeindruckend aus, als dass er es unkommentiert lassen wollte. Dennoch wechselte er gleich das Thema. "Ich wollte dir nur etwas geben, was dir noch zusteht", erklärte er, blickte kurz auf den Koffer, der zwischen ihnen am Boden stand, und trank einen Schluck seines Cappuccinos. "Und dann wollte ich dich bitten, dass du nächste Woche..." Doch das Handy des anderen piepste wegen einer SMS in dem Moment. Ragnar trank demonstrativ noch einen Schluck, dem anderen damit signalisierend, dass er gerne erst die Nachricht lesen dürfte. Schließlich fuhr er fort. "Ich wollte dich bitten, dass du nächste Woche ein wenig auf Cole aufpasst. Es könnte sein, dass es ihm nicht gut gehen wird und ich glaube, er könnte dich ganz gut brauchen..." Er nickte leicht, als müsste er sich selbst noch einmal bestätigen, dass es richtig war, den anderen darum zu bitten. "Und dann wollte ich noch einmal fragen, was du alles zu dem Sender weißt, den du Cole damals verpasst hast. Denn ich werde das auf meine Kappe nehmen, damit Cole eine Erklärung hat." Er lächelte den anderen an. "Das wird das Einfachste sein." Antonin Es kostet Antonin inzwischen nicht mehr unmenschliche Willenskraft, seinen Ausdruck ruhig zu halten, denn sein Doktor hatte ihm kurz nach seinem kleinen Joggingausflug eine ganze Wagenladung an Schmerzmittel in den Körper gepumpt. Dazu einen Stützverband für die Rippen und eine Erhöhung seines blutverflüssigenden Mittels für die Arterien in seinem Kopf. Am liebsten hätte Antonin vor lauter unterdrücktem Zorn Feuer gespuckt, aber er unterließ es und versprach seinem Doc, nicht mehr gegen Türen zu laufen - mehrfach. Er stimmte Ragnars Wunsch deswegen auch nur ungern zu, aber was tat man nicht alles? Das Cafe war zum Glück recht klein und er bestellte sich einen Eiskaffee. Da würde es nicht so auffallen, dass er mit dem Strohhalm trank, da er nicht ganz glaubte, den Rest so leicht hinzubekommen. Verdammter Nicholas mit seinem verdammten, dämlichen Moralcode. Er rückte auf seinem Stuhl ein paar Mal umher, bis er relativ gut sitzen konnte, und warf Ragnar einen unterkühlten Blick zu. "Du hast ja keine Ahnung..", murmelte er, zwinkerte jedoch nicht zurück. Solcherlei Sperenzien unterließ er momentan lieber. Nicholas hatte wirklich ein Scheißglück, dass er ihn als seinen großen Bruder ansah - jetzt wieder - sonst wäre er über die Geschichte garantiert nicht so ruhig und im Grunde auch relativ gelassen. Es war jetzt geklärt und würde nicht mehr vorkommen. Zudem der ältere Russe auch gut lädiert ausgesehen hatte gestern. Er folgte Ragnars Blick zu dem Koffer und fragte sich, ob das die Auszahlung war, von der Cole schon einmal gesprochen hatte? Nun, egal was den Ursprung darstellte, solange es Geld war würde er momentan nicht nein sagen. Ragnar unterbrach sich selbst als Antonins Handy piepste und so sah er keinen Grund nicht nachzusehen, wer jetzt schon wieder etwas von ihm wollte. Wenn das jetzt Nicholas war... nein. Es war Cole. Er las die Nachricht ein zweites Mal und lächelte kurz bevor er das Gerät wieder wegsteckte. "Sorry, sprich weiter", entschuldigte er sich und bekam gleich darauf einen Ausdruck, der zwischen Skepsis, Irritation und Unglauben hin und her wankte. Sofern sein Gesicht das momentan zuließ. "Das hat nicht zufällig irgendwas mit nächsten Dienstag zu tun, oder doch?", fragte er schließlich und nahm den Strohhalm zwischen die Zähne, um einen Schluck von seinem Getränk zu nehmen. "Und deine Worte ehren dich als seinen Freund, aber sie sind unnötig. Sofern Cole mich lässt, bin ich immer für ihn da. Aber in diesem Satz sind auch gleich alle Schwierigkeiten vorgestellt, mit denen man zu kämpfen hat, denn obwohl Cole keinerlei Probleme hat, allen um sich herum zu helfen. Immer und immer wieder, macht ihm das im Umkehrschluss eine Heidenangst. Aber wem erzähle ich das? Ich bin mir sicher, du hast eine deutlich bessere Idee, wovon ich spreche als ich selbst. Warum denkst du eigentlich, dass ich noch hier bin? Und mit hier meine ich nicht, hier in diesem Cafe, sondern zu einem minimalen Anteil in Coles Leben. Ich kann dir daher nichts versprechen, denn ich werde einen feuchten Kehricht tun und das gefährden, 'nur' weil es diesmal vielleicht nötig wäre." Er wusste, dass es vielleicht härter klang als gemeint, aber seine erstaunliche Geduld konnte nur solange Bestand haben, wie er nicht begann, die Dinge zu hinterfragen. Einfach hinnehmen und fressen. Anders ging es nicht, denn dann würden ihm ein paar ganz drastische Defizite in dieser Beziehung auffallen. Ganz abgesehen davon, dass Cole vermutlich schneller am Horizont verschwunden wäre, als er die tatsächlichen Fragen aussprechen können würde. Ja.. ja verfluchte Scheiße nochmal, natürlich machte er sich Sorgen. Er wollte wissen, wer Cole so zugerichtet hatte und ganz nebenbei wollte er denjenigen noch in kleine Stücke schneiden und ja, er wollte wissen, warum Cole so eine panische Angst vor Nähe zu haben schien, aber nicht zu Kosten, die er nicht bereit war zu zahlen. Er wollte Cole nicht verlieren. Unter keinen Umständen. Egal was Tayra von ihrer Abmachung hielt und egal was Ragnar ihm für Informationen gab. Er trommelte ein wenig unaufmerksam mit der freien Hand auf den Tisch herum und seufzte. "Ich kann dir die Informationen dazu faxen, oder du fährst noch eben mit zu mir und ich gebe sie dir. Diese Art der Sender ist eine Entwicklung der NASA wenn mich nicht alles täuscht. Aber inzwischen schon ein paar Jährchen alt, mit etwas Zeitaufwand könnte also jeder rankommen." Ragnar "Doch", entgegnete Ragnar überrascht. "Aber woher weißt du, dass der Todestag am Dienstag ist? Hat er es dir gesagt?" Fragend blickte er den anderen an und erklärte diesem schließlich: "Der Dienstag ist der Todestag seiner Eltern und seiner Geschwister. Gewohnterweise ist er in dieser Zeit nicht wirklich ansprechbar und ziemlich gereizt. Aber wie du sicher mittlerweile weißt, heißt das nicht, dass er niemanden um sich haben möchte, sondern dass er eigentlich jemanden braucht, der dennoch bei ihm ist." Er lächelte traurig auf die Erklärungen Antonins hinsichtlich seiner Analyse von Coles Verhalten. Antonin hatte Cole wirklich gut beobachtet. Er schien ihn gut zu durchschauen. Und damit sprach er auch die traurige Wahrheit aus. Cole war immer für alle da, nur für sich selbst nicht. "Ich glaube du unterschätzt deinen Anteil in Coles Leben. Du hast einen höheren Stellenwert darin, als du dir vorstellen kannst. Er kann es dir nur nicht direkt zeigen. Bei ihm muss man in diesen Dingen zwischen den Zeilen lesen. Das was er nicht sagt, aber was hinter seinen Worten steht, ist das, was wichtig ist. Aber ich gebe dir in allem anderen recht. Und ich bin froh, dass du so geduldig bist. Ich glaube jeder andere hätte ihm schon längst den Laufpass gegeben." Er schnaubte leicht. "Er ist ein furchtbarer Sturkopf, der glaubt kein Recht auf Glück zu haben. Und weshalb das so ist, muss er dir selbst erzählen. Und ich vermute, dass er das am Dienstag tun wird." Ragnar lächelte Antonin an und stand auf. "Wäre toll, wenn du mir die Informationen einfach faxt." Er schrieb ihm eine Nummer auf einen Zettel. "Und vielen Dank für alles." Ragnar fuhr ins Lady-Dream und wartete auf das Fax, das nicht lange auf sich warten ließ. Costello nahm ihm die Geschichte ab. Er teilte das Cole mit und erklärte ihm auch, dass das Lady-Dream heute gut auch alleine zurechtkommen würde. Cole sollte heute am besten einfach mal zu Hause bleiben. Antonin Antonin wartete noch bis die Empfangsbestätigung seines Faxgerätes kam und gab sich dann selbst die Möglichkeit in aller Ruhe nachzudenken. Er hatte sich Ragnar gegenüber nicht anmerken lassen, dass er bis zu diesem Moment gar nicht gewusst hatte, was am Dienstag war. Doch jene Informationen lagen ihm jetzt schwer im Magen, auch wenn sie so manche seiner leicht angerissenen Vermutungen bestätigten. Cole hatte schon einmal von einem 'wir' im Zusammenhang mit dessen Mutter gesprochen. Schon damals hatte Antonin etwaige Geschwister vermutet, doch dass diese nicht mehr lebten und sogar alle am selben Tag gestorben zu sein schienen… Ttat sich hier endlich der Grund für viele von Coles Verhaltensweisen auf? Antonin konnte sich an den Abend erinnern, als sie sich das erste Mal ein wenig heftiger angegangen waren, der Abend als Cole ihn als seinen Guard akzeptierte. Das konnte ja bereits seit dem Gotchaspiel, aber diesmal fiel ihm etwas Weiteres an diesem Abend auf, nämlich die Erwähnung, dass der andere Mann seit seinem siebten Lebensjahres alleine war. Konnte es einen Unfall gegeben haben, oder lag da doch mehr begraben? Antonin seufzte, griff dann jedoch zu seinem Handy, um eine SMS los zu schicken. Er würde Ragnars Bitte Folge leisten und etwas deutlicher vernehmen lassen, dass er den anderen gerne sehen würde. Zudem ihm ja gerade Ragnars letzte Worte auch wieder einen gewissen Auftrieb mitgaben. Aber so war das immer, wenn er Cole länger nicht sah oder hörte, er begann nachzudenken und zu viel davon war schon immer schlecht gewesen. Cole Irgendwie war Cole sehr froh, als das Flugzeug endlich abhob und er diesen Ort wieder verlassen konnte. Er war richtig erleichtert. L.A. mochte er eigentlich sehr gerne. Es war ein anderes Lebensgefühl hier, irgendwie wärmer und scheinbar einfacher. Letztlich stellte sich jedoch immer wieder heraus, dass es einfach nur bedeutete, dass die Leute hitzköpfiger und unberechenbarer waren, als irgendwo sonst. Und davon hatte er jetzt im Moment einfach nur noch die Schnauze voll. Im Moment freute er sich einfach nur auf seine Wohnung und sein Bett, in das er sich verkriechen würde, sobald er zu Hause war. Ob er sich bei Antonin melden sollte? Jener hatte nicht auf seine SMS reagiert. Nun, er saß grad im Flieger und konnte nichts empfangen. Er würde es später im Taxi erfahren, ob er doch geantwortet hatte oder nicht. Cole schlief seltsamerweise kurz ein. Er war wirklich müde. Zumindest würde er heute in seinem eigenen Bett schlafen können. Und vielleicht würde er dann wieder besser schlafen. Der Rückflug war immer ein wenig kürzer als der Hinflug, weil die Maschine sich den Jetstream zunutze machen konnte, um schneller voran zu kommen. Dafür war der Jetlag so rum schwieriger zu verarbeiten, fand Cole. Er war zwar um 16.30 losgeflogen, aber würde erst um 22 Uhr Ortszeit ankommen. Und auch, wenn er dann wahrscheinlich noch nicht wirklich müde sein würde, so könnte er dennoch getrost früh ins Bett gehen. Als er den Flughafen verließ war es 22.30. Im Taxi schaltete er sein Handy wieder an. Die Nachricht von Ragnar beruhigte ihn. Kurz schrieb er ihm zurück, dass er auch nicht vor gehabt hatte zu kommen, sie sich dann am nächsten Tag wiedersehen würden. Dann las er die SMS von Antonin. Er lächelte dabei und ohne darüber nachzudenken, ob er es wirklich sollte oder nicht, antwortete er ihm. Die Überwindungskraft hat sich in meinen Augen vollkommend gelohnt. Du hast neulich von einem überfüllten Terminkalender gesprochen ;) Ich bin grade wieder gelandet und fahre gerade nach Hause. Ich habe noch nichts gegessen, und du? Cole Nun, bei dieser Nachricht konnte Antonin entweder verstehen, dass es ein indirektes Angebot war, zu ihm zu kommen, oder er überlas es. So setzte er den anderen nicht unter Druck. Als er schließlich nach Hause kam ließ er alles stehen und liegen und legte sich aufs Sofa. Gott war er ausgepowert. Corleone kroch bald auf seinen Bauch und müde streichelte er den Kater, die Augen geschlossen habend. Wenn Antonin sich noch melden würde, dann würde er sich etwas zu essen bestellen, entschied er, wenn nicht, dann nicht. Dann würde er hier nicht mehr aufstehen, sondern einfach nur darauf warten, dass er am nächsten Tag erholter wieder aufwachte. Antonin Den restlichen Tag verbrachte er auf seiner Couch, versuchend sich so wenig als möglich zu bewegen und seinem Körper den Heilungsprozess nicht auch noch zu erschweren. Weshalb er auch über das 'hochspannende' Fernsehprogramm immer mal wieder wegdöste und schlussendlich erst wieder von der SMS geweckt wurde. Und diesmal erlaubte er sich gar nicht lange darüber nachzudenken, sondern sendete seine Antwort direkt und kompromisslos. Ich bringe etwas zum Essen mit. Er suchte sich die Telefonnummer eines Griechen heraus, verlangte eine möglichst ausgewogene Mahlzeit für zwei Personen und Eis bevor er sich selbst einen gemütlichen, weiteren Pullover überzog und seine Jogginghosen gegen normale, schwarze Trainingshosen tauschte und machte sich auf den Weg. Das Restaurant war schnell ausgemacht, seine Bestellung abgeholt und von dort war es nicht mehr sehr weit bis zu dem Gebäudekomplex, in dem Cole lebte. Er parkte ein Stückchen entfernt, da er sein Fahrzeug ein wenig zu auffällig hielt und ließ dann das Procedere am Eingang mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen. Auch den skeptischen Blick in sein Gesicht ignorierte er, nur innerlich leicht genervt. Zudem seine Gedanken auch gar nicht wirklich bei diesem Wachmann waren, sondern bei dem Mann, dem er gleich wieder gegenübertreten würde. Cole schien ihm die Tür aufgemacht zu haben, denn als er aus dem Fahrstuhl stieg, ließ sich die Schiebetür ohne weitere Probleme öffnen. Ein letztes Mal durchatmend schloss er die Tür hinter sich und befahl sich selbst diesmal nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, die dem anderen - möglichst harmlos - versichern würden, dass Antonin für ihn da wäre. Soviel konnte er wohl schon mal riskieren, richtig? Er sah sich nach Cole um als er weiter in dessen Loft hineintrat und fand ihn dabei, irgendwelche Dinge von der Küchenzeile zu nehmen und an andere Plätze zu stellen. Sofort schlug sein Herz wieder ein bisschen schneller als er die bekannte Gestalt des anderen betrachtete und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen als er näher trat. "Heya. Ich hoffe griechisch ist in Ordnung? Hattest du einen angenehmen Flug?" Kapitel 75: Die Geschichte vom Kugelfisch ----------------------------------------- Cole Kaum war er gelegen und hatte das Gefühl ein wenig entspannter zu sein, hörte er das Ankommen einer SMS. Oder vielmehr dem Warnhinweis des Handys, dass da noch eine SMS zu lesen sei. Offenbar hatte er es bisher überhört. Cole zog das Handy aus der Hosentasche und las die kurze, aber alles sagende Nachricht. Antonin hatte die Botschaft verstanden. Und auch wenn er tierisch müde war und wohl innerhalb der nächsten 15 Minute tief und fest eingeschlafen wäre, spürte er die Freude, dass jener kommen würde wesentlich deutlicher als die Müdigkeit. Und letztlich ließ sich ja beides gut miteinander kombinieren. Er hob Corleone von seinem Bauch und räumte nun doch seinen Koffer ins Schlafzimmer, schmiss die Wäsche in den Wäschekorb und machte sich dann daran, in der Küche herumzufuhrwerken. Zumindest Teller und Besteck konnte er schon einmal herrichten. Zudem suchte er noch eine Falsche Wein raus und überprüfte, ob er noch kaltes Bier hatte. Er wusste ja nicht, was Antonin mitbrachte. Und je nachdem wollte er vorbereitet sein. Die Tür hatte er entriegelt und ein Klingelton teilte ihm mit, dass Antonin auf dem Weg zu ihm hoch war. Als jener eintrat blickte er auf und er erwiderte das Lächeln des anderen, bevor er stutzte und auf ihn zutrat. "Griechisch ist großartig", murmelte er nachdenklich "Der Flug war ok. Er ging recht schnell vorbei. Ich wäre lieber früher heimgekommen", beantworte er die Frage und musterte Antonins Gesicht besorgt und mit einem wütenden Funkeln in den Augen. Sacht hob er die Hand und strich Antonin vorsichtig über die Verletzung. "Wer hat dir das angetan?", fragte er und der Unterton dieser Worte machte deutlich, dass er nicht begeistert war. "Hat das mit dem Patentstreit zu tun gehabt?" Fragend blickte er Antonin an. Er hatte Antonin schon einmal zugerichtet gesehen, aber damals war es nicht ganz so schlimm gewesen. Damals hatte er sich offenbar geprügelt gehabt, weil er sich abreagieren musste. Ob er diesmal auch einen Grund dafür gehabt hatte, sich abreagieren zu müssen? "Oder musstest du überschüssige Energie loswerden? Wenn dem so ist, dann lege ich dich gleich noch einmal übers Knie, denn mit deinem Kopf solltest du dich eigentlich auf alles, nur nicht auf eine Prügelei einlassen." Sein Blick wurde mahnend. Antonin Antonin behielt das leichte Lächeln auf den Lippen, als Cole auf ihn zutrat und die Wahl ihres Essens für gut befand. Es blieb auch noch als er die Antwort auf seine zweite Frage bekam, doch es verschwand, als er das Funkeln in den Augen des anderen Mannes bemerkte. Fast wäre er vor dessen Hand zurück gezuckt, doch er konnte es im letzten Moment unterdrücken und ließ die durchaus vorsichtige Berührung zu. Auch wenn es sich doch ein wenig unangenehm anfühlte. Ja, wer hatte ihm das angetan? Und Cole sah ja nur die eher harmloseren Ausläufer davon. Die Frage nervte ihn, denn es wäre auch die Frage gewesen, die er Cole vor kurzem am liebsten gestellt hätte. Doch abermals schienen auf seiner Seite dieser Beziehung andere Regeln zu gelten als auf der anderen. Mit dem Patentstreit? Warum zum Henker sollte das etwas mit dem Patenstreit zu tun haben? Nicht in jedem Business auf dieser gottverfluchten Erde wurde direkt zugeschlagen, nur weil man sich über etwas nicht einig wurde. Und dann bemerkte Antonin seine eigenen Gedankengänge und biss seine Zähne so fest aufeinander, dass es kurzzeitig sogar weh tat. Er durfte Ragnars Worte nicht vergessen und vor allem nicht, was nächste Woche auf Cole zukommen würde. Jetzt wäre der schlechteste aller Zeitpunkte, um bissig auf solche Dinge zu reagieren. Geduld. Geduld. Geduld. Nur langsam entspannte er seinen Kiefer wieder, lauschte auch den nächsten Fragen bis hierhin schweigend. Kam im Endeffekt auch gar nicht großartig dazu etwas zu sagen, denn Cole schien von einer Vermutung zur nächsten zu springen und auch wenn es etwas in seinem Inneren erwärmte, das Ganze wohl mit dessen Sorge um ihn in Verbindung bringen zu können, so solle Cole ihn eigentlich besser kennen. Überschüssige Energie loswerden? Um so etwas auszulösen bräuchte es ein wenig mehr als nur einfache schlechte Laune. So trat er nur einen Schritt zurück und hob die Hand, ganz als wollte er Coles Redefluss stoppen. Dem Blick hielt er stand und auch wenn da in seinen Augen nicht mehr ganz die Wärme wie bei ihrer Begrüßung zu sehen sein mochte, so war da auch keine Ablehnung oder Wut mehr. Hoffte er. Zumindest fühlte es sich nicht so an. "Das ganze wurde mir nicht 'angetan'", erklärte er und wandte sich dann dem mitgebrachten Essen zu, zog die vorbereiteten Teller heran und begann die Portionen aufzuteilen. "Im Endeffekt war es nur eine ...", er stockte kurz und überlegte. "Eine Meinungsverschiedenheit zwischen Nicholas und mir, die sich nicht mehr mit Worten lösen ließ. Danke für deine Sorge, aber du musst mich nicht über das Knie legen, da es nicht meine Absicht war, mich zu prügeln. Und bevor du fragst, ja ich war beim Arzt und bis auf eine Erhöhung meiner Dosis an Medikamenten ist nichts weiter passiert." Er stellte die halb geleerten Plastikdosen und Schüsseln wieder zurück in die Stofftüte und nahm das Eis noch heraus, um jenes in das Gefrierfach zu stellen, bevor er sich Cole wieder ganz zuwandte. "Du siehst müde aus", stellte er fest und seine Augen erwärmten sich augenblicklich wieder. "Willst du, dass ich heute hier schlafe? Ich könnte dir als Gute Nacht Geschichte mehr Informationen über den Patentstreit anbieten. Das Ganze ist wirklich einschläfernd." Er lächelte und legte den Kopf abwartend etwas schief. Cole Cole schwieg als Antonin zurücktrat und die Hand hob. Die Geste war eindeutig, dass er wusste, dass er zu weit gegangen war. Er hatte mal wieder geschafft, dem anderen zu nahe zu treten, ohne eine Berechtigung dafür zu haben. Und auch wenn die Augen des anderen ruhig wirkten, meinte er doch eine Spur Genervt-Sein daraus erkennen zu können. Eine Meinungsverschiedenheit? Mit Nicholas? Irgendwie gefiel ihm diese Antwort nicht so ganz. Gedankenversunken lauschte er den restlichen Worten und nickte schließlich, als er hörte, dass Antonin zumindest schon beim Arzt gewesen sei. Das beruhigte ihn. Und mit einem Mal wusste er auch, was ihn störte. Antonin und Nicholas verstanden sich seit dem Unfall nicht besonders gut. Zumindest hatte ihm das Tayra angedeutet und Antonin bestätigt. Dass sie sich jetzt sogar prügelten beunruhigte ihn ein wenig. Er ging zum Kühlschrank und holte zwei Flaschen Bier heraus und öffnete sie. Eines stellte er Antonin hin. "Verstehst du dich immer noch nicht besser mit Nicholas?", fragte er schließlich und trank einen tiefen Schluck aus der Flasche. Er betrachtete den anderen, wie er das Eis in den Kühlschrank stellte und hielt an sich, dass er ihn nicht einfach zu sich zog und mit ihm ins Bett ging, wo er jetzt am liebsten in dessen Armen liegen würde, um wie ein Baby zu schlafen. Und als würde Antonin seine Gedanken erraten blickte er in diesem Moment in die warmen Augen des anderen, die ihn spüren ließen, wie wenig Kraft er noch hatte. Cole lächelte matt. "Du sprichst mir aus der Seele", erklärte er und blickte auf die Lippen des anderen, die er jetzt einfach nur gerne küssen würde. Doch er wandte sich ab, nun selbst nicht mehr dem Blick, diesem warmen Lächeln des anderen standhalten könnend. Denn es ließ ihn merken, wie gerne er jetzt schwach wäre, wie gerne er sich fallen lassen würde. Aber er war noch nicht so weit. Später vielleicht, wenn sie tatsächlich im Bett liegen würden. "Vielleicht erzählst du mir von deinem Patent lieber morgen, wenn ich fitter bin, denn ich möchte deine Informationen gerne behalten. Aber eine Gute Nacht Geschichte wäre traumhaft. Und bitte keine, in der das Gute über das Böse siegt. Oh ich glaube ich stelle dir unmögliche Aufgaben." Cole griff nach den Tellern, stapelte beide wie ein Kellner auf einem Arm, griff nach seinem Bier und ging mit ihnen in Richtung Wohnzimmer. "Nimmst du das Besteck mit?" Am Sofa angelangt stellte er die Teller ab und ließ sich wieder auf das Sofa nieder. "Vielleicht kannst du mir jetzt noch erzählen, wie es dir die Tage ergangen ist." Ja, wenn Antonin ihm ein wenig erzählen würde, wäre das schön. Dann würde er nicht über seinen 'Ausflug' berichten müssen. Cole nahm seinen Teller und lehnte sich zurück. "Lass es dir schmecken...", erklärte er und begann zu essen. Alles würde er nicht schaffen können. Dafür lag ihm zu viel im Magen. Die Augen von Joshua, die ihn so hilflos angesehen hatten und schließlich gestorben waren. Der Geruch von Blut und Kugeln. Und dann wieder diese Stille, die er kaum ertrug. Sein Blick wurde abwesend, während er in seinem Essen herumstocherte. Antonin Er griff nach dem Besteck und folgte Cole zum Sofa, damit zufrieden, dass es Cole offensichtlich recht war, dass er hier bliebe. Etwas, das ihn sofort mit vielen seiner eigenen, dummen Gedanken versöhnte. Er sollte die Zeit mit dem anderen Mann genießen und sie sich nicht schlecht machen. Zudem Cole gerade wirklich so aussah, als könnte er etwas Schlaf sehr gut gebrauchen. Er würde jenen direkt nach dem Essen ins Bett stecken, ob jener wollte oder nicht. Er setzt sich neben den anderen, reichte ihm das zweite Besteck und widmete sich ein paar Bissen lang seinem Essen bevor er anfing zu antworten. "Eigentlich verstehen Nicholas und ich uns wieder sehr gut. Ich hab mich inzwischen wieder an so einiges erinnert, unter anderem auch das ich ihm mein Leben in jeder nur denkbaren Form schuldig bin. Das wir uns so angegangen sind, hatte auch nichts damit zu tun." Er musterte Cole aus den Augenwinkeln, sah wie jener vielmehr nur in dessen Essen herumstocherte und verkniff sich sein Seufzen. "Und wenn das die einzige Möglichkeit ist, um ihm einzuhämmern, dass er an meiner Seite keine kleine, nette normale Frau erwarten kann, dann würde ich es jederzeit wieder tun. Wir haben uns geeinigt und damit ist gut", erzählte er ruhig und warf dem anderen einen weiteren Blick zu. Ob man das Essen wohl auch in der Mikrowelle nochmal warm machen könnte? Schließlich stellte er seinen Teller kurzentschlossen ab und nahm auch dem etwas verwundert dreinsehenden Cole den Teller aus der Hand, stellte ihn ebenfalls achtlos weg und stand auf. Griff nach einer von Coles Händen und zog ihn zu sich hoch. Zwar meldeten sich seine Rippen und blauen Flecke dabei, doch das war erstmal egal. "Du gehst jetzt ins Bett", murmelte er ruhig, aber sein Tonfall würde nicht viel Spielraum für Verhandlungen Platz lassen. Er zog den anderen, noch immer an der Hand haltend, mit sich bis zu dessen Schlafzimmer und strich ihm dort sanft über die Wange. "Ich bin ein Fan von gesunder Ernährung, aber du brauchst den Schlaf jetzt dringender. Mach dich fertig, ich räume derweil noch eben auf und bin dann gleich bei dir", dirigierte er und ließ Cole dann stehen, um genau das umzusetzen. Die Teller überzog er mit Folie und stellte sie in den Kühlschrank, bevor er das auch mit den übrig gebliebenen Boxen tat. Das Besteck wusch er schnell noch ab und warf auch dem Futternapf des Fellknäuls noch einen prüfenden Blick zu, bevor er sich zufrieden zeigte. Nein, noch nicht ganz, denn da stand noch das Bier auf welches er die Deckel wieder drauf machte und sie ebenfalls in den Kühlschrank stellte. Man würde morgen sehen, ob es dann noch genießbar wäre. In der Zwischenzeit war Cole wohl schon fertig geworden und Antonin trat zu ihm ins Schlafzimmer, wo er das Fenster kippte und nach einem zufriedenen Lächeln zu Cole auch die restlichen Lichter löschte bevor er sich bis auf die Shorts und sein T-Shirt auszog. Der andere sah den Stützverband und die blauen Flecke jetzt besser nicht. Zudem sie Antonin sowieso egal waren. Solche Dinge kamen und gingen und wenn ihn sein oder Ragnars Gefühl nicht trog, dann konnte Cole es jetzt gut vertragen sich mal ein wenig kraulen zu lassen, ohne sich um andere Dinge Gedanken machen zu müssen. Schließlich ließ er sich auf dem Bett, neben Cole nieder, zog sich die Decke über und rückte nahe genug an den anderen heran, um ihn an sich ziehen zu können, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben und danach sachte mit der Nasenspitze drüber zu reiben. "Also pass auf..", fing er leise an, sich selbst erstaunlicherweise nicht einmal dumm vorkommend. Sollte der andere sich ruhig lustig machen, aber wenn er eine Gutenachtgeschichte versprach, dann erzählte er auch eine. Auch wenn sich ein leichtes Schmunzeln in seine Stimme legte, so war sie doch vor allem ruhig. So wie er sie selbst gern gehabt hatte, als seine Mutter ihm solche Dinge vorgelesen hatte. "In einem weit entfernten Land befand sich vor vielen, vielen Jahren der tiefste See der Welt. Und in diesem See lebte auf dem Grund ein kleiner Kugelfisch..." Cole Antonins Worte lenkten ihn wieder von seinen Gedanken ab, auch wenn das Bild der toten Augen nicht so recht verschwinden wollte. "Es freut mich, dass du dich erinnerst", kommentierte er ehrlich, blickte aber nicht von seinem Essen auf, sondern nahm hin und wieder einen Bissen, bis er den letzten Satz des anderen hörte. "Du hast was?", fragte er ungläubig und hob die Augenbrauen. "Ist das wohl seine Vorstellung von deiner Zukunft gewesen?" Cole schüttelte leicht den Kopf, versank wieder in Gedanken, die vergangenen Tage für einen Moment wirklich vergessend. Dann hatte Antonin Nicholas wohl gesteckt, dass er schwul war, bzw. momentan eher auf Männer abfuhr. Und er wird wohl erwähnt haben, dass er, Cole, nicht ganz unschuldig daran war. Wie er wohl ihre 'Beziehung' umschrieben hatte? Nun und Nicholas schien nicht sehr begeistert davon gewesen zu sein. Denn sonst hätte es keiner Prügelei bedurft. Dass Tyra ihrem Mann nichts erzählt hatte, wunderte ihn ein wenig. Außer natürlich, dass auch sie mit so einer Reaktion gerechnet hatte. Sie selbst schien ja gar kein Problem mit Antonins sexuellen Orientierung zu haben, und wohl auch nichts gegen das, was sie beide verband. Cole wurde aus den Gedanken gerissen, als er seinen Teller aus seiner Hand genommen bekam. Verwundert blickte er Antonin an, der ihm klar machte, dass er ihm ansah, wie müde er war und auch gleich darauf ins Schlafzimmer zog. Cole ließ sich bereitwillig ziehen. Erstens, weil er eigentlich wirklich nichts anderes noch wollte, außer zu schlafen, und zum anderen, weil er ohnehin keine Kraft hatte, sich dagegen zu wehren. Im Schlafzimmer angekommen, lehnte sich sein Kopf wie von selbst gegen die kurz streichelnde Hand, als sei sie der Magnet, den sein Kopf endlich gefunden habe. Mechanisch zog er sich aus, legte sich ins Bett und schloss die Augen. Er konnte nicht mehr. Beim besten Willen. Es ging nichts mehr. Doch als er spürte, wie Antonin zu ihm ins Bett kroch, wie er ihn in den Arm nahm, ihn küsste und streichelte, spürte er, dass es doch eigentlich gar kein, überhaupt kein Problem war, dass er einfach mal keine Kraft hatte, dass er einfach einmal schwach war. "Es tut mir leid..", murmelte er schläfrig und kuschelte sich seinerseits an den anderen an, spürte zwar das etwas unter dem T-Shirt des anderen zu sein schien, aber konnte gerade nichts dazu sagen. Er ahnte, was es sein könnte und woher es wohl rührte. "Und danke, dass du da bist." Seine Worte waren kraftlos, erschöpft. Als Antonin zu sprechen begann, musste Cole lächeln. Sacht küsste er den Hals des anderen, wie als wollte er ihm damit sagen, dass es ihm gefiel, dass er ihm wirklich eine Gute Nacht Geschichte erzählte. Zu mehr war er gerade nicht mehr fähig. Antonin hatte ihm ja wirklich einmal versprochen, dass er ihm etwas zum Einschlafen erzählen würde. Damals hielt Cole es für einen Scherz. Und heute fühlte es sich irgendwie ersehnt an. Ob Antonins Mutter ihm die Geschichte wirklich selbst erzählt hatte? Das war anzunehmen. Cole spürte eine gewisse Eifersucht bei dem Gedanken. Denn selbst wenn seine Mutter niemals zu Tode gekommen wäre, hättesie ihm dennoch niemals eine Gute Nacht Geschichte erzählt. Cole entspannte sich in den Armen des anderen und es dauerte nur wenige Worte lang, bis ihn die Müdigkeit und Erschöpfung überrollten und er tiefer schlief, als er es nach dem gestrigen Tag für möglich gehalten hatte. Und so bald würde er auch nicht mehr aufwachen. Antonin Antonin hörte erst auf zu sprechen, als er sicher war, dass Cole tief und fest schlief. Und selbst dann lag er noch geraume Weile einfach nur da, lauschte auf den Atem des anderen und streichelte über dessen Haut, hielt ihn in den Armen und genoss das Gefühl, das sich dadurch in seinem Inneren bildete. Doch an Schlaf war für ihn momentan noch nicht zu denken. Da er ja dummerweise im Laufe des Tages immer mal wieder eingeschlafen war, fühlte er sich dafür noch zu wach. Trotzdem reichte es ihm, hier einfach so zu liegen und sich über den Lauf der Dinge zu wundern. Natürlich waren Nicholas Schläge gegen seinen Kopf medizinisch gesehen nicht sehr vorteilhaft gewesen, doch dafür hatte es viele Dinge wieder an Ort und Stelle gerückt. Und vor allem in die richtige Reihenfolge. Aber diese Erinnerungen erschreckten ihn nicht mehr. Auch seine Narben taten das nicht. Es war so, als hätte sein Geist durch den Erinnerungsverlust beschlossen sich von diesen Dingen nicht mehr beeindruckt zu zeigen. Naja, Antonin bezweifelte nach wie vor, dass er sich von jedem an den Armen berühren lassen würde, aber vermutlich würde es keine sinnlosen, wilden Aggressionen mehr auslösen. Interessanter an der ganzen Sache war, dass er jetzt wieder an seine erste Begegnung mit Cole zurückdenken konnte. An die kleine Rede was 'mein und dein' betraf und die Worte, dass jener Humor mochte, nur nicht gerade in solchen Situationen. Ob der Mann, welcher gerade so seelenruhig in seinen Armen schlief immernoch in der Lage wäre, eine Waffe gegen ihn zu richten? Sie auch noch abzudrücken? Antonin glaubte nicht daran und das fühlte sich gut an. Warum machte er sich eigentlich in den letzten Tagen so einen Kopf um die Sache hier, obwohl sie doch im Grunde genommen ganz gut und friedlich vor sich hin plätscherte? Es war noch gar nicht so lange her, da war es keine Selbstverständlichkeit gewesen, so nahe beieinander einzuschlafen. Da war immer dieses unterschwellige Misstrauen mitgeschwommen, die ständigen Fragen, ob und wie man sich richtig verhielt und die Frage nach einer Definition. Ob ihre Definition wohl immer noch 'schwierig' war? Er hoffte, dass die Antwort darauf in jedem Fall ein Nein wäre, denn auf seine eigene Art und Weise versuchte er dieses Plätschern am Laufen zu halten. Auch wenn Cole wohl immer noch davon ausging, ihn an der Hand zu haben und zu leiten, so war es in Antonins Augen vielmehr der Fall, dass sie sich gegenseitig bei den Dingen weiterhalfen, an denen der andere zu scheitern drohte. Und selbst wenn unterschiedliche Regeln galten, waren sie sich dann nicht trotzdem auf einer anderen Ebene ebenbürtig? Über solche Dinge sinnierend schlief auch Antonin irgendwann ein, Cole irgendwann in der Nacht ein wenig enger an sich drückend, ganz als hätte er Angst, jemand würde hereinstürmen und ihm den anderen wegnehmen. Aber das würde er nicht zulassen. Niemals. Und wenn er dafür wieder Menschen umbringen müsste. Selbst wenn er ihnen dafür eine Überdosis Heroin in die Adern jagen müsste. Das war alles nebensächlich und egal und bestätigte seine eigenen Vermutungen auch nur noch einmal: Er selbst war kein guter Mensch, sondern einer, der zu etwas umfunktioniert worden war, das er selbst nicht wollte, das er aber konnte und für gewisse Dinge keinerlei schlechtes Gewissen darüber empfand, dieses Wissen anzuwenden. Kapitel 76: Shopping -------------------- Antonin Trotz alledem wachte er vor Cole auf und fühlte sich dafür trotzdem erstaunlich fit. Nachdem er noch einige Minuten ruhig dagelegen hatte, wandte er sich so langsam und vorsichtig wie möglich aus dem Bett, spritzte sich im Bad erst einmal Wasser ins Gesicht und nahm die zweite, noch verpackte Zahnbürste nun in Benutzung. Er dachte sich dabei nichts, notfalls würde er sie Cole ersetzen, wenn jener darauf bestehen sollte. Das erledigt wissend schlich er auf leisen Sohlen aus dem Schlafzimmer und gab dem Fellknäul etwas Futter - nach dem er ein wenig suchen musste. Dafür wurde ihm immerhin schon mal ein Blick geschenkt, von dem Antonin ausging, dass er dankbar wäre. Irgendwann würde das Tier schon mal herkommen. Vermutete er einfach mal ganz optimistisch. Danach setzte er Kaffee auf und hob dann sein Shirt, um sich vorsichtig gegen seine Brust zu tippen und hin und wieder das Gesicht zu verziehen. Das würde noch ein paar Tage brauchen. Verdammter russischer Sturkopf! Als sein Handy ging riss er die Augen auf und lief so schnell und leise wie möglich ins Schlafzimmer, um seine Trainingshose, samt Gerät schnell aus jenem heraus zu holen. "Ja?", ging er schließlich ran und verzog sich ins andere Eck der Wohnung. "Ja, ich bin dran", bestätigte er leise und lauschte dann eine Weile, bevor sich ein wirklich ehrliches Lächeln zeigte und er noch ein paar Dinge bestätigte und sich dann verabschiedete. Ha! Ein großes unglaubliches: HA! Leise summend begab er sich zur Kaffeemaschine und sah dabei zu, wie das schwarze Gold durch den Filter lief. Sollte noch einer sagen, er würde sich mit Dingen überfordern. Dass er selbst derjenige gewesen war, überging er dezent. Jetzt hätte er noch mehr Platz in seinem Kopf, um sich um Cole kümmern zu können. Ob jener es ihm danken würde, blieb abzuwarten, aber das würde er ja dann sehen. Cole Cole schlief tief, traumlos und fest und an Antonin gekuschelt. Als dieser sich von ihm löste, bekam er das nicht mit, drehte sich nur und angelte nach einem Kissen, das er umarmte und danach direkt weiterschlief. Erst als das Handy läutete und der Geruch von Kaffee langsam zu ihm durchdrang, fiel er in einen seichten Schlaf, indem auch langsam wieder Gedanken einflossen. Nicht aber Gedanken an das Blutbad in L.A., sondern Gedanken an das, was Antonin ihm gestern erzählt hatte. Er war zu müde gewesen, um tiefgründiger über diese Dinge nachzudenken. Aber jetzt nahm er sich die Zeit darüber nachzudenken, während Antonin telefonierte, und sich dann wieder daran machte, den Kaffee zu kochen. Das Summen ließ ihn in seinen Gedanken schmunzeln. Die Sache mit Nicholas ging ihm nicht aus dem Kopf. Erst jetzt begriff er das, was hinter dieser Schlägerei steckte. Antonin hatte Nicholas nicht nur klar gemacht, dass er schwul war, sondern auch, dass er sich ihre 'Beziehung' nicht verbieten lassen würde. Und das hatte er nicht nur mit Worten verdeutlicht, sondern sich auch ein blaues Auge und mehrere Prellungen dafür in Kauf genommen. Hing er so sehr an ihm? Cole erschreckte dieser Gedanke ein wenig. Aber wenn er an die Wärme dachte, die er so genoss, dann konnte es ihn nicht abschrecken. Und wenn er an die Einschlaf-Szene dachte, dann musste er die Frage, ob Antonin an ihm hing, wohl mit Ja beantworten. Antonin hing an ihm. Und es freute ihn zu sehr, als dass er dem Verlangen wirklich Gehör schenkte, dass er das eigentlich verhindern musste. Und das lag einzig daran, dass er auch an Antonin hing. Ob er sich auch für Antonin prügeln würde? Kurz dachte er an seine Gefühle, als er gestern das Auge gesehen hatte. Er würde wahrscheinlich auch für ihn töten... Und dass es so weit gekommen war, lag einzig und allein an Antonins Wesen. Er konnte nur von Glück reden, dass Antonin so geduldig mit ihm war. Wenn jener nicht so unglaublich geduldig wäre, würden sie nicht hier zusammen in einer Wohnung sein. Cole wollte diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Und doch wusste er, dass er Antonin vielleicht unter Umständen demnächst einmal sagen sollte, dass er ihm dankbar war für alles, was er für ihn tat. Am Dienstag vielleicht... Dennoch blieb eine Frage offen. Wie lange würde Antonin keine Fragen stellen, was Coles anderes Leben betraf? Letztlich hatte Antonin ihn nicht nach seinem Aufenthalt gefragt. Und Cole war das letztlich nur recht. Und dennoch wusste er, dass diese Dinge immer zwischen ihnen stehen würden. Er glaubte nicht, dass es möglich war, dieses Leben aus ihrem gemeinsamen herauszuhalten. Es würde nicht funktionieren. Was, wenn Cole doch einmal erwischt werden würde. Antonin würde es nicht begreifen können - sofern so etwas überhaupt zu begreifen war. Cole schälte sich aus dem Bett. Genug über ernste Dinge nachgedacht. Tapsig ging er ins Bad und stellte sich unter die Dusche, um den Reisedreck loszuwerden. Seine Platzwunde war recht gut verheilt, auch wenn der Grind noch zu sehen war. Er klebte kein Pflaster mehr darauf. Und so ging er schließlich nur mit einer Short und einer Jogginghose bekleidet in die Küche, trat an Antonin heran und umarmte ihn von hinten, ihn sanft in den Nacken küssend. Er war entspannt. Und die Quelle seiner Entspannung hielt er in den Armen. Und eines wurde ihm immer klarer. Er würde diese Quelle seines Friedens nicht mehr hergeben wollen. "Was macht dich so glücklich, Sonnenschein?", fragte er ihn leise, Antonin fester an sich drückend, bevor er ihn sacht los ließ. Dann drehte er sich um, um sich eine Tasse zu nehmen und Kaffee einzuschenken, bevor er Corleone Futter geben wollte. "Oh, danke...", sagte er überrascht, als er sah, dass Antonin offenbar schon gefüttert hatte. Und so drehte er sich zu Antonin herum und lehnte sich gegen die Küchenzeile, den Kaffee in der Hand, um zu lauschen, was Antonin ihm berichten würde. Antonin Antonin sah auf als er Geräusche aus dem Schlafzimmer hörte und lächelte kurz, bevor er nach seiner Kaffeetasse griff und einen genießenden Schluck davon nahm. Zwar waren seine Lebensgeister schon geweckt, aber Kaffee war nie falsch. Außer wenn man eigentlich schlafen wollte vielleicht. Er beobachtete Cole wie jener nach der Dusche auf ihn zukam und lächelte abermals als jener ihn umarmte. Auch wenn er sich kurz verspannte, doch der drückende Schmerz blieb aus. Es war nur ein kurzes unwohles Drücken und das wurde von dem sanften Nackenkuss sehr gut abgelöst. Er mochte es wenn Cole das tat. Es löste immer so ein zufriedenes Kribbeln in ihm aus. Antonin vernahm die leisen Worte und wunderte sich ein weiteres Mal darüber, wie sehr ihn diese Stimme in den Bann zog und wie sehr er diesen Namen für sich mochte, bevor er die Luft kurz ein wenig schärfer einziehen musste. "Argh... nicht ganz so fest bitte", murmelte er und sah dann fragend zu Cole, bis er bemerkte, wofür sich jener bedanke. "Oh, kein Problem. Ich dachte nur dass ich dann vielleicht in seiner Sympathieliste steige." Er lächelte und nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee bevor er grinste. "Ich habe gerade einen Anruf von meiner Bank erhalten und obwohl mir diese Idioten am Dienstag noch gesagt haben, dass ich vermutlich nicht kreditwürdig bin, so scheinen sie es sich jetzt anders überlegt zu haben." Ein kleines gehässiges Grinsen schlich sich auf seine Lippen. "Ich vermute mal einer von diesen Pappnasen hat den Artikel gelesen und fände es jetzt auf einmal nicht mehr so schlecht, mich als Kunden zu gewinnen. Oder besser: zu behalten." Er stellte die Kaffeetasse ab, trat an Cole heran und zog dessen Kopf zu sich. Sah jenem tief in die Augen bevor er ihm einen sanften Kuss gab und dann seine Stirn an dessen Schulter ablegte. "Das bedeutet, dass ich mir meinen Wunsch erfüllen kann. Sie stellen mir die geldlichen Mittel, um das Gebäude zu kaufen, und für den Großteil der Einrichtung. Die Umbauarbeiten muss ich selbst bezahlen, aber das ist nicht das Problem." Er sah wieder auf. "Ich kann es noch gar nicht richtig begreifen, aber im Grunde habe ich damit eine große Sorge weniger. Was ich nicht zuletzt einem bestimmten Telefonat und einer bestimmten Person, die mir den Kopf gerade gerückt hat, zu verdanken habe. Sonst hätte ich diesen Schritt vermutlich nicht so schnell getätigt. Danke hierfür." Er küsste Cole ein weiteres Mal, bevor er ihm ein wenig durch die Haare wuschelte und leise lachte, nachdem er zurück getreten war und seine Tasse wieder ergriffen hatte. "Hast du eigentlich gut geschlafen? Ich glaube du bist mitten in dieser hochspannenden Geschichte eingeschlafen. Normalerweise wäre ich jetzt tödlich beleidigt, aber du hast Glück, denn mir ist aufgefallen, dass ich gar nicht mehr weiß, wie sie ausgeht. Muss ich wohl nochmal nachlesen." Er zwinkerte Cole zu und hoffte jenen ein wenig Ablenkung zu verschaffen. Der besagte Dienstag kam ja mit großen Schritten näher und auch wenn sich ein kleiner Teil von ihm freute, dass Cole ihn an dem Tag auch sehen und ihm etwas zeigen wollte, so hatte der größere Teil einfach nur große Sorge um diesen Mann. Aber er würde ihn stützen so gut das eben ginge… Cole Betreten blickte Cole Antonin an. "Oh, entschuldige... Ich bin ein Hornochse!" Wie konnte er nur daran nicht mehr denken und sich von dem Gefühl hinreißen lassen, den anderen festzuhalten? Dabei schmerzten seine Rippen ja auch noch von den Fußtritten, die er vor ein paar Tagen hatte einstecken dürfen. Schnell machte er sich an seinen Kaffee. "Das wirst du. Er wird dich lieben, wenn du ihn noch ein- zweimal fütterst.“ Cole blickte Antonin über den Rand seiner Tasse hinweg überrascht an, als jener von dem Telefonat erzählte. "Wow, das ist doch toll", sagte er mit ehrlicher Freude in seiner Stimme. "Ich frage mich zwar, weshalb sie dich als nicht kreditwürdig angesehen haben, aber diese Banker begreift man ohnehin nicht. Und dass sie es sich wegen dem Artikel anders überlegen, das kann ich mir gut vorstellen. Das sind elendige Opportunisten, die dich vergöttern, solange du ihnen Geld bringst und verteufeln, wenn du einmal Geld brauchen solltest. Wobei sie ja auch immer recht dankbar sind, wenn sie deine Schulden verzinsen dürfen... Nun ja, das ist ein anderes Thema..." Er sollte sich nicht zu einer Debatte über Banken hinreißen lassen. Lieber hörte er dem anderen zu, der von seinem Traum erzählte. "Ich weiß nicht, welche Person du meinen könntest", flötete Cole und lächelte in den Kuss, den er von Antonin erhielt. "Letztlich bist es immer noch du, der die Entscheidungen getroffen hat. Ich habe dir höchstens einen Schubs in die richtige Richtung gegeben. Und eigentlich war der Schubs viel zu heftig gewesen. Ich war ziemlich hart zu dir." Auch wenn Cole beschwichtigte, freute er sich über die Worte des anderen. Offenbar hatte er auch einmal wirklich etwas für Antonin tun können, anstatt immer nur zu nehmen. Sonst war er es immer, der sich von Antonin helfen ließ, der diesen ausnutzte. Umso schöner war es, dass er ihm auch hatte helfen können. "Und es klingt fantastisch. Sobald du Zeit hast und das Gebäude besichtigen lassen kannst, würde ich es mir gerne ansehen. Natürlich nur, wenn du es mir auch zeigen möchtest." Er würde auch verstehen, wenn Antonin sein Ding alleine durchziehen wollte, wenn er vielleicht auch gar kein Interesse daran hat, ihm seine Berufswelt zu zeigen. Schließlich konnte Cole selbst ja auch große Teile seiner 'Berufswelt' nicht sehen. Daher hatte er auch keinen Anspruch darauf, in dieser Hinsicht an Antonins Leben teilzuhaben. "Ich habe wie ein Baby geschlafen", murmelte er noch in diesem letzten Gedanken gefangen. Dann lächelte er milde und sah Antonin an. "Du darfst sie mir gerne ein anderes Mal noch einmal erzählen, wobei ich hoffe, dass ich nicht mehr so bald so fertig sein werde, wie ich es gestern war." Ja, das hoffte er wirklich. Besonders nicht wegen des Anlasses. Kurz überlegte er, ging in Gedanken ein paar Dinge durch, die er erledigen musste. Währenddessen trank er seinen Kaffee weiter. "Ich würde mir heute gerne frei nehmen", begann er schließlich und sah Antonin an. "Was hast du heute vor?" Vielleicht würden sie es heute ja schaffen, noch ein bisschen Zeit miteinander zu verbringen und für Antonin Klamotten kaufen zu gehen. Er brauchte Ruhe und eine Auszeit. Er hatte zu viel Scheiße in der letzten Woche erlebt. Und er brauchte wieder Kraft. Es war eigentlich absurd. Gestern erst hatte er bemerkt, wie Antonins Strahlen ihn seiner Stärke beraubte. Aber sobald er sich vor Antonin Schwäche eingestanden hatte, schien es ihm, als sei er stärker als jemals zuvor. Ob Antonin ahnte, wie sehr er ihm gut tat? Cole stellte seine Kaffeetasse hin und zog Antonin zu sich, um ihn zärtlich zu küssen. Sein eine Hand verselbständigten sich und strichen dem anderen sanft die Wirbelsäule hinab zu dessen Po. Dieser Körper tat ihm so gut. In jeder Hinsicht. Und immer, wenn er merkte, wie gut er ihm tat, spürte er sein Verlangen danach, diesem noch näher zu kommen. Und in dieser Nähe, und wenn es nur im Kuss war, stellte er immer wieder für sich fest, dass dies etwas Besonderes war. Nichts war damit vergleichbar. Nichts und niemand anderes. Und daher brannte sich in Coles Kopf jede Berührung, jede Zärtlichkeit von Antonin ein, während er die Männer, die er zur Ablenkung vögelte, in der nächsten Sekunde vergessen hatte. Sie waren nichts und nichtig. Ob er irgendwann auf sie verzichten konnte? "Und wenn du möchtest, könnten wir heute Abend weggehen. Du wolltest doch noch ins Savoy. Ragnar und Tayra kommen sicher auch gerne mit." Fragend blickte er den anderen an. Er wusste es nicht, aber er vermutete es. Wenn er mit Antonin weggehen würde, dann würden ihm alle anderen egal sein. Und es wäre doch interessant für ihn, das auszuprobieren. Antonin Gerne ließ er sich zu Cole ziehen und küssen. Genoss die Zärtlichkeit, die der andere ihm zukommen ließ und sog sie in sich auf wie ein trockener Schwamm. "Naja, du kennst das System doch. Solange du noch nicht durch kleine Schulden bewiesen hast, dass du sie zurück zahlen wirst, bist du für die großen ausgeschlossen. Außer natürlich du bist ein Genie, so wie ich." Er grinste Cole frech an. "Aber wir sollten das jetzt nicht vertiefen, wichtig ist doch nur, dass ich das Geld bekomme. Und es ist sogar deine Pflicht mich zu der Begehung zu begleiten. Ich habe sogar schon ein Gebäude im Kopf, das ich haben möchte und ich würde gerne deine Meinung dazu hören." Er legte den Kopf ein wenig seitlich und hauchte Cole kleine Küsse auf dessen Hals, bevor er ein wenig überrascht wieder aufsah. "Es wäre toll wenn du dir frei nehmen könntest und noch viel besser wenn wir weggehen!", stimmte er sofort zu und zog den anderen in den nächsten Kuss. Einer, der nicht mehr ganz so sanft war, sondern eher seine Freude darüber verriet. Doch dann unterbrach er ihn abrupt und blinzelte ein paar Mal nachdenklich. "Ich habe nichts zum anziehen... Shit!", er musterte Cole kurz bevor sich Entschlossenheit in seinem Blick niederließ. "Wenn du dir schon freinimmst, kannst du auch gleich mit mir einkaufen gehen. Und ich will keine Gegenargumente hören, denn du bist derjenige, der mit mir gesehen wird. Ich meine, du hast meinen Kleiderschrank doch gesehen, oder?" Er löste sich von Cole und ging ins Schlafzimmer, um sich fertig anzuziehen, weshalb er auch lauter sprach, damit der andere ihn noch hören konnte. "Du siehst zu, dass du heute wirklich frei bekommst, und ich fahre nach Hause, rufe Tayra an und frage sie, ob sie Lust hat. Welche Uhrzeit dann eigentlich? Und wenn du hier alles geklärt hast, holst du mich ab, damit wir etwas einkaufen können, das mich nicht wie den letzten Hinterwäldler aussehen lässt", teilte er Cole seine Entschlüsse mit und trat dann, fertig angezogen wieder auf jenen zu, sah ihn ein wenig fragend an. "Keine Wiederworte? Ich bin beeindruckt. Vielleicht schlummert ja doch ein kleiner Feldwebel in mir", zog er ihn auf und grinste abermals frech, bevor er ein weiteres Mal die Stirn runzelte. "Am besten lasse ich mir von Tayra mein Auge überschminken. Auf noch mehr dumme Blicke kann ich echt verzichten. Aber wie dem auch sei, du kennst den Plan. Halte dich daran!", beschwor er Cole nochmal und zog ihn in einen weiteren Kuss, bevor jener es sich doch noch anders überlegen würde und war dann auch gleich darauf auch schon aus der Tür draußen. In seiner Wohnung angekommen zog er sich erst einmal aus und nahm den Stützverband behutsam ab, um sich den Grund anzusehen, aus dem er sein anderes Top schon mal nicht tragen könnte. Seinen Brustkorb zu zeigen war diesmal absolut tabu, denn der sah schon ein wenig ätzend aus. Gelb und blau waren keine Farben, die man unter seiner Haut tragen sollte. Kopfschüttelnd stellte er sich unter die Dusche, behandelte die blauen Flecken dann noch einmal mit der Salbe von seinem Doc und schluckte dazu noch zwei weitere Schmerztabletten. Die würde er brauchen, wenn er sich häufiger umziehen müsste, aber das war ihm egal. Vermutlich würde er für heute Abend nochmal zwei nehmen müssen und dadurch wohl auf Alkohol verzichten. Oder auch nichts... er grinste seinem eigenen Spiegelbild schief zu und rief dann Tayra an, die auch sofort Feuer und Flamme war und ihm ein weiteres Mal erzählte, wie viel Spaß sie letztes Mal mit Ragnar gehabt hatte und dass selbst sie als Hetero dort voll auf ihre Kosten käme. Immerhin müsste man für eine solche Vielzahl an freien, sexy Oberkörpern sonst irgendwo Eintritt zahlen und so bekam sie das fast für Umsonst. Wenn man von dem normalen Eintritt absah natürlich. Irgendwann würgte Antonin seine Freundin ab und zog sich an. Ein einfaches T-Shirt und locker sitzende Jeans, dazu nicht die üblichen Shorts sondern enger sitzende Unterwäsche. Wenn er engere Hosen probieren wollte, wären die weiten Dinger nur hinderlich, egal wie bequem sie sonst waren. Er hätte sich mehr Zeit lassen können, da Cole noch eine Weile zu brauchen schien, doch als er schließlich anrief und ihm sagte, dass er runterkommen sollte hatte die Creme immerhin Zeit zum einwirken gehabt. Genauso wie die Tabletten. Gut gelaunt ließ er sich von Cole durch die Stadt kutschieren und folgte jenem dann auch in das erste Geschäft. Wo er sich neugierig umsah und dann probeweise ein schwarzes Muskelshirt mit grellen orangen Karomuster und eine dunkelblaue Jeans in die Umkleidekabine nahm, während Cole sich selbst umsah. Beides war schnell angezogen und probeweise trat er aus der Kabine und stellte sich vor den davor aufgestellten hohen Spiegel. Hm.. also irgendwie.. oh Gott, kein Wunder dass Frauen so lange beim Einkaufen brauchten. Wenn man sich die Klamotten nicht nach brauchbar und unbrauchbar heraussuchte war das wirklich eine Herausforderung. Zudem Antonin, abgesehen von Anzügen, keine Ahnung davon hatte, was ihm selbst stand. Ein Rückbleibsel aus seiner Problemzeit mit den Narben, soviel war ihm bewusst. Wenn man sich selbst nicht gern zeigte, war es auch egal in was man drinsteckte. Aber Cole sah einfach zu hot aus und wenn er da nicht als lästiges Anhängsel von anderen gesehen werden wollte, müsste er da durch. Und irgendwo war es Antonin durchaus klar, dass sein Selbstbewusstsein immer noch in unterirdischen Sphären herumtuckerte, aber er versuchte ja das zu ändern. Oder etwa nicht? Probeweise wandte er sich zur Seite. Immerhin war da keinerlei Bauchansatz zu erkennen, auch wenn die Muskeln wieder mehr aufgebaut gehörten. Verdammter Unfall! Cole "Meine Pflicht", stellte Cole belustigt fest. "So so." Er grinste leicht. Nun, er würde sich nicht dagegen wehren, sondern es freute ihn, dass Antonin ihn offenbar eingeplant hatte. 'Er hängt an mir...', dachte er und blickte Antonin einen Moment nachdenklich an. Es war ein seltsamer Gedanke. Ein ungewohnter. Gerne ließ er sich am Hals küssen während seine Finger sanft über die Haut des anderen streichelte. "Hmm", schnurrte er. Doch dann war es vorüber mit dem sich gerade anbahnenden Gedanken, vielleicht doch noch einmal ins Bett zurück zu kehren. Coles Gedanke hinsichtlich des Freinehmens und Weggehens schien Antonin in helle Freude zu stürzen. Cole musste unwillkürlich lachen, als er den anderen in dieser Freude sah, bevor sie in Nachdenklichkeit und Besorgnis umschwenkte, zumindest bis er Cole vor vollendete Tatsachen stellte, gegen die er aber nicht wirklich etwas hatte. Schließlich hatte er ja schon darüber nachgedacht, mit Antonin einkaufen zu gehen. "Ist gut…", sagte er halblaut, während Antonin sich schon von ihm gelöst hatte und herumwuselte, um sich anzuziehen. Cole schüttelte lächelnd den Kopf. Diese Energie war unglaublich. Aber sie tat auch gut und stimmte ihn fröhlich. Als Antonin wieder bei ihm war grinste Cole. "Keine Widerworte. Ich gehe gerne mit dir einkaufen", erklärte er und blickte den anderen kritisch an. "Du ein Feldwebel? Ich glaube da musst du noch einiges lernen. Und lass dein Auge so wie es ist. Du schaust beeindruckend aus." Diesmal war es Cole, der frech grinste. Dann salutierte er im Spaß und erwiderte schließlich den Kuss. "Jawohl, mein General", wisperte er in den Kuss und schnappte sich noch einen schnellen, bevor der Wirbelwind auch schon aus der Tür war und Cole sich wieder alleine in seiner Wohnung fand. Wow. Dass seine Worte so viel Aktion bedeuteten, hatte er nicht erwartet. Aber es störte ihn nicht. Er würde heute Antonin für sich haben. Und das zählte. Und so rief er gleich Ragnar an, der ihm sowohl bestätigte, dass er sich frei nehmen konnte, als auch gerne mitkommen wollte. Jener schien ein wenig überrascht zu sein, sich aber zu freuen. Besonders als Cole verriet, dass Tayra wohl auch dabei sein würde. Dann setzte er sich an seinen Rechner, um in sein Postfach zu schauen. Hätte er mal lieber nicht. Es waren noch mehr Antworten gekommen. Mittlerweile auch mit Hinweisen. Aber morgen wäre auch ein Tag. Und ein Tag mehr oder weniger spielte nun auch keine Rolle mehr. Costello würde Gawain schon bekommen. Aber das musste nicht heute sein. Und schon gar nicht, nachdem Costello ihn nach LA geschickt hatte... Und so erledigte er nur das Nötigste, warf sich selbst dann in Schale und fuhr schließlich zu Antonin, um ihn zum Shoppen mitzunehmen. Nun, jener wollte etwas zum Weggehen. Da kannte er ein paar Läden, die zumindest seinem Geschmack entsprachen und er konnte sich vorstellen, dass auch Antonin dort etwas finden würde. Cole ging durch die Reihen, selbst einmal schauend, ob ihm etwas gefiel und griff nach einem weißen Hemd mit Aufdruck vorne, dessen Kragen recht interessant geschnitten war. Dann entdeckte er noch ein schwarzes, schlichtes T-Shirt hoher Qualität und mit einem angenehmen Stoff, in das leichte weiße Muster eingenäht waren. Das würde im Schwarzlicht sicher schick aussehen. Auf dem Weg zur Umkleidekabine entdeckte er noch ein weiteres Hemd, das man aber interessanterweise in einem Bogen knöpfte. Es würde ziemlich figurbetont sein, und machte einen leicht asiatischen Eindruck. Ob ihm das stehen würde? Mal ausprobieren. Als er jedoch zur Kabine kam konnte er Antonin beobachten, wie dieser sich vor dem Spiegel drehte. Offenbar überprüfte er gerade, ob man einen Bauchansatz sah. Cole müsste lächeln. Einen Moment beobachtete er noch das Spiel, dann trat er näher und seufzte theatralisch. "Sorry, Antonin, aber dieses Orange macht Augenkrebs und mit dem blau zusammen..." Er schüttelte den Kopf, hob die Augenbrauen und seufzte erneut. "Never ever." Dann drückte er ihm seine Errungenschaften in die Hand. "Probier das mal, wobei wir wohl ne Nummer größer nehmen müssen. Bei deinem Bauchansatz... Ich meine von den Schultern her… könnte ich mittlerweile schon breiter sein..."Er musterte Antonin eingehend, während er das sagte. Dann grinste er frech, den ernsten Ton nicht wirklich behalten könnend. Ein wenig sticheln konnte man ja, besonders wenn man die Sorgenfalte in Antonins Gesicht sah, die vollkommen unbegründet war. "Bei deinem Bauch könnte man ja fast meinen, du trinkst jeden Abend deine Kiste Bier..." Nun sollte Antonin auch klar sein, dass er das nicht wirklich ernst meinte. Er trat auf Antonin zu und lächelte ihn an. "Möchtest du eigentlich nur etwas zum Weggehen, oder auch für den normalen Alltag kaufen?", fragte er interessehalber. "Ich finde dich ja im Achselshirt absolut..." Er knurrte leicht und küsste Antonin kurz, gierig. "Allerdings weiß ich nicht, ob ich dich anprobieren lassen kann, weil ich nicht weiß, ob ich dich dann nicht gleich in der Umkleide vernasche...", raunte er gegen die Lippen des anderen, bevor er sich abrupt löste und zurücktrat. Seine Hände deuteten Antonin die Umkleide an. "Probier mal an, ich schau dann mal nach etwas, was du dir vorstellen könntest." Antonin Er neigte den Kopf ein Stück und beobachtete Cole durch den Spiegel, als er durch das tiefe Seufzen des anderen auf ihn aufmerksam geworden war. Reflexartig nahm er die Kleidungsstücke, die ihm in die Hand gedrückt wurden, und warf ihnen einen kurzen Blick zu. Wer zum Henker wollte wirklich ein Hemd anziehen, das man in einem Bogen knöpfte? Da könnte man ja gleich Livré auf seinen Rücken schreiben und sich Trinkgeld für Kleinigkeiten in die Hand drücken lassen. "Bei meinem Bauchansatz?", echote er, bisher nur mit halbem Ohr zugehört habend, doch nun aufmerksamer werdend und wieder in den Spiegel blickend. Hatte er also doch zugenommen, ja? Daran waren nur diese unsäglichen Nachbarn seiner Mutter mit ihrem Fett mit wenigen Fleischbrocken schuld! Grummelnd zog er den Bauch ein Stück ein und runzelte dann verwirrt die Stirn, als er den neuen Tonfall von Cole hörte. Jener hatte nur Spaß gemacht? Verdammt, verdammt, er fühlte sich gerade mehr als unwohl. Komplett aus seinem Spielfeld gerissen und in eine Welt geworfen, in der er plötzlich auf seine Wirkung zu achten hatte. Auf seine Klamotten, sein Auftreten und wohl auch sein Gewicht. Nicht dass er auf letzteres nicht schon immer achten würde, aber normalerweise hielt er sich durch lange Joggingstunden und gelegentlichem Thaiboxen fit. Oder durch Nicholas Training. "Mache ich nicht, aber vielleicht sollte ich damit anfangen. Dann muss ich mir nicht mehr lange Gedanken um solche Dinge machen", murrte er und betrachtete sich nochmal im Spiegel. Er mochte das Shirt, wenn auch nicht mit der Hose, da gab er Cole ja sogar recht. Er drehte sich zu diesem herum als jener näher kam und dachte kurz nach. "Was genau verstehst du unter Alltag? Im Labor renne ich in einem weißen Kittel rum, nicht in Designerklamotten." Im Grunde gab diese Aussage nur seine Verunsicherung preis, aber er besaß durchaus Kleidung mit der man sich in einem Restaurant blicken lassen konnte. Oder was zum Geier meinte Cole? Auch dessen Aussage zum Tragen von Achselshirts versöhnten ihn zuerst nur minimal mit der Tatsache, dass der andere offenbar zu denken schien, dass er sich nicht im normalen Alltag vorzeigen könnte. Aber der Kuss und die geraunten Worte brachten es dann doch fertig. Er folgte den in Richtung Umkleidekabine ausgestreckten Händen und seufzte. "Sex wäre mir jetzt lieber als das hier. Was habe ich mir nur gedacht?", murmelte er so leise, dass er es selbst kaum hörte und drückte Cole dann das seltsame Hemd zurück in die Hand. "Das nicht", bestimmte er und betrat die Kabine, zog den Umhang wieder vor und pickte sich zuerst das weiße Hemd heraus, um sich dann nochmal vor den Spiegel zu stellen. Es saß an den Schultern tatsächlich zu eng, weshalb er sich auf die Suche nach einer größeren Nummer machte und das Ganze auch gleich für das andere Hemd vollzog. Das erledigt, zog er sich ein weiteres Mal um und war dankbar für seine kurzen Haare. Wie machten das Frauen mit ihren perfekt sitzenden Frisuren? Kopfschüttelnd trat er wieder vor den Spiegel und zupfte sich den Kragen ein wenig zurecht. Das sah nicht schlecht aus und wenn er wieder seine normale Bräune erreicht hätte, würde es vermutlich auch besser als 'nicht schlecht' sein. Er schmunzelte und trat wieder in die Kabine, war gerade dabei, sich das Hemd über den Kopf zu ziehen, als Cole zurück kam und meinte er hätte noch ein paar Sachen gefunden. Kurzentschlossen zog er sich das Hemd ganz über den Kopf und streckte dann die Hand an der Seite am Vorhang vorbei und zog Cole zu sich. Es war ihm egal, dass jener nun die ganzen Ausmaße seines Streites mit Nicholas zu sehen bekam. Herausfordernd sah er ihn an, griff nach dessen Hand und legte sie sich auf den Bauch. "Na los", raunte er, "sag mir nochmal, dass ich einen Bauchansatz habe. Fühlst du da Fettpolster unter deinen Fingern?", ohne auf eine Antwort zu warten, hakte er seine Finger am Hosenbund des anderen ein, zog ihn zu sich und öffnete dessen Hose ohne den Augenkontakt zu unterbrechen. Ließ seine Hand unter Coles Hemd zu dessen Bauch gleiten, streichelnd, fordernd, erforschend. Nur um dann mit den Fingerspitzen tiefer zu wandern während er sich etwas streckte, um Cole mit der Zungespitze über den Hals zu gleiten und dann leicht hinein zu beißen, bevor er, nachdem er einmal über die Länge des Gliedes gestrichen hatte, zurücktrat. "Du hast recht, eine Nummer Größer hat nicht geschadet. Aber das tun die wenigsten Nummern...", er grinste kurz, griff sich das schwarze T-Shirt und verschwand nach draußen, es sich dort über den Kopf ziehend und sich betrachtend. Keine Ahnung woher die Courage für solche Spielchen auf einmal herkam, aber irgendetwas in ihm hatte Cole vorher gereizt. Vielleicht den Teil in ihm, der normalerweise ruhte, aber einmal aufgeweckt bereit war, sich Herausforderungen zu stellen. Und so scharf er auf Cole im Grunde für 24/7 auch war, so konnte er nicht schaden, auch jenen hin und wieder ein wenig zu überrumpeln. Er war ein Mann, genau wie Cole einer war – etwas, das zumindest Antonin nicht so schnell vergessen würde - und das bedeutete, dass Cole nicht zu sehr davon überzeugt sein sollte, ihn in der Umkleide vernaschen zu können, nur weil es jenem gerade vorschwebte. Gut, vermutlich könnte er es. Aber er sollte das nicht zu sehr als Selbstverständlichkeit betrachten, denn dann würde das vermutlich früher oder später langweilig werden. Antonin war nun mal kein Ja-Sager. Punkt. Cole Oh, offensichtlich hatte Cole den anderen an einem wunderen Punkt getroffen, als vermutet. Zumindest reagierte er auf seine Ironie bei weitem nicht so, wie er es erhofft hatte. Cole runzelte die Stirn. Doch ihm blieb keine Zeit noch einmal nachzufragen. Antonin drückte ihm das eine Hemd in die Hand und ging zurück in die Umkleidekabine. Die geflüsterten Worte hörte er nicht. Dafür war er zu überrascht von Antonins Sorgen, die ihm ins Gesicht standen. Nun er selbst war letztlich auch eitel und lief nicht rum, wie eine Altkleidersammlung, aber offenbar hätte er im Gegensatz zu Antonin das Selbstvertrauen so herumzulaufen. War es wirklich fehlendes Selbstvertrauen, das Antonin zu schaffen machte? Aber wieso? Wenn hier jemand wirklich gut aussah, dann doch wohl Antonin. Und Cole würde ihn auch scharf finden, wenn er sich einen Kartoffelsack über den Kopf ziehen würde. Er konnte nur vermuten, dass der jahrelange 'Selbsthass' daran schuld war. Das Wort ist vielleicht ein wenig hart, aber offensichtlich hatte Antonin seinen Körper nicht geliebt, hatte kein positives Feedback erhalten oder zu wenig. Letztlich war es kein Wunder, dass er jetzt hier so verunsichert stand. Aber wie machte man jemandem klar, dass er verdammt gut aussah, wenn dieser daran zweifelte? "Hm, also Alltag meint für mich persönlich, dass ich mich wohlfühle und damit dennoch einkaufen gehen kann oder auch mal in die Arbeit, wenn ich nur was abholen muss oder so. Dass du auf der Arbeit dementsprechend rumläufst, damit rechnet niemand. Aber ich habe ein paar Klamotten, die ich liebe, die gut aussehen, in denen ich mich wohl fühle. Und das sind die Klamotten, die auch am häufigsten die Waschmaschine sehen. Alltagsklamotten halt. Wenn ich geplant weggehe oder auch geschäftlich unterwegs bin, habe ich meistens andere Sachen an. Unbequemere in der Arbeit, figurbetontere in der Szene." Cole seufzte und überlegte einen Moment, ob er nicht in die Kabine hineingehen und Antonin versichern sollte, dass er wirklich gut aussah und sich keine Sorgen deshalb machen sollte. Doch in dem Moment ging Antonin schon an ihm vorbei und sammelte die Klamotten in einer Nummer größer ein. Es wunderte Cole nicht, dass Antonin eine Nummer größer brauchte. Antonin hatte einen wesentlich schöneren, breiteren Oberkörper als er selbst. Er beobachtete ihn einen Moment, bevor er sich selbst wieder auf den Weg machte, um zu sehen, ob er etwas fand. Ein T-Shirt in einem interessanten Grauton, ein dunkelblaues Hemd, ein dunkelgrünes Polo-Shirt und eine schwarze LeviStrauß-Jeans waren das, was er zurückbrachte. Letztlich hatte er wenig Ahnung davon, was Antonin wirklich gefallen könnte, und so nahm er einfach mit, was ihm an Antonin gefallen könnte. Und besonders das graue Hemd konnte er sich zusammen mit Antonins schönen Augen sehr gut vorstellen. Als er zurückging, sah er, dass das weiße Hemd dem anderen wirklich gut stand, doch jener verschwand schon in der Umkleide, bevor er bei ihm war. "Ich habe dir noch ein paar Sachen rausgesucht…", sprach er gegen den Vorhang und betrachtete gerade noch einmal eben jenes graue T-Shirt, als er sich gepackt fühlte und Antonin ihn in die Kabine zog. Er erwiderte den herausfordernden Blick des anderen, doch er lächelte nicht. Dafür waren die Blessuren zu heftig, die Antonin ihm gerade zeigte. Seine Hand lag auf dem Bauch des anderen, spürten die vielleicht nicht mehr ganz so klar definierten Muskeln darunter. Aber sie waren noch da, und es war nur eine Frage der Zeit, bis Antonin wieder Sport machen konnte, um sich wieder fitter zu machen. Cole legte den Kopf leicht schief. Einen Moment blickte er verwirrt, als dieser begann ihm die Hose zu öffnen. Wollte er jetzt wirklich? Cole hatte nie ein Problem mit solchen Aktionen, aber war das wirklich der richtige Augenblick? Doch er wehrte sich nicht, sondern antwortet lieber auf die Herausforderung. "Du bist wunderschön. Hör auf, dir deswegen etwas anderes einzureden." Den ernsten Blick, den er dabei hatte, konnte Antonin gar nicht sehen. Er schloss die Augen als er die Zunge des anderen an seinem Hals spürte, streckte unwillkürlich seinen Hals. Scharf sog er Luft ein, die Hand des anderen in seiner Hose, an seinem Glied spürend. "Ngh", keuchte er auf. Doch er wurde nicht selbst aktiv. Irgendwie störte ihn gerade die Situation. Antonins Unzufriedenheit mit sich selbst und dann das hier? Gut, Cole wäre der letzte, der sich gegen Sex wehren würde, aber... weiter kam er mit seinem Gedanken nicht, denn Antonin löste sich von ihm. Perplex fand er sich allein wieder in der Kabine, noch bevor er die Worte begriffen hatte. Gut, die Worte an sich zu verstehen, war nicht weiter schwer, aber das, was dahinterstand. Die Mahnung, nicht zu viele Spielchen zu spielen? Das Vorführen, dass er sich nicht so einfach würde 'vernaschen' lassen? Cole lehnte sich an die Wand und musste einen Moment grinsen, leicht den Kopf schüttelnd. Antonin überraschte ihn immer wieder. Aber das war auch gut so. Doch diese 'Lektion' reizte ihn. Als er von draußen eine Frauenstimme Antonin fragen hörte, ob er denn Hilfe bräuchte, und wie gut ihm das Shirt stand, stieß sich Cole von der Wand ab und trat aus der Umkleidekabine. Er setzte ein perfektes Schwiegersohn-Lächeln auf und blickte die Verkäuferin, eine junge nett gekleidete Frau, an. "Gut, dass sie herkommen", begann er und sah Antonin an. Das Shirt stand diesem wirklich gut. "Wissen Sie, mein Freund hier scheint zu glauben, dass er nicht gut aussieht. Und mir glaubt er nicht so recht. Vielleicht könnten Sie als Frau... Ich meine Sie haben ja einen ganz anderen Blick auf ihn, als ich. Finden Sie nicht auch, dass er wirklich gut aussieht?" Er blickte die Verkäuferin fragend an, die gebannt auf seine Augen zu schauen schien, bevor sie sich zwang Antonin anzusehen. "Also.." Sie lächelte überrumpelt und von Cole wohl ein wenig eingeschüchtert. "Ich finde, ihr Freund schaut sehr gut aus. Ich denke, jede Frau würde sich sofort für ein Date bereiterklären." Cole lächelte Antonin an. "Siehst du, mein Lieber." Cole war bewusst, dass er gerade dabei war Antonin wütend zu machen. Aber wenn jener mit solchen Spielchen anfing, musste er auch darauf gefasst sein, dass man zurückschlug. Antonin Als die Verkäuferin ihn ansprach sah er, aus seinen Gedanken gerissen auf und lächelte höflich, wollte schon ablehnen als Cole die Umkleide wieder verließ und sich natürlich einmischte. Innerlich musste er auflachen, doch er hielt seine Mimik relativ ruhig. Das war es was ihn am anderen immer wieder faszinieren würde, die Art auf Herausforderungen zu reagieren. Überhaupt dessen Art und Weise. Zudem ihm Coles Worte vorher wirklich nicht geschadet hatten. Wunderschön, huh? Na, im Grunde würde es reichen wenn Cole das dachte, denn andere interessierten Antonin in dieser Richtung sowieso nicht. Er beobachtete wie das junge Ding förmlich in den Augen des anderen ertrank und anstatt sich deshalb zu ärgern konnte er es ihr bestens nachempfinden. Sehr gut sogar. So ähnlich würde er wohl auch die meiste Zeit dastehen, wenn er sich mal wirklich gehen lassen würde. Aber wem würde das nicht so gehen, wenn man doch relativ frisch verliebt war? Doch dann hob er eine Augenbraue, als er dem Gesprächsverlauf wieder mehr Aufmerksamkeit schenkte. Was genau wollte Cole ihm jetzt damit sagen? Dass er nur anziehend auf Frauen wirkte? Oder war das nur dessen Art sich für die kleine Sequenz aus der Kabine zu 'bedanken'? Hmm... er begann zu schmunzeln. "Na, das sind Worte die ich unbedingt hören wollte", murmelte Antonin und betrachtete sich nochmal im Spiegel, darüber auch den Blick der Verkäuferin suchend. "Gilt das auch für Sie?", fragte er und auch wenn es ihm ein wenig leid tat, sie als Spielball in ihrem 'Gerangel' zu verwenden, so war das perplexe Gesicht der Frau doch ganz amüsierend. Er wank ab, noch bevor sie antworten konnte. "Entschuldigung, lassen Sie sich von mir nicht verunsichern. Aber solcherlei Komplimente bedeuten einem Schwulen nicht allzu viel", diesmal wanderte sein Blick, immer noch auf den Spiegel gerichtet zu Cole. "Aber vielleicht sollten Sie meinen lieben Freund beraten? Ihm scheint der weibliche Touch möglicherweise eher zu fehlen." Er lächelte charmant und sah der Frau dann zu, wie sie sich unter Vorbringung einer Entschuldigung schnellstens zurück zog. Antonin wäre an ihrer Stelle auch geflüchtet. Eine Augenbraue hochziehend wandte er sich vom Spiegel ab und sah Cole nun wieder direkt an. "Es ist unglaublich, wie du von einer Sekunde auf die andere umschalten kannst. Das Lächeln, das du ihr zugeworfen hast, hätte man auch in einem Magazin für perfekte Schwiegersöhne finden können." Er lachte leise und schüttelte den Kopf, den anderen belustigt anblitzend. "Das war deine Retourkutsche? Wenn ja, dann ist sie noch nicht ganz bei mir angekommen, befürchte ich", meinte er und trat näher an Cole heran, bis er ihn fast berührte und ein klein wenig nach oben sehen musste, um den anderen noch in die Augen sehen zu können. "Aber ich beginne mich zu fragen, ob das nur auf Frauen zutrifft. Würdest du dich, als Mann denn auch dazu 'bereiterklären', auf ein Date mit mir zu gehen?", hinterfragte Antonin, den Blick des anderen suchend. "Vielleicht könntest du als Mann mal... du hast ja einen ganz anderen Blick auf mich, als ich", modellierte er Coles Worte von vorher um und bemühte sich möglichst unschuldig drein zu sehen. Ein wenig Spielerei war ja nicht verkehrt, aber Antonin wollte eher nicht Gott und die Welt um sie herum ebenfalls dazu einladen. Zudem er sich auch gar nicht so lange auf dieses Geplänkel einlassen würde, da er gerade mal nachrechnete, wann er das letzte Mal mit Cole geschlafen hatte. Beim Gotchaspiel? Das war ja auch schon wieder über eine Woche her, oder? Hm, da würde er sich dann wohl eher als Verlierer aufziehen lassen, als das tatsächlich zu einer kaugummiartigen Situation werden zu lassen. Cole Cole hob die Augenbraue, als Antonin sich von der verlegenen Verkäuferin erfragte, ob sie auch mit ihm ausgehen würde. Worauf wollte er hinaus? Wollte er ihn eifersüchtig machen? Allein, dadurch dass er diesen Gedanken schon hatte, ahnte er, dass er vielleicht auch wirklich eifersüchtig wäre, wenn eine Frau sich an Antonin heranmachen würde. Wobei? Blödsinn. Ihm konnte niemand das Wasser reichen. Punktum. Doch als er dann das Outing des anderen hörte, sah er diesen perplex an. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er erwiderte den Blick, der ihm durch den Spiegel zugeworfen wurde, warm. „Nein, nicht wirklich. Frauenbrüste und dergleichen Dinge haben mich noch nie interessiert...“ Er blickte die Verkäuferin entschuldigend an, die sich schleunigst bemühte, die Flucht zu ergreifen. Cole konnte es ihr nicht verübeln. Die Stimme des anderen fing Coles Blick wieder ein, der der Verkäuferin kurz hinterher gesehen hatte. Cole lächelte Antonin an. „Ich bin manchmal ein guter Schauspieler“, erklärte er dem anderen und musterte das schöne Gesicht, in dem sich diese schönen, funkelnden Augen befanden, die die seinen einfingen, während Antonin an ihn herantrat. Cole musste schmunzeln, als er Antonins Worte vernahm. Er blickte hinab, spürte den Atem des anderen, seinen Körper, seine Wärme, näherte sich selbst aber keinen Millimeter. „Du möchtest ein Date mit mir?“, fragte er mit leisem Erstaunen. „Ich dachte, das hätten wir bereits“ Fragend sah er den anderen an. Ja, letztlich waren sie doch hier wie ein Pärchen. Und letztlich war der heutige Abend ein Date. Und irgendwie hatten sie schon in gewisser Weise einige Dates gehabt, oder? „Ich meine, wenn ich falsch liege, dann kannst du mir ja noch einmal eine Definition eines Dates geben. Ich muss nämlich ehrlich sagen, dass ich noch nie bewusst eines hatte, bevor ich dich kennenlernen durfte.“ Er sah Antonin ruhig an, sprach leise und kehlig. „Aber wenn du damit etwas wie Kino und Candle-light -dinner meinst, und wenn ich jetzt nicht ich wäre, sondern irgendein Dahergelaufener...“ Er beugte sich vor und flüsterte Antonin weiter ins Ohr, darauf bedacht, seinen Atem über die Haut des anderen fließen zu lassen, ohne ihn zu berühren. „Glaub mir, dass jeder sich danach verzehren würde, mit dir auszugehen. Und wenn ich nicht genau wüsste, dass mir niemand das Wasser reichen kann, würde ich vor Eifersucht wahrscheinlich jeden einzelnen Tag vergehen...“ Er löste sich wieder von Antonin und seine Augen hefteten sich kurz an dessen Lippen. „Und was die Retourkutsche betrifft“, murmelte er und strich Antonin sacht mit seiner Nasenspitze über dessen Nasenspitze, als wollte er ihn gleich küssen, „ist es nur fair, wenn ich dir ein wenig Kuss und Liebesentzug verpasse. Findest du nicht auch?“ Und mit diesen Worten löste er sich ein Stück weit von Antonin, unterbrach ihren Augenkontakt, indem er auf die mitgebrachten Kleidungsstücke. „Möchtest du sie noch probieren, oder willst du weiterziehen?“, fragte er unschuldig. Antonin Vermutlich würde er jetzt von außen betrachtet genauso aussehen wie die Verkäuferin vorher. Gebannt von jenen grünen Augen. Oh Gott... das war wie auf der Highschool. Ob er sich langsam doch mal Sorgen um sein Seelenheil machen sollte? Oder den Zustand seines Gehirns? Und was waren das für bescheuerte Gedanken? Ein Schauder ran ihm die Wirbelsäule entlang während er der kehligen, tiefen Stimme zuhörte und den warmen Atem von Cole auf seiner Haut spürte. Wowwowow.. Doch dann lachte er leise. "Natürlich hatten wir das schon", erwiderte Antonin schmunzelnd, sich über die Worte des anderen freuend. Ob jener ahnte, dass er ihn damit besser anzog als Bienen den Honig? Normalerweise konnte er nicht so gut mit Komplimenten umgehen, doch wenn Cole ihm diese Dinge sagte, kam er nicht darum herum, sie ihm zu glauben. Schließlich merkte man es diesem normalerweise sofort an, wenn er scherzte und es war wie Balsam auf der Haut, zu hören welche Wertschätzung Cole ihm entgegenbrachte. Vielleicht behielt Ragnar ja doch recht, mit dem was er gesagt hatte. Vielleicht war das verschwiegene hinter diesen scheinbar leicht ausgesprochenen Worten zu seinem Körper ja das, auf das er hören sollte, auf das er lauschen sollte. Und wenn er das gerade tat, dann hörte er heraus, dass er Cole auf irgendeine Art wichtig war, dass jener ihn gern bei sich hatte und ihn sich auch nicht wegnehmen lassen wollte oder würde. Und gerade letzteres traf doch sehr genau mit Antonins eigenen Gedanken zu dem anderen Mann überein. "Es war ja auch nur eine rhetorische Frage, denn angeblich würde die Antwort auf eine solche Frage immer ja sein, wenn ich dieses Hemd trage", erklärte er, damit Cole das nicht in den falschen Hals bekam. Antonin brauchte kein Candle-light-dinner, auch wenn er gegen einen Kinobesuch hin und wieder nichts einzuwenden hätte. Er brauchte auch keine Betitelung ihrer Treffen, denn wichtig war nur, dass sie hin und wieder Zeit für einander fanden. Wie andere das nennen wollten war ihm herzlich gleichgültig. Doch dann gab er einen zwischen Entsetzen und Empörung schwankenden Laut von sich und blinzelte. "Das kannst du doch nicht machen!", sprach er das erste aus, was ihm in den Kopf kam. "Ok.. du kannst schon, aber...", er hielt inne und seufzte. "Nicht fair", schmollte er und griff nach der Kleidung. Das graue Hemd lachte ihn an und die Jeans auch. Brummend zog er sich in die Umkleide zurück und schlussendlich verließen sie das Geschäft mit einer neuen Hose, dem grauen T-Shirt und einem schwarzen Hemd, das man nicht bis ganz oben zuknöpfen konnte und nur bis ein kleines Stück über den Ellenbogen ging. Ihr kleiner Shoppingtrip machte Antonin ab diesem Zeitpunkt trotzdem mehr Spaß, vor allem da er Cole einfach alles raussuchen ließ und sich nur gegen ein paar Dinge vehement wehrte. Ganz würde man seinen Stil einfach nicht umkrempeln können. Er ließ sich artig beraten und musste Cole in den meisten Dingen zustimmen, weshalb Antonin auch nach und nach über eine nicht geringe Ausbeute verfügte, sich aber trotzdem vornahm das nächste Mal wieder mit Tayra einkaufen zu gehen. Als sie dann das letzte Geschäft hinter sich gelassen hatten, bestand Antonin auf etwas zu Essen, denn sonst würde er hier stehen bleiben und keinen einzigen Schritt mehr gehen. Zudem die Schmerzmittel langsam nachzulassen schienen und er sich wirklich wünschte sich einen Moment hinsetzen zu können. Das ständige an und ausziehen, vor allem über den Kopf ziehen, schien ihn doch mehr angestrengt zu haben als er gedacht hatte, doch das erwähnte er nicht, sondern verwies auf seinen Hunger. Ihr Spielchen hatten sie fortgeführt, auch wenn es Antonin langsam aber sicher frustrierte. Nicht auf eine negative, abwertende Art, aber auf eine frustrierende, ungeduldige Art. Wenn Cole das bis heute Abend und noch darüber hinaus durchzuziehen gedachte, wäre er am Ende des Tages mit seinen Nerven am Ende und würde den anderen vermutlich bespringen und sein 'Recht' einfordern. Cole Es war nicht nur für Antonin frustrierend. Auch Cole spürte, dass seine Geduld, bis Antonin doch einmal in den Angriff überging langsam erschöpft war. Ob jener immer passiv bleiben würde? Nun, er hatte ihn schon agieren gesehen, aber würde er irgendwann einmal so richtig aus sich herausgehen, um sein Recht einzufordern? Cole freute sich schon darauf, auch wenn er wusste, dass er nur ungern jemals wirklich das Ruder aus der Hand geben würde. Aber das würde er sehen, wenn es soweit war. Cole war zuletzt mit Antonin in der typischen Schwulen- und Lesbenszene unterwegs gewesen und hatte dort ein paar brauchbare Läden aufgesucht. Antonin hatte Hunger, und Cole hatte die Vermutung, dass er auch eine Pause gebrauchen konnte. Nun stand er mit ihm vor einer 'Bar', die ein schwules Pärchen vor kurzem aufgemacht hatte, und die sich zum Programm gemacht hatten, mit frischen Waren, und wenig Auswahl qualitativ hochwertiges Essen, vornehmlich Currys, Salate und belegte Brote, zu verkaufen. „Lass uns hier was essen“, meinte Cole, als er stehen blieb. „Die haben die leckersten Smoothies auf der ganzen Welt. Lust?“, fragte er und betrat kurz darauf die 'Saftbar', wie sich der Laden nannte. Innen herrschte eine lockere Stimmung. Cole bestellte sich ein Hähnchencurry und bald darauf saßen sie an einem Tisch am Fenster. Cole hatte auch Hunger, ziemlichen Hunger sogar. Und so löffelte er das Curry mit dem Reis und ließ es sich schmecken. Es kam selten vor, dass er aufaß, aber heute war ihm danach. Wahrscheinlich hing es an seiner guten Laune, die durch Antonin bestand hatte. Ja, das war ein Tag, an dem er sich erholen konnte. Und vor allem vergaß er alle Scheiße, die er hinter sich hatte. Und fast auch die, die noch vor ihm lag. Fast. „Wie viel Zeit hast du eigentlich am Dienstag... Du hast mir gesagt, dass du da kein Problem hättest, mich zu begleiten“, begann er vorsichtig und blickte den anderen an. Er spürte, dass er unruhig war, dass er aus dieser Unruhe heraus fast schon wieder in die kühle Distanz verfiel. Der Dienstag lag ihm schon jetzt im Magen. Es war jedes Jahr eine Quälerei für ihn, dorthin zu gehen. Aber nicht zu gehen kam für ihn noch weniger in Frage. Niemals würde er sich davon abhalten lassen… Und dieser Dienstag lag ihm nun noch schwerer im Magen, als die bisherigen. Deshalb, weil er sich geschworen hatte, dort Antonin zu erzählen, was hinter ihm lag und ihn dennoch fest in seinem Griff hatte, so dass ihm hin und wieder die Luft zum atmen fehlte. „Nur, damit ich weiß, wie lange ich dich beanspruchen darf...“, fügte er murmelnd hinzu, auf seinen leeren Teller schauend. Antonin Neugierig sah er sich um und erkannte, dass es wohl wirklich so eine Art Parallelwelt hier war. Eine, die ebenso vielfältig und noch deutlich bunter als die 'normale' zu sein schien. Es bestätigte seine Vermutung, dass er wohl was das betraf noch in seinen Kinderschuhen steckte. Ob er sich manchmal deswegen seltsam benahm? Gab es hier so etwas wie seltsames Verhalten überhaupt? Trotzdem war er nicht wirklich enttäuscht darüber, das Ganze erst jetzt kennenzulernen. Zum einen wäre er niemand, der nicht zu dem stand, was er tat oder war, was ihm wohl an seinen Schulen durchaus Stress hätte machen können. Etwas, auf das er auch im Nachhinein gut verzichten konnte, denn in seiner Schulzeit war er zwar fix auf den Beinen gewesen, aber genaugenommen ein recht schmales Bürschchen. Antonin war das, was man den typischen Spätzünder bezeichnete. Nicht unbedingt was Sex betraf, er war nicht sonderlich älter oder jünger als die anderen gewesen, sondern vielmehr hinsichtlich seiner Größe und seines Körperbaus im Allgemeinen. Dazu kam ja noch, dass er immer der deutlich jüngste war, nachdem er die Highschool abgeschlossen hatte, da er seinen Abschluss ja ein Jahr früher als seine restliche Altersgruppe gemacht hatte. Insofern wäre er wohl der Typ mit dem Kopf in der Kloschüssel gewesen, wohingegen es nun wohl kein Problem darstellen würde, jenen Part mit allen zu übernehmen, die sich an diesem Akt probieren wollten. Antonin hatte sich Salat mit Hähnchenbrust entschieden und konnte sich mehr als zufrieden damit zeigen. Dazu das übliche Wasser ohne Sprudel aber mit viel Eiswürfel. Ja, so konnte man einen Einkaufsbummel durchaus abschließen. Er sah auf, als Cole zu sprechen begann und erwiderte dessen Blick ruhig. So wie man es von jemandem erwarten würde, der keine Ahnung davon hatte, was auf ihn zukam. So kaute er zuende und lächelte, vorgebend nicht zu merken, wie sich Coles Ausstrahlung ein wenig abkühlte. "Ich bin arbeitslos, wie viel Zeit denkst du habe ich?", antwortete er gelassen und runzelte nur kurz die Stirn, als der andere den Augenkontakt unterbrach und auf seinen Teller blickte. "Cole", fing er an und streckte den Arm über den Tisch hinweg aus, um nach der Hand des anderen zu greifen und sie kurz zu drücken. "Sag doch einfach, wenn es dir wichtig ist, in Ordnung? Wenn du es möchtest oder brauchst, dann bin ich auch von morgens bis abends da." Er bemühte sich nicht zu eindringlich zu sprechen, aber diese Nachricht musste jetzt langsam mal bei dem anderen ankommen. Er ließ dessen Hand los und griff wieder nach seiner Gabel, um das nächste Salatblatt aufzuspießen. "Vergiss nicht, was ich bin, oder vielmehr war. Ich brauche nicht alle meine Erinnerungen, um bestimmte Dinge wahrzunehmen. Besonders nicht wenn es um dich geht. Nur weil ich nicht nachfrage, oder weil du nichts erzählst, bedeutet das nicht, dass ich überhaupt nichts mitbekomme. Darum sage ich es dir jetzt und ich werde es dir immer wieder sagen, bis ich das Gefühl habe, dass du mir glaubst: Wenn du jemanden brauchst, sei es um in Ruhe Essen zu gehen, um zu reden oder zuzuhören, um einen unqualifizierten Kommentar zu erhalten... egal was, dann solltest du wissen, dass du damit zu mir kommen kannst. Ich bin nicht hier, um dich zu verurteilen, denn wenn ich das tun würde, wäre unser Kontakt schon abgebrochen als du nach meinem Unfall zu mir in die Wohnung gekommen bist." Cole Cole blickte auf, als er die Worte des anderen hörte. Antonin versprach ihm, immer für ihn da zu sein. Ein angenehmer Gedanke, wenn man ihn für sich betrachtete. Aber in seinem Inneren schlichen sich sogleich einige „abers“ ein. Aber kannst du ihm vertrauen? Aber sollte er das wirklich tun? Aber sollte sie sich wirklich in solche Abhängigkeiten begeben? Aber, aber, aber... Er erwiderte nichts. Er wusste, dass diese Worte einfach nur ehrlich waren. So ehrlich, dass er selbst sie kaum glauben konnte. Und daher würde er sich die Zeit nehmen, sie für sich zu begreifen und zu verinnerlichen. Er wollte jetzt nichts über den Zaun brechen, keine Worte verschwenden, etwas zu sagen, was er vielleicht noch gar nicht so meinte. Er würde diese Worte erst für sich als Wahrheit akzeptieren müssen. Einer angenehmen Wahrheit, sicher, aber eben etwas, das er noch nicht kannte und was ihn deshalb unsicher machte. "Magst du auch einen Smoothie?", fragte er schließlich und entzog sich der Situation somit. "Ich bring dir einen mit." Und schon war er aufgestanden und besorgte ihnen jeweils einen Erdbeer-Joghurt-Smoothie. Die Zeit, die er dazu brauchte, dachte er über die Worte nach. Antonin versprach ihm letztlich, dass er ihn so nahm, wie er war, dass er ihn so akzeptierte, wie er war, dass er ihn mit allen Macken, allen Ecken und Kanten nahm, ohne wenn und aber. Und dieser Gedanke war gewaltig, irgendwie. Denn Cole vermutete, dass Antonin gar nicht genau wusste, worauf er sich damit eingelassen hatte. Als er an den Tisch zurückkehrte, war er noch immer schweigsam. Er beschloss erst einmal das Thema zu wechseln, um die Stimmung nicht in den Keller zu fahren. "Weißt du schon, wann es für dich arbeitstechnisch weitergeht? Du wolltest mir außerdem noch einiges wegen dem Patentstreit erzählen." Und so ließ er sich von Antonin erzählen, was dieser in seiner Abwesenheit erlebt hatte. Cole hörte ihm aufmerksam zu, zwang sich, nicht weiter in Grübeleien zu versinken. Als sie schließlich gingen, wusste er, wie es zu dem Artikel gekommen war und was die Hintergründe für das Patent waren, etc. Sie schlenderten noch die Straße hinunter bis zu Coles Wagen, in dem sie die Tüten verstauten. "Soll ich dich nach Hause fahren oder möchtest du noch irgendetwas erledigen?", fragte Cole und sah Antonin fragend an. Und so fuhr er den anderen nach Hause und half ihm dort seine Sachen hochzutragen. Müde ließ sich Cole einen Moment aufs Sofa nieder und schloss die Augen. "Wir werden uns dann wahrscheinlich später wiedersehen", meinte er schließlich und ließ die Augen noch ein wenig geschlossen. Nach Hause fahren und schlafen war das einzige, wozu er jetzt noch fähig wäre - zumindest fühlte er sich völlig fertig an. Er hatte gar nicht mehr so recht gewusst, dass shoppen so anstrengend sein konnte. "Hast du mit Tayra schon ausgemacht, wo ihr euch wann trefft?" Antonin Antonin sah Cole nach und war fast ein wenig dankbar für die Zeit, die jener sich jetzt zu nehmen schien, denn er konnte sie ebenfalls brauchen. Um seinen inneren Schweinehund, der ihm gerade ziemlich bösartige Sachen zubellte wieder zum Schweigen zu bringen. Vielleicht hätte er Pastor werden sollen, denn die Geduld, die er in letzter Zeit aufbrachte, wäre einem solchen mit Sicherheit ebenbürtig. Tief durchatmend brachte er sich wieder halbwegs ins Gleichgewicht und erzählte dem Zurückkehrenden dann, was er die Tage so erlebt hatte und dass es erst weitergehen würde, wenn er das Gebäude kaufen konnte. Sie verließen die 'Saftbar' schließlich und kehrten zu Coles Wagen zurück, wo Antonin beschloss sich von jenem nach Hause fahren zu lassen. Dort angekommen half jener ihm noch die Sachen mit nach oben zu tragen und während Antonin sie schon mal ins Schlafzimmer stellte, hatte Cole es sich auf der Couch bequem gemacht. Eigentlich eine perfekte Gelegenheit, doch momentan war Sex wirklich das allerletzte auf das Antonin Lust verspürte. "Nein, ich werde sie nochmal anrufen. Wir treffen uns dort, nehme ich an?" Cole bestätigte und sie einigten sich noch auf eine Zeit, bevor Antonin sich alleine in seiner Wohnung wiederfand und seufzend den noch eben von Cole belegten Platz auf der Couch einnahm. Kein Abschiedskuss, sondern nur ein 'bis später', huh? Trug er daran die Schuld, weil er den anderen in der Kabine überrumpelt hatte oder trug er daran die Schuld, weil er zu einem minimalen Teil einmal ausgesprochen hatte, was er dachte? Erledigt fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht und legte den Kopf dann auf der Rücklehne ab, die Augen schließend. Wäre da dieser verhängnisvolle Dienstag nicht, würde er sich nicht so zurücknehmen. Er spürte genau dass er sein Limit an Dingen, die er einfach so akzeptieren konnte, erreicht hatte und das teilweise alles in ihm schrie einfach mal in die Luft zu gehen wie eine Rakete. Doch das musste warten, schließlich war er kein gewissenloses Monster. Wäre ihm sein Vater nicht so furchtbar egal, würde es ihm an dessen Todestag vielleicht auch nicht anders gehen. Obwohl… nein. Das war so unwahrscheinlich, dass er trocken auflachen musste. Kapitel 77: 17 Minuten ---------------------- Antonin Er rief Tayra an und bat sie zu ihm zu kommen, bevor sie losfahren würden, bevor er sich den Wecker stellte, seine Anlage im Schlafzimmer auf die eher langsame Soundtrackliste an MP3's einstellend legte er sich hin und drängte mal alles andere aus seinen Gedanken raus. Die Welt konnte ihn gerade mal, er brauchte jetzt nur Musik. Zwei Stunden später wurde er ganz wie geplant geweckt und fühlte sich erfrischt. Und nicht nur das, sogar das beständige Pochen gegen seine Rippen war wieder zu einem leichten Ziehen zurückgegangen. Davon angenehm überrascht trat er unter die Dusche und summte sogar ein Lied, als er nur mit einem Handtuch bekleidet wieder in sein Schlafzimmer trat, nur um erstmal zurück zu zucken. "JESUS!", keifte er und griff sich an sein Herz. "Kannst du nicht wie jede andere, normale Person einfach klingeln?", fragte er seine Besucherin und Tayra grinste nur frech, bevor ihr Ausdruck sorgenvoll wurde. "Das sieht ja furchtbar aus." "Ja, das ist mir auch schon aufgefallen.", murrte er und deutete auf die Einkaufstüten. "Such mir mal was raus für später, ja?", bat er sie und zog sich einen Slip aus der Schublade, aus den Augenwinkeln dabei zusehend wie sie alles auf dem Bett auskippte und in verschiedenen Variationen zusammenstellte. "Nicht schlecht. Warst du mit Cole einkaufen?", fragte sie und machte sich daran, die ganzen Preiswappen von den Kleidungsstücken zu lösen. Antonin bejahte, warf sein Handtuch über eine Schranktür und zog sich den Slip an, bevor er sich Socken heraus suchte. "Bleibst du so wie du bist?", wollte er wissen und lächelte wissend als sie den Kopf schüttelte. "Ich habe meine Klamotten mitgenommen. Soll ich dir dein Auge überschminken?", hier überlegte Antonin eine ganze Weile und nickte dann. "Aber nur leicht. Es soll einfach nicht mehr ganz so blau sein", beschloss er und griff sich dann die tiefsitzende schwarze Jeans, die sie ihm hingelegt hatte, sowie das graue Shirt, das ihm selbst ganz gut gefiel. "Na, wie sehe ich aus?", meinte er schließlich und sie hob die Daumen. "Sie werden dich lieben", lachte Tayra und Antonin stieß Luft aus. "Ich brauche sie gar nicht." Woraufhin seine Freundin aufstand, zu ihm kam und seinen Kopf zwischen ihre Hände nahm, um ihn zu sich zu ziehen und einen Kuss auf die Wange zu geben. "Er auch Toni. Und jetzt setz dich hin, da gehört Gel in die Haare und ein wenig Makeup über die Augen." Sie vertrieben sich die restliche Zeit mit Gespräche über Tamara sowie Gott und die Welt, bevor sie sich ein Taxi riefen, das sie zum Savoy bringen würde. Darauf hatten sie sich geeinigt als Tayra ihm unaufgefordert eine Schatulle mit Tabletten hingestellt hatte. Das waren richtig üble Hämmer, die man normalerweise bei offenen - also Schusswunden - zu sich nahm, um nicht vor Schmerz verrückt zu werden. Nach einer kurzen Diskussion nahm Antonin eine davon und beschloss dann, einmal gänzlich verrückt zu sein und dazu noch Alkohol zu trinken. Dabei war Tayra die letzte, die ihn abhalten würde, dafür hatte sie damals schon zu viel mit Nicholas und ihm mitgemacht, um es überhaupt noch zu versuchen. Jene hatte eine schwarze Lederhose und ein dunkelrotes Korsett an. Antonin fand es gewagt, aber durchaus sexy. Das ließ sie durchgehen und meinte, dass sie wenigstens den Part aussehen sollte, wenn sie ihn schon nicht spielte. Und wer wollte da wiedersprechen? Als er den Taxifahrer bezahlte und sich dann umsah, bemerkte er die Plakate und trat ein Stück näher heran. Sah so aus als hätten sie eine besondere Nacht erwischt, denn es war ein 'Up'n Down' Event angekündigt. Was auch immer das sein mochte, es konnte nicht schaden. Genauso wenig wie die beiden Kurzen schadeten, die er zusammen mit Tayra schon in einer Art Ritual zu sich genommen hatten. Es stimmte sie immer ein, wenn sie gemeinsam weggingen. "Denk daran wie unglaublich heiß wir aussehen", beschwor Tayra ihm und er lächelte offen. "Daran denke ich doch die ganze Zeit, Baby", murmelte er und zog sie mit sich zur Warteschlange. Cole Cole schlief tief und fest nachdem er nach Hause gekommen war. Und er wachte erst dadurch auf, dass Ragnar ihn anrief. Hätte er gewusst, weshalb jener anrief, wäre er nicht ans Handy gegangen. Doch so durfte er sich die kurze, aber eindeutige Nachricht anhören, dass Costello im Lady-Dream war und darauf wartete, dass Cole auch kam. "Scheiße", fluchte er und legte auf, ohne Ragnar weiter zu fragen, was jener wollte. Er konnte sich schon denken, was es war: irgendein Scheiß, damit ihm nicht langweilig wurde. Cole beeilte sich ins Lady-Dream zu kommen, um Costello zu erzählen, dass er wohl den Flug nicht so richtig vertragen hatte und heute deswegen erst später gekommen war. Und dann noch der Jetlag… Er passte eine Gelegenheit ab, in der Ragnar mitteilte, er solle schon einmal ohne ihn los, er würde dann nachkommen, bevor er wieder zu Costello ging, in sein Arbeitszimmer, um sich dessen nächste Aktionen anzuhören. Fast schien es ihm, als wollte jener wirklich sehen, wie weit er Cole belasten konnte. Und während Cole sich dieses und jenes anhören durfte, wurde ihm bewusst, dass er erst spät, wenn überhaupt heute Abend irgendwohin kommen würde. Ragnar Ragnar hatte Costello nicht mitgeteilt, dass Cole heute nicht da sein würde. Normalerweise kam der Chef nur selten vorbei, wenn Cole da war. Daher war er davon ausgegangen, dass Coles Abwesenheit heute diesem gar nicht auffallen würde. Doch so konnte man sich irren. Und es gefiel ihm gar nicht, wie Costello momentan auf Cole saß. Er begriff nicht so recht, worauf dieser hinaus wollte. Hatte er Angst, Cole nicht unter der Kontrolle zu haben? Hatte er Angst, dass jener sich doch noch einmal gegen ihn stellen würde, wenn er zu viel Zeit hätte nachzudenken? Oder war ihm aufgefallen, dass Cole sich verändert hatte? Nein, letzteres konnte sich Ragnar nicht vorstellen. Costello konnte nicht wissen, dass Cole begann zu erfahren, was Liebe und Zuneigung bedeutet. Und er hoffte, dass Costello niemals Wind davon bekam. Denn so wie er diesen Mann kannte, würde er schnell dafür sorgen, dass das ganze endete, dass Antonin im Zweifelsfall sogar beseitigt werden würde, um Cole wieder nur an ihn zu fesseln. Und Ragnar hasste ihn deswegen mehr denn je. Aber er war genauso ohnmächtig. Als er gegen 23 Uhr im Savoy ankam, hatte sich eine recht lange Schlange davor gebildet. Er versuchte zu sehen, ob er Tayra und Antonin schon irgendwo sehen konnte. Und tatsächlich standen sie ein Stück weiter vorne und schienen sich gut zu unterhalten. Kurzerhand trat er auf sie zu und stellte sich dazu, ein Lächeln auf den Lippen tragend. "My Lady, Antonin", begrüßte er sie beide und begutachtete Tayra mit einem anerkennenden Blick. "Wow, da könnte man sich fast überlegen, das Ufer zu wechseln. Ich hoffe du hast einen Trick, wie du dir die anderen Frauen vom Hals schaffen kannst?" Er grinste Tayra fröhlich an. Ja, er sollt sich darauf freuen, den Abend heute hier zu verbringen. Der Rest würde sich zeigen. Er drehte sich zu Antonin. "Cole kommt später. Er lässt dir ausrichten, dass du ihm einen Tanz aufheben sollst." Dann blickte sich Ragnar um. "Welche Aktion ist heute?", fragte er die anderen beiden und nickte dann, als er die Antwort bekam. "Ein High-Light des Savoy...", nickte er. Als sie später endlich im Club waren, beschlossen sie, sich erst einmal etwas zu trinken zu holen. Ragnar ließ sich einen Martini geben. Antonin Er begrüßte Ragnar lächelnd und lachte leise als er das Kompliment an Tayra hörte, die sich darüber zu freuen schien und den anderen Mann ebenfalls mit einem Kuss auf die Wange begrüßte. Na, sah so aus als wäre die Familie wieder gewachsen, aber Antonin war das egal. Er konnte Ragnar gut leiden und so schmunzelte er, als er Tayras Antwort vernahm und drückte sie dann leicht an sich. "Ob Frauen oder Männer, ich habe meine Möglichkeiten sie loszuwerden. Und im Notfall kann mir ja einer von euch strahlenden Helden helfen." Zumindest Antonin fühlte sich da angesprochen und natürlich würde er ein Auge auf seine Freundin haben, auch wenn diese das eigentlich gar nicht nötig hatte. Sie war energisch genug, um so gut wie alles abzublocken, was sich ihr in den Weg stellen würde. Als sich Ragnar dann ihm zuwandte fiel es ihm kurzzeitig schwer, das Lächeln beizubehalten, doch er schaffte es. Mochte es an der Tablette oder am Alkohol liegen, aber er brachte es fertig die Information mit einem Nicken zur Kenntnis zu nehmen. Ganz selbstverständlich bezahlte er für Tayra mit und folgte den beiden dann tiefer in den Club hinein, wo man ihnen auch Schaumstoffdaumen anbot, die Antonin ausschlug, Tayra jedoch mit Begeisterung annahm. Auf seinen blöden Blick hin hob sie nur eine Augenbraue: "Was, kann ich vielleicht keine Kerle bewerten?" Und was wollte man dagegen schon sagen? An der Bar angekommen lauschte er der Martinibestellung und nach einem kurzen Blickwechsel mit Tayra erklang ein einstimmiges: "Wodka, pur.", aus ihren Mündern und kurzzeitig vergas Antonin, dass er eigentlich nicht wegen Tayra oder Ragnar hier war und lachte belustigt auf. Als ihre Getränke kamen, prostete er den anderen zu und trank den Wodka dann in einem Zug leer und sah, sich an mit dem Rücken an die Theke lehnend, um. "Wo ist er?", wurde er gefragt und er zuckte mit den Schultern. "Was juckt es mich?", murmelte er und stieß sich von der Theke ab, um sich der Frau zuzuwenden. "Vielleicht kam ihm ein kurzer Waffendeal dazwischen, oder gestohlene Fahrzeuge müssen über die Grenze gebracht werden. Vielleicht haben sie auch nur wieder eine Ratte auszuräuchern?" Er sah das erstaunte Gesicht und lachte ein wenig hohl, bevor seine Augen hart wurden. "Warum so erstaunt?", fragte er ein wenig böse und streckte den Arm nach einem vorbeilaufendem Kerl aus. Antonin hatte ihn nicht mal richtig angesehen. "Lust zu tanzen?", offensichtlich hatte er, denn er griff ihn an der Hand und zog ihn mit sich. Nur kurz wandte er sich den beiden anderen nochmal zu. "Habt Spaß Kinder, aber geht nicht mit Fremden mit!" Das 'Idiot!' von Tayra überging er gekonnt und konzentrierte sich lieber auf seinen 'Fang'. Der freie Oberkörper war durchaus nicht übel und die enge Hose versprach einige interessante Dinge. Natürlich war das eine Trotzreaktion, aber alles andere wäre vermutlich noch schlimmer gewesen. Tayra "Idiot!", brüllte sie Antonin nach, auch wenn sie sich gar nicht so sicher war, dass jener es noch gehört hatte. Unwillig verdüsterte sich ihre Mimik bevor sie sich ein Corona bestellte und Ragnar ansah. Jener dürfte nicht besonders schlau aus ihrem in Russisch geführten Gespräch geworden sein. "Warum seid ihr Männer eigentlich manchmal solche Trottel?", fragte sie ihn und warf dem Barmann einen Schein zu, als sie ihr Bier in Empfang nahm. "Und ich habe gehofft mich tatsächlich mal wieder mit ihm zu amüsieren. Wieso kommt da eigentlich ständig was dazwischen, wenn der Name Cole irgendwie, irgendwo präsent ist?", grummelte sie weiter, doch lächelte dann entschuldigend. "Sorry, ich bin wohl manchmal ein bisschen temperamentvoll und irgendwie bist du immer der arme Wicht, der es aushalten muss. Dabei habe ich mich letztens ja auch sehr gut mit dir amüsiert. Du bist also keinesfalls die zweite Wahl", beschied sie ihm und musterte ihn dann beifällig. "Tatsächlich könntest du ohne Probleme die erste Wahl von jemandem sein, also nimmst du dir die Worte von dem Idioten am besten zu Herzen und hast ein wenig Spaß für dich selbst, hm?" Tayra war schließlich alt genug, um wirklich auf sich selbst aufpassen zu können und Notfalls würde sie mit einer der Lesben hier anbandeln, wenn ihr wirklich langweilig werden würde. Nicht dass sie davon ausging, denn die versprochene Show würde mit Sicherheit keine Langeweile aufkommen lassen. Nathan "Damit bist du die Nummer 7. Wollen wir doch mal sehen ob bei dir das ein oder andere 'up' geht", murmelte Nathan mit dunkler Stimme und zeichnete einen Kreis um die eben auf den Oberarm des Kerl geschriebene Zahl. Jener grinste und trat ermutigt einen Schritt näher, worauf Nathan die Hand hob. "Der Gewinner bekommt die Preise und jetzt ab mit dir", befahl er und drückte seinem Manager das Flipcart in die Hand. "Ich möchte mindestens 15 Teilnehmer. Start ist um 24 Uhr, die jeweiligen Musikwünsche stehen hinter den Namen", erklärte er und machte sich dann auf den Weg durch die immer dichter werdende Menge. Er war sich der Blicke, die er auf sich zog, durchaus bewusst, doch momentan konnte er sich zum Spielen keine Zeit nehmen. Zuerst müsste der Event gut auf den Weg gebracht werden und der neue Manager tat sich damit noch ein wenig schwer. Wenn das nicht bald besser werden würde, müsste er sich nach dem nächsten umsehen. Er lächelte, als er unweit von sich zwei ihm sehr bekannte Männer ausmachte, trat hinter sie und legte jedem von ihnen einen Arm auf die Schultern. "Hallo Darling Eins und Zwei", begrüßte er seine besten Freunde und küsste erst den einen und dann den anderen als sie ihn erkannten. "Nate, wir wussten gar nicht, dass du heute schon wieder hier bist!", bemerkte Blair, ein Mann mit kurzen aufgegelten schwarzen Haaren und braunen Augen, der sich heute für weiße Hotpants und einem Lederstreifen über die Brust entschieden zu haben schien. Weshalb er nickte. "Das sehe ich. Bist du verzweifelt auf der Suche nach einem Schwanz oder warum läufst du in so einem Fummel rum?" Sascha, ebenfalls schwarze kurze Haare mit dunkelblauen Augen lachte auf. Jener entsprach vielmehr seiner üblichen Norm und hatte sich für eine gutsitzende Jeans und ein ärmelloses, einfaches weißes Shirt entschieden. "Ist Blair das nicht immer?", hinterfragte er und fing sich einen Knuff von eben jenem ein. "Aber du siehst auch nicht aus wie immer", merkte Sascha an und Nathan sah an sich herunter. Die schwarze Hose war normal, doch das ebenfalls schwarze Hemd, das er oben offen gelassen hatte, ließ ihn nicht so aus der Menge hervortreten wie er das normalerweise gerne tat. "Ich bin direkt vom Flughafen hierhergekommen und hatte nichts besseres mehr im Büro", erklärte er und sah dann kurz auf die Uhr. "Noch zwanzig Minuten bis zum Start der Show. Ich muss weiter." Blair hob eine Augenbraue. "Was bei MM musst du jetzt noch erledigen?" "Wer oder was ist MM?", fragte Sascha und Nathan schüttelte den Kopf lachend. "Marilyn Monroe.", erklärte er und grinste dann. "Das ist nicht mehr viel Zeit, um mir meinen Spaß für nach der Show zu sichern", fügte er noch an und war auch schon wieder in der Menge verschwunden, seine beiden besten Freunde zurücklassend, die sich nur kurz ansahen, die Schultern zuckten und weiter tanzten während Nathan einen Abstecher zur Theke machte, einen Kerl nach links zur Seite schob und sich zu seinem Hauptbarmann beugte. "RedBull und lass während der Show mal die Jungs durch den Darkroom gehen. Den nächsten, den ich hier mit Heroin erwische, denn hänge ich an seinen Eiern an der Decke auf." Der Barkeeper lachte und stellte ihm das gewünschte hin. "Was ist mit dem Rest?" und Nathan zuckte mit den Schultern. "Mir egal was sie sich die Nase hochjagen, aber die Venen haben hier clean zu bleiben." Er hob das Getränk. "Merci!", und wandte sich ab um zu gehen als sein Blick an dem Mann rechts neben ihm hängen blieb. Na aber hallo... er beugte sich ein Stück näher zu jenem. "Du siehst gelangweilt aus. Lust das zu ändern?" Ragnar Ragnar konnte sich denken, worüber Tayra und Antonin sprachen, doch er hielt sich zurück, aß seine Olive im Drink und leerte diesen dann mit einem Zug. Dann ließ er seinen Blick über die Körper der Anwesenden gleiten. Er würde sich heute Abend amüsieren, und wenn Cole später kam, würde er mit ihm das erste Mal seit langem wieder gemeinsam weg sein. Und auch das würde er genießen. Als Antonin davonrauschte, blickte er diesem kurz hinterher. Er konnte ihn verstehen. Jener hatte die Enttäuschung nicht ganz unterdrücken können. Oder vielleicht hatte Ragnar sie auch nur gesehen, weil er selbst auch enttäuscht gewesen wäre. Er nickte Antonin zu, auf dessen Ansprache und bewunderte ihn für seine Art mit so einer Enttäuschung umzugehen. Ragnar zuckte mit den Schultern. "Du musst dich nicht entschuldigen. Ich kann ihn verstehen. Und ehrlich gesagt macht er das einzig Richtige. Er lässt sich nicht unterkriegen, sondern lenkt sich ab und vergnügt sich, um die Wartezeit zu überbrücken. Und Cole wird kommen, keine Sorge." Er lächelte Tayra an. "Danke für die Blumen. Ich kann das Kompliment des Amüsements nur zurückgeben." Er zwinkerte ihr zu und bestellte sich noch einen Wodka Redbull. "Und was die erste oder zweite Wahl betrifft, so werde ich heute sicher auf meine Kosten kommen, keine Sorge." Er erhielt sein Getränk und wollte gerade ansetzen zu trinken, als er beiseitegeschoben wurde, so dass er leicht in Tayra hineingeschoben wurde. "Sorry", murmelte er und trat zur Seite, um jenem Mann Platz zu machen. "Wenn ich das hier ausgetrunken habe, werde ich meinem Vergnügen hinterherjagen. Wie schaut es bei dir aus? Traust du dich auf die Tanzfläche?" Er grinste breit, als er mit einem Mal angesprochen wurde. Seine braunen Augen fixierten den Mann vor ihm. Dann legte er den Kopf leicht schief. Jener Mann schien ein wenig älter als er selbst zu sein und sah wirklich gut aus. Nur das Hemd wirkte ein wenig zu zugeknöpft, also entweder dieser Mensch war verklemmt oder er kam gerade aus dem Büro, was ihn sympathisch machen würde. Doch die Anmache war ein wenig zu passend für die Lokation. Ragnar mochte es ausgefallener. Aber das konnte der arme Kerl ja nicht wissen. "Ich sehe gelangweilt aus?", fragte er nach und lächelte. "Ich fürchte Tayra, das war kein Kompliment für dich." Er lächelte sie kurz an. Dann musterte er sein Gegenüber wieder mit seinen braunen Augen. Nur kurz, bis er sich zu Nathan beugte. "Bisher habe ich mich nicht gelangweilt, aber wir könnten dennoch tanzen. Und ich hoffe, dass ich mich dann nicht langweile." Herausfordernd blickte er den anderen an, dann trank er sein Getränk leer und stellte das Glas auf den Tresen. "Du entschuldigst mich, Tayra, ich wurde zum Tanzen aufgefordert…" Der amüsierte Unterton war noch immer hörbar. Ragnar hatte kein Problem damit, angegraben zu werden, aber er stichelte gerne. Und wer sich dadurch verunsichern ließ, hatte bei ihm ohnehin schon verloren. Nathan Nathan warf einen schnellen Blick auf die Frau und neigte den Kopf dann leicht. "Sorry, manchmal ist mein Mund schneller als der Rest, aber ich bin sicher, dass man in deiner Gegenwart bestimmt nicht gelangweilt ist", entschuldigte er sich lächelnd, sich jedoch nicht wirklich zerknirscht zeigend. Dann wurden seine Augen sofort wieder von seinem neuen Fang angezogen, auch wenn jener sich noch zu wehren schien. Was ihn überhaupt nicht störte, bereitete ein Sieg doch nie so viel Freude, als wenn er ehrlich errungen war. Sein Lächeln vertiefte sich, als er den Blick aus den durchaus ansprechenden dunklen Augen erwiderte. "Im Notfall hast du furchtbare siebzehn Minuten zu ertragen, bevor die Show beginnt und du dich unter höflichen Ausreden zurückziehen kannst", merkte er an und stellte sein RedBull zurück auf die Theke, wo es der kopfschüttelnde Barkeeper zurücknahm. Auffordernd sah er den etwas kleineren Mann an und trat dann von diesem weg in Richtung Tanzfläche. Auf dem Weg dorthin öffnete er noch zwei weitere seiner Knöpfe, etwas, das er gerne vorher getan hätte, doch da war noch zu viel Organisatorisches zu klären gewesen. Auch wenn er für sich selbst vermerkte, endlich einmal daran denken zu müssen, hier auch taugliche Kleidung zu hinterlegen. Er wäre momentan mehr als froh gewesen aus dem Hemd heraus zu kommen, ohne gleich mit freiem Oberkörper hier stehen zu müssen. Doch egal... jetzt hatte er frei, freute sich auf eine hoffentlich erfolgreiche Show und hatte nebenbei noch einen Mann gefunden, der zumindest für eine kurzweilige Herausforderung sorgen würde. Darüber ließ sich der ganze Müll des gestrigen Tages perfekt vergessen. Schließlich an einem guten Platz angekommen, drehte er sich herum und begann sich zu dem schnellen Beat zu bewegen. Den anderen nicht eine Sekunde aus den Augen lassend, passte er sich der Musik an und bewunderte nebenbei was er selbst zu sehen bekam. Er wusste, dass er selbst gut tanzte, das galt für die meisten Schwulen, die in dieser Szene 'aufwuchsen'. Zumindest auf die, die er besser kannte, traf das zu und ganz augenscheinlich gesellte sich mit diesem Mann ein weiterer auf die Liste. Ungeniert tanzte er jenen näher an, hob die Hand und strich dem anderen dann mit einem Finger von oben über die Brust, diesen Bewegungen mit den Augen folgend, bis er an dessen Bauchnabel ankam und wieder aufsah, dessen Blick suchend. Er kannte die Zeichen. Die großen wie die kleinen und egal wie scharf er schon so manches Mal gewesen war, so würde er sich niemals ungewollt aufdrängen. Zudem Nathan das genau genommen auch gar nicht nötig hatte, auch wenn er es hier durchaus bedauern könnte, wenn dem so wäre. Darum fing er auf kleiner, jedoch eindeutiger Flamme an und hoffte früher oder später höher schalten zu können. Ragnar "Na dann lass uns mal ausprobieren, wie diese 17 Minuten werden", erklärte Ragnar amüsiert und war zufrieden, mit der Reaktion des anderen. Er schien Humor zu besitzen und sich nicht verunsichern zu lassen. Und damit war er in Ordnung. Vielleicht würde der Abend jetzt noch interessanter. Ragnar folgte dem beim näheren Betrachten viel zu schönen Mann auf die Tanzfläche, der mittlerweile sein Hemd geöffnet hatte und damit wesentlich lockerer aussah. Schließlich begann er zu tanzen, wissend, dass sein Gegenüber ihn beobachtete. Dennoch sah er ihn erst einmal nicht an, sondern schloss die Augen. Er fand stets seinen ganz eigenen Zugang zur Musik. Und so ließ er sie auf sich wirken, passt sich ihr an und entspannte sich zusehends. Er wusste, dass er kein schlechter Tänzer war, und so bewegte er sich selbstbewusst und gezielt. Er hatte seine Tanzsstunden in Europa genommen. In den angesagtesten Clubs der Szene. London, Paris, Kopenhagen, Rom, Athen und sogar Berlin. Er wusste, was es hieß zu tanzen, zumal er damit auch noch sein Geld verdient hatte. Aber er war schon lange nicht mehr richtig tanzen gewesen. Gut, mit Tayra, aber an dem Abend hatte er wohl mehr gesoffen als getanzt, was seine wenigen Erinnerungen an die späteren Stunden ihm belegten. Aber so richtig tanzen, hatte er sich schon lange nicht mehr erlaubt. Der Alkohol war bereits in seinem Blut, hatte er ja schon im Lady-Dream ein, zwei Drinks getrunken, die Musik erfüllte nun auch seinen Körper und so ließ er sich treiben, bis er im Rhythmus war. Er liebte dieses Gefühl. Es fühlte sich an, als sei man aus Zeit und Raum enthoben, als sei alles andere irrelevant, als sei man fern jeglicher Realität. Als Ragnar wieder die Augen öffneten, war er vollkommen in dem Tanz aufgegangen und seine Augen funkelten voll Begeisterung dafür. Und eben jene funkelnden dunklen Augen fixierten nun seinen Tanzpartner, der begonnen hatte ihn anzutanzen und Ragnar dachte nicht weiter darüber nach, sondern erwiderte das Antanzen. Seine Augen, seine Bewegungen seine Hüften flirteten den anderen ungehemmt an. Und auch, als jener seine Hand über seine Brust nach unten wandern ließ, war ihm das nicht unangenehm. Ragnar hatte eine Grenze, zu der er verpflichtet war. Und bis zu dieser Grenze kostete er alles aus, was er bekam. Als sein Mittänzer seinen Blick suchte, ergriff er selbst etwas mehr die Initiative und legte dem anderen seine Hand an dessen Hüfte, um ihn damit etwas näher zu sich zu ziehen. Gleichzeitig stieg er in dessen Bewegung ein. Einen Moment blickte er ihn lächelnd und anerkennend an, dann beugte er sich zu ihm. "Ich denke ich werde keine fadenscheinigen Ausreden brauchen, denn ich glaube nicht, dass mir so schnell langweilig wird." Verschmitzt funkelten seine Augen und er erhöhte das Tanztempo, den anderen mitziehend. Nathan Zufrieden schmunzelnd hob er seine Arme und legte sie dem anderen Mann locker um die Schultern, sich dessen Bewegungen anpassend und sich von der guten Stimmung im Club weiter treiben lassend. Warum war ihm dieser Diamant vorher noch nicht aufgefallen? Vielleicht weil er in letzter Zeit zu viel arbeitete? Doch das war jetzt auch egal, denn momentan hatte er kein Problem damit, sich in diese Spiel fallen zu lassen und es zu genießen. Er erwiderte den Blick des anderen und lachte dann, ein wenig den Kopf schüttelnd. "Das trifft sich ganz ausgezeichnet, denn ich wäre momentan sehr unwillig, mir solcherlei Dinge anzuhören und dich gehen zu lassen", erwiderte Nathan und ließ seine Arme dann wieder von den Schultern des anderen gleiten als jener ihn in ein schnelleres Tempo zog. Jedoch nicht ohne seinerseits anerkennend zu nicken, denn das was er spüren konnte war absolut nicht abschreckend. Vielmehr das Gegenteil. Zudem es ihm Spaß bereitete tatsächlich einmal wieder zu tanzen und das Ganze nicht als minuziöses Vorspiel für den Darkroom zu erleben. Es tat ihm gut sich einmal wieder ein wenig auszupowern. Noch etwas, das in letzter Zeit zu kurz zu kommen schien. Vielleicht sollte er hin und wieder einmal auf Sascha und Blair hören, wenn diese beiden Chaoten ihn im Büro anriefen und förmlich befahlen, mit ihnen auf die Piste zu gehen. Aber selbst wenn, wie man sah ließ er sich sehr leicht von seinen Freunden ablenken und seine Aufmerksamkeit auf andere lohnende Dinge oder vielmehr Personen richten. Und zu jener Person gehörten momentan ein dunkles Augenpaar, das ihn anfunkelte, ein durchwegs ansehnlicher Körper und augenscheinlich auch genug Intelligenz, um sich nicht unter Wert zu verkaufen. Ein zufriedenes Funkeln schlich sich in seine hellen, blauen Augen und nach einem kurzen Blick auf die Uhr war er es, der den anderen näher zu sich zog und den anderen Arm über dessen Rücken hinab bis zum Hintern gleiten ließ. Über diesen fast spielerisch einmal glitt und sich dann ein Stück bis zum Ohr des anderen Mannes vorbeugte, ihre Hüften nebenbei aneinander reiben ließ. "Die Zeit ist um, Cinderella. Aber da sich keiner von uns zurückverwandelt, zählt jetzt keine Ausrede mehr. Komm, ich gebe dir einen Drink aus bevor‘s hier durch die Show zu voll wird", raunte er und schmiegte sich nochmal an den anderen, bevor er sich löste und jenen dann mit sich zog. Und tatsächlich hatte er perfektes Timing bewiesen, denn als sie an der Theke ankamen stoppte die Musik und ein Strahler wurde auf die Bühne gerichtet, an der auch gerade eine einzelne Stange hochfuhr. Und an jener Stange ließ sich gerade ein als Zirkusdirektor verkleideter Mann nach oben fahren, der auch sofort das Wort ergriff, die Regeln kurz erklärte und den Verlierern mit der Peitsche drohte, während er dem Gewinner einen satten Geldgewinn und vermutlich jede Menge Blowjobs versprach. Was einiges an Gejohle im Publikum auslöste, welche inzwischen auch fast alle mit den entsprechenden Daumen herumliefen. Ebenso wie der erste Teilnehmer, der sich gleich - im wahrsten Sinne des Wortes - das T-Shirt vom Leib riss, ohne dass die Musik überhaupt gestartet hatte. Nathan nickte zufrieden und sah dann zu dem Mann neben sich. "Was darf‘s sein, als Belohnung für siebzehn furchtbar lange Minuten?", fragte er hintergründig lächelnd und stockte dann. "Ich bin übrigens Nathan", stellte er sich vor und hoffte darauf den Namen des anderen Mannes ebenfalls erfahren zu können. Ragnar Als sein Gegenüber schließlich näher rückte, seine Arme auf seine Schultern legte, musste Ragnar lächeln. Es störte Ragnar nicht im Mindesten. Besonders, da die blauen Augen des anderen verrieten, dass ihm der Tanz genauso gefiel, wie er Ragnar gefiel. Es war letztlich ein höflicher Tanz, keiner der darauf hinauslief, dass einer von ihnen im Darkroom verschwinden wollte. Und das war auch gut so. Und dennoch war er in gewisser Weise heiß. Das lag sicher nicht zuletzt an der Ausstrahlung seines Tanzpartners, der jenes gewisse Selbstvertrauen ausstrahlte, das zweierlei bedeuten konnte. Einmal, dass er einer der wenigen ist, die einfach nur zufrieden mit sich und der Welt sind, oder dass er einer jener war, die immer für eine schnelle Nummer zu haben waren. Nun Ragnar wusste noch nicht, wo er diesen Mann einzuordnen hatte. Aber zumindest war diese Ausstrahlung schön und anziehend. Und dazu noch dieser Körper, der nicht zu muskulös, sondern drahtig war. Diese unglaublichen Augen und letztlich war es das Gesamtpaket, was Ragnar versprach, dass dieser Abend schön werden würde. Flirtend hingen seine Augen in denen des anderen und provozierend bewegte er seine Hüften so, dass sie sich immer wieder berührten. Seine Hand war, dadurch, dass sein Gegenüber näher zu ihm gerückt war, an dessen Po gerutscht. Und was er zu spüren bekam war vielversprechend. Mehr würde er nicht tun. Er musste vermeiden, Signale zu senden, dass er bereit war, doch noch im Darkroom zu verschwinden. Als die Arme des anderen über seinen Rücken glitten, schloss er kurz die Augen. Er liebte dieses Kribbeln, das er immer hatte, wenn man ihn zwischen den Schulterblättern berührte. Die Stimme des anderen klang in seinen Ohren angenehm. "Ist gut, Märchenprinz", entgegnete Ragnar grinsend und ließ sich bereitwillig mitziehen. Ragnar lehnte sich mit dem Rücken zur Theke und verfolgte das Spektakel, das soeben begonnen hatte. Ein Lächeln zierte noch immer seine Lippen und seien Augen funkelten amüsiert. Er hatte sich kein ‚Daumen rauf-Daumen runter‘- Schildchen geben lassen, als er eingetreten war. Aus so etwas hielt er sich raus, dennoch schaute er gerne zu. „Der Kerl ist zu schnell, da geht die Spannung flöten“, Ragnar schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich ist er im Bett genauso schnell.“ Er grinste und blickte Nathan an, als dieser ihn ansprach. „Martini“, erklärte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Und um ehrlich zu sein, muss ich mir den Froschkönig, der mit mir getanzt hat nicht wirklich schöntrinken. Daher bräuchte ich auch keine Belohnung für 17 Minuten, die ruhig etwas länger hätten sein können und zumindest in meinen Augen nicht furchtbar gewesen waren.“ Mahnend sah er Nathan an. Er hatte gehofft, jener hatte bemerkt, dass es ihm gefallen hatte. Doch nicht ganz so viel Selbstbewusstsein? Doch er sah, wie jener lächelte und war damit zufrieden. „Aber ich lass mich dennoch gerne auf einen Drink einladen“, erklärte er und zwinkerte Nathan zu, der ihm nun seinen Namen sagte. „Und ich bin Ragnar“, erklärte er und hob das Martiniglas, um dem anderen zuzuprosten. Dann drehte er sich, um zu sehen, wie jener Mann auf der Bühne versuchte, das Publikum von sich zu überzeugen. Nathan Nathan grinste breit und warf ebenfalls noch einen Blick auf die Bühne, wo der Kerl sich zu der gerade einsetzenden Musik ein wenig unbeholfen an der Stange räkelte. "Es ist nie leicht der erste zu sein, da können die Nerven schon mal blank liegen. Wenn er das allerdings auch auf den Matratzensport überträgt, hat er sich seinen Körper ganz umsonst antrainiert", merkte er an und wank den Barkeeper heran, um den gewünschten Martini und ein RedBull zu bestellen. Beides stand gleich darauf vor ihnen und er nickte dem Mann, Alex, dankbar zu bevor er sich wieder zu seiner momentanen Begleitung umwandte, um jenen das Getränk hinüber zu schieben. "Autsch, vom Märchenprinzen vom Froschkönig. Wie schnell man die eigene Stellung durch eine kleine Äußerung verändern kann." Spielerisch erwiderte er den mahnenden Blick, lächelte dann doch wieder. "Ich hoffe ich verändere mich nicht zu sehr durch den einen Kuss und wenn doch, weiß ich ja nun, wem ich die Schuld dafür in die Schuhe schieben kann, Ragnar." Er schmunzelte, griff nach seinem RedBull, um die zuprostende Geste zu erwidern und stellte sich schließlich auch mit dem Rücken zur Theke. Gerade rechtzeitig, um die Abstimmung zu sehen, die sich aus einem roten Farbmeer zusammenstellte. "Sieht so aus als wäre die Nummer 1 hier noch ein paar anderen zu schnell bei der Sache gewesen", stellte er fest, bevor er ein paar Züge trank und die Dose wieder zurückstellte, einen etwas längeren Blick über den Mann neben ihm gleiten lassend. Erstaunlicherweise bereitete ihm das Geplänkel mit diesem tatsächlich Freude. Es war, trotz der Spielerei eine Art von Kommunikation, die Intelligenz verriet und das auch noch sehr hübsch anzusehend verpackt. Gerade wollte er etwas fragen als Blair wie aus dem Nichts plötzlich neben ihm stand. "Ich möchte mitmachen!", forderte dieser und Nathan hob eine Augenbraue. "Wobei?", fragte er irritiert und dachte schon darüber nach, seinen Freund ganz schnell wieder loszuwerden, als jener auf die Bühne deutete. "Na da natürlich! Und ich brauche dein Hemd", erklärte der kleinere mit einer von sich überzeugten Selbstverständlichkeit, dass Nathan erst mal die Luft wegblieb. Zumindest bis er vehement den Kopf schüttelte. "No way. Hier rennen genügend Kerle rum, die dir gern ihr letztes Hemd spendieren würden, da muss es nicht meines sein." "Biiiiiiitte", fing Blair an zu betteln und warf Ragnar dann zum ersten Mal einen genaueren Blick zu. "Deine Begleitung hier hätte bestimmt nichts dagegen." Nathan schloss die Augen und bat um Geduld und um besser vorzeigbare Freunde bei seiner nächsten Inkarnation. Und als hätte irgendjemand da oben sein Gebet erhört, betrat Sascha die Bühne und begriff die Situation innerhalb eines Blickes. Er griff Blair am Ellenbogen und zog ihn zu sich, Nathan einen entschuldigenden Blick zuwerfend. "Ich schwöre, wenn ich den Kerl erwische, der ihm das Zeug wieder gegeben hat", grollte er. "Sorry Nate", damit zog er den kichernden Blair mit sich und verschwand mit diesem gleich darauf in der grölenden Menge, die gerade einen sich entkleidenden 'Feuerwehrmann' bejubelte. "Gut, damit hast du jetzt auch die bösen Stiefschwestern kennengelernt", murmelte er und drehte sich herum, um sich einen Jacky-Cola bringen zu lassen. "Der Feuerwehrmann dürfte wohl heute noch so einiges löschen, wenn das so weitergeht", schmunzelte er als jener gerade die Hosen runterließ. "Das passende Rohr dazu hat er jedenfalls mitgebracht." Er hob eine Augenbraue und betrachtete den tanzenden Mann noch einmal eingehend, bevor er sich Ragnar wieder zuwandte. "Nach dem nächsten werde ich dich leider nochmal auf die Tanzfläche entführen müssen, denn tatsächlich hätten jene Minuten durchaus länger sein können", er zwinkerte dem anderen zu und warf dem nächsten Teilnehmer nur einen kurzen Blick zu, bevor er Ragnar für interessanter befand. Kapitel 78: Verwandlung ----------------------- Cole Cole stellte sein Auto in die Garage und fuhr in sein Apartment. Dort zog er sich auf dem Weg zur Dusche aus, beeilte sich, und stand schließlich nackt vorm Kleiderschrank, um sich etwas zum Anziehen herauszusuchen. Seine Miene war verhärtet, seine Augen schienen töten zu können. Costello hatte ihn mal wieder mit irgendeinem Scheißdreck beladen, und ihm klar gemacht, dass er nur der Wurm an der Angel ist, die er in den Händen hält. Und leider würde sich das auch nicht ändern. Cole brodelte vor Wut, aber er durfte sich davon jetzt nicht bestimmen lassen. Er sollte runterfahren, sich entspannen und sich darauf freuen, den Abend genießen zu können. Ragnar war schon weg gewesen, als er vorhin aus dem Lady-Dream ging. Cole blickte schnell auf die Uhr. 23.38. Sicher befanden sie sich schon alle auf der Tanzfläche. Cole griff zu einer dunkelblauen Jeans und einem weißen Achselshirt. Das hatte er häufig an. Aber er hatte im Moment keine Lust sich Raffinierteres zu überlegen. Es war kurz vor 24 Uhr, als das Taxi vor dem Savoy hielt. Er spürte, dass er noch immer nicht heruntergefahren hatte. Noch immer spürte er diesen Groll, diesen Zorn in sich brodeln, der eigentlich nur nach einem Ventil suchte, um befreit zu werden. Aber das ging heute Abend nicht. Antonin war da. Und Tayra. Und damit würde er niemanden in den Darkroom zerren, um die Minuten der Entspannung zu nutzen, um runter zu kommen. Es musste also anders gehen. Und dieses Anders war Alkohol. Bereits im Lady-Dream und zu Hause hatte er sich Whiskey gegönnt. Und sein erster Akt, als er ins Savoy kam, war zur Bar zu gehen, und sich einen weiteren geben zu lassen, den er auch sofort leerte. Hm, so würde er bald in ein Stadium der Gleichgültigkeit kommen, weg vom Aktionismus, von dem Wunsch irgendetwas zu zerstören. Seine grünen und kühlen Augen glitten durch den Raum, suchten Antonin, bis er ihn gefunden hatte. Seine Augen verdüsterten sich noch mehr, als er ihn mit einem Typen tanzen sah. Aber warum eigentlich? Es war doch nichts dabei. Und dennoch ging er nun quer über die Tanzfläche auf das Paar zu, näherte sich Antonin von hinten, so dass dieser ihn nicht sehen konnte. Jener Mann, der mit ihm tanzte, hatte einen Körper, der ganz anders war, als Coles. Muskulös, breit. Ob Antonin eigentlich auf so etwas stand? Als er bei den beiden angekommen war, blickte eben jener Mann auf, den er schon die ganze Zeit fixiert hatte. Sie blickten sich in die Augen, bis dieser schließlich sich von Antonin löste und zurückwich. Coles Aura schien zu reichen, um ihm klar zu machen, dass er hier nichts mehr zu melden hatte. „Hey Sonnenschein“, sprach er Antonin an, der sich zu ihm umgedreht hatte. „Lust auf einen Tanz?“ Nun, so ganz Sonnenschein war er nicht, diesmal, aber wesentlich strahlender als Cole. Ob sich jener sehr geärgert hatte, dass er so spät kam? Gerade, als er die Hand ausgestreckt hatte, um Antonin zu sich zu ziehen, verstummte die Musik. „Mir scheint, mir ist heute kein Glück vergönnt“, seufzte Cole und blickte in die Augen, die allein ihm schon gut taten. Cole griff dennoch zu Antonin und zog ihn zu sich. „Darf ich kurz?“, fragte er und legte seinen Kopf auf der Schulter des anderen ab, ihn umarmend. „So ist gut“, wisperte er. „Entschuldige, dass ich erst jetzt komme.“ Antonin Antonin grollte noch geraume Weile vor sich hin, bevor der fremde Mann es tatsächlich fertig brachte, ihn auf das Antanzen reagieren zu lassen. Doch es blieb harmlos, denn auch wenn er gerade zwischen den verschiedensten negativen Emotionen hin und her schwankte, so gab ihm der andere doch nicht wirklich etwas. Trotzdem war es ganz nett sich mal ein wenig Bestätigung abzuholen und sich den schnellen Bässen anzupassen. Antonin tanzte immer nach dem Bass, alles andere sah aus, als hätte man Zuckungen, die sich nicht kontrollieren ließen. Hin und wieder berührte der andere Mann ihn, doch da er nicht wirklich darauf einstieg, blieb es harmlos und höchstens leicht flirtend. Zudem er den muskulösen Körper zwar schön, aber irgendwie übertrieben fand, zu überdeutlich. Nicht so mehr unterschwellig vorhanden wie bei ihm, sondern vielmehr so als wäre der andere 5 Stunden am Tag am Gewichtheben. Er schloss die Augen kurz, in sich hineinhorchend, ob diese Gedanken vielleicht mit Cole zusammenhängen konnten. Dass ihn einfach nichts wirklich auf dieser Ebene ansprach, weil er ständig den Körper des anderen vor Augen hatte? Es war eine Möglichkeit. Hmpf, dann müsste er ja nur warten, bis sie sich 'trennten', um das herauszubekommen. Als er die Augen wieder öffnete bemerkte er, dass sein Tanzpartner langsam aber sicher zurückwich und runzelte die Stirn. So lange hatte er seine Augen doch gar nicht geschlossen gehabt, um ihn zu vertreiben. Oder? Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke und er wandte sich herum, um diesen auch sogleich bestätigt zu bekommen. "Cole." Es kam ihm ganz unbewusst über die Lippen, doch er beließ es auch erstmal dabei. So ganz war er noch nicht zufrieden mit der Situation und seinen Gefühlen doch den Blick aus jenen Augen konnte und wollte er sich nicht entziehen. Blöde Musik! Gegen einen Tanz mit dem anderen hätte er jetzt gar nichts einzuwenden gehabt und als Cole ihn zu sich zog war jeder Gedanke an Gegenwehr schon wieder weit entfernt. Besonders als jener ihn umarmte, den Kopf auf seiner Schulter ruhen ließ und sich entschuldigte. Aaargh! Wie machte dieser Kerl das bloß? Antonin fand mit einmal nicht mal mehr ein Quentchen dieser negativen Gefühle in sich und hob ganz automatisch die Hände, um Cole näher zu sich zu ziehen. Was war nur los? Das war garantiert keine von Coles üblichen Verhaltensweisen. Sein Blick drückte seine Sorge aus, etwas, das der andere Momentan nicht sehen konnte, was auch ganz gut so war. "Ist schon in Ordnung", flüsterte er zurück. "Mach dir keine Gedanken." Er strich Cole über den Rücken, eine Geste von der er nicht wusste, ob sie beruhigend sein sollte oder einfach nur die Nähe gab, die der andere gerade zu brauchen schien. Weshalb er sich auch schließlich löste und den Blick des anderen suchte, bevor er eine Hand in dessen Nacken gleiten ließ und ihn in einen langen Kuss zog. Das war eine der wenigen Arten von Nähe, die Cole nicht zurückschrecken lassen würde, sobald er es bemerkte. Wobei das nicht der wirkliche Grund war, den anderen zu küssen. Er hatte ihn vermisst, er wollte ihn bei sich wissen, wollte das Gefühl auslösen, das sich bei ihren Küssen jedesmal bildete. Verflucht, er wollte das ganz einfach grundlos, weil ihm gerade danach war. Kein doppelter Boden, um es sich schön und heldenhaft zu reden. Das Gejohle der Menschen um ihn herum bekam er gerade nur noch ganz am Rande mit. "Du hast mir schon wieder jemanden vertrieben", murmelte er schließlich, nahe an den Lippen des anderen, tief in dessen Augen blickend. "Wir waren das erste Mal weg, als du das schonmal gemacht hast und diesmal solltest du dich besser geschickt als Ersatz anstellen." Er lächelte und küsste Cole ein weiteres Mal, bevor jener es sich anders überlegen und sich zurückziehen konnte. Ragnar „Wieso die Stellung verändern? Auch ein Froschkönig ist ein Märchenprinz. Und wenn ich ehrlich war, fand ich den Froschkönig immer am besten. Denn er hat es geschafft, die Prinzessin von ihrer Oberflächlichkeit zu kurieren und sie gezwungen zu erkennen, wie bescheuert sie war, zu glauben, dass aus einem Frosch kein Prinz werden kann.“ Ragnar lächelte den anderen an. „Und wie du vorhin bereits gesagt hast: Wir haben uns nicht zurückverwandelt, was davon zeugt, dass ich offensichtlich nicht für den einen Kuss verantwortlich war. Du bist ja schon verwandelt. Und wie mir scheint, hat die Prinzessin wirkliche Wunder vollbracht. Ein Glück, dass ich die Früchte ihrer Arbeit ernten kann. Vorausgesetzt, du wirst dich auch in Zukunft nicht mehr zurückverwandeln.“ Ein Schmunzeln zierte seine Lippen. Er liebte kleine Wortgefechte, die gerne ins metaphorische abdriften konnten. Seine Augen glitten zum Publikum, das abstimmte. In dem Moment erblickte er Cole, der dort mit Antonin stand, Arm in Arm. Dieser Kerl schaffte es doch immer wieder, dass man ihm nie böse sein konnte. Innerlich schüttelte er den Kopf. Doch letztlich war es auch ein schönes Bild, das er da zu sehen bekam. Die beiden sahen aus, als seien sie aus diesem Raum komplett herausgetreten, als sei nur noch ihre Hülle da. Ein wirklich schönes Bild. Ragnar zwang sich den Blick von den beiden abzuwenden und Nathan wieder Aufmerksamkeit zu schenken, als in dem Moment einer jener warmen Brüder bei diesem auftauchte, die Ragnar immer wieder faszinierten. Erstaunt hob er aufgrund des Aussehens des jungen Mannes die Augenbrauen, doch sein Erstaunen hielt nicht lange. Besonders nicht, als das Gespräch begann, das letztlich bestätigte, in welche Richtung er den quirligen, etwas aufgedrehten Mann stecken musste. Eine Queen? Wahrscheinlich. Er erwiderte den Blick jenes Mannes höflich und musste lachen, als jener ihn indirekt fragte, ob er etwas dagegen hätte, wenn Nathan sein Hemd auszog. „Ich halte mich aus eurer Diskussion raus“, meinte er nur und hob seine Worte unterstreichend die Hände. „Auch wenn ich der letzte wäre, der etwas dagegen hätte, Nathan ohne sein Hemd zu sehen. Aber wie gesagt. Mich geht das nichts an.“ Als ein dritter auftauchte, schien das Problem gelöst zu sein. Denn dieser nahm den aufgedrehten, wenig bekleideten Mann mit. Ob das wirklich etwas mit Drogen zu tun hatte? Ragnar glaubte es nicht so recht. Aber er kannte ihn nicht. Demnach konnte es ihm auch egal sein. „Böse Stiefschwestern? Eher eine Schwester und ein Bruder, oder?“ Ragnar lächelte. „Und böse schienen sie nicht zu sein. Eher aufgedreht, sympathisch aufgedreht.“ Er trank seinen Martini leer und betrachtete den Feuerwehrmann. Und musste anerkennend nicken. „Nun, wenn ich so aussehen würde, wie der, würde ich mich da auch draufstellen.“ Die nächsten Worte des anderen hinsichtlich seiner Vorhaben, ihn wieder zum Tanzen aufzufordern, machten ihn zufrieden. „Gut, dann glaube ich, dass ich mich doch nicht da drauf stellen würde. Denn dann könnte ich ja nicht mehr mit meinem Froschkönig tanzen.“ Er erwiderte das Zwinkern des anderen. Dass mittlerweile ein Cowboy auf der Bühne stand, um offenbar symbolisch mit seinem Lasso das Publikum einzufangen, bekam er nicht mehr so recht mit. Lieber betrachtete er die strahlenden Augen des anderen. „Mit Tanzen bin ich immer zu ködern“, erklärte er. Aber mehr würde es nicht geben. „Und wie lange haben wir im Anschluss Zeit zu testen, ob wir uns doch irgendwann wieder zurückverwandeln?“ Cole „Hmmmm“, schnurrte Cole gegen den Hals, als Antonin ihm über den Rücken strich. Ja, das tat gut. Entspannung – Entspannung pur. Er wusste, dass er etwas tat, das ungewöhnlich für ihn war, dass er normalerweise nie tat. Aber er war gerade an einem Punkt gengelangt, an dem er einfach nicht mehr konnte. Es war zu viel. Und da er wusste, wo er entspannen konnte, außer im Darkroom, der Sauna oder dem Hinterzimmer, scheute er sich nicht, davon Gebrauch zu machen. Besonders, da er erst heute gehört hatte, dass Antonin immer für ihn da sein würde. Auch in Situationen, in denen er sich einfach nur mal anlehnen brauchte. Als Antonin sich löste, ließ ein er ein kleines Knurren hören, das allerdings verstummte, als er in die Augen des anderen blickte und sich kurz darauf in einem Kuss wiederfand. Ein Kuss, den er schon den ganzen Tag gebraucht hatte. Endlich schien Antonin die Initiative passend ergriffe zu haben. „Ein Glück, dass du mich küsst“, schnurrte er in den Kuss. „Ich hätte es nicht mehr lange ausgehalten, den Liebesentzug aufrecht zu erhalten.“ Er erwiderte den Kuss intensiv. Wie hatte er nur auf die dumme Idee kommen können, damit Antonin zu bestrafen? Es war ein Schuss ins Knie gewesen. Als Antonin sich darüber zu beschweren begann, dass er ihm einen Tanzpartner vertrieben hatte, spürte Cole, dass seine alte Kraft einigermaßen wieder da war. Dass er nun verdrängen konnte, was gerade noch gewesen war. Er hatte keine Zeit mehr, schwach zu sein. Er sollte Antonin einen netten Abend bereiten und von seinen eigenen Sorgen Abstand nehmen. Und daher würde er jetzt wieder mit mehr Schwung den Abend bestreiten. Er blickte Antonin erst einmal zweifelnd an, dann wurde sein Lächeln amüsiert. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, fand er sich in einem Kuss wieder, der ihn noch einmal kurz an einen Ort außerhalb von Zeit und Raum beamte. Diese Küsse machten süchtig. Eigentlich seltsam, dass er sonst niemanden erlaubte, ihn zu küssen, und das auch meistens hatte durchsetzen können. Und jetzt und hier war es ein Stoff, der mehr als süchtig machte. Cole löste schließlich den Kuss und spürte, dass der Alkohol ihm mehr und mehr zu Kopf stieg. „Ich rette dich nur vor Versagern…“, erklärte er und blickte Antonin unschuldig an. „Aber ich bewerbe mich gerne auch offiziell für den Posten: Tanzpartner mit garantiertem Tanzvergnügen. Und wenn du gerne noch andere Bewerber durchchecken willst, dann ist das kein Problem. Ich habe solange noch die Möglichkeit, mir Mut für die Prüfung anzutrinken.“ Fragend sah er Antonin an. „Aber jetzt ist eh erst mal – er sah sich um und nahm das erste Mal wieder die Tanzfläche und den Rest wahr – Abstimmung über die ersten drei Bewerber.“ Cole drehte sich zur Bühne, auf der aktuell der Feuerwehrmann stand, und legte dem anderen den Arm um die Schulter. „Der erste Tänzer ist gerade von der Bühne gepfiffen worden“, murmelte er. Dann blickte er Antonin an und raunte diesem ins Ohr. „Da oben findest du vielleicht noch jemanden, der gerne bereit wäre, mit dir zu tanzen. Wie wäre es mit diesem? Schau dir diesen Knackarsch an. Und er hat mächtig was in der Hose. Ich fürchte nur, dass er in der Birne ziemlich hohl ist, was meinst du?“ Er grinste leicht, von sich überzeugt, dass nichts und niemand ihm heute Abend das Wasser reichen konnte, was Antonin betraf. Und auch wenn er vorhin gespürt hatte, dass es ihn störte, dass jener mit einem anderen Mann tanzte, so war dieses Gefühl nun, da er in Antonins Armen und in seinem Kuss wieder Kraft geschöpft hatte, wieder komplett nebensächlich. Antonin sollte seinen Spaß haben und er selbst würde auch auf seine Kosten kommen. Nathan "Die Prinzessin hat Wunder vollbracht", wiederholte er belustigt und schüttelte dann verneinend den Kopf. "Besagte Prinzessin, wenn es sie denn geben würde, hätte vielmehr ein Prinz sein müssen. Doch bisher war es mir nicht vergönnt einen zu finden, für den ich genügend Elan aufbringen wollte, um Oberflächigkeiten beiseite zu schieben", erzählte er recht sorglos lächelnd. "Daher stimmt der Rest deiner These nicht mehr, aber ich fühlte mich dennoch genügend geschmeichelt, um hoch und heilig zu versprechen mich heute Abend nicht doch noch zu verwandeln. Damit wenigstens jene Früchte noch geerntet werden können." Seine Stimme gab den Spaß, welchen er an der Situation hatte wieder. "Ich frage mich dann nur, wer du in diesem Schauspiel bist. Aber vielleicht bleibe ich bei Cinderella, schließlich wusste ich erst um zwölf Uhr, dass du nicht davonlaufen wirst." Er lächelte, fröhlich vor sich hin sinnierend. Warum auch nicht? Es gab keinen Grund plötzlich miesmutig drein zu sehen, denn mit dem bisherigen Lauf des Abends war er mehr als zufrieden. Weshalb er auch erst einmal an seinem Getränk nippte, bevor er einen größeren Schluck davon nahm und es dann zurückstellte. Er musste heute noch fahren und damit nahm er es sehr genau. Schließlich neigte er den Kopf ein wenig und dachte kurz über Ragnars Worte nach bevor er amüsiert ein wenig Luft ausstieß. "Ein Bruder ist es mal auf alle Fälle, wobei es mir selbst nach Jahren noch schwer fällt die 'Schwester' zu beschreiben. Er ist all das, was er an einem Abend sein will, nur um sich am nächsten Abend um 180 Grad zu drehen und das genaue Gegenteil davon darzustellen. Vermutlich hat er für sich selbst keine wirkliche Definition. Außer möglicherweise Lebensfreude und das ist doch eine der wenigen, gegen die man weder etwas sagen kann noch möchte." Nathans Blick rückte kurz in die Ferne. Sascha und er kannten sich schon seit über 15 Jahren, wohin Blair erst vor 7 dazugestoßen war. Und sie zugegebenermaßen ganz schön aufgemischt hatte. Das war auch so ungefähr die Zeit, zu der sie ihre letzten Bedenken bezüglich ihrer Homosexualität abgelegt hatten und sich einfach in dieser Szene treiben ließen. Sich aus diesen Gedanken lösend warf er Ragnar eine Art entschuldigendes Lächeln zu und nickte dann. "Sympathisch, aufgedreht ist absolut korrekt." Und schließlich konnte er das ehrliche Lachen nicht mehr verhindern. "Es tut mir sehr leid, aber wenn du so aussehen würdest, hätten wir gar nicht angefangen zu tanzen", berichtigte er schmunzelnd, betrachtete das Zwinkern des anderen jedoch mit Zufriedenheit. "Ich musste nämlich leider die traurige Erfahrung machen, dass an manchen Gerüchten und Klischees tatsächlich etwas dran ist. Wenn ich also nicht gerade nach dem Typ 'Fickbar' suche, meide ich sie so gut als möglich. Was es mir auch ermöglicht, einen bisher durchaus angenehmen Abend in sehr anziehender Gesellschaft zu verbringen, ohne mir so schwierige Wörter wie Definition verkneifen zu müssen." Natürlich war es geflirtet, aber es war ja nicht so, als ob er lügen würde. Doch dann hob er eine Augenbraue und verzog gespielt mürrisch das Gesicht. "Was bin ich? Die Zeitansage?", er seufzte übertrieben. "Aber weil du so nett gefragt hast: Alle drei Teilnehmer wird für 15 Minuten lang Musik gespielt. Bis nach dem letzten der Platz um die 5 Podeste freigemacht wird. Sobald das geschehen ist, fahren sie gleichzeitig einmal rauf und runter, mit Musik natürlich. Das läutet die endgültige Abstimmung ein und damit auch die Freigabe für Musik ohne Timer." Er hielt inne und griff nochmal nach seinem Glas, um es zu leeren. "Noch weitere Fragen, oder lassen wir uns wegen der Verwandlung einfach überraschen? Wobei.. nur du bist derjenige, der zurückverwandelt werden könnte. In was verwandelst du dich?", er stand auf, nahm Ragnar das leere Glas aus der Hand und stellte es auf die Theke, bevor er jenen zu sich zog. "Sag mir nur bitte nicht, dass du in Wahrheit eine Frau bist", raunte er und trat wieder einen Schritt zurück, auf die kleine Bühne blickend. "Muss ich den Köder auswerfen oder kommst du auch so mit, in dem Glauben, dass sie gleich Musik spielen?" Fragend, ohne die Hand des anderen losgelassen zu haben, sah er jenem in die dunklen Augen. Er hatte echt eine Schwäche für solche Augen, er merkte das immer wieder an Blair, dem er viel zu viel durchgehen ließ. Antonin "Ich könnte noch soviel mehr tun, als nur zu küssen", raunte er gegen Coles Lippen und lachte dann leise. "Zudem ich sehr entsetzt wäre, wenn dieser Liebesentzug nur mich getroffen hätte." Und auch wenn er es nicht zugeben würde, so rührte ihn dieser Begriff. Natürlich wäre es von Cole vermutlich nicht so gemeint, aber ein Liebesentzug bedeutete im Umkehrschluss das die Küsse, die Zärtlichkeiten und wohl auch der Sex, den er von dem anderen erhielt, irgendwie eine Art von Liebe waren. Und selbst wenn es unwahrscheinlich war, so schürte es seine gute Laune ungemein. Holte sie sozusagen aus dem Keller ab und katapultierte sie übers Dach hinaus. "Vor Versagern…", Antonin lachte auf und funkelte den anderen gut gelaunt an. "Aber wenn das natürlich so ist, musst du dich gar nicht großartig bewerben. Du hast den Job. Gratuliere!", flachste er und lehnte sich ein wenig gegen Cole als jener ihm den Arm um die Schulter legte während sein Blick die kleine Bühne suchte und er den Mann betrachtete. "Ach so ist das? Die Leute, die ich als Tanzpartner in Betracht ziehen sollte, haben also einen Knackarsch, sind gut bestückt und hohl in der Birne? Na, was hast du für ein Glück, dass ich deine Bewerbung schon vor dieser neuen Regelung angenommen habe, denn sonst müsste ich dich durchfallen lassen." Er linste aus den Augenwinkeln zu dem anderen und stupste ihm leicht gegen die Seite. "Immerhin fehlt dir die letzte Eigenschaft." Er schwieg eine Weile, sah dabei zu wie für den Feuerwehrmann jede Menge der grünen Daumen gehoben wurde und musste lächeln, als der den Cowboy sah. Ob man die Männer zu diesen Outfits überreden hatte müssen oder ob sie die tatsächlich selbst mitgebracht hatten? Doch schließlich wandte er seinen Kopf wieder zur Seite. "Ehrlich gesagt habe ich mein Pensum an wechselnden Tanzpartnern für heute sowieso schon hinter mich gebracht. Du kannst also getrost damit aufhören, mir andere schmackhaft machen zu wollen." Er warf dem Cowboy einen weiteren Blick zu. "Wenn du allerdings für dich selbst suchst, solltest du dich möglicherweise von diesem Lasso einfangen lassen und ich kann den Part mit dem trinken übernehmen." Im Grunde gab es da eine in viel Watte getauchte Stimme, die danach schrie mal deutlich zu sagen, wo Cole sich die anderen Kerle überall - und vor allem wie tief - hinstecken konnte, aber sie war momentan nicht lauter als ein Flüstern. Sowas könnte man wohl als ein Wechselbad bezeichnen und ein weiteres Mal hoffte er, dass der Dienstag schnell rum wäre. Dann bliebe es 'nur' noch abzuwarten bis Cole wieder stabiler wäre und dann würden sie wohl mal Tacheles reden. Oder er würde reden und Cole würde zuhören. Ob jener wollte oder nicht. Ragnar "Ein Glück, dass man in dieser Welt nicht alles genau definieren muss", fügte Ragnar hinzu und beließ es dabei. Die Freunde seines Gegenübers waren sympathisch. Und da das ganze hier ohnehin nur ein 'One-Night-Dance' war, konnte es ihm herzlich egal sein, wie jener Freund wohl am nächsten Abend ticken würde. Er würde es nicht mitbekommen. Ragnar blickte Nathan überrascht an. Nicht, wegen der Worte, die er bezüglich jener Podesttänzer erhielt, sondern vielmehr wegen des angenehmen Lachens des anderen, das ihn sofort breit grinsen ließ. Er liebte ein schönes Lachen und dieses klang so rein. "Hm", grinste er als Nathan geendet hatte. "Na da kann ich ja froh sein, dass ich auf der Unität war." Er erwiderte das Zwinkern. "Und schön, dass ich auch von dir Blumen erhalte. Irgendwie scheint heute der Tag der Komplimente zu sein, und ich bin der Ehrengast." Ragnar lachte leicht. "Im Übrigen ich bin froh, dass mich nicht als Fickmariechen siehst. Denn sonst wüsste ich nicht, ob ich mich nicht lieber im Alkohol ertränke." Er lauschte den Erklärungen des anderen. Danach nickte er nur. Gut, dann würden sie also doch noch öfters zum Tanzen kommen. Denn auch wenn er solche Aktionen sehr amüsant fand, so war er doch froh, wenn er einfach nur tanzen konnte, alles um sich herum vergessend, sich auspowernd, ruhig einen über den Durst trinkend und sein übriges, alltägliches Leben vergessend. Und so war er froh, als Nathan ihn aufforderte, wieder mit ihm eben jenes fortzuführen. "In was ich mich verwandel?", fragte er, sah Nathan wieder an und überlegte kurz. In diesem Moment fühlte er, wie Nathan ihn an sich zog, spürte die geraunte Stimme seinen Rücken hinuntergleiten. Hm, jener Mann hatte etwas, was ihn anturnte, doch er musste vorsichtig sein. Die Hand, die die seine ergriff war warm und weich. ein wenig kitzelten die Haare des anderen an seiner Wange. Nathan roch gut. Ein wenig nach Charme, eine wenig nach Fleiß. "Also in eine Frau verwandel ich mich sicher nicht, keine Sorge", schnurrte er zurück und seine Stimme klang kehliger, als er wollte. Er lächelte matt und sah den Mann mit diesen herrlichen strahlend blauen Augen an. "Ich hoffe, dass ich mich in nichts, als in mich selbst verwandel, so wie ich jetzt da stehe. Ich hoffe, das reicht dir." Musste er die Wahrheit sagen? Nein. Letztlich hoffte er, dass er sich nicht in den verwandeln musste, der die Flucht ergriff, wenn ihm jemand zu nahe auf die Pelle rückte, um nicht Gefahr zu laufen, diesen umzubringen. Er konnte nur hoffen, dass ihn nichts dazu zwang, zu dem zu werden, was tief in ihm schlummerte. Und er hoffte darauf, nicht erklären zu müssen, dass hinter dieser Fassade, des jungen attraktiven Mannes, schon längst der Tod lauerte. Kurz blickte er auf die Hand, die die seine noch immer hielt, überlegend, ob er das zulassen sollte oder nicht. Doch Nathan forderte ihn erneut auf, mit ihm zu tanzen. Es war doch nur ein Tanz, nichts weiter. Und Ragnar wusste, wie er verhinderte, dass aus diesem Tanz mehr werden würde. "Ich glaube dir auch so", erklärte er und folgte Nathan auf die Tanzfläche. Bereits auf dem Weg dorthin setzte die Musik wieder ein und peitschte die zur Ruhe gekommen gleich ordentlich voran. Auf der Tanzfläche vollzog Ragnar wieder sein Ritual, um in den Tanz einzusteigen, bevor er die Augen wieder öffnete, und Nathan wieder begann anzutanzen. Hm, tanzen war toll. Tanzen ließ vergessen und ihn gleichzeitig spüren, dass er noch immer lebendig war. Cole Mehr? Nun, Cole würde es auf sich zukommen lassen, wie viel mehr Antonin ihm heute Abend würde geben wollen, aber wenn es nach ihm ginge, würde er am liebsten jetzt gleich mit ihm nach hinten verschwinden. Aber erst einmal kam das Vorspiel. Und er liebte das Vorspiel mit Antonin, dieser heiße Tanz um den Vulkan, der irgendwann darin gipfelte, dass sie übereinander herfielen. Ja, er mochte diese Art des Höhepunktes, den er nur bei Antonin erhielt. „Oh, das freut mich.“ Cole verbeugte sich leicht und grinste den anderen an. Hm, dann war er also für heute Antonins Tanzpartner. Es ärgerte ihn nicht. Er hatte in L.A. mal wieder feststellen können, dass zwischen Sex und Sex Welten lagen. Und wenn er heute nur mit Antonin das Vergnügen haben würde, so wusste er, dass er voll und ganz auf seine Kosten kommen würde. „Wieso das denn?“, fragte er fast schon bedrohlich nach und musste dann grinsen, als er hörte, dass Antonin ihm letztlich eingestand, etwas in der Birne zu haben. „Und ich hatte schon Angst, du bist mit meinem Arsch oder meinem Schwanz unzufrieden.“ Er knuffte Antonin in die Seite und folgte dem Blick des anderen zum Cowboy. Hm, ein schöner Körper, wie die meisten anderen hier. Als er sich umsah spürte er, dass einige Blicke auf ihn gerichtet waren, Kurz blieben seine Augen in denen eines Mannes hängen, der gerade an ihnen vorbeilief. Nein, er sollte nicht. Heute war er mit Antonin da. Und so sah er zu eben diesem, als dieser wieder das Reden anfing. Cole runzelte die Stirn, als er die Worte vernahm. Nur kurz, aber er wusste, worauf die Worte anspielten. Antonin würde sich also betrinken, wenn er hier mit anderen Männern herummachen würde. Das hatten sie ja schon einmal gehabt. Damals, als sie das erste Mal da gewesen waren. Aber da hatte es noch keine Abmachung gegeben, da waren sie nicht einmal zusammen gewesen. „Ich dachte, wir hätten ein Date“, begann er und nahm sich vor, seinen leichten Ärger über die vorwurfsvollen Worte zu unterdrücken. „Und ich dachte, ich hätte einen Job als perfekter Tanzpartner erworben.“ Er drehte sich zu Antonin, nahm seinen Arm von dessen Schultern und blickte ihn ernst an. „Hör zu, Antonin“, begann er. „Ich bin heute mit dir hier. Und ich bin heute für dich da. Genauso, wie du für mich gerade da warst.“ Kurz zögerte er, in die blau grauen Augen des anderen schauend. Sollte er ihn fragen, ob er mittlerweile ein Problem mit ihrer Abmachung hatte? Was würde es bringen. Sagte er Nein, so hätte Cole dennoch das Gefühl, dass es Antonin belastete. Würde er Ja sagen, wüsste er erst recht nicht, was er dazu sagen sollte. Er brauchte Sex. Und er brauchte Antonin. Wenn sie beides vereinbaren ließ, so war das in traumhaft. Wenn nicht, dann war der reine Sex einfach nur bedeutungslos. Ihn interessierten diese Männer nicht, bei den meisten konnte er sich ja nicht einmal an die Gesichter erinnern. War das Antonin nicht bewusst? Gab er ihm nicht das Gefühl, dass er für Cole etwas Besonderes war? Nein, darüber würde er nicht hier und jetzt mit dem anderen streiten. Während er überlegt hatte, hatte die Musik wieder eingesetzt. „Lass uns tanzen“, murmelte er und strich Antonin kurz übers Gesicht, bevor er seine Hand in dessen Nacken gleiten ließ und ihn zu sich in einen zärtlichen Kuss zog. „Du bist mir wichtig. Ich hoffe du weißt das“, murmelte er noch, dann löste er sich von Antonin und begann zu tanzen. Erst einmal kurz sich dieser Situation entziehen, schien ihm das Sinnvollste zu sein. Und so suchte er für sich einfach in den Rhythmus zu kommen, sich der Musik hinzugeben. Die Typen, die sofort begannen, sich in seine Richtung zu bewegen, ignorierte er, denn seine Augen waren nur auf Antonin gerichtet. Als er schließlich seinen Rhythmus gefunden hatte, begann er den anderen anzutanzen, ihm die Chance gebend, ihm auch entgegen zu kommen. Nathan "Hm..", gab Nathan von sich und sah Ragnar kurz nachdenklich an. "Dabei habe ich noch nicht einmal angefangen, dich zu komplementieren, Mister Ehrengast. Aber das ist vielleicht auch besser so." Er verzog die Lippen zu einem frechen Grinsen. "Schließlich behalte ich mir solche Dinge innerhalb der ersten zwei Stunden tatsächlich für Fickmariechen vor und in diese Ecke wollte ich dich eigentlich nicht mehr stellen." Dass er damit zugab, das womöglich vorgehabt zu haben, war zumindest in seinen Augen völlig legitim. Das hier war das Savoy und kein Restaurant für Heiratsvermittlungen. Hier kam man her, um sich mit Freunden zu amüsieren, für die Shows, den Darkroom - also für den Sex -, den Drinks und inoffiziell auch wegen den Drogen. Die waren aus der Szene ebenso wenig wegzudenken wie Queens. Dessen war sich Nathan durchaus bewusst und umso interessanter war es dann, auf jemanden wir Ragnar zu stoßen. Etwas, das nur alle zehn Jubeljahre einmal vorkam, da man gar nicht mehr danach suchte. Es auch gar nicht konnte. Entweder man stolperte durch Zufall drüber, oder man übersah es. Er lächelte erfreut, als er Ragnars Versicherung hörte, dass jener sich nicht als eine Frau entpuppen würde, oder vielmehr über dessen Stimme. Das hier müsste nicht im Darkroom enden, denn wenn es nach Nathan ginge, würde es überhaupt nicht so schnell enden. Sein Interesse war definitiv geweckt, was nur die wenigsten fertig brachten und der schöne Mann vor ihm augenscheinlich sogar, ohne es zu merken beziehungsweise zu erzwingen. "Dieses 'nur du' hat bisher gereicht, also wird es das definitiv auch weiterhin tun", versicherte er Ragnar und gleich darauf fanden sie sich auf der Tanzfläche wieder. Abermals schloss der andere die Augen und gab ihm damit die Möglichkeit, ihn in aller Ruhe von oben bis unten zu betrachten. Zudem er noch einen kurzzeitig kühl gewordenen Blick nach links warf, wo sich gerade jemand antanzen wollte. Ob zu ihm oder zu Ragnar war hierbei für Nathan völlig unerheblich. Die Message kam an und so konnte er sich wieder auf den anderen konzentrieren und er war der allerletzte, der ein Problem damit hatte, als jener ihn wieder antanzte. Es war in gewisser Weise sogar ziemlich heiß und wenn Nathan sich überhaupt über etwas ärgern müsste, dann war das sein blödes Hemd, welches nicht wirklich für längeres Tanzen geeignet war. Aber im Grunde war das egal, eine Kleinigkeit, die seine Aufmerksamkeit nur für sehr kurze Zeit beanspruchte. Viel spannender war es doch gerade, sich wieder in den Tanz hineinfallen zu lassen. Wie das Ragnar vorher bei ihm getan hatte, zog er nun jenen an den Hüften ein wenig näher zu sich, ließ sich von dessen Rhythmus mitziehen und kostete es aus, über seinen Körper mit dem anderen zu flirten. Denn nichts anderes war es. Ja, sie bewegten sich zur Musik und das durchaus so, dass man es tatsächlich tanzen nennen würde, aber unterschwellig war der Flirt vorhanden. Die berührenden Bewegungen, das scheinbar unbedachte Zusammentreffen ihrer Hüften und nicht zu vergessen die Blicke. Und trotzdem war selten etwas weniger offen gewesen. Offen worauf das hinauslaufen würde. Ob es überhaupt irgendwohin laufen würde. Aber andererseits… solange Nathan da ein Wort mitzureden hatte, war das keine der Fragen, die gestellt werden müssten. Plötzlich fiel ihm etwas ins Auge und er musste schmunzeln. Er hob die Hand an Ragnars Kinn und drückte dessen Kopf sanft aber bestimmend ein Stück zur Seite. "Deine Freundin scheint sich auch ohne dich bestens zu amüsieren", murmelte er und löste seine Finger wieder von der Haut des anderen. Tatsächlich tanzte die Frau die vorher neben Ragnar gestanden hatte mit einer anderen Frau und schienen dabei trotzdem ununterbrochen miteinander zu reden und zu lachen. Antonin Die erste Gallenflüssigkeit, die ihm wohl gerade in den Hals stieg, konnte er noch erfolgreich bekämpfen. Cole dachte sie hätten ein Date? Zu welchem Date kam man zu spät und pries jenem dann auch noch andere Männer an, als ob das Ganze ein Viehmarkt wäre? Blieb als kleine Hoffnung, dass Cole den eben erworbenen Job wenigstens tatsächlich so perfekt ausführen würde, wie jener sich selbst verkaufte. Antonin ließ sich herumdrehen und erwiderte den Blick des anderen ruhig. Ja, heute war Cole mit ihm hier und morgen mit Sebastian, übermorgen mit Martin und am darauffolgenden Tag dann wohl mit Mister X. Doch auch diesen Kommentar ersparte er sich und Cole. Möglicherweise lag es ja auch an ihm. Vielleicht hatte er sich selbst zu viel zugemutet. Vielleicht hätte er schon viel eher mal ein paar Dinge auf den Tisch bringen sollen. Nur wann? Und im Grunde lag der Hund auch nicht am Sex mit anderen Männern begraben. Das wurmte ihn persönlich nur, dass er auch noch einen Freifahrtsschein dafür ausgestellt hatte und sich jetzt - jetzt und hier - fragen musste, ob es sowas wie eine Ehre darstellen sollte, heute den perfekten Tanzpartner zu bekommen? Sollte er sich wirklich geehrt fühlen oder vielmehr wie der letzte Dreck, dass er das überhaupt mitmachte? Dass er sich selbst in den ja-sagenden Teil dieser Bezie.. nein halt dieses Dings befördert hatte? Ja, heute war Cole für ihn da. Auf andere Weise als die Art von Präsenz, die er immer verbreitete. Ja, Cole bot ihm häufig dessen Hilfe an, dessen Ratschlag und mehr als eine zurückgekehrte Erinnerung hatte er jenem Mann zu verdanken. War Antonin am Ende selbstsüchtig, weil ihm das alles langsam die Luft zum atmen abdrückte? Aber konnte das wirklich sein? Er wollte nicht Coles Geld, um seine Träume verwirklichen zu können. Er wollte keine Ratschläge, an die Cole sich selbst nicht hielt. Oder immer nur für sehr kurze Zeit. Genauso lange bis jener wieder Zeit zum Nachdenken bekommen hatte. Dann ging alles wieder zurück auf Anfang. Und mochte Ragnar von Stellenwerten in Coles Leben erzählen was er wollte… sollte der sich doch mal an seine Position stellen und dann das Gleiche nochmal behaupten. Er wollte nichts davon, außer die Gewissheit, dass Cole immer da wäre, wenn sie schonmal gemeinsam weggingen. Es sollte sich nicht speziell anfühlen. Nicht wie ein Geschenk, das er erhielt, nur weil er für diesen einen Abend mal über den Rest gestellt wurde. Und leider konnte er davon nichts aussprechen, ohne sich wie das letzte Arschloch vorzukommen. Cole hatte vorher seine Nähe gesucht, also musste etwas Gravierenderes gewesen sein. Ein unangenehmer Grund, der ihn zu spät hatte kommen lassen. Dazu noch das Damoklesschwert mit dem Todestag der Eltern und Geschwister... nein, Antonin würde schön die Klappe halten. Und wenn es ihn auffressen würde! Er lauschte der wieder eingesetzten Musik und nickte schließlich auf die Aufforderung zum Tanzen hin. Die erste Reaktion, die er sich auf das Gehörte von sich gab und notfalls könnte Cole das als universelles Zustimmungsnicken sehen. Er spürte die streichelnde Hand und den liebevollen Kuss und musste lächeln. Vielleicht nicht sein vor Glück überschäumendes Lächeln, aber es war ehrlich. "Du bist hier. Ich bin hier. Mehr zählt gerade nicht", antwortete er und es war die Wahrheit, denn mehr durfte gerade nicht zählen. Aber damit überging er es auch die Worte offen zu akzeptieren. Sie überhaupt anzunehmen, das konnte er gerade nicht. Er sagte nichts weiter, als Cole sich von ihm löste und begann zu tanzen, sondern tat es ihm gleich. Auf den Bass hörend, sich erst langsam und schließlich immer zielsicherer bewegend. Doch da wo noch vor ein paar Stunden nichts als Freude und Zufriedenheit in seinem Inneren über diese Situation gewesen wären, war jetzt vielmehr eine Leere. Eine, die er nicht so schnell durch die Musik füllen konnte wie er gerne wollte. Dann eben anders… Er stieg ohne zu zögern auf die Bewegungen des anderen ein und ließ eine Hand zu dessen Hintern gleiten, ihre Hüften näher zusammenpressend. Nun, er würde sich dann wohl das nehmen, was ihm geboten wurde. Warum auch nicht? Ragnar Ragnar erwiderte das freche Grinsen des anderen. „Na, dann habe ich ja noch mal Glück gehabt“, entgegnete er. Ihn störte es nicht, dass Nathan das in Erwägung gezogen hätte. Das gehörte genauso zu dieser Welt, wie alles andere auch. Ragnar war sich sogar ziemlich sicher, dass unter Schwulen stets der Gedanke: Fick/kein Fick an erster Stelle stand. Sie alle waren schwanzgesteuert, und es würde wohl auch kaum jemand leugnen. Meistens definierte sich auch über den Sex, ob die Beziehung etwas taugte oder nicht. An wahre Liebe sollte man nicht unbedingt glauben. Das kam zwar vor, und ihn freute es auch, wenn er es sehen konnte, aber eigentlich waren sie doch alle Männer. Nun, und das erklärte alles. Nur leider hatte er seine Lektion lernen dürfen. Er hatte eine Zeit lang zu sehr die Sau rausgelassen und dabei den Kopf verloren und letztlich wohl auch sein Leben. Beim Tanzen glitten seine Augen bei diesen Gedanken über den Körper des anderen. Er hatte schon länger keinen Sex mehr gehabt. Ziemlich lang. Denn er konnte es nicht so einfach wie Cole handhaben. Er hatte eine andere Verantwortung zu tragen. Und daher bemühte er sich, die, die er in der Szene kennenlernte, nicht dahingehend zu betrachten, ob er mit ihnen ins Bett wollte oder nicht. Aber jetzt, wo er ohnehin diese Gedanken hatte, stellte er für sich fest, dass er Nathan in jedem Fall an sich heranlassen würde. Er wehrte sich nicht, als Nathan sein Antanzen erwiderte und ihn zu sich zog, um enger zu tanzen. Ein Freund von ihm und ehemaliger Kollege hatte einmal gesagt, dass man einen guten Tänzer daran erkannte, ob er den anderen dabei auf den Weg schickte, einen Orgasmus zu bekommen oder nicht. Nun, soweit würde Ragnar wohl nicht mehr so schnell gehen, dennoch spielte er viel zu gerne, als dass er nicht vollkommend auf den Flirt eingehen würde. Ein Flirt, der dennoch klar machte, dass es dabei bleiben würde. Zumindest von Ragnars Seite aus. Als er die Hand plötzlich an seinem Gesicht spürte, zuckte er allerdings zurück, distanzierte sich und sah Nathan für einen kurzen Moment mit einem ganz anderen Funkeln an. Einem, das ihm sagen würde, dass solche Berührungen untersagt waren. Erst jetzt hörte er die Worte der Erklärung für diese Berührung. Dennoch kam er aus dem Rhythmus und blieb stehen, um den Worten nun, da die Hand des anderen aus seinem Gesicht zurückgezogen worden war, folgend, Tayra anzusehen. Ragnar, dessen Lächeln kurzzeitig verschwunden war, blickte Nathan wieder an. „Zum Glück. Und ich hatte Angst gehabt, dass ich doch noch zur bösen Stiefmutter werde, weil ich Gretel alleine zurückgelassen habe.“ Er lächelte den anderen an. Und man könnte es wohl als Entschuldigung sehen. Eine Entschuldigung dafür, dass er ihn gerade so giftig angesehen hatte, dass er so zurückgeschreckt war. Doch er kannte genügend Situationen, in denen jemand bei so einem Tanz geglaubt hatte, ihn küssen zu dürfen, oder es wirklich als Herausforderung gesehen hatte, dennoch im Darkroom zu verschwinden. Und auch wenn er wusste, dass ein Kuss kein Risiko darstellte, so hatte er für sich entschlossen, dass er den, mit dem er sich womöglich auf etwas Intimeres einließ, Bescheid wissen sollte, dass er HIV hatte. Er hatte davon nichts gewusst. Und jeder hatte das Recht, selbst zu entscheiden, welches Risiko er eingehen wollte, oder eben nicht. Ragnar seufzte innerlich. „Ich muss mal kurz verschnaufen...“, sagte er zu Nathan und drehte sich um, um in Richtung Toiletten zu verschwinden. Wahrscheinlich war das Tanzen mit diesem Tanzpartner nun gelaufen. Also würde er dem anderen ersparen, eine Ausrede zu finden, weshalb er plötzlich keine Zeit mehr dafür hatte. Als er zurück in den Saal kam, ging er zur Bar und bestellte sich erneut einen Martini. Dann blickte er zur Tanzfläche und suchte, ob er Cole und Antonin irgendwo sehen konnte. Vielleicht würde er mit den beiden weitertanzen können, vorausgesetzt, sie stehen nicht irgendwo herum und hätten alles andere vergessen. Cole Es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Der Gesichtsausdruck des anderen. Selbst wenn Antonin begonnen hatte, mit ihm zu tanzen, so sah man ihm erstens an, dass er mit seinen Gedanken woanders war, und zum zweiten, dass das Strahlen weg war. Er schien nicht im Mindesten erfreut über die Worte, auch wenn er ein Lächeln zustande brachte. Er schien nicht wirklich überzeugt davon zu sein, was er selbst sagte. Sie beide waren hier und mehr zählte nicht? Cole hob die Augenbraue und schwieg dazu. Welches ‚mehr‘ wäre es denn gewesen, was noch hätte zählen können? Das, was Antonin belastete, und was ganz offensichtlich mit ihm zu tun hatte? Irgendwie war das zu hoch für ihn. Was hatte er nicht mitbekommen? Irgendwas lief hier gerade ziemlich schief und er wusste nicht, ab wann das der Fall war. Als er hier angekommen war, war es Antonin gewesen, der mit einem anderen getanzt und sich amüsiert hatte. Hätte er ihn nicht begrüßen dürfen, hätte er ihn nicht in den Arm nehmen dürfen? Hätte er ihn mit dem anderen weitertanzen lassen sollen? Offensichtlich. Deswegen also die Beschwerde vorhin. Aber wieso hatte er ihn dann als seinen Tanzpartner auserkoren? Aber letztlich hatte das Ganze doch schon beim Einkaufen angefangen. Diese Sticheleien, bei denen er nicht genau wusste, wie ernst sie waren, oder ob er wirklich nur aus Spaß gestichelt hatte. Die Retourkutsche, die gefahren werden sollte. Sollte jemand schlau aus diesem Mann werden. Er wurde es gerade ganz und gar nicht. Und eigentlich hatte er gerade absolut gar keinen Kopf für so etwas. Und während er nachdachte spürte er mit einem Mal, wie Antonin die Initiative ergriff und begann ihn über seinen Körper anzuflirten, ihn anzumachen. Und irgendwas in Cole schrie auf, dass es gerade absolut falsch war, was Antonin da gerade tat. Einen Moment tanzte er weiter, sich bewusst seiend, dass sich sein Gesicht verhärtet hatte, dass seine kühle Aura wieder auf dem Vormarsch war. Die ganze Situation nervte ihn gerade tierisch. Er spürte, dass Wut in ihm hoch kroch. Eine unbestimmte, unbekannte Wut. Vielleicht, weil er sich mal wieder in einer Situation befand, die er nicht kannte und mit der er nicht umgehen konnte. Er ließ Antonin noch gewähren, erwiderte aber die Berührungen nicht. Wollte er mit ihm Sex haben, damit alles wieder in Ordnung war? Und was war eigentlich wann nicht in Ordnung gekommen? Argh… Eine Hand an seiner Schulter ließ Cole sich umdrehen, und sich automatisch ein wenig von Antonin entfernen. Er blickte in ein Gesicht, das ihm unter Umständen bekannt vor kam. „Was willst du?“, fragte er kalt, schneidend. Der andere lächelte ihn an. „So einiges....“, meinte er. „Und am liebsten, das, was wir bei unserer letzten Nacht gehabt hatten...“ Cole knirschte mit den Zähnen. „Fick dich ins Knie“, knurrte er, den anderen kühl musternd. „Lass mich in Ruhe. Es existiert kein wir.“ Eisblock war wahrscheinlich untertrieben. Mit einer Bewegung schüttelte er den anderen von sich ab, warf ihm einen Blick zu, der ihm klar machte, dass er sich verziehen sollte und drehte sich wieder Antonin zu. „Ich glaube wir müssen reden“, knurrte er. „Vorausgesetzt du möchtest endlich sagen, was Sache ist. Ich habe gerade wenig Geduld. Es wäre also gut, wenn du schnell auf den Punkt kommen würdest, was dich stört.“ Antonin Die Veränderung von Cole konnte er deutlich spüren und vor allem sehen. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er geschworen kurzen Eiswind im Gesicht zu spüren. Was natürlich völliger Blödsinn war, aber er hätte es durchaus passend gefunden. Momentan störte es ihn auch gar nicht, dass Cole sich von ihm löste, hatte jener das ganze ja sowieso nicht erwidert. Er betrachtete die Situation vor sich und leider bekam er das 'Gespräch' live und in Farbe mit. Der Fremde war mal vieles, aber nicht unattraktiv. Antonin hatte kein Problem nachzuvollziehen, warum Cole es mit jenem getrieben hatte. War Cole das peinlich oder warum reagierte dieser plötzlich als Eisberg? Schließlich war Sex mit anderen doch etwas gänzlich anderes als Sex mit ihm. Nur keine falsche Scheu also… Antonins Augen verdunkelten sich, doch er hielt seine Mimik ruhig. Auch als Cole sich ihm wieder zuwandte und ihn anknurrte. Was dazu führte, dass er seine tanzenden Bewegungen komplett einstellte und einige Sekunden schwieg. Vernünftig wäre es, das ganze jetzt zu entschärfen. Vernünftig wäre es, Cole zu besänftigen und sich den Abend nicht komplett vermiesen zu lassen. Aber.. scheiß auf vernünftig! "Sonst was, Cole?", zischte er und nahm im gleichen Moment für sich selbst wahr, dass die dicke Watteschicht, die er um seinen inneren Schweinehund gelegt hatte, verschwand. Und damit waren sie da, die Emotionen, die er so mühsam im Griff behalten hatte. Jene Gefühle, mit welchen er Cole momentan nicht belasten wollte. Aber scheiß auf Vernunft. Scheiß auf Geduld und vor allem scheiß auf den Ton den der andere da ihm gegenüber gerade anschlug. Seine Mimik verfinsterte sich und auch wenn er keine Eisaura besaß, so doch so viel, dass er sich nicht von ein wenig knurren einschüchtern lassen würde. Antonin zog jenes Selbstbewusstsein hoch wie einen Vorhang, denn es hing nicht mit seinem Aussehen oder seiner Kleidung, sondern mit seiner Einstellung und seinem Charakter zusammen. "Was ist los? Bist du jetzt so angepisst, weil ich deine Worte nicht wie sonst mit einer Kusshand entgegen genommen habe? Kein Problem, das kannst du haben! Vielen, vielen herzlichen Dank, dass ich dir wichtig bin. Vielen ach so herzlichen Dank, für das unglaubliche Geschenk, heute Abend in dir einen Tanzpartner zu erhalten, der sich mir widmet. Du ahnst ja gar nicht wie dankbar ich dafür bin!", grollte er und ließ seiner sarkastischen Ader vollends frei. Antonin machte keinen Ansatz näher heran oder weiter weg von Cole zu treten und wich auch nicht von dem immer kälter werdenden Blick zurück. Wenn das hier wirklich in etwas anderes als Worten gipfeln würde, dann müsste er sich keine Gedanken machen, automatisch der Unterlegene zu sein. Solange der andere keine Waffe hatte, waren die Karten da momentan sehr fair verteilt. Das aber auch nur, weil er sowieso schon angeschlagen war. An reiner, purer körperlicher Kraft wäre er Cole überlegen. Viel vorsichtiger müsste er von den verbalen Rückschlägen des anderen sein, denn das jene kommen würden war so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber diesmal würde er nicht klein bei geben. Cole hatte es herausgefordert. Inzwischen ähnelten seine Augen kaltem Stahl. "Und was für eine Überraschung, dass gerade du von Geduld sprichst." Er lachte, doch es war ein kühler fast ein wenig bösartiger Laut. "Natürlich weiß ich, was du bereits alles für mich getan hast und ich bin dir dankbar dafür, aber wenn ich irgendwas in dieses Dings investiert habe, dann ist das Geduld!", fauchte er und funkelte den anderen unerschrocken an. Ihm waren die Leute außenrum völlig gleichgültig. Sollten sie zuhören, wenn es ihnen irgendetwas gab. Sollten sie weghören, wenn es sie langweilte. Antonin war inzwischen an einem Punkt angekommen, wo ihm alles vollkommen egal war. "Du denkst, es ist so leicht, nichts zu hinterfragen? Du denkst, es ist vollkommen normal, nichts zu verlangen und nur das zu nehmen, was einem gerade zugeworfen wird? Du denkst, es ist normal, keinerlei Reaktion auf Dinge zu erhalten, von denen ich genau weiß, dass du sie in diesem Moment gut brauchen kannst? Wenn dem so ist, dann bist du wirklich nicht auf dem neuesten Stand, Cole. Du solltest dich mal updaten." Er schnappte kurz nach Luft, war jetzt wo er einmal angefangen hatte jedoch nicht mehr zu bremsen. Noch grollte es in ihm, noch musste das alles raus. "Und wenn ich schonmal dabei bin - ich hoffe du hast noch genug Geduld dafür übrig - dann möchte ich dir sagen, dass der Sex mit mir nicht unterschiedlich ist! Ob du Sex mit mir oder anderen hast, ist vollkommen unerheblich. Manchmal ist er besser mit anderen, manchmal schlechter. Aber das liegt nicht am Sex, du Hornochse! Das liegt an etwas, das man Gefühle nennt, und wenn ich noch einmal hören muss, dass wir uns nur an der Andersartigkeit des Sexes definieren, dann platzt mir wirklich der Kragen! Schon mal davon gehört, dass es äußerst dämlich ist, sich selbst dauernd zu belügen aus ANGST vor den Folgen?!" Seine Stimme war nur minimal lauter geworden, dafür aber drängender und unerbitterlicher. Sein Atem ging schneller, sein Adrenalin schoss nur so durch seinen Körper und er würde jetzt wirklich alles für eine Zigarette und eine Flasche Wodka tun. Nathan Hm.. was genau war jetzt schiefgelaufen? Nein, er wusste natürlich was schiefgelaufen war, aber dass es eine solch nachdrückliche Reaktion auslöste? Er zuckte mit den Schultern und beschloss erst einmal eine Runde durch den Club, besonders den Darkroom zu drehen, um nach dem Rechten zu sehen. Nathan ahnte, dass Ragnar sich ihm damit für heute Abend entwunden hatte und es wurmte ihn. Nicht weil er dem anderen dieses Recht nicht zugestehen würde, sondern die Art wie diese Zurückweisung passiert war. Kurzweilig hatte er geglaubt, tatsächlich einmal jemanden getroffen zu haben, der es sich nicht ganz so leicht machen würde. Und auch wenn so manche behaupten mochten, dass ihn die Zurückweisung als solches ärgerte, so entsprach das nicht der Wahrheit. Nathan sah sich selbst auch nur als Menschen und auch wenn er mit seinem Aussehen und Auftreten das breite Spektrum ansprach, so konnte das nie für alle gelten. Also, wenn es nur daran gelegen hätte, würde es ihn keine weitere Minute mehr beschäftigen. Da er aber noch darüber nachdachte, warum eine kurze Berührung im Gesicht Ragnar zu so einer deutlichen Reaktion getrieben hatte, war es noch nicht mit einem 'abgeschlossen' Stempel im Mülleimer gelandet. Im Darkroom angekommen müsste er lügen, um zu behaupten, dass es ihn nicht stellenweise anmachte, doch das könnte er morgen oder übermorgen auch noch haben. Oder einfach nur später, wenn er sich für entschieden hätte, wie er damit umgehen wollte. Ignorieren und weitermachen wie bisher - sich also im DR abreagieren - oder hinterfragen, warum er auf einmal so abgefertigt worden war. Wobei letzteres wirklich gut überlegt gehörte, denn das war nicht sein Stil und er müsste sich dann schon im Klaren darüber sein, warum er es dann jetzt überhaupt in Erwägung zog. Kopfschüttelnd wich er einigen, sich anbietenden Männern aus und ärgerte sich gleichzeitig über ein paar der benutzten Kondome auf dem Boden. Man sollte meinen, dass die Kerle nach ihrem Orgasmus wieder genügend Gehirnzellen beweisen konnten, um die Müllkörbe zu treffen. Nathan beneidete die Putzmannschaft wirklich nicht. Er schlängelte sich weiter und kam schließlich wieder in den Hauptraum. Bis auf die fehlende Reinlichkeit gab es nichts zu beanstanden und den verdienten Löwenanteil daran trug seine Crew. Möglicherweise wäre es an der Zeit das ganze Mal wieder über einen Bonus zu verdeutlichen. Doch damit könnte er sich auch später befassen, jetzt würde er sich ersteinmal nach seinem davongeeilten Verwandlungskünstler umsehen. Weil er sein Augenmerk zuerst auf die Tanzfläche richtete, dauerte es eine Weile, bis er Ragnar ausgemacht hatte, doch dann hielt er entschlossen auf jenen zu. Normalerweise würde er sich die folgenden Worte vorher zurechtlegen, aber dafür besaß er keine Geduld mehr. Die Woche war mehr als stressig und frustrierend gewesen und wenn er sich endlich mal entspannen konnte, kam so ein Mann daher und ließ ihn untypisch handeln. Besser gar nicht weiter darüber nachdenken. Er wartete bis er nahe genug am anderen dran war und hob schonmal unterbindend die Hand. Ganz so als wollte er alles abkappen, was Ragnar ihm jetzt zu sagen hätte. "Keine Sorge, ich akzeptiere ein Nein wenn ich eines höre - oder sehe, aber ich wollte dir vorher keinesfalles zu nahe treten. Es war auch nicht als eine solche Geste gedacht, wie du das möglicherweise aufgefasst hast. Wie dem auch sei, ich bin der Überzeugung, mir bis zu diesem Zeitpunkt nichts von deinen Reaktionen eingebildet zu haben, weshalb ich dich gern wiedersehen würde. Nicht in den nächsten 15 Minuten auf der Tanzfläche, sondern außerhalb des Savoys." Aha. Das kam also dabei raus, wenn er sich seine Worte vorher nicht zurechtlegte? Interessant. Fast hätte Nathan über seine eigenen Gedanken gelacht, doch jetzt musterte er den anderen erstmal abwartend. Käme jetzt die ultimative Abweisung, die dann wohl deutlicher als vorher ausfallen würde, oder würde sich beweisen, dass es manchmal gar nicht so schlecht war, sich nicht sofort entmutigen zu lassen? Zudem Entmutigung sowieso nicht auf seinem Charakterhauptmenü stand. Sowas war für Leute die noch dabei waren ihren Weg zu finden. Alle anderen würden nach wie vor sicher im Sattel sitzen, selbst wenn sie hin und wieder Absagen erhielten. So hielt Nathan das schon seit Jahren und fuhr erstaunlich gut damit. Cole Und wie sich seine Miene verdüsterte. Sie gefror mit jedem Wort, das der andere sagte. Der Sarkasmus, der ihm entgegenschlug traf ihn hart. Aber er würde ihn diesmal nicht zu sich durchdringen lassen. Nein, diesmal würde dieser Mann vor ihm, der ihm heute noch gepredigt hatte, dass er immer für ihn da sein würde, es nicht schaffen, dass seine Mauern einrissen. Diesmal würde er nicht sich tiefer verletzen lassen. Denn das, was Antonin ihm vorwarf, war in seinen Augen ungerecht. Und daher war seine Miene zwar versteinert und unterkühlt, aber ruhig. Ja, er stellte zu seiner eigenen Überraschung fest, dass es nicht die Wut war, die in ihm aufkochte und von ihm Besitz ergriff, sondern eine bedrohliche Ruhe, die ihn stärkte. Ob das gut oder schlecht war, konnte er noch nicht sagen. Im Moment jedoch half es ihm, die Dinge klarer zu sehen. Cole stand da und lauschte den anklagenden Worten, die letztlich einige interessante Dinge offenbarten: Antonin hatte keine Geduld mehr mit ihm. Und das lag zum einen daran, dass er, Cole, ihm zu wenig mitteilte, zu wenig erklärte, zum anderen lag es aber auch daran, dass Antonin es nicht ertragen konnte, dass er Sex mit anderen Männern hatte. Bedeutungslosen Sex. Und Cole wusste sehr wohl, warum es bei Antonin anders war. Hatte es wirklich mit Angst zu tun, wenn man etwas nur nicht aussprach, weil man sich noch nicht sicher war, ob es wirklich so war? Letztlich war es genau zu dem gekommen, was er vorhin schon erahnt hatte. Was er schon erahnen hätte können, als er Antonins Reaktion gesehen hatte, als sie ihre Bedingungen definiert hatten. „Ich weiß sehr wohl, dass du sehr viel Geduld beweist“, begann Cole und seine Stimme war absolut ruhig. Er wunderte sich selbst über diese Sicherheit in seiner Stimme. „Und ich weiß, dass du es mit mir nicht leicht hast. Aber ich habe es dir von Anfang an versucht zu erklären, dass es mit mir nicht so einfach ist. Und um ehrlich zu sein bin ich teilweise von mir selbst überrascht, dass es mir gelingt, mich dir gegenüber zu öffnen. Aber offensichtlich siehst du das nicht. Ich kann es dir nicht verübeln, wenn es dir nicht schnell genug geht, wenn du keine Geduld mehr hast. Ich kann es dir auch nicht verdenken, dass du ganz offensichtlich Forderungen an mich hast. Aber erwarte nicht zu viel von mir. Ich kann dir nicht mehr bieten, als ich es im Moment tue. Und das liegt nicht nur an der Angst vor den Gefühlen, die ich einfach noch nicht definieren kann. Es gibt auch noch andere Dinge, die mich determinieren.“ Einen Moment musterte er diese eisgrauen Gletscheraugen. „Mehr geht nicht, Antonin. Noch nicht. Und wenn es dir nicht reicht, wenn es dir nicht schnell genug geht, wenn du nicht mit dieser Unverbindlichkeit leben kannst, dann musst du die Konsequenzen für dich ziehen. Und was den Sex mit anderen Männern betrifft. Ich brauche ihn, damit ich abschalten kann. Ich brauche Ablenkung, weil ich sonst verzweifeln würde. Ich brauche diesen Augenblick der Entspannung, damit ich vergessen kann. Und das ist der Grund, weshalb ich mir hin und wieder jemanden aufreiße. Es lässt mich einfach nur einen Moment vergessen, wie viel Grauen Teil an meinem Leben hat.“ Er lächelte traurig. „Es ist die einzige Möglichkeit, damit ich meinen Verstand nicht komplett verliere.“ Er schluckte. „Und der Grund, weshalb ich mit dir lieber schlafe als mit allen anderen, ist die Tatsache, dass ich deine Gefühle spüre und sie mir gut tun, denn durch dich weiß ich, dass ich noch lebe, dass ich auch fühlen kann. Du tust mir so unendlich gut, weil du der einzige bist, der meine Seele berührt.“ Fast schon liebevoll wurden seine Augen für einen Moment. „Und wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann kann ich das leider verstehen. Aber ich kann es nicht ändern. Und daher liegt es allein bei dir, welche Konsequenz das für dich und dein Verhalten hat.“ Er trat einen Schritt zurück. „Du musst dich entscheiden, was du möchtest oder eben nicht möchtest.“ Damit drehte er sich um und ging in Richtung Ausgang. Nun lag es an Antonin, dass er sich entschied, wie und ob es mit ihnen weitergehen sollte. Er hatte hierbei nichts zu entscheiden. Ragnar Ragnars Augenbrauen zogen sich zusammen über die Szene, die er zu sehen bekam. Was hatten Cole und Antonin denn nun schon wieder? War etwas schief gelaufen? Stritten sie sich etwa gerade? Diese Hornochsen… Ob Antonin der Geduldsfaden gerissen war? Ob Cole wieder einmal seine Augen nicht von anderen Kerlen lassen konnte? Nun, die beiden mussten selbst wissen, was sie wollten. Oder eben nicht wollten. Ob er dennoch Tayra Bescheid geben sollte? Ragnar trank seinen Martini aus. Diese beiden Hitzköpfe waren doch wirklich die schlimmsten Kinder, die man sich nur vorstellen konnte. War es so schwer zu akzeptieren, dass man sich liebte? War es so schwer eine Beziehung zu führen, in der beide aufgingen? Offensichtlich. Besonders mit Cole. Ragnar beschloss, dass er sich nicht einmischen würde. Entweder die beiden schafften es irgendwann alleine, oder eben nicht. Vielleicht soll es dann halt doch nicht sein. Egal, wie gut Antonin für Cole war. Wenn jener damit unglücklich war, dann hatte das auch keinen Wert. Als er merkte, dass jemand auf ihn zutrat und ihn ansah, drehte er den Kopf und erblickte Nathan. Normalerweise war er genervt, wenn die Typen ihm hinterherliefen, aber sollte jener ruhig reden, bevor er etwas sagte. Und so ließ ihn die Geste des anderen erst einmal diesen stumm mustern, mit unbewegter Miene. Und letztlich brachten die Worte des anderen, die Erklärungen ihn doch zum Schmunzeln. Irgendwie war das süß. So intelligent nachfragend war schon lange keiner mehr gewesen. Kurz überlegte er, als Nathan geendet hatte. „Ich weiß, dass du mich nicht berührt hast, um mich zu küssen, oder doch noch im Darkroom mit mir zu verschwinden“, begann er dann schließlich und sah den anderen wieder an. Sein Schmunzeln war verschwunden, er sah vollkommend ernst aus. „Und die Reaktionen, die du gesehen haben magst, sind sicher keine Einladung gewesen, über mich herzufallen. Ich tanze gerne. Und wenn du möchtest, können wir gern den ein oder anderen Abend noch einmal miteinander tanzen. Aber mehr nicht. Kein Date außerhalb des Savoys. Denn es gibt doch eine Verwandlung, die sich vollzieht bei mir, Nathan. Eine ziemlich heftige sogar. Beim Sex werde ich zum Tod. Ich bin HIV positiv und das solltest du wissen, bevor wir wieder einmal tanzen gehen.“ Ragnar lächelte den anderen an. Ja, bei diesem konnte er seine Karten gleich auf den Tisch legen. Nathan wird jetzt wahrscheinlich etwas sagen wie: Oh, das tut mir leid, aber ich mag dich trotzdem. Gib mir deine Nummer ich rufe dich an. Und dann wird er nie wieder etwas von ihm hören. Oder er würde etwas sagen wie: Hm, krass. Aber danke dass du mich gewarnt hast. Ich wünsch dir noch ein schönes Restleben! Vielleicht würde er auch etwas sagen wie: War nett, dich kennen zu lernen. Musst ja ganz schön dämlich gewesen sein, dass du dir das hast andrehen lassen. Wobei. Für Letzteres schien Nathan zu intelligent zu sein. Und selbst wenn er etwas sagte, das ihn überraschen würde, so würde er sich doch auf kein Date einlassen. Denn wenn den anderen nicht der Tod durch AIDS abschreckte, so sicher sein Beruf. Antonin Perplex sah er dem sich entfernenden Mann nach, bevor sich eine ganze Gewitterfront samt Blitz und Donner in seiner Aura aufbaute. Hatte er gerade richtig gehört? Wenn es ihm nicht schnell genug ging? Die einzige Möglichkeit, den Verstand nicht komplett zu verlieren? Oh kein Problem, den Part übernahm er ja schließlich gerade! Und Cole gelang es, sich ihm gegenüber zu öffnen?! Fühlte nur er sich gerade tierisch verarscht? Und verflucht nochmal, warum drehte der andere ihm die Worte mit dem Sex so im Mund herum wie es ihm gerade passte, nur um sich dann wie ein Feigling zu verdrücken?! "Verfluchter Scheißkerl", grollte er und wandte die Augen von der Stelle ab, an der Cole gerade eben in der Menge verschwunden war, um sie auf die nächstgelegene Bar zu fixieren. Alkohol. Jetzt. Und während er sich seinen Weg bahnte, musste er dem anderen immerhin in einem Punkt uneingeschränkt recht geben: Er konnte nicht mit dieser Unverbindlichkeit leben und er würde es nicht. Antonin wollte sich nicht so einfach austauschbar fühlen, soviel musste er sich selbst wert sein, egal wie tief seine Gefühle für Cole gingen. Auch wenn er damit die einzige wirklich bedeutungsvolle Aussage in Coles Antwort beiseiteschob. Und er schob sie genauso erfolgreich beiseite wie er die Veränderungen in diesen grünen Augen ignorierte. Er wollte jetzt nicht vernünftig sein. Er wollte jetzt nicht in aller Ruhe nachdenken und zu logischen Entschlüssen gelangen. Antonin wollte jetzt trinken, rauchen und wenn ein gewisser Pegel erreicht wäre, dann wollte er auch Sex. Verflucht sei seine scheiß Monogamie - die ja jetzt eh keinen Bestand mehr hatte, da sie ja sowieso kein Paar gewesen waren - und verflucht sei sein beschissener Moralcode! Er bestellte sich zwei doppelte Wodka, warf dem Kerl einen Schein auf die Theke und stürzte sich den ersehnten Alkohol dann mit höchster Freude hinter die Binde. Auch eine Zigarette war schnell erschnorrt und wenn jener Kerl sich mehr erhoffte, müsste er nur kurz warten. Bis sich das weiche, warme Kribbeln in seinem Bauch auch in seinem Kopf ausgebreitet hatte und ihn damit in jenen Zustand versetzte, in dem er überhaupt die erste Male mit Kerlen geschlafen hatte. So ähnlich schien sich das auch der andere Mann zu denken, denn er spendierte ihm noch zwei weitere Drinks und damit dauerte es nicht mehr lang bis Antonin auf die Anmachen einstieg und sich mit dem anderen mitziehen ließ. Bei jenem war es praktisch, dass er direkt mit freiem Oberkörper hier stand und damit viel Fläche zum anheizen bot. Er kicherte leise vor sich hin und ließ sich ohne Widerstand gegen die nächste Wand drücken. Der Kerl machte sich an seiner Hose zu schaffen und damit schaltete sich auch sein restliches Denken komplett ab. Als ob man einem beständig laufendem Computer den Strom kappen würde, galten für die Zeit, die es dauerte, nur seine steigende Lust und die inzwischen auch bitter benötigte Befriedigung. Das war alles was jetzt zählte und egal was sich da sonst noch so in seinem Kopf befinden mochte... es war weit, weit davon entfernt so schnell wieder an die Oberfläche zu treten. Scheiß auf die Welt - Hallo Befriedigung. Nathan Er nickte zufrieden, als er die Bestätigung hörte, dass Ragnar diese Geste im Nachhinein nicht als Aufforderung für den Darkroom erkannt hatte. Aber das machte ihn noch nicht wirklich schlauer, was dessen plötzliches Verschwinden erklärte. Doch als der andere Mann plötzlich ernst dreinsah, schob er diese Frage beiseite und hörte aufmerksam zu. Nun, natürlich waren Ragnars Reaktionen keine Einladung für den DR gewesen. Das wusste Nathan durchaus, denn sonst würden sie sich möglicherweise gerade dort befinden. Tanzen, aber kein Date? Wenn das nicht seltsam war? Doch dann hörte er das Geständnis des anderen und musste blinzeln. Einmal. Zweimal. Und dann könnte er schwören das jemand in seinem Kopf ganz laut SCHEISSE! brüllte. Verdammt! Er erlaubte sich ein letztes Blinzeln. "Ok", erwiderte er und hob die Hand, um sich durch die Haare zu fahren. "Danke für deine Ehrlichkeit, das ist durchaus keine ganz unwichtige Information." Sogar ganz und gar nicht. Es war sogar die eine entscheidende. Oder? War es das wirklich? Nathan kam sich vor wie in einem schlechten Film, wo der Protagonist endlich jemanden fand, bei dem er überprüfen wollte, ob sich das, was ihn am anderen anzog, im Tageslicht verflüchtigen würde - nur um dann zu erfahren, dass es niemals soweit kommen sollte. Aber andererseits könnte er hier schon. Er wusste was Blair davon halten würde. Es gäbe so viele fickbare Kerle, warum einem hinterherrennen, der einen tödlichen Virus in sich trug, der zudem noch bei der schönsten Sache der Welt die ganze Stimmung versauen konnte? Andererseits konnte sich auch Sascha vorstellen, der die Schultern zucken und ihm Kondome in bestimmter Dicke empfehlen würde. Aber im Grunde waren die beiden egal. Viel interessanter wäre es mal zu erfahren was er, Nathan, jetzt damit anstellen würde. "Allerdings", fing er an und suchte den Blick aus den vorher noch so schön funkelnden braunen Augen, "habe ich ja auch nicht nach ungeschütztem Sex oder gar einer Orgie gefragt, richtig? Ich sehe demnach keinen Grund meine Frage zurück zu ziehen und wenn das dein einziger Grund war, dann solltest du es dir noch einmal überlegen mir zu antworten." Er lächelte nicht denn das erschien ihm in dieser Situation nicht richtig. Es gab an dieser Krankheit nichts zu lächeln oder zu lachen, aber der Mann, der sie mit sich herumtrug, bei dem hatte er den ganzen Abend kein Problem gehabt ihn anzulächeln. Was sollte es also? Zudem er Ragnar ja gerade die Wahrheit gesagt hatte. Natürlich war Sex wichtig, aber ihm ging es momentan darum zu überprüfen, ob Ragnar einem näheren Blick im Tageslicht standhalten würde. Das galt selbstverständlich auch andersherum. Nachts waren alle Katzen grau und wenn es dann doch eine schaffte, sein Interesse zu wecken, dann war es das wert, dem nachzugehen. Und ja, womöglich würde er sich intensiver mit dem Gedanken befassen, dass der andere HIV positiv war, aber das hätte bis nach einer Antwort Zeit oder wäre dann womöglich auch schon gar nicht mehr nötig. Kapitel 79: Überwindung ----------------------- Ragnar Ragnar hob die Augenbrauen und nickte. „Ja, das ist eine ziemlich wichtige Information“, bestätigte er und seine Augen suchten wieder Antonin und Cole, wobei er sie diesmal nicht wieder fand. Scheiße, er hatte sie aus den Augen verloren. Nun, dann würde er sich wohl mal auf die Suche nach Cole begeben. Ob die beiden gemeinsam gegangen waren, oder ob sie im Streit auseinander gegangen waren? Sicher würde Nathan sich gleich verabschieden, auch wenn er der erste war, der sich für diese Worte bedankte, was ihn irgendwie noch sympathischer machte. Doch als der andere weitersprach, wanderte auch wieder Ragnars Blick zu diesem, in diese schönen blauen strahlenden Augen schauend. Ragnar blickte den anderen ein wenig irritiert an. Dieser Mann schien es wirklich ernst zu meinen. Er schien wirklich auf ein Date mit ihm aus zu sein. Wusste dieser Mann, was er da tat? Wusste er, worauf er sich einlassen würde? Bestimmt nicht. Er konnte es nicht wissen, denn er kannte nur ein dunkles Geheimnis. Oder meinte er es vielleicht gar nicht ernst? Wollte er ihn verarschen? Doch diese Augen blickten ihn so ruhig an, dass Ragnar sich ziemlich sicher war, dass jener ihn nicht auf den Arm nahm. Ragnar schwankte zwischen der Freude, dass Nathan ihn so überraschte, und Misstrauen, bzw. Sorge. „Du bist ein hartnäckiger Mensch, Nathan“, stellte er schließlich fest und seufzte. Er fuhr sich mit seiner Hand übers Gesicht und durch die Haare. Er hatte sich von der Theke abgestoßen und stand nun vor dem anderen. „Hör zu“, begann er schließlich. „Du bist einer der wenigen, der sich nicht verabschiedet, und das finde ich genauso überraschend, wie es mich freut. Aber ich weiß ehrlich gesagt erstens nicht, ob du weißt, worauf du dich da einlassen würdest. Ich bin mir nämlich sicher, dass ein Date über kurz oder lang beim Sex endet, und ich bin schon zu oft von der Bettkante geflogen, weil es dem anderen plötzlich doch nicht so recht war. Und zweitens weiß ich nicht, ob ich das momentan kann… Ich…“ Wieder sah er in die Augen, verstummte. „Lass uns einen Kompromiss schließen. Du gibst mir deine Nummer und ich melde mich in ein paar Tagen. In der Zeit hast du die Möglichkeit dir genau zu überlegen, ob du das wirklich willst. Und ja… bei mir ist es letztlich genauso.“ Ja, das wäre in Ordnung. Ragnar ließ sich eigentlich nie auf Dates ein. Aber irgendwie hatte Nathan etwas an sich, was sein Interesse geweckt hatte. Kurz glitten seine Augen wieder suchend durch den Raum. „Verzeih mir bitte, aber ich glaube mein bester Freund hat sich gerade mit seinem ‚Freund‘ gestritten. Ich fürchte ich muss los.“ Entschuldigend blickte er Nathan an. Dann griff er zu seinem Handy und gab es Nathan. „Tipp deine Nummer ein. Ich verspreche mich zu melden.“ Cole Die kalte Nachtluft schlug ihm ins Gesicht. Er zückte sein Handy und tippte eine Nummer ein. Dann zog er seine Zigaretten aus der Hosentasche und zündete sich eine an, wartend. Antonin war so ein verdammter... Ja, was war er eigentlich? Cole stieß genervt den Rauch aus und blickte zu Boden, mit seinen Füßen nervös scharrend. Gott, wieso machte ihn dieser Kerl nur so fertig. Wieso fing Antonin immer wieder davon an, dass er unzufrieden mit dem war, was er bekam? Wieso musste er immer mehr und mehr von ihm verlangen? Warum um Gottes willen sah er nicht, was er Cole bedeutete? Musste er es wirklich aussprechen, bevor er es ihm glaubte? Würde er wirklich gezwungen sein, ihm zu sagen, wie viel ihm an ihm lag? Aber konnte er das? Konnte er ihm sagen, was er ihm bedeutete, was er ihm wert war? Nein, er würde es nicht können. Er war nicht dafür geschaffen, jemandem seine Gefühle einzugestehen. So war er nicht. Das konnte Antonin von irgendeinem dieser Softies haben, so oft er wollte. Aber das war nicht Cole. Cole konnte so etwas nicht. Cole mochte so etwas nicht. Und warum reichte Antonin nicht das, was er ihm gab? Wollte er ihn heiraten? Eine 'Ewige-Treue-Gelöbnis'? In welcher beschissenen Welt lebte er eigentlich? War Antonin nicht klar, dass es hier so nicht zuging? Dass es so nicht zugehen konnte? Konnte er nicht begreifen, dass er sich niemals zu einer Hausfrau degradieren lassen würde? Und dass er schon gar nicht fähig wäre, ihm zu geben, was er verlangte. Nämlich Konstanz, Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit. Tja und damit waren sie an dem Punkt, den er Antonin schon immer prophezeit hatte: Cole brachte ihm Verderben, ließ sein Strahlen verblassen und konnte ihm nie das Glück geben, das jener wohl verlangte. Cole lachte auf, als er diesen Gedanken hatte. Verdammte Scheiße, worauf hatte er sich nur eingelassen. Wie um alles in der Welt konnte es so weit kommen. Er war kein Mensch für eine Beziehung, das bewies er immer wieder. Wie konnte er dann nur geglaubt haben, dass er Antonin genau das bieten konnte? Eine Beziehung. Gott, wie er dieses Wort hasste. Es war so voller Missverständnisse und Schmerzen. Ein Wagnis, auf das er sich nie hatte einlassen dürfen. Er war nicht dafür geschaffen glücklich zu sein. Costello hatte vollkommen recht, wenn er ihm das immer wieder sagte. Und auch wenn Antonin ihm teilweise das Gefühl vermittelt hatte, doch auch ein Recht auf Glück zu haben, so hatte er es wohl einfach nicht verdient. Er war ein kaltblütiges Arschloch, das eben nicht schaffte, jenem, den er ... liebte ... dieses auch zu sagen. Er durfte das auch gar nicht. Es machte ihn nur verletzbar. Oder sollte er es doch tun? Antonin sagen, was er ihm bedeutete? Würde das etwas ändern? War es das, was er wollte, was er brauchte? Gesagt bekommen, wie wichtig er ihm war? Aber hatte er das nicht schon hunderte Mal? Hatte er es ihm nicht vorhin eben erst gesagt? "Du bist hier. Ich bin hier. Mehr zählt gerade nicht." Lag darin der Hund begraben? War dieses mehr eben jenes mehr, das Antonin haben wollte. Die Gewissheit, dass er eben nicht nur diesen einen Abend sein Tanzpartner war, sondern immer, wenn es sein musste? Wollte Antonin hören, dass sie eben nicht nur an diesem einen Abend zusammen waren? Zumindest ließ der Sarkasmus des anderen ihn darauf schließen. Sie waren wirklich Idioten, oder? Idioten, die es immer wieder schafften, sich nicht zu verstehen. Als der Wagen vor ihm hielt, schnippte er die Zigarette weg und wollte gerade die Tür öffnen und einsteigen, als er in der Bewegung inne hielt. "Entschuldige", sagte er und blickte durch das geöffnete Fenster in den Wagen. "Ich hab‘s mir anders überlegt." Damit drehte er sich um, hörte das 'Arschloch' noch hinter sich, bevor der Wagen wieder losfuhr, schenkte ihm aber keine Beachtung. Er ging erneut in das Savoy und suchte nach Antonin. Er hatte ihm noch etwas zu sagen. Etwas Wichtiges. Er wollte ihm sagen, dass er eben nicht nur an diesem Abend besonders für ihn war, sondern, dass er das jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde war. Und dass er das verdammt noch mal endlich begreifen und nicht mehr daran zweifeln sollte. Cole blickte verwirrt, als er sah, wie Antonin von einem Mann in Richtung Darkroom gezogen wurde. Und bevor er sich klar war, ob er das wirklich wollte, ging er den beiden nach. Und dann spürte er, was wirklicher Schmerz war. Seine Tritte hallten auf dem Asphalt. Die Autos, der nächtliche Straßenlärm schienen nicht so laut zu sein, wie seine Fußtritte auf dem Asphalt. Cole lief nach Hause. Er musste nachdenken. Er begriff jetzt einiges mehr. Er wusste jetzt, dass Antonin von ihm gewollt hätte, dass er ihm begreiflich machte, dass er nicht austauschbar war. Aber offensichtlich hatte jener für sich auch erfahren, dass Cole genauso austauschbar war. Sicher, dieser Fick war sicher nur eine Trotzreaktion, in gewisser Weise. Und dennoch... Es schmerzte. Antonin Man konnte seine Art der Fortbewegung wohl gerade nicht unbedingt mit gehen oder gar laufen gleichsetzen. Dafür wankte der Boden viel zu sehr. Oder war er selbst das? Holy Shit, wo ging‘s denn hier zum Ausgang? Aber halt, da war noch was. Suchend ließ er seinen verklärten Blick über die Körper der um ihn herum Tanzenden gleiten bis er glaubte seine Freundin ausgemacht zu haben. Abermals setzte er sich in Bewegung, bis er sich durch die Masse hindurchgeschoben hatte und hinter Tayra stand. Der er auch gleich einen Arm um die Schulter legte und erleichtert aufseufzte. "Nach Hause", nuschelte er an ihrer Halsbeuge und hob dann den Kopf, um die andere Frau missmutig anzusehen. "Geh weg. Meins", brummte er unzufrieden. Doch das hielt nicht lange an, bis er wieder lachen musste. "Duuh solltescht den Darkroom teschten, Tay." Er kicherte vor sich hin und umarmte die kleinere Frau etwas fester. Nahm nur verschiedene Wortfetzen von ihr wahr. Etwa, wie viel er getrunken hätte und wo Cole war. "Weg", gab er die Auskunft und schloss die Augen kurz, nur um sie gleich wieder aufzureißen. Fuck, der Raum drehte sich inzwischen sogar. Blöder Raum. "Weit weg. So viele Kerle ficken wie er kann", führte er weiter aus und tapste dann brav mit ihr mit, als sie sich in Bewegung setzte, sich immer mal wieder an ihr festhaltend und vor sich hin lachend. Ihre fragenden Seitenblicke bekam er nicht mehr mit. Überhaupt war der ganze Heimweg sehr schwammig für ihn. Er bekam kaum noch mit wie Tayra ihnen ein Taxi rief und ihn dann hinein beförderte. Oder das er es, bei ihm angekommen, sehr lustig fand, alle Knöpfe des Aufzuges zu drücken und sich darüber wie ein kleines Kind zu freuen. Es interessierte ihn auch nicht, dass Tayra ihren Mann anrief und ihn bat zu kommen. Hin und wieder gegen eine seiner Wände fallend, zog er sich auf dem Weg ins Badezimmer aus, verschloss die Tür hinter sich - trotz der von außen hereindringenden Proteste - und stieg unter die Dusche ohne das Wasser vorher reguliert zu haben. So stand er eine Weile regungslos, immer noch hin und wieder vor sich hin kichernd, bevor er zu seinem Duschgel griff und sich in einer unglaublichen Heftigkeit wusch, an sich herumschrubbte, bis die Haut schon ganz rot war und selbst seine Rippen und blauen Flecken durch das Schmerzmittel und durch den Alkohol hindurch wieder schmerzten. Aber das war egal. Wichtig war jetzt nur, dieses unglaublich ekelhafte klebrige Gefühl loszuwerden. Runter von seiner Haut. Es musste weg! "WEG!" Den letzten Gedanken brüllte er und fiel dann mehr oder weniger in sich zusammen. Die Stirn gegen das gedämpfte Glas lehnend, ließ er das kalte Wasser einfach auf sich herunter prasseln. Hin und wieder einen Laut zwischen Lachen und Schluchzen von sich gebend, stand er einfach nur da. Er war so gefickt... im wahrsten Sinne des Wortes. Abermals drang der gleiche Laut aus seiner Kehle, diesmal gefolgt von Schluckauf. Und mochten es wenige Minuten sein, oder eine ganz andere Zeitspanne, aber als Nicholas schließlich seine Badezimmertür geknackt hatte und ihn aus der Dusche herausholte zitterte er ununterbrochen und seine Lippen waren blau angelaufen. Ohne Widerstand zu leisten ließ er sich von dem Mann abtrocknen und in sein Bett verfrachten. Weder Nicholas noch Tayra stellten ihm Fragen, wohl in der Gewissheit, dass er sie eh nicht beantworten konnte... oder wollte. Es sollte noch eine Weile dauern, bis er zuerst die Kälte bemerkte, diese unglaubliche Kälte, die sich bis in jede noch so kleine Pore eingeschlichen zu haben schien. Und danach dauerte es noch viel länger, bis er endlich aufhörte zu zittern und die Tasse mit Tee, die ihm Tayra gemacht hatte, selbst halten konnte. Aber selbst dann wollte jene Eiseskälte aus seinem Inneren nicht verschwinden und Antonin wusste genau warum. Cole Es dauerte 2 Stunden, bis er zu Hause war. Wohl vor allem deshalb, weil er den Umweg durch den Centralpark nehmen musste. Einmal, weil er durch den einen Stadtteil nicht einfach so gehen durfte, zum anderen, weil er das Laufen als angenehm empfand. Es gab ihm das richtige Ambiente, um in Ruhe sich darüber klar zu werden, was dieser Abend für Neuerungen in sein Leben brachte. Da gab es zum einen Mal die Tatsache, dass er es nicht fertig brachte, dem einzigen Menschen, der ihm jemals wirklich nahe gekommen war, ohne viel Umschweife zu sagen oder zu zeigen, was er ihm bedeutete. Zum anderen die Erkenntnis, dass er austauschbar war. Ein wirklich seltsames Gefühl, denn bisher hatte er nicht eine Sekunde daran gedacht, dass Antonin für ihn, oder er für Antonin austauschbar wäre. Aber offensichtlich war es so. Denn warum sonst hätte sich Antonin fünf Minuten nach ihrem Streit direkt einen anderen genommen? Wäre er dazu in der Lage gewesen? Er hatte damals nach ihrem Streit es nicht fertig gebracht, im Savoy einen aufzureißen. Sie haben ihn alle gelangweilt, er hatte kein Interesse gehabt. Aber war er deswegen besser? Und warum ging es in der Geschichte überhaupt um richtig und falsch? Es war verwirrend. Eigentlich durfte er nicht sauer sein. Und eigentlich war auch nichts verloren. Schließlich hatte er Antonin gesagt, dass es von ihm abhing, wie es weitergehen sollte. Und auch wenn Antonins Verhalten Bände sprach, wie er sich wohl entscheiden würde, so durfte er ihn eigentlich nicht deswegen verurteilen. Letztlich schlief er ja auch mit anderen Männern. Männern ohne Gesichter. Und Antonin hatte das gleiche Recht wie er. Nur dass er davon nach einem Streit Gebrauch machen würde, schmerzte irgendwie. Als Cole zu Hause angekommen war, ging er schnurstracks zu seiner Minibar und griff nach der Flasche Whiskey. Er musste sich irgendwie betäuben. Und das schaffte er auch erfolgreich. Als er am nächsten Morgen am Sofa aufwachte hatte er einen mächtigen Kater. Sein Handy läutete penetrant. Als er darauf schaute, sah er, dass es Ragnar war. Kurz überlegte er, drückte ihn dann aber weg. Jener hatte es wohl bereits öfters probiert, dann auf dem Display erschienen 7 Anrufe in Abwesenheit von Ragnar. Der Tag ging irgendwie an ihm vorbei. Er schien in einer Welt zu leben, die in Watte gepackt war. Weder die kalte Dusche, noch der Kaffee noch sonst irgendwas half dagegen. Er kam spät ins Lady-Dream und machte, was Costello ihm am Abend vorher aufgetragen hatte. Er musste Autos schieben, und er musste einen neuen Deal vorbereiten. Auch tätigte er ein paar Anrufe mit Kontaktpersonen, die ihm geschrieben hatten, sie hätten Informationen über Gawain. Und so verliefen die nächsten Tage, so verging das Wochenende. Cole handelte und lebte wie mechanisiert. Manch einer würde es eher als 'vor sich hin vegetieren' bezeichnen, aber was war sein Leben schon immer gewesen. Seine Kühle, seine Kälte schützten ihn vor dummen Kommentaren, und halfen ihm seine Arbeit zu erledigen. Der Rest wurde verdrängt. Das konnte er ja so gut. Aus Angst, wie Antonin sicher toll psychologisieren würde. Und selbst wenn es Angst war. Scheiß drauf. Es war nicht an ihm, sich beim anderen zu melden. Und wenn es das gewesen war, Scheiße, dann war es das halt. Was hatte er schon verloren oder? Am Sonntagabend überredete Ragnar ihn zur Möweninsel zu fahren. Jener stellte zum Glück keine Fragen, zumindest keine weiteren, nachdem Cole ihm gesagt hatte, dass Antonin alles auf Eis gelegt hatte. Dafür erzählte er ihm viel. Dinge, die Cole alles andere vergessen ließen. Dinge, die schwer wogen, die Ragnar mit einem Mal in einem anderen Licht dastehen ließen. Dinge, die seinen Aufenthalt in Europa betrafen. Und dazu gehörte auch die Krankheit, die er hatte, und wegen der er zurück gekommen war. Denn er brauchte das Geld, das er verdiente für seine Medikamente und seinen Arzt. Und er erzählte ihm von Nathan - zumindest ein wenig. Es war Montag, als sich Cole frühzeitig aus dem Lady-Dream verabschiedete. Er würde morgen nicht kommen. Morgen würde er nur an zwei Orten sein. Und sich ansonsten zu Hause einschließen. Corleone genoss Coles Anwesenheit in der letzten Zeit. Denn Cole war stets zu Hause, außer er war im Lady-Dream. So viel war er schon lange nicht mehr daheim gewesen. Denn früher kam es nicht selten vor, dass er erst in den frühen Morgenstunden von einer durchfickten Nacht heimkehrte. Aber er hatte es probiert. Hatte sich gedacht, dass er ruhig auch einfach sich etwas suchen konnte. Aber er hatte es nicht gewollt, war umgekehrt, nach Hause zurückgekehrt. Er konnte nicht. Der Sex, den er mit diesen fremden Männern hatte, war einzig und allein dazu da, um die Brutalität in seinem Leben zu verdrängen, nicht um das zu verdrängen, was seine Seele, sein Herz betraf. Müde ließ er sich auch an diesem Abend auf dem Sofa nieder. Er hatte sich ein paar Frühlingsrollen mitgenommen und schaute sich jetzt irgendeinen alten Film an, den er bald gar nicht mehr wahr nahm. Morgen würde es 18 Jahre her sein. Sein Vater wäre morgen 48 Jahre alt geworden. Antonin Antonin konnte sich kaum rühren, als er am späten Nachmittag aufwachte. Sein Kopf war dabei, ihn auf die Knie zu zwingen und seine Stimme war total für den Arsch. Seine Gelenke wollten nicht so wie er das wollte und sein Oberkörper fühlte sich an als wäre ein vier Tonnen LKW drüber gefahren. Und als ob das alles noch nicht reichen würde, erinnerte er sich an alles. Und zwar wirklich an alles. An den Streit, an den Alkohol, den Sex mit einem vollkommen Fremden und an seine Duschaktion. Was dazu führte, dass sein physischer Schmerz nun auch mit psychischen um die Vorherschaft zu kämpfen hatte. Himmel! Als er es tatsächlich bis ins Badezimmer geschafft hatte, sah ihm eine fast fremde Person entgegen. Dunkle Augenringe, blasse Haut und einen ungesunden, fiebrigen Glanz in den Augen. Na prima. Das hatte ihm zu all seinem Glück gerade noch gefehlt. Nach einer Katzenwäsche warf er sich in die dickste, kuscheligste und wärmste Jogginhose und Pullover, die er finden konnte. Dazu völlig unpassend noch die pinken, gestrickten Socken von seiner Mutter und fertig war sein Grippeoutfit. In welchem er sich dann auch in die Küche schleppte und eine Nachricht von Tayra und Nicholas vorfand. Er sollte sich melden, wenn er wach wäre, auf dem Herd stünde eine Hünernudelsuppe und egal was er machte, er sollte es vom Bett aus tun. Was im Grunde kein schlechter Plan war und so fand er sich eine halbe Stunde später mit einer dampfenden Schüssel Suppe, einer Flasche Wasser, zwei Aspirin und einer Wärmflasche an eben jenem Ort wieder. Er hatte kurz versucht, sich mit leiser Musik zu bedüdeln, aber selbst das schien seinem Kopf nicht zu gefallen, weshalb er die Suppe etwas lustlos löffelte, sich dann mehr flüsternd als wirklich sprechend bei Tayra meldete und sich dann wieder schlafen legte. Er gönnte sich die Zeit ohne großartig über irgendetwas nachzudenken. Ginge auch nur schwerlich anders, da er sich von der wenigen Bewegung schon wieder unglaublich müde fühlte. So ging das bis Mitte des Montags weiter. Mit viel erholsamen Schlaf, der nicht nur gegen seine ständige Erschöpfung Wunder wirkte, sondern auch seinen Rippen endlich die dringend benötigte Ruhe sicherte. Hin und wieder gluckten Tayra oder Nicholas um ihn herum, doch wenn es einer von beiden wagte sich dem Thema Cole oder Savoy zu nähern blockte Antonin das sehr kurzbündig und kratzbürstig ab. Die sollten sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern und nicht um seine! Allerdings konnte er sich wirklich erst am Montag dazu aufraffen, sich den Ereignissen zu stellen und es sacken zu lassen. Er hatte nach dem Streit mit Cole mit einem wildfremden Mann geschlafen und wirkliche Befriedigung hatte ihm das ganze vielleicht für eine halbe Stunde verschafft. Danach nur noch Ekel. Ekel vor sich selbst, vor dem fremden Kerl und vor der Art und Weise wie es geschehen war. Im Nachhinein fühlte es sich so an, als hätte er zugelassen, dass man seine Seele vergewaltigte. Mit seiner Zustimmung. Antonin schwor sich den Blödsinn mit dem Alkohol endlich zu lassen. Er konnte seine Probleme, wie man mehr als deutlich sah, nicht im Alkohol ertränken und hoffen das beim aufwachen wieder alles gut wäre. Denn das war es nie. Und diesmal war es sogar noch viel schlimmer als zuvor. Jetzt musste er sich nicht nur damit auseinandersetzen, Cole wie ein Irrer angefaucht und total überfahren zu haben, sondern auch noch mit seiner eigenen Reaktion darauf. Dazu kam, zu dem sowieso schon vorherrschenden Bedürfnis danach, sich wieder mit Cole zu vertragen, noch das immer dringender werdende Gefühl, es jenem erzählen zu müssen. Aber was dann? Der würde ihn vermutlich auslachen und fragen, ob jener ihm jetzt auch jedes Mal erzählen müsste, wenn er mit einem Kerl geschlafen hätte. Ja, so eine Reaktion konnte Antonin sich nur allzu bildlich vorstellen. Aber es gar nicht erwähnen? Es fühlte sich so an, als hätte er Cole betrogen. Obwohl das natürlich Blödsinn war, denn jener hatte ihm ja mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass ihr Arrangement für beide Seiten galt. Vermutlich würde der andere das gar nicht wissen wollen, oder? Wobei hierzu noch die Frage kam, ob Cole ihn überhaupt nochmal zurücknehmen würde. Ob Antonin es sich jetzt nicht gänzlich verscherzt hatte, denn jetzt wo er den ganzen Müll einmal ausgesprochen und auf den Tisch gebracht hatte, fühlte sich zumindest dieser Teil von ihm besser. Obwohl sich noch gar nichts geändert hatte. Sich auch gar nichts hätte ändern können. Aber das bedeutete auch, dass er wohl deutlich um eine weitere Chance bitten müsste. Sehr deutlich. Solche und andere Gedanken gingen ihm sozusagen ohne Unterbrechung durch den Kopf, seitdem er einmal angefangen hatte zu denken. Weshalb er sein Grippemittel nochmal nahm - extra vom Doktor mit seinem Blutverdünnungszeugs abstimmen lassen - und sich schließlich auf den Weg zu Cole machte. Besser er würde es von Angesicht zu Angesicht hinter sich bringen. Zwar bestand die Chance, dass Cole ihn gar nicht reinlassen oder direkt wieder rauswerfen lassen würde, aber das würde dem anderen vielleicht nicht so leicht fallen wie einfach aufzulegen. Oder? Und zumindest der Wachmann schien ihm wohlgesonnen zu sein, denn er winkte ihn sofort durch und griff dann erst zum Telefon, um oben Bescheid zu geben. Damit bliebe nur noch die Frage, ob Cole ihm aufmachen würde. Im Aufzug lehnte er sich an die Wand und spielte nervös mit seinen Fingern, bis sich die Türen schließlich öffneten und er ein letztes Mal durchatmete und klopfte. Cole Als es klingelte zuckte Cole sichtlich aus seinen Gedanken zusammen und blickte irritiert auf die Uhr. Es war erst 21 Uhr, aber Ragnar könnte doch um diese Uhrzeit nicht das Lady-Dream verlassen haben. Und was wäre so wichtig, dass er hierher käme und ihn nicht einfach anrief? Cole, der nur mit einer Jogginghose bekleidet war, hob Corleone von seinem Schoß, schlug die Decke, die er über sich gelegt hatte, zurück und stand auf. Misstrauisch ging er an die Tür. Es gab nur noch eine einzige weitere Person, die hierher kommen könnte. Und das war Antonin. Cole spürte, dass ihn das mit einer unglaublichen Unruhe erfüllte. Der Wachmann bestätigte seine Befürchtung. Und einen Moment ärgerte es ihn, dass jener Antonin einfach durchgelassen hatte. Andererseits hatte er dem Mann nie Anweisungen gegeben, niemanden hoch zu lassen. Schließlich war das bisher nie nötig gewesen. Doch nun kam Antonin herauf, und nun würde er ihn auch empfangen. Nun, vielleicht würde jener heute eine klare Ansage machen. Dann würde er davon endlich befreit sein. Aber eigentlich hatte er im Moment einfach keinen Kopf, sich mit Antonin und dessen Anklagen zu befassen. Cole hörte das Klopfen und zuckte erneut zusammen. Wie sollte er dem anderen gegenübertreten? Am besten so wie immer, wenn er es nicht wusste, kühl. Und so atmete er kurz tief durch und zog dann die Tür auf, blickte tatsächlich in Antonins Gesicht, der auch schon einmal besser ausgesehen hatte. Kurz stand er so da, blickte den anderen ruhig an und es schien fast so, als müsse er noch einmal überlegen, ob er ihn wirklich einlassen wollte. Doch dann trat er wortlos zur Seite und deutete Antonin damit, einzutreten. Als er die Tür hinter dem anderen zuschob, schloss er einen Moment die Augen, um sich zu sammeln, bevor er sich umdrehte, an Antonin vorbei ging und zum Fernseher ging, um diesen auszumachen. Noch immer wusste er nicht, was er sagen sollte. Dennoch blickte er Antonin wieder an. "Möchtest du etwas trinken?", fragte er und seine Stimme klang kühler als beabsichtigt. Er sollte eigentlich bedenken, dass Toni nicht wissen konnte, dass er ihn mit diesem anderen Mann gesehen hatte. Als jener nach Wasser fragte, ging er wieder an ihm vorbei und zog eine Glaskaraffe aus dem Kühlschrank, um Antonin und auch sich selbst Wasser einzuschenken. Er stellte dem anderen das Glas auf die Theke und trank selbst einen Schluck, dann lehnte er sich gegen die Anrichte und blickte den anderen an. Er hatte alles gesagt, was er zu sagen hatte. Nun war Antonin dran. ----------------------------------------- Nathan Nachdenklich rührte er in seinem Kaffee herum, achtete kaum auf das Gespräch seiner beiden Freunde, sondern starrte in das von der Milch aufgehellte Getränk. Das Internet, für dessen Existenz er jeder übersinnlichen Macht schon häufiger gedankt hatte, erwies sich seit gestern als äußerst nutzlos. Ja, es gab sozusagen keine Informationen, die man dort nicht bekam. Vielmehr war es momentan so, dass er eine Art Informationsoverflow hatte und schon gar nicht mehr wusste, was er für voll nehmen sollte und was nicht. "Rück es endlich raus!", fuhr Blair ihn da plötzlich so heftig an, dass er zurückzuckte und beinahe die Tasse umgeworfen hätte. Genervt sah er auf und sandte einen Blick über den Tisch, der mehr als deutlich sagte, dass jener seine Nase diesmal nicht in Nathans Angelegenheiten zu stecken hatte. "Blair hat nicht ganz unrecht", mischte sich Sascha ungefragt ein. "Du warst gestern auch schon seltsam drauf." Nathan verdrehte die Augen. "Wir haben uns gestern gar nicht gesehen." "Nein, aber das Telefonat hat genügt. Ist es dieser Kunde, der dir wieder Probleme bereitet, weil du am anderen Ufer angelst?" Wo Blair sich immernoch einschüchtern ließ, kannte Sascha keine Gnade. Weshalb Nathan schließlich tief seufzte und erzählte, was ihm nun schon seit Stunden durch den Kopf ging. Wie bereits erwartet hätte die Reaktion der beiden kaum unterschiedlicher ausfallen können. Was nur dazu führte, dass er sie ein weiteres Mal ausblendete, zumindest bis Sascha sich ein wenig über den Tisch beugte. "Die besten Informationen gibt es immernoch an der Quelle." Das war korrekt, weshalb er an einem Montagmorgen auch im Wartezimmer von Doktor Bruckner saß und nicht, wie ursprünglich geplant, die letzten Details seiner nächsten Veranstaltung durchging. Fast ein wenig unwillig warf er die kaum gelesene Zeitung zurück auf den Tisch zu den anderen und überschlug die Beine. Saß er wirklich wegen einem Kerl hier, den er kaum zwei Stunden kannte? Eigentlich kaum zu glauben. Nein, es war tatsächlich nicht zu glauben, aber die Art des anderen hatte ihm imponiert. Anstatt sich direkt zurück zu ziehen in den schützenden Schneckenpanzer, hatte Ragnar ihm ehrlich gesagt, warum er sich normalerweise nicht auf Dates einließ. Das war der erste Punkt, der Nathan nicht zu einem Arschloch mutieren ließ. Der zweite war die Tatsache, dass er wirklich erschreckend wenig über diese Krankheit wusste, obwohl sie in der Schwulenszene bei weitem keine Seltenheit war. Also wäre das hier nicht einmal verschwendete Zeit, wenn Ragnar sich dazu entschließen würde, sich nicht mehr zu melden. Pünktlich um 9 Uhr wurde er zu Doktor Bruckner ins Sprechzimmer gebeten und begrüßte diesen mit einem Handschlag. Der gute Mann war seit Jahren sein Arzt und wusste um die Ausrichtung seiner Sexualität. Tatsächlich war es jener, der ihn immer mal wieder daran erinnerte sich testen zu lassen und auch wenn die Warterei jedesmal unglaublich zermürbend war, so schien Nathan das gerade wichtiger denn je. Als der andere ihn schließlich fragte, was ihn diesmal so kurzfristig zu ihm führte, hob Nathan seinen Blick und richtete ihn fest auf den Doktor. "Erzählen Sie mir alles über AIDS was ich wissen muss." Das führte dazu, dass der andere sich kerzengerade aufsetzte. "Sind Sie infiziert?" Nathan verneinte und erklärte, dass er jemanden mit der Krankheit kennengelernt hatte und dass es nun potentiell wichtig werden könnte, mehr darüber zu erfahren. Mehr aus einer Quelle, die sich selbst nicht alle zwei Zeilen widersprach, nur um dann von einer anderen Quelle ebenfalls widerlegt zu werden. Zurück in seinem Büro verlangte er, dass man ihm eine halbe Stunde lang keine Gespräche durchstellen würde und stellte sich dann erstmal an das große Panoramafenster. Es hatte eine Weile gedauert, doch inzwischen konnten er und sein Partner sich dieses Büro in jener Toplage leisten. Und immer wenn er bei einem Kunden nicht weiterkam stellte er sich an jenes Fenster und überblickte die Stadt soweit er konnte. Sie befanden sich im zwanzigsten Stock und damit sah er schon ein Stück weit. Es war kein Wunder, dass Ragnar schon häufiger von der Bettkante gestoßen wurde, obwohl jener so aussah und auftrat wie er es eben tat. AIDS war eine furchtbare Krankheit, die man unter gar keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen sollte oder gar durfte. Und obwohl jedes Kind bereits nachplapperte, dass die Schwulenszene besonders anfällig war, so wusste er nun warum dem so war. Es wäre gelogen zu behaupten, dass ihm diese ganzen Informationen keine Angst machten. Wenn es so etwas wie einen schönen Tod gab, so war dieser den meisten AIDS-Kranken nicht vergönnt. Die Medikamente waren teuer und dazu kamen noch so viele Faktoren, die das ganze verschlechtern konnten. Jederzeit. Er hob die Hand und strich sich damit über das Gesicht. Mit wie vielen Infizierten er wohl schon geschlafen hatte ohne es zu ahnen? Vielleicht sogar ohne dass jene es ahnten, denn scheinbar konnte diese Infektion sehr schleichend bei der Hintertür hereinkommen. Was das zweite Hauptthema gewesen war: Die Art der Übertragung. Himmel, wie sein Kopf mit all den Informationen auf einmal klar kam ohne zu schmerzen war ein echtes Wunder. Vor allem, weil sie ihm auf den Magen schlugen. Wenn - falls das überhaupt eintreffen sollte - Ragnar sich melden würde, was wäre seine Antwort? Ragnar Ragnar betrachtete das Display seines Handys. Er hatte bereits mehrere SMS getippt. Die einen, dass es ihm leid täte, aber er kein Interesse habe; die anderen, dass er wissen wolle, wie sich Nathan entschieden habe; wieder andere, in denen er ihm einfach ein Date anbot. Scheiße, warum war das so schwer diesmal jemandem einfach einen Korb zu geben? Hatte er so große Sehnsucht nach Zuneigung? Oder nur nach Sex? Als er mit Cole auf der Möweninsel war, hatte er ihm alles erzählt. Alles, was ihn ausmachte. Alles, was er in Europa erlebt hatte, wie er sein Geld verdient hatte, und wie es dazu kam, dass er sich vor vier Jahren angesteckt hatte. Wie er unter Fieber, Müdigkeit, Übelkeit gekämpft hatte und davon ausgegangen war, dass er eine Grippe hatte. Wie er dann von seinem Arzt gebeten wurde, einen Test zu machen, wie er das Ergebnis bekommen hatte. Und dann wurde ihm prophezeit, dass es auch nie dazu kommen könnte, dass die Infektion zum Ausbruch der tödlichen Immunschwächekrankheit führen konnte. Bla Bla... Er erzählte Cole, wann er die Bestätigung bekommen hatte, dass seine Inkubationszeit nicht so lange war, wie ihm die Ärzte vorher gesagt hatten, dass er bereits in jener Latenzzeit war, die ihm momentan das trügerische Gefühl gab, gesund zu sein. Das einzige, was er verschwiegen hatte war sein Besuch in Island, der Besuch seiner Eltern. Und von diesem Besuch würde er Cole auch nie erzählen können. Und er hatte ihm erzählt, dass es letztlich nur die Krankheit war, die ihn dazu gebracht hatte, zurückzukehren. Denn mit diesem Virus in seinem Blut hatte das Leben nur noch wenig Bedeutung. Er brauchte Geld, das er hierbei verdienen konnte und wenn er von einer Kugel getroffen werden würde, müsste er wenigstens nicht irgendwann an einer einfachen Erkältung sterben. Und er hatte ihm von Nathan erzählt. Cole hatte leicht reden, wenn er sagte, er solle sich bei ihm melden. Er konnte das locker sehen. Und der Kommentar, er, also Ragnar, sei ein Mensch, der jemanden an seiner Seite brauchte und auch verdient habe, klang aus Coles Mund seltsam. Nicht unbedingt falsch, ganz im Gegenteil, aber dennoch seltsam. Dachte Cole über sich, dass er das nicht verdient habe? Ragnar hatte keine Fragen gestellt, was Antonin betraf, hatte nur ein unterschwellig ein paar Denkanstöße verteilt. Jener Abend auf der Möweninsel war schön gewesen, sehr schön. Und Ragnar hatte sich erinnert, weshalb er so lange in Cole verliebt gewesen war. Cole hatte einfach seinen eigenen Charme und er stellte sich immer hinten an. Auch wenn es augenscheinlich immer so aussah, als sei er sich selbst der nächste, so stimmte das nicht. Ganz im Gegenteil. Dieser Mann sollte ruhig ein wenig mehr an sich selbst denken. Ihrer Freundschaft hatte dieser Abend sehr gut getan. Und Ragnar war in den Genuss gekommen, Coles Wohnung kennen zu lernen. Er hatte sie betreten dürfen, als sie am Sonntagabend gemeinsam den Abend bei einem Glas Wein ausklingen hatten lassen, auch wenn es bei Cole mehr als ein Glas Wein gewesen war. Und Cole hatte ihm sogar erlaubt, bei ihm zu schlafen, so wie früher, als sie sich gemeinsam ein Zimmer in einem besetzten Haus geteilt hatten. Es hatte ihm gut getan. Doch eine Entscheidung hinsichtlich Nathan hatte er noch immer nicht. Vielleicht sollte er nicht so viel nachdenken, sondern alles ein wenig mehr auf sich zukommen lassen. Und so öffnete er wie schon so oft an diesem Tag seine Nachrichtenfunktion am Handy und tippte. Hi Nathan! Mittwochmittag 13 Uhr Christopher Street Station vorm Gay Liberation Monument? Könnten was essen gehen oder in die Ausstellung im Oscar Wilde Bookshop oder was immer du möchtest. Da bin ich ziemlich flexibel. Wenn du dich allerdings schon entschieden hast, dass ein Treffen außerhalb des Savoys doch nicht in Frage kommt, dann verstehe ich das auch und habe kein Problem, wenn du mir das per SMS mitteilst. Das ist mir lieber, als wenn ich umsonst warte ;) Ragnar Er schickte die Nachricht ab. Dann stand kehrte er ins Lady-Dream zurück und kümmerte sich darum, dass aufgeräumt wurde. Es war bereits 3 Uhr früh. Kapitel 80: Erklärung --------------------- Antonin Oh Gott, wie sollte er das hier überstehen? Antonins Herz schlug schnell in seiner Brust, als er sich Cole gegenüberfand und kurz bekam er das Gefühl, das jener ihm die Tür wieder vor der Nase zuschlagen wollte. Doch dann trat er zur Seite und ließ ihn herein. Auf die Frage nach dem Getränk antwortete er mit Wasser und biss sich unschlüssig auf die Unterlippe, während er dabei zusah, wie Cole das gewünschte einschenkte und ihm das Glas dann hinstellte. 'Ok Antonin, du schaffst das', sprach er sich gedanklich selbst nochmal Mut zu und räusperte sich. "Du hast mal gesagt, ich sollte mich selbst nicht als Idioten bezeichnen, aber das ist genau der Begriff, der immer häufiger ganz perfekt auf mich passt", fing er schließlich an und auch wenn seine Stimme noch etwas heiser war, so klang sie doch erstaunlich ruhig. Ganz anders also als er sich fühlte, denn in seinem Inneren türmten sich gerade verschieden heiße Fegefeuer um die Wette. "Du bist gegangen, bevor ich die Chance hatte, auf deine Worte zu reagieren, und das war vielleicht auch besser so, denn an jenem Abend ist eine Art Knoten geplatzt und ich hatte kaum noch Kontrolle über meine Gefühle oder das, was ich dir da an den Kopf geworfen habe. Zu Unrecht gegen den Kopf geworfen habe, möchte ich betonen. Ich habe bei dieser Sache einen elementaren Fehler begangen, nämlich dass ich mich selbst irgendwie übersehen habe. Wie kann ich anderen, dir, eine Stütze sein, wenn ich selbst nicht mehr im Gleichgewicht bin? Ich habe irgendwie einen ungesunden Tunnelblick entwickelt, was darin gipfelte, dass ich kaum noch in der Lage war, klar zu sehen was da ist und was nicht da ist." Er hielt kurz inne und griff nach dem Wasser, um einen Schluck zu trinken. Soviel hatte er in den ganzen letzten Tagen nicht gesprochen und es tat seinen Stimmbändern noch nicht so gut. Während er sprach wich sein Blick immer mal wieder von Coles Gestalt ab, doch nur bis er das merkte und den anderen wieder ansah. Er wollte nicht in den leeren Raum hinein sprechen, sondern mit Cole. "Mir geht gar nichts zu langsam und ich glaube dir, dass ich dir wichtig bin - oder war." Er hob die Hand, um sich durch die Haare zu fahren. Jetzt kam der schwierige Teil. "Es ist nur so, dass ich manchmal ein wenig... nennen wir es überemotional bin. Vielleicht sind das auch die Auswirkungen davon, dass ich doch recht spät erkannt oder auch akzeptiert habe, dass ich auf Männer stehe. Mag sein dass sich das noch ändert, aber momentan kann ich deine Einstellung nicht wirklich für mich annehmen. Ich hab‘s probiert, an dem Abend an dem wir gestritten haben, und es war eine Erfahrung, auf die ich persönlich in Zukunft sehr, sehr gut verzichten kann. Das gilt jedoch nur für mich, was vollkommen in Ordnung ist, schließlich sind wir zwei unterschiedliche Personen." Abermals nahm er einen Schluck von seinem Wasser und atmete tief durch. "Wo wir auch bei etwas sind, wo du nicht ganz korrekt gelegen hast, denn im Grunde ist es nicht wirklich ein Problem für mich, dass du mit anderen Kerlen schläfst. Es ist nur insofern ein Problem, als dass meine eigene Unsicherheit in zu viel Eifersucht resultiert und mich damit unlogisch handeln lässt. Vor allem da ich vieles einfach nicht nachvollziehen kann. Ich meine, warum zum Henker muss ich mir die Vorzüge von anderen Männern anhören, als ob du sie mir verkaufen wollen würdest? Ich verstehe den Gedanken dahinter nicht und je mehr von dieser Unsicherheit zusammenkam, desto unwilliger wurde ich wohl auch. Es liegt also nicht an dir, sondern an meiner Unfähigkeit, Dinge zu hinterfragen und mir damit die Sicherheit zu holen, die ich wohl brauche." Er stellte das Wasserglas wieder ab und räusperte sich abermals. Gegen Ende hin hatte er etwas leiser sprechen müssen. Blöde Stimme. "Ich fürchte, ich hab dich da ziemlich unfair angefahren und auch das tut mir leid, aber ich möchte, dass hier nicht aufgeben, selbst wenn es nur als 'schwierig' zu betiteln ist. Vorausgesetzt, du siehst da jetzt noch irgendwelche Möglichkeiten dazu, und dass ich noch nicht alles total verbockt habe." Und noch während er endete war Antonin bewusst, dass er vermutlich nochmal so viel hätte aussprechen können, dass er bestimmt die Hälfte dessen, was er sagen wollte, vergessen hatte, dass er selbst diesmal auch nicht betont hatte, wie wichtig Cole ihm war, dass er noch deutlich offener hätte sein können. Und er wollte es nachholen. Garantiert. Aber nicht ohne zu wissen, ob das überhaupt noch irgendeinen Sinn machen würde. Cole Cole hörte schweigend zu. Seine Miene verriet nichts von seinen Gedanken, die sich schier zu überschlagen schienen. Antonin war also gekommen, um sich für seine Worte zu entschuldigen. Und er wollte noch eine Chance haben. Und er gab offen zu, dass er an diesem Abend mit einem anderen geschlafen hatte. Nein, es war kein 'miteinander-schlafen' gewesen, sondern ein Fick, mehr nicht. Und die Ehrlichkeit des anderen, die Entschuldigung tat ihm gut, beruhigten ihn, dass er nicht falsch gelegen hatte. Eine Weile blickte er Antonin einfach nur an. Er hatte bemerkt, wie schwer es jenen gefallen war, das ganze auszusprechen. Aber er tat es und dafür war Cole ihm dankbar. Er hätte wahrscheinlich nicht nur 3 Tage gebraucht, um das alles für sich zu klären, sondern viel, viel länger. Und er hätte vielleicht gar nicht den Mut gehabt, sich zu entschuldigen. Gleichzeitig bestätigte sich für Cole aber auch, was er ohnehin schon vermutet hatte. Das Problem, das hinter all dem stand. Es war nicht der Sex mit anderen Männern, der Antonin ärgerte oder emotional reagieren ließ. Sondern es war die fehlende Sicherheit, die er Antonin eingestanden hatte. Er hätte ihm mehr Halt geben müssen. Und in einem Punkt hatte dieser Mann auch recht: Antonin hatte keine wirkliche Ahnung von der Szene. Er war nicht darin groß geworden, wusste nichts von dem Umgang miteinander. Von den wenigen Tabus und den vielen Grauzonen. Und darauf hätte er unter Umständen einfach Rücksicht nehmen sollen. Besonders, da Antonin noch durch ganz andere Dinge verunsichert war. Gerade im Hinblick darauf, hätte Cole klar sein müssen, dass er den anderen stärker bei der Hand hätte nehmen müssen. Eine Erkenntnis, die er letztlich schon direkt nach ihrem Streit gehabt hatte, die er aber nicht mehr umgesetzt hatte, aus gekränkter Eitelkeit. Aber das gab ihm selbst noch keine Idee, was er jetzt tun sollte, wie er jetzt, heute, hier damit umgehen sollte, mit dieser Entschuldigung. Als er merkte, dass das Schweigen unerträglich wurde, atmete er tief durch, dann begann er langsam. "Dass du aus dem Gleichgewicht gekommen bist, liegt sicher nicht alleine an dir." Sein Blick ruhte in diesen aufgewühlten Augen, die gerade wie das Meer aussahen, wenn es stürmte. Er kannte Antonin mittlerweile wohl einfach zu gut, als dass jener ihm verbergen konnte, wie es in ihm aussah. "Zu einem Streit gehören immer zwei Seiten und wenn du sagst, dass du nicht klar sehen konntest, was da war und was nicht, dann lag es vielleicht auch daran, dass ich es dir nie klar genug gezeigt habe. Ich bin viel zu sehr von mir ausgegangen und habe dabei nicht bedacht, dass du nun mal ein wesentlich emotionaler Mensch bist, als ich. Und das, obwohl ich es hätte wissen müssen." Ruhig trank er einen Schluck und fuhr sich dann mit seiner Hand durchs Haar. "Ich weiß, dass du dir mehr Sicherheit von mir wünschst. Das ist mir an jenem Abend bewusst geworden. Aber ich kann dir diese Sicherheit nicht so einfach geben. Ich kann dir diese Sicherheit nicht direkt geben, durch Worte. Ich kann dir nicht einfach sagen, was du mir bedeutest, welche Gefühle ich für dich habe. Ich kann es nicht. Und das liegt nicht daran, dass ich nichts für dich empfinden würde, oder ich die Worte nicht kenne, die du dir erhoffst. Es fällt mir einfach schwer, Sicherheiten auszusprechen oder Gefühle zuzugeben. Vielleicht kann ich das irgendwann einmal, aber im Moment bin ich meilenweit davon entfernt. Ich kann dir keine Sicherheiten geben. Selbst wenn ich es aus tiefstem Herzen wollte. Aus verschiedenen Gründen, die nicht nur mit mir und meiner Persönlichkeit zu tun haben. Gründe, die es mir unmöglich machen." Seine Augen ruhten in denen des anderen. Cole hatte sich vorgenommen, ehrlich zu sein. Schon lange. Und da er im Moment klarer denn je sah, würde er diese Wahrheiten aussprechen. "Und daher musst du wohl ein wenig genauer hinschauen und dich trauen zwischen den Zeilen zu lesen. Denn wenn ich dir andere Männer schmackhaft machen möchte, liegt das einzig und allein an meiner Überzeugung, dass du verdammt gut aussiehst und jeden haben könntest. Sondern das Ziel dieser Aktion ist es, dass du mir bestätigst, dass es dennoch ich bin, den du haben möchtest. Letztlich ist es furchtbar albern und es klingt grauenhaft, seine eigene Scheiße durchzupsychologisieren, aber das ist die Übersetzung meiner Handlung. Vielleicht sollte ich dir ein Wörterbuch schenken 'Englisch - Cole; Cole - englisch' oder so etwas in der Art." Cole seufzte und er wurde wieder ernst. "Vieles von dem, was in mir vorgeht und was mein Handeln bestimmt, kannst du nicht wissen. Es gibt zu viele Dinge, die du nicht über mich weißt. Dinge, die es mir unmöglich machen, dir die Sicherheit zu geben, die du gerne hättest." Er stieß sich von der Anrichte ab. "Und daher werde ich das ändern. Ich hatte es schon vor unserem Streit vor, das zu ändern. Aber leider kam der Freitagabend dazwischen." Er trat ein paar Schritte auf seine Tür zu. "Deine Entschuldigung ist angenommen. Aber bevor du wirklich entscheidest, wie es weitergehen soll, solltest du diese Dinge vorher erfahren. Denn nur dann können wir in Zukunft wohl davon ausgehen, dass es nicht wieder zu Missverständnissen und Kränkungen kommt." Er ging zu seiner Wohnungstür und schob sie auf. Ja, er würde Antonin jetzt wieder gehen lassen. Denn auch, wenn er zu gerne dem anderen nah wäre, wenn er zu gerne heute in dessen Armen liegen und schlafen würde, so ging es nicht, solange Antonin nicht wirklich wusste, woran er war. Und daher wollte er den Abend allein verbringen. "Ich hole dich morgen um 11 Uhr bei dir ab." Antonin Es war seltsam befreiend als Cole schließlich zu sprechen anfing und je mehr er hörte, desto ruhiger wurde er. Es war natürlich noch ein ganzes Stück von seinem normalen inneren Gleichgewicht entfernt, aber immerhin näherte es sich wieder an. Auch wenn er zu hören bekam, dass er jene Sicherheit nicht von Cole bekommen würde. Nicht jetzt und vermutlich auch in näherer Zukunft nicht. Worte, die er sich erhoffte? Antonin ahnte worauf der andere da anspielte und er konnte es nicht bestreiten, aber auch nicht komplett als richtig unterstreichen. Es würde nichts bringen diese Worte zu hören, ohne dass wirklich etwas dahinter stand. Und wenn man sich dessen, was dahinter stehen sollte, bereits sicher war, dann waren diese Worte auch nur noch schmückendes Zierwerk. So traumwandlerisch mit rosaroter Brille romantisch, um das nicht zu erkennen, war Antonin auch wieder nicht. Interessant war definitiv auch die Erklärung, warum ihm andere Männer in einer Tour hindurch angepriesen wurden. Um sie anzuflirten - sowas nannte man dann wohl Appetit holen - und um danach zu Cole zurück zu kehren - zum Essen. Tatsächlich hätte ihm dieses Wissen hin und wieder schon mal weitergeholfen. Dass der andere ihm genau mit solchen Auskünften schon einen Teil der benötigten Sicherheit mitgab, schien diesem gar nicht klar zu sein. Denn es erklärte doch, dass Cole irgendwo durchaus erwartete, dass Antonin wieder zu ihm kam, selbst wenn einer oder beide von ihnen mit anderen geflirtet hätten. Auch oder gerade wenn sie gemeinsam weg waren. Recht viel mehr wollte und brauchte er ja auch gar nicht. Antonin hätte die Dinge wirklich viel früher ansprechen sollen, anstatt in seiner offensichtlich unbegründeten Eifersucht aufzugehen wie ein trockener Schwamm, den man in Wasser legte. Er sah dabei zu wie Cole sich von der Theke abstieß und ihm die Tür öffnete. Das war dann wohl sein Wink mit dem Zaunpfahl. So schnell ließen sich die Wellen wohl nicht kitten, auch wenn Cole die Entschuldigung angenommen hatte. Aber gut, das war verständlich, denn auch wenn der andere ebenfalls einen Teil der Schuld auf sich lud, so trug Antonin doch weiterhin den Löwenanteil. Er trank sein Wasser aus und stellte das Glas beiseite, bevor er an Cole vorbei nach draußen trat und sich nochmals zu dem anderen herumdrehte. "Danke. Bis morgen." Er bedankte sich damit für die Ehrlichkeit, aber auch für die Chance, die er wohl erhalten würde. Er nahm diesmal die Treppe, ein wenig Bewegung konnte ihm nicht schaden. Zudem er sich zuhause wohl erstmal wieder in sein Bett mümmeln würde, nachdem er diesen furchtbar grässlichen Tee nochmals zu sich genommen hatte. Das Gespräch war kürzer ausgefallen als erwartet, aber im Grunde auch ruhiger und besser als gedacht hatte. Somit gönnte er sich sogar noch einen kurzen Abstecher bei einem Chinarestaurant und ließ sich drei verschiedene Suppen einpacken, die ihm dann über den Abend hinweg halfen und seine Stimmbänder wieder ölten. Was das morgen wohl geben würde? Hätte er Cole schon mal irgendwann andeuten sollen, dass er zumindest wusste, um was es im Groben ging? Aber nein. Besser nicht verpetzen, dass Ragnar sich wohl verplappert hatte. Zudem er das sowieso lieber aus Coles Mund hören wollte. Es war immerhin entscheidend für eine gemeinsame Zukunft. Wenn es so etwas noch für sie gab. Nathan Nathan kam gerade frisch aus der Dusche und rubbelte sich noch die Haare trocken, als ihm einfiel, dass sein Handy irgendwann mitten in der Nacht mal gepiept hatte. Gemächlich tappste er die Wendeltreppe wieder nach oben und griff sich das Gerät von der Fensterbank, um die SMS zu lesen. Unerwarteterweise war sie von Ragnar. Mit der Bestätigung zu einem Treffen. Seufzend legte er es wieder beiseite und zog sich erst einmal fertig an, bevor er mitten in seinem Schlafzimmer stehen blieb und den Kopf in den Nacken legte. Jetzt war es also soweit, ja? Er hatte immer mal wieder in seiner Entscheidung geschwankt und es dann beiseite geschoben im Glauben, der andere würde sich sowieso nicht mehr melden. So konnte man sich täuschen. Er rief sich den ansprechenden Mann mit den schönen Augen wieder ins Gedächtnis und blies seine Backen dann auf, um die Luft langsam wieder auszustoßen. Es war ja nur sein verdammtes Glück, dass er nach über zwei Jahren überhaupt einmal wieder jemanden nach einem Treffen außerhalb eines Clubs fragte, nur um dann auf ein solches Problem zu stoßen. Aber andererseits war es ein Treffen im hellen Tageslicht. Es müsste erstmal auf überhaupt nichts hinauslaufen das Kontakt förderte. Und wenn doch, dann war sowieso klar wie er sich entschieden hatte. Was sollte er jetzt noch großartig darüber nachdenken, wenn er im Grunde sowieso mehr Informationen brauchte? Mehr über Ragnar erfahren wollte. Na eben. Kurzentschlossen schnappte er sich sein Handy und begann schon zu tippen, als ihm der Zeitpunkt überhaupt erstmal so wirklich auffiel. Welcher normale Mensch hätte an einem Mittwoch um 13 Uhr Zeit? "Das gibt‘s doch alles gar nicht!", maulte er bevor so etwas wie Sturheit in seinen Augen aufblitzte. War das nur eine weitere Masche, um dieses Treffen vielleicht doch noch nicht stattfinden zu lassen? Eine bei der definitiv er der Buhmann wäre? Aber so nicht. "Nein, so nicht...", murmelte er und griff nach seinem Terminplaner. Hm, nur zwei Termine und ansonsten wäre er im Büro gewesen. Nun, das würde sich doch verschieben lassen. Weshalb seine SMS auch wie folgt aussah: Hallo Ragnar, schön das du dich meldest. Ich werde da sein und darüber was wir unternehmen wollen, werden wir uns schon einig. Möglicherweise komme ich ein paar Minuten später (Termin), also bitte nicht davonlaufen! Nathan Cole Als Antonin sich noch einmal umdrehte und ihm dankte, lächelte er kurz. "Und Antonin", sagte Cole noch, bevor dieser die Treppe hinuntergehen könnte. "Probier bitte nie wieder, mich zu verführen, wenn du es eigentlich nicht möchtest." Cole hatte für sich festgestellt, dass Antonins One-night-Stand eigentlich nicht so schlimm war, wie dessen Versuch ihn beim Antanzen anzumachen, offensichtlich mit dem Gedanken, ihre Unstimmigkeiten mit Sex zu glätten. Das war das gewesen, was ihn im Nachhinein betrachtet am meisten verletzt hatte. Er blickte dem anderen hinterher, wie dieser die Treppen nahm. Dann schloss er die Tür wieder und kehrte auf sein Sofa zurück. Eines hatte Antonin wirklich gut geschafft. Er hatte Cole dazu gebracht, an diesem Abend sich doch noch auf das konzentrieren zu können, was in der Glotze lief. Und er hatte geschafft, dass er ruhig einschlafen konnte. Mit dem Wissen, dass Antonin ihn morgen begleiten würde, machte er sich mit einem Mal gar nicht mehr so viele Gedanken. Cole wachte erholt und ausgeschlafen auf. Dieser Tag war für ihn immer mit einer Art Zeremonie verbunden. Er duschte, frühstückte ein Nutella-Brot und ging dann zu seinem Wohnzimmerschrank, um das Geschenkband zu holen, das er damals um seinen Karton gewickelt bekommen hatte, und das Bild, das einzige Bild, das ihm geblieben war, auf dem sie alle zu sehen waren. Seine Mutter, die älter, mitgenommener aussah, als sie eigentlich war. Sein Vater, der wohl das gleiche Lächeln drauf hatte, wie er selbst und dem er zum Glück aber sonst nicht wirklich ähnlich sah, auch wenn Ragnar einmal gemeint hatte, dass er die gleichen Augen hätte. Aber seine Augen waren nicht so blaugrün wie die seines Vaters. Und dann waren darauf noch sein 4 Jahre älterer Bruder Julian und seine zwei Jahre ältere Schwester Rachel zu sehen. Nun und dann noch er. Damals 6 Jahre und mit einem unschuldigen Blick, der ihn sich selbst kaum wiedererkennen ließ. Aber damals war die Welt ja auch noch in Ordnung gewesen. Zumindest teilweise. Cole nahm das Bild mit und verließ pünktlich die Wohnung, um Blumen zu kaufen und dann zu Antonin zu fahren. Dort parkte er das Auto und klingelte bei diesem, der ihn einließ. Cole ging kurz hoch zu ihm, begrüßte ihn mit einem "Können wir?" und kurz darauf saßen wie wieder in seinem Wagen und fuhren durch die Stadt zum Greenwood Cemetery. Der Friedhof lag in Brooklyn und das Eingangstor war beeindruckend. Auch die Kirche, die zu dem Friedhof gehörte, war beeindruckend. Neben den vielen typisch amerikanischen einfach nur aneinander gereihten weißen Grabsteinen, gab es auf diesem Friedhof auch ein paar Familiengruften und alte, nach europäischem Stil gehaltene Gräber. Doch das Grab seiner Eltern war nur eine Nummer, eine Nummer und ein Grabstein mit Namen und Lebensdaten darauf: Ronald Tinsley *28. August 1961 - + 28. August 1991 Marie Tinsley geb. Freeman *3. May 1962 - + 28. August 1991 Julian Tinsley *14. September 1980 - + 28. August 1991 Rachel Tinsley *18 March 1982 - + 28. August 1991 Beloved by everyone Cole hatte nicht gesprochen. Auch nicht, als sie den Friedhof betreten hatten, während sie durch die Reihen mit Grabsteinen gelaufen waren. Als er am Grab angekommen war, legte er die Blumen auf den Grabstein und setzte sich auf das Gras davor in den Schneidersitz, sich mit seinen Armen hinter sich abstützend. Noch immer schwieg er und schien in ein Zwiegespräch mit sich selbst zu führen. Es war immer das gleiche Gespräch, das er in seinem Kopf führte. Immer die gleichen Dinge, die er seiner Familie mitteilte, wortlos. Worte, die er viel lieber ihnen mitgeteilt hätte, als sie noch gelebt hatten. "Mein Vater hatte seinen 30sten Geburtstag", begann er schließlich, Antonin nicht ansehend, sondern auf den Grabstein blickend. Dann erzählte er ihm die ganze Geschichte. Was an jenem Tag geschehen war, als er sich in den Karton schließen hatte lassen, um seinen Vater zu überraschen. Dass er damals 7 Jahre alt gewesen war, als sein Vater, seine Mutter und seine beiden Geschwister am Geburtstag seines Vaters erschossen wurden. Wie die Familie zusammen gekommen war, um zu feiern, was gar nicht so häufig vorgekommen war, und Cole sich in seiner kindlichen Art dieses Jahr eine besondere Überraschung ausgedacht hatte. Seine Mutter hatte ihm geholfen, sich selbst in ein Geschenk einzupaclen, um seinen Vater zu überraschen. Diesem Umstand hatte er es zu verdanken, dass er eben nicht von jenen Killern der wohl asiatischen Organisation erschossen worden war. Er ließ nicht aus, erzählte auch, was er gehört hatte, was danach geschehen war, als er die vier Toten gesehen hatte, bevor die Polizei gekommen war, die von Nachbarn informiert worden war. Dann erzählte er, warum das geschehen war, dass sein Vater bereits als Handlanger in der Branche unterwegs gewesen war, dass er aber nie wirklich viel erreicht hatte, dass er das Geld versoffen hatte oder für Nutten ausgegeben hatte. Er erzählte auch von seiner Mutter, die das Geld für die Kinder als Hure verdient hatte und ihren Frust über ihr Leben im Alkohol ertränkt hatte. Und erzählte von seinen Geschwistern. Seinem Bruder, der ein kluger Kopf gewesen war, der die Schule gut meisterte. Seine Schwester, die ihn geliebt hatte, und der er immer mal wieder vor den Kopf gestoßen hatte, weil sie ja schließlich ein Mädchen war, und er ein Junge, Und dennoch hatte er sie eigentlich aber abgöttisch geliebt, weil sie immer für ihn da war. Er reichte Antonin das Bild und fuhr dann fort zu erzählen, was danach geschehen war. Er erzählte von seinem Onkel, der ihn zwar bei sich wohnen hatte lassen, ihn aber nur als Sandsack verwendet hatte und nebenbei das Geld einkassiert hatte, das die 'Familie' für seinen Verlust an diesen gegeben hatte. Dann erzählte er, von Costello, der von Anfang an immer wieder nach ihm gesehen hatte, der ihn auch zu seinem Onkel gebracht hatte, und der ihm klar machte, was das Wichtige im Leben war 'Stärke, Kraft, ein eigener Wille, Eigenständigkeit und sein Zorn'- und bedingungsloser Gehorsam Costello gegenüber. Er trichterte ihm ein, dass er sich würde rächen müssen, dass sein Vater stolz auf ihn wäre, wenn er in den gleichen Lebensweg einschlagen würde. Und er erklärte ihm, dass Costello der einzige war, dem er verpflichtet war. Denn schließlich hatte er die Informationen, die Cole brauchte, um sich zu rächen. Und Rache war er seiner Familie schuldig. Er musste seine Familie rächen. Und wenn er sich bewährt hätte, dann würde er von Costello alle Informationen erhalten, die dafür notwendig waren. Costello schenkte ihm zu seinem 10. Geburtstag seine erste Waffe und lehrte ihm das Schießen. Costello war es auch, der ihn danach in die Jugendorganisation integrierte. Cole erzählte Antonin von seinem ersten Mord, den er mit 12 begangen hatte, wie er im Anschluss plötzlich jemand war. Und wie er die Angst genossen hatte, die man vor ihm hatte. Der Respekt. Er erzählte von Ragnar, der als einziger keine Angst vor ihm gehabt hatte, sondern in seiner weichen Art und Weise ihm klar machte, dass er einfach ein Freund war. Etwas, das er für sich niemals als möglich erachtet gehabt hatte. Aber in Ragnars unverbindlichen Art und Weise, einfach immer da zu sein, wenn man ihn brauchte, schaffte er es ihn zu überzeugen, dass ein Freund wohl auch etwas war, das man im Leben brauchte. Und auch wenn Costello davon nicht angetan war, waren sie bald nur noch im Duo aufgetreten. Mit 14 gingen sie bereits durch die Clubs, holten sich ihre ersten Erfahrungen und stiegen schließlich für Costello in das Drogengeschäft ein. Damals kannte Cole keine Skrupel. Und doch hatte Ragnar etwas an sich, was ihn zum Nachdenken brachte. Und dieses Nachdenken setzte sich durch, als er in eines der vielen Blutbäder verwickelt war. Er bat Ragnar, mit ihm wegzugehen, dieses Leben zu verlassen. Damals waren sie 17 gewesen. Doch auf ihrer Flucht wurden sie geschnappt. Costello bestrafte ihn für beide. Denn Cole nahm alle Schuld auf sich. Und wieder wurde ihm klar gemacht, dass es nur dieses eine Leben gab, das er würde jemals führen können. Und er hatte es geführt, war für Costello zu einer Mordwaffe geworden, kannte keinen Skrupel, keine Gnade. Und das war wohl der Grund, weshalb Ragnar sich mehr und mehr von ihm zurückzog, bis jener schließlich nach Europa ging. Dort hatte dieser studiert. Und sein Verschwinden bewirkte, dass Cole erneut nachdachte. Und damals war der Punkt erreicht, an dem er für sich den 'eigenen Willen' und die ‚Eigenständigkeit‘ endlich wirklich in die Tat umsetzte. Er begann ein eigenes Leben zu führen, unabhängig von allen und jedem. Dieses Leben war in einer Parallelwelt und es gab nur wenige Stunden am Tag, an dem er es führen durfte, aber er setzte sich darin durch, dass er seine eigene Wohnung hatte, dass er seinen Abschluss nachholte und das alles schaffte, ohne dass Costello davon etwas wusste. Und ab da führte er ein Leben in seiner Wohnung, und das, das den Rest des Tages bestimmte, wissend, dass er es nicht noch einmal überleben würde, wenn er sich wieder entschloss, diesem Leben zu entfliehen. Wissend, dass er aber dennoch dieses Leben so gestaltete, dass er es mit seinem Gewissen so gut es ging vereinbaren konnte. Wissend, dass auch Costello darauf aufpasste, dass niemand Cole davon abbringen würde, diesem zu gehorchen. Denn wenn etwas nicht nach dessen Willen lief, scheute er vor nichts zurück. Damit deutete Cole Antonin letztlich auch an, dass nach dem Aufenthalt im Gefängnis jene Verletzungen von Costello stammten. "Das ist so in etwa das traurige Leben des Cole Tinsley", erklärte er schließlich und lächelte matt. Während er gesprochen hatte, war er ruhig gewesen, hatte sich irgendwann zurückgelegt und in den Himmel geschaut. Sein Blick wirkte weit weg, so als sähe er vor seinem geistigen Augen ein Film, den er nacherzählte. Jetzt sah er den anderen wieder an. Er wusste nicht, ob Antonin aus seiner Erzählung wirklich schlau werden würde. Ob er begreifen konnte, weshalb es ihm schwer fiel, sich auf jemanden einzulassen? Ob er begriff, dass er Angst um Antonin hatte, wenn Costello davon Wind bekäme? Sollte er ihm das vielleicht sagen? Aber vielleicht war es besser, Antonin den Freiraum zu geben, selbst Fragen zu formulieren, wenn er diese hatte. Antonin Man könnte nicht behaupten, dass er sehr überrascht war, sich auf einem Friedhof wieder zu finden. Schweigend folgte er Cole, vorbei an allen möglichen Gräbern, hauptsächlich jedoch jenen für Amerika so typischen. Und vor eben einem solchen blieb der andere stehen, legte die mitgebrachten Blumen ab und setzte sich im Schneidersitz davor. Antonin selbst blieb etwas schräg versetzt stehen und las die Inschrift des Grabsteines. Vier Familienmitglieder an einem Tag ausgelöscht. Das war für sich genommen schon etwas, womit man nur schwer fertig werden konnte, doch ahnte er inzwischen, dass mehr dahinter stand, und obwohl er nicht sonderlich gläubig war, so schlug er doch das Kreuzzeichen. Wohl aus Respekt heraus. Aus Respekt vor dem Ort, vor der unbekannten, toten Familie des wichtigsten Menschen in seinem Leben. Als Cole schließlich zu sprechen begann hörte er aufmerksam zu und je länger er dies tat, desto unwohler wurde ihm. Eigentlich war gerade er niemand, der Mitgefühl für anderer Leute Schicksal aufbringen konnte. Er tat das ja nicht einmal mit sich selbst und trotzdem überrollte ihn gerade jenes Gefühl in einer großen Welle. Ganz ähnlich wie Unverständnis, Leid, Trauer, Panik... Und wenn ihm das als Unbeteiligten schon so ging, wie musste es dann erst in Cole aussehen? Welche unglaubliche Stärke und welch großer Kraftaufwand es jenen Mann wohl gekostet hatte, das alles zu überleben? Nicht einfach irgendwann seiner Familie zu folgen, sondern weiter zu machen? Nicht einfach zugrunde zu gehen, sondern sich seine Menschlichkeit noch zu bewahren? Aber zu jenen Gefühlen kamen noch ein paar andere, vielleicht nicht stärkere aber deutlichere. Beschützerinstinkt. Am liebsten hätte er Cole gepackt, in den nächsten Flieger gesetzt und sich irgendwo eine einsame Insel gesucht. Eine Insel ohne Gewalt, ohne Lügen, ohne Verpflichtungen, ohne Schmerzen. Utopisch und unmöglich, aber sein drängender Wunsch. Dazu kam Hass in seiner rohsten und ungezügeltsten Form. Wie konnte dieser Onkel es wagen? Wie konnte dieser Costello es wagen?! Wie konnte man einem KIND solche Dinge eintrichtern? Lange genug, dass Cole sie heute noch glaubte und als Wahrheit empfand? Wie abgefuckt musste eine Person in Dreiteufelsnamen sein, um ein Kind nur für Rache leben zu lassen? Um einen zwölfjährigen großartigen Kredit für einen Mord zu geben? Und hier trat der nächste Wunsch zutage: Beiden Arschlöchern das Leben langsam genug auspusten, so dass sie immer genau wussten, warum sie in kurzer Zeit sterben würden. Welches Verbrechen sie begangen hatten, um solch einen Tod zu verdienen. Was dann folgte war Dankbarkeit. Dankbarkeit für Ragnars pure Existenz. Jener hatte spätestens jetzt einen Stein in der Größe des Himalayas in Antonins Brett, selbst wenn jener es gar nicht wissen konnte. Vermutlich war Coles Menschlichkeit, welche ihn eben noch verwundert hatte, jenem zu verdanken. Himmel... und er hatte wegen zwei Narben Panikattacken geschoben. Wie lächerlich das hiergegen war. Auch wenn ihm an der Geschichte noch so ein, zwei Dinge auffielen, die er niemals erwähnen würde. Nicht einmal unter einem Lügendetektor. Und zwar, dass vieles von Coles Schmerz über den Verlust seiner Familie eigentlich schon verarbeitet sein müsste. Ja, es war tragisch und unglaublich belastend für jede Psyche, besonders natürlich für die eines kleinen Kindes, aber 18 Jahre waren eine lange Zeit. Und selbst wenn es immer schmerzen würde, so dürfte es schon lange nicht mehr Alltagsdiktierend sein. Außer natürlich dieser Costello sorgte nicht nur dafür, dass Cole spurte, sondern betrieb nebenbei auch noch wunderbare 'Erinnerungsstütze'. Immer wieder aufgerissene Wunden vernarbten ganz furchtbar und sie würden immer schmerzen. Immer und immer wieder. War das hier der Fall? Vermutlich. Dazu kam die Frage, warum jemand einen so kleinen Fisch mitsamt der Familie ausradieren sollte? Einfach so? Ohne wirklich etwas davon zu haben? Das klang sehr unlogisch. Und auch wenn gerade er den Wunsch nach Rache sehr gut nachvollziehen konnte, so blieb die Frage, ob Costello zum einen wirklich etwas wusste und wie viele Jahrzehnte jener noch warten wollte, bis er Cole gab was jener so dringend zu brauchen schien, um mit dem ganzen abzuschließen. Schließlich trat er einen Schritt näher, so dass er hinter Cole stand und ging in die Hocke, den anderen von hinten umarmend. "Ich will davon nichts schönreden, denn das ist es nicht", murmelte er leise. "Aber ich bewundere dich für deine Stärke. Für den Willen weitergelebt zu haben und für deine Kraftressourcen. Du hast nicht mein Mitleid, denn das brauchst du nicht, aber mein Mitgefühl, sofern überhaupt möglich. Dir wurden zwei ganz furchtbar wichtige Dinge verwehrt: Eine Familie und eine Kindheit. Und ich möchte Ragnar für seine bloße Existenz hundert Mal danken. Aber ein guter Freund, inmitten dieses Chaos ersetzt dir das Verlorene nicht. Niemand kann das. Nichts kann das. Was nicht bedeutet das du irgendeine Form der Schuld daran trägst. Diese Parolen von Costello.. das ist nicht der einzige Weg. Aber auch hier kann dir niemand den richtigen sagen oder aufzeigen, du musst ihn für dich selbst finden und ich möchte behaupten mit deinem Fernstudium hast du einen Schritt getan. Und egal was du selbst von dir denkst, oder deinem Leben, so ist es meine Entscheidung und mein Recht anders zu denken. Und ich möchte dich jetzt noch vielweniger aufgeben als vorher auch schon." Cole Cole schloss einen Moment die Augen, als er die Umarmung spürte und lehnte sich ganz unbewusst in diese Umarmung. 'Und das ist der Mensch, der mir vielleicht zeigen kann, was Glück und Liebe bedeutet', dachte er, seine Gedanken an seine Eltern und seine Geschwister gerichtet. Und er musste Schmunzeln dabei. Ihm wurde warm, als er die Worte hörte, die der andere sprach. Eine innere Wärme, die er noch nie in diesem Umfang gespürt hatte. Zumindest erinnerte er sich nicht mehr daran. Der Wille, weiterzuleben. Ja, er hatte oft mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören. Aber da gab es zwei andere Gedanken. Einmal den, dass er seinen Eltern schuldig war, für sie zu leben. Und dann, dass Antonin ihm bewiesen hat, dass er wirklich auch noch leben wollte, dass er sich nach einem Leben sehnte. Einem anderen Leben als dem, das er im Augenblick führte. Und ja, Kraft hatte er wohl. Aber auch die war immer wieder erschöpft, so wie neulich als er aus L.A. zurückgekehrt war. Oder als er damals im Haus seiner Eltern gewesen war. Und dann war da Antonins Meinung hinsichtlich eines richtigen Umgangs damit. Dass Costello unrecht hatte, dass er selbst sehen musste, wie er endlich damit abschließen konnte. Hm.. Er wusste das schon, schon sehr lange. Aber es war ihm nicht möglich. Er reizte die Grauzone sehr aus. Mehr ging momentan nicht. Nicht, wenn er überleben wollte. Und das wollte er. Die letzten Worte, die er hörte, ließen ihn seinen Kopf drehen, um Antonin anzusehen. Einen Moment hingen seine Augen in denen des anderen, die heute aussahen wie der Himmel an einem heißen Augusttag. Dann ließ er seine Nasenspitze an der des anderen entlangstreichen, bevor sich ihre Lippen sanft berührten. Es war ein sanfter, zärtlicher Kuss. Und er löste in ihm ein ungeheures Gefühl aus, ein Kribbeln, das tief unter seinem Nabel festsaß und von dort aus seinen ganzen Körper erfüllte. Als er sich wieder von Antonin löste, blickte er ihn wieder an. Er wusste nicht, was er sagen sollte, also schwieg er. Er war dankbar, aber das sah man ihm sicher an. Er war froh, auch das sah man sicher. Und er war irgendwie auch glücklich, was er hoffte, dass man es auch sehen würde. Dann blickte er wieder zum Grabstein. "Ich bleibe noch ein wenig sitzen, wenn es dich nicht stört. Und nachher würde ich gerne noch zu dem Haus fahren, das einmal meinen Eltern gehört hat, und von dem leider nicht mehr viel übrig ist." Antonin Er versank förmlich in den Augen des anderen, als der sich zu ihm herumdrehte und ihn ansah. Oh Gott, so einen Ausdruck hatte er in Coles Augen noch nie gesehen und es erwärmte sein Herz. So wie ihn dieser unglaublich zärtliche Kuss einfach nur dahinschmelzen ließ. Wenn das die Art des anderen war, sich für die paar Worte zu bedanken, dann würde er sie ihm bis ans Ende seines Lebens täglich aufsagen. Antonin verstärkte die Umarmung kurz, als er die Aussage hörte und nickte. "Bleib sitzen solange du willst." Und er würde genau hier bleiben, diesen unfassbar faszinierenden Mann umarmen und genau das tun, was er versprochen hatte. Für den anderen da sein. Er warf einen Blick an Cole vorbei auf das Familiengrab und ließ einiges vom eben Gehörten noch einmal Revue passieren. Es war für ihn schwer nachvollziehbar, was dieser eindrucksvolle Mann schon alles erlebt und auch überlebt hatte. Aber je länger er darüber nachdachte, desto zentraler schien eine Figur zu rücken. Costello. Und er ahnte auch, was Cole nicht ausgesprochen sondern nur angedeutet hatte. Das jenes Arschloch immer dafür Sorge trug, dass Cole ihm nicht wieder aus der Reihe tanzte. Was unter Umständen eine Gefahr für Antonin selbst darstellen könnte, über kurz oder lang. Und in diesem Moment war er mehr als glücklich darüber, dass Cole ihm den Rücken zukehrte und seine hart gewordenen Augen nicht sah. Es war damit wieder an der Zeit, nicht mehr ungeschützt aus dem Haus zu gehen. So sehr er sich am liebsten nur noch auf sein Labor und seine Forschung konzentrieren wollte, so unwahrscheinlich wurde das von Tag zu Tag. Nicholas schien sich einmal mehr im Recht zu befinden, denn obwohl Antonin seit einiger Zeit versuchte, mit aller Macht nicht an diese Teile seiner Vergangenheit zu denken, so drängte sich diese mit nur noch mehr Macht zurück in sein Leben. Bis auf ein paar kleinere Schnitzer schien er sich bisher nicht verraten zu haben und auch wenn es ihn jetzt mehr denn je bedrückte, Cole etwas zu verschweigen, so hielt er es doch für das Beste. Noch ließ sich für ihn so etwas Ähnliches wie ein normales Leben führen. Auch wenn Tayra jetzt etwas ahnen könnte, nach seinem mehr als dämlichen Ausrutscher im Savoy. Offiziell wusste er gar nichts von irgendwelchen Autoschiebereien. Er besaß doch angeblich nur eine grobe Vorstellung davon, was Cole arbeitete, und auch wenn es immer schwieriger wurde, so würde er sich nicht wieder einmischen. Außer dieser Costello bekam ihn auf den Schirm und würde tatsächlich etwas versuchen. Denn die Chancen, dass er einen solchen Versuch überleben würde, standen zu seinen Gunsten. Coles Boss rechnete nicht mit einen Guard, oder um die 'offizielle' Bezeichnung einmal zu verwenden: Einem Bluthund. Besser ließ sich der russische Eigenbegriff nicht übersetzen und jener war in höheren Kreisen bekannter als die inoffizielle Bezeichnung des Guards. Vor allem da seine 'Einheit' die erste gewesen war, bei der sie mit auf die Psyche eingingen und auch jene unterwanderten, bis das Leben eines Zieles wirklich an erster Stelle stand. Bekannt und berüchtigt wurde die russische Organisation jedoch unter dem anderen Begriff. Und so gut wie niemand konnte sich einen von seiner Sorte leisten. Weshalb Antonin sich vorerst einfach nur zurücklehnen und das Ganze auf sich zukommen lassen würde. Wäre sein Leben wirklich in Gefahr, würde er vielleicht offenbaren, gegen wen das Arschloch da agierte. Aber selbst das könnte und dürfte er nicht, ohne mit Cole darüber gesprochen zu haben, denn da blieb diese Sache mit der Rache zurück… Kapitel 81: Touchdown --------------------- Cole Sie saßen noch eine geraume Weile da. Cole ließ Revue passieren, was ihm im letzten Jahr, besonders im letzten etwa halben Jahr alles widerfahren war, was sich geändert hatte. Und es waren einige Dinge dabei, die ziemlich gut waren. Das Beste war sicherlich, dass er hier nicht alleine saß. Als sein Handy klingelte, wusste er wieder am Klingelton, wer da anrief. Er ging nicht ran. Das Haus stand noch immer als Ruine da. Cole blieb nur kurz am Grundstück. Er sollte sich endlich überlegen, was er damit anfangen wollte. "Möchtest du mit mir Schwimmen fahren?", fragte er schließlich Antonin. "Ich fahre immer an diesem Tag schwimmen. Dort am Strand ist auch das Foto, das ich dir gezeigt habe, aufgenommen worden. Dieser Tag ist für mich wie ein Ritual. Ich hoffe das stört dich nicht. Und wenn du nach Hause willst, musst du es nur sagen. Ich kann mir vorstellen, dass das alles ein wenig viel für dich ist." Fragend blickte er Antonin an und war froh, als dieser einwilligte. Und so fuhr Cole, der ohnehin vorsichtshalber mehr Strandsachen mitgenommen hatte, mit Antonin ans Meer. Er mochte zwar selbst nicht gerne schwimmen, hatte es, seit er das letzte Mal mit seinen Eltern hier gewesen war, nie wieder versucht zu lernen, aber dennoch war er gerne an diesem Strand. Das gleichmäßige Wellenschlagen ließ ihn immer wieder runterkommen. Er liebte das Meer für seine Ruhe und für seine Kraft gleichermaßen. Und an diesen Tagen immer besonders. Er zog sich seine Badehose an und legte sich hin, die Augen schließend. Es tat gut, nicht alleine zu sein, ohne den Zwang zu haben, ständig reden zu müssen. Das tat sehr gut. Antonin Als sie an Coles Haus ankamen, betrachtete er es nachdenklich, darüber sinnierend, dass er hier tatsächlich das erste Mal als der Schutzengel des anderen agiert hatte. Und so im Nachhinein hatte er sich unglaublich über jenes Geschenk gefreut. Die Figur stand inzwischen auf seinem Wohnzimmertisch, so dass er sie immer sehen konnte wenn er denn wollte. Er sah etwas aus den Gedanken gerissen auf, als Cole ihn fragte ob er mit zum Schwimmen fahren wollte, doch er bejahte es fast augenblicklich. Auch wenn er sich dort angekommen, dagegen entschied, tatsächlich ins Wasser zu gehen und sein T-Shirt anbehielt. Noch war er nicht wieder ganz gesund, da wollte er lieber kein Risiko eingehen. Doch während Cole sich sonnte hatte Antonin zum einen viel weitere Zeit zum Nachdenken und zum anderen einem kindischen Wunsch nachzugehen. Weshalb er etwas näher ans Wasser ging und damit begann eine Pyramide zu bauen. Er war noch nie ein Fan von Schlössern gewesen, während ihn die ägyptische Geschichte schon immer interessiert hatte. Und apropos Geschichte... es war schon ein wenig seltsam zu wissen, dass jenes Foto hier aufgenommen worden war. Vielleicht war der Strand deshalb eine Art Ruhezone für den anderen? Weil er hier schon einmal ein paar glückliche Stunden erlebt hatte? Er dachte an die Gesichter auf dem Bild zurück und fragte sich, was wohl aus Cole geworden wäre, wenn seine Familie nicht ermordet worden wäre. Ob sie sich auch begegnet wären? Ob sie sich dennoch angezogen hätten? Aber vermutlich würde Antonin nur mit jemand anderem Geschäfte machen und niemals auf Cole treffen. Mit dem Schicksal war es wirklich eine merkwürdige Sache… Und wenn er schonmal beim Schicksal war… Cole hatte ihm heute, ohne es zu wissen, das größte Geschenk gemacht: Jene Sicherheit, die er so dringend benötigt hatte. Denn nach dem heutigen Tag war er sich sicher, dass ihm seine Position an Coles Seite niemand streitig machen könnte. Das niemand so schnell Coles Vertrauen gewinnen könnte, um ansatzweise Ähnliches mit ihm zu teilen. Der andere Mann hatte ihm ein Stück Herz und Seele präsentiert und Antonin würde darauf aufpassen. Er musste schmunzeln und hob den Blick von dem eher schief geratenen Objekt aus Sand, um aufs Meer hinaus zu sehen. Vielleicht war er ja immer noch ein Guard für Cole, wenn auch auf gänzlich andere Weise, als das ursprünglich einmal der Plan gewesen war. Cole Cole genoss die Wärme der Augustsonne. Es tat ihm verdammt gut. Und langsam sickerte auch bei ihm durch, was er eigentlich gerade getan hatte. Er hatte sich seelisch entblößt, war letztlich nackt vor Antonin gestanden. Und jener hat sich nicht zurückgezogen, sondern saß bei ihm im Sand und baute eine Sandburg. Oder sollte das eine Pyramide darstellen? Cole drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf seine Hand, um Antonin zu beobachten. Was jener wohl jetzt über ihn dachte? Ob er Angst bekommen hatte? Er wirkte nicht so, er wirkte eher, so als ob jener zufrieden wäre. Zufrieden vielleicht, weil er endlich wusste, wer Cole war. Vielleicht auch nur, weil er zufrieden war, weil nun nichts mehr zwischen ihnen stand. Es gab nichts Gravierendes was Antonin jetzt nicht über ihn wusste. Cole fühlte sich erleichtert. Es blieb das Gefühl der Panik aus, vor dem er Angst gehabt hatte. Panik, dass jener ihn zurückstoßen und dieses neue Wissen gegen ihn verwenden könnte. Nein, davon war nichts zu spüren. Vielmehr stellte sich eine unglaubliche Entspannung und Ruhe ein. Der Streit war vergessen. Letztlich war er auch nur aus eben jenem Wissensdefizit resultiert. Und spätestens jetzt müsste Antonin begriffen haben, dass er es wirklich ernst meinte, dass er ihm wirklich so verbunden war, dass er ihn wirklich an seinem Leben teilhaben ließ. Und zwar als einzigen Menschen. Ja, Antonin war der einzige Mensch, außer Ragnar, der alles von Cole wusste. Und selbst Ragnar hatte er nie alles anvertraut. Cole legte seinen Kopf wieder ab und schloss die Augen. Es tat so gut... Als sein Handy klingelte ging er diesmal ran. „Hm“, murmelte er und lauschte den Worten. „Danke.“ sagte er irgendwann knapp, bevor sich seine Augenbrauen zusammenzogen. „Ich werde heute nirgendwohin kommen. Und von daher interessiert es mich nicht. Wir haben eine Abmachung! Das ist mein freier Tag.“ Cole lauschte erneut den Worten. „Es tut mir leid, aber: Nein.“ Dann legte er auf. Kurz blickte er das Handy an. Nein, heute würde er nicht zur Verfügung stehen. Für nichts und niemanden. Und wenn die Welt untergehen würde. Und auch, wenn Costello vorhatte, heute Abend sich mit anderen Chefs zu treffen. Cole schaltete das Handy auf lautlos und stand auf, um hinüber zu Antonin zu gehen und sich neben ihn zu setzen. „Deine Burg schaut ein wenig aus wie eine Pyramide“, stellte er fest und grinste den anderen ein wenig an. „Hast du heute noch etwas vor?“, fragte er und fügte hinzu. „Ich habe gehört, dass heute die New York Jets gegen Miami Dolphins spielen. Und ich könnte Karten auftreiben...“ Cole hatte nicht vergessen, welchen 'Traum' Antonin hatte. Und vielleicht ließe sich dieser ja heute verwirklichen. Antonin Er sah von seiner eher missglückten Konstruktion auf, als das Handy klingelte, bevor er den Blick wieder von dem anderen Mann abwandte und überlegte wie er das kleine Weltwunder vor dem Einsturz bewahren sollte. Antonin bekam das Gespräch nur am Rande mit, aber war erleichtert, dass Cole sich diesen Tag gönnen würde. Ohne die übliche Gewalt und die Machtdemonstrationen, die dem anderen im täglichen Leben wohl häufiger begegneten. Die Seele einmal baumeln zu lassen - sofern möglich - war gerade an einem solchen Tag doppelt wichtig und wohl auch nötig. Ein wenig lächelnd sah er auf, als Cole zu ihm herüberkam und sich neben ihn setzte. "Das liegt daran, dass es eine Pyramide ist. Oder zumindest sein soll. Aber ich befürchte diese hier wird kein Weltwunder, das tausende von Jahre übersteht." Jetzt kam es ihm fast ein wenig zu kindisch vor, aber andererseits half ihm das sich davon abzulenken, dass ihn Coles Vergangenheit mehr mitnahm, als er es zulassen wollte. Antonin ließ seinen Blick über den Körper des anderen gleiten und sein Lächeln vertiefte sich. Auch wenn dem anderen ein paar Pfund mehr wirklich nicht schaden würden, so war der Mann doch eine Augenweide. Hehe… Sex für die Augen. Doch als er die Frage, vielmehr ja Vorschlag hörte, sog er seine Unterlippe ein wenig unentschlossen zwischen die Zähne. "Bist du sicher, dass du das willst? Heute?", damit hatte er sich entschlossen, seine Gedanken dazu ehrlich auszusprechen. "Versteh mich nicht falsch, ich würde wahnsinnig gern mit dir da hingehen...", er stockte und schien zu überlegen, bevor er nach ein wenig Sand griff und Cole damit bewarf. Natürlich darauf achtend, nicht einmal ansatzweise in kopfnähe zu kommen, denn das könnte sehr unangenehm werden, das Zeug in die Augen zu bekommen. "Andererseits bist du ein großer Junge und kannst selbst entscheiden was du willst und was nicht. Vergiss was ich gesagt habe und besorg die Karten." Er grinste und legte den Kopf ein wenig zur Seite, seinen Blick ein weiteres Mal über Coles Körper gleiten lassend. "Ich mag den Drachen", murmelte er plötzlich, mit der Musterung des anderen an den Ausläufern jener Tätowierung hängen bleibend. "Je nachdem welcher Legende man folgt, symbolisiert er etwas anderes. Weisheit, langes Leben, Habgier, Rachsucht, Unsterblichkeit, Bösartigkeit, Kampfgeist, Schutz... Und es gibt eben jene Legenden über sie in fast jedem Teil der Welt. Tatsächlich handeln die wenigsten von den armen Kreaturen, die nicht besseres zu tun haben, als sich irgendwelche Jungfrauen opfern zu lassen." Er lehnte sich zurück, stützte sich mit den Ellenbogen im Sand ab und wandte den Blick von Cole ab, um auf das ruhige Meer hinaus zu sehen. "Ich habe mich immer fasziniert von ihnen gezeigt, daher finde ich es im Nachhinein unglaublich passend, dass du so eine Tätowierung hast." Er warf Cole einen Seitenblick zu und schmunzelte. "Sie repräsentiert dich gut, in meinen Augen." Er ließ seinen Blick wandern, bis zu der entblößten Brust. "Besser als manch anderes." Cole Der Blick, den Antonin über seinen Körper gleiten ließ, nahm Cole nur zu gerne wahr, bestätigte ihm das doch, dass er nach wie vor attraktiv für Antonin war. Nun, er hatte nie wirklich daran gezweifelt, aber nach den jüngsten Vorfällen war es dennoch angenehm. Auf die Frage, ob er sich sicher sei, an diesem Tag das mit Toni machen zu wollen, seufzte Cole ein wenig. Ja, vielleicht wäre heute angesagt, innen zu sitzen und Trübsal zu blasen, aber hätten seine Eltern, seine Geschwister das gewollt? Sicher nicht. Sicher wäre es für sie in Ordnung gewesen, wenn er stattdessen ins Stadion ging und unter Umständen an einem ungewöhnlichen Ort richtig guten Sex zu haben. "Hey", beschwerte er sich und begann den Sand wegzuwischen. "Du bist ganz schön frech dafür, dass ich dich auch einfach hier sitzen lassen könnte. Ich hoffe du verträgst das Echo, das kommen wird." Er blickte scheinbar entsetzt an sich herab, wo ihn der Sand getroffen hatte und grinste Antonin dann an. Doch als dieser weiter sprach, war er erleichtert, dass Antonin selbst feststellte, dass er Cole eine solche Entscheidung überlassen konnte. "Ich weiß, dass es von meinem Ritual abweicht, aber heute ist alles ein wenig anders." Ja, heute war alles anders. Ab heute war alles anders. Und wieder spürte er den Blick, der über seinen Körper glitt. Cole musste Schmunzeln. Doch bevor er einen stichelnden Kommentar loswerden konnte, begann Antonin zu reden. Und so hörte er ihm geduldig zu. "Weißt du, diese beiden Tätowierungen symbolisieren die zwei Seiten meines Lebens. Der Drache steht für mich, für Freiheit und Unabhängigkeit, Stärke und Unbezwingbarkeit." Cole hatte seine Hose ein wenig hinuntergezogen, damit das gesamte Bild zu sehen war, und betrachtete es. Es hatte damals ziemlich geschmerzt, es stechen zu lassen, aber es hatte sich gelohnt. "Nun und der Revolver ist das andere Leben, das er symbolisiert. Und irgendwann wird mich wohl eine Kugel genau dort treffen." Er lächelte bei dem Gedanken kurz, traurig. Dann blickte er Antonin an. "Aber es freut mich, dass du den Drachen als etwas siehst, was mich repräsentiert. Denn genau das war die Intention dahinter. Und Drachen fand ich auch schon immer sehr faszinierend." Cole drehte sich zur Seite, so dass er über Antonin im Kniestand war, während seine Hände ihn abstützten. So blickte er nun auf Antonin herab und beugte sich leicht, um ihn zu küssen. Als er den Kuss wieder löste, blickte er Antonin an. "Ich fürchte wir müssen jetzt los, wenn wir uns für das Spiel noch umziehen wollen", erklärte er und stand schließlich auf, dem anderen die Hand reichend, um ihn hochzuziehen. Als dieser stand zog er ihn zu sich, um ihn erneut zu küssen. "Aber vorher muss ich dir leider noch kurz den Schalk hinter deinen Ohren wegwaschen, damit du lernst, dass du nicht so frech sein solltest..." Während er das sagte, hatte er Antonins Hände ergriffen und begann nun, den anderen mit ins Wasser zu ziehen. Es endete in einer Kappelei, in der er, körperkraftmäßig unterlegen war, aber es immerhin schaffte, dass der andere genauso nass war, wie er. Und das schönste daran war, dass er mal wieder so richtig lachen konnte. Ja, so ließ es sich leben. Antonin Antonin grinste genauso frech, wie es ihm unterstellt wurde und vor dem angesprochenen Echo fühlte er eher wenig Unbehagen in sich. Auch wenn er hoffte, dass Cole nicht schon wieder auf Liebesentzug zurückgreifen würde für eine solche Kleinigkeit. Wobei, heute wohl kaum. Sein Blick wurde nachdenklicher als er Cole weitersprechen hörte und betrachtete die freigelegte Tätowierung. Schließlich sah er auf, suchte die Augen, den Blick des anderen, dessen etwas traurig wirkendes Lächeln bemerkend. "Du solltest solche Dinge nicht sagen, auch wenn man jetzt behaupten könnte ich würde dann in einer kleinen Fantasiewelt leben. Aber es kitzelt etwas in mir, von dem wir wohl beide nicht mehr wollen, dass es wieder zutage tritt. Zudem.. ich persönlich glaube, dass eine kleine Kugel einem Drachen nichts anhaben kann." Er lächelte wieder und als Cole sich über ihn kniete erwiderte er den Kuss sofort und betrachtete danach das schöne Grün, das die Augen des anderen gerade aufwiesen. Er wäre wohl in zehn Jahre noch davon fasziniert. Doch dann wurden seine Gedanken schnell auf das vor ihnen liegende Spiel gelenkt und ein begeistertes Funkeln schlich sich in seine Augen. "Stimmt, zu so etwas kommt man nicht zu spät. Ich kann den HotDog schon förmlich schmecken", murmelte er schwärmerisch und blickte dann ein wenig erstaunt drein, als er Coles nächste, dem nächsten Kuss folgende Worte hörte. Was zum..?! Er wehrte sich so gut es ihm momentan möglich war, dem Wasser zu entgehen, doch so ganz wollte das nicht gelingen. Zudem es ihm gerade auch zu viel Spaß bereitete und er sich deshalb nach dem kurzen ehrlichen Zögern einfach darauf einließ. Würde schon nichts passieren. Und als sie schließlich wieder bei Coles Wagen ankamen, zog er sich das Shirt über den Kopf und wrang es kurzerhand aus. "Wenn deine Sitze nass werden, gib nicht mir die Schuld", versetzte er und streckte dem anderen die Zunge raus, bevor er sich den dünnen Pullover wieder überzog. Inzwischen glaubte er von sich selbst eine gewisse Wärmeresitenz zu besitzen, von daher störte ihn das nicht wirklich. Sie einigten sich darauf, erst zum einen und dann zum anderen zu fahren, um sich umzuziehen und gegebenenfalls kurz unter die Dusche zu springen. Antonin entschied sich für eine der neuen dunkelblauen Jeans, ein schwarzes Achselshirt und einen hellgrauen Kaputzenpullover, dessen Reißverschluss er jedoch offen ließ. Natürlich nach der kurzen Dusche, da ihn das Salzwasser schon ein wenig nervte und er das kratzende Gefühl von seiner Haut herunter haben wollte. In der Zwischenzeit schien Cole die Karten organisiert zu haben und als sie vor dem Stadion hielten war Antonin schon Feuer und Flamme. Es war ihm herzlich egal, ob sich Cole für den Sport interessierte oder nicht, er betete dem anderen die Ergebnisse der beiden Teams in der Liga trotzdem herunter und konnte sich nicht so ganz entscheiden, wen er anfeuern wollte, denn beide zählten nicht zu seinen Lieblingen. Also war es ihm momentan sowieso lieber sie nicht zu sehen. Vor allem die Atmosphäre bei einem solchen Spiel hatte keine Probleme, Antonin einzufangen und so folgte er Cole mehr aus den Augenwinkeln heraus, da er sich gerade viel zu leicht ablenken ließ. Doch dann riss er sich aus diesem Wahnsinn und trabte zurück an die Seite des anderen, um diesen neugierig anzusehen. "Na, wo ist der geheimnisvolle Kartenmann?" Cole Cole war froh, als er auch duschen konnte. So gerne er am Strand lag und sich von der Sonne berieseln ließ, so ungern mochte er das Salz auf der Haut und den Sand überall. Aber es gehörte nun einmal dazu. Und für die Haut war das eigentlich ganz gut, hatte er mal gehört. Und was tat man nicht alles für gutes Aussehen. Während sie bei Antonin waren, hatte er Timothy angerufen, der an den Spieltagen im Giants Stadium tätig war, und ansonsten im Lady-Dream dafür zuständig war, den Leuten hinter der Bar ihre Wünsche zu erfüllen. Dieser hatte versprochen, sie rein zulassen und ihm noch eine kurze Geschichte darüber erzählt, weshalb Cole heute besonders viel Glück hatte, weil zwei Freunde von ihm kurzfristig abgesprungen waren. Bei sich zu Hause angekommen, stellte Cole sein Foto wieder gewissenhaft zurück an den Ort, von dem er es entführt hatte, und legte auch das Band zurück. Dann ging er duschen. Er zog sich eine verwaschene helle Jeans und ein schwarzes Shirt darüber an, dann ging es auch schon los. Während Antonin immer leuchtendere Augen zu bekommen schien, je näher sie dem riesigen Stadion kamen, desto mehr musste Cole schmunzeln. Und auch vor Ort, schien jener völlig begeistert zu sein. Er selbst hatte nie wirklich viel mit diesem Sport anfangen können. Aber jedem das seine, und so wirklich unsympathisch war der Sport nicht. Cole lief mit Antonin, dessen Aufmerksamkeit überall war, nur nicht auf seinem Weg, zu einem bestimmten Eingang. Kurz vor Spielbeginn würde Timothy kommen und sie einlassen. Als Antonin zu ihm kam und fragte blickte Cole ihn lächelnd an. "Er kommt gleich. Keine Sorge." Ein amüsiertes Funkeln leuchtete in seinen Augen, als er Antonins unruhige Augen suchend umherblicken sah. "Ich glaube ich werde mir jetzt auch einen Hotdog gönnen. Aber wir müssen uns beeilen. Die Plätze sind exklusiv, aber nicht einfach zu finden." Und kaum hatte er es gesagt, wurden sie auch schon von hinten angesprochen. Timothy, ging mit ihnen beim Getränkestand und HotDog-Stand vorbei und führte sie dann in die Katakomben des Giants Stadium, das immerhin 80.242 Zuschauer beherbergte. Dann erreichten sie ihre Plätze, Plätze, für die man normalerweise über 2500$ zahlte. Sie saßen zwar hier in der hinteren Reihe, aber der Blick war phantastisch. Eigentlich waren diese Plätze für Ordner oder Zivilpolizisten reserviert, aber das Personal nutzte sie nur, um Freunde zu dem Spiel einzuschleusen. Cole fragte nicht, ob Antonin die Plätze gefielen. Das war zu offensichtlich. Cole setzte sich und biss in seinen HotDog. Die Stimmung war phantastisch und er wusste, dass er heute einen schönen Abend haben würde, auch wenn er nicht wirklich viel von dem Spiel verstand. Es war alles nur eine Frage des 'sich darauf einlassen Wollens'. Und allein, wenn er Antonins Augen sah, spürte er, dass die Idee, hierher zu kommen, die beste war, die er seit langem gehabt hatte. Genüsslich aß er seinen HotDog, bevor das Spiel endlich begann und trank seine Cola. Er hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, und mittlerweile hatte sogar er Hunger. "Und, für wen schreien wir nachher?", fragte er nun und blickte Antonin an. "Und wie war das doch gleich nochmal mit dem Homerun?" Er grinste den anderen an. "Ich hoffe es stört dich nicht, dass ich nicht wirklich viel Ahnung von dem Spiel habe." Er zuckte entschuldigend mit seinen Schultern. "Bisher hat mich das nie so interessiert. Wieso stehst du so sehr auf den Sport?" Antonin "Hotdogs sind absolutes Pflichtprogramm für jedes Footballspiel", stimmte Antonin zu. "Und du machst mich gerade ziemlich neugierig auf dies Exklusivplätze", gab er zu und drehte sich dann mit Cole zusammen um, als sie angesprochen wurden. Das Gesicht des anderen könnte ihm was sagen, aber andererseits, nicht wirklich. Und was sollte es jetzt auch? Derjenige ließ sie auf alle Fälle ein und damit war er Antonin schon mal sehr sympathisch. Am Hotdogstand ließ er sich einen mit allem und extra Zwiebeln machen, nur um auf den wohl etwas perplexen Blick des anderen die Schultern zu zucken. "Man kann nicht immer gesund essen", erklärte er und bekam dann immer größere Augen als er merkte, wo sie hingeführt worden. "Das ist nicht wahr.. das ist nicht wahr!", hauchte er und setzte sich etwas sprachlos neben Cole. "Unglaublich. Absolut unglaublich." Er wandte sich Cole zu, seinen Hotdog erstmal ignorierend. "Hast du überhaupt eine Ahnung was diese Plätze hier kosten? Ich hätte vor einiger Zeit getötet, um so einen Plaz zu ergattern." Er blinzelte noch ein paar Mal perplex, bevor sich wieder jenes Strahlen in seiner Mimik niederließ, das wohl zu seinem Spitznamen geführt hatte. "Unglaublich." Und um sich ein wenig von seiner Überraschung zu erholen konzentrierte er sich nun erstmal auf seinen geliebten Hotdog und ließ seinen Blick neugierig über das volle Stadion gleiten. Er liebte die Stimmung hier. Es war für ihn jedesmal wieder, als würde man von einer Welt in eine komplett andere abtauchen. Und für die Dauer eines Spieles einfach mal alles um sich herum zu vergessen und einfach nur mitfiebern. Zudem es ganze Fanseiten gab, die irgendwelche Sprechgesänge veröffentlichten, die dann auch von den jeweiligen Fans vorgetragen wurden. Ganz zu schweigen von den Cheerleadern, die ja ebenfalls schon so eine Art eigene Fanbase besaßen. "Für die Dolphins", entschied Antonin schließlich spontan und steckte sich den letzten Bissen in den Mund um genüsslich daran herum zu kauen und Cole sein Getränk dann kurz zu entwenden, um das ganze herunter zu spülen. Frech grinsend reichte er es dem anderen zurück, mehr Durst würde er nicht bekommen, das wusste er aus Erfahrung. Er war nach seinem Hotdog immer viel zu sehr damit beschäftigt, sich auf das Spiel zu konzentrieren und das jeweilige Getränk würde nur schal werden. Doch dann, wandte er seinen wieder vom Spielfeld wie magisch angezogenen Blick abrupt wieder zu Cole. Homerun? Irgendwas klingelte da. Nur wa... oh. Oh! Ob das wirklich eine Anspielung auf seine Fantasie gewesen war? Daran hatte Antonin gar nicht mehr gedacht. Aber wenn, dann würde Cole spätestens jetzt wissen das Antonin nicht gescherzt hatte als er dem anderen erzählt hatte, das man ihn wirklich davon überzeugen müsste. Football war wie eine Droge für ihn. Sex zwar irgendwie auch und beides zusammen wäre sowas wie der Sündenhimmel, aber auch nicht so leicht zu verwirklichen. Deshalb grinste er nur und überging diese Frage. "Es heißt Touchdown. Aber es ist gar nicht schlimm, wenn du dich nicht auskennst. Im Grunde zieht einen sowieso nur die Stimmung hierher. Aber wenn du dich doch mal dafür interessieren solltest, empfehle ich die Spiele der Junior-Leage. Die haben weiße Bändchen um und jedes Mal wenn einem das Band abgerissen wurde, gilt man als niedergetackelt", erzählte er und runzelte dann kurz die Stirn. "Das liegt an meiner Highschoolzeit. Meine Schule hatte dieses unglaublich gute Highschoolteam und die Jungs da drinnen waren so 'cool'. Ihnen liefen die ganzen Mädchen nach, sie hatten das Ansehen der ganze Schule und so weiter und so fort. Eine Weile wollte ich selbst spielen, aber ich war immer zu klein und zu schmächtig. Weshalb ich mich aufs Zusehen beschränkt habe und irgendwann war es nicht mehr, weil ich mir wünschte auch so einen tollen Ruf zu haben, sondern weil ich wirklich mitfieberte. Ja, so begann das eigentlich." Er lächelte Cole an und begann dann mit den anderen zu klatschen als die ersten Cheerleader das Feld betraten. "Zudem die Kerle auch meistens fantastische Körper hatten, was ich mir jetzt eingestehen kann, ich zu meiner Schulzeit jedoch fantastisch verdrängt habe", erzählte er weiter, diesmal jedoch ohne den Blick vom Geschehen auf dem Rasen abzuwenden, trotzdem mit einem Lächeln auf den Lippen. "Aber ich hatte den Kopf auch zu dem Zeitpunkt mit genügend anderen Dingen vollgestopft. Ich habe meinen Abschluss ein Jahr früher gemacht und musste für das halbe Stipendium an der Harrison School of Pharmacy Sorge tragen. Und für die restliche Bezahlung. Dazu kam dann in den folgenden Jahren, dass ich jene Schule ebenfalls ein Jahr früher abschließen konnte beziehungsweise wollte und dafür mehr als genügend zu tun hatte, um mich nicht mit solchen Dingen auseinander setzen zu können oder wollen." Er erzählte das ohne Groll gegen sich oder andere. Seine Schulzeit war im Grunde eine schöne gewesen und seine sexuelle Ausrichtung war damals einfach nicht zur Debatte gestanden. "Was ist mir dir? Interessiert dich gar kein Sport?" Cole Cole grinste in sich hinein, als er merkte, dass Antonin seine Anspielung bezüglich des ‚Touchdowns‘ ignorierte. Er aß den letzten Bissen des Hot Dogs und fühlte sich unglaublich schwer. Am liebsten wäre er das Essen gleich wieder los geworden. Aber das war nun mal immer so mit dem Fast Food. Und dass er es wirklich manchmal nicht in sich behalten konnte, hatte ihm gelehrt, zu versuchen, weitestgehend darauf zu verzichten. Er blickte Antonin von der Seite an, als dieser zu erzählen begann. "Du warst also schon immer schwul", stellte er fest und grinste frech. "Aber ich kann das nachvollziehen. Sportler haben schon tolle Körper..." Sein Blick glitt kurz in weite Ferne und sein Lächeln wurde süffisant. Doch dann blickte er Antonin überrascht an. "Du warst schmächtig? Nun, dass du klein bist, das übersieht man ja nicht, aber schmächtig?" Seine Stimme verriet, dass er es nicht böse meinte, dass er nur stichelte. Er lachte leicht. Doch als die Cheerleader hereinkamen hob er seufzend die Augenbrauen. Die Cheerleader waren so ungefähr das letzte, was er mochte. Aber das Strahlen, das auf Antonins Gesicht sich ausgebreitet hatte, entschädigte ihn für all den Hetenquatsch, den er hier erleben musste. Er musterte Antonin, als er von den tollen Körpern sprach. Nun, zumindest gab das der andere zu. "Du hättest damals ruhig auf deine Hormone hören können. Sie haben dir schon damals das richtige Liedchen geträllert...", raunte er ihm ins Ohr, da dieser ihn offenbar nicht ansehen wollte. Doch die Erklärung, die Antonin ihm gab, musste er wohl gelten lassen. "Dass du so eine Streberleiche warst… unsympathisch. Ich habe die 10 gerade so geschafft, weil ich leider auch zu viel zu tun hatte. Unangenehmerweise haben mich aber andere Dinge davon abgehalten, Zeit für die Schule zu haben." Er seufzte. "Und was Sport betrifft. Ich mag Polo. Und ich mag Sex - wenn das auch zählt." Nein, er würde heute nicht ernst sein können. Dafür war er hier zu wenig entspannt. "Der Breitensport interessiert mich wenig, weil hier nur homophobe Arschlöcher rumlungern, die mich zu sehr an meinen Vater erinnern. Er hat Football geliebt und war jedes Wochenende im Stadion. Egal, ob er sich die Karte leisen konnte oder nicht. Nicht nur wegen des Spiels, sondern auch, weil Costello oft im Stadion war. Der hat mich dann später auch ab und zu mitgenommen. Ich habe es gehasst." Besonders, als dieser ihm einmal ins Gesicht geschlagen hatte, als er einem Mann hinterhergeschaut hatte. 'Mutier nicht zur Schwuchtel', hatte er gesagt und ihn seitdem immer wieder 'Schwuchtel' genannt, wenn er nicht so stark war, wie Costello sich das vorgestellt hatte. Cole blickte Antonin an und zog ihn zu sich, um ihn sanft auf die Schläfe zu küssen. "Aber mit dir bin ich gerne hier", erklärte er, damit dieser nicht glaubte, dass er es auch hassen würde, mit Antonin hier zu sein. "Und ich freue mich schon auf einen Touchdown", wiederholte er seine Anspielung mit unschuldiger Stimme, in den Augenwinkeln beobachtend, wie Antonin reagierte. "Erklär mir nochmal kurz, wie das jetzt vor sich geht mit dem Ball und den Toren, damit ich später Bescheid weiß..." Die Cheerleader waren gerade dabei das Publikum anzuheizen und der Stadionsprecher stellte die Mannschaften vor. Antonin "Ich weiß nicht ob ich schon immer schwul war!", protestierte er halbherzig. "Aber das mit den Sportlern stimmt definitiv", stimmte er zu und hob dann eine Augenbraue, den anderen wieder ansehend. "Ich bin nicht so viel kleiner als du. Du wirkst nur größer als du tatsächlich bist", widersprach Antonin, musste dann jedoch lachen. "Naja gut, ein wenig größer bist du schon und ja ich war schmächtig. Bis auf Thaiboxen hab ich auch keinen Sport betrieben und jenen anfangs auch nicht wirklich ernsthaft. Da ging es mehr darum, ein wenig überschüssige Energie los zu werden." Er lächelte ein wenig vor sich hin sinnierend. "Diesen Körper habe ich mir hart erarbeitet. Nicht unbedingt gewollt, aber jetzt wo ich ihn schon mal habe...", er lachte leise und betrachtete dann die zweite Cheerleadergruppe. Er fand die Sprünge der Dolphins Gruppe deutlich besser. Aber er fand die Cheerleader des Teams für das er war grundsätzlich besser. Er erschauderte als er Coles raunende Stimme hörte und dessen Atem an seiner Haut spürte und wandte ihm den Kopf schließlich doch wieder zu. Cole war allemal interessanter als ein paar hüpfende Frauen. "Möglich, dass sie das haben...", gab er nickend zu. "Aber ich finde die Lieder, die man mir jetzt zuträllert auch nicht falsch." Sein Lächeln vertiefte sich und er zwinkerte dem anderen zu. "Polo ist das mit den Pferden, oder? Konnte ich nie viel abgewinnen um ehrlich zu sein. Und natürlich zählt Sex. Ich halte die Pornoindustrie zum Beispiel für eine verkappte Sportfirma. Und das Kamasutra wurde bestimmt auch von `nem Sportler gezeichnet." Er lachte leise und schüttelte über sich selbst den Kopf. "Und dass du die zehnte gerade so geschafft hast, hat wie von dir bereits gut erkannt garantiert nichts mit Intelligenz zu tun, sondern mit den Möglichkeiten", fügte er an und runzelte die Stirn dann kurz. "Dieser Costello ist ein Arschloch", murmelte er und wandte sicherheitshalber den Blick auf die nun einlaufenden Teams. Er traute sich selbst in dieser Hinsicht Cole gegenüber nicht mehr. Vermutlich würde jener den kurz aufblitzenden Hass sofort erkennen und er wollte ihnen den Abend eigentlich nicht ruinieren. Zudem.. sollten sie dann nicht lieber gehen? Weckte Antonin mit seinem Wunsch nach so einem Spiel nicht zu viele schlechte Erinnerungen im anderen? Doch als hätte Cole seine Gedanken gelesen zog ihn jener an sich und hauchte ihm einen Kuss auf die Schläfe. Beruhigte ihn und spielte seine Fantasie abermals an. Diesmal erlaubte er sich das kurze und irgendwie auch erleichterte Grinsen. Antonin würde es furchtbar finden, wenn Cole sich wegen ihm zu negativen Erinnerungen aussetzen würde. Er beugte sich selbst ein Stückchen näher zum anderen und sah ihm tief in die Augen. "Möglicherweise wirst du feststellen, dass so ein Touchdown etwas sehr Tiefgehendes sein kann. Etwas, das einen mitreißt und einen... laut lassen werden möchte", murmelte er und befeuchtete sich die Lippen. Alleine die Vorstellung davon war fantastisch. Weshalb es wohl auch eine seiner Fantasien war. Doch dann blinzelte er überrascht und schmunzelte. "Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ich erkläre dir mal was. Wo ist mein Kalender?", er lächelte, um zu zeigen das er es nicht böse meinte. "Du siehst die verschiedenen Linien die Yards ausmachen? Und du siehst das hohe, große Tor am Ende jeder Seite?..." und damit begann er das Spiel in möglichst einfacher Form zu erklären. Genügend damit Cole ahnte, was gleich dort unten vor sich gehen würde, ohne ihn zu überfordern. Doch schließlich unterbrach er sich, streckte die Hände nach dem anderen aus und zog ihn zu sich, um ihn zu küssen. "Ich find‘s gut, dass du mit mir hierhergekommen bist", murmelte er dann und lächelte bevor er sich wieder löste. Cole "Ein Glück, dass du diesen Körper hast. Ich kann nur davon profitieren..." Cole blickte den anderen lächelnd an und ließ wie sacht seine Hand den Rücken hinabgleiten zum Hintern des anderen. Doch dann lachte Cole herzlich. "Das ist ein interessanter Gedankengang. Ob der gute Adi Dassler auch Pornofilme gedreht hat und nicht wegen seiner Fußballerkariere sondern wegen seiner Leidenschaft für Sexfilme beschlossen hat, Sportwaren herzustellen?" Er lachte noch immer leise. "Und für das Kamasutra könnte ein Yoga-Lehrer verantwortlich sein. Diese Stellungen verlangen schon eine enorme Körperspannung." Doch sein Lachen verstummte, als er Antonins Urteil über Costello vernahm. Sein Blick wurde ernst, und er sah Antonin an, der seinem Blick auswich. Nun, jener konnte sicher nichts Gutes an Costello sehen. Und er ja eigentlich auch nicht. Wenn da nicht paar Dinge und Ereignisse wären, die es ihm unmöglich machten, sich von diesem Mann loszusagen. Die Anspannung, die er deutlich hatte spüren können, verflog, als er ihn küsste und der Blick in diese schönen Meeresaugen ließen seine Gedanken an Costello augenblicklich vergessen. Endlich griff Antonin seine Anspielungen auf und stieg in den Flirt ein. Cole ahnte, dass er einiges würde auffahren müssen, um Antonin davon zu überzeugen, dass dieses Spiel nicht im Mindesten so interessant war, wie er und noch weniger interessant als der Sex, den er würde haben können. Doch jener schien gut erkannt zu haben, worauf er hinaus wollte. Cole Augen versanken in denen des anderen und kurz blickte er auf die Lippen, die befeuchtet wurden. Einen Moment zuckte sein Unterkiefer, als wollte er den anderen Küssen, doch er unterließ es. Hm... Antonins Stimme klang so wahnsinnig erotisch, wenn er so leise, so kratzig sprach. Ob er ihn nicht jetzt gleich, hier und jetzt und überhaupt, warum hatte jener überhaupt noch etwas an? Coles Finger zuckten. Doch dann kam die Ernüchterung. Antonins Schmunzeln, dessen Rückzieher und die Erklärungen, denen er halbherzig folgte, da er in Gedanken damit beschäftigt war, den anderen zu küssen, ihn auszuziehen, ihn zu ficken bis er explodieren würde vor Lust... Und so nickte er zwar hin und wieder, doch seine Augen dazu zu bewegen, nicht auf die Lippen oder die Augen des anderen zu sehen, war schier unmöglich. Und hätte Antonin ihm nur eine einzige Frage nun gestellt, ob er es verstanden hätte, er hätte sie nicht beantworten können. Er brauchte Sex. Jetzt. Sofort. Sex mit Antonin. Und der Kuss verursachte, dass er sich nicht mehr zurückhalten kann. "Ich finde es auch gut...", raunte er und zog Antonin zu sich, um ihn gierig zu küssen. "Aber ich fürchte, dass das Spiel erst einmal ohne uns anfangen muss, denn ich möchte dich hier und jetzt und sofort, verstanden?" Ohne eine Reaktion abzuwarten, küsste er den anderen erneut, ihn in dessen Sitz drängend, halb auf seinen Schoß kriechend, während seine Hände begannen, sich ihren Weg unter das Shirt des anderen zu bahnen. Antonin Irgendwie bekam er das Gefühl, dass Cole ihm gar nicht richtig zuhörte. Weshalb er ja schlussendlich auch abgebrochen und den anderen geküsst hatte. Etwas, das so eine Art Kettenreaktion auszulösen schien, denn noch während sich unten die beiden Teams gegenüber aufstellten und sich die Quarterbacks gegenseitig ihre Befehle zuriefen - nicht das man sie hier oben hätte hören können - wurde er zum anderen gezogen und in einen atemberaubenden Kuss gezogen. Und holla die Waldfee, diese Stimme ging einem nicht nur in Mark und Bein nieder, sondern schoss auch genau in seine Körpermitte. Oh Gott… Mit dem nächsten Kuss verabschiedete sich der Gedanke daran, dass er eigentlich sehen wollte wer, die ersten Yards für sich entscheiden könnte und er konzentrierte sich vielmehr mit allen Sinnen auf den Mann, der ihn da so ungeniert in den Sitz drängte. "Glasklar verstanden." Er keuchte es mehr, als er es sprach, und hob die Hände, um sie in Coles Haar zu versenken und jenen in den nächsten Kuss zu ziehen. Einer, der in seiner Gier dem anderen in Nichts nachstehen würde, und noch während er die Hände des anderen auf seiner Haut spürte, richtete er sich ein wenig mühsam wieder weiter auf, sich näher an Cole drängend. Genüsslich schob er dessen Kopf mit der Nase ein Stück beiseite und begann dessen Hals zu küssen, nur kurz über das Feld linsend und sich updatend. Er hatte es Cole gesagt… es war nicht so leicht, seine beiden Leidenschaften voneinander zu trennen. Doch die wandernden Hände und die unterschwellige Dringlichkeit des anderen zogen ihn bald wieder in ihren Bann, weshalb er seine Hände löste und sie etwas ruhelos über die Oberschenkel des anderen gleiten ließ. Spielerisch, neckend über den Schritt des anderen glitt, um sich dann seinerseits den Weg unter Coles Shirt zu bahnen. Genießerisch über die weiche Haut des anderen streichend, bis er diesen umarmte und selbst ein wenig auf seinem Platz nach vorne rückte, um sie fast schon aneinander reiben zu lassen. Der aufbrandende Jubel und Applaus lenkte ihn nur kurz ab, bevor er jene Augen suchte, die er so sehr liebte und Cole in den nächsten Kuss zog. Das hier war so viel besser als seine Fantasie. Jetzt schon. Und wenn ihn nicht alles täuschte, wüsste er wie er jenen bereits durchaus forschen Mann noch ein wenig mehr anstacheln könnte. "Du weißt, wo du, oder vielmehr ein Teil von dir, beim ersten Touchdown sein sollte?", fragte er heiser als er ihren Kuss unterbrach und grinste frech. Zwar müsste seine Lust ihm inzwischen deutlich anzusehen und auch deutlich spürbar sein, aber das hielt ihn nicht davon ab, den anderen zu necken. Das hier war seine Fantasie, oder etwa nicht? Er beugte sich wieder vor, ganz als wollte er Cole küssen, wich jedoch im letzten Moment mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen zurück. "Was ist los, Cole? Verlierst du den Halt um die Leine?" Er hob gespielt skeptisch eine Augenbraue und ließ seinen Blick ganz deutlich von jenen wunderschönen Augen abgleiten. Zurück auf das Spielfeld. Und auch wenn alles in ihm danach schrie sich und dem anderen einfach die Kleidung vom Leib zu reißen, so wollte er das auskosten. Immerhin wurde einem nicht täglich eine Fantasie erfüllt, oder? Auch wenn es langsam schon verflucht eng in der Hose wurde. Cole war zehn solcher Spiele wert und er würde keines auch nur mit einem Auge anblinzeln. Aber das müsste jener gerade jetzt nicht wissen. Cole Ein Keuchen entglitt seinen Lippen, als er spürte, wie Antonin ihm über den Schritt striff, wie er spürte, wie jener gegen seine Lenden rieb. Mittlerweile saß er auf dem Schoß des anderen, eher unbequem, aber davon bekam er nichts mit. Cole ließ seine Lippen über den Hals des anderen wandern, liebkosend, leckend, beißend. Seine Hände waren über den Oberkörper geglitten, hatten dabei hin und wieder unwillig am Shirt des anderen gezogen, und machten sich nun auf den Weg in die bisher unangetasteten Tiefen, die danach riefen, endlich beachtet zu werden. Gott, Antonins Körper war so unglaublich geil. Und dann hörte er die säuselnde Stimme, die so voll Herausforderung war, heiser, erotisch und unglaublich sexy ihn daran erinnerte, was er damals so eindrucksvoll geschildert bekommen hatte, dass er es niemals würde vergessen können. Und diese herausfordernden Worte, die Cole gewidmet waren, ließen ihn leise knurren. Er löste seine Lippen von dem Hals des anderen und er blickte Antonin an, mit einem Ausdruck von ungestilltem Hunger und purer Lust in den Augen. Doch Antonins Augen wichen den seinigen aus, suchten das Spielfeld. Und das war zu viel. Nein, er würde Antonin nicht eine Sekunde die Möglichkeit geben, dieses Spiel vor ihren Sex zu stellen. Und so glitt seine Hand zum Schritt des anderen, forsch danach greifend, so dass es dem anderen dennoch nicht weh tat. "Das hier sagt mir aber etwas ganz anderes, Antonin", raunte er in das ihm zugedrehte Ohr. "Das hier sagt mir, dass du keine Sekunde mehr warten möchtest." Er lächelte und leckte über die Ohrmuschel. "Und daher glaube ich nicht, dass die Leine verloren ist. Sacht massierte er durch den Stoff der Jeans. "Ich glaube, da will dringend etwas befreit werden...", wisperte er gegen den Hals des anderen, über den er sacht pustete. Und dann öffnete er die Hose des anderen, um zu befreien, was nach Befreiung schrie, zog ihm diese ungeduldig ein Stück weit herunter. Bis er das Glied des anderen umfassen konnte und begann, dieses zu massieren. Seine Augen glitten über das Gesicht des anderen, das vor Lust verging. Wie schön die Gesichtszüge dieses Mannes waren, wenn er den Verstand verlor... Cole wartete einen Moment ab, als die Menge erneut tobte. Kurz blickte er sich um, sah, dass bereits alle aufgestanden waren, um zu springen, zu toben. Die Menschen unterhalb von ihnen schienen nichts zu merken, nichts mitzubekommen, als das Spiel, das offensichtlich gerade auf einen spannenden Punkt zulief. Cole stand auf, zog Antonin mit sich, drehte ihn im gleichen Moment, so dass dieser sich an der Wand abstützen musste. Damit war jenem zumindest nicht mehr möglich, das Spiel zu sehen, was dieser wohl aber offensichtlich mittlerweile auch nicht mehr vorhatte. Sie hatten Glück, dass die nächsten Zuschauer ein gutes Stück weiter vorne standen und sie hier hinten niemanden hatten, der dabei war. Dennoch würden sie jede Sekunde entdeckt werden können. Cole hörte, wie die Menge tobte, wie sie rief, wie sie sang, soff, grölte. Sie waren beschäftigt, und von hinten würden sie wohl wenig sehen, nur jemanden, der komische Bewegungen machte... Aber eigentlich dachte Cole darüber auch gar nicht wirklich nach. Er wollte Antonin spüren, tief in ihm versinken und ihn stöhnen hören. Hören, wie er keuchte, wie er kam. Er öffnete seine Hose, keine Shorts anhabend, und befreite seine Erregung, die er sogleich gegen Antonins Gesäß drückte. Seine Lippen begannen am Hals des anderen, an dessen Schulter zu knabbern, während er sich von hinten an den anderen drängte. Während eine Hand nach vorne glitt, über den schönen Bauch des anderen strich und schließlich zu dessen Erregung griff, um diese zu verwöhnen, zog die andere Hand ein Condom aus der Tasche, das er mit geübter Bewegung und mit Hilfe seiner Zähen öffnete und schließlich aufzog, bevor er erneut gegen Antonins Hintern drängte. Nun half ihm die freie Hand Antonins Becken zu positionieren, ihn in die richtige Position zu bringen, bevor er seiner Erregung endlich dieses Gefühl gönnte, in eine heiße Enge zu gleiten, um darin zu versinken. Vorsichtig erst, langsam, dem anderen Zeit geben, auch wenn er selbst kaum noch die Kraft hatte, sich zurückzuhalten und nicht einfach hineinzustoßen, hemmungslos, wild. Tief versank er in dem anderen, bevor er langsam begann seine Hüften zu bewegen, immer wieder in den anderen hineinstoßend, bevor er das Tempo erhöhte. Vom Spiel, dem Publikum, den Cheerleadern bekam er nichts mit, es ging nicht, er war nur noch hier, mit Antonin, und alles andere war ausgeblendet. Und so fuhr er fort, sich und Antonin voranpeitschend, das Adrenalin in seinen Adern genießend, auf den geilsten Orgasmus aller Zeiten hinsteuernd. Antonin Er stieß heftig Luft aus als Cole ihm an den Schritt griff und schloss die Augen, um nicht nur dessen Berührungen sondern auch die Stimme deutlicher und vor allem intensiver genießen zu können. Und oh ja... er wollte nicht mehr warten. Keinen Touchdown, keine Minute und keine Sekunde mehr. Er wollte, dass der andere ihm diese Fantasie erfüllte. Weshalb sich sein Brustkorb inzwischen auch ein wenig schneller senkte und wieder hob, da sein Atem sich definitiv verschnellert hatte. Seufzend lehnte er den Kopf zurück und stimmte Cole in Gedanken zu. Dieser hatte eine ganz unnachahmliche Art und Weise um Antonin zu flüssigem Wachs in dessen Händen werden zu lassen und würde die Leine, sofern jener es darauf anlegte, wohl kaum tatsächlich verlieren. Nicht dass Antonin das überhaupt wollte... vielmehr hob er sein Becken an, als Cole ungeduldig an seiner Hose herumfuhrwerkte und legte den Kopf ein Stück zur Seite, damit der andere mehr Spielraum an seinem Hals bekam. Er stöhnte auf als Cole schließlich damit begann sein freigelegtes Glied zu massieren und lehnte den Kopf noch ein Stückchen weiter zurück. Es half ihm dabei das Ganze als die unglaubliche Erfahrung anzunehmen, die es darstellte. Und auch seine eigene Lust weiter voran zu treiben. Mögliche Beobachter waren in Antonins Gedanken unglaublich weit weg, ebenfalls wie das Spiel. Momentan zählten Coles Berührungen, dessen Verführungskünste und seine eigene Lust, die in Wellen durch seinen Körper schlug und immer lauter danach schrie, den anderen endlich in sich zu spüren. Antonin bekam die Sprechgesänge, die Stadiondurchsagen und die allgemeine Stimmung nur noch wie durch einen dicken Wattewall mit und stufte es allesamt als uninteressant und unwichtig ab. Wichtig war nur dieser unglaublich erotische Mann, der eine ähnliche Lust auf Antonin zu haben schien wie er auf ihn. Abermals hob er die Hüften, um gegen die massierende Hand zu stoßen, um sich mehr dieser Gefühle zu holen, um sich tiefer in diese Lust hineinfallen lassen zu können. Weshalb er auch ein wenig desorientiert war, als jener aufstand und ihn zu sich hochzog, um ihn gegen die Wand zu drücken. Doch das war egal. Wichtig war es gerade nur, den anderen endlich tief in sich spüren zu können. Er stützte sich nur halbherzig an der Wand ab, die Augen nach der kurzen Überraschung wieder schließend und mehr als erregt aufkeuchend, als er das Glied des anderen an seinem Hintern spürte. Er würde Cole jetzt gerne sagen, dass der sich beeilen sollte, dass er ihn jetzt wollte und vor allem brauchte, aber bis auf keuchende und stöhnende Laute wollten keine Worte mehr über seine Lippen kommen. Und fast hätten ihm die Beine unter sich nachgegeben als er Coles Hand wieder an seiner Erregung spürte und ihm damit abermals zum Aufstöhnen brachte. Doch das war alles nichts gegen das Gefühl, als der andere seinem immer drängender werdenden Wunsch endlich nachkam. Gott... er ballte die Hände zu Fäusten und hob eine Hand, um seinen Unterarm zwischen die Wand und seine Stirn zu legen. Nicht weil er Schmerzen hatte, sondern weil er nichts anderes mit seinen Händen anzufangen wusste. Ein weiteres Mal schien sich die Welt auf sie beide zu reduzieren und das abermalige Aufjubeln des Publikums unterstützte ihn nur ganz entfernt in seiner Lust und seinen überschlagenden Gefühlen. Ganz besonders als Cole jenen Punkt in ihm traf, der ihn wieder Sterne sehen und ungeniert aufstöhnen ließ. Das hier war so etwas gänzlich anderes als der besoffene Fick im Darkroom. Ganz abgesehen davon, dass er momentan vor Lust kaum noch ein oder aus wusste und seiner Kehle ein Ton nach dem anderen entwich. Er genierte sich nicht, es würde ohne Probleme im allgemeinen Geräuschfluss untergehen. Und selbst wenn nicht... als Cole das Tempo erhöhte und ihn abermals ein Stück weiter trieb erzitterte er am ganzen Körper, kaum noch ein noch auswissend mit den vielen Gefühlen und Empfindungen. Und obwohl er sich Mühe gab es diesmal so lange wie möglich hinaus zu zögern, war es einfach zu gut, zu unglaublich, zu erregend, um diesem Wunsch sehr lange Folge leisten zu können. Kehlig aufstöhnend warf er den Kopf zurück und ließ sich von einem, wenn nicht dem unglaublichsten Orgasmus seines Lebens tragen. Es fühlte sich an, als würde sich jeder Muskel in seinem Körper auf einmal zusammenziehen, um sich dann zu lockern, während er sich in Coles Hand ergoss. Selbst sein Atem ging inzwischen nur noch stoßweise und dieses Gefühl war in Ermangelung eines besseren Wortes einfach nur geil. Geil und unglaublich, absolut einmalig befriedigend. Antonin würde dieses Gefühl mit ins Grab nehmend, in der Gewissheit, dass es seiner Ansicht nach nicht zu toppen wäre. Schwer atmend, keuchend, gab er sich den Nachstößen hin bis auch der andere seinen Höhepunkt fand. Zufrieden mit sich und der Welt und zudem über alle Maßen befriedigt. Und er wusste für sich selbst, dass er mit niemandem anderen auch nur ansatzweise an dieses Gefühl herangekommen wäre. Dieser Grad an Erfüllung und Zufriedenheit lag einzig und alleine an Cole. Cole "Ahng...", keuchte Cole auf und biss sich auf die Unterlippe, um heftigere Laute seiner Lust zu unterbinden. Denn auch wenn er eigentlich alles um sich herum vergessen wollte, so wehrte er sich ein wenig dagegen, denn zu wissen, wo man war, was geschehen könnte, wenn die Ordner kämen, machte das Ganze noch reizvoller, als es ohnehin schon war. Und dass es reizvoll, ... nein dass es absolut geil war, das stand außer Frage. Immer wieder steuerte er jenen Punkt an, der dem anderen höchste Lust gewährte, der ihn in seinen Händen erbeben ließ. Und das Stöhnen, die Laute des anderen klangen wie Musik in seinen Ohren. Die Augen lustverhangenen halb geöffnet beobachtete er Antonin, wie dieser sich an die Wand stützte, sich gegen ihn drängte, genoss. Es tat unglaublich gut, Antonin auf diese Weise wieder nahe zu sein. Und wenn es nach ihm ging, so könnte es jeden Tag so sein. Und als er schließlich spürte, wie Antonin immer enger wurde, wie dessen Atemstöße schneller und schneller wurden, dessen Laute der Lust heftiger wurden, bis sich dieser schließlich bebend in seiner Hand ergoss, musste auch er nur noch wenige Male in diese unglaubliche Enge stoßen, bevor auch er sich ergoss, diesen Moment des absolut höchsten Gefühls noch ein wenig verlängernd, indem er noch einmal nachstieß, während er auch Antonins Glied dabei weiter, langsam, süß folternd massierte. Als die Anspannung, die seinen Körper vollkommen eingenommen hatte nachließ, ließ er auch von Antonins Glied ab, umfasste nun mit beiden Händen dessen Hüfte. Langsam sackte er in sich zusammen, sich gegen Antonin lehnend, seinen Kopf auf dessen Schultern ablegend, schwer atmend und auch die Atemstöße des anderen wahrnehmend. Er schluckte, leckte sich über die trocken gewordenen Lippen und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Schließlich löste er sich wieder zu Atem gekommen aus Antonin, zog sich zurück, drehte Antonin mit sanfter Bestimmtheit zu sich und küsste ihn zärtlich, bevor er ihn mit einem befriedigten Funkeln in den Augen und einem schelmischen Grinsen auf den Lippen ansah. "Ich habe jetzt leider nicht mitbekommen, ob es schon einen Touchdown auf dem Feld gegeben hatte, aber ich denke, wir hatte gerade den entscheidenden, eigenen und demnach ist mir das, was dort unten gerade vor sich ging ziemlich egal", raunte er und küsste den anderen erneut, bevor er sich daran machte, sich von dem Kondom zu befreien, und sich wieder die Hose zuknöpfte. Schließlich drehte er sich wieder um. Sein Blick glitt über die Menschen in ihrer Nähe aber bis auf eine Frau, die kurz hinaufsah, schnell aber wieder wegsah, schien sich niemand dafür interessiert zu haben, was sie hier gerade getan hatten. Cole drehte sich wieder zu Antonin. "Lass uns weiter vor gehen, damit wir mehr sehen", schlug er vor und so verließen sie diesen Ort, Sperma und ein Kondom zurücklassend, und zufrieden befriedigt. Cole stellte sich während sie das Spiel verfolgten hinter Antonin, der sich gegen ihn gelehnt nun wieder auf das Spiel konzentrierte und irgendwann auch wieder ganz schön mit dem Publikum mitging. Sacht legte er seine Arme um dessen Hüften, ihm nahe seiend, seine Nähe genießend. Jene junge Frau schielte irgendwann wieder zu ihnen und Cole empfing ihren Blick mit einem Grinsen und einem Zwinkern, was diese sich schmunzelnd wieder umdrehen ließ. Die anderen Menschen um sie herum bedachten sie irgendwann mit einem kritischen Blick und Kommentaren zum Nebenstehenden. Ja, hier in so einem Stadion waren sie 'Faggs', aber das störte ihn heute nicht im Mindesten. Er war hier mit Antonin, und mehr zählte nicht. Und wenn ihnen jemand blöd kommen sollte, dann würde er heute sogar vielleicht darüber hinwegsehen. Er konzentrierte sich lieber auf Antonin, und teilweise auch auf das Spiel. Schließlich würde er irgendwann einmal dieses Spiel, das so voller Kraft und Brutalität war, doch durchschauen... Antonin schien ja absoluter Fan zu sein. Im Gegensatz zu ihm, der das nicht wo recht nachvollziehen konnte. Nun, zumindest konnte man einen Haufen gut trainierter Männer sehen, wobei ihm einige etwas zu kräftig wären. Und jedem das seine... Antonin Antonin kam nur langsam wieder zur Ruhe, was ihn nicht weiter störte, da er diese Art der Aufgeregtheit als überhaupt nicht schlimm empfand. Er lauschte auf Coles Atem und seufzte nochmal zufrieden als dieser sich aus ihm löste. Er vermutete das seine Augen ein ähnliches Funkeln zur Schau trugen wie das Coles taten, als der ihn herumdrehte und küsste. Er lächelte glücklich. "Ich schwöre... ich gehe nicht mehr ohne dich ins Stadion", murmelte er und erwiderte den nächsten Kuss, bevor er sich die Hose wieder hochzog und sich wieder vorzeigbar machte. Und wo der andere sich eher für die Menschen um sie herum zu interessieren schien, zog es Antonin dann aber doch wieder in Richtung Spiel. Zustimmend nickend folgte er dem anderen und lehnte sich dann an diesen als sie weiter vorne angekommen waren. Es tat ihm mehr als gut, Cole jetzt so nahe bei sich zu wissen. Ja im Grunde galt jede Unterbrechung dieses Kontaktes gerade als sehr unwillkommen. Trotzdem fiel es ihm nicht schwer sich auf beides sehr gut zu konzentrieren. Auf das weiter laufende Spiel und auf den Mann hinter sich, was gemeinsam eine Mischung ergab, von der man wirklich süchtig werden könnte. Aber daher hatte er auch keine Augen oder Ohren für die Leute um sich herum. Sie waren brauchbare Statisten in seiner Fantasie gewesen und gut dafür, um die Stimmung anzuheizen, aber zu mehr interessierten sie Antonin herzlich wenig. Als die Dolphins schließlich einen wichtigen Touchdown erzielten, beschloss Antonin auf seine eigene Art und Weise zu jubeln und drehte sich herum, um Cole in einen langen, begeisterten Kuss zu ziehen. Den er ein wenig widerwillig löste als er einen äußerst einfältigen, dummen Kommentar über die Abartigkeit ihres Tuns hörte und der Kerl würde ihnen schon 'helfen', wenn sie noch weitermachen würden. Er wandte den Kopf zur Seite und suchte nach Zorn in sich über diesen Kommentar, fand seltsamerweise aber nur Mitleid mit der zum Himmel schreienden Dummheit dieses 'typischen' Amerikaners. Diese Leute, deren Motto ja eigentlich die Freiheit, zu tun und zu lassen was man wollte, sein sollte, waren Antonin nicht einmal eine Antwort wert. Weswegen der nur bedauernd den Kopf schüttelte und sich Cole wieder zuwandte um jenen abermals zu küssen und wieder zu lächeln. "Wenn du das Eis in deinem Gefrierfach noch nicht gegessen hast, habe ich eine ganz wunderbare Vorstellung davon, was man damit alles machen könnte. Und momentan steht mir der Sinn mehr nach süßem, als nach dem Spiel hier. Es ist sowieso klar, wer gewinnen wird." Cole schien davon nicht abgeneigt, weshalb sie das Stadion auch alsbald verließen - nachdem der andere einen Kommentar in Richtung des dummen Mannes abgegeben hatte. Doch bevor sie dann tatsächlich zu Coles Wohnung fuhren erbat sich Antonin noch einen Stopp an einem ganz bestimmten Einkaufsladen, in dem er schnell verschwand und nach kurzer Zeit mit einer Einkaufstüte bepackt wieder kam. Diese behielt er unter Verschluss, bei sich auf dem Schoß und lenkte Cole mit Eindrücken über das Spiel und das Publikum ab, bis sie schließlich wieder im Loft ankamen. Die Tüte stellte Antonin auf die Küchenzeile und trat dann wieder auf Cole zu, um diesen an sich zu ziehen und zu küssen. "Hey...", murmelte er leise. "Ich habe gar nicht Danke gesagt, oder? Für die mehr als Erfüllung meiner Fantasie?" Er lächelte und strich dem anderen mit der Nasenspitze über die Wange entlang bis zum Ohr. "Dankeschön, es war perfekt und viel besser als ich mir das vorgestellt habe." Er zog sich ein Stück zurück und betrachtete das Gesicht des anderen. Die tollen Augen, die Wangenknochen, die schönen Lippen... Antonin konnte sich wirklich als Glückspilz betrachten, oder? Doch bevor er den Abend möglicherweise so ablaufen lassen würde, wie es ihm vor kurzem noch vorgeschwebt hatte, sollte er vielleicht erst einmal auslotsen, ob das an diesem Tag überhaupt angebracht war. Zwar schien Cole offiziell recht entspannt und, wenn man ihre Episode im Stadion betrachtete auch unternehmungslustig zu sein, doch sicher war sicher. "Wie fühlst du dich?", fragte er deshalb, fügte jedoch schnell noch ein paar Worte an. "Du musst natürlich nicht antworten, aber ich möchte eher ungern irgendwelche Grenzen überschreiten, die heute ja durchaus gegeben sein könnten." Cole Die Freude, die Antonin ausstrahlte, die Begeisterung, der Jubel, übertrugen sich schnell auch auf Cole, der sich immer dann freute, wenn Antonin zu jubeln begann, denn jedes Mal schien es ihm, dass sich der andere enger an ihn kuschelte. Es war schön, ihn so in den Armen zu halten, ihm so nahe zu sein. Aber er wusste auch, dass das eine neue Dimension der Parallelwelt war, die er erreichte. Eine Dimension, die so fern von jeglicher Normalität war, dass er sich nicht einreden brauchte, dass er das öfters haben würde. Denn dem würde nicht so sein. Morgen würde die Realität wieder zurückkehren, aber so lange würde er einfach mal nur ein schwuler Mann sein, der es genoss, einen 'Freund' zu haben. Und so ließ er sich auch gerne küssen, als offensichtlich etwas besonders Tolles dort unten auf dem Spielfeld geschah. Wohl ein Touchdown. Antonin zu küssen war immer gut. Dazu bedurfte es keines besonderen Grundes. Doch als er den Kommentar dieses alten Mannes mit seinem Bierbauch, seinem von Unzufriedenheit durchfurchten Gesicht und der Bierdose in der Hand hörte musste er einen Moment die Augen schließen. Er wusste, dass sie an einem Ort waren, wo wohl niemand, absolut gar niemand wirklich ehrliches Verständnis für sie hatte, doch deswegen musste man sich nicht alles gefallen lassen. Doch bevor er etwas sagen konnte, bat ihn Antonin zu gehen. Einen Moment hätte er beinahe seinen Trotzkopf eingeschaltet, was bedeutete, dass er bleiben würde, bis zum Ende des Spieles, aber wenn Antonin gehen wollte... Und das Eis klang verlockend. Damit konnte man so viele wunderbare Dinge anstellen... Und so drehte er den Kopf lächelte er den Bierkopf an. "Es ist schon traurig, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch immer so viele engstirnige, homophobe Arschlöcher herumlaufen, wie Sie es einer sind, Sir", begann er höflich, doch seine Augen strahlten blanke Verachtung aus, so dass jener Mann ihn erschrocken ansah. "Leider werden Amerikas Entwicklung von weißen Männern und weißen Frauen des Mittelstands dominiert, deren bürgerliche Sehnsüchte nach Spießigkeit, Gartenzwergen und Langeweile in dem Wahn gipfeln, allen 'Anderen' überlegen zu sein. Bis in Amerika durchgesetzt ist, dass Schwule weder schlechtere noch bessere Menschen sind, kann es wohl noch eine Weile dauern. Aber das traurige an Leuten wie Ihnen ist nach wie vor, dass Ihr eigentlich nur so sehr von eurem spießbürgerlichen Leben mit eurem netten Frauchen zu Hause am Herd gefrustet seid, dass ihr am liebsten kotzen würdet und daher eure Unzufriedenheit einfach nur an denen auslasst, die ihren Träumen und Wünschen einfach folgen. Ihr könnt einem wirklich leidtun, aber leider habe ich keine Zeit, Gedanken an euch zu verschwenden, denn ich genieße mein Leben. Und was machen Sie?" Damit wandte er sich von dem Mann ab, dem es die Sprache verschlagen hatte, aber langsam begann zu begreifen, was Cole ihm gesagt hatte. "Lass uns gehen, bevor ich mich vergesse", murmelte er und nahm Antonin an der Hand, bewusst die Worte ignorierend, die ihnen noch hinterher geworfen wurden. In seiner Wohnung wurden sie von Corleone freudig begrüßt. Noch bevor er die Katze füttern konnte, zog Antonin ihn jedoch zu sich, um ihn zu küssen und sich zu bedanken. "Nun, dann bist du jetzt daran, mir eine Fantasie zu erfüllen, würde ich sagen", grinste er und küsste den anderen erneut. "Ich habe da eine lange Liste, wie und wo ich gerne einmal Sex haben würde..." Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Als er die Frage des anderen hörte, wie er sich fühle, wurde er wieder ernst. Er ahnte, worauf der andere hinauswollte. "Ich habe an diesem Tag so ein paar Rituale. Die habe ich schon hinter mich gebracht. Bis darauf, dass ich beschließe abends zu Hause zu bleiben und dann doch losziehe, um mir einen Typen aufzureißen. Aber dieses Ritual fällt heute komplett flach. Demnach brauchst du keine Angst haben, dass du irgendwelche Grenzen überschreitest. Ich weiß zwar nicht, was du eingekauft hast, aber mir scheint es, als hättest du einen Plan. Und wie du weißt, bin ich für alles offen. Also mach dir keine Gedanken, wie es mir geht, denn im Moment fühle ich mich einfach nur so gut, wie noch nie." Erneut küsste er den anderen kurz, bevor er sich von ihm löste und sich um die Katze kümmerte. "Und ich lasse mich immer gerne überraschen. - Ok, nur von dir eigentlich." Er lächelte bei dem Gedanken. Kaum hatte er der Katze das Futter hingestellt, trat er auf Antonin wieder zu. Einen Moment betrachtete er ihn und beugte sich dann zu ihm, um ihn zu küssen. Von den Lippen des anderen wanderte er zu dessen Ohr, sich sacht gegen ihn drängend, seine Hände über die Seiten nach hinten wandern lassen, um Antonin zu sich zu ziehen. Kaum war er am Ohr des anderen angelangt, da flüsterte er raunend in dessen Ohr: "Wie wäre es also, wenn du mir verrätst, wie du dir den Abend so vorgestellt hast. Vielleicht hast du ja ein paar Ideen, wie dieser Abend ein wenig sportlich, ein wenig gemütlich und ein wenig entspannt werden könnte. Und dann wird der Abend sicher ein Höhepunkt in unserem Leben." Antonin Leise begann er zu lachen. "Nun, dann solltest du mir diese Fantasien lieber mitteilen, denn auch ich empfinde das nur als fair", bestätigte er. "Oder du schickst sie mir alle als Email und ich picke mir dann eine heraus." Er erwiderte das schelmische Grinsen und dachte bei sich, dass die zweite Option nicht die schlechteste wäre. Vermutlich würde Cole es vermeiden, sich gleich etwas auszusuchen das Antonin noch komplett überfordern würde. Aber sicher war sicher. Zudem es für den anderen Mann sicherlich auch ganz spannend wäre, nicht zu wissen welche einem früher oder später erfüllt werden sollte. Auf die anderen Worte hin nickte er. "Gut, ich dachte nur sicher ist sicher", murmelte er und lächelte dann wieder. "Und ich weiß nicht, ob man es wirklich als Plan bezeichnen kann, aber mir schwebt da so die ein oder andere Idee vor." Er sah dabei zu wie Cole das Fellknäul versorgte und merkte rückwirkend, dass er diesmal keinen ganz so hoheitsvollen Blick wie sonst abbekommen hatte. Irgendwann würde auch dieses stolze aber furchtbar sture und scheue Tier nachgeben. Ganz bestimmt. "Meine Überraschungen sind ja auch meist lohnend", nickte er und lächelte dann als der andere wieder zu ihm kam, ihn küsste und sich an ihn schmiegte. "Ich dachte zuerst an eine gemeinsame Dusche, um uns diesen spießigen, kleinbürgerlichen Touch von der Haut zu waschen. Zudem du mir geschrieben hast, dass ich dich ein wenig bemuttern soll, wenn ich zurückkomme und ich denke es ist ein guter Start dich, oder vielmehr diesen sehr anziehenden Körper von dir gründlich zu ... waschen." Er lächelte, entwand sich Coles Griff und zog ihn mit sich um das Gesagte umzusetzen. Im Bad angekommen führte er seine Idee weiter fort, nachdem er Cole mit einem 'kscht'-artigen Laut davon abgehalten hatte, sich selbst auszuziehen. Heute würde ihn dieser nicht ums Auspacken betrügen. "Das wäre dann der entspannte Teil", erklärte er, während er dem anderen das Hemd über den Kopf zog. "Danach wirst du gegen mich Trivial Pursuit - die Weltedition spielen, was dann den geistigen Sport darstellen wird, und wenn du gewinnst, erzähle ich dir, dass in dieser Tüte auch eine Schürze zu finden ist." Frech grinste er und zog Cole in einen Kuss, bevor er sich daran machte, dessen Hose zu öffnen. "Wenn du verlierst, werde ich dieses Detail vergessen und dir nur von den vielen Leckereien erzählen, auf die ich inzwischen viel Lust habe. Besonders wenn der Gabentisch - das bist du - den Geschmack um ein vielfaches erhöht. Was schon wieder etwas Entspannendes sein sollte und in körperlichen Aktivitäten resultieren sollte." Er ging mit der Hose, die er herabzog in die Hocke und zog auch diese, zusammen mit den Socken aus, bevor er sich wieder erhob, seine Finger sacht über die Haut des anderen streichen lassend. "Irgendwelche Einwände?", fragte er, während er sich selbst ausziehen begann. Und offenbar gab es die nicht, denn sofort 'half' Cole dabei nach, ihn auszuziehen und zog ihn in die vorher schon angemachte Dusche. Die nächsten Stunden vergingen zumindest in Antonins Ansicht genau so wie er sich das erhofft hatte. Die Dusche blieb eine Dusche, auch wenn er sich das hart erkämpfen musste. Er vermutete trotzdem, dass Cole nicht wirklich beleidigt war, denn hin und wieder erhaschte er einen Blick auf das entspannte Gesicht des anderen, wenn jener die Augen schloss, während es Antonin viel Genuss bereitete, seine Finger über diesen anbetungswürdigen Körper gleiten zu lassen. Zum Spiel gab es leckeren Wein und die Sticheleien, die sie gegenseitig austauschten, waren allesamt amüsant. Und auch wenn Antonin darauf beharrte die blöderen Fragen auf den Steinchenfeldern bekommen zu haben, so gab er Coles Sieg doch neidlos zu. Was interessierte es ihn auch, wer der dritte Mann auf dem Mond war, wenn er das Lächeln und sogar hin und wieder das Lachen des anderen genießen durfte? Der Rest des Abends war Antonin nur sehr kurz peinlich, denn bisher hielt er Schürzen nicht für ein passendes Schmuckstück zu seinem Körper, doch das vergas er sehr schnell über die klebrigen Köstlichkeiten. Auch wenn Cole, wie nicht anders zu erwarten, dabei nicht einfach nur ruhig hielt und sich 'vernaschen' ließ, resultierte es trotzdem am Ende in langsamen, zärtlichen und vor allem sanften Sex. Nein, das war ein miteinander schlafen, kein bloßer Sex. Wovon Antonin auch bedenkenlos danach einschlief und von Footbällen träumte, die von Drachen gejagt wurden. Cole „Nun von dem Sex in der U-Bahn und in der Telefonzelle habe ich dir ja schon einmal berichtet, wobei das wohl eher nicht meine Favoriten sind. Zumal ich dir U-Bahn indirekt schon einmal hatte." Er überlegte kurz. Er hatte schon an den verschiedensten Orten Sex gehabt. Hatte er überhaupt noch einen wirklich ausgefallenen Traum, wo er mit Antonin gerne Sex hätte? "Vielleicht ist das keine schlechte Idee wenn ich dir eine Liste schicke, aus der du auswählen darfst. Wobei ich sagen muss, dass mir eigentlich der spontane, überraschende, nicht geplante Sex an den unmöglichsten Orten immer der liebste ist." Er blickte Antonin schmunzelnd an. "Ich lass mich auch gerne mal verführen." Er hätte wohl auch mittlerweile kein Problem damit, wenn Antonin ausprobieren wollte, wie es wäre, selbst einen anderen Mann zu nehmen. "Duschen klingt gut...", stimmte Cole zu und ließ sich bereitwillig ins Badezimmer ziehen, wo er sich ausziehen ließ, und zuhörte, was Antonin über den weiteren Verlauf des Abends erzählte. "Du weißt, dass du keine Chance gegen mich haben wirst, schon gar nicht, wenn ich von diesem Preis weiß?", fragte er schmunzelnd und blickte auf Antonin hinab, der ihm seiner Hose entwand. Hm.. Eine Schürze, etwas zu Essen, Sex - und Antonin wollte ihm noch weitere sexuelle Fantasien erfüllen? Cole würde sich sicher nicht beschweren. "Absolut kein Einwand", erklärte er deshalb und begann nun seinerseits den anderen Mann vor sich, von seinen Kleidern zu befreien, dabei wie zufällig über jene empfindlichen Stellen am Körper streicheln, von denen er wusste, dass Antonin dort immer besonders reagierte: Am Hüftknochen, am Schlüsselbein, an der Innenseite des Oberschenkels... Doch Antonin zog ihn schnell unter die Dusche, wo er es natürlich genoss, gewaschen zu werden, auch wenn es ihm große Mühe bereitete, Antonin gewähren zu lassen, ohne seinem Wunsch nach Sex, den jener durch seine Berührungen in ihm auslöste, nachzugeben. Doch Antonin setzte durch, dass er nicht hier gleich einen Vorgeschmack auf den Nachtisch bekam. Aber das war in Ordnung. Das würde den Appetit größer machen. Das Spiel gefiel Cole. Er spielte solche Spiele nie. Es war wohl das erste Mal überhaupt, weshalb Antonin ihm erst einmal erklären musste, wie es ging. Doch dann hatte er keine Probleme seinen Sieg einzufahren. Er verfügte offensichtlich über eine ziemlich gute Allgemeinbildung, was ihn selbst ein wenig erstaunte. Aber auch wenn er es nicht zugab, so hatte Antonin bei den entscheidenden Fragen wirklich immer ein wenig Pech gehabt. Und wen interessierte schon der 3. Mann auf dem Mond? Cole war bis heute nicht klar, wie die drei es überhaupt entschieden hatte, wer zuerst durfte. Schließlich musste ihnen doch klar gewesen sein, dass weder der zweite, noch der dritte jemals im Gedächtnis der Leute bleiben würde. Dennoch war es sehr amüsant und Cole fühlte sich gut unterhalten, als er quer über seinem Sessel liegend dabei zusah, wie Antonin nur mit Schürze bekleidet zu ihm zurückkehrte, wie er ihn schließlich auf dem Sofa als Tablett verwendete und ihn 'vernaschte', wobei er sich das Recht erkämpfte, wenigstens ein bisschen aktiver sein zu dürfen. Und schließlich gipfelte der Abend in gefühlvollem Sex, der intensiver nicht hätte sein können. Als Cole aus dem Badezimmer zurückkehrte, in dem er sich kurz noch einmal gewaschen hatte, um das klebrige Gefühl von seinem Körper zu bekommen, schlief Antonin bereits, was ihm die Zeit verschaffte noch einmal auf sein Handy zu sehen. Es waren drei Anrufe in Abwesenheit von Costello und eine SMS von Ragnar, die er noch schnell beantwortete, und ihm andeutete, dass er mit Antonin am Grab war und nun alles wieder in Ordnung sei. Sicher würde Ragnar das wissen wollen. Dann überlegte er, ob er Costello noch anrufen sollte, unterließ es dann aber. Er wusste, dass es Konsequenzen haben würde, dass er so gehandelt hatte, aber die waren es ihm wert. Der heutige Tag war alles andere als das, was er bisher an diesem Tag gehabt hatte. Und wenn er Anfang der nächsten Woche Geburtstag haben wird, wäre das der erste Geburtstag seit damals, der nicht von diesem Todestag überschattet sein würde. Er schlief an diesem Tag unglaublich entspannt, an Antonin gekuschelt, zufrieden und glücklich. Ob sie nun endlich ihre Unstimmigkeiten beseitigt hatten? Ob sie nun endlich einfach nur ohne Missverständnisse einander vertrauen konnten? Ob es jetzt noch Irritationspunkte gab, die sie wieder dazu bringen würde, einander nicht mehr zuzuhören, einander zu misstrauen und zu streiten? Hoffentlich nicht. Cole war am Ende seiner Kräfte, was das betraf. Er wüsste nicht, was er Antonin noch geben sollte, damit dieser wusste, dass es ihm ernst war. Aber hoffentlich würde er es ihm auch nicht noch einmal 'beweisen' müssen. Der nächste Tag würde für Cole eine Fahrt nach Staten Island bedeuten. Er musste 'Geschäftspartner' besuchen, Kontakte auffrischen und sich mal wieder auch umhören, wie die Stimmung beim 'Volk' war. Cole wachte gegen halb zehn und damit wie gewohnt vor Antonin auf, wobei er diesmal jedoch liegen blieb und sich an den anderen ankuschelte, ihn küsste, streichelte und so langsam aber bestimmt dazu brachte, aufzuwachen. Eine SMS von Ragnar hatte ihm gesagt, dass er bereits mittags im Lady-Dream sein müsste. Ob sich jener mit diesem Nathan traf? Er würde es ihm wünschen. "Schlafmütze", flüsterte er schließlich Antonin ins Ohr. "Ich habe heute leider nicht viel Zeit." Als er sah, dass Antonin sich bemühte, wirklich wach zu werden, stand er auf und ging ins Bad, um sich zu waschen und fertig zu machen. Dann kehrte er ins Schlafzimmer zurück, um sich nackt vor seinen Kleiderschrank zu stellen, und zu überlegen, was er am besten anzog, um zum einen nicht zu seriös, zum anderen nicht zu legere auszusehen. Schließlich fütterte er Corleone, der beim Spielen gestern sich sogar neben Antonin gesetzt hatte, kochte Kaffee und schaltete seine Stereoanlage ein, um mit Jazz seinen Tag zu beginnen. Auch wenn er gerne in die Disko ging, so hörte er zu Hause eher ruhigere Musik, wobei man Jazz kaum als ruhig bezeichnen konnte, aber es war eben keine rockige Musik oder aufgedröhnter Pop. Als Antonin aus dem Bad kam, begrüßte er ihn mit einem Kuss. "Was hast du heute vor?", fragte er ihn und reichte ihm eine Kaffeetasse. Antonin Einen unwilligen Laut von sich gebend, hob er müde eine Hand, griff nach Cole und zog diesen zu sich. Antonin fühlte sich zwar müde aber entspannt und zufrieden, weshalb er dann schließlich auch aufgab als Cole ihm ins Ohr flüsterte. "Mh... bin wach", murmelte er und wartete bis der andere im Bad verschwunden war, um sich nochmal herum zu drehen. Sollte Cole doch gehen wenn er wenig Zeit hatte, es war gemein, ihn so aus seinen schönen Träumen zu zerren. Schwer seufzend rang er noch ein paar Minuten mit sich, bevor er einmal herzhaft gähnte und sich dann doch aufsetzte und sich durch die Haare strich, bevor er den Schlaf aus seinen Augen rieb. Immerhin fühlte er sich ein bisschen wacher als er Coles schönen Körper betrachten konnte und damit auch fit genug, um ins Bad zu tapsen und sich selbst ein wenig frisch zu machen. Duschen würde er später zuhause, zumal es ja nicht so war als ob das jetzt so dringend nötig wäre. Antonin hatte alleine gestern drei Mal geduscht und das war im Grunde auch nicht so gut für die Haut. Aber egal, gerade die dritte Dusche war super gewesen. Er liebte es einfach wenn er Cole streicheln konnte. Ob dessen Haut ein Aphrodisiakum ausgab und ihn deshalb so verrückt danach machte? Hm.. Über diesen Gedanken lächelnd zog er sich aus dem Bad kommend an und trat dann auf Cole zu, sich nur zu gerne küssen lassend. Doch bevor er auf die Frage reagierte widmete er sich erst einmal ein paar Schlucke lang seinem Kaffee. "Heute ist Mittwoch, oder?", erkundigte er sich erst einmal und bemerkte für sich selbst wie schnell man den Überblick über die Tage verlor, wenn man nur noch so vor sich hin lebte. "Ich habe heute ein Telefonat mit dem Besitzer des Gebäudes, das ich gerne möchte. Es soll ein Termin für die Begehung und eine ungefähre Preisvorstellung ausgehandelt werden", begann er zu erzählen. "Danach muss ich wohl mal bei Nicholas und Tayra vorbei. Am besten mit einem Fresskorb, um mich für die Krankenpflege zu bedanken. Und außerdem möchte ich meine Patentochter ganz gern einmal wieder sehen. Irgendwann im Laufe des Tages wollte ich auch meine Anwälte mal anrufen und nach dem Stand der Dinge fragen und meine E-Mails warten wohl auch schon eine Weile auf mich." Er verzog den Mund. "Oh Gott, das ist alles genau so unstrukturiert wie es sich anhört. Wenn das so weitergeht werde ich wirklich einer von diesen 'Gammlern'", murmelte er kopfschüttelnd. "Es wird Zeit das dieses Labor zustande kommt, wenn das so weitergeht krabble ich bald irgendwelche Wände hoch." Hier musste er kurz schmunzeln und trank nochmal von seinem Kaffee, Cole dann anlächelnd. "Ich war noch nie über so einen langen Zeitraum von einem Labor getrennt, nicht einmal in Russland. Man könnte sagen, es lässt mich langsam ein wenig hibbelig werden", erklärte er und stelle die Kaffeetasse dann zurück auf die Theke. "Kannst du mich noch nach Hause fahren bevor du los musst?" Ja, konnte Cole und als er sich von diesem verabschiedete, konnte er nicht anders als sich für das Vertrauen des anderen zu bedanken und auch für den Tag, selbst wenn ihm das ein wenig seltsam vorkam. In seiner Wohnung angekommen traf er unerwarteterweise auf einen am Küchentisch sitzenden Nicholas und fragte sich, was mit dem Paar eigentlich los war? Konnten sie nicht, wie jeder andere normale Mensch einfach wieder fahren, wenn sie feststellten, dass er nicht da war? Zudem der Blick des anderen nichts Gutes verhieß, genau wie die Worte, die er zur Begrüßung bekam: "Du warst bei ihm, richtig?" Antonin seufzte und nickte, bevor er zu der bereits durchgelaufenen Kaffeemaschine ging und sich eine weitere Tasse gönnte. Das hier könnte zum einen länger dauern und zum anderen eine Menge seines Köpfchens in Anspruch nehmen, denn er ahnte sehr wohl, worauf das hinauslaufen würde. Zwar hatte Nicholas nichts dazu gesagt, wie er sich in der Dusche wohl auch einfach zu Tode hätte frieren lassen, doch dessen Limit war jetzt ganz offensichtlich erreicht. Das war das Schlimme an Menschen, die man als seine Familie bezeichnete, denn man war ihnen nach solchen Aktionen tatsächlich irgendwie so etwas wie Rechenschaft schuldig. Und es würde Antonin nicht leicht fallen das alles zu erklären, gerade wo Nicholas nichts bis gar nichts mehr von Cole hielt. Zum einen, weil er ihn für den Kerl hielt, der Antonin umgepolt hatte, und zum anderen, weil er ihn, in Nicholas Augen, von einer Dummheit in die nächste trieb und dauernd verletzte. Seufzend stieß er Luft aus und setzte sich seinem Bruder in spe gegenüber. Dann sollten die Spiele wohl beginnen… Kapitel 82: Touchdown - zensiert -------------------------------- Cole Sie saßen noch eine geraume Weile da. Cole ließ Revue passieren, was ihm im letzten Jahr, besonders im letzten etwa halben Jahr alles widerfahren war, was sich geändert hatte. Und es waren einige Dinge dabei, die ziemlich gut waren. Das Beste war sicherlich, dass er hier nicht alleine saß. Als sein Handy klingelte, wusste er wieder am Klingelton, wer da anrief. Er ging nicht ran. Das Haus stand noch immer als Ruine da. Cole blieb nur kurz am Grundstück. Er sollte sich endlich überlegen, was er damit anfangen wollte. "Möchtest du mit mir Schwimmen fahren?", fragte er schließlich Antonin. "Ich fahre immer an diesem Tag schwimmen. Dort am Strand ist auch das Foto, das ich dir gezeigt habe, aufgenommen worden. Dieser Tag ist für mich wie ein Ritual. Ich hoffe das stört dich nicht. Und wenn du nach Hause willst, musst du es nur sagen. Ich kann mir vorstellen, dass das alles ein wenig viel für dich ist." Fragend blickte er Antonin an und war froh, als dieser einwilligte. Und so fuhr Cole, der ohnehin vorsichtshalber mehr Strandsachen mitgenommen hatte, mit Antonin ans Meer. Er mochte zwar selbst nicht gerne schwimmen, hatte es, seit er das letzte Mal mit seinen Eltern hier gewesen war, nie wieder versucht zu lernen, aber dennoch war er gerne an diesem Strand. Das gleichmäßige Wellenschlagen ließ ihn immer wieder runterkommen. Er liebte das Meer für seine Ruhe und für seine Kraft gleichermaßen. Und an diesen Tagen immer besonders. Er zog sich seine Badehose an und legte sich hin, die Augen schließend. Es tat gut, nicht alleine zu sein, ohne den Zwang zu haben, ständig reden zu müssen. Das tat sehr gut. Antonin Als sie an Coles Haus ankamen, betrachtete er es nachdenklich, darüber sinnierend, dass er hier tatsächlich das erste Mal als der Schutzengel des anderen agiert hatte. Und so im Nachhinein hatte er sich unglaublich über jenes Geschenk gefreut. Die Figur stand inzwischen auf seinem Wohnzimmertisch, so dass er sie immer sehen konnte wenn er denn wollte. Er sah etwas aus den Gedanken gerissen auf, als Cole ihn fragte ob er mit zum Schwimmen fahren wollte, doch er bejahte es fast augenblicklich. Auch wenn er sich dort angekommen, dagegen entschied, tatsächlich ins Wasser zu gehen und sein T-Shirt anbehielt. Noch war er nicht wieder ganz gesund, da wollte er lieber kein Risiko eingehen. Doch während Cole sich sonnte hatte Antonin zum einen viel weitere Zeit zum Nachdenken und zum anderen einem kindischen Wunsch nachzugehen. Weshalb er etwas näher ans Wasser ging und damit begann eine Pyramide zu bauen. Er war noch nie ein Fan von Schlössern gewesen, während ihn die ägyptische Geschichte schon immer interessiert hatte. Und apropos Geschichte... es war schon ein wenig seltsam zu wissen, dass jenes Foto hier aufgenommen worden war. Vielleicht war der Strand deshalb eine Art Ruhezone für den anderen? Weil er hier schon einmal ein paar glückliche Stunden erlebt hatte? Er dachte an die Gesichter auf dem Bild zurück und fragte sich, was wohl aus Cole geworden wäre, wenn seine Familie nicht ermordet worden wäre. Ob sie sich auch begegnet wären? Ob sie sich dennoch angezogen hätten? Aber vermutlich würde Antonin nur mit jemand anderem Geschäfte machen und niemals auf Cole treffen. Mit dem Schicksal war es wirklich eine merkwürdige Sache… Und wenn er schonmal beim Schicksal war… Cole hatte ihm heute, ohne es zu wissen, das größte Geschenk gemacht: Jene Sicherheit, die er so dringend benötigt hatte. Denn nach dem heutigen Tag war er sich sicher, dass ihm seine Position an Coles Seite niemand streitig machen könnte. Dass niemand so schnell Coles Vertrauen gewinnen könnte, um ansatzweise Ähnliches mit ihm zu teilen. Der andere Mann hatte ihm ein Stück Herz und Seele präsentiert und Antonin würde darauf aufpassen. Er musste schmunzeln und hob den Blick von dem eher schief geratenen Objekt aus Sand, um aufs Meer hinaus zu sehen. Vielleicht war er ja immer noch ein Guard für Cole, wenn auch auf gänzlich andere Weise, als das ursprünglich einmal der Plan gewesen war. Cole Cole genoss die Wärme der Augustsonne. Es tat ihm verdammt gut. Und langsam sickerte auch bei ihm durch, was er eigentlich gerade getan hatte. Er hatte sich seelisch entblößt, war letztlich nackt vor Antonin gestanden. Und jener hat sich nicht zurückgezogen, sondern saß bei ihm im Sand und baute eine Sandburg. Oder sollte das eine Pyramide darstellen? Cole drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf seine Hand, um Antonin zu beobachten. Was jener wohl jetzt über ihn dachte? Ob er Angst bekommen hatte? Er wirkte nicht so, er wirkte eher so als ob jener zufrieden wäre. Zufrieden vielleicht, weil er endlich wusste, wer Cole war. Vielleicht auch nur, weil er zufrieden war, weil nun nichts mehr zwischen ihnen stand. Es gab nichts Gravierendes was Antonin jetzt nicht über ihn wusste. Cole fühlte sich erleichtert. Es blieb das Gefühl der Panik aus, vor dem er Angst gehabt hatte. Panik, dass jener ihn zurückstoßen und dieses neue Wissen gegen ihn verwenden könnte. Nein, davon war nichts zu spüren. Vielmehr stellte sich eine unglaubliche Entspannung und Ruhe ein. Der Streit war vergessen. Letztlich war er auch nur aus eben jenem Wissensdefizit resultiert. Und spätestens jetzt müsste Antonin begriffen haben, dass er es wirklich ernst meinte, dass er ihm wirklich so verbunden war, dass er ihn wirklich an seinem Leben teilhaben ließ. Und zwar als einzigen Menschen. Ja, Antonin war der einzige Mensch, außer Ragnar, der alles von Cole wusste. Und selbst Ragnar hatte er nie alles anvertraut. Cole legte seinen Kopf wieder ab und schloss die Augen. Es tat so gut... Als sein Handy klingelte ging er diesmal ran. „Hm“, murmelte er und lauschte den Worten. „Danke.“ sagte er irgendwann knapp, bevor sich seine Augenbrauen zusammenzogen. „Ich werde heute nirgendwohin kommen. Und von daher interessiert es mich nicht. Wir haben eine Abmachung! Das ist mein freier Tag.“ Cole lauschte erneut den Worten. „Es tut mir leid, aber: Nein.“ Dann legte er auf. Kurz blickte er das Handy an. Nein, heute würde er nicht zur Verfügung stehen. Für nichts und niemanden. Und wenn die Welt untergehen würde. Und auch, wenn Costello vorhatte, heute Abend sich mit anderen Chefs zu treffen. Cole schaltete das Handy auf lautlos und stand auf, um hinüber zu Antonin zu gehen und sich neben ihn zu setzen. „Deine Burg schaut ein wenig aus wie eine Pyramide“, stellte er fest und grinste den anderen ein wenig an. „Hast du heute noch etwas vor?“, fragte er und fügte hinzu. „Ich habe gehört, dass heute die New York Jets gegen Miami Dolphins spielen. Und ich könnte Karten auftreiben...“ Cole hatte nicht vergessen, welchen 'Traum' Antonin hatte. Und vielleicht ließe sich dieser ja heute verwirklichen. Antonin Er sah von seiner eher missglückten Konstruktion auf, als das Handy klingelte, bevor er den Blick wieder von dem anderen Mann abwandte und überlegte wie er das kleine Weltwunder vor dem Einsturz bewahren sollte. Antonin bekam das Gespräch nur am Rande mit, aber war erleichtert, dass Cole sich diesen Tag gönnen würde. Ohne die übliche Gewalt und die Machtdemonstrationen, die dem anderen im täglichen Leben wohl häufiger begegneten. Die Seele einmal baumeln zu lassen - sofern möglich - war gerade an einem solchen Tag doppelt wichtig und wohl auch nötig. Ein wenig lächelnd sah er auf, als Cole zu ihm herüberkam und sich neben ihn setzte. "Das liegt daran, dass es eine Pyramide ist. Oder zumindest sein soll. Aber ich befürchte diese hier wird kein Weltwunder, das tausende von Jahre übersteht." Jetzt kam es ihm fast ein wenig zu kindisch vor, aber andererseits half ihm das sich davon abzulenken, dass ihn Coles Vergangenheit mehr mitnahm, als er es zulassen wollte. Antonin ließ seinen Blick über den Körper des anderen gleiten und sein Lächeln vertiefte sich. Auch wenn dem anderen ein paar Pfund mehr wirklich nicht schaden würden, so war der Mann doch eine Augenweide. Hehe… Sex für die Augen. Doch als er die Frage, vielmehr ja Vorschlag hörte, sog er seine Unterlippe ein wenig unentschlossen zwischen die Zähne. "Bist du sicher, dass du das willst? Heute?" Damit hatte er sich entschlossen, seine Gedanken dazu ehrlich auszusprechen. "Versteh mich nicht falsch, ich würde wahnsinnig gern mit dir da hingehen...", er stockte und schien zu überlegen, bevor er nach ein wenig Sand griff und Cole damit bewarf. Natürlich darauf achtend, nicht einmal ansatzweise in kopfnähe zu kommen, denn das könnte sehr unangenehm werden, das Zeug in die Augen zu bekommen. "Andererseits bist du ein großer Junge und kannst selbst entscheiden was du willst und was nicht. Vergiss was ich gesagt habe und besorg die Karten." Er grinste und legte den Kopf ein wenig zur Seite, seinen Blick ein weiteres Mal über Coles Körper gleiten lassend. "Ich mag den Drachen", murmelte er plötzlich, mit der Musterung des anderen an den Ausläufern jener Tätowierung hängen bleibend. "Je nachdem welcher Legende man folgt, symbolisiert er etwas anderes. Weisheit, langes Leben, Habgier, Rachsucht, Unsterblichkeit, Bösartigkeit, Kampfgeist, Schutz... Und es gibt eben jene Legenden über sie in fast jedem Teil der Welt. Tatsächlich handeln die wenigsten von den armen Kreaturen, die nicht besseres zu tun haben, als sich irgendwelche Jungfrauen opfern zu lassen." Er lehnte sich zurück, stützte sich mit den Ellenbogen im Sand ab und wandte den Blick von Cole ab, um auf das ruhige Meer hinaus zu sehen. "Ich habe mich immer fasziniert von ihnen gezeigt, daher finde ich es im Nachhinein unglaublich passend, dass du so eine Tätowierung hast." Er warf Cole einen Seitenblick zu und schmunzelte. "Sie repräsentiert dich gut, in meinen Augen." Er ließ seinen Blick wandern, bis zu der entblößten Brust. "Besser als manch anderes." Cole Der Blick, den Antonin über seinen Körper gleiten ließ, nahm Cole nur zu gerne wahr, bestätigte ihm das doch, dass er nach wie vor attraktiv für Antonin war. Nun, er hatte nie wirklich daran gezweifelt, aber nach den jüngsten Vorfällen war es dennoch angenehm. Auf die Frage, ob er sich sicher sei, an diesem Tag das mit Toni machen zu wollen, seufzte Cole ein wenig. Ja, vielleicht wäre heute angesagt, innen zu sitzen und Trübsal zu blasen, aber hätten seine Eltern, seine Geschwister das gewollt? Sicher nicht. Sicher wäre es für sie in Ordnung gewesen, wenn er stattdessen ins Stadion ging und unter Umständen an einem ungewöhnlichen Ort richtig guten Sex zu haben. "Hey", beschwerte er sich und begann den Sand wegzuwischen. "Du bist ganz schön frech dafür, dass ich dich auch einfach hier sitzen lassen könnte. Ich hoffe du verträgst das Echo, das kommen wird." Er blickte scheinbar entsetzt an sich herab, wo ihn der Sand getroffen hatte und grinste Antonin dann an. Doch als dieser weiter sprach, war er erleichtert, dass Antonin selbst feststellte, dass er Cole eine solche Entscheidung überlassen konnte. "Ich weiß, dass es von meinem Ritual abweicht, aber heute ist alles ein wenig anders." Ja, heute war alles anders. Ab heute war alles anders. Und wieder spürte er den Blick, der über seinen Körper glitt. Cole musste Schmunzeln. Doch bevor er einen stichelnden Kommentar loswerden konnte, begann Antonin zu reden. Und so hörte er ihm geduldig zu. "Weißt du, diese beiden Tätowierungen symbolisieren die zwei Seiten meines Lebens. Der Drache steht für mich, für Freiheit und Unabhängigkeit, Stärke und Unbezwingbarkeit." Cole hatte seine Hose ein wenig hinuntergezogen, damit das gesamte Bild zu sehen war, und betrachtete es. Es hatte damals ziemlich geschmerzt, es stechen zu lassen, aber es hatte sich gelohnt. "Nun und der Revolver ist das andere Leben, das er symbolisiert. Und irgendwann wird mich wohl eine Kugel genau dort treffen." Er lächelte bei dem Gedanken kurz, traurig. Dann blickte er Antonin an. "Aber es freut mich, dass du den Drachen als etwas siehst, was mich repräsentiert. Denn genau das war die Intention dahinter. Und Drachen fand ich auch schon immer sehr faszinierend." Cole drehte sich zur Seite, so dass er über Antonin im Kniestand war, während seine Hände ihn abstützten. So blickte er nun auf Antonin herab und beugte sich leicht, um ihn zu küssen. Als er den Kuss wieder löste, blickte er Antonin an. "Ich fürchte wir müssen jetzt los, wenn wir uns für das Spiel noch umziehen wollen", erklärte er und stand schließlich auf, dem anderen die Hand reichend, um ihn hochzuziehen. Als dieser stand zog er ihn zu sich, um ihn erneut zu küssen. "Aber vorher muss ich dir leider noch kurz den Schalk hinter deinen Ohren wegwaschen, damit du lernst, dass du nicht so frech sein solltest..." Während er das sagte, hatte er Antonins Hände ergriffen und begann nun, den anderen mit ins Wasser zu ziehen. Es endete in einer Kappelei, in der er, körperkraftmäßig unterlegen war, aber es immerhin schaffte, dass der andere genauso nass war, wie er. Und das schönste daran war, dass er mal wieder so richtig lachen konnte. Ja, so ließ es sich leben. Antonin Antonin grinste genauso frech, wie es ihm unterstellt wurde und vor dem angesprochenen Echo fühlte er eher wenig Unbehagen in sich. Auch wenn er hoffte, dass Cole nicht schon wieder auf Liebesentzug zurückgreifen würde für eine solche Kleinigkeit. Wobei, heute wohl kaum. Sein Blick wurde nachdenklicher als er Cole weitersprechen hörte und betrachtete die freigelegte Tätowierung. Schließlich sah er auf, suchte die Augen, den Blick des anderen, dessen etwas traurig wirkendes Lächeln bemerkend. "Du solltest solche Dinge nicht sagen, auch wenn man jetzt behaupten könnte, ich würde dann in einer kleinen Fantasiewelt leben. Aber es kitzelt etwas in mir, von dem wir wohl beide nicht mehr wollen, dass es wieder zutage tritt. Zudem.. ich persönlich glaube, dass eine kleine Kugel einem Drachen nichts anhaben kann." Er lächelte wieder und als Cole sich über ihn kniete erwiderte er den Kuss sofort und betrachtete danach das schöne Grün, das die Augen des anderen gerade aufwiesen. Er wäre wohl in zehn Jahre noch davon fasziniert. Doch dann wurden seine Gedanken schnell auf das vor ihnen liegende Spiel gelenkt und ein begeistertes Funkeln schlich sich in seine Augen. "Stimmt, zu so etwas kommt man nicht zu spät. Ich kann den HotDog schon förmlich schmecken", murmelte er schwärmerisch und blickte dann ein wenig erstaunt drein, als er Coles nächste, dem nächsten Kuss folgende Worte hörte. Was zum..?! Er wehrte sich so gut es ihm momentan möglich war, dem Wasser zu entgehen, doch so ganz wollte das nicht gelingen. Zudem es ihm gerade auch zu viel Spaß bereitete und er sich deshalb nach dem kurzen ehrlichen Zögern einfach darauf einließ. Würde schon nichts passieren. Und als sie schließlich wieder bei Coles Wagen ankamen, zog er sich das Shirt über den Kopf und wrang es kurzerhand aus. "Wenn deine Sitze nass werden, gib nicht mir die Schuld", versetzte er und streckte dem anderen die Zunge raus, bevor er sich den dünnen Pullover wieder überzog. Inzwischen glaubte er von sich selbst eine gewisse Wärmeresitenz zu besitzen, von daher störte ihn das nicht wirklich. Sie einigten sich darauf, erst zum einen und dann zum anderen zu fahren, um sich umzuziehen und gegebenenfalls kurz unter die Dusche zu springen. Antonin entschied sich für eine der neuen dunkelblauen Jeans, ein schwarzes Achselshirt und einen hellgrauen Kaputzenpullover, dessen Reißverschluss er jedoch offen ließ. Natürlich nach der kurzen Dusche, da ihn das Salzwasser schon ein wenig nervte und er das kratzende Gefühl von seiner Haut herunter haben wollte. In der Zwischenzeit schien Cole die Karten organisiert zu haben und als sie vor dem Stadion hielten war Antonin schon Feuer und Flamme. Es war ihm herzlich egal, ob sich Cole für den Sport interessierte oder nicht, er betete dem anderen die Ergebnisse der beiden Teams in der Liga trotzdem herunter und konnte sich nicht so ganz entscheiden, wen er anfeuern wollte, denn beide zählten nicht zu seinen Lieblingen. Also war es ihm momentan sowieso lieber sie nicht zu sehen. Vor allem die Atmosphäre bei einem solchen Spiel hatte keine Probleme, Antonin einzufangen und so folgte er Cole mehr aus den Augenwinkeln heraus, da er sich gerade viel zu leicht ablenken ließ. Doch dann riss er sich aus diesem Wahnsinn und trabte zurück an die Seite des anderen, um diesen neugierig anzusehen. "Na, wo ist der geheimnisvolle Kartenmann?" Cole Cole war froh, als er auch duschen konnte. So gerne er am Strand lag und sich von der Sonne berieseln ließ, so ungern mochte er das Salz auf der Haut und den Sand überall. Aber es gehörte nun einmal dazu. Und für die Haut war das eigentlich ganz gut, hatte er mal gehört. Und was tat man nicht alles für gutes Aussehen. Während sie bei Antonin waren, hatte er Timothy angerufen, der an den Spieltagen im Giants Stadium tätig war, und ansonsten im Lady-Dream dafür zuständig war, den Leuten hinter der Bar ihre Wünsche zu erfüllen. Dieser hatte versprochen, sie rein zulassen und ihm noch eine kurze Geschichte darüber erzählt, weshalb Cole heute besonders viel Glück hatte, weil zwei Freunde von ihm kurzfristig abgesprungen waren. Bei sich zu Hause angekommen, stellte Cole sein Foto wieder gewissenhaft zurück an den Ort, von dem er es entführt hatte, und legte auch das Band zurück. Dann ging er duschen. Er zog sich eine verwaschene helle Jeans und ein schwarzes Shirt darüber an, dann ging es auch schon los. Während Antonin immer leuchtendere Augen zu bekommen schien, je näher sie dem riesigen Stadion kamen, desto mehr musste Cole schmunzeln. Und auch vor Ort, schien jener völlig begeistert zu sein. Er selbst hatte nie wirklich viel mit diesem Sport anfangen können. Aber jedem das seine, und so wirklich unsympathisch war der Sport nicht. Cole lief mit Antonin, dessen Aufmerksamkeit überall war, nur nicht auf seinem Weg, zu einem bestimmten Eingang. Kurz vor Spielbeginn würde Timothy kommen und sie einlassen. Als Antonin zu ihm kam und fragte blickte Cole ihn lächelnd an. "Er kommt gleich. Keine Sorge." Ein amüsiertes Funkeln leuchtete in seinen Augen, als er Antonins unruhige Augen suchend umherblicken sah. "Ich glaube ich werde mir jetzt auch einen Hotdog gönnen. Aber wir müssen uns beeilen. Die Plätze sind exklusiv, aber nicht einfach zu finden." Und kaum hatte er es gesagt, wurden sie auch schon von hinten angesprochen. Timothy, ging mit ihnen beim Getränkestand und HotDog-Stand vorbei und führte sie dann in die Katakomben des Giants Stadium, das immerhin 80.242 Zuschauer beherbergte. Dann erreichten sie ihre Plätze, Plätze, für die man normalerweise über 2500$ zahlte. Sie saßen zwar hier in der hinteren Reihe, aber der Blick war phantastisch. Eigentlich waren diese Plätze für Ordner oder Zivilpolizisten reserviert, aber das Personal nutzte sie nur, um Freunde zu dem Spiel einzuschleusen. Cole fragte nicht, ob Antonin die Plätze gefielen. Das war zu offensichtlich. Cole setzte sich und biss in seinen HotDog. Die Stimmung war phantastisch und er wusste, dass er heute einen schönen Abend haben würde, auch wenn er nicht wirklich viel von dem Spiel verstand. Es war alles nur eine Frage des 'sich darauf einlassen Wollens'. Und allein, wenn er Antonins Augen sah, spürte er, dass die Idee, hierher zu kommen, die beste war, die er seit langem gehabt hatte. Genüsslich aß er seinen HotDog, bevor das Spiel endlich begann und trank seine Cola. Er hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, und mittlerweile hatte sogar er Hunger. "Und, für wen schreien wir nachher?", fragte er nun und blickte Antonin an. "Und wie war das doch gleich nochmal mit dem Homerun?" Er grinste den anderen an. "Ich hoffe es stört dich nicht, dass ich nicht wirklich viel Ahnung von dem Spiel habe." Er zuckte entschuldigend mit seinen Schultern. "Bisher hat mich das nie so interessiert. Wieso stehst du so sehr auf den Sport?" Antonin "Hotdogs sind absolutes Pflichtprogramm für jedes Footballspiel", stimmte Antonin zu. "Und du machst mich gerade ziemlich neugierig auf dies Exklusivplätze", gab er zu und drehte sich dann mit Cole zusammen um, als sie angesprochen wurden. Das Gesicht des anderen könnte ihm was sagen, aber andererseits, nicht wirklich. Und was sollte es jetzt auch? Derjenige ließ sie auf alle Fälle ein und damit war er Antonin schon mal sehr sympathisch. Am Hotdogstand ließ er sich einen mit allem und extra Zwiebeln machen, nur um auf den wohl etwas perplexen Blick des anderen die Schultern zu zucken. "Man kann nicht immer gesund essen", erklärte er und bekam dann immer größere Augen als er merkte, wo sie hingeführt worden. "Das ist nicht wahr.. das ist nicht wahr!", hauchte er und setzte sich etwas sprachlos neben Cole. "Unglaublich. Absolut unglaublich." Er wandte sich Cole zu, seinen Hotdog erstmal ignorierend. "Hast du überhaupt eine Ahnung was diese Plätze hier kosten? Ich hätte vor einiger Zeit getötet, um so einen Plaz zu ergattern." Er blinzelte noch ein paar Mal perplex, bevor sich wieder jenes Strahlen in seiner Mimik niederließ, das wohl zu seinem Spitznamen geführt hatte. "Unglaublich." Und um sich ein wenig von seiner Überraschung zu erholen konzentrierte er sich nun erstmal auf seinen geliebten Hotdog und ließ seinen Blick neugierig über das volle Stadion gleiten. Er liebte die Stimmung hier. Es war für ihn jedesmal wieder, als würde man von einer Welt in eine komplett andere abtauchen. Und für die Dauer eines Spieles einfach mal alles um sich herum zu vergessen und einfach nur mitfiebern. Zudem es ganze Fanseiten gab, die irgendwelche Sprechgesänge veröffentlichten, die dann auch von den jeweiligen Fans vorgetragen wurden. Ganz zu schweigen von den Cheerleadern, die ja ebenfalls schon so eine Art eigene Fanbase besaßen. "Für die Dolphins", entschied Antonin schließlich spontan und steckte sich den letzten Bissen in den Mund um genüsslich daran herum zu kauen und Cole sein Getränk dann kurz zu entwenden, um das ganze herunter zu spülen. Frech grinsend reichte er es dem anderen zurück, mehr Durst würde er nicht bekommen, das wusste er aus Erfahrung. Er war nach seinem Hotdog immer viel zu sehr damit beschäftigt, sich auf das Spiel zu konzentrieren und das jeweilige Getränk würde nur schal werden. Doch dann, wandte er seinen wieder vom Spielfeld wie magisch angezogenen Blick abrupt wieder zu Cole. Homerun? Irgendwas klingelte da. Nur wa... oh. Oh! Ob das wirklich eine Anspielung auf seine Fantasie gewesen war? Daran hatte Antonin gar nicht mehr gedacht. Aber wenn, dann würde Cole spätestens jetzt wissen das Antonin nicht gescherzt hatte als er dem anderen erzählt hatte, das man ihn wirklich davon überzeugen müsste. Football war wie eine Droge für ihn. Sex zwar irgendwie auch und beides zusammen wäre sowas wie der Sündenhimmel, aber auch nicht so leicht zu verwirklichen. Deshalb grinste er nur und überging diese Frage. "Es heißt Touchdown. Aber es ist gar nicht schlimm, wenn du dich nicht auskennst. Im Grunde zieht einen sowieso nur die Stimmung hierher. Aber wenn du dich doch mal dafür interessieren solltest, empfehle ich die Spiele der Junior-Leage. Die haben weiße Bändchen um und jedes Mal wenn einem das Band abgerissen wurde, gilt man als niedergetackelt", erzählte er und runzelte dann kurz die Stirn. "Das liegt an meiner Highschoolzeit. Meine Schule hatte dieses unglaublich gute Highschoolteam und die Jungs da drinnen waren so 'cool'. Ihnen liefen die ganzen Mädchen nach, sie hatten das Ansehen der ganze Schule und so weiter und so fort. Eine Weile wollte ich selbst spielen, aber ich war immer zu klein und zu schmächtig. Weshalb ich mich aufs Zusehen beschränkt habe und irgendwann war es nicht mehr, weil ich mir wünschte auch so einen tollen Ruf zu haben, sondern weil ich wirklich mitfieberte. Ja, so begann das eigentlich." Er lächelte Cole an und begann dann mit den anderen zu klatschen als die ersten Cheerleader das Feld betraten. "Zudem die Kerle auch meistens fantastische Körper hatten, was ich mir jetzt eingestehen kann, ich zu meiner Schulzeit jedoch fantastisch verdrängt habe", erzählte er weiter, diesmal jedoch ohne den Blick vom Geschehen auf dem Rasen abzuwenden, trotzdem mit einem Lächeln auf den Lippen. "Aber ich hatte den Kopf auch zu dem Zeitpunkt mit genügend anderen Dingen vollgestopft. Ich habe meinen Abschluss ein Jahr früher gemacht und musste für das halbe Stipendium an der Harrison School of Pharmacy Sorge tragen. Und für die restliche Bezahlung. Dazu kam dann in den folgenden Jahren, dass ich jene Schule ebenfalls ein Jahr früher abschließen konnte beziehungsweise wollte und dafür mehr als genügend zu tun hatte, um mich nicht mit solchen Dingen auseinander setzen zu können oder wollen." Er erzählte das ohne Groll gegen sich oder andere. Seine Schulzeit war im Grunde eine schöne gewesen und seine sexuelle Ausrichtung war damals einfach nicht zur Debatte gestanden. "Was ist mir dir? Interessiert dich gar kein Sport?" Cole Cole grinste in sich hinein, als er merkte, dass Antonin seine Anspielung bezüglich des ‚Touchdowns‘ ignorierte. Er aß den letzten Bissen des Hot Dogs und fühlte sich unglaublich schwer. Am liebsten wäre er das Essen gleich wieder los geworden. Aber das war nun mal immer so mit dem Fast Food. Und dass er es wirklich manchmal nicht in sich behalten konnte, hatte ihm gelehrt, zu versuchen, weitestgehend darauf zu verzichten. Er blickte Antonin von der Seite an, als dieser zu erzählen begann. "Du warst also schon immer schwul", stellte er fest und grinste frech. "Aber ich kann das nachvollziehen. Sportler haben schon tolle Körper..." Sein Blick glitt kurz in weite Ferne und sein Lächeln wurde süffisant. Doch dann blickte er Antonin überrascht an. "Du warst schmächtig? Nun, dass du klein bist, das übersieht man ja nicht, aber schmächtig?" Seine Stimme verriet, dass er es nicht böse meinte, dass er nur stichelte. Er lachte leicht. Doch als die Cheerleader hereinkamen hob er seufzend die Augenbrauen. Die Cheerleader waren so ungefähr das letzte, was er mochte. Aber das Strahlen, das auf Antonins Gesicht sich ausgebreitet hatte, entschädigte ihn für all den Hetenquatsch, den er hier erleben musste. Er musterte Antonin, als er von den tollen Körpern sprach. Nun, zumindest gab das der andere zu. "Du hättest damals ruhig auf deine Hormone hören können. Sie haben dir schon damals das richtige Liedchen geträllert...", raunte er ihm ins Ohr, da dieser ihn offenbar nicht ansehen wollte. Doch die Erklärung, die Antonin ihm gab, musste er wohl gelten lassen. "Dass du so eine Streberleiche warst… unsympathisch. Ich habe die 10 gerade so geschafft, weil ich leider auch zu viel zu tun hatte. Unangenehmerweise haben mich aber andere Dinge davon abgehalten, Zeit für die Schule zu haben." Er seufzte. "Und was Sport betrifft. Ich mag Polo. Und ich mag Sex - wenn das auch zählt." Nein, er würde heute nicht ernst sein können. Dafür war er hier zu wenig entspannt. "Der Breitensport interessiert mich wenig, weil hier nur homophobe Arschlöcher rumlungern, die mich zu sehr an meinen Vater erinnern. Er hat Football geliebt und war jedes Wochenende im Stadion. Egal, ob er sich die Karte leisen konnte oder nicht. Nicht nur wegen des Spiels, sondern auch, weil Costello oft im Stadion war. Der hat mich dann später auch ab und zu mitgenommen. Ich habe es gehasst." Besonders, als dieser ihm einmal ins Gesicht geschlagen hatte, als er einem Mann hinterhergeschaut hatte. 'Mutier nicht zur Schwuchtel', hatte er gesagt und ihn seitdem immer wieder 'Schwuchtel' genannt, wenn er nicht so stark war, wie Costello sich das vorgestellt hatte. Cole blickte Antonin an und zog ihn zu sich, um ihn sanft auf die Schläfe zu küssen. "Aber mit dir bin ich gerne hier", erklärte er, damit dieser nicht glaubte, dass er es auch hassen würde, mit Antonin hier zu sein. "Und ich freue mich schon auf einen Touchdown", wiederholte er seine Anspielung mit unschuldiger Stimme, in den Augenwinkeln beobachtend, wie Antonin reagierte. "Erklär mir nochmal kurz, wie das jetzt vor sich geht mit dem Ball und den Toren, damit ich später Bescheid weiß..." Die Cheerleader waren gerade dabei das Publikum anzuheizen und der Stadionsprecher stellte die Mannschaften vor. Antonin "Ich weiß nicht ob ich schon immer schwul war!", protestierte er halbherzig. "Aber das mit den Sportlern stimmt definitiv", stimmte er zu und hob dann eine Augenbraue, den anderen wieder ansehend. "Ich bin nicht so viel kleiner als du. Du wirkst nur größer als du tatsächlich bist", widersprach Antonin, musste dann jedoch lachen. "Naja gut, ein wenig größer bist du schon und ja ich war schmächtig. Bis auf Thaiboxen hab ich auch keinen Sport betrieben und jenen anfangs auch nicht wirklich ernsthaft. Da ging es mehr darum, ein wenig überschüssige Energie los zu werden." Er lächelte ein wenig vor sich hin sinnierend. "Diesen Körper habe ich mir hart erarbeitet. Nicht unbedingt gewollt, aber jetzt wo ich ihn schon mal habe...", er lachte leise und betrachtete dann die zweite Cheerleadergruppe. Er fand die Sprünge der Dolphins Gruppe deutlich besser. Aber er fand die Cheerleader des Teams für das er war grundsätzlich besser. Er erschauderte als er Coles raunende Stimme hörte und dessen Atem an seiner Haut spürte und wandte ihm den Kopf schließlich doch wieder zu. Cole war allemal interessanter als ein paar hüpfende Frauen. "Möglich, dass sie das haben...", gab er nickend zu. "Aber ich finde die Lieder, die man mir jetzt zuträllert auch nicht falsch." Sein Lächeln vertiefte sich und er zwinkerte dem anderen zu. "Polo ist das mit den Pferden, oder? Konnte ich nie viel abgewinnen um ehrlich zu sein. Und natürlich zählt Sex. Ich halte die Pornoindustrie zum Beispiel für eine verkappte Sportfirma. Und das Kamasutra wurde bestimmt auch von `nem Sportler gezeichnet." Er lachte leise und schüttelte über sich selbst den Kopf. "Und dass du die zehnte gerade so geschafft hast, hat wie von dir bereits gut erkannt garantiert nichts mit Intelligenz zu tun, sondern mit den Möglichkeiten", fügte er an und runzelte die Stirn dann kurz. "Dieser Costello ist ein Arschloch", murmelte er und wandte sicherheitshalber den Blick auf die nun einlaufenden Teams. Er traute sich selbst in dieser Hinsicht Cole gegenüber nicht mehr. Vermutlich würde jener den kurz aufblitzenden Hass sofort erkennen und er wollte ihnen den Abend eigentlich nicht ruinieren. Zudem.. sollten sie dann nicht lieber gehen? Weckte Antonin mit seinem Wunsch nach so einem Spiel nicht zu viele schlechte Erinnerungen im anderen? Doch als hätte Cole seine Gedanken gelesen zog ihn jener an sich und hauchte ihm einen Kuss auf die Schläfe. Beruhigte ihn und spielte seine Fantasie abermals an. Diesmal erlaubte er sich das kurze und irgendwie auch erleichterte Grinsen. Antonin würde es furchtbar finden, wenn Cole sich wegen ihm zu negativen Erinnerungen aussetzen würde. Er beugte sich selbst ein Stückchen näher zum anderen und sah ihm tief in die Augen. "Möglicherweise wirst du feststellen, dass so ein Touchdown etwas sehr Tiefgehendes sein kann. Etwas, das einen mitreißt und einen... laut lassen werden möchte", murmelte er und befeuchtete sich die Lippen. Alleine die Vorstellung davon war fantastisch. Weshalb es wohl auch eine seiner Fantasien war. Doch dann blinzelte er überrascht und schmunzelte. "Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ich erkläre dir mal was. Wo ist mein Kalender?" Er lächelte, um zu zeigen das er es nicht böse meinte. "Du siehst die verschiedenen Linien die Yards ausmachen? Und du siehst das hohe, große Tor am Ende jeder Seite?..." und damit begann er das Spiel in möglichst einfacher Form zu erklären. Genügend damit Cole ahnte, was gleich dort unten vor sich gehen würde, ohne ihn zu überfordern. Doch schließlich unterbrach er sich, streckte die Hände nach dem anderen aus und zog ihn zu sich, um ihn zu küssen. "Ich find‘s gut, dass du mit mir hierhergekommen bist", murmelte er dann und lächelte bevor er sich wieder löste. Cole "Ein Glück, dass du diesen Körper hast. Ich kann nur davon profitieren..." Cole blickte den anderen lächelnd an und ließ wie sacht seine Hand den Rücken hinabgleiten zum Hintern des anderen. Doch dann lachte Cole herzlich. "Das ist ein interessanter Gedankengang. Ob der gute Adi Dassler auch Pornofilme gedreht hat und nicht wegen seiner Fußballerkariere sondern wegen seiner Leidenschaft für Sexfilme beschlossen hat, Sportwaren herzustellen?" Er lachte noch immer leise. "Und für das Kamasutra könnte ein Yoga-Lehrer verantwortlich sein. Diese Stellungen verlangen schon eine enorme Körperspannung." Doch sein Lachen verstummte, als er Antonins Urteil über Costello vernahm. Sein Blick wurde ernst, und er sah Antonin an, der seinem Blick auswich. Nun, jener konnte sicher nichts Gutes an Costello sehen. Und er ja eigentlich auch nicht. Wenn da nicht paar Dinge und Ereignisse wären, die es ihm unmöglich machten, sich von diesem Mann loszusagen. Die Anspannung, die er deutlich hatte spüren können, verflog, als er ihn küsste und der Blick in diese schönen Meeresaugen ließen seine Gedanken an Costello augenblicklich vergessen. Endlich griff Antonin seine Anspielungen auf und stieg in den Flirt ein. Cole ahnte, dass er einiges würde auffahren müssen, um Antonin davon zu überzeugen, dass dieses Spiel nicht im Mindesten so interessant war, wie er und noch weniger interessant als der Sex, den er würde haben können. Doch jener schien gut erkannt zu haben, worauf er hinaus wollte. Cole Augen versanken in denen des anderen und kurz blickte er auf die Lippen, die befeuchtet wurden. Einen Moment zuckte sein Unterkiefer, als wollte er den anderen Küssen, doch er unterließ es. Hm... Antonins Stimme klang so wahnsinnig erotisch, wenn er so leise, so kratzig sprach. Ob er ihn nicht jetzt gleich, hier und jetzt und überhaupt, warum hatte jener überhaupt noch etwas an? Coles Finger zuckten. Doch dann kam die Ernüchterung. Antonins Schmunzeln, dessen Rückzieher und die Erklärungen, denen er halbherzig folgte, da er in Gedanken damit beschäftigt war, den anderen zu küssen, ihn auszuziehen, ... Und so nickte er zwar hin und wieder, doch seine Augen dazu zu bewegen, nicht auf die Lippen oder die Augen des anderen zu sehen, war schier unmöglich. Und hätte Antonin ihm nur eine einzige Frage nun gestellt, ob er es verstanden hätte, er hätte sie nicht beantworten können. Er brauchte Sex. Jetzt. Sofort. Sex mit Antonin. Und der Kuss verursachte, dass er sich nicht mehr zurückhalten kann. "Ich finde es auch gut...", raunte er und zog Antonin zu sich, um ihn gierig zu küssen. "Aber ich fürchte, dass das Spiel erst einmal ohne uns anfangen muss, denn ich möchte dich hier und jetzt und sofort, verstanden?" Ohne eine Reaktion abzuwarten, küsste er den anderen erneut, ihn in dessen Sitz drängend, halb auf seinen Schoß kriechend, während seine Hände begannen, sich ihren Weg unter das Shirt des anderen zu bahnen. Antonin Irgendwie bekam er das Gefühl, dass Cole ihm gar nicht richtig zuhörte. Weshalb er ja schlussendlich auch abgebrochen und den anderen geküsst hatte. Etwas, das so eine Art Kettenreaktion auszulösen schien, denn noch während sich unten die beiden Teams gegenüber aufstellten und sich die Quarterbacks gegenseitig ihre Befehle zuriefen - nicht das man sie hier oben hätte hören können - wurde er zum anderen gezogen und in einen atemberaubenden Kuss gezogen. Und holla die Waldfee, diese Stimme ging einem nicht nur in Mark und Bein nieder, sondern schoss auch genau in seine Körpermitte. Oh Gott… Mit dem nächsten Kuss verabschiedete sich der Gedanke daran, dass er eigentlich sehen wollte wer, die ersten Yards für sich entscheiden könnte und er konzentrierte sich vielmehr mit allen Sinnen auf den Mann, der ihn da so ungeniert in den Sitz drängte. "Glasklar verstanden." Er keuchte es mehr, als er es sprach, und hob die Hände, um sie in Coles Haar zu versenken und jenen in den nächsten Kuss zu ziehen. Einer, der in seiner Gier dem anderen in Nichts nachstehen würde, und noch während er die Hände des anderen auf seiner Haut spürte, richtete er sich ein wenig mühsam wieder weiter auf, sich näher an Cole drängend. Genüsslich schob er dessen Kopf mit der Nase ein Stück beiseite und begann dessen Hals zu küssen, nur kurz über das Feld linsend und sich updatend. Er hatte es Cole gesagt… es war nicht so leicht, seine beiden Leidenschaften voneinander zu trennen. Doch die wandernden Hände und die unterschwellige Dringlichkeit des anderen zogen ihn bald wieder in ihren Bann. [...] Cole "Ich habe jetzt leider nicht mitbekommen, ob es schon einen Touchdown auf dem Feld gegeben hatte, aber ich denke, wir hatte gerade den entscheidenden, eigenen und demnach ist mir das, was dort unten gerade vor sich ging ziemlich egal", raunte er und küsste den anderen erneut, bevor er sich daran machte, sich von dem Kondom zu befreien, und sich wieder die Hose zuknöpfte. Schließlich drehte er sich wieder um. Sein Blick glitt über die Menschen in ihrer Nähe aber bis auf eine Frau, die kurz hinaufsah, schnell aber wieder wegsah, schien sich niemand dafür interessiert zu haben, was sie hier gerade getan hatten. Cole drehte sich wieder zu Antonin. "Lass uns weiter vor gehen, damit wir mehr sehen", schlug er vor und so verließen sie diesen Ort, Sperma und ein Kondom zurücklassend, und zufrieden befriedigt. Cole stellte sich während sie das Spiel verfolgten hinter Antonin, der sich gegen ihn gelehnt nun wieder auf das Spiel konzentrierte und irgendwann auch wieder ganz schön mit dem Publikum mitging. Sacht legte er seine Arme um dessen Hüften, ihm nahe seiend, seine Nähe genießend. Jene junge Frau schielte irgendwann wieder zu ihnen und Cole empfing ihren Blick mit einem Grinsen und einem Zwinkern, was diese sich schmunzelnd wieder umdrehen ließ. Die anderen Menschen um sie herum bedachten sie irgendwann mit einem kritischen Blick und Kommentaren zum Nebenstehenden. Ja, hier in so einem Stadion waren sie 'Faggs', aber das störte ihn heute nicht im Mindesten. Er war hier mit Antonin, und mehr zählte nicht. Und wenn ihnen jemand blöd kommen sollte, dann würde er heute sogar vielleicht darüber hinwegsehen. Er konzentrierte sich lieber auf Antonin, und teilweise auch auf das Spiel. Schließlich würde er irgendwann einmal dieses Spiel, das so voller Kraft und Brutalität war, doch durchschauen... Antonin schien ja absoluter Fan zu sein. Im Gegensatz zu ihm, der das nicht wo recht nachvollziehen konnte. Nun, zumindest konnte man einen Haufen gut trainierter Männer sehen, wobei ihm einige etwas zu kräftig wären. Und jedem das seine... Antonin Antonin kam nur langsam wieder zur Ruhe, was ihn nicht weiter störte, da er diese Art der Aufgeregtheit als überhaupt nicht schlimm empfand. Er lauschte auf Coles Atem und seufzte nochmal zufrieden als dieser sich aus ihm löste. Er vermutete das seine Augen ein ähnliches Funkeln zur Schau trugen wie das Coles taten, als der ihn herumdrehte und küsste. Er lächelte glücklich. "Ich schwöre... ich gehe nicht mehr ohne dich ins Stadion", murmelte er und erwiderte den nächsten Kuss, bevor er sich die Hose wieder hochzog und sich wieder vorzeigbar machte. Und wo der andere sich eher für die Menschen um sie herum zu interessieren schien, zog es Antonin dann aber doch wieder in Richtung Spiel. Zustimmend nickend folgte er dem anderen und lehnte sich dann an diesen als sie weiter vorne angekommen waren. Es tat ihm mehr als gut, Cole jetzt so nahe bei sich zu wissen. Ja im Grunde galt jede Unterbrechung dieses Kontaktes gerade als sehr unwillkommen. Trotzdem fiel es ihm nicht schwer sich auf beides sehr gut zu konzentrieren. Auf das weiter laufende Spiel und auf den Mann hinter sich, was gemeinsam eine Mischung ergab, von der man wirklich süchtig werden könnte. Aber daher hatte er auch keine Augen oder Ohren für die Leute um sich herum. Sie waren brauchbare Statisten in seiner Fantasie gewesen und gut dafür, um die Stimmung anzuheizen, aber zu mehr interessierten sie Antonin herzlich wenig. Als die Dolphins schließlich einen wichtigen Touchdown erzielten, beschloss Antonin auf seine eigene Art und Weise zu jubeln und drehte sich herum, um Cole in einen langen, begeisterten Kuss zu ziehen. Den er ein wenig widerwillig löste als er einen äußerst einfältigen, dummen Kommentar über die Abartigkeit ihres Tuns hörte und der Kerl würde ihnen schon 'helfen', wenn sie noch weitermachen würden. Er wandte den Kopf zur Seite und suchte nach Zorn in sich über diesen Kommentar, fand seltsamerweise aber nur Mitleid mit der zum Himmel schreienden Dummheit dieses 'typischen' Amerikaners. Diese Leute, deren Motto ja eigentlich die Freiheit, zu tun und zu lassen was man wollte, sein sollte, waren Antonin nicht einmal eine Antwort wert. Weswegen der nur bedauernd den Kopf schüttelte und sich Cole wieder zuwandte um jenen abermals zu küssen und wieder zu lächeln. "Wenn du das Eis in deinem Gefrierfach noch nicht gegessen hast, habe ich eine ganz wunderbare Vorstellung davon, was man damit alles machen könnte. Und momentan steht mir der Sinn mehr nach süßem, als nach dem Spiel hier. Es ist sowieso klar, wer gewinnen wird." Cole schien davon nicht abgeneigt, weshalb sie das Stadion auch alsbald verließen - nachdem der andere einen Kommentar in Richtung des dummen Mannes abgegeben hatte. Doch bevor sie dann tatsächlich zu Coles Wohnung fuhren erbat sich Antonin noch einen Stopp an einem ganz bestimmten Einkaufsladen, in dem er schnell verschwand und nach kurzer Zeit mit einer Einkaufstüte bepackt wieder kam. Diese behielt er unter Verschluss, bei sich auf dem Schoß und lenkte Cole mit Eindrücken über das Spiel und das Publikum ab, bis sie schließlich wieder im Loft ankamen. Die Tüte stellte Antonin auf die Küchenzeile und trat dann wieder auf Cole zu, um diesen an sich zu ziehen und zu küssen. "Hey...", murmelte er leise. "Ich habe gar nicht Danke gesagt, oder? Für die mehr als Erfüllung meiner Fantasie?" Er lächelte und strich dem anderen mit der Nasenspitze über die Wange entlang bis zum Ohr. "Dankeschön, es war perfekt und viel besser als ich mir das vorgestellt habe." Er zog sich ein Stück zurück und betrachtete das Gesicht des anderen. Die tollen Augen, die Wangenknochen, die schönen Lippen... Antonin konnte sich wirklich als Glückspilz betrachten, oder? Doch bevor er den Abend möglicherweise so ablaufen lassen würde, wie es ihm vor kurzem noch vorgeschwebt hatte, sollte er vielleicht erst einmal auslotsen, ob das an diesem Tag überhaupt angebracht war. Zwar schien Cole offiziell recht entspannt und, wenn man ihre Episode im Stadion betrachtete auch unternehmungslustig zu sein, doch sicher war sicher. "Wie fühlst du dich?", fragte er deshalb, fügte jedoch schnell noch ein paar Worte an. "Du musst natürlich nicht antworten, aber ich möchte eher ungern irgendwelche Grenzen überschreiten, die heute ja durchaus gegeben sein könnten." Cole Die Freude, die Antonin ausstrahlte, die Begeisterung, der Jubel, übertrugen sich schnell auch auf Cole, der sich immer dann freute, wenn Antonin zu jubeln begann, denn jedes Mal schien es ihm, dass sich der andere enger an ihn kuschelte. Es war schön, ihn so in den Armen zu halten, ihm so nahe zu sein. Aber er wusste auch, dass das eine neue Dimension der Parallelwelt war, die er erreichte. Eine Dimension, die so fern von jeglicher Normalität war, dass er sich nicht einreden brauchte, dass er das öfters haben würde. Denn dem würde nicht so sein. Morgen würde die Realität wieder zurückkehren, aber so lange würde er einfach mal nur ein schwuler Mann sein, der es genoss, einen 'Freund' zu haben. Und so ließ er sich auch gerne küssen, als offensichtlich etwas besonders Tolles dort unten auf dem Spielfeld geschah. Wohl ein Touchdown. Antonin zu küssen war immer gut. Dazu bedurfte es keines besonderen Grundes. Doch als er den Kommentar dieses alten Mannes mit seinem Bierbauch, seinem von Unzufriedenheit durchfurchten Gesicht und der Bierdose in der Hand hörte musste er einen Moment die Augen schließen. Er wusste, dass sie an einem Ort waren, wo wohl niemand, absolut gar niemand wirklich ehrliches Verständnis für sie hatte, doch deswegen musste man sich nicht alles gefallen lassen. Doch bevor er etwas sagen konnte, bat ihn Antonin zu gehen. Einen Moment hätte er beinahe seinen Trotzkopf eingeschaltet, was bedeutete, dass er bleiben würde, bis zum Ende des Spieles, aber wenn Antonin gehen wollte... Und das Eis klang verlockend. Damit konnte man so viele wunderbare Dinge anstellen... Und so drehte er den Kopf lächelte er den Bierkopf an. "Es ist schon traurig, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch immer so viele engstirnige, homophobe Arschlöcher herumlaufen, wie Sie es einer sind, Sir", begann er höflich, doch seine Augen strahlten blanke Verachtung aus, so dass jener Mann ihn erschrocken ansah. "Leider werden Amerikas Entwicklung von weißen Männern und weißen Frauen des Mittelstands dominiert, deren bürgerliche Sehnsüchte nach Spießigkeit, Gartenzwergen und Langeweile in dem Wahn gipfeln, allen 'Anderen' überlegen zu sein. Bis in Amerika durchgesetzt ist, dass Schwule weder schlechtere noch bessere Menschen sind, kann es wohl noch eine Weile dauern. Aber das traurige an Leuten wie Ihnen ist nach wie vor, dass Ihr eigentlich nur so sehr von eurem spießbürgerlichen Leben mit eurem netten Frauchen zu Hause am Herd gefrustet seid, dass ihr am liebsten kotzen würdet und daher eure Unzufriedenheit einfach nur an denen auslasst, die ihren Träumen und Wünschen einfach folgen. Ihr könnt einem wirklich leidtun, aber leider habe ich keine Zeit, Gedanken an euch zu verschwenden, denn ich genieße mein Leben. Und was machen Sie?" Damit wandte er sich von dem Mann ab, dem es die Sprache verschlagen hatte, aber langsam begann zu begreifen, was Cole ihm gesagt hatte. "Lass uns gehen, bevor ich mich vergesse", murmelte er und nahm Antonin an der Hand, bewusst die Worte ignorierend, die ihnen noch hinterher geworfen wurden. In seiner Wohnung wurden sie von Corleone freudig begrüßt. Noch bevor er die Katze füttern konnte, zog Antonin ihn jedoch zu sich, um ihn zu küssen und sich zu bedanken. "Nun, dann bist du jetzt daran, mir eine Fantasie zu erfüllen, würde ich sagen", grinste er und küsste den anderen erneut. "Ich habe da eine lange Liste, wie und wo ich gerne einmal Sex haben würde..." Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Als er die Frage des anderen hörte, wie er sich fühle, wurde er wieder ernst. Er ahnte, worauf der andere hinauswollte. "Ich habe an diesem Tag so ein paar Rituale. Die habe ich schon hinter mich gebracht. Bis darauf, dass ich beschließe abends zu Hause zu bleiben und dann doch losziehe, um mir einen Typen aufzureißen. Aber dieses Ritual fällt heute komplett flach. Demnach brauchst du keine Angst haben, dass du irgendwelche Grenzen überschreitest. Ich weiß zwar nicht, was du eingekauft hast, aber mir scheint es, als hättest du einen Plan. Und wie du weißt, bin ich für alles offen. Also mach dir keine Gedanken, wie es mir geht, denn im Moment fühle ich mich einfach nur so gut, wie noch nie." Erneut küsste er den anderen kurz, bevor er sich von ihm löste und sich um die Katze kümmerte. "Und ich lasse mich immer gerne überraschen. - Ok, nur von dir eigentlich." Er lächelte bei dem Gedanken. Kaum hatte er der Katze das Futter hingestellt, trat er auf Antonin wieder zu. Einen Moment betrachtete er ihn und beugte sich dann zu ihm, um ihn zu küssen. Von den Lippen des anderen wanderte er zu dessen Ohr, sich sacht gegen ihn drängend, seine Hände über die Seiten nach hinten wandern lassen, um Antonin zu sich zu ziehen. Kaum war er am Ohr des anderen angelangt, da flüsterte er raunend in dessen Ohr: "Wie wäre es also, wenn du mir verrätst, wie du dir den Abend so vorgestellt hast. Vielleicht hast du ja ein paar Ideen, wie dieser Abend ein wenig sportlich, ein wenig gemütlich und ein wenig entspannt werden könnte. Und dann wird der Abend sicher ein Höhepunkt in unserem Leben." Antonin Leise begann er zu lachen. "Nun, dann solltest du mir diese Fantasien lieber mitteilen, denn auch ich empfinde das nur als fair", bestätigte er. "Oder du schickst sie mir alle als Email und ich picke mir dann eine heraus." Er erwiderte das schelmische Grinsen und dachte bei sich, dass die zweite Option nicht die schlechteste wäre. Vermutlich würde Cole es vermeiden, sich gleich etwas auszusuchen das Antonin noch komplett überfordern würde. Aber sicher war sicher. Zudem es für den anderen Mann sicherlich auch ganz spannend wäre, nicht zu wissen welche einem früher oder später erfüllt werden sollte. Auf die anderen Worte hin nickte er. "Gut, ich dachte nur sicher ist sicher", murmelte er und lächelte dann wieder. "Und ich weiß nicht, ob man es wirklich als Plan bezeichnen kann, aber mir schwebt da so die ein oder andere Idee vor." Er sah dabei zu wie Cole das Fellknäul versorgte und merkte rückwirkend, dass er diesmal keinen ganz so hoheitsvollen Blick wie sonst abbekommen hatte. Irgendwann würde auch dieses stolze aber furchtbar sture und scheue Tier nachgeben. Ganz bestimmt. "Meine Überraschungen sind ja auch meist lohnend", nickte er und lächelte dann als der andere wieder zu ihm kam, ihn küsste und sich an ihn schmiegte. "Ich dachte zuerst an eine gemeinsame Dusche, um uns diesen spießigen, kleinbürgerlichen Touch von der Haut zu waschen. Zudem du mir geschrieben hast, dass ich dich ein wenig bemuttern soll, wenn ich zurückkomme und ich denke es ist ein guter Start dich, oder vielmehr diesen sehr anziehenden Körper von dir gründlich zu ... waschen." Er lächelte, entwand sich Coles Griff und zog ihn mit sich um das Gesagte umzusetzen. Im Bad angekommen führte er seine Idee weiter fort, nachdem er Cole mit einem 'kscht'-artigen Laut davon abgehalten hatte, sich selbst auszuziehen. Heute würde ihn dieser nicht ums Auspacken betrügen. "Das wäre dann der entspannte Teil", erklärte er, während er dem anderen das Hemd über den Kopf zog. "Danach wirst du gegen mich Trivial Pursuit - die Weltedition spielen, was dann den geistigen Sport darstellen wird, und wenn du gewinnst, erzähle ich dir, dass in dieser Tüte auch eine Schürze zu finden ist." Frech grinste er und zog Cole in einen Kuss, bevor er sich daran machte, dessen Hose zu öffnen. "Wenn du verlierst, werde ich dieses Detail vergessen und dir nur von den vielen Leckereien erzählen, auf die ich inzwischen viel Lust habe. Besonders wenn der Gabentisch - das bist du - den Geschmack um ein vielfaches erhöht. Was schon wieder etwas Entspannendes sein sollte und in körperlichen Aktivitäten resultieren sollte." Er ging mit der Hose, die er herabzog in die Hocke und zog auch diese, zusammen mit den Socken aus, bevor er sich wieder erhob, seine Finger sacht über die Haut des anderen streichen lassend. "Irgendwelche Einwände?", fragte er, während er sich selbst ausziehen begann. Und offenbar gab es die nicht, denn sofort 'half' Cole dabei nach, ihn auszuziehen und zog ihn in die vorher schon angemachte Dusche. Die nächsten Stunden vergingen zumindest in Antonins Ansicht genau so wie er sich das erhofft hatte. Die Dusche blieb eine Dusche, auch wenn er sich das hart erkämpfen musste. Er vermutete trotzdem, dass Cole nicht wirklich beleidigt war, denn hin und wieder erhaschte er einen Blick auf das entspannte Gesicht des anderen, wenn jener die Augen schloss, während es Antonin viel Genuss bereitete, seine Finger über diesen anbetungswürdigen Körper gleiten zu lassen. Zum Spiel gab es leckeren Wein und die Sticheleien, die sie gegenseitig austauschten, waren allesamt amüsant. Und auch wenn Antonin darauf beharrte die blöderen Fragen auf den Steinchenfeldern bekommen zu haben, so gab er Coles Sieg doch neidlos zu. Was interessierte es ihn auch, wer der dritte Mann auf dem Mond war, wenn er das Lächeln und sogar hin und wieder das Lachen des anderen genießen durfte? Der Rest des Abends war Antonin nur sehr kurz peinlich, denn bisher hielt er Schürzen nicht für ein passendes Schmuckstück zu seinem Körper, doch das vergas er sehr schnell über die klebrigen Köstlichkeiten. Auch wenn Cole, wie nicht anders zu erwarten, dabei nicht einfach nur ruhig hielt und sich 'vernaschen' ließ, resultierte es trotzdem am Ende in langsamen, zärtlichen und vor allem sanften Sex. Nein, das war ein miteinander schlafen, kein bloßer Sex. Wovon Antonin auch bedenkenlos danach einschlief und von Footbällen träumte, die von Drachen gejagt wurden. Cole „Nun von dem Sex in der U-Bahn und in der Telefonzelle habe ich dir ja schon einmal berichtet, wobei das wohl eher nicht meine Favoriten sind. Zumal ich dir U-Bahn indirekt schon einmal hatte." Er überlegte kurz. Er hatte schon an den verschiedensten Orten Sex gehabt. Hatte er überhaupt noch einen wirklich ausgefallenen Traum, wo er mit Antonin gerne Sex hätte? "Vielleicht ist das keine schlechte Idee wenn ich dir eine Liste schicke, aus der du auswählen darfst. Wobei ich sagen muss, dass mir eigentlich der spontane, überraschende, nicht geplante Sex an den unmöglichsten Orten immer der liebste ist." Er blickte Antonin schmunzelnd an. "Ich lass mich auch gerne mal verführen." Er hätte wohl auch mittlerweile kein Problem damit, wenn Antonin ausprobieren wollte, wie es wäre, selbst einen anderen Mann zu nehmen. "Duschen klingt gut...", stimmte Cole zu und ließ sich bereitwillig ins Badezimmer ziehen, wo er sich ausziehen ließ, und zuhörte, was Antonin über den weiteren Verlauf des Abends erzählte. "Du weißt, dass du keine Chance gegen mich haben wirst, schon gar nicht, wenn ich von diesem Preis weiß?", fragte er schmunzelnd und blickte auf Antonin hinab, der ihm seiner Hose entwand. Hm.. Eine Schürze, etwas zu Essen, Sex - und Antonin wollte ihm noch weitere sexuelle Fantasien erfüllen? Cole würde sich sicher nicht beschweren. "Absolut kein Einwand", erklärte er deshalb und begann nun seinerseits den anderen Mann vor sich, von seinen Kleidern zu befreien, dabei wie zufällig über jene empfindlichen Stellen am Körper streicheln, von denen er wusste, dass Antonin dort immer besonders reagierte: Am Hüftknochen, am Schlüsselbein, an der Innenseite des Oberschenkels... Doch Antonin zog ihn schnell unter die Dusche, wo er es natürlich genoss, gewaschen zu werden, auch wenn es ihm große Mühe bereitete, Antonin gewähren zu lassen, ohne seinem Wunsch nach Sex, den jener durch seine Berührungen in ihm auslöste, nachzugeben. Doch Antonin setzte durch, dass er nicht hier gleich einen Vorgeschmack auf den Nachtisch bekam. Aber das war in Ordnung. Das würde den Appetit größer machen. Das Spiel gefiel Cole. Er spielte solche Spiele nie. Es war wohl das erste Mal überhaupt, weshalb Antonin ihm erst einmal erklären musste, wie es ging. Doch dann hatte er keine Probleme seinen Sieg einzufahren. Er verfügte offensichtlich über eine ziemlich gute Allgemeinbildung, was ihn selbst ein wenig erstaunte. Aber auch wenn er es nicht zugab, so hatte Antonin bei den entscheidenden Fragen wirklich immer ein wenig Pech gehabt. Und wen interessierte schon der 3. Mann auf dem Mond? Cole war bis heute nicht klar, wie die drei es überhaupt entschieden hatte, wer zuerst durfte. Schließlich musste ihnen doch klar gewesen sein, dass weder der zweite, noch der dritte jemals im Gedächtnis der Leute bleiben würde. Dennoch war es sehr amüsant und Cole fühlte sich gut unterhalten, als er quer über seinem Sessel liegend dabei zusah, wie Antonin nur mit Schürze bekleidet zu ihm zurückkehrte, wie er ihn schließlich auf dem Sofa als Tablett verwendete und ihn 'vernaschte', wobei er sich das Recht erkämpfte, wenigstens ein bisschen aktiver sein zu dürfen. Und schließlich gipfelte der Abend in gefühlvollem Sex, der intensiver nicht hätte sein können. Als Cole aus dem Badezimmer zurückkehrte, in dem er sich kurz noch einmal gewaschen hatte, um das klebrige Gefühl von seinem Körper zu bekommen, schlief Antonin bereits, was ihm die Zeit verschaffte noch einmal auf sein Handy zu sehen. Es waren drei Anrufe in Abwesenheit von Costello und eine SMS von Ragnar, die er noch schnell beantwortete, und ihm andeutete, dass er mit Antonin am Grab war und nun alles wieder in Ordnung sei. Sicher würde Ragnar das wissen wollen. Dann überlegte er, ob er Costello noch anrufen sollte, unterließ es dann aber. Er wusste, dass es Konsequenzen haben würde, dass er so gehandelt hatte, aber die waren es ihm wert. Der heutige Tag war alles andere als das, was er bisher an diesem Tag gehabt hatte. Und wenn er Anfang der nächsten Woche Geburtstag haben wird, wäre das der erste Geburtstag seit damals, der nicht von diesem Todestag überschattet sein würde. Er schlief an diesem Tag unglaublich entspannt, an Antonin gekuschelt, zufrieden und glücklich. Ob sie nun endlich ihre Unstimmigkeiten beseitigt hatten? Ob sie nun endlich einfach nur ohne Missverständnisse einander vertrauen konnten? Ob es jetzt noch Irritationspunkte gab, die sie wieder dazu bringen würde, einander nicht mehr zuzuhören, einander zu misstrauen und zu streiten? Hoffentlich nicht. Cole war am Ende seiner Kräfte, was das betraf. Er wüsste nicht, was er Antonin noch geben sollte, damit dieser wusste, dass es ihm ernst war. Aber hoffentlich würde er es ihm auch nicht noch einmal 'beweisen' müssen. Der nächste Tag würde für Cole eine Fahrt nach Staten Island bedeuten. Er musste 'Geschäftspartner' besuchen, Kontakte auffrischen und sich mal wieder auch umhören, wie die Stimmung beim 'Volk' war. Cole wachte gegen halb zehn und damit wie gewohnt vor Antonin auf, wobei er diesmal jedoch liegen blieb und sich an den anderen ankuschelte, ihn küsste, streichelte und so langsam aber bestimmt dazu brachte, aufzuwachen. Eine SMS von Ragnar hatte ihm gesagt, dass er bereits mittags im Lady-Dream sein müsste. Ob sich jener mit diesem Nathan traf? Er würde es ihm wünschen. "Schlafmütze", flüsterte er schließlich Antonin ins Ohr. "Ich habe heute leider nicht viel Zeit." Als er sah, dass Antonin sich bemühte, wirklich wach zu werden, stand er auf und ging ins Bad, um sich zu waschen und fertig zu machen. Dann kehrte er ins Schlafzimmer zurück, um sich nackt vor seinen Kleiderschrank zu stellen, und zu überlegen, was er am besten anzog, um zum einen nicht zu seriös, zum anderen nicht zu legere auszusehen. Schließlich fütterte er Corleone, der beim Spielen gestern sich sogar neben Antonin gesetzt hatte, kochte Kaffee und schaltete seine Stereoanlage ein, um mit Jazz seinen Tag zu beginnen. Auch wenn er gerne in die Disko ging, so hörte er zu Hause eher ruhigere Musik, wobei man Jazz kaum als ruhig bezeichnen konnte, aber es war eben keine rockige Musik oder aufgedröhnter Pop. Als Antonin aus dem Bad kam, begrüßte er ihn mit einem Kuss. "Was hast du heute vor?", fragte er ihn und reichte ihm eine Kaffeetasse. Antonin Einen unwilligen Laut von sich gebend, hob er müde eine Hand, griff nach Cole und zog diesen zu sich. Antonin fühlte sich zwar müde aber entspannt und zufrieden, weshalb er dann schließlich auch aufgab als Cole ihm ins Ohr flüsterte. "Mh... bin wach", murmelte er und wartete bis der andere im Bad verschwunden war, um sich nochmal herum zu drehen. Sollte Cole doch gehen wenn er wenig Zeit hatte, es war gemein, ihn so aus seinen schönen Träumen zu zerren. Schwer seufzend rang er noch ein paar Minuten mit sich, bevor er einmal herzhaft gähnte und sich dann doch aufsetzte und sich durch die Haare strich, bevor er den Schlaf aus seinen Augen rieb. Immerhin fühlte er sich ein bisschen wacher als er Coles schönen Körper betrachten konnte und damit auch fit genug, um ins Bad zu tapsen und sich selbst ein wenig frisch zu machen. Duschen würde er später zuhause, zumal es ja nicht so war als ob das jetzt so dringend nötig wäre. Antonin hatte alleine gestern drei Mal geduscht und das war im Grunde auch nicht so gut für die Haut. Aber egal, gerade die dritte Dusche war super gewesen. Er liebte es einfach wenn er Cole streicheln konnte. Ob dessen Haut ein Aphrodisiakum ausgab und ihn deshalb so verrückt danach machte? Hm.. Über diesen Gedanken lächelnd zog er sich aus dem Bad kommend an und trat dann auf Cole zu, sich nur zu gerne küssen lassend. Doch bevor er auf die Frage reagierte widmete er sich erst einmal ein paar Schlucke lang seinem Kaffee. "Heute ist Mittwoch, oder?", erkundigte er sich erst einmal und bemerkte für sich selbst wie schnell man den Überblick über die Tage verlor, wenn man nur noch so vor sich hin lebte. "Ich habe heute ein Telefonat mit dem Besitzer des Gebäudes, das ich gerne möchte. Es soll ein Termin für die Begehung und eine ungefähre Preisvorstellung ausgehandelt werden", begann er zu erzählen. "Danach muss ich wohl mal bei Nicholas und Tayra vorbei. Am besten mit einem Fresskorb, um mich für die Krankenpflege zu bedanken. Und außerdem möchte ich meine Patentochter ganz gern einmal wieder sehen. Irgendwann im Laufe des Tages wollte ich auch meine Anwälte mal anrufen und nach dem Stand der Dinge fragen und meine E-Mails warten wohl auch schon eine Weile auf mich." Er verzog den Mund. "Oh Gott, das ist alles genau so unstrukturiert wie es sich anhört. Wenn das so weitergeht werde ich wirklich einer von diesen 'Gammlern'", murmelte er kopfschüttelnd. "Es wird Zeit das dieses Labor zustande kommt, wenn das so weitergeht krabble ich bald irgendwelche Wände hoch." Hier musste er kurz schmunzeln und trank nochmal von seinem Kaffee, Cole dann anlächelnd. "Ich war noch nie über so einen langen Zeitraum von einem Labor getrennt, nicht einmal in Russland. Man könnte sagen, es lässt mich langsam ein wenig hibbelig werden", erklärte er und stelle die Kaffeetasse dann zurück auf die Theke. "Kannst du mich noch nach Hause fahren bevor du los musst?" Ja, konnte Cole und als er sich von diesem verabschiedete, konnte er nicht anders als sich für das Vertrauen des anderen zu bedanken und auch für den Tag, selbst wenn ihm das ein wenig seltsam vorkam. In seiner Wohnung angekommen traf er unerwarteterweise auf einen am Küchentisch sitzenden Nicholas und fragte sich, was mit dem Paar eigentlich los war? Konnten sie nicht, wie jeder andere normale Mensch einfach wieder fahren, wenn sie feststellten, dass er nicht da war? Zudem der Blick des anderen nichts Gutes verhieß, genau wie die Worte, die er zur Begrüßung bekam: "Du warst bei ihm, richtig?" Antonin seufzte und nickte, bevor er zu der bereits durchgelaufenen Kaffeemaschine ging und sich eine weitere Tasse gönnte. Das hier könnte zum einen länger dauern und zum anderen eine Menge seines Köpfchens in Anspruch nehmen, denn er ahnte sehr wohl, worauf das hinauslaufen würde. Zwar hatte Nicholas nichts dazu gesagt, wie er sich in der Dusche wohl auch einfach zu Tode hätte frieren lassen, doch dessen Limit war jetzt ganz offensichtlich erreicht. Das war das Schlimme an Menschen, die man als seine Familie bezeichnete, denn man war ihnen nach solchen Aktionen tatsächlich irgendwie so etwas wie Rechenschaft schuldig. Und es würde Antonin nicht leicht fallen das alles zu erklären, gerade wo Nicholas nichts bis gar nichts mehr von Cole hielt. Zum einen, weil er ihn für den Kerl hielt, der Antonin umgepolt hatte, und zum anderen, weil er ihn, in Nicholas Augen, von einer Dummheit in die nächste trieb und dauernd verletzte. Seufzend stieß er Luft aus und setzte sich seinem Bruder in spe gegenüber. Dann sollten die Spiele wohl beginnen… Kapitel 83: Licht und Schatten ------------------------------ Ragnar Als Ragnar an diesem Morgen seinen Wecker hörte, schien es ihm, als wäre er gerade erst eingeschlafen. Gut, er war erst gegen halb vier ins Bett gekommen, aber eigentlich brauchte er nie mehr als sechs Stunden Schlaf. Es war eher der Alkohol, der ihm heute das Aufstehen schwerer machte, als sonst. Seitdem er diese verdammte SMS losgeschickt hatte, war er nervös. Und er hasste diesen Zustand. Gestern war er froh gewesen, dass Cole nicht ins Lady-Dream kommen würde, denn der bemerkte es immer, was er mühsam zu unterdrücken gedachte. Cole kannte ihn wahrscheinlich einfach zu gut. Zumindest hatte Costello dafür gesorgt, dass er abgelenkt wurde. Denn dieser wütete irgendwann durch das Lady-Dream, alle und jeden anschnauzend, die es wagten, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Offensichtlich schien er Cole heute dringend zu brauchen, und dieser hatte es offensichtlich geschafft, ihm abzusagen. Ragnar war mehr als glücklich darüber, aber Costello jedenfalls nicht, weshalb er alle zur Schnecke machte. Das Problem war dabei nie, dass nicht jeder genau wusste, dass der Wutanfall bald vorbei war. Es waren die Dinge, die Costello einem an den Kopf warf, die bitterlich schmerzten und entmutigten oder Angst verbreiteten. Dieser Mann schaffte es immer, den wundesten Punkt stets weiter bluten zu lassen. Ragnar war letztlich für Cole eingesprungen und war mit zu einem Treffen gefahren, das um eine Neuverteilung der Rollen ging. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass verschiedene gefährliche Aspekte untereinander aufgeteilt wurden, damit die führenden Clans sich gegenseitig entlasteten und die Polizei zudem verwirrten. Und an diesem Tag war eine Sitzung einberufen worden, die vorsah aus gegebenem Anlass einige Dinge umzustrukturieren. Eigentlich ließ Costello gerne Cole auf die Leute los, wissend, um seine Eloquenz, sein Auftreten, seine Aura. Perfekt herangezüchtet für diesen Job. Heute musste Ragnar ran. Und dass er kein adäquater Ersatz war, bekam er deutlich zu spüren. Aber ihm war das letztlich egal. Costello konnte ihm nichts. Es war alles komplett egal. Dennoch war an diesem Abend angesichts des beschissenen Clan-Treffens und dem bevorstehenden 'Date' die Whiskeyflasche sein bester Freund. Wieso hatte er sich überhaupt auf dieses verfickte Date eingelassen? Er wusste doch, dass das Ganze nicht funktionieren würde. Allerdings könnte er doch ein wenig mehr von Cole gelernt haben. Wieso also nicht ein wenig Sex haben, und dann beenden, was ohnehin irgendwann beendet wird. Eine Dusche, zwei Aspirin und drei Kaffee später fand er sich auf dem Weg zur Christopher Street wieder. Warum hatte er sich auch noch ausgerechnet die Schwulenszene New Yorks ausgesucht, um Nathan zu treffen? Dabei war er alles andere als einer von denen, die jeden Tag dort herumhingen. Gut, er war hin und wieder dort, weil es einfach gut tat, diese andere Luft zu schnuppern, diese Normalität zu genießen. Er ging auch gerne in die Buchläden, schaute eigentlich immer gerne in der Saftbar vorbei und kaufte auch hie und da etwas zum Anziehen dort. Aber eigentlich hatte er hier wenig verloren. Denn er war nicht selten frustriert, wenn er diese Männer dort sah. Männer, die auch durchaus Interesse an ihm zeigten, die er aber immer vor den Kopf stoßen musste. Ein wenig genervt stieg er aus der U-Bahn und bahnte sich seinen Weg zum Treffpunkt, an dem er einigermaßen pünktlich ankommen würde, nicht damit rechnend, dass Nathan schon da sein würde - wenn er denn überhaupt käme und nicht doch noch einen Rückzieher machte. Was sollte er überhaupt mit Nathan hier machen? die Ausstellung würde ihn vielleicht wirklich interessieren. Ein bekannter Fotograf stellte Aktphotographien in Schwarz-Weiß aus. Und dann? Was sollten sie reden? Ragnar konnte ja nichts über seinen Beruf sagen, oder weshalb er nur mittags Zeit hatte, sich mit jemandem zu treffen. Er zündete sich eine Zigarette an und setzte sich auf die Bank neben die zwei versteinerten Lesben. Wieso man diese Skulpturen 'Monument' nannte, war ihm nicht so recht klar. Aber an sich, waren die Figuren sehr schön, sowohl das Lesbenpärchen, als auch die beiden schwulen Männer, die davor standen. Kurz schloss er die Augen und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Er legte den Kopf zurück und atmete langsam den Rauch in die Luft. Ob er früher an AIDS oder an Lungenkrebs sterben würde? Nathan Völlig entgegen seines Zeitplans schloss er seine Bürotür viel zu spät hinter sich und stieg in den bereits wartenden Aufzug. Diese Frau! Wie viel konnte ein einzelner Mensch eigentlich sprechen, ohne irgendwann einfach blau anzulaufen und umzufallen? Wie er jetzt wusste, sehr, sehr viel. Unfassbar, dass man dieses Wesen mit der Ausrichtung dieses Balles beauftragt hatte, denn die Eröffnungsrede konnte er sich jetzt schon vorstellen. Sie wäre nur mit Ohrenstöpsel erträglich. Kein Wunder dass seine Partnerin ihm diesen Auftrag übergeben hatte, obwohl diese sich eigentlich liebend gerne um Bälle und den ganzen romantischen Mist drum herum kümmerte. Nathan zog es vor, die richtig großen Events vorzubereiten. In Rockbands fand er zum Beispiel immer wieder eine Herausforderung. Aber wie dem auch sei, er hatte nur noch wenig Zeit gehabt sich umzuziehen, seine Haare zurecht zu zupfen und sich deshalb kurzfristig für ein Taxi entschieden. Bis zur U-Bahn Station zu hechten kam jetzt gar nicht mehr in Frage. Er verließ das Gebäude, immer mal wieder verschiedenen Leuten zunickend, die ihn ein wenig perplex musterten, das Ganze dann jedoch erwiderten. Ja, er hätte sich auch lieber zuhause in die lockere Jeans, die am Hintern jedoch perfekt saß und das dunkelgraue Shirt mit dem langgezogenen V-Ausschnitt geworfen doch das sah der Zeitplan nicht mehr vor. Trotzdem wäre das alles wohl kein Problem gewesen, auch wenn man ihn hier sonst nur im Anzug sah, wenn er - normalerweise absolut Stressresistent - nicht ganz deutliche Anzeichen von eben jenem gezeigt hätte. Was nicht nur am Zeitdruck lag. Nathan war sich immernoch nicht ganz klar was er sich von heute erwartete oder erhoffte. Ob er das überhaupt noch tat? War es Mitleid dorthin zu gehen? Aber nein, das wohl kaum. Er war interessiert an dem Mann, den er kennengelernt hatte, aber war er das auch am Gesamtpaket? Vor allem wo er doch wusste, was dort mitgeliefert werden würde? Gnah! Am liebsten hätte er sich die Haare gerauft, doch das würde zum einen seiner Frisur schaden und zum anderen war er aus dem Alter lange raus. Er würde es also einfach auf sich zukommen lassen. Müssen. Als das Taxi endlich am Zielort hielt warf er einen Blick auf die Uhr und nickte. Der Verkehr war ihm ausnahmsweise wohlgesonnen, war es doch erst zehn Minuten über der Zeit. Das sollte doch jetzt kein Problem darstellen, immerhin hatte er es angekündigt. Er gab dem Fahrer das Geld und stieg, sich umsehend aus. War Ragnar doch schon wieder verschwunden? Oder am Ende gar nicht aufgetaucht? Doch dann sah er ihn, neben den beiden Steinfrauen sitzen und musste lächeln. Natürlich war der andere Mann noch da. Warum auch nicht? Er hätte Ragnar nicht so eingeschätzt sich nicht an die Dinge zu halten die er von sich gab. Ein wenig über sich den Kopf schüttelnd hielt er auf die vier Figuren und Ragnar zu, sich nur nebenbei darüber wundernd, woran man eigentlich erkennen wollte, dass die beiden Männer schwul waren. Im Grunde könnten es auch nur zwei Freunde sein, die da vor dem lesbischen Paar standen, aber da er sich darüber jedesmal wunderte, hielt das nicht lange an und er stand vor Ragnar. "Hey, schön dich zu sehen", begrüßte er diesen und lächelte dann etwas entschuldigend, seinen Blick über den anderen gleiten lassend. Gut, er hatte sich nicht getäuscht, der Kerl war tatsächlich sehr schön anzusehen. Auch ohne Neonlicht, Nebel und alles was einen im Club noch so täuschen konnte. "Tut mir leid, dass ich mich ein wenig verspätet habe, aber die Frau wollte nicht aufhören zu reden. Was mich zu meiner Frage führt: Hast du etwas dagegen einzuwenden Essen zu gehen? Ich könnte jetzt ein wenig Nahrung wirklich gut gebrauchen", fragend sah er Ragnar an und wunderte sich ein wenig über sich selbst. Dafür dass er sich im Vorfeld stellenweise ziemlich verrückt gemacht hatte, fühlte er sich momentan ziemlich locker. Vielleicht weil es jetzt für alles andere sowieso erst einmal zu spät war. Er war hier und jetzt würde er das auch genießen. Ragnar Ragnar blickte dem Mann entgegen, dessen geschmeidige Bewegungen dafür sprachen, dass es jemand war, der wusste, was er wollte. Nun, einen anderen Eindruck hatte er auch im Savoy nicht gehabt. Er schien zielstrebig zu sein. Sonst wäre er nicht noch einmal zu ihm gekommen, nachdem Ragnar ihn hatte auf der Tanzfläche stehen lassen. Und als er vor ihm stand, und er zu ihm aufblickte, sah er auch wieder, wir unglaublich hübsch dieser Mann war. Nicht nur sein Körper, der durch die Jeans und das Hemd gut zur Geltung kam, sondern auch diese unglaublich blauen Augen und das schöne Gesicht, das durch die markanten Augenbrauen und die schwungvoll geschnittene Kinnpartie bestach. Ragnar musste sich eingestehen, dass dieser Mann absolut dem entsprach, was er einfach mochte, was er anziehend fand. Ja, dieser Mann war in seinen Augen eine Augenweide und er würde ihn sicher nicht von der Bettkante stoßen. Und was würde er jetzt dafür geben, durch diese Haare zu streichen, die so aussahen, wie weiche Federn. Ragnar stutzte bei dem Gedanken. Wie kam er auf Federn? Egal, sie sahen jedenfalls viel zu gut aus für ihn. Ragnar stand auf und erwiderte das Lächeln halbherzig. Noch war er nicht ganz da, noch hatte er unterschwellig schlechte Laune, auch wenn sein Gegenüber gut aussah. Mal sehen, vielleicht würde sich ja der Märchenprinz doch in einen Frosch verwandeln, wenn er unter die Fassade blickte. "Hey", entgegnete er. "Du bist nicht zu spät. Du hast gesagt, dass du nicht genau kommen kannst. Und da du offenbar ein schwerbeschäftigter Mensch bist, ist es doch in Ordnung. Zumal ich froh sein kann, dass du überhaupt gekommen bist." Ragnar war zwar selbst ein pünktlicher Mensch, forderte das aber von niemandem sonst ein. Schon gar nicht, wenn man es angekündigt hatte. Dass der letzte Satz sich sowohl auf die Tatsache bezog, dass er schon oft umsonst gewartet hatte, als auch darauf, dass Nathan ja auch zu viel zu tun gehabt haben könnte, war ihm bewusst. "Frauen neigen oft dazu, nicht auf den Punkt zu kommen", lächelte er und steckte seine Zigarettenschachtel, die er in der Hand hatte, in die Hosentasche, seiner dunkelblauen Jeans. "Essen klingt gut. Ich habe zu viel Kaffee intus und mein Magen beschwert sich bereits bitterlich." Kurz überlegte er und blickte die Christopher-Street hinunter. Italiener war zu spießig, amerikanisch zu normal, griechisch zu fleischlastig, auf chinesisch hatte er keine Lust... "Ich wäre für den Ägypter", überlegte er dann. Das Restaurant wurde von einem muslimischen Schwulen geführt, der gerne davon predigte, dass es im Islam durchaus möglich war, schwul zu sein. Das Restaurant war ziemlich gemütlich eingerichtet und man saß dort auf großen Kissen am Boden und durfte, wenn man wollte, mit der Hand essen. Fragend blickte er Nathan an und kurz darauf gingen sie die Christopher Street hinunter. Und was redete man jetzt? Ragnar war noch immer nicht ganz bei sich. Er war kein unhöflicher Mensch, ganz im Gegenteil, aber der leichte Kater, den er hatte, und diese Unruhe in ihm machten ihn ein wenig schweigsam. "Ich hoffe ich halte dich wirklich nicht von wichtigen Dingen ab. Ich arbeite nur leider meistens abends und dafür bis spät in die Nacht, so dass ein Treffen zu 'normalen' Zeiten für mich nicht wirklich in Frage kommt", erklärte er, nachdem er sich vorgenommen hatte, einfach als Beruf das anzugeben, was er ja auch tat - Geschäftsführer in einem Nachtclub sein. Mehr würde Nathan nicht interessieren und mehr würde er auch nicht wissen müssen. Es war zum Glück nicht weit, so dass sie das Restaurant bereits betraten, bevor Nathan antworten konnte. Von einem sehr femininen jungen Mann wurden sie zu einem Tisch gebracht und kaum hatten sie sich auf die Kissen sinken lassen, stand bereits eine Kanne Pfefferminztee und die dazugehörigen Gläser vor ihnen und zudem zwei Speisekarten, die aus einem einfachen Blatt Papier bestanden, da es hier üblich war, dass es jede Woche etwas anderes gab. Ragnar überflog die Karte und wusste bereits jetzt, dass er Couscous essen würde. Er mochte das Zeug, egal in welcher Form. Und so schenkte er ihnen Tee ein und sah zu Nathan, der sich noch zu entscheiden schien. "Ich kann dir alles empfehlen, was sie hier aus Lamm machen, und die Couscousgerichte sind auch genial..." erklärte er und setzte pustend das Glas an die Lippen den anderen ansehend. Nathan Nathan stimmte dem Ägypter zu, vor allem weil er es selbst noch nie bis zu einem geschafft hatte und mit neuen Essensvariationen konnte man ihn immer locken. Etwas das besonders Sascha aufstieß, da er selbst so gut wie keine Probleme damit hatte, sich so zu ernähren wie ihm gerade der Sinn danach stand. Eine Stunde Laufband und alles war wieder erledigt. Er selbst hatte auch kein Problem damit, wenn sie sich gegenseitig nicht sofort mit irgendwelchen 'lustigen' Anekdoten überfielen, denn auch wenn er sich jetzt locker fühlte, im Grunde war es ein eher ungewöhnliches Date und das ließ sich nicht so einfach vom Tisch wischen. Und als Ragnar schließlich doch sprach, kam er nicht sofort zum Antworten, denn er musste sich hier erst einmal umsehen und feststellen, dass er es sehr gemütlich fand. Das stilechte Sitzen auf den Kissen entlockte ihm ein amüsiertes Grinsen, bevor er sich eben dort niederließ und das Blatt Papier dankend entgegen nahm. Hm, was davon klang jetzt wirklich ansprechend? Nathan hob den Blick auf und sah zu Ragnar, bevor er schmunzelte und die Karte schulterzuckend weglegte. "Dann werde ich dem Experten wohl vertrauen", erwiderte er, schenkte dem Tee jedoch erstmal nur einen kurzen Blick. Tee musste für ihn schon fast wieder kalt sein, so trank er ihn am liebsten. Schließlich sah er Ragnar wieder an. "Wenn wirklich etwas wichtiges angestanden wäre, hätte ich unser Treffen verschoben, also mach dir da bitte keine Gedanken", erklärte er und lächelte dann offen. Tatsächlich war Elisa fast vom Stuhl gefallen als er sich den Nachmittag frei genommen hatte. Nicht, weil ihre Arbeit dann nicht mehr zu bewältigen war, sondern weil es intern den Witz gab, dass selbst ein Erdbeben nur eine fünfzig Prozent Chance hätte, Nathan vor Feierabend aus dem Büro zu locken. Er mochte seine Arbeit eben, na und? Kein Grund gleich so maßlos zu übertreiben. "Auch wenn ich mich zugegebenermaßen ein wenig über die Zeit gewundert habe, aber es klingt nur logisch wenn du nachts arbeiten musst." Damit nahm er das Gehörte für sich an und erklärte die Sache als abgehakt. Gerade er, der ja vom Savoy wusste wie lange seine Leute teilweise arbeiten mussten, wäre da der letzte dem es seltsam vorkommen würde. Als der junge Mann wieder kam bestellte er sich das erstbeste Gericht mit Lamm von der Karte und trank dann einmal probeweise von dem Tee. Stelle ihn dann jedoch wieder zurück. Noch viel zu warm. "Ich hab mich ein wenig über die Ausstellung informiert, die du erwähnt hast, und ich denke das klingt ganz interessant. Wenn du also noch Lust hast, können wir sie uns gerne ansehen?", er ließ es fragend klingen, denn es könnte ja durchaus sein, dass Ragnar es sich inzwischen anders überlegt hatte. Was zwar schade, aber nicht zu ändern wäre. Und wer wusste schon, wo es sie sonst noch hin verschlagen könnte? Insofern wäre Nathan für alles offen, da er im Grunde sowieso ein sehr spontaner Mensch war. Zumindest wenn man ihn von seinen Terminen und Zeitplanungen einmal losriss. Er suchte Ragnars Blick und stelle für sich fest das dessen Augen immer noch diese schöne Farbe hatten. Eine Tatsache, die ihn fast schon glücklich stimmte, aber er konnte es nicht ändern. Braune Augen waren für ihn das, was für andere Kerle superenge Hosen waren: Super faszinierend und anziehend. Zudem bei seinem Gegenüber ja nicht nur die Augen Bonuspunkte erbrachten. Dieser Mann hatte eine tolle Ausstrahlung und Intelligenz. Wobei man gerade über letzteres unbedingt verfügen musste, um Nathan nicht innerhalb von 30 Minuten total zu langweilen. "Ich muss dich allerdings vor einem Tick von mir warnen", setzte er schließlich an, nachdem er den anderen eine Weile einfach nur angesehen hatte. "Es kann sein, dass meine Aufmerksamkeit hin und wieder abgelenkt wird. Das hat dann nichts damit zu tun, dass mich deine Gesellschaft langweilt, sondern dass ich nach dem Büro immer eine Weile brauche, um wieder umzuschalten. Ich bin Eventmanager und daher immer auf der Suche nach neuen Ideen und gerade hier in der Gegend spricht mich so manches an, das ich dann in ein wenig abgewandelter Form selbst anwende. Wobei man es den Kunden dann natürlich um Gottes Willen nicht sagen darf, aus welcher Szene die Ursprungsidee dafür stammte." Er grinste. "Nicht dass die Gäste dadurch noch ans andere Ufer wechseln." Ragnar Ragnar war zufrieden, dass Nathan nicht neugierig zu sein schien, in welchem Nachtclub er arbeitet oder überhaupt Genaueres darüber wissen wollte. Das sparte ihm Halbwahrheiten auszusprechen. Als der Kellner kam bestellte er sich das Couscous mit Huhn und trank weiter an seinem Tee. Er hatte sich im Schneidersitz hingesetzt und lehnte sich an die Wand, die mit einem Teppich verhangen war. Den Tee stellte er, das er noch recht warm war, auf seinem einen Knie ab und hielt das Glas nur am Rand oben, um sich nicht zu verbrennen. Als sein Gegenüber erzählte, dass er sich über die Ausstellung informiert hatte, blickte er ihn überrascht an. "Ich mag den Fotograf", erklärte er dazu. "Er versteht es fantastisch seine Modelle in eine interessante Konstellation zu ihrem Umfeld zu setzen. Dabei spielt er auf erstaunliche Art und Weise mit Licht und Schatten. Ich habe schon einige Ausstellungen von ihm gesehen. Zumal ich natürlich immer gerne nackte Männer ansehe." Er lächelte den anderen an. "Und die Modelle sind zwar selten wirkliche Schönheiten, haben aber meist eine unglaubliche eigene Ausstrahlung." Auch in Europa war er in den verschiedenen Städten immer auf der Suche nach guten Fotoausstellungen gewesen. Es faszinierte ihn, auch wenn er selbst viel zu wenig zum Photographieren kam. "Es würde mich also freuen, wenn wir gemeinsam hingehen." Langsam aber sicher kehrte Leben in ihn und seine Augen zurück. Die Aussicht, auf die Ausstellung zu gehen, munterte ihn sichtlich auf. "Ein Tick?", fragte er im ersten Moment und blickte Nathan aufmerksam an. Dann musste er lächeln. Nun, die Frage, was jener arbeitete, konnte er sich also sparen. Er bekam sie allein beantwortet. 'Eventmanager', nun das waren kreative Menschen, die immer im Stress waren. Dafür sah Nathan jedoch ziemlich entspannt aus, bewundernswert. "Das klingt so, als seist du Vollblut-Eventmanager", sagte Ragnar und musterte das schöne Gesicht des anderen interessiert. "Und dass man bei einem solchen Beruf seine Augen nach guten Ideen und interessanten Locations offen hält ist klar. Aber gut, dass du mich vorwarnst, nicht dass ich denke, dass du neben mir einschläfst, weil ich dich anöde, dabei bist du nur gerade in Gedanken bei einem möglichen Ort für eine Hochzeit, oder was auch immer du da planst." Er grinste leicht. "Schade nur, dass du deinen Kunden nicht sagen kannst, woher du die Ideen hast - und ich kann das verstehen, dass du das lieber nicht tust - aber manch ein Gast auf deinen Events wäre sicher begeistert, wenn er endlich seine wahre Natur entdecken könnte." Der Gedanke bereitete ihm sichtlich Freude. "Welche Events planst du alles? Oder sagen wir, welche planst du am liebsten?" Er stutzte. "Hm", überlegte er dann. "Wenn du nicht über deine Arbeit reden möchtest, dann lassen wir das Thema unter den Tisch fallen. Du sagtest ja, dass du nicht leicht abschalten kannst. Da sollten wir mit solchen Gesprächen dich lieber nicht davon abhalten, doch anzuschalten." Nathan Schmunzelnd lauschte er den Ausführungen und bemerkte erfreut das scheinbar begeisterte Auffunkeln der schönen Augen. Sah so aus als wäre es nicht die schlechteste Idee gewesen, die Ausstellung zu erwähnen. "Mir sagt der Fotograf gar nichts, aber ich hoffe du kannst mich dann auf besondere Lichtspiele aufmerksam machen und hast kein Problem, dort mit einem Laien hin zu gehen." Er rückte sich ein wenig auf dem Kissen zurecht. "Aber es ist definitiv ein Bonus, dass er seine Kunst mit, beziehungsweise über nackte Männern inszeniert, so etwas sieht man sich selbst doch gerne an. Da gebe ich dir uneingeschränkt recht." Er erwiderte das Lächeln des anderen. "Zudem Schönheit ja Ansichtssache ist und darauf ankommt, ob man sich rein auf die Äußerlichkeiten konzentriert oder eventuell auch auf das, was es darstellen oder vermitteln soll. Was man ja irgendwie auch von der Kunst weg und auf alles andere auch umwälzen kann. Sie liegt eben doch im Auge des Betrachters." Leider kam er selbst nur selten dazu, sich Ausstellungen anzusehen. Höchstens jene, bei denen sie mitgewirkt hatten, aber zu diesen Zeitpunkten hatte man seine Aufmerksamkeit meistens woanders und nicht auf der ausgestellten Kunst. Doch dann lachte er. "Keine Sorge, ich bin und werde weit davon entfernt sein einzuschlafen oder an irgendwelche Hochzeitsplanungen zu denken. Zudem dieses überromantische Zeug auch zumeist meine Partnerin übernimmt." Seine Augen leuchteten belustigt auf, doch sein Lachen war ein ehrliches gewesen, keines um Ragnar auszulachen. "Ich habe es in den Anfängen hin und wieder einmal zugegeben und dafür keine besonders tollen Resonanzen erhalten, weshalb ich es inzwischen einfach nicht erwähne, sondern nur sehr geheimnisvoll lächle, wenn ich danach gefragt werde. Sollen die Leute sich denken was sie wollen und von den meisten dort würde man sowieso nicht wollen, dass sie ihre wahre Natur entdecken." Diesmal war er es, der frech grinste. "Zumindest nicht die von irgendwelchen sehr konservativen und ebenso langweiligen politischen oder Herrenclub Veranstaltungen." Nathan unterbrach sich, als ihr Essen an den Tisch gebracht wurde und musterte sein Essen neugierig, bevor er einen guten Appetit wünschte und erst einmal probierte. Zufrieden nickend stellte er fest, dass man es durchaus essen konnte. "Es war eine gute Idee hierher zu kommen", beschied er Ragnar und trank dann von seinem endlich kühler gewordenem Tee. "Und von meiner Arbeit kann ich lange und vorallem viel erzählen, also solltest du laut Stopp schreien, wenn ich beginne dich zu langweilen." Er sah von seinem Teller auf und zwinkerte Ragnar inzwischen bestens gelaunt zu. "Wir planen im Grunde alles was die Kunden wollen. Von den von dir bereits erwähnen Hochzeiten, zu Rosenbällen, zu Wahlveranstaltungen, Wohltätigkeitsbälle, Sportevents, Kulturausstellungen und meinen persönlichen Favoriten: Festivals." Er nahm den nächsten Bissen und schloss die Augen kurz um den Geschmack besser wirken lassen zu können. Es ließ sich nicht ändern, bei solchen Dingen war er ein Genießer. Die einzigen Mahlzeiten, die er schneller in sich hineinschichtete, waren die kurzen Besuche bei Fastfoodketten. "Ich bin normalerweise für die Letztgenannten zuständig, während meine Partnerin eher erstere übernimmt. Es ist eine gute Arbeitsteilung und gibt uns die Möglichkeit, einen großflächigen Bereich auf dem Markt abzudecken. Zudem ich ja noch die Möglichkeit habe, viele meiner Ideen für Festivals im Savoy zu testen, bevor ich es wirklich an einen Kunden übergebe." Hier war es an ihm kurz zu stocken. Mist. Irgendwas hatte Ragnar an sich, das ihn fast zu entspannt werden ließ. Die 'Kleinigkeit' mit dem Savoy verschwieg er meistens, da er sich ganz seltsamerweise danach kaum noch vor den Anmachen der anderen Person schützen konnte. Aber das wäre hier schon nicht der Fall. Richtig? Hoffentlich. "Jetzt quatsche ich dich doch ziemlich zu, hm?", er lächelte über sich selbst und räusperte sich. "Ich gelobe Besserung." Ragnar Ragnar war erstaunt, wie Nathan von der Aktphotographie einen Bogen zu der Definition von 'Schönheit' schlug. "Natürlich habe ich kein Problem damit, mit einem 'Laien' hinzugehen. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass du ein wirklicher Laie bist. Denn du bist sicher ein kreativer Mensch, der auch für seine Events einen besonderen Blick haben muss. Daher glaube ich, dass du einiges sehen wirst, wenn du dir die Bilder ansiehst. Und wie du treffend sagst, liegt Schönheit immer im Auge des Betrachters. Und jedes Foto ist nicht ein Kunstwerk, mit dem der Künstler etwas darstellen möchte, sondern es ist eine Situation, wie sie der Betrachter sieht. Deswegen liebe ich die Photographie, denn sie hält Momente so fest, wie man sie selbst gesehen hat, ohne dass das bedeutet, dass alle anderen das gleiche sehen können. Es..." Er stockte und lächelte dann. "Es ist schwierig das zu umschreiben." Letztlich fotografierte er auch hin und wieder gerne bei Treffen von Photographen oder auch so, um Momente in seinem vergänglichen Leben aufzunehmen. Ragnar trank einen Schluck Tee und schenkte sich dann noch etwas nach. Hoffentlich würde gleich das Essen gebracht. Er hatte nicht nur Kopfschmerzen und Schwindelgefühle sondern auch immer ziemlichen Durst, seitdem er die HAARTs schluckte. Als das Essen endlich kam, wurde auch ein Krug Wasser und zwei Gläser dazu gestellt. Er trank gleich, versuchte sich ein wenig zu zügeln, auch wenn er das Glas am liebsten gleich ausgetrunken hätte. "Dann bin ich ja beruhigt", schmunzelte er. "Und die Männer aus irgendwelchen Herrenclubs würde ich wirklich sehr ungern in der Szene sehen, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass sich hinter ihrer Verachtung für uns, immer ein gewisses Verlangen steht. Aber das ist ein anderes Thema..." Er lächelte den anderen an. "Freut mich, dass es dir hier gefällt. Ich gehe gerne hierher, es ist entspannend und entführt einen immer in gewisser Weise in eine andere Welt." Während Nathan ihm ein wenig von seiner Arbeit erzählte, begann Ragnar sein Couscous zu essen. Und er würde den anderen sicher nicht unterbrechen, wenn dieser mit diesem Strahlen in den Augen sprach. Nathan schien jemand zu sein, der seine Abreit liebte. Und das war generell keine schlechte Sache. Allerdings war das auch meist damit verbunden, dass er viel Zeit damit verbrachte, mehr als normal. Manche würde das stören, Ragnar aber nicht. Er arbeitete selbst gerne und viel, und könnte es nicht leiden, wenn man ihn deswegen kritisierte. Als er sah, wie Nathan auch das Essen genoss, war er wirklich zufrieden damit, ihn hierher genommen zu haben. Und vielleicht war es doch keine schlechte Idee gewesen, sich zu verabreden. Denn im Moment wirkte alles so unverbindlich und entspannt. Andererseits könnte das auch bedeuten, dass Nathan nur hier war, um sein Gewissen zu beruhigen. Auch das kam immer mal wieder vor. Sie kamen aus Mitleid, weil sie glaubten, er habe sonst niemanden, und wenn er begann sie ein wenig anzuflirten, zogen sie sich schneller zurück, als er schauen könnte. Ob das bei Nathan auch so war, würde sich sicher spätestens bei der Ausstellung herausstellen. Seine Augenbrauen zogen sich einen Moment irritiert zusammen, als der Mann mit den strahlenden Augen etwas erwähnte, das so klang, als habe dieser auch geschäftlich mit dem Savoy viel zu tun. "Festivals?", Ragnar dachte darüber nach. "Das ist sicher ziemlich stressig, aber das könnte ich mir auch sehr interessant vorstellen." Kurz zögerte, ob er dort noch einmal ansetzten sollte, aber warum auch nicht. "Und wenn du deine Ideen im Savoy testen kannst, ist das ja eine tolle Sache. Geht das denn so einfach? Wahrscheinlich arbeitest du generell mit dem Inhaber zusammen... oder so." Er blickte Nathan kurz fragend an. "Und du musst dich nicht 'bessern'", fügte er noch hinzu. "Du quatschst mich nicht zu. Ich finde deinen Beruf interessant und bewundernswert. Ich hätte sicher nicht die Stresstoleranz und die Zielstrebigkeit, die du zu besitzen scheinst." Nathan Er lauschte Ragnars Ausführungen zur Photographie aufmerksam und nickte hin und wieder, während er sich sein Lamm weiter schmecken ließ. "Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen meinem Blick auf die Dinge und den von jemandem, der sich mehr damit befasst. Das ist aber auch nur meine Einstellung dazu, denn sonst würde dieses Hobby oder auch Beruf seinen Sinn verfehlen. Wobei ich froh bin, dass wir uns Photos ansehen werden, denn es gibt nur wenige Bilder, die die Welt verändern oder aufrütteln können, während das mit Photos deutlich häufiger gelingt. Sie tragen und vermitteln ganz andere Emotionen, da es doch Einblicke aus dem echten Leben sind. Nichts, das vom Künstler erdacht und umgesetzt wurde. Und ich werde deine Meinung bestimmt später bestimmt häufiger erfragen." Er lächelte. "Was allerdings auch daran liegen könnte, dass ich deinen Ausdruck mag, wenn du davon sprichst." Schließlich mit seinem Teller fertig, schob er diesen ein Stück von sich und griff nach dem Tee, um zu trinken. Nathan fühlte sich angenehm gesättigt, ohne dass es allzu schwer im Magen lag, doch es würde dann bestimmt nicht schaden, sich ein wenig zu bewegen. "Ein gewisses Verlangen?", hinterfragte er und hob eine Augenbraue. "Darauf sich doch einmal an Männern zu versuchen? Ich hielte das in diesem Fall vielmehr für ein Spiel um Dominanz. In diesen zigarrenverseuchten Hinterzimmern geht es doch nur darum, besser und stärker und reicher als der andere zu sein. Wie könnte man sich diesen Hengststatus noch besser beweisen, als einen anderen Mann zu toppen?" Damit würde Ragnar auf jene Seite von ihm stoßen, die seine Freunde inzwischen gerne ignorierten. Manche Dinge sah er einfach ziemlich zynisch und wenn sich die Gelegenheit bot, brachte er das auch an den entsprechenden Stellen an. Was ihm nicht nur Freunde oder gar mehr Aufträge verschaffte, aber eine gewisse Befriedigung mit sich brachte. Als er sah, dass Ragnar ebenfalls mit seinem Essen fertig war, ließ er sich die Rechnung bringen und zahlte für beide, wo er auch nichts anderes gelten ließe, schließlich hatte er um das Treffen gebeten. Wieder auf der Straße brauchten sie nicht lange, um am Oscar Wilde Bookshop anzukommen. Doch diese Zeit nutzte Nathan für sich, um ihr Gespräch fortzuführen. "Stressig sind solche Events immer, besonders wenn verschiedene Künstler oder Bands auftreten sollen und jeder andere Extrawünsche hat. Entweder man ist irgendwann dagegen resistent und hat die benötigte Courage, um irgendwann einmal einen Riegel vorzuschieben oder man geht sowieso mit den ganzen kleinen Agenturen in der Menge unter." Er zuckte mit den Schultern. "Mir wurde das sozusagen in die Wiege gelegt. Das ist nichts was ich mir erarbeitet habe oder mühsam lernen musste." Bei der Frage nach dem Savoy zögerte er inzwischen schon gar nicht mehr, sondern beantwortete sie einfach während sie auf einen der Ausstellungsräume zuhielten. "Ja, man könnte sagen, dass ich mit dem Inhaber zusammenarbeite", bestätigte er und hielt auf die erste Photographie zu, bevor er stoppte und sich Ragnar zuwandte. "Der Club gehört mir, weshalb ich dir den Zeitansager das letzte Mal auch ganz wunderbar spielen konnte. Wenn du also Verbesserungsvorschläge hast, bist du bei mir an der richtigen Adresse." Er lächelte, beobachtete Ragnar jedoch genau. Oder vielmehr dessen Reaktion. Inzwischen war er sich sicher, dass es durchaus nicht nur Zufall war, sich hier zu befinden. Sein erster Eindruck von dem anderen hatte ihn nicht betrogen und möglicherweise würde er das auch auf andere Ebenen verlegen wollen, weswegen er sich ja überhaupt erst über dessen Krankheit informiert hatte. Aber wenn etwas noch abschreckender als das für ihn war, dann wären das Goldgräber. Und ja, die gab es durchaus in jeder Szene und in jedem Erdteil dieser Welt. Sollte der gute also jetzt den sehr guten Eindruck den Nathan von ihm hatte revidieren, wäre es das gewesen. Selbst für den Sex. Da kannte er keine Gnade. Ragnar "Ja, wobei die Fotos, die wir ansehen Kunstphotographien sind, keine journalistischen Bilder. Aber du hast recht. Wie wirken dennoch ganz anders auf den Betrachter, als Gemälde, weil es reale Orte, reale Menschen, reale Gegenstände sind, die darauf zu sehen sind. Und ich unterbreite dir gerne meine Meinung", lächelte er schließlich. "Und dann musst du aufpassen, dass ich dich nicht zulaber, ok?" War das eine kleine Anmache gewesen? Wenn, dann hatte sie ihre Wirkung jedenfalls nicht verfehlt. Denn es freute ihn zu hören, wenn jemandem seine Augen, sein Ausdruck gefiel. Wer würde sich da nicht freuen? Und dass er Nathan auffiel, war ein gutes Zeichen. "Hm", überlegte er und schob seinen Teller auch zur Seite. "Das ist ein interessanter Aspekt. Und ich gebe dir da vollkommen recht. Aber manchmal scheinen diese Menschen auch genau das Gegenteil zu suchen. Und sie lassen sich in Lack und Leder anketten und auspeitschen..." Er grinste leicht. "Ich habe da einige interessante Dinge von einem Freund erfahren. Da tun sich wirklich Abgründe auf." Der Zynismus, mit dem Nathan über diese Menschen sprach gefiel Ragnar. Er selbst wurde gerne zum Zyniker. Besonders wenn es um die Verlogenheit der Menschen ging, egal in welchem Bereich. Ragnar trank noch sein Glas leer, und bevor er etwas sagen konnte, hatte Nathan sein Geldbeutel gezückt und gezahlt. Ragnar wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, sagte aber nichts, musterte Nathan nur kritisch. Wenn sich Nathan dazu verpflichtet sah, für ihn zu zahlen, sollte er es tun. Aber es machte ihn ein wenig misstrauisch. Nun, es würde sich sicher die Gelegenheit ergeben, dass er auch einmal zahlte. "Haben diene Eltern auch schon in dieser Branche gearbeitet?", fragte Ragnar nach, als jener davon sprach, dass er es in die Wiege gelegt bekommen hatte. Gemeinsam betraten sie den Buchladen und Ragnar blickte sich kurz um, bevor er Nathan zum ersten Bild folgte. Er betrachtete das Photo noch nicht. Er redete ungern über etwas anderes, wenn er ein Bild betrachtete. Als Nathan ihm offenbarte, dass er der Inhaber des Savoy war, wanderten seine Augenbrauen nach oben. "Das überrascht mich jetzt", gab er ehrlich zu. "Aber wenn du mir die Möglichkeit gibst, was die Verbesserung des Clubs betrifft, mache ich doch gerne davon Gebrauch." Er grinste den anderen an. "Ich wäre begeistert, wenn ihr den Kondomautomat auf der Toilette eher in Richtung Darkroom installieren könntet, denn auch wenn groß überall Schilder hängen, dass man nicht auf den Toiletten ficken soll, macht es jeder, weil es der kürzere Weg ist, wenn man vorher am Automaten vorbei musste." Er lächelte den anderen an. Jener schien älter zu sein, als er aussah, oder? Schließlich besaß man nicht mit Anfang 20 einen solchen Laden. Aber ihm konnte das egal sein. "Ansonsten kann ich dir nur ein Lob aussprechen. Ich gehe gerne ins Savoy. Du scheinst also was von deinem Job zu verstehen, - woran ich aber auch nie gezweifelt habe." Ragnar zwinkerte dem anderen zu. "Aber jetzt lass uns die Fotos ansehen...", murmelte er dann und drehte sich zu den gerahmten Bildern, vor dem sie standen. Die Fotographien gefielen ihm. Ragnar betrachtete sie in Ruhe, schweigend, legte hin und wieder den Kopf schief. Und auch wenn sie nicht sprachen, so war ihm die Anwesenheit des anderen Mannes nicht unangenehm. Besonders zwei Bilder gefielen ihm mehr als gut. Sicher würde er heute wieder den neuen Photoband des Künstlers mitnehmen. Nathan Er hatte herzlich gelacht bei der Vorstellung von den teilweise doch sehr alten Herren, wie sie da in Lack und Leder am Kreuz hängen würden, oder dem Peitschenschwinger die Stiefel leckten. Dieses Bild würde er sich im Gedächtnis behalten und wieder aufrufen, wenn er eines dieser tödlich langweiligen Events zu planen hätte. Damit hatte sich der Ausflug doch schon mehr als gelohnt. Doch auf die Frage nach seinen Eltern reagierte er ausweichend. "Jein, das haben sie nicht. Aber trotzdem habe ich es von meinen Eltern schon von klein auf gesehen was es heißt zu planen." Nathan war ebenfalls mehr als zufrieden mit Ragnars Reaktion, auch wenn er zuerst ein paar Mal blinzeln und dann leise lachen musste. "Es gab einen im Darkroom, doch der überlebte nicht lange bevor er heruntergerissen und ausgeräumt wurde", erzählte er. "Aber das ist auch schon wieder zwei oder drei Jahre her, vielleicht wäre es Zeit für einen neuen Versuch. Auch wenn ich es ganz ehrlich bezweifle, dass sich etwas an der Toilettensituation ändern würde. Man kann die Jungs gar nicht so schnell da rauszerren wie sie wieder reinspringen." Seine Stimme schwankte zwischen Bedauern und Amüsement. "Aber Dankeschön für das Lob, ich werde es gerne an das Team weitergeben, die ja doch den Löwenanteil stemmen." Nathan nickte auf den Wunsch hin, sich die Fotos anzusehen und blieb dann vor einem länger stehen, um es zu betrachten. Er mochte die Wasserreflektion auf dem Rücken des Mannes, auch wenn ihm dessen Proportionen ein wenig seltsam vorkamen. Und im Grunde war ihm der Hintergrund auch zu langweilig, aber trotzdem hielt ihn irgendwas hier und ließ ihn das Foto anstarren. Doch schließlich schüttelte er den Kopf über sich selbst, sah sich nach Ragnar um und trat dann ein wenig schräg versetzt hinter diesen und betrachtete das Bild, das sich der andere gerade ansah. Doch der nackte Oberkörper konnte seine Aufmerksamkeit nicht lange auf sich ziehen, da er Ragnars schönen Nacken gerade interessanter fand. Nackte Männer auf Fotos waren nicht falsch, aber anziehende Männer in Ton und Farbe zog es zu jeder Zeit vor. Trotzdem streckte er die Hand nach dem anderen aus als dieser sich wohl gerade zum nächsten Foto aufmachen wollte und legte seine Hand auf dessen Arm um ihn aufzuhalten. "Warte. Erklär mir bitte was genau dich an diesem Foto fasziniert. Du hast hier länger als an den beiden Vorgängern gestanden und ich würde gerne wissen warum." Er hätte nichts dagegen, den anderen näher zu sich zu ziehen, aber er löste die Berührung. Zum einen weil er wusste wie Ragnar das letzte Mal reagiert hatte und es deshalb überhaupt sehen wollte, ob das wieder so wäre, und zum anderen um Ragnar nicht zu sehr von den Bildern abzulenken. War es diesem doch deutlich anzusehen, wieviel Spaß er daran hatte. Und das gab ihm wiederum die Chance, diesen Mann in aller Ruhe zu betrachten als ob jener einer der ausgestellten Kunstwerke war. Er nickte zu dem Foto. "Für mich ist das zwar ein durchweg schöner Oberkörper, vor einem rauen, schönen Hintergrund aber das einzige, das meine Aufmerksamkeit hier länger auf sich gezogen hat, ist der Ring den er am Daumen trägt. Zudem es mich irgendwie stört, dass man sein Gesicht nicht sieht. Darum ziehe ich den Joker und befrage den Experten." Er lächelte und blickte den anderen Mann ein wenig fragend, aber auch ein wenig neckend an. Ragnar Ragnar versank vor den Bildern in seine eigene Gedankenwelt. Und so merkte er gar nicht, dass er vor diesem Bild so lange stehen geblieben war. Er wurde erst wieder ins hier und jetzt zurückgezogen, als er Schritte hinter sich hörte. Er dachte nicht darüber nach, ob das nun Nathans waren, oder jemand anderes kam, aber langsam sollte er wohl zum nächsten Bild gehen, wenn er noch etwas mehr sehen wollte, bevor es Nathan vielleicht langweilig werden würde. Und so zuckte er leicht zusammen, aus seinen Gedanken aufschreckend, als er die Hand an seinem Arm spürte, und drehte sich abrupt um, um zu sehen, wer ihn festhielt. Zu seiner Erleichterung blickte er in die hellen blauen Augen seines Begleiters, der zum Glück seinen Arm auch gleich wieder losließ. Er lächelte kurz, dann lauschte er den Worten und warf dem Bild erneut einen Blick zu. "Es ist schwierig, das zu beschreiben", begann er ausweichend. "Bilder erzählen mir immer Geschichten. Und dieses Bild hat mir die Geschichte seines Mannes erzählt, der für die Polizei arbeitet." Unsicher blickte er Nathan an. "Das klingt jetzt vielleicht albern für dich, aber ich lausche diesen Geschichten, die natürlich nur ein Hirngespinst von mir sind, aber so sehe ich diese Bilder jedenfalls." Suchend, ob er Belustigung in den Augen des anderen sah, blickte er diesen an und drehte er sich schließlich wieder dem Bild zu. "Jedenfalls ist es wichtig, dass er kein Gesicht hat, denn er arbeitet im Untergrund. Niemand darf wissen, wer er ist. Er braucht viel Kraft, denn sein Job ist verdammt hart und gefährlich. Deswegen trägt er auch stets eine Waffe bei sich. Wenn du dir den Schatten genau ansiehst könnte man meinen, dass dieser Schatten hier - Ragnar deutete auf die Brustmukulatur - ein wenig die Form eines Pistolenhalfters hat. Und der Ring, ja der Ring ist ein Erinnerungsstück an seine Familie, von der er niemals lässt, auch wenn er sonst komplett entblößt ist." Ragnar betrachtete noch einen Moment das Bild. "Ich glaube du hältst mich jetzt für verrückt", stellte er dann nüchtern fest. Dann lächelte er Nathan an. "Aber das würde ich wohl auch von mir denken, wenn ich mich so reden hören würde…" Er fuhr sich verlegen durch die Haare. Er war gerne ehrlich, auch wenn Nathan sicher nicht verstehen würde, was sich hinter diesen Gedanken zu dem Bild verbarg. "Ich bin nicht wirklich ein Experte. Ich bin nur interessiert. Und ich habe eben meine ganz eigene Art, Bilder zu betrachten, wobei mir bei weitem nicht jedes Bild etwas sagt. Das dort drüben zum Beispiel, das spricht mich nicht an, das erzählt mir nichts. Es ist mir zu... Ich weiß nicht. Der Körper ist mir zu sehr mit Anabolika vollgepumpt." Kurz schüttelte er den Kopf, das Bild musternd. Dieses Bild war nicht für ihn. "Und auch der Gesichtsausdruck ist langweilig. Dieser Kerl würde mich komplett anöden, wenn ich ihm begegnen würde. Ich wette er denkt gerade darüber nach, ob er lieber fernsehen, oder DVD anschauen sollte an diesem Abend. Seine Augen sind tot." Er blickte Nathan an. "Du hast zum Beispiel Augen, die vor Leben nur so sprühen. Ich wette es wäre verdammt schwierig, dich zu photographieren und genau das einzufangen, diese Vielschichtigkeit." Ragnar stutzte. "Ich glaube ich rede zu viel." Er lächelte entschuldigend. "Ich sagte dir ja, dass ich bei Photos dazu neige, dich zuzutexten." Er blickte sich im Raum um. Er hatte die Bilder alle gesehen. "Wenn du möchtest können wir gehen. Ich werde mir nur noch kurz den Photoband kaufen." Nathan Hm, die Reaktion war nicht ganz so heftig wie im Savoy aber sie war erkennbar. Damit wäre das dann wohl auch getestet, richtig? Nur ob er darüber jetzt erleichtert oder vielmehr frustriert sein sollte, das ließ sich noch nicht ganz bestimmen. Ragnar war definitiv eine Klasse für sich und das ganz offensichtlich in jeder Hinsicht. Sich ein paar Haare aus der Stirn streichend wandte er seinen Blick wieder auf das Bild und versuchte die kleine Geschichte damit überein zu bekommen und als er merkte das Ragnar am Ende des Satzes ein wenig unsicherer wurde warf er ihm einen beruhigenden Blick zu. In Nathans Augen gab es keinen Grund für Unsicherheit, denn gerade solche Geschichten machten ein Foto spannend. Das Problem war nur, dass ihm selbst dazu keine einfallen wollten. Langsam schüttelte er den Kopf. "Nein, ich halte die nicht für verrückt. Vielmehr für einen Menschen mit gesunder Fantasie." Damit widersprach er Ragnar und lächelte dann. "Es würde auch erklären, warum er sich an einen solch unwirklichen Ort für sein Sonnenbad zurückzieht. Vielleicht braucht er die raue, unmodelierte Natur um sich herum, damit er von dem ganzen Stress einmal abschalten kann. Und deine Erklärung mit dem Ring finde ich plausibel. Vielleicht hilft er ihm auch, nicht den Überblick zu verlieren. Nicht zu vergessen wer er eigentlich ist und was er darstellt." Er nickte und lächelte Ragnar dann an. "Wenn du dich selbst für verrückt hältst, dann musst du mich jetzt auch für verrückt halten und das gleicht sich dann wieder aus." Er merkte kaum wie er die Hand hob, bis er sie in sein Sichtfeld bekam. Stirnrunzelnd ließ er sie wieder sinken. Was war das? Wollte er gerade über die Wange des anderen streichen, weil ihn dessen Lächeln anzog wie Honig die Fliegen? Der Zug war weder ein noch wieder abgefahren. Dieser Zug schien überhaupt nicht auf den Gleisen gewesen zu sein und er sollte diese Wünsche respektieren. Das war ja sonst auch immer sein Motto. Oder war Ragnar vorher nur erschrocken? Diese Krankheit ließ Nathan sich stellenweise wieder wie 17 fühlen. Die übliche Normalität war nicht gegeben, in der man notfalls eben eine deutliche Abfuhr einfuhr. Aber hier konnte er nicht ganz hinter sich selbst stehen. War es das? Weil er sich von dieser Krankheit verunsichern ließ, obwohl ihm doch inzwischen mehr als deutlich klar geworden war, dass ihn Ragnar nicht nur ansprach sondern stellenweise auch anmachte? Es war zum aus der Haut fahren! Wie sollte er vorgehen? Und viel Zeit blieb ihm eventuell nicht mehr, um das mit sich selbst auszumachen. Zwar lauschte er den Ausführungen Ragnars zu dem anderen Bild und nickte an den richtigen Stellen, doch in Wahrheit haderte er zum ersten Mal seit sehr langer Zeit mit sich selbst. Doch dann merkte er auf und warf Ragnar einen prüfenden Blick zu. "Es ist schwer, lebende Personen mit für die Ewigkeit abgelichteten Menschen zu vergleichen. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass ich den Großteil meiner Aufmerksamkeit nicht auf den Bildern hatte. Und ich habe mich durchaus gefragt, ob ich dich auch so gern betrachten würde, wenn du hier abgelichtet gezeigt werden würdest. Aber ich befürchte die Antwort darauf ist Nein…" Kurz wurden seine Augen nachdenklich bevor er abwinkte. "Du hast mich nicht zugetextet. Schließlich habe ich gefragt, oder etwa nicht?" Dann nickte er. "Ist in Ordnung, ich geh schon mal raus. Hier sollte man wohl besser nicht rauchen." Kaum draußen angekommen, zog er sich das silberne Etui aus der Gesäßtasche, öffnete es und zog sich eine der wenigen Zigaretten heraus. Nathan rauchte nicht häufig, aber jetzt könnte ein wenig Nikotin nicht schaden. Er fragte einen der vorbeilaufenden Männer nach einem Feuer, bedankte sich, als er es bekommen hatte, und wandte sich schon ab, als jener ihm anbot etwas trinken zu gehen. Nathan schüttelte den Kopf. "Sorry, kein Interesse", murmelte er und zog dann erstmal genüsslich an der Kippe, den Rauch tief inhalierend bevor er ihn langsam wieder ausstieß. Zeit für ein paar Fakten. Er fand Ragnar auch im Tageslicht gut und hatte bisher auch Spaß gehabt. Nein, das war falsch. Eigentlich hatte er immer noch Spaß, das Problem war nur, dass er fest davon ausging, dass Ragnar sich jetzt verabschieden würde. Denn das war ebenfalls ein Fakt: Fehlende Zeichen whatsoever. Der nächste Fakt war der, der den vorherigen so bedeutsam machte, nämlich AIDS. Solche Personen 'überfiel' man nicht einfach so und das aus vielerlei Hinsicht, denn auch wenn er, jedesmal wenn er in diese Augen sah, diesen Fakt als kaum hinderlich abstempeln konnte, so ließ es ihn unterschwellig zögerlich agieren. Und verdammt, er war kein Typ für zögerlich! Wenn Ragnar rauskäme müssten sie das klären, vorrausgesetzt die ersten Worte, die er zu hören bekäme, waren nicht so etwas wie: 'Jo, war ganz nett, ich geh dann jetzt mal.' Ragnar Ragnar atmete tief durch, als er bei den Photobänden stand. Hatte er sich diese Hand nur eingebildet, oder hatte der andere ihm tatsächlich ins Gesicht langen, vermutlich über die Wange streicheln wollen? Und warum hatte er es nicht getan? Hatte Nathan so viel Respekt vor der Krankheit, vor dieser tödliche, gottverfluchten Krankheit? Wieso verdammte Scheiße hatte er sich dann mit ihm getroffen? Um es zu testen? Um seine Courage zu testen? War er also doch auch nur einer von denen, die Mitleid hatten? Die ihn trafen, um ihm zu zeigen, dass er ja noch nicht tot war, aber wehe er kam ihnen nahe? Dann stand diese verfickte Krankheit zwischen allem. Ragnar war es verflucht leid, Zeit zu investieren, Gedanken zu investieren, das Flirten zu investieren und unter dem Strich mit nichts heraus zu kommen. Und daher investierte er nicht mehr viel. Ein Glück, dass Nathan wenigstens das Essen bezahlt hatte. Denn, wenn jener sich gleich dort draußen verabschieden würde, dann hätte er wenigstens bei diesem Date nichts bezahlen müssen. Außer dem Buch natürlich, das er sich wahrscheinlich früher oder später ohnehin gekauft hätte, und für das er jetzt gleich 80$ ausgeben würde. Doch erst musste er sich wieder sammeln. Es war doch immer und immer wieder das gleiche. Die Menschen hatten Angst, und das zu Recht. Aber konnten sie nicht vorher sich ihrer Angst bewusst werden, bevor er sie ein wenig kennenlernen durfte, bevor er das Gefühl hatte, dass die Augen schön waren, dass der andere mehr als ansprechend war. Und vor allem, bevor er erkannt hatte, dass Nathan auch sehr intelligent war, dass man sich gut mit ihm unterhalten konnte, ohne immer nur auf Oberflächlichkeiten herumreiten zu müssen. Seine Betrachtung von dem Bild war sehr interessant gewesen, hatte Ragnar eine andere Perspektive noch aufgezeigt. Und dann? Dann machte er ihm ein indirektes Kompliment, dass er eben jene wunderschöne Augen hatte, und was geschah? Nathan schien es bewusst zu ignorieren und klatschte ihm lieber vor den Latz, dass er ihn sich nicht gerne ansehen würde, wenn er hier auch fotografiert worden wäre. Oder hatte er da etwas falsch verstanden? Wo hatte jener seine Aufmerksamkeit gehabt, wenn nicht auf den Bildern? Auf ihm? War das tatsächlich so gewesen und er hatte es nur nicht bemerkt? Und was hieße das dann jetzt, dass er ihn lieber lebend betrachtete? Aber wieso hatte er ihn dann nicht berührt? Weil er erschrocken war vorher? Weil er damals im Savoy überreagiert hatte? Hätte er mehr flirten sollen? Hätte Ragnar ihm mehr zeigen sollen, dass er kein Problem damit hätte? Er seufzte tief und blickte raus. Ob er überhaupt noch da war, oder nur einen Vorwand gesucht hatte, zu verschwinden? Weg von diesem kranken, todbringenden Menschen? Doch durch das Spiegelbild in der Eingangstür sah er ihn, wie er ein paar Worte mit einem anderen wechselte, der dann weiter lief. Nathan sah verdammt gut aus. Wieso sollte sich so ein Mann, der erfolgreich war, sicher nicht ganz arm war, der gut aussah und voll Leben strotze, sich mit etwas wie ihm einlassen? Es gab keinen Grund. Ragnar bezahlte das Buch und erhielt eine Tüte, damit er es tragen könnte. Wenn er jetzt da raus gehen würde, musste er eine Entscheidung getroffen haben. Entweder er folgte der Idee, jener habe ihm andeuten wollen, dass er ihn beobachtet hatte, und würde das als Zeichen sehen, dass Nathan vielleicht doch an mehr interessiert war, oder er würde sich nun verabschieden. Er wusste nicht, was er tun sollte. Und so trat er raus zog dabei selbst die Zigarettenschachtel aus seiner Hosentasche und stellte sich zu Nathan. Er nahm die Zigarette in den Mund und blickte den anderen an. Kurzentschlossen hob er die Hand, legte sie Nathan auf die Wange, dessen Kin mit seinem Daumen fixierend, und führte nun seine Zigarette an dessen Glut, um seine zu entzünden. Einen Moment blickte er den anderen in die Augen. Doch er konnte sie zu wenig lesen, kannte ihn zu wenig. Was ging wohl in ihm vor? Schließlich löste er sich wieder von dem anderen. "Ich wollte noch ins 'chateau disc', um nach ein paar neuen CDs zu suchen", sagt er und sah Nathan fragend an. Nun würde es sich entscheiden, ob jener wirklich Interesse hatte, oder sich verabschieden würde. Nathan Er warf Ragnar einen Blick zu als jener sich zu ihm gesellte und hielt mehr vor Überraschung als vor Gefälligkeit still als dieser ihm die Hand an die Wange legte, ihn damit ruhig hielt und sich seine Zigarette anzündete. Und mit dieser Geste, vorallem aber mit diesem weiteren Blick in die schönen Augen wurde seine eben gefällte Entscheidung noch einmal gefestigt. Und mit der Wärme, die Ragnars Hand auf seiner Haut hinterlassen hatte. Sie würden das klären. Jetzt. Er schüttelte den Kopf auf die wohl versteckte Frage. "Noch nicht, denn wir zwei Hübschen werden jetzt etwas ein und für allemal klären", fing er an und angelte dann nach Ragnars Hand, um diesen mit sich zu ziehen. Nicht sehr weit, in die nächste, ruhigere Seitengasse. Wo er den anderen auch wieder losließ und ruhig musterte. Jetzt, wo er sich einmal entschieden hatte war es wieder da, jenes Selbstbewusstsein, das ihm durch sein tägliches Leben begleitete. Wäre ja auch noch schöner, wenn es ihn gerade in dieser Situation im Stich lassen würde. "Im Savoy mag ich etwas voreilig gewesen sein, auf ein weiteres Treffen bestanden zu haben", fing er an, sprach dann jedoch schnell weiter als er die Veränderung in Ragnars Blick bemerkte, "aber ich hatte Zeit zum Nachdenken und mich zu informieren. Und Ragnar, das habe ich getan. Sehr gründlich sogar. Und ich bin nicht hierhergekommen, um mich auch mal 'offiziell' mit jemanden zu treffen der AIDS hat." Hier sprach er etwas leiser, auch wenn sie momentan alleine waren, so wollte er nicht so wirken, als würde er damit auf der Straße hausieren gehen. "Ich bin hierhergekommen, um mich davon zu überzeugen, dass ich mich im Savoy nicht getäuscht habe. Ob du mich tatsächlich weiterhin interessieren könntest und ob du dich im Tageslicht nicht doch in etwas Langweiliges verwandelst. Aber das hast du nicht." Hier lächelte er kurz. "Du hast dich in meinen Augen bei deinem Geständnis nicht verwandelt und du hast dich in auch in den letzten Stunden nicht verwandelt. Tatsächlich hält sich mein Interesse nicht nur, es steigert sich. Das Problem daran ist nur, das mich diese Krankheit tatsächlich ein wenig unsicher agieren lässt. Aber nicht aus Angst davor, mich anzustecken, wenn ich dich berühre, sondern vielmehr weil ich jetzt bereits zweimal Reaktionen von dir erhalten habe, die mich eher zurücktreten lassen. Und da ist dieser Gedanke im Hinterkopf, der mich darauf Rücksicht nehmen lässt. Vielleicht zu viel Rücksicht. Und darum werde ich das jetzt ausloten, genau wie du das für dich tun solltest, denn so leid es mir tut und so ungewohnt das für mich ist, aber ich fühle mich nicht in der Lage deine Zeichen zu deuten." Hier schnipste Nathan seine achtlos heruntergebrannte Zigarette weg, trat einen Schritt näher auf Ragnar zu, den Blick des anderen suchend, bevor er seine Hand - ganz ähnlich wie vorher im Buchladen - hob und diesmal tatsächlich an die Wange des anderen legte. "Es tut mir leid wenn ich jetzt eine Grenze überschreite, aber ich werde noch wahnsinnig, wenn ich das jetzt nicht tue", murmelte Nathan leise und überwand dann den letzten Abstand, um Ragnar zu küssen. Ein sanfter, vorsichtiger Kuss, bei dem er momentan noch mehr auf die Reaktion des anderen wartete, der sich erst zu versteifen schien. Nathan schon erwartete von ihm gestoßen zu werden, doch vielleicht war heute der Tag der Wunder, denn anstatt ihn von sich zu stoßen begann Ragnar den Kuss zu erwidern. Was Nathan dazu brachte, gegen die Lippen des anderen zu lächeln und seine freie Hand um die Hüfte des anderen zu legen und ihn näher zu sich zu ziehen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann tat er gerade das, was er schon ab dem Moment hatte tun wollen, als er Ragnar das erste Mal gesehen hatte. Was es nicht weniger reizvoll oder gut machte, denn sein Herz schlug automatisch ein bisschen schneller und das warme Gefühl, das seine Unsicherheit und wohl auch Aufregung ablöste, war absolut nicht unwillkommen. Und obwohl das alles durchaus nach mehr schrie - gerade weil Ragnar auch ausgesprochen gut roch und schmeckte - löste er den Kuss schließlich und suchte den Blick des anderen. "Damit hätten wir das Kapitel mit der Unsicherheit auch hinter uns." Das Lächeln schlich sich ganz unbemerkt aber nicht unwillkommen auf seine Lippen. "CDs waren als nächstes auf der Tagesordnung, wenn ich mich nicht täusche?", so wirklich hatte er Ragnar nicht zugehört, als dieser gemeint hatte noch woanders hin zu wollen. Ragnar Einen Moment sträubte sich in Ragnar etwas, sich einfach so mitziehen zu lassen. Was wollte Nathan mit ihm klären? Weshalb er ihn jetzt stehen lassen würde? Dass er zu viel Angst hatte vor dem Virus? Nun, er würde es gleich sehen. Das war ja mal etwas Neues, dass er für eine Abfuhr in eine Seitengasse gezogen wurde. In ihm machte sich bereits der Igel breit, der er pflegte zu werden, um nicht wieder innerlich getroffen zu werden. Es war sehr hilfreich gewesen, umschalten zu können, damit diese ganzen beschissenen Erfahrungen einfach an ihm abprallten und ihn nicht wieder in jene Depressionen stürzten, die er hoffte, hinter sich zu haben. Und deswegen wurden seine Augen nur kalt, als er hörte, dass Nathan wohl voreilig gewesen war. Nun, da haben sie es ja schon. Was gab es also noch zu klären? Kurz war er versucht, dem anderen ins Wort zu fallen, aber jener sprach plötzlich anders weiter als das übliche: ‚Es tut mir furchtbar leid, du bist ja so ein netter Kerl. Du siehst so gut aus, schade eigentlich, dass du bald stirbst.‘ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, kritisch musterte er Nathan, als er davon sprach, dass er sich informiert hatte, dass er sich mit der Krankheit auseinandergesetzt hatte. Er war also nur danach getestet worden, ob er langweilig war, ob er sich doch in ein graues Mäuschen verwandeln würde, im normalen Alltag? Ragnar wusste noch nicht so recht, was er davon halten sollte. Wahrscheinlich, weil der Igel in ihm zu präsent war. Doch langsam sickerte durch, dass Nathan ihm gerade mitteilte, dass ihm die Krankheit scheißegal war, dass es ihm nur wichtig war, nicht jemanden zu treffen, den er nach einer halben Stunde wieder vergessen haben würde. Und er erklärte ihm, dass er unsicher war. Nun wer war das bei dieser Krankheit nicht? Aber die Ursache dafür war bei Nathan offensichtlich eine andere. Er war unsicher, weil er, Ragnar, keine eindeutigen Zeichen aussandte? Er war müde, was das betraf. Und er war schon zu oft enttäuscht, tief verletzt worden. Sein eher kühler Blick wurde ruhiger, ein wenig wärmer. Ja, er hatte keine eindeutigen Zeichen geschickt, nur kleine Komplimente, die aber wahrscheinlich so alltäglich waren, dass sie nicht erkannt werden konnten. Während dieses Gedankens spürte er plötzlich eine Hand an seinem Gesicht. Ragnar blickte auf, sah in diese unglaublichen Augen, hörte diese leise, leicht raue Stimme, die ihn erschauern ließ. Und noch bevor Ragnar etwas tun konnte, spürte er die Lippen des anderen auf den seinen. Kurz verspannte er sich. Kurz meldete sich noch einmal diese Stimme, die ihn warnen wollte, doch dann entspannte er sich. Dieser Kuss war so vorsichtig, so zärtlich, dass er gar nicht anders konnte, als ihn zu erwidern. Und daher schloss er die Augen, und schmeckte in den Kuss hinein, der ein wenig nach Zigarette und nach Unsicherheit schmeckte. Und kaum erwiderte er den Kuss, spürte er die Erleichterung des anderen. Eine ehrliche Erleichterung, die Ragnar wissen ließ, dass jener die Wahrheit gesprochen hatte. Und so wurde er zu jenem gezogen, in dieses Lächeln hineingezogen. Gerne, dachte sich Ragnar, mehr. Es war so verdammt lange her, dass er einen ehrlichen Kuss bekommen hatte. Als Nathan den Kuss sanft löste öffnete er seine Augen wieder und blickte Nathan an. „Das freut mich“, murmelte er hinsichtlich dessen, dass Nathan nun hoffte, seine Unsicherheit überwunden zu haben. Und er erwiderte das Lächeln des anderen, nicht zurückweichend. „Ja, CDs sind der nächste Einkaufsposten…“, antwortete er auf die Frage des anderen, doch seine Gedanken waren gerade woanders. Seine Augen hingen an den Lippen des anderen. Und kurz darauf zog er Nathan noch einmal zu sich, um ihn noch einmal zu küssen. Nur kurz, dafür intensiver. „Entschuldige, aber ich wollte nur noch einmal testen, ob ich mir das jetzt nicht eingebildet habe, und ob das kein böses Erwachen gibt“, schmunzelte Ragnar nun und sah Nathan an. „Aber der Märchenprinz scheint sich auch nach dem zweiten Kuss nicht mehr in einen Hasen zu verwandeln, wie all die anderen Frösche, die mir über den Weg gelaufen sind.“ Kurz zögerte er. „Entschuldige, wenn ich dir keine klaren Zeichen geben kann, aber ich habe schon zu viel Scheiße erlebt.“ Das sollte reichen, erst mal. Nathan würde irgendwann einmal nachfragen, vielleicht. Aber im Moment sollte das als Erklärung reichen. Kapitel 84: Try and error ------------------------- Ragnar Ragnar trat zurück und überlegte kurz, ob er die Hand des anderen ergreifen sollte, ließ es dann aber. Stattdessen lief er einfach los, wissend, dass Nathan ihm folgen würde. Das ‚Chateau disc‘ war ein exklusiver CD- und DVD-Laden, den Ragnar liebte. Zielstrebig ging er durch die Reihen auf die Jazz-Abteilung zu. Seine Vorliebe für Jazz hatte er Cole zu verdanken. Sie waren früher oft gemeinsam in Jazz-Studios gewesen und hatten gemeinsam ihre Liebe zu dieser Musik entdeckt. „Was hörst du gerne?“, fragte er Nathan. „Ich glaube nicht, dass du den ganzen Tag die Beats hörst, die man im Savoy bekommt.“ Nathan Sah so aus als hätte er sich mit den CDs nicht getäuscht, doch noch bevor er sich von Ragnar lösen konnte, zog ihn dieser in einen weiteren Kuss. Einen, den Nathan sofort erwiderte und sich einbildete, ihn noch besser zu finden als den ersten. Mit Ragnar war es schon verrückt. Wohingegen der Spannungsbogen bei so gut wie allen anderen steil nach unten ging wenn man sich mal näher mit ihnen beschäftigte, war es bei diesem Mann genau umgedreht. Sehr seltsam, aber sehr erwünscht. Er öffnete sein aus Reflex geschlossenen Augen wieder und musste dann lächeln. Nein, ein Hase war er normalerweise wirklich nicht. Blieb nur die Frage, ob er auf Dauer ein Märchenprinz sein konnte. Nathan war auch nur ein Mensch mit positiven und negativen Seiten, auch wenn er es sehr gut verstand, die positiven besser heraus zu holen. Bevor Ragnar ganz von ihm zurücktreten konnte, festigte er den Halt um dessen Hüfte und beugte sich bis zu dessen Ohr: "Wenn du sie nicht geben kannst, wird es ein try und error von meiner Seite aus. Wobei ich mehr auf 'try' und weniger auf 'error' hoffe", murmelte er, hauchte Ragnar noch einen kleinen Kuss auf die Lippen bevor er sich ganz zurückzog und den anderen losließ. Im 'Chateau disc' folgte er dem anderen in die Jazz-Abteilung und sah sich etwas skeptisch um. Er konnte mit diesem Wirrwarr an scheinbar zufällig zusammengeworfenen Instrumenten nicht wirklich etwas anfangen. "Ich höre privat nicht besonders viel Musik", gab er schließlich zu, sich wahllos eine der CDs herausziehend und das Cover betrachtend. "Ehrlich gesagt ziehe ich gerade Zuhause die Stille meiner Wohnung vielem Gedudel vor. Und wenn es mich doch zu Musik lockt, dann setze ich mich lieber selbst an den Flügel." Er stellte die CD zurück und wanderte das Regal weiter bis er bei den Jazz DVDs ankam. Hier hatte man immerhin ein wenig mehr zu sehen, aber von den Bildern alleine ließ sich gute Musik schlecht abschätzen. Zudem er davon ja sowieso keine Ahnung hatte und das auch ehrlich zugab. "Tatsächlich gehöre ich mehr zu den TV liebenden Menschen, auch wenn man das normale Programm getrost in den Eimer treten kann. Aber es gibt nichts besseres als einen guten Film." Er sah auf, überhaupt erstmal prüfend, ob Ragnar noch in Hörweite war, aber sah so aus als hätte er Glück. Nathan stellte die DVD zurück und trat hinter den anderen, um ihm über die Schulter zu sehen, was der sich gerade herausgesucht hatte. "Was genau ist an Jazz eigentlich so toll?", es war mehr eine Frage an sich selbst, doch dann rückte sein Augenmerk ein weiteres Mal auf den schönen Nacken des anderen. Und diesmal hob er die Hand um mit den Fingerspitzen über die weiche Haut gleiten zu lassen. Ein amüsiertes Funkeln in den Augen als er dabei zusehen konnte wie sich die kleinen Härchen aufstellten. "Es wäre viel zu schade das auf ein Foto zu bannen", murmelte er und trat dann ein Stück von Ragnar zurück, sich an die Auslage der anderen Seite lehnend. Sollte der Mann sich nach Musik umsehen, er würde dann mal solange die Aussicht genießen. Dass ihm hin und wieder mal von anderen Männern Blicke zugeworfen wurden, bemerkte er nicht, dafür war seine Aufmerksamkeit viel zu sehr auf den schönen Mann vor sich gelenkt. An und für sich genommen fiel Ragnar vielleicht nicht sofort das große Scheinwerferlicht zu, wenn jener die Straße entlanggehen würde. Aber bei einem zweiten Hinsehen war dieser Mann unglaublich schön, wenn auch eine andere Art von Schönheit als sie einen aus diversen Heftchen heraus anlachen würde. Eine ruhigere, dafür aber tiefergehende. Ob das an dem Wissen dieser Krankheit lag? Wären Männer Glühbirnen, dann wäre Ragnar keine von diesen alles überstrahlenden Neonröhren, sondern eine der weicher leuchtenden Lampen. Eines der Lichter, die einem keine Kopfschmerzen bereiteten oder erblinden ließen. Und könnte ihm jetzt bitte einer eine Ohrfeige geben? Das waren wohl mitunter die seltsamsten Gedanken die er jemals zu einem anderen Mann gehabt hatte... Ragnar Try and error? Das klang gut. Ragnar hatte normalerweise kein Problem damit, Grenzen deutlich zu zeigen. Dafür hatte er ein Problem damit, offene Türen zu markieren. Und so wäre das ein guter Kompromiss, damit sie beide wussten, was sie erwartete. „Ja, manchmal möchte ich zu Hause auch nur noch meine Ruhe haben“, überlegte Ragnar und blickte kurz zu Nathan, der gerade an einem Regal stand und eine CD betrachtete. Wirklich ein schöner Mann. Ragnar sah, wie sich andere Männer nach jenem umdrehten. Und dieser wollte sich wirklich auf ihn einlassen? Unbegreiflich, aber gut. Sein Blick glitt wieder zu dem CD-Regal, in dem er etwas suchen wollte. Während der andere weitersprach ging er die Interpreten durch und zog hie und da eine CD raus, um das Cover anzusehen. Kurz blickte er zu Nathan, ob er noch da war und sah, dass dieser zu ihm getreten war, um ihm über die Schulter zu blicken. Er spürte, dass ihm bereits durch die Nähe des anderen ein Schauer über den Rücken hinunterrieselte. Ihm war gar nicht so bewusst gewesen, wie unglaublich nötig er offensichtlich Nähe hatte, wie dringend er anscheinend Sex und Zärtlichkeit brauchte. „Gegen einen guten Film habe ich auch nichts, wobei ich dann lieber ins Kino gehe. Ich liebe alte Kinos, nicht diese neuen Fabriken, sondern, die alten, die leider nach und nach aussterben. Vor dem Fernseher sitze ich eher selten, weil ich abends eben meistens nicht zu Hause bin. Und was so schön an Jazz ist, ist schwer zu sagen. Für die meisten ist es einfach nur Krach, und diesen extrem schnellen oder auch den New Orleans Jazz mag ich nicht. Aber ich mag den ruhigen und schwungvollen Jazz, der sich hin und wieder die Freiheit nimmt, aufzudrehen und Chaos zu verbreiten, bevor er einen wieder einfängt und zur Ruhe kommen lässt. Ich mag den Schwung, und das Tempo, den auch melodischer Jazz mit sich bringt. Und oft ist er auch einfach super gut zum träumen. Und ich mag die Instrumente, die dazu gebraucht werden. Klavier, Saxophon, Percussions.“ Ragnar unterbrach kurz und blickte den anderen kurz an. „Du stellst ganz schön schwierige Fragen...“, knurrte er dann, aber an seinem Ton war zu merken, dass es ihn nicht sehr störte. Schließlich lächelte er, kurz in den Augen des anderen hängenbleibend. „Ich war schon mit 13 oder 14 Jahren die ersten Male in den Jazzstudios mit meinem besten Freund unterwegs. Man kann dazu gut tanzen, und mal so richtig die Seele baumeln lassen. Außerdem ist es eine der wenigen Orte, in denen es den Heteros egal ist, wenn zwei Typen sich anflirten und sich küssen. Und auch in Europa war ich viel in dieser Szene unterwegs. Ich mag es einfach. Und es ist schwer zu begründen warum.“ Er lächelte den anderen entschuldigend an und blickte dann auf die CD, die er in den Händen hielt. ‚Ella Fitzgerald live in Hamburg‘ - eine der wenigen CDs, die er von der Dame nicht besaß, und die er sich heute kaufen würde. Als er die Hand des anderen mit einem Mal an seinem Nacken spürte, durchfuhr ihn ein unglaublicher Schauer. Die gemurmelten Worte des anderen, ließen ihn die Augen schließen. Also hatte er es doch vorhin falsch verstanden. Also war es wirklich ein Kompliment gewesen. Er hätte es so verstehen sollen, dass er ihn lieber in Echt und in Farbe hatte, als verewigt auf einem Bild. Als Nathan wieder zurücktrat, spürte Ragnar noch immer die Wärme, die jener zurückgelassen hatte. Er war wirklich ausgehungert. So traurig diese Tatsache auch war, aber er spürte, wie sich alles in ihm nach Sex sehnte. Ob er nur deshalb hier mit Nathan war? War er bei ihm nur an Sex interessiert? Nein, eigentlich nicht, oder? Ragnar würde im Moment keine Antwort darauf geben können. Er wusste, dass Nathan ein interessanter Mann war, aber mehr wusste er nicht. Er würde es auf sich zukommen lassen müssen, was geschehen würde. Ragnar zog noch eine CD aus dem Regal. Zwei bekannte Jazz-Musiker, die gemeinsam ein Album aufgenommen haben. ‚Creole Love Call‘ hieß die CD und war von Nils Landgren und Joe Sample. Zufrieden mit seinen Entdeckungen drehte er sich zu Nathan und blickte ihn an. „Ich habe, was ich brauche“, erklärte er und sah zu den DVDs. Soll ich dir etwas empfehlen?“, fragte er und blieb kurz mit seinen Augen an den Lippen des anderen hängen. Er zwang sich den anderen wieder anzusehen. Ihn jetzt hier einfach zu küssen, nur weil er das Verlangen danach hatte, war erstmal nicht drin. „Du spielst Klavier?“, fragte er schließlich, um das Thema zu wechseln, und wandte sich ab, um Richtung Kasse zu gehen. Nathan „Ich kenne ein ziemlich gutes Autokino, aber das ist wohl nicht das was du meinst", schmunzelte er. "Aber ich gebe dir Recht, der ganze Charme eines Kinobesuches geht langsam flöten." Er nahm sich vor, später mal danach zu fragen, was Ragnar eigentlich arbeitete, aber jener sprach so schnell weiter, dass er das erst einmal hinten anstellte. Doch schließlich lächelte er. "Es wäre ja auch langweilig nur die einfachen Fragen zu stellen. Oder möchtest du mir Fragen nach dem Wetter, der Politik oder gar der Nachrichten gelangweilt werden? Das wäre grundsätzlich kein Problem...", er lachte kurz und schüttelte den Kopf. "Es ist interessant wie ein und dieselbe Musikrichtung so unterschiedlich bei den Menschen ankommen kann. Für mich ist es tatsächlich nur Krach, wobei es die Musik natürlich interessant macht, da es wohl eine Musikszene zu sein scheint, in der die sexuelle Ausrichtung der Menschen egal ist. So sollte es mit der Musik in jedem Bereich sein. Was interessiert es mich, was die Leute neben mir in ihren eigenen vier Wänden machen, wenn man sich nur Musik anhören möchte?", er stockte kurz. "Auf mehr kann ich leider auch schon nicht mehr eingehen, auch wenn ich deine Begeisterung dafür schön finde." Zusätzlich war Nathan mehr als zufrieden mit der Reaktion oder diesmal ja vielmehr ausbleibende Reaktion auf seine Berührung. Ein Fortschritt, wenn man es so sehen wollte. Doch dann verneinte er. "Danke, aber ich passe", erklärte Nathan und folgte Ragnar zur Kasse. "Ja, ich spiele Klavier. Hin und wieder zumindest, für irgendwas müssen die ganzen Stunden ja gut gewesen sein, durch die ich mich als Kind und Teenager quälen durfte." Er grinste, schwieg dann jedoch bis Ragnar gezahlt hatte und sie wieder vor dem Geschäft standen. Er wandte sich dem anderen zu und zog ihn schließlich ungefragt ein Stück näher, dessen Reaktion genau beobachtend. "Wie sieht‘s aus? Lässt du dich davon überzeugen, mit zu mir zu kommen? Ich kann keine Kunstwerke versprechen, aber ich bin sicher wir finden etwas, um uns zu amüsieren." Fragend sah er Ragnar an und lächelte schließlich als dieser zustimmte. Zwar schien er ein wenig hin und her gerissen zu sein, aber das könnte diesmal an der nicht deutlich genug dargelegten Intention Nathans liegen. Sie nahmen sich ein Taxi, in dem Nathan eine Adresse an der Upper West Side angab und Ragnar während der Fahrt noch ein wenig zu dessen Meinung zu ein paar der gezeigten Fotos befragte. Das Thema interessierte ihn deutlich mehr als Jazz. Als sie ankamen bezahlte er den Fahrer und wank Ragnar mit sich über die Straße auf eines der für die Gegend eher niedrigen Häuser zu. Die Haustür war schnell aufgesperrt und der Aufzug praktischerweise schon da. "Als ich eingezogen bin, beschloss das dumme Ding zu streiken. Ich glaube die Möbelpacker verfluchen mich heute noch. Und irgendwie muss ich immer daran denken wenn ich damit hoch zu mir fahre", erzählte er und wartete gerade noch bis sich die Aufzugstür hinter ihnen geschlossen und er das achte und damit letzte Stockwerk gedrückt hatte, bevor er Ragnar zu sich zog. Nur kurz blickte er in diese schönen Augen, bevor er sie beide drehte, so dass der andere mit dem Rücken zur Aufzugswand stand, bevor er eine Hand im Haar des anderen vergrub und dessen Mund eroberte. Es war kein vorsichtiger Kuss mehr, sondern einer der davon kündete, was für eine Art des Amüsements Nathan vorschwebte. Er drängte sein Bein zwischen Ragnars und gab einen zufriedenen Laut von sich, weil der andere nicht nur den Kuss erwiderte, sondern ihm zu verstehen gab, dass ihre Vorstellung der sehr nahe liegenden Zukunft ungefähr gleich aussehen dürfte. Nathan löste den Kuss erst als die dummen Aufzugstüren mit einem Pling aufgingen und drängte sich dessen ungeachtet nochmal näher an Ragnar, ihre Hüften zusammenstoßen lassend und sich einen weiteren Kuss abholend, bevor er unzufrieden seufzte und den Aufzug verließ. "Komm", murmelte er und hielt auf eine der drei Türen hier auf der Etage zu. Gut dass er den Code für die Alarmanlage in und auswendig kannte, denn das einzige, was er gerade wollte, war Ragnar wieder an sich zu ziehen und zu erforschen. Zu schmecken, zu verwöhnen und mit ihm zu schlafen. Für recht viel anderes war da kein Platz mehr, jetzt wo er sich endlich erlaubte, diesen Gelüsten nachzugehen. Im Grunde war der ganze Nachmittag für ihn bis jetzt ein großes Vorspiel gewesen. Nathan öffnete die Tür, zog Ragnar sofort wieder zu sich und warf sie dann wieder ins Schloss. Er hatte keine Augen für den weitläufigen Gang, der immer mal zu anderen Zimmern abzweigte. Sein einziger Gedankengang galt der Wendeltreppe, die im Wohnzimmer nach oben zu seinem Schlafzimmer führte. Trotzdem riss er sich nochmal am Riemen und suchte Ragnars Blick, wohl in der Gewissheit das eine ganze Menge unbefriedigter Lust in seinen zu sehen sein würde. Wenn ihn nicht alles täuschte also ein ähnlicher wie der dem dieser unglaublich anziehende und momentan auch sehr erregende Mann zuwarf. "Jetzt ist so ziemlich die letzte Möglichkeit, stopp zu sagen."Seine Stimme klang rau, dunkler als sonst, und obwohl er den anderen nicht überfahren wollte, konnte er seine Finger nicht von ihm lassen. Zupfte noch während er sprach am Oberteil des anderen herum. Hautkontakt. Mehr! Ragnar "Ich möchte, dass du mir irgendwann einmal etwas vorspielst", sagte Ragnar und blickte Nathan mit einer ungewohnten Ernsthaftigkeit an. Er liebte das Klavierspiel. Und leider war in seiner Jugend kein Platz dafür gewesen, es zu lernen. Dafür könnte er stundenlang Pianisten zuhören. Und dass Nathan selbst das Klavierspiel beherrschte, ließ ihn in Ragnars Gunst noch höher steigen. Ragnar zahlte seine zwei CDs und steckte sie zu dem Bildband in die Tüte. Vielleicht würde er später sich auf seine Schlafcouch legen können und die Musik genießen, während er das Buch ansah. Hm, das würde er bald tun. Hoffentlich würde Cole ihn heute Abend früher gehen lassen. In Gedanken ging er mit Nathan aus dem Laden. Wie konnte er ihre gemeinsame Zeit eigentlich noch ein wenig ausdehnen? Sie waren so ein wenig in ein unbestimmtes Nichts hinein gerutscht und so richtig ein Ziel war nicht wirklich auszumachen. Nur der Wunsch, den anderen näher kennenzulernen, und der Wunsch, mit ihm im Bett zu landen. Aber wie ließe sich zumindest ersteres weiter verfolgen? Doch noch während er nachdachte, zog Nathan ihn zu sich und Ragnar sah sich schon wieder in der Situation, dass er auf diese schönen Lippen schauen musste, bevor er in dieses Strahlen sah. Ob diese Augen jemals sich verdunkelten? Ragnar stellte fest, dass er das nie würde sehen wollen, denn das würde wohl mit dem Untergang der Welt einhergehen. Erst jetzt begriff er, was Nathan da gerade zu ihm sagte. Kurz verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. Er wollte ihn zu sich nehmen. Nun, worauf das hinauslaufen würde, war klar. - Oder? Zumindest deutete die Ankündigung, sie würden sich amüsieren, darauf hin. Sicher würden sie nicht zu ihm fahren, um ein Kaffeekränzchen zu veranstalten. Aber sollte er wirklich schon mit? Wäre das nicht ein wenig schnell? Allerdings. Wofür zu schnell? "Ich glaube, du musst mich gar nicht lange überzeugen. Ich komme gerne mit", erklärte Ragnar und lächelte den anderen an, sich kurz gegen ihn lehnend, bevor er sich wieder ein wenig löste, damit Nathan ein Taxi rufen konnte. Die Fahrt führte in ein Viertel, das er eher selten betrat. Hier wohnten größtenteils die wirklich gut betuchten. Aber das hatte sich Ragnar ja schon gedacht. Als Inhaber eines Clubs wie dem Savoy verdiente man sicher allein schon gut. Und dann schien Nathan aber noch durch das Event-Management gutes Geld zu verdienen. Aber ihm war das egal. Ragnar hatte schon immer für sich selbst gesorgt, und er selbst verdiente ja auch nicht schlecht. Nur, dass er das Geld größtenteils für seine vielen Tabletten brauchte. Bereitwillig stand er Nathan Rede und Antwort, als dieser noch einmal auf die Fotos zurück kam. Doch Ragnar war letztlich schon in der Wohnung, die er sich irgendwie genauso hell wie die Augen des anderen vorstellte. Er würde sich zurückhalten, wenn Nathan sich zurückhielt. Doch wenn dieser ihm Andeutungen machen würde, würde er sich nicht zurückhalten können. Das war ihm klar. Try and error - das war das Motto des Tages, vielleicht auch ihrer Bekanntschaft. Ragnar war positiv überrascht von dem Haus, vor dem sie hielten. Eine schöne Wohngegend. Ragnar war sich sicher, dass Nathan oben wohnte. Ähnlich wie Cole vielleicht? Auch dessen Wohnung war atemberaubend. Dagegen war seine Wohnung ein Dreckloch. Ragnar lachte leise. "Das kann ich mir vorstellen. ich würde auch ungerne in so einem Haus die Treppen nehmen wollen. Besonders wenn man ganz oben wohnt." Er war mit Nathan in den Fahrstuhl gegangen und er grinste, als Nathan tatsächlich das 8. Stockwerk drückte. "Die Armen. Sie tun mir jetzt noch leid." Als die Tür sich schloss, spürte er mit einem Mal eine seltsame Nervosität. Und so stand er etwas unschlüssig da. Doch noch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, ob es nicht doch besser gewesen wäre, abzulehnen, wurde er auch schon gepackt. Dieser Blick ließ sein Herz einen Moment aussetzen vor Freude. Er spürte, dass er Wachs in den Händen des anderen war. Und schon wurde er gegen die Fahrstuhlwand gedrückt und leidenschaftlich geküsst. Und Ragnar wehrte sich keine Sekunde. Dafür war diese Art des Küssens, die nur auf eine Sache hinauslaufen würde, viel zu ersehnt. In ihm bebte es, ein Kribbeln jagte durch seinen Körper. Etwas schrie in ihm auf. Und dieses Etwas wollte endlich wieder befriedigt werden. Und so erwiderte er den Kuss mehr als leidenschaftlich, ließ seine Finger erkundend über den wohlgeformten Körper des anderen gleiten. Seine Lenden drückten sich denen des anderen entgegen und er keuchte wohlig in den Kuss. Irgendwie bekam er nicht einmal mehr mit, wie die Tür aufging, folgte Nathan benommen, sich betrunken fühlend. Taumelnd folgte er Nathan in dessen Wohnung. Viel Zeit hatte er nicht, sich die Wohnung anzusehen. Dafür waren seine Gedanken viel zu sehr bei dem Körper, den er gleich würde spüren dürfen. Viel zu sehr klebten seine Augen an dem Gesicht des anderen. Das einzige, was er merkte war, dass die Wohnung hell war. So hell wie die Augen des anderen. Er lächelte bei dem Gedanken, ließ sich zu gerne mitziehen, bis Nathan schließlich vor der Wendeltreppe stehen blieb. Ragnar erwiderte den Blick des anderen, spürte, wie die Stimme in ihm kribbelte. Ragnar lächelte. "Nein", entgegnete er und drehte sie so, dass er die Treppe zuerst hinaufgehen würde können. "Meine letzte Möglichkeit, stopp zu sagen, war nach der Ausstellung. Aber du hast noch immer die Möglichkeit, zurückzuziehen." Während er sprach, stieg er rückwärts die ersten Stufen hinauf, Nathan dabei weiterhin ansehend. Nun zog er sich sein Hemd über den Kopf und warf es Nathan zu. "Aber ich denke, du weißt, was du tust..." Seine Finger öffneten den obersten Knopf seiner Hose. "Also?", fügte er an und fuhr sich wie unbeabsichtigt mit der einen Hand über seinen trainierten Bauch. Er lächelte vielsagend und drehte sich um, die Treppen hinaufzusteigen. Auf seinem Rücken war nun die Tätowierung am Schulterblatt zu sehen, ein Tribal. Das Schlafzimmer wirkte unglaublich gemütlich. Ragnar blickte sich kurz um, als Nathan auch schon hinter ihm war, er sich in dessen Armen umdrehte und den Kuss wieder aufnahm, ihn gierig fortführte. Nathan Mit Ragnars Worten war für Nathan die Sache klar und als dieser sich das Hemd über den Kopf zog und ihm zuwarf, hätte er fast aufgeknurrt. Dieser Mann sah fantastisch aus. Zumindest was er bisher von jenem sehen durfte. Sein hungriger Blick glitt über den schön trainierten Oberkörper und er hörte nur noch am Rande zu. Zurückziehen? No way! Ganz besonders nicht nachdem dieser Kerl ihm sozusagen die Karotte vor den Wagen spannte und ihn noch weiter neckte. Unbeachtet ließ er das Hemd des anderen fallen, seine Aufmerksamkeit kurz auf die Tätowierung und den ansehnlichen Rücken des anderen haftend bevor er leise lachte und die Treppe nach oben nahm. Wo er mit wenigen Schritten bei Ragnar angekommen war, der sich gerade rechtzeitig herumdrehte, um wieder in einen gierigen Kuss versinken zu können. Den schönen Oberkörper streichelnd und erforschend, vertiefte er den Kuss und löste sich dann weit genug um seine Hände zwischen sie gleiten zu lassen und die Hose des anderen weiter zu öffnen. Schließlich zufrieden, ließ er seine Hände in die Hose gleiten, bis sie auf den wohlgeformten Hintern zu liegen kamen, diesen massierend, den anderen dadurch näher an sich pressend. Unfassbar wie ihn dieser Mann gerade anmachte... Hungrig suchte er Ragnars Lippen für einen weiteren Kuss, bevor er von den Lippen abließ, sich über den Hals küssend, immer mal wieder nur leicht Luft über die weiche Haut pustend, oder mit der Zungenspitze drüber gleitend. Langsam dirigierte er den anderen weiter zurück, bis sie auf sein Bett stießen und er sich löste, um sich sein eigenes Shirt über den Kopf zu ziehen. Den Rest ihrer Kleidung waren sie ebenfalls bald los und schließlich, endlich, konnte Nathan seinen bewundernden Blick über den Ragnars Körper schweifen lassen. "Ich sagte doch, dass es schade wäre dich auf ein Foto zu verbannen", murmelte er, bevor sie sich abermals in einem Kuss fanden und schließlich auf dem Bett landeten. Wo Nathan sich bei der all der Dringlichkeit die sich inzwischen recht deutlich zeigte, sich jede Zeit nahm, den Körper des anderen für sich zu erkunden. Einzig vom Glied des anderen Mannes blieb er mit seinem Mund fern, was er zwar schade fand, aber sich nicht mehr gänzlich sicher war. Und bevor er jetzt fragen und die Stimmung möglicherweise ruinieren würde, beschränkte er sich darauf, Ragnar dort mit der Hand weiter in dessen Lust zu treiben. Und als er es dann doch kaum noch selbst aushielt und sich ein wenig zur Seite beugte, um zum einen das Kondom und zur anderen die Gleitcreme aus dem Nachtschränkchen zu holen, waren die Laute des anderen Musik in seinen Ohren. Zudem es ihm selbst immer schwerer fiel, derjenige zu bleiben, der weiterhin klar denken würde. Viel zu sehr machte ihn der Mann an, viel zu sehr erregten ihn die Laute und viel zu gierig machte ihn das von ihm selbst doch eher ungewöhnlich lang gezogene Vorspiel. Nach einem letzten hungrigen Kuss, ließ sich Ragnar ohne größere Gesten auf den Bauch gleiten und Nathan schluckte trocken. Was für ein Bild. "Du bist unglaublich...", raunte er, sich über den anderen beugend, dessen Wirbelsäule hinabküssend und lächelnd, während er sich einiges von dem Gel auf die Finger tat und es eine Weile erwärmte bevor er einen Finger an den After des anderen hob und ihn langsam durch den Muskelring führte. Wenn ihn nicht alles täuschte hatte Ragnar erwähnt, dass es eine Weile her wäre und selbst wenn nicht, schaden könnte es nicht. Gerade um Verletzungen zu verhindern. Zudem ihn alleine dieses Gefühl schon aufkeuchen ließ, in freudiger Erwartung. Er nahm schließlich einen zweiten Finger dafür, immer mal wieder scherenartige Bewegungen ausführend, während er gleichzeitig mit der freien Hand über den schönen Körper streichelte. Ihn alleine durch seine Berührungen bewunderte. Doch irgendwann war auch seine Engelsgeduld erschöpft und der Griff nach dem Kondom war eher ruckartig. Trotzdem ließ er diesmal eine größere Sorgfalt walten beim überrollen, doch als er dann eine Hand unter die Hüfte des anderen gleiten ließ, um diese anzuheben waren auch diese Gedanken wieder weit weg. Sein eigener Atem ging inzwischen schnell, immer auf Ragnars Laute und Reaktionen schauend, konnte er sich das leise Keuchen nicht verkneifen, als er sein Glied positionierte und schließlich entkam ihm ein tiefes, kehliges Stöhnen, als er sich in den anderen presste. Die Augen schließend, ganz in der Enge und Hitze des anderen aufgehend, keuchte er abermals und musste sich stark zusammenreißen, um dann kurz ruhig zu halten. Lange genug bis sich seine Hand, die sich nicht abstützte, nach vorne schlängelte um das Glied des anderen zu umfassen und damit zu beginnen, es zu pumpen, bevor er einen ähnlichen Rhytmus aufbaute und begann in den anderen zu stoßen. Zuerst langsam, bis er schneller wurde, besonders als er jenen Punkt traf, der den Körper unter sich zu erbeben brachte. Diesen wunderschönen Körper, dessen Inhaber gerade lustgetränkte Laute von sich gab. Ragnar Es tat gut. Es tat so verdammt gut, so verdammt richtig gut. Das Gefühl, begehrenswert zu sein, das Gefühl, anziehend zu sein, erregend zu sein, das Gefühl erotisch zu sein - ein Gefühl, dass Ragnar schon zu lange nicht mehr hatte, nicht mehr auf diese Weise hatte. Und Ragnar genoss es, ließ sich nur zu gerne verwöhnen, immer darauf bedacht, nicht völlig zu vergehen, und auch Nathan nicht zu kurz kommen zu lassen, auch wenn er sich manchmal dabei ertappte, wie er in seiner Bewegung innehielt, wenn Nathan ihn an Stellen an seinem Körper küsste, die besonders empfindlich waren. Stellen wie zum Beispiel der Hüftknochen, oder auch die Halsbeuge. Und immer wenn er eine solche Stelle gefunden hatte, tat Ragnar ihm das kund, indem er ungewollt keuchte, leise stöhnte, wenn er die Hand des anderen an seinem Glied spürte. Es war das Vorspiel, nie der Akt selbst, bei dem er seinen Verstand verlieren durfte. Doch bald darauf fuhr er dennoch fort, den anderen zu liebkosen, dessen Körper mit seinen Fingern zu erkunden, versuchend, ihn überall zu berühren. Dieser Mann war einfach eine Augenweide. Dass er überhaupt herumlief, ohne festen Partner, war ein Wunder. Außer natürlich er war jemand wie Cole. Aber dieser hätte sich sicher keine Mühe gemacht, sich zu informieren, um mit einem HIV-Infizierten in die Kiste zu steigen. Die Haut des anderen schmeckte ein wenig nach Sehnsucht und nach Zärtlichkeit, sein Geruch war lieblicher Erfolg. Ragnar hatte immer solcherlei Assoziationen, und von einigen seiner Sexpartner in Europa kannte er nur noch die Umschreibung, die er durch den Geruch und den Geschmack des anderen behalten hatte. Es war ein schönes Vorspiel, eines, das seiner Seele mehr als gut tat, doch er wollte mehr. Und so richtete er sich auf und war froh, als Nathan zum Nachtkästchen griff. Gierig küsste er den anderen, fuhr ihm mit seiner Hand noch einmal durch das Feder-Haar, bevor er sich drehte, und Nathan zu verstehen gab, dass er ihn spüren wollte. Die Worte des anderen ließen ihn erschaudern und er keuchte stöhnend auf, als jener ihn zwischen den Schulterblättern küsste. Dieser Ort war bei ihm so empfindlich, dass er normalerweise allein durch eine Berührung dort schon einen Ständer bekam. Dort jetzt geküsst zu werden, raubte ihm schier den Verstand. Und dass jener sich die Zeit nahm, ihn zu weiten, ließ ihn zum einen Wissen, dass er sich wirklich in jeder Hinsicht informiert hatte, und dass er wirklich ein so feinfühliger Mensch war, wie er geschmeckt hatte. Und so bewegte er sich gegen die Hand es anderen, keuchte immer wieder. Das gewohnte Geräusch des Kondoms beruhigte ihn. Er selbst ließ seine Hand auch zu jenem Nachtkästchen gleiten, um noch ein weiteres Kondom herauzunehmen, das er öffnete. Er wollte später nicht, dass Nathan seine Bettwäsche wechseln musste, wenn es sich vermeiden ließ. Und nun war er in seinen Gedanken schon bei Nathans Glied, das er spüren wollte, und das schließlich auch gegen sein After drückte und begann ihn auszufüllen. Allein das Stöhnen des anderen, ließ Ragnar ebenfalls aufstöhnen und er spürte dieses süße Zittern seines Unterleibs, als Nathan nun ganz in ihm versunken war. Der Schmerz, der wohl immer ein steter Begleiter dieses Liebesspiels war, störte ihn absolut nicht. Er gehörte dazu und war gleich vergessen, sobald Nathan begann sich zubewegen. Und Ragnar zögerte nicht, sich ihm entgegen zu bewegen, ihn tiefer und tiefer in dessen Lust zu treiben. Nun war Nathan an der Reihe, den Verstand verlieren zu dürfen. Und zielsicher dirigierte er Nathan an den Punkt, an dem er höchste Lust empfand. Die Hand des anderen an seinem Glied war gut, tat gut. Und als Nathan das Tempo erhöhte, erlaubte er sich eine kurze Zeit, hemmungslos zu sein, das Tempo weiter voranzutreiben, zu genießen, zu stöhnen. Gott, er hatte viel viel viel zu lange keinen Sex mehr gehabt. Und schon gar nicht so guten Sex... Doch sobald er spürte, dass seine Muskeln sich begannen zusammen zu ziehen, griff er nach dem Kondom, löste Nathans Hand sanft aber bestimmt von seinem Glied und rollte den Pariser mit geübter Bewegung über seine Eichel. Er wusste, dass das ein kurzer störender Moment war, aber es musste sein. Doch es dauerte nicht lang, bevor er die Bewegung wieder aufnahm, und sich nun darauf konzentrierte, Nathan zu einem unvergessenen Höhepunkt zu führen, sich selbst mit seiner eigenen Hand befriedigen. Und so bewegte er sich wieder gegen den anderen, der nun die Möglichkeit hatte, sich gänzlich dem Gefühl seiner Enge hinzugeben, die Ragnar darin unterstützte, dass er hin und wieder die Muskeln anspannte, um noch enger zu sein, immer dann, wenn Nathan tief in ihm versunken war. Bald spürte er, wissend, wie er sich berühren musste, wie er selbst jenem süßen Punkt näher kam. Und Nathan tat sein übriges dazu, ließ ihn aufstöhnen, als er schließlich nach einem kurzen Tanz an der Klippe, jene überwand und sich ergoss, nicht in seiner Bewegung innehaltend, sondern auch Nathan zu diesem unsagbaren Gefühl peitschend. Erschöpft sackte er leicht in sich zusammen, rang nach Atem, den anderen noch immer in sich spürend, der ihn noch einmal aufstöhnen ließ, als er sacht nachstieß, offenbar selbst jenen süßen Moment in die Länge ziehen wollend. Ragnar atmete heftig, genoss nun wieder nicht mehr nachdenken müssend, dieses Gefühl, das seinen Körper erfüllte und einnahm. Er schluckte, strich mit seiner Zunge über seine trocken gewordenen Lippen. Und keuchte leise, als Nathan sich schließlich zurückzog, sich neben ihn legte. Ragnar gab sich noch einen kurzen Moment, bevor er sich leicht drehte, Nathan ansah, sich leicht aufrichtete, um an die Lippen des anderen, selbst schwer atmenden Mannes zu kommen, um ihn zu küssen. Dann legte er seinen Kopf an dessen Schulter ab, ihn kurz neckend, indem er ihm gegen den Hals blies, bevor er lächelnd sich auf die andere Seite drehte, um das Kondom mit der potentiell tödlichen Flüssigkeit darin abzuziehen, es zu verknoten, zu der Taschentücherbox griff, um sein Glied von jenem Saft gänzlich zu befreien, und dann alles zusammen in den kleinen Mülleimer zu schmeißen. Nathan schien gut ausgerüstet zu sein. Und er hatte einige Erfahrung. Und Ragnar wusste, dass er gerne mehr von diesem Sex haben wollte. Er drehte sich, blickte zu dem Mann, der ihm gerade gezeigt hatte, dass es durchaus noch Männer gab, die sich nicht abschrecken ließen. Die bereit waren, sich zu informieren, um keinen Rückzieher zu machen. Und irgendwie ließ ihn das in Ragnars Augen noch schöner wirken. Nathan Ob er das Wort unglaublich wegen zu häufiger Verwendung abnutzen würde? Aber Nathan wollte kein besseres Wort hierfür einfallen. Nicht so auf die Schnelle, wenn ihm sowieso kaum etwas anderes als die Enge, in die er immer wieder stieß, auffiel. Seine Augen waren nur noch halbgeöffnet und er hätte sie gern geschlossen, um sich diesem Gefühl er puren Erregung noch deutlicher hingeben zu können, aber Ragnar so zu sehen war es wert, sie offen zu halten. Er keuchte als er spürte wie der andere sich um ihn herum verengte und lehnte den Kopf zurück. Himmel, das war genau wie er es mochte, wie es ihn im diesen Taumel vergehen ließ. Als Ragnar seine Hand von dessen Glied löste war er kurz überrascht, verstand dann jedoch und war dankbar für die Voraussicht des anderen. Zudem ihm die freie Hand ja auch mehr Freiheiten gab, die er auch weidlich für sich ausnutzte. Und als sich Ragnar schließlich komplett um ihn herum verengte, brauchte es nur wenige Stöße bis er seinen Orgasmus mit einem kehligen Stöhnen genießen konnte, noch in diesem überrollenden Gefühl der Entspannung und Befriedigung ein wenig nachstoßend. Tief durchatmend streichelte er schließlich noch einmal über den schönen Rücken des anderen, bevor er sich aus diesem löste und sich schwer atmend neben diesen sinken ließ. Ok... wann konnte man das wiederholen? Er schmunzelte über seine eigenen Gedanken, ließ sich dann gerne küssen und ein wenig necken, bevor er dabei zusah was Ragnar da tat. Jener konnte sich überhaupt gar nicht mehr wirklich in Sex verlieren, oder? Ein wenig unwillig richtete er sich ein Stück auf, um sich erst einmal selbst vom Kondom und Sperma zu befreien. Das war der einzige Nachteil, den man ihm zum Gebraucht von Kondomen als wirklich glaubwürdig verkaufen konnte: Das Gefühl, wenn man sich das Ding nach dem Sex abzog, war nicht unbedingt lecker… Die restlichen Märchen konnte man sich getrost für kleine Kinder aufheben. Sich selbst ein Taschentuch aus der Box zupfend, war er schließlich zufrieden und warf beides in den Mülleimer, bevor er sich nochmal zurück ins Bett sinken ließ und den Kopf wandte, um Ragnar zu betrachten. Und selbst jetzt, nach ihrem Sex, fand er ihn immernoch ansprechend und begehrenswert. Etwas, das nicht jedem gelang, aber genau genommen war ihm das bereits klar gewesen, als er den anderen im Savoy nicht so einfach hatte entkommen lassen. Schließlich lächelte Nathan, richtete sich ein wenig auf und beugte sich zu Ragnar, um diesen einen sanften Kuss zu geben, ehe er sich zurückzog und sich mit der Hand durch seine Haare fuhr. "Ich glaube ich finde es schade, dass du wohl heute noch arbeiten musst. Vermutlich würde ich dich sonst nicht so schnell wieder hier raus lassen." Er grinste frech und streckte sich, bevor er aufstand und zu seinem Schrank lief, um sich Shorts aus einer der Schubladen zu nehmen und sie sich überzuziehen. Schließlich trat er wieder auf das Bett zu und legte den Kopf ein wenig schief, nachdenklich. "Andererseits... du hast hoffentlich nicht vor, wieder ganz von der Bildfläche zu verschwinden?", fragend suchte er die so schön funkelnden Augen des anderen. "Ich wäre darüber nicht glücklich", stellte er fest und bemerkte ein wenig verwundert, dass es wirklich so wäre. Nathan wäre kein bisschen glücklich darüber, Ragnar überhaupt nie wieder sehen zu können. Dafür war der Nachmittag zu interessant und auch schön gewesen. Von der letzte halbe Stunde einmal ganz zu Schweigen. Nein, er würde Ragnar wirklich nur sehr ungern einfach so ziehen lassen. Ob das jetzt an dem wirklich fantastischen Sex oder an seinem immernoch nicht sinkenden Interesse im Allgemeinen liegen mochte... wen juckte es schon? "Möchtest du eigentlich duschen?", fragte er schließlich. "Oder etwas trinken?" Ragnar Ragnar legte sich zurück nachdem er merkte, dass Nathan sich auch seines Kondoms entledigt hatte und schloss noch einmal einen Moment die Augen. Er spürte den Blick des anderen auf seinem Körper, und insgeheim hoffte er, dass Nathan näher rutschen würde, ihn noch einmal umarmen, ihn noch einmal streicheln würde. Er spürte, wie sehr er das Bedürfnis hatte, einfach in die Arme genommen zu werden. Aber dieses Gefühl war trügerisch. Denn es würde an der Ursache des Gefühls nichts ändern. Der Halt, den er brauchte, konnte er nur sich selbst geben. Das sollte ihm doch mittlerweile klar sein. Nur weil er 'geliebt' worden war, hieß das nicht, dass er deswegen in Sentimentalitäten und Schwäche abdriften durfte. Jedes Mal fiel er in ein Loch, aus dem es so schwer war, wieder heraus zu kommen. Jedes Mal, wenn er Sex gehabt hatte, spürte er hinterher nur umso deutlicher, wie einsam er war. Überrascht blinzelte er, als er den Kuss des anderen spürte und lauschte seinen Worten, ihm mit seinem Blick folgend, als jener aufstand und zum Schrank ging. Ragnar richtete sich leicht auf und stützte seinen Oberkörper auf seine Ellenbogen. Die Arbeit.. Ja er sollte heute wieder ins Lady-Dream gehen und arbeiten. Aber irgendwie hatte er im Moment keine rechte Lust. Kurz war er versucht, zu antworten, dass er ja nicht unbedingt gehen müsste... und Nathan könne ihn ruhig ewig hier gefangen halten. Aber zur Arbeit zu gehen war das einzig vernünftige, das einzige, das ihn genug ablenken würde, um nichts zu vermissen. Ragnar setzte sich auf und suchte seine Unterhose, die er kurz darauf fand und anzog. Schade eigentlich, dass sie schon wieder dabei waren, sich anzuziehen. Gerne wäre er noch einfach liegen geblieben, hätte gerne noch gekuschelt, Zärtlichkeiten ausgetauscht. Aber es war letztlich immer das gleiche. Sobald er damit beschäftigt war, sich darum zu kümmern, dass keine Körperflüssigkeit irgendwo zurückblieb, schienen die anderen es immer als Anlass zu nehmen, dass man gerne aufstehen würde. Ragnar blickte auf, als Nathan zu ihm trat und verkündete, dass er ihn wieder sehen würde, weil er sonst unglücklich wäre. Das Übliche halt, oder? Es wurde ans Gehen gedacht, bevor man gegangen war, und es wurde um ein Wiedersehen gebeten, obwohl man sich noch nicht verabschiedet hatte. Ragnar blickte zu Boden, obwohl er sicher wusste, dass Nathan seinen Blick suchen würde. Aber den war er gerade nicht bereit zu geben. Erst als Nathan ihn fragte, ob er duschen wollte, blickte er wieder auf. "Nein", lächelte er. "Ich dusche zu Hause. Ich muss mich sowieso noch umziehen, bevor ich arbeite. Aber etwas zu trinken wäre toll." Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und blickte sich suchend nach seiner Hose und seinen anderen Gegenständen um. "Und ich denke schon, dass ich nicht so schnell von der Bildfläche verschwinde...", antwortete er nun auf die andere Frage. Wenn er ehrlich war, würde er gerne diesen Nachmittag hin und wieder wiederholen. Gerne hätte er wieder regelmäßig Sex, so guten Sex wie heute. Aber eigentlich brauchte er noch viel mehr. Ob er das aber bekommen würde? Ragnar wusste es nicht. Es würde sich zeigen, was geschehen würde. Punkt um. "Es wird sich zeigen, was geschieht", stellte er dann einfach so in den Raum und lächelte den anderen an. Sein Hemd war unten, weswegen er nur mit der Hose bekleidet dastand. Nathan "Hmmm", brummte Nathan, dabei zusehend wie der andere sich anzog. Irgendwie schien Ragnar gerade unzufrieden. Wenn das das richtige Wort dafür war. Nur weshalb? Ohne sich in lange Fragen, mit noch längeren Antwortmöglichkeiten zu ergehen, trat er auf den anderen zu und schob ihm spielerisch die Finger seiner rechten Hand in den Hosenbund, um ihn näher zu sich zu ziehen. Prüfend sah er in die dunklen Augen, ganz so als würden sie ihm die Antwort freiwillig geben, was sie jedoch erfolgreich verweigerten, denn bis auf ein wenig Überraschung glaubte er dort gar nichts zu erkennen. Er seufzte und lehnte seine Stirn an die des anderen. "Du hast wirkliches Talent, dich um Antworten herum zu winden", beschied er Ragnar, löste seine Stirn dann, um dem anderen an der Schläfe beginnend, bis zum Hals zu küssen. "Aber eine Dusche brauchst du wirklich nicht", murmelte er an der Halsbeuge des anderen und gab dann einen weiteren brummenden Laut von sich bevor er den Kopf wieder hob. "Ich mag den Geruch", erklärte er und lächelte leicht, bevor er seine Hand wieder aus dem Hosenbund löste und sich seinem Schrank nochmal zuwandte, um sich eine beige Dreiviertelhose heraus zu holen und anzuziehen. Er verzichtete auf ein Hemd. Zum einen war es wirklich heiß genug, gerade weil seine Klimaanlage noch nicht lief und zum anderen gab es sowieso nichts zu verstecken, noch einen Grund dafür. "Na dann komm, nicht dass du verdurstest", forderte er Ragnar auf und lief die Wendeltreppe wieder herunter, seinem Wohnzimmer nur einen kurzen Blick zuwerfend. Verschiedene Bücher lagen aufgeschlagen auf der hellen Couch, dazu eine zerwühlte Wolldecke, ohne die er nicht fernsehen oder lesen konnte. Aber im Grunde wirkte es halbwegs ordentlich. Aus dem Zimmer, in den Gang tretend, trat er genau in das gegenüberliegende Zimmer, das die Küche darstellte. Obwohl Nathan selbst ungern kochte, hielt er sich hier relativ gern auf. Die weiße Küchenzeile erstreckte sich an zwei Wänden entlang, während im Eck eine weitere Eckbank samt Küchentisch zu finden war. Das interessante an dieser Küche war, das der Herd und alles was zu solchen Gerätschaften gehörte - Fritteuse, Kochplatten, Backofen - sich in der Mitte des Raumes befand. Von der eigentlichen Küche losgelöst. Der jeweilige Koch hatte so viel Platz zum Herumwuseln und die entsprechenden Besucher könnten es sich auf den hohen Hockern bequem machen und dem armen Kerl sozusagen bei seinen Versuchen zusehen. Im besten Falle war es Sascha, im schlimmsten Falle er selbst. Zielstrebig ging er zum Kühlschrank, zog eine Flasche Wasser hervor und griff sich dann zwei Gläser aus dem Schrank, die er sogleich füllte und eines davon Ragnar reichte. "Ich hab mich vorher mal gefragt, als was du wohl arbeitest und mein bester Tipp dafür wäre Barkeeper. Du wirkst irgendwie so, als könntest du gute Getränke mixen und die benötigte Ruhe beziehungsweise Humor den man wohl dafür braucht, bringst du ebenfalls mit." Er gab seine Vermutung lächelnd ab. Im Grunde war es ihm vollkommen gleichgültig, zumindest momentan, denn wenn Ragnar nicht mehr losmüsste hätte er jenen wirklich gerne noch hier behalten. Nathan selbst fehlte momentan jede Motivation, seine Wohnung heute nochmal zu verlassen, obwohl er doch mal wieder im Savoy vorbeisehen sollte. Er trank einen Schluck von seinem Wasser und grübelte ein Weilchen vor sich hin, bevor er Ragnar einen Blick zuwarf. "Ich mache dir jetzt einen Vorschlag...", begann er, sich noch nicht sicher seiend wie er das formulieren sollte. "Du hast meine Nummer und du hast die letzten Stunden, die wir jetzt gemeinsam miteinander verbracht haben. Damit kannst du dir in aller Ruhe überlegen, ob du mich nochmal sehen willst oder nicht. Denn da bin ich ganz ehrlich", er hielt inne und lächelte ein wenig selbstironisch, "nur auf Sex bräuchte zu warten und würde ich nicht warten. Was damit ebenfalls einen Punkt darstellt, den du dir überlegen solltest, denn ich würde dich wirklich gern wiedersehen und ich lege den Schwerpunkt dabei mehr auf das 'sehen', nicht auf den Sex." Nathan sprach ganz ruhig, ohne sich zu verhaspeln oder eine besondere Betonung auf bestimmte Wörter zu legen. "Ich muss das leider so klar ansprechen, weil ich niemand mit viel Freizeit bin und diese im Grunde nicht damit verbringe, mich wie Tarzan von Kerl zu Kerl zu schwingen. Fühl dich dadurch um Gottes Willen bitte nicht unter irgendwelchen Druck gesetzt, aber wenn du zuhause merkst, dass es nur der Sex, wenn auch richtig guter Sex, wäre, der dich anrufen lassen würde: Dann lass es bitte." Er meinte das nicht böse, aber er legte die Karten nun mal lieber auf den Tisch, anstatt sie zu verstecken. Nathan wäre nicht bereit, seine wenigen Stunden außerhalb der Arbeit nur mit Sex zu verbringen. Das ließe sich auch im Savoy 'erledigen' und müsste nicht auf sein normales Leben übergreifen. Ragnar Etwas überrascht war er schon, als Nathan ihn zu sich zog, doch eigentlich freute es ihn. Nathan suchte seine Nähe und das war genau das, was er sich sehnlichst wünschte, oder? Daher genoss er die Küsse, die Berührungen und auch die Worte, die dieser ihm zuteilwerden ließ. Er konnte ihn gut riechen? Nun, das war doch eine gute Voraussetzung für ein wenig mehr... Und die negativen Gedanken, in die er so gerne hinabstürzte, wenn er jemanden gefunden hatte, der ihn ansprach und der auch noch nett zu ihm war, verblassten ein wenig wieder. Zärtlichkeiten waren Balsam für seine Seele. Aber auch die größten Feinde. Denn später würden sie ihn wieder daran erinnern, dass er etwas vermisste... Später würden sie ihm zeigen, wie verdammt einsam er war... Aber er würde nicht dagegen tun können. Er schaffte es nie, etwas dagegen zu tun. Darauf, dass er Antworten gerne auswich, erwiderte er nichts. Das war so, zumindest teilweise. Eigentlich versuchte er immer ehrlich zu sein, aber teilweise ging es nicht. Aber man merkte es ihm immer direkt an. Gerne folgte er Nathan nach unten, wo er sein Hemd aufhob und es sich anzog. Dann ging er hinter ihm her in die interessant geschnittene Küche, in der man zielstrebig auf jene freistehende Kochgelegenheit zusteuerte, um sich an die 'Theke' zu setzen. Auch Ragnar lehnte sich gegen einen der Hocker und ergriff das Glas, das man ihm reichte. Zügig trank er es leer. Er hatte wieder einmal unglaublichen Durst. Als Nathan nach seiner Arbeit fragte, hob er kurz die Augenbrauen, dann lächelte er. "Nein, Barkeeper ist nicht ganz richtig. Ich bin eher so etwas wie der stellvertretende Geschäftsführer. Ich kümmer mich darum, dass der tägliche Betrieb läuft, dass alles da ist, was gebraucht wird, dass die Leute ihren Job tun und so weiter... Eigentlich nichts großes, aber etwas, was mir doch recht Spaß macht." Er lächelte den anderen an. "Und etwas, wofür man wirklich Ruhe braucht, demnach hast du damit schon mal nicht so Unrecht." Er griff nach dem Krug, den Nathan hingestellt hatte und schenkte sich noch einmal ein, nur um gleich wieder auszutrinken. Ja, so in der Art konnte man seinen Job beschreiben. Auch wenn er die Ruhe für ganz andere Dinge noch mehr brauchte. Als Nathan weitersprach, blickte Ragnar ihn ruhig an. Er begriff, was dieser ihm sagen wollte. Er begriff, was dieser damit ausdrückte. "Ich verstehe", sagte er und nickte innerlich seufzend. Nun eine Fickbeziehung wollte er auch nicht. Auch wenn er diesen Sex gerne wiederholte. Er wollte mehr haben. Aber das würde Nathan ihm nicht so schnell geben können. Und sicher würde er es ihm auch nicht geben wollen. Sie kannten sich kaum. Und Nathan hatte selbst genügend mit seinem Beruf zu tun, als dass er auch noch für Ragnar und dessen Bedürfnisse da sein konnte. "Ich werde mich bei dir melden." Es war nicht das Problem, dass Nathan ihm nicht genügend Signale gab, dass er bei ihm unter Umständen finden konnte, was er suchte. Denn auch Ragnar war niemand, der nur des Sexes Willen ständig loszog. Er hatte den Sex eben wirklich genossen, ihn gebraucht, und er würde gerne mehr davon haben, aber er begriff auch, dass er das nur würde haben können, wenn er Nathan auch nahe an sich herankommen lassen würde. Und so sehr ihm dieser auch mit seinen Worten, seinen Gesten klar machte, dass er wirklich an ihm Interesse hatte, dass er ihm gerne nahe sein würde, dass er ihn gerne berührte und auch gerne zärtlich zu ihm war, so hatte Ragnar vor sich selbst Angst. Denn auch er hatte das Bedürfnis nach Nähe. Mehr, als er es sich selbst eingestand. Aber würde er Nathan damit nicht überfordern? Und wenn jener merken würde, wie verloren Ragnar im Grunde war, würde er sich sicher bald wieder verabschieden. Ragnar hatte Angst davor, dass er wieder anfangen würde sich in jenes Loch zu stürzen, das ihn schon so oft überrollt hatte. Dass er zweifeln würde, dass er sich nicht mehr daran erinnern würde, wie zärtlich der andere war, sondern nur daran, dass er, Ragnar, ihm nie genügen konnte. Dieser Nachmittag war sehr schön gewesen. Er hatte angenehme Gesellschaft gehabt, der ihm immer wieder direkt oder indirekt versicherte, dass er wirklich an mehr, als nur an Sex interessiert war. Aber er hatte dennoch Angst. Angst vor seinem eigenen Misstrauen, dieser Stimme, die in ihm war, und ihm sagte, dass es zu hell in dieser Wohnung war; und die ihm genauso sagte, dass Nathan das sicher nur aus Pflichtgefühl sagte. Er würde es auf sich zukommen lassen müssen. Vielleicht würde es ja bald mal eine Situation geben, in der er sich wieder mit ihm treffen könnte. Und vielleicht würden sie sich dann wieder gut unterhalten. Er würde sich melden… Wenig später verabschiedete er sich und ging zur U-Bahn. Und bereits auf dem Weg dorthin hatte er das Gefühl, dass Nathan sicher froh war, dass er ihn wieder los war. So souverän er im Lady-Dream auftrat, so unsicher war er was diese Sachen betraf. Er dachte zu viel nach, verkomplizierte alles. Und ehe er es sich versah, war die Gelegenheit vorbei. Es war nicht das Selbstvertrauen, das ihm fehlte, sondern es war ein ewiges Zweifeln da, das ihm sagte, dass er aus dem Wunsch nach Nähe diese niemals finden konnte. Aber so klar sah er das nicht. Es war ihm nicht bewusst. Als er zu Hause in seiner kleinen, dunklen Wohnung ankam, ging er ins Bad, um sich zu duschen. Dann suchte er sich seine Medikamente heraus und nahm sie. Und spätestens jetzt, schienen die Zärtlichkeiten nur noch Höflichkeiten zu sein. Sicher hatte Nathan das mit dem Sex nur gesagt, um ihn loszuwerden, oder? Auf dem Weg ins Lady-Dream fiel ihm auf, dass er seine Tüte mit dem Bildband und den beiden CDs in der Wohnung des anderen vergessen hatte. Dann würde er sich doch noch einmal melden müssen. Kapitel 85: Try and error - zensiert ------------------------------------ Ragnar Ragnar trat zurück und überlegte kurz, ob er die Hand des anderen ergreifen sollte, ließ es dann aber. Stattdessen lief er einfach los, wissend, dass Nathan ihm folgen würde. Das ‚Chateau disc‘ war ein exklusiver CD- und DVD-Laden, den Ragnar liebte. Zielstrebig ging er durch die Reihen auf die Jazz-Abteilung zu. Seine Vorliebe für Jazz hatte er Cole zu verdanken. Sie waren früher oft gemeinsam in Jazz-Studios gewesen und hatten gemeinsam ihre Liebe zu dieser Musik entdeckt. „Was hörst du gerne?“, fragte er Nathan. „Ich glaube nicht, dass du den ganzen Tag die Beats hörst, die man im Savoy bekommt.“ Nathan Sah so aus als hätte er sich mit den CDs nicht getäuscht, doch noch bevor er sich von Ragnar lösen konnte, zog ihn dieser in einen weiteren Kuss. Einen, den Nathan sofort erwiderte und sich einbildete, ihn noch besser zu finden als den ersten. Mit Ragnar war es schon verrückt. Wohingegen der Spannungsbogen bei so gut wie allen anderen steil nach unten ging wenn man sich mal näher mit ihnen beschäftigte, war es bei diesem Mann genau umgedreht. Sehr seltsam, aber sehr erwünscht. Er öffnete sein aus Reflex geschlossenen Augen wieder und musste dann lächeln. Nein, ein Hase war er normalerweise wirklich nicht. Blieb nur die Frage, ob er auf Dauer ein Märchenprinz sein konnte. Nathan war auch nur ein Mensch mit positiven und negativen Seiten, auch wenn er es sehr gut verstand, die positiven besser heraus zu holen. Bevor Ragnar ganz von ihm zurücktreten konnte, festigte er den Halt um dessen Hüfte und beugte sich bis zu dessen Ohr: "Wenn du sie nicht geben kannst, wird es ein try und error von meiner Seite aus. Wobei ich mehr auf 'try' und weniger auf 'error' hoffe", murmelte er, hauchte Ragnar noch einen kleinen Kuss auf die Lippen bevor er sich ganz zurückzog und den anderen losließ. Im 'Chateau disc' folgte er dem anderen in die Jazz-Abteilung und sah sich etwas skeptisch um. Er konnte mit diesem Wirrwarr an scheinbar zufällig zusammengeworfenen Instrumenten nicht wirklich etwas anfangen. "Ich höre privat nicht besonders viel Musik", gab er schließlich zu, sich wahllos eine der CDs herausziehend und das Cover betrachtend. "Ehrlich gesagt ziehe ich gerade Zuhause die Stille meiner Wohnung vielem Gedudel vor. Und wenn es mich doch zu Musik lockt, dann setze ich mich lieber selbst an den Flügel." Er stellte die CD zurück und wanderte das Regal weiter bis er bei den Jazz DVDs ankam. Hier hatte man immerhin ein wenig mehr zu sehen, aber von den Bildern alleine ließ sich gute Musik schlecht abschätzen. Zudem er davon ja sowieso keine Ahnung hatte und das auch ehrlich zugab. "Tatsächlich gehöre ich mehr zu den TV liebenden Menschen, auch wenn man das normale Programm getrost in den Eimer treten kann. Aber es gibt nichts besseres als einen guten Film." Er sah auf, überhaupt erstmal prüfend, ob Ragnar noch in Hörweite war, aber sah so aus als hätte er Glück. Nathan stellte die DVD zurück und trat hinter den anderen, um ihm über die Schulter zu sehen, was der sich gerade herausgesucht hatte. "Was genau ist an Jazz eigentlich so toll?", es war mehr eine Frage an sich selbst, doch dann rückte sein Augenmerk ein weiteres Mal auf den schönen Nacken des anderen. Und diesmal hob er die Hand um mit den Fingerspitzen über die weiche Haut gleiten zu lassen. Ein amüsiertes Funkeln in den Augen als er dabei zusehen konnte wie sich die kleinen Härchen aufstellten. "Es wäre viel zu schade das auf ein Foto zu bannen", murmelte er und trat dann ein Stück von Ragnar zurück, sich an die Auslage der anderen Seite lehnend. Sollte der Mann sich nach Musik umsehen, er würde dann mal solange die Aussicht genießen. Dass ihm hin und wieder mal von anderen Männern Blicke zugeworfen wurden, bemerkte er nicht, dafür war seine Aufmerksamkeit viel zu sehr auf den schönen Mann vor sich gelenkt. An und für sich genommen fiel Ragnar vielleicht nicht sofort das große Scheinwerferlicht zu, wenn jener die Straße entlanggehen würde. Aber bei einem zweiten Hinsehen war dieser Mann unglaublich schön, wenn auch eine andere Art von Schönheit als sie einen aus diversen Heftchen heraus anlachen würde. Eine ruhigere, dafür aber tiefergehende. Ob das an dem Wissen dieser Krankheit lag? Wären Männer Glühbirnen, dann wäre Ragnar keine von diesen alles überstrahlenden Neonröhren, sondern eine der weicher leuchtenden Lampen. Eines der Lichter, die einem keine Kopfschmerzen bereiteten oder erblinden ließen. Und könnte ihm jetzt bitte einer eine Ohrfeige geben? Das waren wohl mitunter die seltsamsten Gedanken die er jemals zu einem anderen Mann gehabt hatte... Ragnar Try and error? Das klang gut. Ragnar hatte normalerweise kein Problem damit, Grenzen deutlich zu zeigen. Dafür hatte er ein Problem damit, offene Türen zu markieren. Und so wäre das ein guter Kompromiss, damit sie beide wussten, was sie erwartete. „Ja, manchmal möchte ich zu Hause auch nur noch meine Ruhe haben“, überlegte Ragnar und blickte kurz zu Nathan, der gerade an einem Regal stand und eine CD betrachtete. Wirklich ein schöner Mann. Ragnar sah, wie sich andere Männer nach jenem umdrehten. Und dieser wollte sich wirklich auf ihn einlassen? Unbegreiflich, aber gut. Sein Blick glitt wieder zu dem CD-Regal, in dem er etwas suchen wollte. Während der andere weitersprach ging er die Interpreten durch und zog hie und da eine CD raus, um das Cover anzusehen. Kurz blickte er zu Nathan, ob er noch da war und sah, dass dieser zu ihm getreten war, um ihm über die Schulter zu blicken. Er spürte, dass ihm bereits durch die Nähe des anderen ein Schauer über den Rücken hinunterrieselte. Ihm war gar nicht so bewusst gewesen, wie unglaublich nötig er offensichtlich Nähe hatte, wie dringend er anscheinend Sex und Zärtlichkeit brauchte. „Gegen einen guten Film habe ich auch nichts, wobei ich dann lieber ins Kino gehe. Ich liebe alte Kinos, nicht diese neuen Fabriken, sondern, die alten, die leider nach und nach aussterben. Vor dem Fernseher sitze ich eher selten, weil ich abends eben meistens nicht zu Hause bin. Und was so schön an Jazz ist, ist schwer zu sagen. Für die meisten ist es einfach nur Krach, und diesen extrem schnellen oder auch den New Orleans Jazz mag ich nicht. Aber ich mag den ruhigen und schwungvollen Jazz, der sich hin und wieder die Freiheit nimmt, aufzudrehen und Chaos zu verbreiten, bevor er einen wieder einfängt und zur Ruhe kommen lässt. Ich mag den Schwung, und das Tempo, den auch melodischer Jazz mit sich bringt. Und oft ist er auch einfach super gut zum träumen. Und ich mag die Instrumente, die dazu gebraucht werden. Klavier, Saxophon, Percussions.“ Ragnar unterbrach kurz und blickte den anderen kurz an. „Du stellst ganz schön schwierige Fragen...“, knurrte er dann, aber an seinem Ton war zu merken, dass es ihn nicht sehr störte. Schließlich lächelte er, kurz in den Augen des anderen hängenbleibend. „Ich war schon mit 13 oder 14 Jahren die ersten Male in den Jazzstudios mit meinem besten Freund unterwegs. Man kann dazu gut tanzen, und mal so richtig die Seele baumeln lassen. Außerdem ist es eine der wenigen Orte, in denen es den Heteros egal ist, wenn zwei Typen sich anflirten und sich küssen. Und auch in Europa war ich viel in dieser Szene unterwegs. Ich mag es einfach. Und es ist schwer zu begründen warum.“ Er lächelte den anderen entschuldigend an und blickte dann auf die CD, die er in den Händen hielt. ‚Ella Fitzgerald live in Hamburg‘ - eine der wenigen CDs, die er von der Dame nicht besaß, und die er sich heute kaufen würde. Als er die Hand des anderen mit einem Mal an seinem Nacken spürte, durchfuhr ihn ein unglaublicher Schauer. Die gemurmelten Worte des anderen, ließen ihn die Augen schließen. Also hatte er es doch vorhin falsch verstanden. Also war es wirklich ein Kompliment gewesen. Er hätte es so verstehen sollen, dass er ihn lieber in Echt und in Farbe hatte, als verewigt auf einem Bild. Als Nathan wieder zurücktrat, spürte Ragnar noch immer die Wärme, die jener zurückgelassen hatte. Er war wirklich ausgehungert. So traurig diese Tatsache auch war, aber er spürte, wie sich alles in ihm nach Sex sehnte. Ob er nur deshalb hier mit Nathan war? War er bei ihm nur an Sex interessiert? Nein, eigentlich nicht, oder? Ragnar würde im Moment keine Antwort darauf geben können. Er wusste, dass Nathan ein interessanter Mann war, aber mehr wusste er nicht. Er würde es auf sich zukommen lassen müssen, was geschehen würde. Ragnar zog noch eine CD aus dem Regal. Zwei bekannte Jazz-Musiker, die gemeinsam ein Album aufgenommen haben. ‚Creole Love Call‘ hieß die CD und war von Nils Landgren und Joe Sample. Zufrieden mit seinen Entdeckungen drehte er sich zu Nathan und blickte ihn an. „Ich habe, was ich brauche“, erklärte er und sah zu den DVDs. Soll ich dir etwas empfehlen?“, fragte er und blieb kurz mit seinen Augen an den Lippen des anderen hängen. Er zwang sich den anderen wieder anzusehen. Ihn jetzt hier einfach zu küssen, nur weil er das Verlangen danach hatte, war erstmal nicht drin. „Du spielst Klavier?“, fragte er schließlich, um das Thema zu wechseln, und wandte sich ab, um Richtung Kasse zu gehen. Nathan „Ich kenne ein ziemlich gutes Autokino, aber das ist wohl nicht das was du meinst", schmunzelte er. "Aber ich gebe dir Recht, der ganze Charme eines Kinobesuches geht langsam flöten." Er nahm sich vor, später mal danach zu fragen, was Ragnar eigentlich arbeitete, aber jener sprach so schnell weiter, dass er das erst einmal hinten anstellte. Doch schließlich lächelte er. "Es wäre ja auch langweilig nur die einfachen Fragen zu stellen. Oder möchtest du mir Fragen nach dem Wetter, der Politik oder gar der Nachrichten gelangweilt werden? Das wäre grundsätzlich kein Problem...", er lachte kurz und schüttelte den Kopf. "Es ist interessant wie ein und dieselbe Musikrichtung so unterschiedlich bei den Menschen ankommen kann. Für mich ist es tatsächlich nur Krach, wobei es die Musik natürlich interessant macht, da es wohl eine Musikszene zu sein scheint, in der die sexuelle Ausrichtung der Menschen egal ist. So sollte es mit der Musik in jedem Bereich sein. Was interessiert es mich, was die Leute neben mir in ihren eigenen vier Wänden machen, wenn man sich nur Musik anhören möchte?", er stockte kurz. "Auf mehr kann ich leider auch schon nicht mehr eingehen, auch wenn ich deine Begeisterung dafür schön finde." Zusätzlich war Nathan mehr als zufrieden mit der Reaktion oder diesmal ja vielmehr ausbleibende Reaktion auf seine Berührung. Ein Fortschritt, wenn man es so sehen wollte. Doch dann verneinte er. "Danke, aber ich passe", erklärte Nathan und folgte Ragnar zur Kasse. "Ja, ich spiele Klavier. Hin und wieder zumindest, für irgendwas müssen die ganzen Stunden ja gut gewesen sein, durch die ich mich als Kind und Teenager quälen durfte." Er grinste, schwieg dann jedoch bis Ragnar gezahlt hatte und sie wieder vor dem Geschäft standen. Er wandte sich dem anderen zu und zog ihn schließlich ungefragt ein Stück näher, dessen Reaktion genau beobachtend. "Wie sieht‘s aus? Lässt du dich davon überzeugen, mit zu mir zu kommen? Ich kann keine Kunstwerke versprechen, aber ich bin sicher wir finden etwas, um uns zu amüsieren." Fragend sah er Ragnar an und lächelte schließlich als dieser zustimmte. Zwar schien er ein wenig hin und her gerissen zu sein, aber das könnte diesmal an der nicht deutlich genug dargelegten Intention Nathans liegen. Sie nahmen sich ein Taxi, in dem Nathan eine Adresse an der Upper West Side angab und Ragnar während der Fahrt noch ein wenig zu dessen Meinung zu ein paar der gezeigten Fotos befragte. Das Thema interessierte ihn deutlich mehr als Jazz. Als sie ankamen bezahlte er den Fahrer und wank Ragnar mit sich über die Straße auf eines der für die Gegend eher niedrigen Häuser zu. Die Haustür war schnell aufgesperrt und der Aufzug praktischerweise schon da. "Als ich eingezogen bin, beschloss das dumme Ding zu streiken. Ich glaube die Möbelpacker verfluchen mich heute noch. Und irgendwie muss ich immer daran denken wenn ich damit hoch zu mir fahre", erzählte er und wartete gerade noch bis sich die Aufzugstür hinter ihnen geschlossen und er das achte und damit letzte Stockwerk gedrückt hatte, bevor er Ragnar zu sich zog. Nur kurz blickte er in diese schönen Augen, bevor er sie beide drehte, so dass der andere mit dem Rücken zur Aufzugswand stand, bevor er eine Hand im Haar des anderen vergrub und dessen Mund eroberte. Es war kein vorsichtiger Kuss mehr, sondern einer der davon kündete, was für eine Art des Amüsements Nathan vorschwebte. Er drängte sein Bein zwischen Ragnars und gab einen zufriedenen Laut von sich, weil der andere nicht nur den Kuss erwiderte, sondern ihm zu verstehen gab, dass ihre Vorstellung der sehr nahe liegenden Zukunft ungefähr gleich aussehen dürfte. Nathan löste den Kuss erst als die dummen Aufzugstüren mit einem Pling aufgingen und drängte sich dessen ungeachtet nochmal näher an Ragnar, ihre Hüften zusammenstoßen lassend und sich einen weiteren Kuss abholend, bevor er unzufrieden seufzte und den Aufzug verließ. "Komm", murmelte er und hielt auf eine der drei Türen hier auf der Etage zu. Gut dass er den Code für die Alarmanlage in und auswendig kannte, denn das einzige, was er gerade wollte, war Ragnar wieder an sich zu ziehen und zu erforschen. Zu schmecken, zu verwöhnen und mit ihm zu schlafen. Für recht viel anderes war da kein Platz mehr, jetzt wo er sich endlich erlaubte, diesen Gelüsten nachzugehen. Im Grunde war der ganze Nachmittag für ihn bis jetzt ein großes Vorspiel gewesen. Nathan öffnete die Tür, zog Ragnar sofort wieder zu sich und warf sie dann wieder ins Schloss. Er hatte keine Augen für den weitläufigen Gang, der immer mal zu anderen Zimmern abzweigte. Sein einziger Gedankengang galt der Wendeltreppe, die im Wohnzimmer nach oben zu seinem Schlafzimmer führte. Trotzdem riss er sich nochmal am Riemen und suchte Ragnars Blick, wohl in der Gewissheit das eine ganze Menge unbefriedigter Lust in seinen zu sehen sein würde. Wenn ihn nicht alles täuschte also ein ähnlicher wie der dem dieser unglaublich anziehende und momentan auch sehr erregende Mann zuwarf. "Jetzt ist so ziemlich die letzte Möglichkeit, stopp zu sagen."Seine Stimme klang rau, dunkler als sonst, und obwohl er den anderen nicht überfahren wollte, konnte er seine Finger nicht von ihm lassen. Zupfte noch während er sprach am Oberteil des anderen herum. Hautkontakt. Mehr! Ragnar "Ich möchte, dass du mir irgendwann einmal etwas vorspielst", sagte Ragnar und blickte Nathan mit einer ungewohnten Ernsthaftigkeit an. Er liebte das Klavierspiel. Und leider war in seiner Jugend kein Platz dafür gewesen, es zu lernen. Dafür könnte er stundenlang Pianisten zuhören. Und dass Nathan selbst das Klavierspiel beherrschte, ließ ihn in Ragnars Gunst noch höher steigen. Ragnar zahlte seine zwei CDs und steckte sie zu dem Bildband in die Tüte. Vielleicht würde er später sich auf seine Schlafcouch legen können und die Musik genießen, während er das Buch ansah. Hm, das würde er bald tun. Hoffentlich würde Cole ihn heute Abend früher gehen lassen. In Gedanken ging er mit Nathan aus dem Laden. Wie konnte er ihre gemeinsame Zeit eigentlich noch ein wenig ausdehnen? Sie waren so ein wenig in ein unbestimmtes Nichts hinein gerutscht und so richtig ein Ziel war nicht wirklich auszumachen. Nur der Wunsch, den anderen näher kennenzulernen, und der Wunsch, mit ihm im Bett zu landen. Aber wie ließe sich zumindest ersteres weiter verfolgen? Doch noch während er nachdachte, zog Nathan ihn zu sich und Ragnar sah sich schon wieder in der Situation, dass er auf diese schönen Lippen schauen musste, bevor er in dieses Strahlen sah. Ob diese Augen jemals sich verdunkelten? Ragnar stellte fest, dass er das nie würde sehen wollen, denn das würde wohl mit dem Untergang der Welt einhergehen. Erst jetzt begriff er, was Nathan da gerade zu ihm sagte. Kurz verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. Er wollte ihn zu sich nehmen. Nun, worauf das hinauslaufen würde, war klar. - Oder? Zumindest deutete die Ankündigung, sie würden sich amüsieren, darauf hin. Sicher würden sie nicht zu ihm fahren, um ein Kaffeekränzchen zu veranstalten. Aber sollte er wirklich schon mit? Wäre das nicht ein wenig schnell? Allerdings. Wofür zu schnell? "Ich glaube, du musst mich gar nicht lange überzeugen. Ich komme gerne mit", erklärte Ragnar und lächelte den anderen an, sich kurz gegen ihn lehnend, bevor er sich wieder ein wenig löste, damit Nathan ein Taxi rufen konnte. Die Fahrt führte in ein Viertel, das er eher selten betrat. Hier wohnten größtenteils die wirklich gut betuchten. Aber das hatte sich Ragnar ja schon gedacht. Als Inhaber eines Clubs wie dem Savoy verdiente man sicher allein schon gut. Und dann schien Nathan aber noch durch das Event-Management gutes Geld zu verdienen. Aber ihm war das egal. Ragnar hatte schon immer für sich selbst gesorgt, und er selbst verdiente ja auch nicht schlecht. Nur, dass er das Geld größtenteils für seine vielen Tabletten brauchte. Bereitwillig stand er Nathan Rede und Antwort, als dieser noch einmal auf die Fotos zurück kam. Doch Ragnar war letztlich schon in der Wohnung, die er sich irgendwie genauso hell wie die Augen des anderen vorstellte. Er würde sich zurückhalten, wenn Nathan sich zurückhielt. Doch wenn dieser ihm Andeutungen machen würde, würde er sich nicht zurückhalten können. Das war ihm klar. Try and error - das war das Motto des Tages, vielleicht auch ihrer Bekanntschaft. Ragnar war positiv überrascht von dem Haus, vor dem sie hielten. Eine schöne Wohngegend. Ragnar war sich sicher, dass Nathan oben wohnte. Ähnlich wie Cole vielleicht? Auch dessen Wohnung war atemberaubend. Dagegen war seine Wohnung ein Dreckloch. Ragnar lachte leise. "Das kann ich mir vorstellen. ich würde auch ungerne in so einem Haus die Treppen nehmen wollen. Besonders wenn man ganz oben wohnt." Er war mit Nathan in den Fahrstuhl gegangen und er grinste, als Nathan tatsächlich das 8. Stockwerk drückte. "Die Armen. Sie tun mir jetzt noch leid." Als die Tür sich schloss, spürte er mit einem Mal eine seltsame Nervosität. Und so stand er etwas unschlüssig da. Doch noch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, ob es nicht doch besser gewesen wäre, abzulehnen, wurde er auch schon gepackt. Dieser Blick ließ sein Herz einen Moment aussetzen vor Freude. Er spürte, dass er Wachs in den Händen des anderen war. Und schon wurde er gegen die Fahrstuhlwand gedrückt und leidenschaftlich geküsst. Und Ragnar wehrte sich keine Sekunde. Dafür war diese Art des Küssens, die nur auf eine Sache hinauslaufen würde, viel zu ersehnt. In ihm bebte es, ein Kribbeln jagte durch seinen Körper. Etwas schrie in ihm auf. Und dieses Etwas wollte endlich wieder befriedigt werden. Und so erwiderte er den Kuss mehr als leidenschaftlich, ließ seine Finger erkundend über den wohlgeformten Körper des anderen gleiten. Seine Lenden drückten sich denen des anderen entgegen und er keuchte wohlig in den Kuss. Irgendwie bekam er nicht einmal mehr mit, wie die Tür aufging, folgte Nathan benommen, sich betrunken fühlend. Taumelnd folgte er Nathan in dessen Wohnung. Viel Zeit hatte er nicht, sich die Wohnung anzusehen. Dafür waren seine Gedanken viel zu sehr bei dem Körper, den er gleich würde spüren dürfen. Viel zu sehr klebten seine Augen an dem Gesicht des anderen. Das einzige, was er merkte war, dass die Wohnung hell war. So hell wie die Augen des anderen. Er lächelte bei dem Gedanken, ließ sich zu gerne mitziehen, bis Nathan schließlich vor der Wendeltreppe stehen blieb. Ragnar erwiderte den Blick des anderen, spürte, wie die Stimme in ihm kribbelte. Ragnar lächelte. "Nein", entgegnete er und drehte sie so, dass er die Treppe zuerst hinaufgehen würde können. "Meine letzte Möglichkeit, stopp zu sagen, war nach der Ausstellung. Aber du hast noch immer die Möglichkeit, zurückzuziehen." Während er sprach, stieg er rückwärts die ersten Stufen hinauf, Nathan dabei weiterhin ansehend. Nun zog er sich sein Hemd über den Kopf und warf es Nathan zu. "Aber ich denke, du weißt, was du tust..." Seine Finger öffneten den obersten Knopf seiner Hose. "Also?", fügte er an und fuhr sich wie unbeabsichtigt mit der einen Hand über seinen trainierten Bauch. Er lächelte vielsagend und drehte sich um, die Treppen hinaufzusteigen. Auf seinem Rücken war nun die Tätowierung am Schulterblatt zu sehen, ein Tribal. Das Schlafzimmer wirkte unglaublich gemütlich. Ragnar blickte sich kurz um, als Nathan auch schon hinter ihm war, er sich in dessen Armen umdrehte und den Kuss wieder aufnahm, ihn gierig fortführte. Nathan Mit Ragnars Worten war für Nathan die Sache klar und als dieser sich das Hemd über den Kopf zog und ihm zuwarf, hätte er fast aufgeknurrt. Dieser Mann sah fantastisch aus. Zumindest was er bisher von jenem sehen durfte. Sein hungriger Blick glitt über den schön trainierten Oberkörper und er hörte nur noch am Rande zu. Zurückziehen? No way! Ganz besonders nicht nachdem dieser Kerl ihm sozusagen die Karotte vor den Wagen spannte und ihn noch weiter neckte. Unbeachtet ließ er das Hemd des anderen fallen, seine Aufmerksamkeit kurz auf die Tätowierung und den ansehnlichen Rücken des anderen haftend bevor er leise lachte und die Treppe nach oben nahm. Wo er mit wenigen Schritten bei Ragnar angekommen war, der sich gerade rechtzeitig herumdrehte, um wieder in einen gierigen Kuss versinken zu können. Den schönen Oberkörper streichelnd und erforschend, vertiefte er den Kuss und löste sich dann weit genug um seine Hände zwischen sie gleiten zu lassen und die Hose des anderen weiter zu öffnen. Schließlich zufrieden, ließ er seine Hände in die Hose gleiten, bis sie auf den wohlgeformten Hintern zu liegen kamen, diesen massierend, den anderen dadurch näher an sich pressend. Unfassbar wie ihn dieser Mann gerade anmachte... Hungrig suchte er Ragnars Lippen für einen weiteren Kuss, bevor er von den Lippen abließ, sich über den Hals küssend, immer mal wieder nur leicht Luft über die weiche Haut pustend, oder mit der Zungenspitze drüber gleitend. Langsam dirigierte er den anderen weiter zurück, bis sie auf sein Bett stießen und er sich löste, um sich sein eigenes Shirt über den Kopf zu ziehen. Den Rest ihrer Kleidung waren sie ebenfalls bald los und schließlich, endlich, konnte Nathan seinen bewundernden Blick über den Ragnars Körper schweifen lassen. "Ich sagte doch, dass es schade wäre, dich auf ein Foto zu verbannen", murmelte er, bevor sie sich abermals in einem Kuss fanden und schließlich auf dem Bett landeten. [...] Ragnar gab sich noch einen kurzen Moment, bevor er sich leicht drehte, Nathan ansah, sich leicht aufrichtete, um an die Lippen des anderen, selbst schwer atmenden Mannes zu kommen, um ihn zu küssen. Dann legte er seinen Kopf an dessen Schulter ab, ihn kurz neckend, indem er ihm gegen den Hals blies, bevor er lächelnd sich auf die andere Seite drehte, um das Kondom mit der potentiell tödlichen Flüssigkeit darin abzuziehen, es zu verknoten, zu der Taschentücherbox griff, um sein Glied von jenem Saft gänzlich zu befreien, und dann alles zusammen in den kleinen Mülleimer zu schmeißen. Nathan schien gut ausgerüstet zu sein. Und er hatte einige Erfahrung. Und Ragnar wusste, dass er gerne mehr von diesem Sex haben wollte. Er drehte sich, blickte zu dem Mann, der ihm gerade gezeigt hatte, dass es durchaus noch Männer gab, die sich nicht abschrecken ließen. Die bereit waren, sich zu informieren, um keinen Rückzieher zu machen. Und irgendwie ließ ihn das in Ragnars Augen noch schöner wirken. Nathan [...] Ok... wann konnte man das wiederholen? Er schmunzelte über seine eigenen Gedanken, ließ sich dann gerne küssen und ein wenig necken, bevor er dabei zusah was Ragnar da tat. Jener konnte sich überhaupt gar nicht mehr wirklich in Sex verlieren, oder? Ein wenig unwillig richtete er sich ein Stück auf, um sich erst einmal selbst vom Kondom und Sperma zu befreien. Das war der einzige Nachteil, den man ihm zum Gebraucht von Kondomen als wirklich glaubwürdig verkaufen konnte: Das Gefühl, wenn man sich das Ding nach dem Sex abzog, war nicht unbedingt lecker… Die restlichen Märchen konnte man sich getrost für kleine Kinder aufheben. Sich selbst ein Taschentuch aus der Box zupfend, war er schließlich zufrieden und warf beides in den Mülleimer, bevor er sich nochmal zurück ins Bett sinken ließ und den Kopf wandte, um Ragnar zu betrachten. Und selbst jetzt, nach ihrem Sex, fand er ihn immernoch ansprechend und begehrenswert. Etwas, das nicht jedem gelang, aber genau genommen war ihm das bereits klar gewesen, als er den anderen im Savoy nicht so einfach hatte entkommen lassen. Schließlich lächelte Nathan, richtete sich ein wenig auf und beugte sich zu Ragnar, um diesen einen sanften Kuss zu geben, ehe er sich zurückzog und sich mit der Hand durch seine Haare fuhr. "Ich glaube ich finde es schade, dass du wohl heute noch arbeiten musst. Vermutlich würde ich dich sonst nicht so schnell wieder hier raus lassen." Er grinste frech und streckte sich, bevor er aufstand und zu seinem Schrank lief, um sich Shorts aus einer der Schubladen zu nehmen und sie sich überzuziehen. Schließlich trat er wieder auf das Bett zu und legte den Kopf ein wenig schief, nachdenklich. "Andererseits... du hast hoffentlich nicht vor, wieder ganz von der Bildfläche zu verschwinden?", fragend suchte er die so schön funkelnden Augen des anderen. "Ich wäre darüber nicht glücklich", stellte er fest und bemerkte ein wenig verwundert, dass es wirklich so wäre. Nathan wäre kein bisschen glücklich darüber, Ragnar überhaupt nie wieder sehen zu können. Dafür war der Nachmittag zu interessant und auch schön gewesen. Von der letzte halbe Stunde einmal ganz zu Schweigen. Nein, er würde Ragnar wirklich nur sehr ungern einfach so ziehen lassen. Ob das jetzt an dem wirklich fantastischen Sex oder an seinem immernoch nicht sinkenden Interesse im Allgemeinen liegen mochte... wen juckte es schon? "Möchtest du eigentlich duschen?", fragte er schließlich. "Oder etwas trinken?" Ragnar Ragnar legte sich zurück nachdem er merkte, dass Nathan sich auch seines Kondoms entledigt hatte und schloss noch einmal einen Moment die Augen. Er spürte den Blick des anderen auf seinem Körper, und insgeheim hoffte er, dass Nathan näher rutschen würde, ihn noch einmal umarmen, ihn noch einmal streicheln würde. Er spürte, wie sehr er das Bedürfnis hatte, einfach in die Arme genommen zu werden. Aber dieses Gefühl war trügerisch. Denn es würde an der Ursache des Gefühls nichts ändern. Der Halt, den er brauchte, konnte er nur sich selbst geben. Das sollte ihm doch mittlerweile klar sein. Nur weil er 'geliebt' worden war, hieß das nicht, dass er deswegen in Sentimentalitäten und Schwäche abdriften durfte. Jedes Mal fiel er in ein Loch, aus dem es so schwer war, wieder heraus zu kommen. Jedes Mal, wenn er Sex gehabt hatte, spürte er hinterher nur umso deutlicher, wie einsam er war. Überrascht blinzelte er, als er den Kuss des anderen spürte und lauschte seinen Worten, ihm mit seinem Blick folgend, als jener aufstand und zum Schrank ging. Ragnar richtete sich leicht auf und stützte seinen Oberkörper auf seine Ellenbogen. Die Arbeit.. Ja er sollte heute wieder ins Lady-Dream gehen und arbeiten. Aber irgendwie hatte er im Moment keine rechte Lust. Kurz war er versucht, zu antworten, dass er ja nicht unbedingt gehen müsste... und Nathan könne ihn ruhig ewig hier gefangen halten. Aber zur Arbeit zu gehen war das einzig vernünftige, das einzige, das ihn genug ablenken würde, um nichts zu vermissen. Ragnar setzte sich auf und suchte seine Unterhose, die er kurz darauf fand und anzog. Schade eigentlich, dass sie schon wieder dabei waren, sich anzuziehen. Gerne wäre er noch einfach liegen geblieben, hätte gerne noch gekuschelt, Zärtlichkeiten ausgetauscht. Aber es war letztlich immer das gleiche. Sobald er damit beschäftigt war, sich darum zu kümmern, dass keine Körperflüssigkeit irgendwo zurückblieb, schienen die anderen es immer als Anlass zu nehmen, dass man gerne aufstehen würde. Ragnar blickte auf, als Nathan zu ihm trat und verkündete, dass er ihn wieder sehen würde, weil er sonst unglücklich wäre. Das Übliche halt, oder? Es wurde ans Gehen gedacht, bevor man gegangen war, und es wurde um ein Wiedersehen gebeten, obwohl man sich noch nicht verabschiedet hatte. Ragnar blickte zu Boden, obwohl er sicher wusste, dass Nathan seinen Blick suchen würde. Aber den war er gerade nicht bereit zu geben. Erst als Nathan ihn fragte, ob er duschen wollte, blickte er wieder auf. "Nein", lächelte er. "Ich dusche zu Hause. Ich muss mich sowieso noch umziehen, bevor ich arbeite. Aber etwas zu trinken wäre toll." Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und blickte sich suchend nach seiner Hose und seinen anderen Gegenständen um. "Und ich denke schon, dass ich nicht so schnell von der Bildfläche verschwinde...", antwortete er nun auf die andere Frage. Wenn er ehrlich war, würde er gerne diesen Nachmittag hin und wieder wiederholen. Gerne hätte er wieder regelmäßig Sex, so guten Sex wie heute. Aber eigentlich brauchte er noch viel mehr. Ob er das aber bekommen würde? Ragnar wusste es nicht. Es würde sich zeigen, was geschehen würde. Punkt um. "Es wird sich zeigen, was geschieht", stellte er dann einfach so in den Raum und lächelte den anderen an. Sein Hemd war unten, weswegen er nur mit der Hose bekleidet dastand. Nathan "Hmmm", brummte Nathan, dabei zusehend wie der andere sich anzog. Irgendwie schien Ragnar gerade unzufrieden. Wenn das das richtige Wort dafür war. Nur weshalb? Ohne sich in lange Fragen, mit noch längeren Antwortmöglichkeiten zu ergehen, trat er auf den anderen zu und schob ihm spielerisch die Finger seiner rechten Hand in den Hosenbund, um ihn näher zu sich zu ziehen. Prüfend sah er in die dunklen Augen, ganz so als würden sie ihm die Antwort freiwillig geben, was sie jedoch erfolgreich verweigerten, denn bis auf ein wenig Überraschung glaubte er dort gar nichts zu erkennen. Er seufzte und lehnte seine Stirn an die des anderen. "Du hast wirkliches Talent, dich um Antworten herum zu winden", beschied er Ragnar, löste seine Stirn dann, um dem anderen an der Schläfe beginnend, bis zum Hals zu küssen. "Aber eine Dusche brauchst du wirklich nicht", murmelte er an der Halsbeuge des anderen und gab dann einen weiteren brummenden Laut von sich bevor er den Kopf wieder hob. "Ich mag den Geruch", erklärte er und lächelte leicht, bevor er seine Hand wieder aus dem Hosenbund löste und sich seinem Schrank nochmal zuwandte, um sich eine beige Dreiviertelhose heraus zu holen und anzuziehen. Er verzichtete auf ein Hemd. Zum einen war es wirklich heiß genug, gerade weil seine Klimaanlage noch nicht lief und zum anderen gab es sowieso nichts zu verstecken, noch einen Grund dafür. "Na dann komm, nicht dass du verdurstest", forderte er Ragnar auf und lief die Wendeltreppe wieder herunter, seinem Wohnzimmer nur einen kurzen Blick zuwerfend. Verschiedene Bücher lagen aufgeschlagen auf der hellen Couch, dazu eine zerwühlte Wolldecke, ohne die er nicht fernsehen oder lesen konnte. Aber im Grunde wirkte es halbwegs ordentlich. Aus dem Zimmer, in den Gang tretend, trat er genau in das gegenüberliegende Zimmer, das die Küche darstellte. Obwohl Nathan selbst ungern kochte, hielt er sich hier relativ gern auf. Die weiße Küchenzeile erstreckte sich an zwei Wänden entlang, während im Eck eine weitere Eckbank samt Küchentisch zu finden war. Das interessante an dieser Küche war, das der Herd und alles was zu solchen Gerätschaften gehörte - Fritteuse, Kochplatten, Backofen - sich in der Mitte des Raumes befand. Von der eigentlichen Küche losgelöst. Der jeweilige Koch hatte so viel Platz zum Herumwuseln und die entsprechenden Besucher könnten es sich auf den hohen Hockern bequem machen und dem armen Kerl sozusagen bei seinen Versuchen zusehen. Im besten Falle war es Sascha, im schlimmsten Falle er selbst. Zielstrebig ging er zum Kühlschrank, zog eine Flasche Wasser hervor und griff sich dann zwei Gläser aus dem Schrank, die er sogleich füllte und eines davon Ragnar reichte. "Ich hab mich vorher mal gefragt, als was du wohl arbeitest und mein bester Tipp dafür wäre Barkeeper. Du wirkst irgendwie so, als könntest du gute Getränke mixen und die benötigte Ruhe beziehungsweise Humor den man wohl dafür braucht, bringst du ebenfalls mit." Er gab seine Vermutung lächelnd ab. Im Grunde war es ihm vollkommen gleichgültig, zumindest momentan, denn wenn Ragnar nicht mehr losmüsste hätte er jenen wirklich gerne noch hier behalten. Nathan selbst fehlte momentan jede Motivation, seine Wohnung heute nochmal zu verlassen, obwohl er doch mal wieder im Savoy vorbeisehen sollte. Er trank einen Schluck von seinem Wasser und grübelte ein Weilchen vor sich hin, bevor er Ragnar einen Blick zuwarf. "Ich mache dir jetzt einen Vorschlag...", begann er, sich noch nicht sicher seiend wie er das formulieren sollte. "Du hast meine Nummer und du hast die letzten Stunden, die wir jetzt gemeinsam miteinander verbracht haben. Damit kannst du dir in aller Ruhe überlegen, ob du mich nochmal sehen willst oder nicht. Denn da bin ich ganz ehrlich", er hielt inne und lächelte ein wenig selbstironisch, "nur auf Sex bräuchte zu warten und würde ich nicht warten. Was damit ebenfalls einen Punkt darstellt, den du dir überlegen solltest, denn ich würde dich wirklich gern wiedersehen und ich lege den Schwerpunkt dabei mehr auf das 'sehen', nicht auf den Sex." Nathan sprach ganz ruhig, ohne sich zu verhaspeln oder eine besondere Betonung auf bestimmte Wörter zu legen. "Ich muss das leider so klar ansprechen, weil ich niemand mit viel Freizeit bin und diese im Grunde nicht damit verbringe, mich wie Tarzan von Kerl zu Kerl zu schwingen. Fühl dich dadurch um Gottes Willen bitte nicht unter irgendwelchen Druck gesetzt, aber wenn du zuhause merkst, dass es nur der Sex, wenn auch richtig guter Sex, wäre, der dich anrufen lassen würde: Dann lass es bitte." Er meinte das nicht böse, aber er legte die Karten nun mal lieber auf den Tisch, anstatt sie zu verstecken. Nathan wäre nicht bereit, seine wenigen Stunden außerhalb der Arbeit nur mit Sex zu verbringen. Das ließe sich auch im Savoy 'erledigen' und müsste nicht auf sein normales Leben übergreifen. Ragnar Etwas überrascht war er schon, als Nathan ihn zu sich zog, doch eigentlich freute es ihn. Nathan suchte seine Nähe und das war genau das, was er sich sehnlichst wünschte, oder? Daher genoss er die Küsse, die Berührungen und auch die Worte, die dieser ihm zuteilwerden ließ. Er konnte ihn gut riechen? Nun, das war doch eine gute Voraussetzung für ein wenig mehr... Und die negativen Gedanken, in die er so gerne hinabstürzte, wenn er jemanden gefunden hatte, der ihn ansprach und der auch noch nett zu ihm war, verblassten ein wenig wieder. Zärtlichkeiten waren Balsam für seine Seele. Aber auch die größten Feinde. Denn später würden sie ihn wieder daran erinnern, dass er etwas vermisste... Später würden sie ihm zeigen, wie verdammt einsam er war... Aber er würde nicht dagegen tun können. Er schaffte es nie, etwas dagegen zu tun. Darauf, dass er Antworten gerne auswich, erwiderte er nichts. Das war so, zumindest teilweise. Eigentlich versuchte er immer ehrlich zu sein, aber teilweise ging es nicht. Aber man merkte es ihm immer direkt an. Gerne folgte er Nathan nach unten, wo er sein Hemd aufhob und es sich anzog. Dann ging er hinter ihm her in die interessant geschnittene Küche, in der man zielstrebig auf jene freistehende Kochgelegenheit zusteuerte, um sich an die 'Theke' zu setzen. Auch Ragnar lehnte sich gegen einen der Hocker und ergriff das Glas, das man ihm reichte. Zügig trank er es leer. Er hatte wieder einmal unglaublichen Durst. Als Nathan nach seiner Arbeit fragte, hob er kurz die Augenbrauen, dann lächelte er. "Nein, Barkeeper ist nicht ganz richtig. Ich bin eher so etwas wie der stellvertretende Geschäftsführer. Ich kümmer mich darum, dass der tägliche Betrieb läuft, dass alles da ist, was gebraucht wird, dass die Leute ihren Job tun und so weiter... Eigentlich nichts großes, aber etwas, was mir doch recht Spaß macht." Er lächelte den anderen an. "Und etwas, wofür man wirklich Ruhe braucht, demnach hast du damit schon mal nicht so Unrecht." Er griff nach dem Krug, den Nathan hingestellt hatte und schenkte sich noch einmal ein, nur um gleich wieder auszutrinken. Ja, so in der Art konnte man seinen Job beschreiben. Auch wenn er die Ruhe für ganz andere Dinge noch mehr brauchte. Als Nathan weitersprach, blickte Ragnar ihn ruhig an. Er begriff, was dieser ihm sagen wollte. Er begriff, was dieser damit ausdrückte. "Ich verstehe", sagte er und nickte innerlich seufzend. Nun eine Fickbeziehung wollte er auch nicht. Auch wenn er diesen Sex gerne wiederholte. Er wollte mehr haben. Aber das würde Nathan ihm nicht so schnell geben können. Und sicher würde er es ihm auch nicht geben wollen. Sie kannten sich kaum. Und Nathan hatte selbst genügend mit seinem Beruf zu tun, als dass er auch noch für Ragnar und dessen Bedürfnisse da sein konnte. "Ich werde mich bei dir melden." Es war nicht das Problem, dass Nathan ihm nicht genügend Signale gab, dass er bei ihm unter Umständen finden konnte, was er suchte. Denn auch Ragnar war niemand, der nur des Sexes Willen ständig loszog. Er hatte den Sex eben wirklich genossen, ihn gebraucht, und er würde gerne mehr davon haben, aber er begriff auch, dass er das nur würde haben können, wenn er Nathan auch nahe an sich herankommen lassen würde. Und so sehr ihm dieser auch mit seinen Worten, seinen Gesten klar machte, dass er wirklich an ihm Interesse hatte, dass er ihm gerne nahe sein würde, dass er ihn gerne berührte und auch gerne zärtlich zu ihm war, so hatte Ragnar vor sich selbst Angst. Denn auch er hatte das Bedürfnis nach Nähe. Mehr, als er es sich selbst eingestand. Aber würde er Nathan damit nicht überfordern? Und wenn jener merken würde, wie verloren Ragnar im Grunde war, würde er sich sicher bald wieder verabschieden. Ragnar hatte Angst davor, dass er wieder anfangen würde sich in jenes Loch zu stürzen, das ihn schon so oft überrollt hatte. Dass er zweifeln würde, dass er sich nicht mehr daran erinnern würde, wie zärtlich der andere war, sondern nur daran, dass er, Ragnar, ihm nie genügen konnte. Dieser Nachmittag war sehr schön gewesen. Er hatte angenehme Gesellschaft gehabt, der ihm immer wieder direkt oder indirekt versicherte, dass er wirklich an mehr, als nur an Sex interessiert war. Aber er hatte dennoch Angst. Angst vor seinem eigenen Misstrauen, dieser Stimme, die in ihm war, und ihm sagte, dass es zu hell in dieser Wohnung war; und die ihm genauso sagte, dass Nathan das sicher nur aus Pflichtgefühl sagte. Er würde es auf sich zukommen lassen müssen. Vielleicht würde es ja bald mal eine Situation geben, in der er sich wieder mit ihm treffen könnte. Und vielleicht würden sie sich dann wieder gut unterhalten. Er würde sich melden… Wenig später verabschiedete er sich und ging zur U-Bahn. Und bereits auf dem Weg dorthin hatte er das Gefühl, dass Nathan sicher froh war, dass er ihn wieder los war. So souverän er im Lady-Dream auftrat, so unsicher war er was diese Sachen betraf. Er dachte zu viel nach, verkomplizierte alles. Und ehe er es sich versah, war die Gelegenheit vorbei. Es war nicht das Selbstvertrauen, das ihm fehlte, sondern es war ein ewiges Zweifeln da, das ihm sagte, dass er aus dem Wunsch nach Nähe diese niemals finden konnte. Aber so klar sah er das nicht. Es war ihm nicht bewusst. Als er zu Hause in seiner kleinen, dunklen Wohnung ankam, ging er ins Bad, um sich zu duschen. Dann suchte er sich seine Medikamente heraus und nahm sie. Und spätestens jetzt, schienen die Zärtlichkeiten nur noch Höflichkeiten zu sein. Sicher hatte Nathan das mit dem Sex nur gesagt, um ihn loszuwerden, oder? Auf dem Weg ins Lady-Dream fiel ihm auf, dass er seine Tüte mit dem Bildband und den beiden CDs in der Wohnung des anderen vergessen hatte. Dann würde er sich doch noch einmal melden müssen. Kapitel 86: Rettungsanker ------------------------- Cole Erschöpft kehrte er ins Lady-Dream zurück. Er hasste es, wenn er Klinken putzen gehen musste, wenn er die anderen Clan-Chefs treffen musste. Denn es war jedes Mal eine Gradwanderung, ein Feilschen, ein vorsichtiges Tasten. Und unterschwellig war es immer gefährlich. Und diese Gefahr sorgte natürlich dafür, dass er angespannt war, dass er versteinerte und dass er das Gefühl hatte, dass jene Losgelöstheit des vergangenen Tages wieder verdammt weit weg war. Er hatte Antonin mittags nach Hause gebracht und war dann ins Lady-Dream gefahren, um Simon zu sagen, was er zu tun hatte, bis Ragnar später käme oder er. Vielleicht würde Ragnar heute ja etwas Besseres zu tun haben, als hierher zu kommen. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen bei dem Gedanken. Wie sehr gönnte er es ihm, jemanden zu treffen, der auch bei ihm blieb, obwohl er den tödlichen Virus in sich trug. Ragnar hatte ihm von seiner Frustration diesbezüglich erzählt. Als er jetzt das Dream betrat sah er Ragnar an der Theke sitzen. Es war schon nach 22 Uhr und im Laden waren vor allem nur die Stammgäste. Ragnar stierte auf sein Whiskeyglas und schien meilenweit entfernt zu sein. Cole trat auf ihn zu und war kurz versucht ihn zu umarmen, ließ es dann aber angesichts der Örtlichkeiten, in der sie sich befanden. „Was ist los mein Schöner?“, fragte er und setzte bewusst einen genervten Unterton. „Hat er es nicht gebracht? Hat er den Schwanz eingezogen? Ist er gar nicht gekommen?“ Ragnar blickte ihn verwirrt an. „Woher weißt du...“ Cole lächelte. „Ich habe 1 und 1 zusammengezählt und kenne dich nun doch schon länger, als ich dachte, wenn ich so darüber nachdenke...“ Sie gingen gemeinsam in Coles Büro und Ragnar erzählte ihm von dem Nachmittag. Und auch wenn Cole versuchte Ragnar zu erklären, dass das alles ziemlich positiv klang, schien jener sich nicht recht überzeugen zu lassen. Zumindest bis Cole ihn packte, ihm kritisch in die Augen sah und zu ihm sagte, dass er ein wunderbarer Mann war, der nicht so viel nachdenken, sondern lieber genießen sollte, dass er jemanden hatte, der an ihm interessiert war, bevor er ihm noch einen kurzen Kuss gab. Gut, er drückte es etwas derber aus, aber es schien Wirkung zu zeigen, denn Ragnar nestelte später an seinem Handy, um offensichtlich eine SMS zu schicken. Sie hatten viel zu tun, denn momentan war das Lady-Dream dabei, sich ein wenig zu ändern. Und so wuselten sie nun durch die Räume und besprachen sich, was sich ändern könnte, was verbessert werden könnte und schließlich gab er Ragnar grünes Licht dafür, dass in nächster Zeit hier einiges umzubauen, umzuorganisieren war. Als er gegen 4 Uhr nach Hause kam, blieb nur noch eine kurze SMS für Antonin: Gute Nacht mein schöner Mann! In meinem Bett riecht alles nach dir und ich wünschte du wärst hier. Fühl dich geküsst, Cole Der nächste Tag brachte nicht weniger Stress, denn bereits am Vormittag rief Costello an, um ihn zu sich zu zitieren. Diesmal war das Treffen nicht ganz so brutal, wie es das letzte Mal gewesen war, dennoch wusste Cole, dass er sich momentan wenig erlauben konnte. In der nächsten Zeit, würde er tun müssen, was jener wollte, sonst lief er zu sehr Gefahr, dass Costello nachforschen könnte, was sich bei Cole geändert hatte, dass er so ‚widerspenstig‘ war… oder was auch immer diesem Menschen im Kopf vorgehen mochte. Er wollte kein Risiko eingehen, wollte Antonin nicht gefährden. Und als Costello ihm ausbreitete, dass er am nächsten Tag nach Chicago fliegen sollte, wehrte er sich nicht, auch wenn er Lust hatte, das verpatzte Tanzen mit Antonin nachzuholen. Und hinsichtlich der bevorstehenden Fahrt bedeutete das für ihn, dass er viel zu organisieren hatte, wofür er Ragnar ziemlich einspannte, der irgendwann zu seinem Handy griff und danach fast ein wenig erleichtert wirkte. Aber so leid es Cole tat, so hatte er momentan keinen Kopf, sich darum auch noch zu kümmern. Ragnar war ein erwachsener Mann, der selbst entscheiden musste, was er tat. Als er Antonin anrief, ob er zu ihm kommen dürfe, war es schon nach 0 Uhr. Doch jener, der etwas müde wirkte, erlaubte ihm zu kommen. Cole war aufgefallen, dass er sonst gar keine Möglichkeit mehr haben würde, als 25-jähriger Antonin zu treffen, denn er würde erst am Montag zurückkehren und dann wäre er bereits 26. Sie verbrachten eine schöne Nacht miteinander. Sie war irgendwie anders, als sonst. Vertrauter? Zärtlicher? Romantischer? Cole wusste es nicht, aber es war schön, einfach zu jemandem kommen zu können, um sich auszuruhen. Und er merkte es immer deutlich, wie sehr er runterkommen musste, wenn er bei ihm war. Leider musste er schon vor Antonin aufstehen, hinterließ ihm nur einen Zettel, auf dem er ihm sagte, dass er sich schon darauf freute, wenn sie sich am Montag wiedersehen würden. Chicago gestaltete sich als ebenso stressig, wie er es erwartet hatte. Leider waren die Pläne nicht so recht aufgegangen, die sie entwickelt hatten. Und daher kam er gerade noch rechtzeitig, damit die Situation nicht gänzlich eskalierte. Dennoch war dieses Wochenende erneut eines, in dem er wieder einmal dem Tod, jenem Mann, der in seinen weiten Armen die Seelen der Menschen einsammelte, begegnete. Dieser Switch zwischen seinem Ich, das in Antonins Armen lag, und dem Ich, das sich in dieser Welt bewegte, war unglaublich. Und das Ich, das hier gebraucht wurde, war schnell präsent und erschütterte ihn dennoch abgrundtief. Spät am Samstagabend setzte er sich an seinen Laptop und öffnete sein E-Mail Programm. Hey Antonin! Ich habe festgestellt, dass ich zu viele Fantasien habe, als dass ich sie wirklich auflisten könnte… Aber eines ist diesen Träumen immer gleich: Du spielst die Hauptrolle. Wie wäre es, wenn ich dich mit diesen Fantasien immer dann überrasche, wenn wir in einer vergleichbaren Situation sind? Du hast auch gerne das Recht, immer Stopp zu sagen, wenn es dir zu weit geht. Ich hoffe du hast ein paar schöne und erfolgreiche Tage! Ich umarme dich, Cole Nur noch zwei Nächte… Ob er es schaffte, das hier alles zu überstehen, ohne Sex zu haben? Cole wusste es nicht. Antonin Mit einem Knall schloss Antonin die Wohnungstür hinter sich, ließ seine Reisetasche an Ort und Stelle zu Boden fallen, entledigte sich noch der vor Dreck starrenden Jacke und seiner Schuhe und tapste dann wie ein Zombie ins Wohnzimmer zu seiner geliebten Couch, auf die er sich auch ächzend fallen ließ. Er fühlte sich wie durch die Mangel gedreht und wieder ausgekotzt, außerdem hatte er ein Gefühl das Hunger sein könnte, doch dessen war er sich nicht mehr so sicher. Dafür war es in den letzten beiden Tagen zu beständig geworden. Ein treuer Begleiter sozusagen. Ihm war so ziemlich jeder Muskel seines Körpers überdeutlich bewusst, besonders die Schulterpartie und sein Bauch brüllten geradezu nach einem langen Bad in sehr heißem Wasser und einer noch längeren Massage. Gott, wie er das über drei Jahre ausgehalten hatte? Und verdammt, wie sehr er sich gerade wünschte, dass Cole hier wäre und ihm ein paar Streicheleinheiten für die Seele spendierte. Und für den Körper. Überhaupt für alles. So wie letzten Donnerstag als dieser ihn erst aus dem Schlaf geklingelt hatte, um zu fragen ob er noch vorbeikommen könnte. Beizeiten würde er ihm einfach einen Schlüssel geben, dann wäre das Thema gleich erledigt. Als ob er jemals etwas dagegen haben würde… aber dafür wurde er mit einer sehr schönen Nacht für den versäumten Schlaf belohnt. Schlaf, aus dem er die letzte Nacht schon mal um 4 Uhr morgens gerissen wurde, aber selbst da konnte er nicht schmollen, denn die SMS hatte ihn lächelnd wieder ins Traumland zurück geschickt. Soweit war also ausnahmsweise wenigstens in dieser Richtung alles in Ordnung. Kein Stress, keine dummen Fragen, keine Unsicherheiten. Einfach nur die ruhige Gewissheit, die ihm der letzte Dienstag, nein vielmehr die ihm Cole beschert hatte. Antonin war dafür mehr als dankbar. Wofür er weniger dankbar war, war ein Mensch namens Nicholas. Nicht nur dass der ihm mehr als deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass er Cole auf den Tod nicht mehr leiden konnte, nein da war auch die deutliche Anklage gewesen, dass er Antonin nicht mehr für zurechnungsfähig hielt, sich nochmal auf 'den Kerl' einzulassen. Nicholas schien ein Händchen dafür zu besitzen, ihm vor Augen zu führen durch was er wegen Cole schon alles für Fegefeuer gegangen war, und dass er sich psychisch von ihm abhängig machen würde. Ab da war es mit dem ruhigen Gespräch natürlich vorbei gewesen und er hatte den älteren Russen aus seiner Wohnung komplimentiert. Mit vorgehaltener Waffe. Was er am Donnerstagabend natürlich verschwieg, um Cole nicht mit solchen Dingen von seiner 'Geschäftsreise' abzulenken. Zudem Antonin sich gar nicht so sicher war wie dieser darauf reagieren würde. Am Ende bekäme der nur Angst, dass Antonin sich tatsächlich abhängig machen würde. Und ganz ehrlich… was hieß hier würde? Er schnaubte und raffte sich von der Couch auf, um doch einmal den Inhalt seines Kühlschrankes zu überprüfen. Natürlich war er in gewisser Weise abhängig von Cole. Er war dessen Guard. Er liebte ihn. Was genau erwartete Nicholas eigentlich? Brummelnd den leeren Kühlschrank betrachtend, beschränkte er sich darauf Wasser zu erhitzen und das Ganze mit einem Suppenwürfel genießbar zu machen während er über sein Wochenende nachdachte. Am Freitagvormittag konnte er das Gebäude kurzfristig begehen. Wovon er Cole natürlich, mit schlechtem Gewissen, berichtete. Hallo Drache, ich sollte dich häufiger bei mir ins Bett zerren, denn auch ich mag den Geruch. Leider kann ich das Gebäude, das ich kaufen will doch nicht mit dir zusammen besichtigen, da ich kurzfristig einen Termin bekommen habe. Aber ich zeige es dir ganz bestimmt noch! Kuss, Antonin Bis dahin war also alles noch in perfekter Ordnung. Doch als er seine Wohnung betrat und diesmal er derjenige war, der sich vor einem Waffenlauf befand, ging das ganze mal wunderbar den Berg runter. Erzwungenermaßen nahm er die Reisetasche, die für ihn gepackt worden war, und ließ sich von Nicholas aus der Stadt raus kutschieren. Ohne sein Handy. Dieses Arschloch! Der Russe nannte das ganze Aggressionsabbau auf beiden Seiten. Antonin nannte es Wiedereingliederung in einen Arschlochverein, Auffrischung von Gehirnwäsche und Tortur vom Feinsten. Aber wer wollte schon kleinlich sein? Mitten im Nirgendwo, in einem Wald wurde er mitsamt Zelt aus dem Fahrzeug 'befördert' und bekam den Auftrag zu überleben. Höhö.. Antonin hätte gar nicht so viel essen können wie er kotzen wollte. Doch alles Fluchen, Toben und Brüllen brachte nichts, außer ein paar auffliegende, sich beschwerende Vögel und die Preisgabe seiner Position. Nach einigen Stunden der Verweigerung fiel ihm auf, dass es ihm gar nichts brachte, alleine auf dem Präsentierteller einer Lichtung zu sitzen und beschloss den Spieß umzudrehen. Antonin war schon immer lieber der Jäger als der Gejagte gewesen und Nicholas konnte so weit weg nicht sein. Das Zelt blieb das Wochenende über ein rhetorisches Deathweight, während er selbst 'Hallo' zu altbekannten Gefühlen sagen durfte. Kurz, sein Wochenende war ätzend, kalt, aggressiv, gewalttätig und es half seiner Psyche kein bisschen. Auf der Heimfahrt, ungefähr um 3 Uhr am Montagmorgen, hatte er damit begonnen, Nicholas anzuknurren, wenn dieser auch nur in die ungefähre Nähe seines Körpers kam und spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde Antonin bewusst, auf was Nicholas abgezielt hatte. Und jener konnte zu diesem Zeitpunkt mehr als froh sein, das er darauf bestanden hatte, die Waffen zu entladen, denn Antonin hätte ihn wohl ohne einen zweiten Gedanken erschossen. Und jetzt hockte er hier um 9 Uhr morgens in seiner verfickten Küche, aß eine verfickte Brühe, hatte eine verfickte Laune und die verfickte Ahnung, dass sein Leben jetzt nicht unbedingt leichter geworden war. Ächzend schob er den Teller beiseite und ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken. Wenn er auch nur minimalst zurückweichen würde, wenn Cole ihn berührte, dann würde jemand sterben. Und das hätte Nicholas dann davon, ihn wieder komplett 'aufgeweckt' zu haben. Hätte in diesem Moment jemand in Antonins Augen gesehen, hätte dieser jemand wohl niemals geglaubt, dass normalerweise blau in ihnen zu finden war. Doch als Antonin dann wieder aufsah und sein Handy auf der Küchenzeile liegen sah, schnappte er es sich und tippte eine sehr kurze SMS an Cole. Eine, über die er nicht großartig nachdachte, sondern einfach dem vorherrschenden Gefühl folgte: Ich vermisse dich Nathan Er versuchte dem Gespräch seiner beiden Freunde zu folgen, er versuchte es wirklich, aber er merkte selbst wie seine Gedanken nicht wirklich hier waren. Sie waren nicht einmal bei dem durchaus vorzüglichen Lachsm, den er gerade zu sich nahm, oder in diesem neuen Szenelokal, das wie alles andere in New York vor kurzem aus dem Boden geschossen war und in 3 Monaten sicherlich wieder vergessen sein würde. Ja, seine Gedanken waren überall, nur nicht hier. Da gab es zum einen die Preisverleihung, die heute Abend stattfinden und mit der er sich lieber befassen würde als seine Mittagspause außerhalb des Büros zu verbringen. Gerade die letzten Stunden vor einer so großen Veranstaltung waren mehr als kritisch und dann kamen diese beiden einfach so in sein Büro gestürmt und zwangen ihn mehr oder minder, mit zum Mittagessen zu gehen. Natürlich hatten sie nicht unrecht wenn sie ihm vorwarfen, dass er sein ganzes Wochenende für diese Verleihung geopfert hatte, aber im Grunde besaßen sie keine Ahnung davon, was alles schief gehen konnte. Was wenn das Essen nicht rechtzeitig auf den Tischen wäre. Oder gar kalt? Was wenn die Beleuchtung oder der Ton einfach nur Scheiße wäre? Was, wenn der Saal gar nicht groß genug für alle Tische war? Was wenn.. es gab soviele Details auf die man achten musste. Nathan konnte sie nicht einmal in Gedanken alle aufzählen. Selbst Elisa hatte heute Morgen schon jemanden am Telefon angefahren. Das war einer ihrer ganz, ganz großen Kunden und sie konnten es sich bei aller Liebe nicht leisten, heute zu patzen. Und als ob das noch nicht reichen würde, blieb da noch das Mysterium Namens Ragnar. Nathan war sich, bis zu dessen Verabschiedung ziemlich sicher gewesen, nicht alleine mit dem Wunsch dazustehen den anderen besser, näher kennen zu lernen. Doch dieses 'ich verstehe' als Reaktion war etwas mager. Hinzu kam noch die erste SMS, in der er sich zwar für den schönen Nachmittag bedankte, Nathan aber dann doch nur wegen den vergessenen Dingen wiedersehen wollte? Aber da hatte er sich noch gar nicht so den großen Kopf gemacht, denn der andere war ja sowieso nicht unbedingt leicht zu lesen oder in seinen Gesten nachzuvollziehen. Die zweite SMS jedoch, hatte das Fragezeichen über Nathans Kopf nicht nur wieder aufleben sondern auch vergrößern lassen. Was für Umstände? Wovon sprach der andere da eigentlich? Und dass die Arbeit dazwischenkommen konnte, davon konnte er selbst ja schließlich ein Liedchen trällern. Weshalb er dann doch geantwortet hatte. Hi! Keine Entschuldigung nötig, das sind keine Umstände. Höchstens wenn das Buch Beine bekommt und ich darauf aufpassen muss, dass es nicht wegläuft ;) Melde dich einfach wenn es dir passt. Gruß, Nathan Das Problem daran war nur, dass er sich inzwischen fragte, ob Ragnar sich überhaupt nochmal melden würde. Und wenn, war es dann wegen diesen Dingen oder wegen ihm? Hätte er vielleicht doch anders an die Sache herangehen sollen? Aber das wäre nicht sein Stil. Nathan quatsche nun mal nicht um den heißen Brei herum. Entweder er fand jemanden interessant und anziehend genug, um mehr Zeit mit ihm verbringen zu wollen, oder eben nicht. Gerade letzteres erfuhren 99,9% der Männer mit aller Deutlichkeit von ihm. Warum er aber dann mit den verbleibenden 0,1% immer so ein Problem hatte war ihm dann auch unbegreiflich. Robin, der Mann mit dem er fast ein Jahr zusammen gewesen war, hatte sich von ihm getrennt, weil er sich an Nathans Seite klein und bedeutungslos vorkam. So ein Quatsch! Grummelnd stieß er fester als nötiger nach seinem Lachs und bekam auch prompt den Kommentar von Blair, dass der Fisch bereits tot wäre. "Ja, ich lache dann wenn ich Zeit habe", grollte er und steckte sich das Fischstück bedeutungsvoll in den Mund. Warum genau hätte Robin sich bedeutungslos fühlen sollen? Nathan verstand es bis heute noch nicht, selbst wenn Sascha ihm mehrmals versucht hatte klar zu machen, dass es eben nicht immer leicht war, an der Seite einer so erfolgreichen Person zu stehen. Na und? War er eben erfolgreich. Das wusste Nathan und das hatte Robin gewusst. Aber hatte er diesem auch nur einmal das Gefühl gegeben, weniger wert zu sein? Nein, mit Sicherheit nicht. Immerhin war er in Nathans Augen ja vielmehr das Gegenteil. Wen interessierte es denn, ob Robin 'nur' in einem Reisebüro arbeitete? Ihn ganz bestimmt nicht. Und im Nachhinein durfte er sich ja auch anhören, dass es Robin schon lange so gegangen sei, aber er sich nicht getraut hätte, etwas zu sagen. Warum nicht?! Und das war der Grund warum Nathan so wischi-waschi Aussagen eigentlich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Weshalb er bei Ragnar nicht direkt Ausschlag davon bekam, war ihm bis jetzt noch unbegreiflich. "Verdammt, muss man heutzutage denn in einer Mülltonne hausen, um nen Kerl abzubekommen?", fluchte er und ignorierte die verständnislosen Blicke seiner Freunde ebenso wie die pikierten der näher dransitzenden 'feineren' Gesellschaft. Cole Cole stieg aus dem Flieger und war erleichtert. Chicago war doch erfolgreicher gewesen, als es anfangs ausgesehen hatte. Während sie am Samstag noch gerade an einem Gangkrieg entlang geschlittert waren, hatte am Sonntag Cole das Sprechen übernommen und es tatsächlich geschafft, dass man sich friedlich einigte. Gut, er hatte einige Vorarbeit gebraucht und ein paar... nennen wir es 'Druckmittel', damit jenes Clanoberhaupt eingesehen hatte, dass es besser für ihn wäre, einen Friedensvertrag zu schließen. Aber wie das erreicht wurde spielt ja letztlich keine besondere Rolle. Fakt war, dass es geklappt hatte. Cole war am vergangenen Abend gefeiert worden, auch wenn er lieber einfach nach Hause geflogen wäre. Erstens hasste er den Trubel um seine Person, die man dort in Chicago zelebrierte, zum anderen spürte er das dringende Bedürfnis nach Entspannung, nach Sex. Und natürlich fand er an diesem Abend jemanden, der ihm das Bedürfnis nach Sex befriedigte, nicht aber nach Entspannung. Er wartete auf seinen Koffer, durfte wie jedes Mal eine genaue Durchsuchung des Gepäcks über sich ergehen lassen, und stieg dann in das nächste Taxi. Seufzend lehnte er sich zurück. Er sehnte sich nach Antonin. Die Nacht auf Freitag war so schön gewesen, so angenehm. Er schaltete sein Handy ein. Leider hatte der andere nicht auf seine Mail geantwortet. Nun, was hätte er schon groß sagen können dazu. Aber irgendwie hatte er auf eine Nachricht gehofft. Als das Handy ihm signalisierte, dass er eine SMS hatte, las er diese gleich durch. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, er blickte auf die Uhr. Es war 12:45 Uhr Die Nachricht war bereits fast 4 Stunden alt. Scheiß Zeitverschiebung, Scheiß flight mode. Ob Antonin zu Hause war? Kurzentschlossen wies er den Taxi Fahrer an, zu einer Antonins Adresse zu fahren. Cole wusste zwar, dass er wenig Zeit hatte, aber auch er hatte Bedürfnisse: Er hatte das dringende Bedürfnis Antonin in den Arm zu nehmen und ihn zu küssen, denn auch er hatte den anderen vermisst. Und dann war da noch ein seltsames Gefühl in ihm, das ihm sagte, dass die SMS des anderen ein wenig nach einem Hilfeschrei klang. Ob es mit dem Haus am Freitag nicht geklappt hatte, ob am Wochenende irgendetwas schief gelaufen war? Ob er wieder mehr Erinnerungen hatte? Irgendwie schlug eine Art Antonin-Detektor Alarm. Und bevor er nicht sah, dass seine Sorge unbegründet war, würde er wohl keine Ruhe finden. Und so stieg er aus, nahm seinen Koffer und klingelte an der Tür. Irgendwann würde er hoffentlich einen Schlüssel bekommen. Ok, das wäre dann wohl wirklich ein Zeichen, dass sie offiziell zusammen waren, aber so schlimm war das ja auch nicht, oder? Ragnar Ragnars Woche war seltsam. Anders konnte er es nicht ausdrücken. Cole und das Lady-Dream hielten ihn ganz schön auf Trab. Wobei er für die Ablenkung dankbar war. Und dann war ausgerechnet an dem Wochenende, in dem im Lady-Dream und ihm Loom, dem Club, der zum Lady-Dream gehörte, die Hölle los, weil ein Eventwochenende anstand. Ragnar hatte allein dadurch schon so viel zu tun, dass er kaum zum Schlafen kam, was leider immer wieder massive Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel auslöste. Der Arzt sagte zwar immer, dass das normale Nebenwirkungen waren, aber dennoch nervten sie ihn. Sie nervten ihn unglaublich. Als sich dann auch noch am Samstag herausstellte, dass einer seiner Kuriere Mist gebaut hatte, spürte er, dass er gerade ziemlich überfordert war. Wie sollte man da noch ruhig bleiben, was jener Kurier, auch wenn er ehrlich gesagt nichts dafür konnte, komplett abbekam. Seine Laune besserte sich auch nicht wenn er ein wenig zu Hause war, ein wenig Ruhe hatte. Denn dann fiel er in genau das Loch, das er genauso hasste, wie es ihm vertraut war. Diese bittersüße Einsamkeit, die Besitz von ihm ergriff, ihn einlullte und sich dann schmerzvoll in seinen Magen bohrte, so dass er nicht nur aufgrund der Medikamente ständig das Gefühl hatte, sich übergeben zu wollen. Dieser herbe Geschmack von Aussichtslosigkeit, das ihn alle Rollläden seiner Wohnung herunterlassen ließ, weil das Licht zu hell war, und ihn dann in sein Wohnzimmer lockte, wo er sich in den Sessel setzte und das Gefühl hatte, dass der Raum im Verhältnis zu ihm, unnatürlich groß war. Sein Arzt sagte immer, dass es viele Menschen gab, die aufgrund der Infektion Depressionen hätten, ob er denn manchmal das Gefühl der Aussichtslosigkeit hätte. Ob er Stimmungsschwankungen hätte, Suizidgedanken? In diesem Falle würde man dann von einer manischen Depression sprechen. Nein, lieber Herr Doktor, wo denken sie hin? Ich sprühe doch vor Leben... Doch jedes Mal, wenn er sein Handy in die Hand genommen hatte, sich überlegend, ob er Nathan nicht einfach anrufen sollte, steckte er es wieder weg. Wie sollte dieser ihm helfen können? Als er Montag eine SMS von Cole erhielt, dass er gegen 15 Uhr im Lady-Dream sein würde, blickte Ragnar, der eigentlich gerade gehen wollte, weil er dachte Cole käme früher, auf die Uhr. 13 Uhr - noch zwei verdammte Stunden, bis er Cole sehen konnte. Jener würde ihn sicher aufbauen. Jener baute ihn schon alleine durchs eine Anwesenheit auf, durch seine Energie, seine Entschlossenheit. Für Ragnar war es immer das Schlimmste, wenn er sehen musste, dass Cole keine Kraft mehr hatte. So wie damals, als er mit Antonin gestritten hatte zum Beispiel. Das konnte er kaum ertragen. Letzte Woche hatte ihm das so gut getan, als jener am Mittwoch ihn aufgefangen hatte. Letzten Mittwoch hatte er auch noch das Gefühl gehabt, dass Nathan es wirklich ernst mit ihm meinte. Am Donnerstag war das Gefühl schon wieder verblasst. Und jetzt? Jetzt saß er wieder in seinem Loch und starrte vor sich hin. Was Nathan wohl gerade tat? Ob er viel zu tun hatte? Wahrscheinlich... Ragnar griff nach seinem Handy und wählte die Nummer des anderen. Er musste etwas gegen dieses Loch unternehmen. Dringend. Und wenn er es nicht ausprobierte, dann würde es vielleicht wieder viel zu lange dauern, bevor er sich befreien könnte. Oder er würde wieder in Versuchung kommen, dem ganzen endlich ein Ende zu setzen. Einen Moment schaute er zu, wie sein Handy wählte, dann hielt er es sich vorsichtig an sein Ohr, als hätte er Angst, dass das viel zu laute Freizeichen ihn anspringen könnte. Als er die Stimme des anderen, der sich mit seinem Namen meldete, hörte musste er unwillkürlich lächeln. Sie war so sanft, mit einem leisen kratzen im Abrollen. Eine göttliche Stimme, die besonders schön war, wenn er raunte, flüsterte... 'Ragnar', hörte er plötzlich und merkte erst jetzt, dass er noch nichts gesagt hatte, sondern nur zugehört hatte. "Hi", begann er und räusperte sich kurz, merkend, dass er kaum Stimme hatte. "Ich... ich wollte nur wissen, wie es dir geht und mich entschuldigen, dass ich mich noch nicht früher gemeldet habe, aber es war die Hölle los am Wochenende." Er sprach leise, aber ruhig. Seine Augen waren geschlossen, den Reaktionen des anderen lauschend. "Ich.. ich wollte wissen, ob wir uns irgendwie treffen können, sofern du ein wenig Zeit hast. Wann ist mir egal... Ich..." Er schwieg kurz. "Ich würde dich gerne sehen", fügte er dann ein wenig atemlos an. Nathan "Mister Gardner, der Florist ist dran! Anstatt der gewünschten roten Rosen wurden gelbe geliefert!", und mit diesen wunderbaren Worten überfiel ihn seine Assistentin, kaum dass er die Agenturräume wieder betrat. Er hatte es ja geahnt. Seufzend legte er sein Jackett auf ihrem Schreibtisch ab und lockerte seine Krawatte, bevor er eine herrische Handbewegung in Richtung des Telefons machte. Welches ihm auch sofort gereicht wurde und er sich nun gegen den Schreibtisch lehnte und die Augen schloss. "Gardner hier. Ich hoffe Ihnen ist bewusst in welch missliche Lage Sie nicht nur uns, sondern auch sich selbst mit Ihrer immer deutlicher hervortretenden Inkompetenz befördern?", seine Stimme war ruhig, wie immer wenn er Geschäfte führte, schließlich brachte es nichts, die Menschen von zwei Seiten zu bedrängen. Die Worte alleine mussten und würden vollkommen ausreichen. "Das ist mir vollkommen gleichgültig. Sie haben Ihren Vertrag ebenso einzuhalten wie ich den meinigen und wenn vom Kunden rote Rosen gewünscht werden, dann sollten sich heute Abend dort auch rote Rosen auf den Tischen befinden. Und ich spreche nicht von lieblos in eine Vase gestopfte Rosen, sondern die georderten Gestecke. Ansonsten werden wir leider von einer weiteren Zusammenarbeit mit Ihnen absehen. Womöglich nicht nur wir. Sie wissen ja, wie schnell sich solche Dinge herumsprechen." Er lauschte auf die Antwort und öffnete die Augen wieder. "Ja, dessen bin ich mir sicher. Guten Tag." Kopfschüttelnd reichte er das Handy wieder an Natscha und stieß sich von seinem Schreibtisch ab. "Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich nicht einfach exzentrischer Künstler geworden bin", murmelte er, griff nach seinem Jackett und machte sich auf den Weg zu seinem Büro. Wo er einen einigermaßen unwilligen Blick auf seinen Posteingang warf, dann jedoch erleichtert war, keine weiteren Katastrophen für heute Abend dort zu finden. Und obwohl der Florist ihm hoch und heilig versprochen hatte, alles Menschenmögliche in Bewegung zu setzen, griff Nathan ein weiteres Mal zum Telefon, um die Veranstalter zu befragen, was sie von einer kurzfristigen Änderung zu gelben Rosengestecken hielten. Besser man hielt sich beide Optionen frei. Das erledigt wissend, mit der Möglichkeit gegebenfalls tatsächlich auf Gelb umsteigen zu können, sah er nicht auf als sein Handy ging und meldete sich mit seinem Namen. Als sich nach kurzer Zeit niemand meldete, runzelte er die Stirn und hielt das Handy weg, um die Nummer zu überprüfen. "Ragnar?", murmelte er und scheinbar löste das eine Reaktion am anderen Ende aus. "Hey, schön von dir zu hören." Sofort schlich sich ein Lächeln auf sein eben noch eher leicht genervtes Gesicht. "Wie gesagt, kein Problem. Ich weiß sehr gut wie das mit der Arbeit ist", beruhigte er den anderen, dessen Stimme gerade ein wenig unsicher klang, wenn er sich nicht täuschte. "Natürlich können wir uns treffen", stimmte Nathan sofort zu und lächelte ein wenig breiter. "Tatsächlich freue ich mich ziemlich über deinen Anruf, ich hatte schon die Befürchtung, du würdest dich nur nochmal wegen deinen Dingen melden. Heute Abend muss ich leider noch eine Preisverleihung auf den Weg bringen. Das wird wohl so bis 22 Uhr dauern bis ich loskönnte. Wenn dir das mit deiner Arbeit nicht passt, schlag einfach was vor, ich hab die nächsten Tage ein wenig Ruhe und würde mir die Zeit dann einfach nehmen." Sah so aus als hätte er sich vorher im Restaurant doch umsonst einen Kopf gemacht. Aber er würde wohl in Zukunft ein genaueres Auge auf sich selbst haben, um zu überprüfen, ob er andere Leute tatsächlich so klein neben sich selbst machte. Antonin Ein wenig orientierungslos fuhr er von seinem Bett hoch. Hatte es gerade geklingelt? So aus dem dringend benötigten Schlaf gerissen zu werden war nicht unbedingt angenehm. Definitiv nicht. Gähnend hangelte er sich von der Matratze und zog sich auf dem Weg zur Haustür noch sein schwarzes Schlafshirt über. Er wollte die Tür nicht nur in Jogginghose öffnen. Doch dann stockte Antonin, kurz bevor seine Hand den Türöffner unten entriegeln würde. Was wenn das Nicholas war? Aber der würde ja doch nur wieder einfach hier hereinplatzen. Hm.. Schulterzuckend betätigte er den Summer schließlich doch, öffnete seine Wohnungstür einen Spalt und trat zurück. Nachdem er die SMS an Cole geschrieben hatte, war er für lange Zeit unter der Dusche gestanden. Sich den ganzen Dreck, Schweiß und wenn möglich auch die negativen Gefühle wieder von der Haut waschend. Und von Minute zu Minute schien die Müdigkeit ihn mehr zu überrollen, bis er schließlich nachgegeben, aus der Dusche getreten und nach einem kurzen Abtrocknen einfach nur noch ins Bett gefallen war. Gott sei es gedankt, traumlos. Fast ohne zu überlegen, nahm Antonin seine Waffe aus der Reisetasche und lud sie nach. Natürlich hoffte er auf Cole, sogar mit ganzem Herzen, aber er würde sich nicht nochmal von jemandem anderen überrumpeln lassen. Mehr aus Zufall fiel sein Blick in den kleinen runden Spiegel neben seiner Garderobe und er seufzte als er sich erkannte. Wenn er seinen Anblick mit dem von vor ein paar Tagen verglich, dann war jetzt nichts Strahlendes mehr an ihm. Natürlich auch keine kühle Aura wie sie Cole besaß, aber... naja, wie sollte man das bezeichnen? Eine gewisse Abwehrhaltung, die überhaupt niemanden auf die Idee bringen würde, ihm nahe zu kommen? Ja, damit könnte man es wohl beschreiben. Verdammt, verdammt, verdammt. Vom Geräusch sich nähernder Schritte aus seinen Gedanken gerissen trat er ein Stück zurück und hob die Waffe. Zielte. Statt eines schnell klopfenden Herzens, wie er es von Freitag auf Samstag jedes Mal hatte wenn er die Waffe hob, schlug es ruhig in seiner Brust. Jeder Vorteil war auf seiner Seite und er war ein guter Schütze. Da sollte mal jemand versuchen ihn heute gegen seinen Willen aus der Wohnung zu bekommen… Er schluckte hart als Cole in sein Sichtfeld kam und ließ die Eagle sofort sinken. Sicherte sie im Zuge dessen und legte sie auf sein Telefonkästchen ab, den Blick dann sofort wieder auf den anderen Mann richtend. Ein Mann, der gerade so viel vitaler aussah als er selbst sich fühlte. Ein Mann, der wohl geradewegs vom Flughafen hierhergekommen war. Ein Mann, in dessen Augen er wohl gerade so etwas wie Erkenntnis aufglimmen sah. Natürlich... Cole würde sich seinen Teil zu dieser Aktion denken. Gnah, am liebsten hätte Antonin auf etwas eingeschlagen und gleichzeitig wollte er nichts mehr, als kleines Kind sein und sich trösten lassen. Er wollte die Lüge hören, dass sich alles wieder einrenken würde und dass sich jetzt nichts ändern würde. "Ich...", setzte er an und sah dabei zu wie Cole sich offenbar fing und die Tür hinter sich schloss. "Ich befürchte wir haben ein Problem." Ja, das traf es ausgezeichnet. Jetzt wäre es wohl an der Zeit ein paar Karten auf den Tisch zu legen. Vielleicht nicht jetzt gleich. Antonin fühlte sich zwar momentan ein wenig wie eine tickende Zeitbombe, doch er hatte noch nicht das Bedürfnis den anderen in dicke Watte zu packen, um ihn zu beschützen. Das war gut. War es doch, oder? Cole Mit eiligen Schritten nahm Cole die wenigen Stufen hinauf. Bereits vom letzten Absatz aus, sah er, dass die Tür offen stand. Ein Glück, dass Antonin zu Hause war. Cole musste unwillkürlich lächeln. Doch als er in die Tür trat fand er sich plötzlich vor dem Lauf der Eagel des anderen wieder. What the fuck...? Kritisch sah er den anderen an, der einerseits erschrocken schien, dass er ihm den Lauf seiner Knarre vor die Brust hielt, und andererseits froh darüber schien, ihn zu sehen. War er doch, oder? Coles Blick wurde dunkler. Also hatte ihn sein Gefühl nicht getäuscht. Es war etwas geschehen. Und dieses etwas hatte damit zu tun, dass Antonin wieder kein Problem damit hatte, eine Waffe auf jemand anderen zu richten. Und damit wusste Cole, dass es nichts war, was ihm gefallen würde. Doch noch bevor sich Cole Gedanken machen konnte, ob Antonin beschlossen hatte, dass er ihn hier nicht mehr haben wollte und er deshalb die Waffe auf ihn hielt, legte Antonin sie schnell ab. So konnte Cole wenigstens sicher sein, dass nichts passiert war, was bedeuten würde, dass es mit ihm direkt zu tun hatte. Aber was war dann geschehen? Ob er ein Erlebnis gehabt hat, bei dem er sein Leben hatte verteidigen müssen? War er in eine Situation gekommen, in der er wieder seine Fähigkeiten hatte abrufen müssen? Aber welche Situation konnte das gewesen sein, in dem Großstadtdschungel New Yorks? Ok, da gab es genügend. Und als Antonin sagte, sie hätten ein Problem, blieb Cole nichts anderes, als die Tür zu schließen und zu nicken. "Das scheint mir auch so", bestätigte er und trat einen Schritt auf Antonin zu. Seine Augen blickten verwirrt in die des anderen. Er hatte keine Sekunde Angst gehabt, der andere würde ihn erschießen wollen. Aber wenn er in diese Augen sah, dann bekam er Angst. Wo war dieses Leuchten, in dem er sich am Donnerstag noch hatte baden können? Vielmehr wirkten sie jetzt sturmgrau, aufgewühlt, wie das Meer bei einem Taifun. Wer hatte ihm das angetan? "Zumindest halte ich es nicht für normal, dass du deine Besucher mit einer Waffe begrüßt. Und schon gar nicht, wenn diese Besucher gekommen sind, weil sie dachten, willkommen zu sein", murmelte er, lächelte kurz und hob die Hand vorsichtig, um sie Antonin auf die Wange zu legen. "Was ist passiert?", fragte er nun endlich und die Sorge in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er wusste, dass er sich bei Antonin nicht verstellen musste. Vorsichtig glitt seine Hand von der Wange des anderen hinab zu dessen Hals, über die Schulter den Arm hinunter. Bis er Antonin schließlich zu sich zog und in seine Arme schloss. Ragnar Nathan klang so unglaublich unbekümmert, so unglaublich fröhlich. Ragnar musste schmunzeln, als er die Worte des anderen vernahm. Licht, ging es ihm durch den Kopf. Diese Stimme war wie das Licht der Sonne, dass sich zielsicher durch eine Gewitterwolke schob, um einen Regenbogen hervorzubringen. Und er war so verdammt ehrlich. Er sagte einfach, dass er sich freute. Er sagte einfach, dass er es schön fand, dass Ragnar sich meldete. Und er sagte einfach, dass er Angst gehabt hatte, Ragnar würde nur seine Sachen abholen. Und wenn Ragnar ehrlich war, so hatte er am Donnerstag tatsächlich überlegt, wie er an seine Sachen rankommen könnte. Nicht, weil er Nathan nicht eigentlich unglaublich gerne kennen lernen würde, sondern aus Angst. Und dann war da noch diese unglaublich schöne Stimme. Ruhig lauschte er den Worten des anderen und überlegte kurz. Er wusste, dass er heute noch Nathan sehen musste, wenn es möglich war. Denn wenn er ihn erst morgen treffen würde, dann würde das bedeuten, dass er noch zu viel Zeit hatte, abzusagen. "Oh", meinte er dann fast schon ein wenig enttäuscht, als Nathan sagte, er müsse noch bis 22 Uhr wegen der Preisverleihung arbeiten. Doch dann überlegte er. Cole würde da sein, er könnte also ruhig mal früher gehen. Und um die Uhrzeit war es für ihn normalerweise eigentlich ganz angenehm, denn da war er recht fit. Durch seinen Job, aber auch früher schon neigte er dazu, in der Nacht fitter als am Tag zu sein. "Ich könnte mir ab 22 Uhr frei nehmen, das sollte kein Problem sein", meinte er nachdenklich. "Aber ich vermute, dass du nach deinem Empfang recht müde sein wirst. Daher möchte ich dich nicht stören." Er sprach zögerlich. "Andererseits weiß ich noch nicht so recht, was morgen auf mich zukommt..." Innerlich hoffte alles, dass Nathan ihm bestätigen würde, dass es kein Problem darstellen würde, wenn sie sich noch nach 22 Uhr sehen würden. Und offenbar schienen seine Gebete erhört worden zu sein, denn jener versicherte ihm, dass es kein Problem sein würde. "Gut", erwiderte Ragnar und streckte sich erleichtert, öffnete die Augen, mit einem Mal putzmunter und voll Energie. Kurz überlegte er. "Dann sag mir, wo ich um 22.30 sein soll und ich bin da." Für Nathan würde es einfacher werden, einen Treffpunkt zu nennen, schließlich wusste dieser besser, wo er sich aufhalten würde, und wie schnell er an einem Treffpunkt sein könnte. Und wenn sie sich erst um 22.30 treffen würden, hätte Nathan zudem noch genügend Zeit, falls noch etwas länger dauern sollte. Kaum hatten sie sich auf einen Treffpunkt geeinigt, suchte Ragnar sich etwas Neues zum Anziehen aus dem Schrank. Anschließend ging er duschen, um sich frisch zu machen, gelte seine Haare und investierte nötige Zeit, um seinen 5-Tage-Bart loszuwerden. Er hatte sich für sich selbst in den letzten Tagen keine Zeit genommen. Umso wichtiger war es, dass er es jetzt tat. Mit einem Mal so viel besser gelaunt betrachtete er schließlich das Ergebnis seiner Bemühungen und zog sich eine Jeans und ein Hemd an, und fuhr schließlich ins Lady-Dream. Cole würde noch ein wenig brauchen, bis auch er dazukommen würde. Antonin Entgegen seiner eigenen Erwartungen, schreckte er nicht vor Coles Hand zurück. Obwohl sich für die Dauer weniger Sekunden seine Nervosität davor in Herzflattern niederschlug, tat ihm die Berührung unglaublich gut. Fast augenblicklich schloss er seine Augen und reagierte erst einmal nicht auf die Fragen, genoss die sanfte Berührung und erwiderte die Umarmung sofort. Auch wenn es von seiner Seite wohl mehr ein Klammern war. Ganz so als wäre Cole in diesem Moment der Anker im sicheren Hafen, den er nicht mehr hergeben wollte. "Ich hab dir was verschwiegen", murmelte er schließlich gegen das Hemd des anderen, den Kopf nicht hebend und die Umarmung nicht lösend. Antonin hatte das Gefühl, dass alles erst so richtig real werden würde, wenn er es aussprach. Dabei wollte er Cole nicht in die Augen sehen. Wollte nicht sehen wie jener vielleicht enttäuscht davon wäre, dass er es ihm nicht sofort gesagt hatte. Wollte nicht sehen wie der andere vermutlich gar nicht begeistert vom Lauf der Dinge war. Alles was Antonin momentan wollte, war es zumindest solange nicht auf den harten Boden der Realität aufzuprallen, wie er in den Armen des anderen gehalten wurde. "Ich erinnere mich jetzt schon eine Weile wieder an alles. Zumindest glaube ich, dass es alles ist. Und ich habe es nur nicht erwähnt, weil es irgendwie noch weit weg war. Weil ich das Gefühl hatte, dass ich diesen Teil von mir immer noch schlummern lassen könnte. Dass es uns nicht schaden würde, wenn ich wenigstens einen normalen Beruf und ein normales Leben hätte. Zudem ich dachte, dass es dir so auch lieber wäre." Antonin schluckte hart, drehte sich ein wenig in den Armen des anderen und lehnte seine Stirn an dessen Schulter. "Ich hab mich vor Tayra verplappert. Vielleicht hat sie es Nicholas gesagt, vielleicht hab ich mich vor ihm auch verhaspelt. Ich weiß es nicht", fuhr er fort und seine Stimme, obwohl sie sogar noch etwas leiser als normal war, klang in seinen eigenen Ohren laut. Er lockerte den Griff um Cole ein wenig und seufzte. "Wir hatten am Mittwoch schon wieder Streit. Er war hier, als ich nach Hause kam. Ich hab‘s dir nicht erzählt, weil ich dachte es würde dich von deiner Reise ablenken. Obwohl er es mir anders versprochen hat, konnte er dich als Thema nicht fallen lassen. Er hat meine Entscheidungen angezweifelt und hält dich für das personifizierte Böse. Mir ist der Kragen geplatzt und ich hab ihn unter Waffengewalt rausgeworfen. Naja, eigentlich mehr unter gezogener Waffe." Diesmal sah er doch auf. Direkt in Coles Augen und ein störrischer Glanz schlich sich in sie. Beruhigten den darin tobenden Sturm ein wenig. "Es geht abgesehen von dir und mir niemanden einen Scheißdreck an, was wir tun und lassen", knurrte er, bevor er seufzte und seine Stirn wieder an Coles Schulter ablegte. "Am Freitag wurde ich dann nach der Begehung sozusagen aus meiner eigenen Wohnung entführt. Von Nicholas. Er nannte es eine Art Aggressionsbewältigung für uns beide. Hm.. seltsame Art und Weise. Ich habe das Wochenende in einem Wald verbracht, mit geladener Waffe beim Räuber und Gendarmspielen. Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt. was das Ganze soll, außer mich aggressiv zu machen, außer mich vor Zorn und Wut fast vergehen zu lassen." Antonin stockte kurz. "Er hat das Ganze damit hinter dem Vorhang hervorgeholt, den ich durch meinen Unfall vor den ganzen Geschehnissen hatte. Es ist wieder präsent. Alles. Und damit meine ich wirklich alles. Ich bin ehrlich froh, dass du mich berühren kannst." Und hier war er immer leiser geworden und verstärkte seinen Griff um Cole nochmal. "Wenn du jetzt er gewesen wärst, hätte ich ihn erschossen", grollte er plötzlich und musste die Augen schließen, um diese neuerlich Gewaltanwallung wieder zurück zu drängen. Früher hatte ihm sein Labor geholfen. Jetzt half im Coles Nähe. Antonin war nicht bereit, sich nochmal in diesem Taumel an Unnahbarkeit fallen zu lassen. Er war nicht bereit wieder auf Gefühle wie ehrliche Fröhlichkeit zu verzichten. Auch wenn er ahnte, dass nun abermals ein sehr langer Weg vor ihm lag. "Ich denke er wollte mich bestrafen, nicht auf ihn gehört zu haben", setzte er wieder an und trat dann doch einen Schritt zurück, unsicher den Blick des anderen suchend. "Bist du enttäuscht? Ich habe wirklich, wirklich versucht diesen Teil hinter mir zu lassen." Cole Ruhig hörte Cole Antonin zu, und hielt ihn auch weiter in seinen Armen, als er merkte, dass Antonin seine Nähe brauchte. Offensichtlich fiel es Antonin nicht leicht, ihm zu sagen, was es zu sagen gab. Und wenn es ihm so leichter fiel, würde er es ihm nicht verwehren. Und so lauschte er den Worten, dass Antonin sich schon länger an Einiges erinnern konnte, an die Dinge, die seine Ausbildung als Guard wohl betrafen und wahrscheinlich auch an die Dinge, die in Russland geschehen waren. Und damit war Cole klar, der ja selbst keine Ahnung von den Dingen hatte, dass er sich auch wieder an die Ursache für die Narben erinnern konnte. Und das genügte Cole um zu wissen, dass es Antonin sicher nicht besonders gut ging. Seine Stirn zog sich zusammen, seine Augen wurden nachdenklich, dunkel, während Antonin weitersprach. Antonin hatte ihm also von seinen Erinnerungen nichts gesagt, weil er glaubte, dass es für sie so besser wäre? Hatte er es wirklich getan, um ihm, Cole, zu gefallen? Cole sollte etwas klar stellen, aber Antonin sprach bereits weiter. Er erzählte ihm von Nicholas, von ihrem Streit. Jener schien also nicht nur allgemein etwas gegen Schwule zu haben, sondern speziell gegen die, die Antonin dazu verführten, sprich gegen ihn. Und wahrscheinlich hatte Nicholas zu viele Situationen mitbekommen, in denen es Antonin wegen ihm direkt oder indirekt nicht gut ging. Zuletzt natürlich wohl die Aktion im Savoy, bei der Tayra ja live und in Farbe dabei gewesen war. Er war also das personifizierte Böse, von dem sein 'Sohn' die Finger nicht lassen kann. Und deswegen mussten Erziehungsmaßnahmen eingeleitet werden. Coles Augen wurden eisig. Als Antonin sich von ihm löste und ihn ansah, konnte er nur versuchen, seinen Blick nicht zu tödlich werden zu lassen. Sacht strich er Antonin über den Rücken, und jener lehnte sich wieder gegen ihn, den Halt brauchend, den er ihm gerade gab. Kurz schloss er die Augen, um sich auszumalen, was Antonin am Wochenende wohl durchgemacht hatte, und die Wut, die in ihm gärte, erhielt neue Nahrung. Als Antonin ihm mitteilte, wie froh er war, dass Cole ihn trotz allem anfassen konnte, drückte er den anderen aus einem unbewussten Reflex heraus, noch enger an sich. Er würde nicht zulassen, dass Antonin sich ihm wieder entfernte. Nicht jetzt, wo sie sich endlich gefunden hatten. Seine eine Hand glitt den Rücken entlang nach oben und streichelte durch das Haar des anderen. "Schh...", wisperte er, als er spürte, wie Antonins Zorn über diesem einbrach. Ruhig erwiderte er den Blick des anderen, als dieser sich von ihm gelöst hatte, ihn nun ansah. "Mach dir keine Sorgen", sagte er beruhigend, doch seine Augen tobten in eisiger Kälte. "Ich bin nicht enttäuscht. Es ist so, wie es ist, und damit müssen wir jetzt umgehen. Es bestand schließlich schon immer die Möglichkeit, dass du dich wieder erinnerst, dass dein früheres Leben dich einholt. Das war uns beiden klar, dass das irgendwann wieder geschehen könnte. Und es ist Bullshit, dass du glaubtest, du könntest mir ohne diesen Teil von dir besser gefallen." Er blickte Antonin mahnend an. "Du bist, wie du bist. Und so möchte ich dich und nicht anders, klar?" Er lächelte den anderen an und hob seine Hand, um jenem sacht über das Gesicht zu streicheln. "Das einzige, was mich an der ganzen Geschichte unglaublich nervt", sein Lächeln verschwand und sein Blick wurde mordlustig funkelnd, "ist dieses Arschloch Nicholas. Entschuldige Antonin. Ich weiß, dass er so etwas wie ein Bruder für dich ist. Aber eines sage ich dir. Wenn dieser Mann mir nur einmal über den Weg läuft, weiß ich nicht, ob ich an mich halten kann, ihn nicht zu erschießen." Ernst sah er seinen Freund an. "Er ist dein Ausbilder, das mag sein. Aber wenn er dich wirklich wie einen Bruder liebt, wieso verdammte Scheiße, wieso kann er dich dann nicht akzeptieren, wie du bist. Und wieso um alles Verfluchte in der Welt, musste er dich damit bestrafen, dass du dich an das, was dir die schlimmsten Schmerzen in deinem Leben verursachte, was dir den Wunsch zu sterben verursachte, erinnerst? Ich begreife es nicht, Antonin. Wenn er wirklich dein Bruder ist, wieso macht er so etwas? Kannst du mir das erklären? Wieso hat er dir das antun müssen? Weil du jemand bist, der seinem Herzen folgt? Weil du weißt, was du willst, und was du nicht möchtest?" Cole spürte seine Wut mehr als deutlich. Und eines wurde ihm gerade besonders deutlich bewusst. Für ihn erklärte sich das alles nur damit, dass Nicholas Antonin das alles nur aus gekränkter Eitelkeit schien antun zu müssen, weil jener das Gefühl hatte, dass er Antonin nicht mehr kontrollieren konnte. Coles Kiefer knirschte, als sich seine Zähne aufeinanderpressten. Offensichtlich schien der 'Ausbilder' die Kontrolle über seinen Schüler zu verlieren. Und damit konnte dieser nicht leben. Also sorgte er dafür, dass er ihn verletzte, dass er ihm wieder seine wahre Natur vor Augen führte. Mordlust schlich sich in Coles Augen. "Ich glaube das ist nur ein Grund, weshalb er das alles veranstaltet hat. Der zweite ist, dass er mich bestrafen will. Ich wette mit dir, dass er mich bald besuchen kommen wird. Und ich weiß, wie ich ihn empfangen werde." Einen Moment war sein Blick abwesend, dann blickte er Antonin wieder an. "Was hast du Tayra von mir erzählt? Dass ich im organisierten Verbrechen arbeite? Hast du vorher nie etwas Derartiges über mich erzählt?", er blickte den anderen eindringlich an. Antonin Antonin atmete tief durch und nickte. Ja, die Möglichkeit, dass er sich erinnerte, hatte immer bestanden. Aber es verärgerte ihn momentan, denn bis vor kurzem hatte er sich erinnert, nur ohne die dazugehörigen Emotionen. Es war so viel leichter gewesen, einfach ganz normal weiter zu machen. Vor allem ohne die Alpträume. "Es ging nicht darum, dir ohne diesen Teil besser oder schlechter zu gefallen", stellte er trotzdem klar. "Es ging darum, dass ich geglaubt habe, dass es dir und mir lieber wäre, wenn sich nur einer von uns auf seltsame Kamikaze Missionen einlässt und tagtäglich sein Leben gefährdet." Wobei es ihm natürlich lieber wäre, wenn das gar keiner von ihnen beiden tun müsste. Doch dann lächelte er ehrlich erleichtert und zog Cole kurzentschlossen zu sich, um ihn zu küssen. Ein sanfter Kuss, der irgendwie dazu diente, sie beide zu beruhigen, denn Coles Augen konnten einem momentan schon ein wenig Angst machen. Auch wenn dieser Zorn momentan nicht gegen Antonin gerichtet zu sein schien. Gott sei Dank. "Ich bin froh, dass du so denkst", erklärte er auf die Worte des anderen, dass jener ihn wollte, so wie er war, egal was er darstellte. "Sogar sehr froh. Und erleichtert." Antonin lächelte ebenfalls. Zum ersten Mal seitdem Cole seine Wohnung betreten hatte und schmiegte sich mit der Wange ohne jedes Zögern gegen die streichelnde Hand. Cole tat ihm so gut. So unendlich gut. Doch als der andere fortfuhr, verspannte er sich ein wenig, denn bereits bei den ersten Worten, ahnte er wo sie enden würden. Eine Ahnung, die sich mit jedem weiteren Wort mehr bestätigte. Ebenso wie die Wandlung, die sich vor seinen Augen vollzog. Die Wandlung dieser wunderschönen Augen, von denen man nicht annahm, dass sie mit dem Mann um die Wette lachen konnten - zumindest nicht wenn man sie so wie jetzt sah. Dazu kam dann noch die Wahrheit der Worte. Eine Wahrheit, vor der Antonin sich noch ein wenig versteckt hatte. Die er nicht an sich heranlassen wollte, aus Angst dann endgültig von einem Monster Namens Wut verschlungen zu werden. Doch noch war Cole hier. Noch gab alleine die Anwesenheit des anderen ihm genügend Selbstvertrauen in seinen tatsächlichen, seinen natürlichen Charakter, um ruhig zu bleiben. Oder, so ruhig es eben ging. Dafür schien das Monster gerade dabei zu sein, sich in Cole niederzulassen, denn dessen Ausstrahlung verfinsterte sich von Wort zu Wort, von Sekunde zu Sekunde. "Dich bestrafen?", murmelte er dann, ein wenig abgelenkt von der deutlichen Mordlust in den Augen seines Partners. Doch schließlich schüttelte er den Kopf leicht, um wieder einen freien Kopf zu bekommen. Dieser Blick galt nicht ihm. Ganz bestimmt nicht. Auch wenn momentan er derjenige war, der ihn stellenweise abbekam. "Ich kann seine Bewegungsgründe nicht mehr nachvollziehen", gab er dann doch zu. "Teilweise wollte er wohl, dass ich dich nicht mehr an mich heranlasse. Was seine anderen Beweggründe waren? Ich weiß es nicht... ich erkenne den Mann nicht mehr, der er momentan ist. Er hat mich in den letzten Tagen nicht nur einmal in Panik versetzt..." Das letzte war geflüstert und näher würde er nicht auf das Thema eingehen. Es war sowieso nahe genug dran. Daran zuzugeben, Angst gehabt zu haben. Angst vor einem Menschen zu haben, der ihm eigentlich viel bedeuten sollte. Doch dann sah er abrupt auf und griff nach Coles Hand, dessen Blick diesmal mit Entschlossenheit suchend. "Egal was du tust, du darfst ihn nicht töten!", beschwor er ihn. "Er hat eine kleine Tochter. Meine Patentochter wird ihren Vater nicht durch mich verlieren. Weder direkt noch indirekt." Hier würde er nicht verhandeln lassen. Immerhin war es der einzige Grund, warum Nicholas noch herumlief. Antonin mochte viel sein, aber selbst in einer seiner Panikattacken drangen bestimmte Dinge zu ihm durch: Coles Befehle, Cole im Allgemeinen und Gedanken an Personen, die er für seine Familie hielt. Doch dann seufzte er und ließ den Kopf ein wenig hängen. "Tayra weiß so gut wie nichts von dir. Außer das du der Käufer meiner Drogen und mein Ziel bist. Ich habe nichts anderes erwähnt. Oder ...", er hielt inne. "Eventuell habe ich mal etwas von Autoschiebereien und Ratten erwähnt?", es klang fragend. Antonin hatte den Abend vom Savoy nicht mehr so perfekt im Kopf. Abgesehen davon, dass er Cole betrogen hatte und dem Streit. "Aber das erst vor kurzem. Nicholas weiß natürlich mehr. Was von der Aktion mit diesem Psycho-Polizisten herrührt und daher, dass ich mich wieder trainieren ließ, um der Szene überhaupt gewappnet zu sein." Antonin fühlte sich wie ein Verräter. Er war so ein Idiot und er würde nie wieder überhaupt irgendwem irgendetwas erzählen. Cole Nur zu gerne erwiderte er den Kuss, hatte er doch gehofft, noch eine Stunde hier mit Antonin genau damit verbringen zu dürfen. Stattdessen erhielt er Nachrichten, die ihn ärgerten, die wieder alles über den Haufen schmissen, was sie sich gerade angefangen hatten aufzubauen: eine sorglose Existenz für Antonin, und sein bescheidenes Leben. Doch, dass er den anderen kurz lächeln sehen durfte, ließ es alles gar nicht mehr so schlimm scheinen, auch wenn Cole ahnte, dass die nächste Zeit wieder aufwühlender werden würde, als ihm lieb sein wird. Als Antonin zugab, dass er Nicholas Beweggründe nicht nachvollziehen konnte, war ihm klar, dass er früher oder später Nicholas selbst fragen musste. Und dass das kein einfaches Gespräch werden würde, da es emotional überladen sein wird, war ihm bewusst. Und Cole hatte keine Ahnung worauf dieses Gespräch hinauslaufen könnte, denn er wusste nicht, was Nicholas wollte. Wollte er Antonin wirklich verbieten, ihn zu sehen? Cole ahnte nur, was dahinterstecken könnte. Aber er würde es erst wissen, wenn er Nicholas gegenübertreten würde. Irritiert blickte er Antonin an. Dieser Mann sprach von Panik? Dieser unglaublich starke Mann hatte wirklich das Gefühl von Angst, unglaublich großer Angst gehabt? Cole knurrte leise. Und ohne darüber nachzudenken zog er Antonin wieder zu sich, vergrub seine eine Hand in den Haaren des anderen und küsste ihn sanft an den Hals. "Ich werde nicht zulassen, dass er dir irgendwas tut. Ich muss heute arbeiten, aber wenn irgendetwas ist, dann rufst du mich sofort an. Und wenn du dich hier nicht wohlfühlen solltest, dann kommst du bitte zu mir." Cole nannte Antonin den Zahlencode für seine Wohnung. "Bitte mach davon Gebrauch, so oft du möchtest." Ernst sah er den anderen wieder an. Den entschlossenen Blick des anderen und die darauf folgenden Worte nahm Cole mit Skepsis wahr. "Ich verstehe dich. Und ich werde es nicht darauf anlegen. Ich kann deine Argumente mehr als gut nachvollziehen und verspreche dir, dass ich nichts Unüberlegtes tun werde, aber wenn dieser Mann dir in irgendeiner Art und Weise versucht weh zu tun, ohne dass du das möchtest, dann garantiere ich dir für nichts. Tut mir leid." Nein, da würde Cole keine Gnade kennen. Antonin war ihm wichtig. Und seit letztem Dienstag war ihm das bewusster denn je. Cole hatte sich dazu entschlossen, Antonin zu einem Teil seines Lebens zu machen. Und daher würde er diesen Teil bestimmt nicht kampflos hergeben oder sich wieder nehmen lassen. Niemals. Antonin ging ihn etwas an. Er gehörte zu ihm, war ein Teil von ihm geworden. Und diesen Teil wollte er nicht wieder missen müssen. Außer natürlich, es wäre besser für Antonin. Dessen Wohlbefinden stand natürlich nach wie vor an oberster Stelle. Wenn Nicholas ihm jemals wirklich klar machen würde, dass es für Antonin wirklich das Beste wäre, nichts mit Cole zu tun zu haben, dann wären das vielleicht andere Situationen. Aber momentan schien es Antonin gut zu tun, mit ihm zusammen zu sein. Und wenn es Antonin gut ging, konnte seine Anwesenheit doch nicht ganz schlecht sein. Cole nickte und betrachtete den Mann vor sich, der den Kopf leicht hängen ließ. Einen Moment war er in Gedanken, dann hob er die Hand und wuschelte Antonin durchs Haar. "Lass den Kopf nicht hängen, Sonnenschein", sagte er leise und versuchte zu lächeln. "Wäre gelacht, wenn wir das nicht hinbekämen. Und vielleicht hat es auch etwas Gutes, dass du dich wieder erinnerst. Dann kannst du vielleicht mal wieder auf mich aufpassen. Und was das Wichtigste ist. Du kannst auf dich aufpassen. Denn auch wenn ich es nicht gerne sage. Aber mit mir zusammen zu sein, ist für dich nicht sicher. Aber ich denke, das weißt du." Er seufzte und strich Antonin über die Wange. Sanft küsste er den anderen auf die Stirn. "Und jetzt bringe ich dich ins das Bett, aus dem ich dich glaube ich gerade geschmissen habe." Antonin Abermals schloss Antonin fast unbemerkt die Augen als er wieder zu Cole gezogen und ein wenig liebkost und geküsst wurde. Er seufzte leise. Am liebsten würde er den anderen jetzt mit sich ins Bett nehmen und ihn als großes Kuscheltier gebrauchen. Aber das Leben war nun mal kein Wunschkonzert, weswegen er nur zu gerne annahm was Cole ihm an Zärtlichkeiten zukommen ließ, um sich später im Bett daran erinnern zu können. Ein wenig träge öffnete er die Augen als der andere wieder zu sprechen anfing, bis sich Überraschung in seinen Blick schlich. Hatte ihm Cole da tatsächlich gerade den Code zu dessen Wohnung gegeben? Halluzinierte er vielleicht schon im Halbschlaf? Aber da waren noch die anderen Worte. Worte die in dieser Ernsthaftigkeit ausgesprochen ein sehr angenehmes, warmes Gefühl in Antonins Inneren auslösten. Wie sehr er diesen Mann brauchte... "Vielen Dank", murmelte er und lehnte sich an Cole, im Vertrauen, dass jener verstand, was er ihm damit sagte. Dass er sich nicht einfach nur für den Code bedankte, sondern auch für die Sorge. Dafür dass der andere ihn nicht im Regen stehen ließ, sondern bereit war ihm da durch zu helfen. Antonin hatte nicht wirklich etwas anderes erwartet, aber die Unsicherheit mit diesen ganzen neuen, bzw. alten Faktoren zu anstrengend zu werden war gegeben. "Das Versprechen reicht mir vollkommen", erklärte er schließlich und suchte Coles Blick. "Ich vertraue dir, dass du weißt was du tust, während ich dir verspreche, mich nicht mehr so überrumpeln zu lassen. Mach dir also bitte darüber nicht so große Gedanken, ich bin sicher, es renkt sich früher oder später schon noch alles ein." Antonin bemerkte selbst schon gar nicht mehr, dass er damit eine ausgezeichnete Verdrängungstaktik fuhr. Eine Art mit Dingen umzugehen, die eigentlich nicht die seine war, aber eine, die ihm momentan half, noch halbwegs klar zu kommen. Natürlich würde sich nicht alles einfach so wieder einrenken, das war utopisches Wunschdenken. Etwas, das Antonin momentan einfach brauchte. Und wenn es nur wäre bis er seinen Schlaf nachgeholt hätte. Etwas, das auch Cole mitbekommen zu haben schien, woraufhin Antonin ein wenig gequält lächelte. "Ja, ich werde die Gegner dann mit meinem strahlenden Licht zum erblinden bringen und irgendwann einen Preis für die unkonventionellste Kampftechnik gewinnen", murrte er, doch darauf folgte dann ein ehrliches Lächeln. "Ja, bring mich ins Bett, dann muss ich nicht darüber nachdenken, dass ich sehr genau ahne, wen ich früher oder später an meinen Fersen heften habe und ihm trotzdem nichts tun darf", murmelte er und ließ sich, nachdem Cole ihn nochmal die Stirn geküsst hatte anstandslos vom anderen ins Schlafzimmer zurück bugsieren und aus seinem Shirt helfen. Sich sofort wieder in die noch leicht warme Bettdecke kuschelnd verlangte er noch einen Kuss und war schon vertrauensvoll dabei einzuschlafen, als er Coles Frage hörte, ob dieser später gegebenenfalls noch einmal vorbeikommen könnte. Mit ein wenig Kraftanstrengung öffnete Antonin seine Augen wieder und suchte Coles Blick, der neben seinem Bett stand und auf ihn herabsah. Eigentlich eine Position die er noch vor einiger Zeit zutiefst verabscheut hätte, doch momentan fühlte er nichts anderes als Ruhe in sich. Die Ruhe und Gewissheit, dass dieser faszinierende Mann ihm garantiert nichts tun, sondern eher noch auf ihn aufpassen würde. "Der ganz linke Schlüssel, auf dem Holzbrett im Gang. Nimm ihn dir. Ich hab nicht sowas cooles wie eine Zahlenkombination. Und es wäre sehr schön, wenn du nochmal vorbeikommen würdest. Egal wann." Gegen Ende hin wurde er wieder leiser. Die Kraftlosigkeit, die er für das Gespräch mit Cole nur erfolgreich beiseite geschoben hatte, überrollte ihn schließlich doch und so schlief er bereits tief und fest, bevor der andere seine Wohnung verlassen hatte. Und es war ein deutlich ruhigerer Schlaf als der davor, denn er fand in der Gewissheit statt, dass da jemand war, auf den er wirklich zählen konnte, dem er vertraute und von dem er in dieser Hinsicht noch nie enttäuscht worden war. Cole Es renkt sich wieder ein? Nun, sicher nicht von alleine, denn Cole glaubte nicht, dass Nicholas morgen vorbeischauen würde, sich entschuldigte und die Tortenstückchen für das Kaffeekränzchen auspacken wird. Bestimmt nicht. Aber vielleicht half es Antonin gerade, Ruhe zu finden. Und deswegen sagte Cole nicht zu diesem Wunschdenken. Er widerlegte es nicht, stimmte dem aber auch nicht zu. Dafür lächelte er, als Antonin über neue Kampftechniken philosophierte. "Ja, das klingt wunderbar", lachte er leise und küsste Antonin sanft. "Und wenn es nicht bei deinen Gegnern funktionieren sollte, dann entwaffnest du zumindest immer mich mit deinem Lächeln..." Ein sachter Kuss auf die Stirn, in den er schmunzeln musste, und Cole brachte Antonin ins Schlafzimmer. Als Antonin ihm sagte, dass er sich den Ersatzschlüssel mitnehmen solle, nickte er und setzte sich noch kurz neben Antonin, streichelte ihm sanft über den Kopf, bis dieser gänzlich eingeschlafen war. Sein Blick war sorgenvoll. Was bitte hatte Nicholas vor? Er begriff es nicht. Wenn er ein Problem mit ihm hatte, dann konnte er das teilweise nachvollziehen, aber so würde er Antonin nie dazu bringen, seine Finger von ihm zu lassen. Oder? Nun, er musste aufmerksam abwarten was geschehen würde. Und dass er mit Nicholas einen unberechenbaren 'Feind' hatte, war ihm klar. Dieser Mann war kein Amateur und er war auch keiner von diesen idiotischen Gangmitgliedern, die gerne mit ihren Waffen rumfuchtelten, weil sie keinen Schwanz in der Hose hatten. Nicholas war gefährlich. Als Antonin tief und fest und ruhig schlief, stand er auf und verließ die Wohnung, den Schlüssel mitnehmend und sorgsam hinter sich abschließend. Dann fuhr er nach Hause, duschte und zog sich um, bevor er ins Lady-Dream fuhr, wo er eine Menge Arbeit auf seinem Schreibtisch fand. Ragnar begrüßte ihn gut gelaunt. Als Cole nachfragte, erzählte dieser ihm, dass er sich später noch mit Nathan treffen würde. Coles Hoffnung, früher gehen zu können, war also dahin. Aber er sagte nichts diesbezüglich. Er gönnte es Ragnar aus vollstem Herzen, dass es offenbar jemanden gab, der sich auf ihn einließ, obwohl er von dem Virus wusste. Er umarmte den anderen, wohl ein wenig auch aus dem Bedürfnis, selbst umarmt zu werden. "Versprich mir, Ragnar, dass du nicht vergisst, was für ein wunderbarer Mensch du bist", murmelte er und das Nicken des anderen reichte ihm. Cole war bewusst, dass Ragnar einer der Menschen war, die gerne für andere, speziell für ihn und hoffentlich auch in Zukunft für Nathan, da waren, darüber aber vollkommen sich selbst vergaßen. Und er ahnte, dass es Ragnar nie so gut gehen konnte, wie er das immer versuchte zu vermitteln. Es gab Situationen, in denen das immerwährende Lächeln des anderen gequält aussah, zumindest für ihn. Er kannte ihn einfach schon zu lange. "Und jetzt lass uns arbeiten... Wie ich sehe ist das Wochenende gut gelaufen..." Sie besprachen, was in seiner Abwesenheit geschehen war, gingen die wichtigen Dinge der Woche durch. Sie würden eine neue Lieferung bekommen aber diesmal würde sie auf dem Landweg zu ihnen kommen. Und dann war da noch seine Aufgabe, die er annehmen hatte müssen: die Einrichtung eines Kommunikationsnetzwerkes, das gesamt New York beinhalten sollte. Keine ganz einfache Aufgabe, und vielleicht würde sie auch ergebnislos bleiben, denn momentan kriselte es in der South Bronx mal wieder massiv, aber wenn es funktionieren würde, dann wäre das ein enormer Vorteil gegenüber denen, die das Gesetz zu hüten hatten. Und so stürzte er sich in die Arbeit, plante weiter den Umbau des Lady-Dream und schaffte auch den Besuch von Costello am frühen Abend glimpflich über die Bühne gehen zu lassen. Jener schien zufrieden mit dem Bericht aus Chicago und so war er offenbar wieder der 'gute Junge', der dennoch nie die Augen des anderen ohne Misstrauen sehen durfte. Später würde er zu Antonin fahren und bei ihm schlafen, das nahm er sich vor. Aber bis dahin war noch einiges andere zu erledigen. Gegen 22 Uhr verabschiedete sich Ragnar, der ein wenig nervös schien und sich von ihm noch ein wenig Bestätigung abholte, dass er verdammt gut aussah. Cole nahm sich vor, heute das Lady-Dream pünktlich um 1 zu schließen. Es war Montag, da sollte das doch kein Problem sein. Kapitel 87: Mogli und Shir Khan ------------------------------- Nathan Mit einem Gefühl der Erleichterung betrat er die Tiefgarage und hielt auf sein Auto zu. Heute schien im Allgemeinen ein guter Tag für ihn zu sein. Zum einen hatte die Preisverleihung wunderbar begonnen und lief nun schon seit ein paar Stunden, was es Nathan ermöglichte jetzt schon zu verschwinden, dann hatte man ihm sein Auto aus der Werkstatt geliefert und er würde sich gleich mit Ragnar treffen. Perfekt. Ebenso perfekt wie das nun wieder makellose Heck seines Mercedes, in das ihm ein übereifriger Taxifahrer vor ein paar Tagen gerauscht war. Zwar hatte Nathan kein Problem damit, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, aber gerade zu Veranstaltungen wie diesen fuhr er schon ganz gern im eigenen Auto vor. Er öffnete den Kofferraum, zog sein Jackett aus und begann damit, sein Hemd aufzuknöpfen. Es war ihm bewusst gewesen, dass er keine Zeit mehr haben würde noch nach Hause zu fahren, darum hatte er zumindest soweit vorgesorgt als er sich für den Empfang umgezogen hatte. Schnell zog er sich das einfache dunkelblaue T-Shirt über den Kopf und verstrubbelte sich die Haare ein wenig. Würde schon so gehen... Schnell war der Kofferraum wieder verschlossen und er stieg ein, sich kurz darauf problemlos in den Verkehr einfädelnd. Am Telefon war nicht viel Zeit geblieben um sich einen Treffpunkt auszudenken an dem sie in der Nähe auch etwas unternehmen könnten, denn selbst in einer Stadt wie New York blieb der Montag nun einmal der Montag. Selbst die Partysüchtigsten musste sich irgendwann einmal erholen und schleppten sich nach der Arbeit zumeist nur noch nach Hause. Aber, dank einer Schnellsuche im Internet - neben Gesprächen für die Verleihung - war er auf eine Art Glückstreffer gestoßen. Zumindest sah er das so. Der Treffpunkt war schnell erreicht und befand sich vor einem Springbrunnen. Abermals war sein Parkplatz wohl dem Wochentag zu verdanken, oder einfach nur seinem sprichwörtlichen Glück. Wer wollte es schon so genau bestimmen? Er schnappte sich die Tasche, die man ihm mitgegeben hatte, schloss sein Auto ab und hielt auf den fröhlich vor sich hin plätschernden Brunnen zu. Eine Meerjungfrau, mit einem Kelch aus dem wohl auch in tausend Jahren noch Wasser kommen würde, wenn man dem Bildnis Glauben schenken wollte. Ein wenig suchend sah er sich um, bis er den anderen tatsächlich auf sich zukommen sah. Sah so aus als wären sie diesmal beide zur ungefähr gleichen Zeit hier aufgetaucht. Und wow... Ragnar sah richtig gut aus. Nicht dass er das davor nicht auch getan hatte, aber da war eine Art Selbstbewusstsein? Egal was es war, es brachte Nathan zum Lächeln. Er blieb stehen, sah dem anderen dabei zu wie jener näher kam. "Na schöner Mann?", begrüßte er Ragnar sobald der nahe genug heran war und trat dann näher in den Bereich des anderen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. "Bist du ein wenig abenteuerlustig?", fragte er ihn und fand sich ein weiteres Mal begeistert über dessen schönen braunen Augen. Ragnar Kaum hatte Cole den Raum im Lady-Dream betreten, spürte Ragnar wie alle Dunkelheit aus seinem Herz verbannt war. Wenn Cole in seiner Nähe war, hatte Ragnar immer das Gefühl, dass alles in Ordnung kommen würde. Dass es nichts auf der Welt gab, wovor er Angst haben müsste. Und dabei wusste er, dass er Cole nicht mehr auf die Art und Weise liebte, wie er das früher getan hatte. Schon lange liebte er ihn nur noch als seinen besten Freund. Und seitdem sie sich wieder richtig nahe gekommen waren, war dieses Gefühl von Verbundenheit wieder vollkommen präsent. Und so hatte er kein Problem damit, sich von Cole aufbauen zu lassen und sich gleichzeitig auf das Treffen mit Nathan zu freuen. Coles Sticheleien, wenn er mal in seinen Gedanken abschwiff, prallten an seinem Selbstbewusstsein ab. Als es auf 22 Uhr zuging wuchs seine Nervosität zwar wieder, aber es war ein angenehmes Gefühl. Und die Bestätigung, die er durch Cole noch als i-Tüpfelchen erhielt, war Balsam für seine Seele und Nahrung für sein Selbstbewusstsein, das nun endlich aus seiner kleinen Zehe wieder nach oben gekrochen war, und ihn wieder vollständig ausfüllte. Innerhalb New Yorks fuhr er nur mit der U-Bahn. Cole stellte ihm zwar den Wagen des Lady-Dreams zur Verfügung, aber er mochte U-Bahn fahren. Dort konnte man in dieser lebenden Menge untertauchen und Geschichten erleben, die es anderswo kaum gab. Sicher, es war ein wenig gefährlich. Besonders, wenn er durch die Viertel fuhr, die weniger verbunden mir Costellos Clan waren, aber so bekannt war er nun auch wieder nicht. Der weiße Rollkragenpullover und die dunkelblaue Levis, die er nun mittlerweile anhatte, weil er sich doch noch einmal umgezogen hatte, standen ihm gut. Er hatte ein wenig Farbe in den vergangenen Sommermonaten abbekommen, weil er häufig vormittags joggen gegangen war, und diese Bräune harmonierte gut mit dem Weiß seines Oberteils. In Island war er schon als Kind damit aufgezogen worden, dass seine Mutter aus Südeuropa gekommen war und er ihren dunklen Teint geerbt hatte. Wäre er nach seinem Vater gekommen, hätte er wohl jetzt blondes Haar, blaue Augen und Sommersprossen. Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb er froh war, nicht nach jenem gekommen zu sein. Fröhlich stieg er aus der U-Bahn. Was Nathan hier wohl unternehmen wollte? Er war gespannt. In diesem Stadtviertel kannte er sich eher gar nicht aus. Wie auch immer, er sollte nicht vergessen, dass Nathan letztlich aus einer ganz anderen Welt kam, als er selbst. Und daher würde es sicher spannend sein, womit jener gedachte, ihr Date zu gestalten. Jener Mann, mit diesem unglaublich schön geschnittenen, markanten Gesicht, stand bereits am Brunnen und Ragnar musste schmunzeln, als er das Wasserspiel hinter diesem betrachtete. Irgendwie konnten sie dem Klischee Märchen nicht so recht entfliehen. Lächelnd trat er auf den anderen zu, freute sich über seine Begrüßung. "Hey Prince Charming", erwiderte er, gab auch dem anderen einen sanften Kuss auf die Wange und nickte kurz zu dem Brunnen. "Ich habe wirklich unglaubliches Glück. Ich treffe meinen persönlichen Märchenprinz vor einer märchenhaften Kulisse." Frech grinste er Nathan an. "Abenteuerlustig? Aber sicher", bestätigte er. "Cinderella hat sich ja sogar dazu überreden lassen, in einen Kürbis zu steigen und sich von Mäusen kutschieren zu lassen." Er hakte sich bei Nathan ein und gemeinsam liefen sie ein Stück in den angrenzenden Park hinein. Ihm war aufgefallen, dass Nathan nicht seine Tüte mit seinen Sachen dabei hatte, was er sehr gut fand. Denn falls er sie nicht einfach nur im Auto gelassen hatte, würde er einen Grund haben, zu Nathan nach Hause mitzugehen. Aber das würde erst nachher entschieden werden. Jetzt waren sie erst einmal hier und liefen durch einen liebevoll gestalteten Park. Die wenigen Grünanlagen, die New York außer dem Centralpark besaß, waren besonders schöne Orte in dieser riesigen Stadt. Ragnar war froh, dass er bei sich um die Ecke auch die Möglichkeit hatte, ein wenig durch etwas Grünes zu joggen. "Wie war deine Preisverleihung? Hat alles geklappt?", fragte er dann und blickte während der andere sprach diesen von der Seite kurz an. Ob er Nathan einmal fotografieren dürfte? Dieser Mann war eigentlich zu schön, als dass es real sein konnte, dass er nicht vergeben war. Andererseits könnte es natürlich auch daran liegen, dass er zu beschäftigt war. - Wie auch immer, Ragnar sollte nicht über so etwas nachdenken. Als Nathan stehen blieb, blickte Ragnar auf. Sie waren vor einem Kassengebäude stehen geblieben, bei dem es sich um den Eingang zu einem Zoo der besonderen Art handelte - ein Nachtzoo. Ragnar hob erstaunt die Augen. "Wow", murmelte er dann. "Das nenne ich mal eine gelungene Überraschung." Sein Lächeln kehrte auf sein erstauntes Gesicht zurück. "Na dann lass uns mal nachsehen, was die lieben Tiere, nachts so treiben..." Er zwinkerte dem anderen zu und löste sich von ihm, um zur Kasse zu gehen und zwei Karten zu kaufen, noch bevor Nathan sich darüber beschweren könnte. Nathan Ein wenig irritiert war er zuerst schon, bevor er die Assoziation der Meerjungfrau mit Märchen verband und dann schmunzelte. "Na dann komm, Cinderella. Ich werde dich zwar zu keinem Ball entführen, aber ich habe das Gefühl, dass es dir trotzdem gefallen könnte." Nathan konnte sehr gut damit leben als Ragnar sich bei ihm unterhakte und drückte dessen Arm leicht. Er selbst war erst einmal hier gewesen, im Tageslicht, aber er fand es gerade um ein ganzes Stück schöner und auch ruhiger. Man bekam das Gefühl sich gar nicht mehr im stressigen, stets wachen New York zu befinden, sondern in so einer Art kleiner Paralellwelt. "Es lief ganz gut. Zwar gab es einigen Stress mit den Blumenarrangements, und damit statt der roten Rosen eben gelbe, aber das schien den Veranstalter nicht weiter zu stören", erzählte er und warf Ragnar einen Blick zu. "Ich weiß nicht, ob du viel zum Lesen kommst oder es überhaupt gerne tust, aber dort wurden irgendwelche Schriftstellerpreise vergeben. Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass ihnen die Farbe der Rosen an ihren Tischen herzlich egal war. Dafür waren die Dankesreden umso länger und vollgespickt mit langen, schwierigen Wörtern. Offensichtlich wirkt man wichtiger, je seltener die Worte im normalen Sprachgebrauch sind." Er schüttelte den Kopf ein wenig belustig. "Vermutlich sind sie jetzt noch dabei, ihre Preise zu verteilen. Aber um den Rest kann sich Elisa kümmern. Ich habe mein Soll erfüllt", merkte er an und blieb, an ihrem Ziel angekommen stehen, um Ragnars Reaktion abzuwarten. Wenn es diesem gar nicht gefallen würde, würden sie eben woanders hingehen. Trotzdem erleichterte und freute ihn Ragnars Reaktion natürlich. So wirklich einschätzen ließ sich der Geschmack von ihm ja doch noch nicht und Nathan selbst kannte viele, die mit so etwas überhaupt nichts anzufangen wüssten. Aber noch bevor er etwas erwidern konnte, war Ragnar auch schon losgelaufen, um die Karten zu kaufen. Was ihm die Zeit gab, den anderen noch einmal in Ruhe zu betrachten. Der weiße Pullover unterstrich den Teint des Mannes ganz ausgezeichnet und Nathan würde sich fast schon als glücklich bezeichnen, die langweilige Verleihung hierfür früher verlassen zu haben. Als Ragnar die Karten bezahlt hatte trat er wieder näher, griff nach der Hand des anderen, hob sie an und hauchte ungeachtet des blöd dreinsehenden Mannes an der Kasse einen Kuss auf den Handrücken. "Vielen Dank ...", er stockte und runzelte die Stirn. "Gibt es eigentlich eine männliche Form von Cinderella? Ich möchte dich eigentlich ungern Prinzessin nennen." Hier grinste er frech. "Mir persönlich gefällt der Prinz in solchen Geschichten sowieso besser." Ohne die warme Hand des anderen los zu lassen betraten sie den kleinen aber feinen Zoo. Wodurch sie erst einmal einige Stufen nach unten gehen mussten, denn auch wenn vieles davon in den Park mit eingebunden worden war, so hielt man gerade die kleinen Nager und anderen nachtaktiven Tiere in einer Art unterirdischem Tunnelsystem Auch wenn das nicht besonders weiläufig war, so war es doch ganz spannend zu beobachten. Nathan selbst blieb vor einem ganz bestimmten Schaufenster stehen und lächelte ein wenig nachdenklich. "Ich wollte immer Mäuse oder eine Ratte haben, was mir jedoch nicht erlaubt wurde. Meine Mutter ekelt sich vor ihnen, aber ich sehe nur die schönen und irgendwie niedlichen Knopfaugen. Und wenn man ihnen eine Weile zusieht... wie kann man dann noch Angst vor ihnen haben?" Er deutete auf eines der gezeigten Gleithörnchen. "Gerade wenn sie sich putzen möchte ich sie wirklich am liebsten einpacken und mitnehmen", gestand er und wandte sich dann Ragnar zu. "Vielleicht find ich deine Augen deshalb so toll, obwohl das natürlich nicht das beste Kompliment ist, das man geben kann. Verzeih. Aber ich spreche natürlich nur vor der Farbe, schließlich hast du keine Knopfaugen." Sanft dirigierte er Ragnar an dessen Hand ein wenig näher zu sich und legte seine Hand an dessen Wange. Tief in diese schönen Augen blickend, bevor er den wenigen Abstand überwand und dem anderen einen kurzen aber sanften Kuss gab. "Vermutlich rede ich mich gerade um Kopf und Kragen?", ein wenig seufzend schüttelte er den Kopf, lächelte dann aber sofort wieder. Ragnar Ragnar war begeistert und blickte den Verkäufer der Karten freundlich lächelnd an. Er freute sich schon darauf, durch den Park zu laufen. Dieser Zoo war so alles andere als das, was er in seinem 'normalen' Leben jemals zu sehen bekommen würde. War er überhaupt schon einmal in einem Zoo gewesen? Er wusste es nicht. Vielleicht irgendwo mal so ein Streichelzoo als er noch mit seinen Eltern in Island gelebt hatte, aber daran konnte er sich nicht wirklich erinnern. Aber nun war er in einem Zoo. In diesem märchenhaften Paralleluniversum, das er bei Nathan erleben konnte. Kurz musste er schmunzeln bei dem Gedanken was Cole wohl früher dazu gesagt hätte, wenn er ihn gefragt hätte, ob sie in den Zoo gingen. Undenkbar.. Er nahm das Wechselgeld und spürte, wie Nathan seine Hand ergriff und an seine Lippen führte. Ragnar musste grinsen. Wie im Märchen... "Ich fürchte nicht. Aber Du kannst mich ja Aschenputter nennen, wenn du möchtest", er grinste schelmisch. "Ich glaube das würde ganz gut zu mir passen. Und wenn ich ehrlich bin, gefällt mir der Prinz in diesem Märchen auch besser." Er zwinkerte dem anderen zu. Es freute ihn, dass Nathan seine Hand nicht losließ. mit einem immerwährenden Lächeln folgte er dem anderen. Ragnars Augen bemühten sich, nicht immer den Mann neben sich anzusehen, sondern auch die Tiere. Als sie zu jenen Mäusen kamen, konnte er aber nicht anders, als die Augen auf seinem Begleiter zu haben. Wie dessen Augen mit einem Mal leuchteten. Wirklich süß. Und dann erklärte er auch, weshalb dieser so fasziniert von diesen Tieren war. Ragnar trat näher an das Glas uns betrachtete sich das kleine wirklich recht putzige Tier. Er hatte früher mal überlegt, ob er einen Hund haben wolle, aber an so ein Tier hatte er noch nie gedacht. Wohl, weil er selbst ein wenig wie eine Ratte in seinem Loch hauste... Na gut, so schlimm war es dann auch wieder nicht. Seine Augen folgten dem Fingerdeut des anderen. "Ja, sie sind wirklich ganz niedlich", bestätigte er leise und bemerkte dann, wie Nathan ihn ansah. Erst blickte er überrascht, dann wurden seine Augen wärmer und das Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Hm, ich glaube das mit den Komplimenten musst du wirklich üben. Das könnte galanter gehen..", meinte er dann neckend, ließ sich jedoch gerne zu Nathan ziehen und genoss die Berührung an seiner Wange, das Schaudern, das durchs einen Körper fuhr, als Nathan ihn so durchdringend ansah, den sanften Kuss, den er gerne erwiderte. "Nein", wisperte er gegen die Lippen des anderen, "keine Sorge, ich denke deinen Kopf darfst du behalten. Aber noch ein Kuss als Entschädigung wäre nicht schlecht." Und bevor Nathan etwas erwidern konnte, nahm er sich selbst, was er wollte. Diesmal ließ er den Kuss ein wenig länger währen, bevor er sich löste, Nathan noch einen Moment tief in die Augen blickte und sich dann zurückzog, sich zwang, seine Augen wieder auf das, was um sie herum war zu lenken. "Komm, ich habe vorne gesehen, dass sie sogar ein Gehege mit Eulen und Wölfen haben..." Noch immer hielt er die Hand des anderen und er würde sie auch nicht so bald wieder loslassen. Sie verließen die Abteilung mit den Wühltieren, nachdem sie sich noch die Maulwürfe und Hamster angesehen hatten. Als nächstes kamen sie zu den Gehegen, in denen sie Igel und Marder sehen konnten, bis sie schließlich zu der Vogel-Voliere kamen, in der verschiedene Eulenarten zu bestaunen waren. "Wenn du Mäuse so gerne magst, dann gefallen dir diese Tiere sicher nicht so gut..", überlegte Ragnar und lehnte sich leicht gegen Nathan, als auch dieser zum Stehen gekommen war, diesem einen Arm locker um die Hüfte legend. Sie liefen wie ein Pärchen herum - und Ragnar genoss es. Nur keine negativen Gedanken zulassen! Nichts sollte seine Stimmung heute trüben. Er musste einfach nur genießen. Seine Augen suchten wieder die des anderen. Ob jener nachher noch Lust hatte, mit ihm irgendwo kurz etwas essen zu gehen? Sicher war der Lebensrhythmus des anderen ganz anders, als der seine. Für Ragnar war 23 Uhr so die Zeit, an der an das Abendessen dachte, wissend, dass er noch bis 3, manchmal 4 Uhr früh durchhalten musste. Dafür frühstückte er auch meist erst mittags. Nathan war sicher jemand, der früh aufstehen musste. Ragnar beschloss nicht zu fragen. Nur wenn Nathan es ihm anbieten würde, würde er ihn bitten, noch etwas mit ihm essen zu gehen. Nathan Nur zu gern ließ Nathan sich in einen weiteren Kuss ziehen. Wenn es nach ihm ging könnten sie auch einfach so hier stehen bleiben, aber das war ja nicht der Sinn der Sache. Nicht nur, korrigierte er sich in Gedanken. Ein leichtes Lächeln blieb auf seinen Lippen, während er den Zoo gemeinsam mit Ragnar erforschte. Hin und wieder streichelte er dessen Handrücken mit seinem Daumen, wenn er den Tieren dabei zusah wie sie miteinander spielten oder auf der Nahrungssuche durch ihr Gehege liefen. Ob es vielleicht nicht tatsächlich an der Zeit wäre, sich ein Tier anzuschaffen? Eines, das nicht ganz so viel Zeit wie ein Hund oder eine Katze verschlang? Vielleicht sogar wirklich ein paar Mäuse? In seiner Wohnung hätte so ein Terrarium ohne Probleme Platz. Dazu noch jede Menge Licht und für Nahrung würde dann eben er sorgen. Ein Gedanke der von Minute zu Minute verlockender wurde. Als sie dann bei den Vögeln, explizit den Eulen ankamen hob Nathan nur eine Augenbraue bevor er den Kopf leicht schüttelte. Wobei ihm ein paar der längeren Haarsträhnen in die Stirn fielen. "Was sollen sie denn sonst fressen?", fragte er und drückte den an sich lehnenden kurz an sich. Er mochte es den Körper des anderen an seinem zu spüren, denn er war warm und angenehm und überhaupt toll. "Die Natur hat ihre eigenen Gesetze. Sich dort wegen verkappter Tierliebe einzumischen oder einer Tierart deswegen beleidigt zu sein wäre ziemlich Gedankenlos. Zudem ich gerade Schneeeulen sehr schön finde. Oder vielmehr majestätisch." Kurz lehnte er seinen Kopf an den seines Begleiters, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg zum Wolfsgehege machten. Was auch Tiere waren, die eine gewisse Faszination auf ihn ausübten, und als er sie so betrachtete, musste er plötzlich lachen. "Jetzt hab ich‘s", murmelte er und grinste Ragnar frech an. "Du bist nicht Aschenputter sondern Mogli!", behauptete er und ließ in seiner Stimme nicht viel Spielraum für Zweifel. Doch der Humor des Ganzen schwang mit und dass er es nicht böse meinte. Weshalb er Ragnar auch einen Arm auf die Schultern legte und sich zu ihm beugte, nahe an das Ohr. "Und wenn ich mich recht erinnere, lief der gute Junge nur mit einem Lendenschurz bekleidet herum...", flüsterte er und hauchte einen Kuss auf das Ohrläppchen, bevor er sich wieder ein Stück zurückzog und wieder Ragnars Blick suchte. "Und wie es aussieht bin ich mit meinem Komplimenten heute wirklich nicht sehr geschickt. Aber vielleicht kann ich das wieder gut machen, indem ich mein Klavier ein wenig entstaube?", fragend sah er seinen Begleiter an. "Zudem ich von der Veranstaltung lauter Köstlichkeiten mitgehen habe lassen, die gerade furchtbar einsam und verlassen in meinem Kürbis... ich meine natürlich, in meiner Kutsche darauf warten, verspeist zu werden." Er unterbrach sich selbst und begann zu lächeln. "Was natürlich alles nur ein furchtbar leicht zu durchschauender Vorwand ist, um dich in meine Höhle zu locken und zu fressen. Auch wenn es nicht bedeutet, dass es leere Versprechungen sind. Ich kann sogar noch etwas zu trinken drauflegen. Aber alles andere ist Verhandlungssache. Wie zum Beispiel, dass es Eis zum Nachtisch geben könnte. Und ich bin ein zäher Verhandlungspartner", neckte er und zog Ragnar in einen Kuss, bevor dieser ihm antworten konnte. Vertiefte diesen auch sobald Nathan bemerkte, dass er erwidert wurde und hob seinen freien Arm um über die Oberarme des anderen nach oben, bis hin zu dessen Nacken zu gleiten. Die weiche Haut unter seinen Fingern gefiel ihm jedesmal mehr und fast ein wenig zögernd löste er den Kuss schließlich, die unbemerkt geschlossenen Augen wieder öffnend und eine Antwort abwartend. Ragnar Ragnar lehnte sich ebenso an Nathan, wie dieser sich an ihn lehnte. "Da hast du natürlich recht. Fressen und gefressen werden, so ist der Lauf der Dinge. Und dennoch stelle ich mir nicht gerne vor, wie diese niedlichen kleinen Wesen, die wir gerade angesehen haben, von diesen wirklich recht majestätischen Tieren hier gefressen werden." Bei den Wölfen beobachtete Ragnar genau die Bewegung der Tiere. Sie waren schon in gewisser Weise unheimlich, furchteinflößend. Besonders, da ihre Augen in dem recht dämmrigen Licht zu glühen schienen. Kein Wunder, dass die Menschen früher durchaus Angst vor ihnen hatten. Ragnar zuckte ein wenig zusammen, als Nathan plötzlich neben ihm zu lachen begann und ihm erklärte, welche Rolle er in diesem Märchen spielte. Ragnar hob die Augenbrauen und sah ihn überrascht an. "Mogli?", fragte er und lauschte kurz darauf den Worten es anderen, die ihm ein Rieseln den Rücken runter jagten. Ein wenig skeptisch erwiderte er den Blick des anderen, konnte aber ein Grinsen nicht gänzlich unterdrücken. "Da stellt sich doch glatt die Frage, ob du dann Baghira oder Shir Khan bist?" Er pikste den anderen in die Seite. "Du hättest wohl gerne, dass ich für dich im Lendenschurz herumlaufe. Tz Tz Tz…" Ragnar musste lachen. Seine Augen blickten die des anderen strahlend an, bevor er sich einen Kuss stahl. Ja, so konnte ein Abend ruhig öfters stattfinden. Es tat ihm unglaublich gut, so unbeschwert herumalbern zu können. Lieber nicht darüber nachdenken, wie er sich gestern noch gefühlt hatte... Als Nathan ihm anbot, für ihn Klavier zu spielen, stutzte er. Als würde er nicht selbst fragen müssen, ob sie noch mehr Zeit miteinander verbringen würden. Und bevor Ragnar irgendetwas weiter dazu sagen konnte, schien es fast, als habe Nathan seine Gedanken gelesen. Ein warmes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Kannst du Gedanken lesen?", fragte er leise. Wenn Nathan nur wüsste, wie gerne er sich in die Höhle des Tigers begab, um sich vernaschen zu lassen. Doch auch diesmal kam er nicht weiter zu Wort, denn vorher wurde er in einen dieser unglaublichen Küsse gezogen, die sich zu häufen schienen und daher offenbar doch real waren. Auch wenn Ragnar teilweise immer noch glaubte, dass er in einem Märchen gefangen war und irgendwann die böse Hexe kam, um ihn aufzuwecken. Irgendwo musste es doch einen Haken geben... "Wer könnte dir nach so einem Kuss noch irgendetwas abschlagen...", schnurrte er leise und sah in diese unglaublich blauen Augen. "Das hört sich alles sehr verlockend an, und naiv wie Mogli ist, lässt er sich von Shir Khan gerne in dessen Höhle locken." Sacht stahl er sich noch einen kurzen Kuss, bevor er seine Hände, die er auf die Hüfte des anderen abgelegt hatte, unter dessen Hemd gleiten ließ, um wenigstens ein wenig Haut zu erhaschen. "Besonders weil Mogli in vielerlei Hinsicht ziemlich hungrig ist und gerne das Angebot in Anspruch nehmen würde, um so einige Gelüste zu stillen. Und ihm werden sicher einige Argumente einfallen, damit die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen, das zu beidseitiger Zufriedenheit führt." Während der letzten Worte war er näher gerückt und drückte nun leicht seine Hüfte gegen die des anderen. "Ich bin gespannt, wie zäh du wirklich sein wirst..." Ein amüsiertes Lächeln legte sich um seine Lippen und seine Augen blickten Nathan herausfordernd an, bevor er sich löste, die Hand des anderen ergriff, um mit ihm in Richtung Ausgang zu laufen. "Ich bin auch kein zu unterschätzender Verhandlungspartner." Nathan "Gedankenlesen? Wusstest du etwa nicht, dass ich der Ururururenkel des großartigen 'Mind Blow' bin?", neckte er und hörte nach seinem Kuss zufrieden, dass Ragnar noch mit zu ihm kommen würde. Und vielleicht müsste er diesen dann diesmal gar nicht so schnell gehen lassen. Schon gar nicht, wenn Ragnar ihn noch häufiger so anschnurren würde. Wie von selbst verstärkte er seinen Arm um den anderen, lauschte der Herausforderung die noch durch die Hände auf seinem Bauch unterstrichen wurde. Ganz abgesehen vom Inhalt der Worte, die ganz eindeutig von zweideutiger Natur waren und ihn damit auf voller Linie ansprachen. Er seufzte leise als Ragnar sich von ihm löste, gerade als er sich genauer über diese Verhandlungen 'informieren' wollte. Doch sein Lächeln war von fröhlicher, vielleicht auch vorfreudiger Natur. "Hm, womöglich bin ich auch ganz handzahm wenn du so weiter machst. Hat Mogli den guten Shir Khan nicht auch besiegt? Aber es wäre schön, wenn du mich nicht bei lebendigem Leib verbrennen würdest. Obwohl du mich natürlich ein wenig für dich entflammen lassen dürftest." Die letzten Worte raunte er dem anderen zu, damit auf die Herausforderung eingehend und sich dann auch ohne weiteres vom anderen mitziehen ließ. Bei seinem Fahrzeug angekommen, verbannte er schnell noch das Essenspaket vom Beifahrersitz in den Kofferraum, bevor er auf die Uhr sah. "Wenn wir uns beeilen sind wir ein gutes Stück vor 24 Uhr bei mir und sitzen nicht unterwegs in einem Kürbis fest." Seine Augen blitzten dabei belustigt auf und er wartete bis Ragnar ebenfalls sicher saß, bevor er losfuhr. Die Augen auf dem Verkehr gerichtet lassend, lenkte er das Fahrzeug in einer traumwandlerischen Sicherheit durch die Straßen, die jeder Fahrer besitzen musste, der sich länger in einer der Amerikanischen Großstädte aufhalten wollte - ohne einen Schlaganfall zu bekommen. "Ich weiß nicht einmal genau was mir da an Essen mitgegeben wurde, aber ich vermute es schmeckt", erklärte er dann und warf Ragnar doch einen kurzen Seitenblick zu. "Und wenn nicht, lassen wir uns einfach etwas kommen", beschloss er. Rein zur Sicherheit. Nicht dass der andere sich nicht trauen würde zuzugeben, wenn ihm das Essen nicht schmeckte. Und sein Kühlschrank würde wohl auch noch das ein oder andere hergeben. An dem Haus angekommen, in dem er lebte, fuhr er in die dazugehörige Tiefgarage und bald darauf befanden sie sich im Aufzug, auf dem Weg nach oben. In der einen Hand seine Tasche mit den Köstlichkeiten haltend, nahm er die andere zur Hilfe, um hinein zu sehen. Wo er aber nicht besonders viel erkannte, außer kleine Verpackungen die irgendwie an Bestellungen beim Chinesen erinnerten. Nathan runzelte die Stirn. "Ich hoffe, die hatten da wirklich nichts Seltsames auf der Speisekarte. Darum hat sich meine Partnerin gekümmert", brummte er und trat aus dem Aufzug als dieser hielt. "Kannst du mal kurz halten?", damit reichte er Ragnar die Tüte und tippte seinen Zahlencode ein. Aufgrund dummer Angewohnheit machte er das immer mit beiden Händen. Auch wenn es ihn jedes Mal ärgerte wenn er dafür alles abstellen musste. Doch immerhin sprang die Tür brav auf und er ließ dem anderen den Vortritt, bevor er nachkam und die Tür hinter ihnen schloss. In der Küche angekommen studierten sie erstmal gemeinsam den Inhalt der vielen Schächtelchen und Dosen und schichteten es mehr oder minder geschickt auf verschiedene Teller um. Oder zumindest taten sie das, bis Nathan eine der Soßen mit dem Finger probierte und den Mund verzog. Viel zu sauer! Doch dann schlich sich ein etwas verschlagenes Lächeln auf seine Lippen bevor er abermals in die Soße tippte und einen unachtsamen Moment abwartete, bevor er den Finger über Ragnars Wange gleiten ließ. Er lachte leise und schüttelte den Kopf. "Jetzt schau dich an, keinen Lendenschurz aber trotzdem das ganze Essen im Gesicht habend." Kurz blitzten seine Augen auf. "Soll ich dir beim Saubermachen helfen?", Nathan erkannte noch nicht genau was es war, aber es fiel ihm in Ragnars Gegenwart nie schwer seine Arbeit zu vergessen. Sie einfach abzulegen wie einen schweren Mantel und damit nur die Person zurücklassen, die er eigentlich war. "Oder müssen wir das auch verhandeln, Mogli?" Ragnar Ragnar hob anerkennend die Augenbrauen, als sich herausstellte, welches Auto Nathan gehörte. "Ein schönes Auto. Die Europäer haben das einfach wesentlich besser drauf, als die Amerikaner - zumindest sehe ich das so." Gerne stieg er in den Mercedes und ließ sich durch die Stadt zu Nathans Wohnung fahren. Hin und wieder ertappte er sich dabei, dass er das schöne Gesicht des anderen musterte. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal einen Mann getroffen, bei dem er sich wohl fühlen konnte? Bei dem er so unbeschwert war? Ragnar würde diese Frage nicht beantworten können. Er wusste es nicht mehr. "Ich bin nicht sehr wählerisch, was Essen betrifft", erklärte er lächelnd, als er merkte, dass sich Nathan Sorgen machte, dass es ihm nicht schmecken könnte. "Wahrscheinlich ist es besser als das, was ich meinem Körper täglich so antue. Ich bin mir sicher, dass es mir schmecken wird. Und zur Not habe ich das perfekte Argument, dass du mir das Eis nicht vorenthalten kannst." Belustigt beobachtete Ragnar, wie Nathan versuchte nachzusehen, was er da an Essen überhaupt mitbekommen hatte. Mittlerweile hatte Ragnar das Gefühl, hoffen zu müssen, dass es schmeckte, damit jener nicht enttäuscht war. "Es wird schon nicht ganz verkehrt schmecken", versuchte er noch einmal den anderen zu beruhigen und lächelte ihn milde an. Wirklich süß... Bereitwillig hielt er die Tüte und betrat schließlich mit Nathan dessen Wohnung, die er diesmal nicht in Windeseile durchquerte, sondern sich diesmal Zeit nehmen konnte, sich ein wenig umzusehen. In der Küche, die ihm schon bei seinem ersten Besuch gut gefallen hat, stellte er das Essen auf der Theke ab und half Nathan, es von der vielen Verpackung zu befreien. "Also im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit, hat das Essen zumindest schon mal verloren. Aber vom Geruch her scheint es ansonsten meinen Erwartungen vollkommen zu entsprechen", überlegte Ragnar laut und war gerade dabei, die Sour Creme in ein kleines Schälchen umzufüllen, als er mit einem mal spürte, wie Nathan ihm Soße ins Gesicht schmierte. Einen Moment hielt er überrascht inne, biss sich einen Moment auf die Unterlippe, lauschte den Worten des anderen und hob dann den Blick. Eine Augenbraue war nach oben gewandert und er bemühte sich schwerlich, das Lachen zu unterdrücken. "Ich scheine wirklich unglaublich ungeschickt zu sein...", stellte er mit einem Seufzen fest. "Du bist nicht vielleicht so freundlich, mir kurz zu helfen? Ich glaube, da müssen wir gar nicht viel verhandeln. Ich lasse mir doch gerne von dir helfen..." Er wartete, bis Nathan näher zu ihm gekommen war und versenkte dann seinen Finger in der Sour Creme, um in der gleichen Bewegung seinen Finger über die Wange des anderen bis zu dessen Lippe gleiten zu lassen. "Ups…", meinte er entschuldigend. "Ich fürchte, es muss an dem Essen liegen, dass wir uns so vollkleckern... Wie ungeschickt von mir." Ragnars Augen funkelten vergnügt, als Nathan auf ihn zu trat und ihn so gegen den Herd drängte. Er griff nach der Hand, die Nathan benutzt hatte, um ihm die Soße ins Gesicht zu schmieren und ließ die Finger in seinen Mund gleiten, sanft an ihnen saugend, sie mit seiner Zunge umspielend. Dabei blickte er den anderen warm an. Schließlich ließ er von den Fingern ab und zögerte nicht, den anderen gierig zu küssen, und ihm dabei die Sour Creme ein wenig wegzuschlecken. "Hmm...", schnurrte er und merkte, wie er so gegen den Herd gedrängt wurde, dass er schließlich auf ihm zu sitzen kam und Nathan zwischen seinen Beinen zum stehen kam. "Zusammen schmeckt das gar nicht so schlecht...", raunte er. Ragnar legte seinen einen Arm um die Schultern des anderen und hielt seinen noch immer mit Sour Creme versehenen Finger an den Mund des anderen, den dieser in seinen Mund gleiten ließ. Wie von selbst öffnete sich sein Mund, als er beobachtete, wie dieser an seinem Finger saugte. Und mehr als deutlich spürte er, wie ihn das anturnte. Und so löste er schließlich seinen Finger mit seinen Lippen ab, und küsste Nathan gierig. Als er den Kuss wieder löste, spürte deutlich, dass er mehr wollte, spürte, wie ihn das alles unglaublich anmachte und wie sein Atem bereits begonnen hatte, sich zu beschleunigen. Nathan Das Lächeln wollte gar nicht mehr von seinen Lippen weichen als Ragnar sich auf die Spielerei einließ und als er näher trat war er dann kaum noch überrascht von dem Gegenangriff. Vielmehr positiv angetan. Ebenso wie von diesem schön funkelnden Augenpaar, das so wunderbar zu diesem schönen Gesicht passte. Ohne weiteres Federlesens trat er schließlich nahe genug an den Mann heran, um ihn gegen den Herd zu drängen, dessen Körperwärme spürend. Er ließ zu, dass Ragnar seine Hand ergriff und seine Pupillen weiteten sich ein Stück weit, als jener begann an seinen Fingern zu saugen. Fast wäre ihm ein Knurren entkommen, als die fremde Zunge seine Finger umspielte, so dass man das sehr gut auf andere Körperteile umdenken konnte. Er erwiderte den Blick des anderen und konnte einen leicht unwilligen Laut nicht unterdrücken als Ragnar von seinen Fingern ließ, war dafür aber umso begeisterter von dem Kuss und dem Laut, den der andere von sich gab. Ohne weiter darüber nachzudenken drängte er Ragnar weit genug zurück, so das jener schließlich auf dem Herz zu sitzen und Nathan zwischen dessen Beinen zu stehen kam. Dessen Stimmlage löste da ganz andere Formen des Hungers in ihm aus, als der leckere Geruch, der in der Küche schwebte, einem weiß machen wollte. Sofort öffnete er den Mund, ließ die mit Creme behafteten Finger in seinen Mund und leckte sacht darüber, bevor er ein wenig zu saugen begann und sie mit seiner Zunge umspielte. Eine Tätigkeit, die ihn sofort absolut heiß auf den anderen werden ließ, und der darauffolgende Kuss, als Ragnar seine Finger zurückzog war mehr als hungrig. Und nicht nur der Blick auch der schneller gehende Atem des anderen überzeugte ihn davon, mit diesen Gedanken nicht alleine zu sein. Ohne zu zögern ließ er seine Hände unter den Pullover dieses wie auf dem Präsentierteller sitzenden Mannes gleiten. Streichelte über die warme Haut des gut ausmodellierten Oberkörpers und beugte sich vor, um sich einen weiteren Kuss abzuholen. Nathan wusste, wo das enden würde, wenn er dem jetzt keinen Riegel vorschob. Aber so einfach wollte er es ihnen beiden gerade nicht machen. Noch war der Punkt nicht erreicht, an dem sie beide einfach nur noch vergehen würden, wenn sie nicht sofort übereinander herfallen könnten. Weshalb er seine Hände zurückzog, den Pullover glatt strich und Ragnar umarmte, näher zu sich zog. Jener sollte nicht denken, dass das jetzt eine Abfuhr wäre. "Kommt vor dem Nachtisch nicht eigentlich der Hauptgang?", raunte er und leckte einmal spielerisch über die Ohrmuschel. "Und dann war da noch die Sache mit dem Klavier", murmelte er weiter und küsste sich über den Wangenknochen nach vorne bevor er Ragnar in einen weiteren hungrigen Kuss zog, seine Hände über dessen Rücken bis zum Hinter gleiten lassend. "Zudem Vorfreude ja bekanntlich die schönste Freude ist." Und damit löste er sich komplett von dem Mann; den er am liebsten gleich hier und jetzt... Nathan schüttelte den Kopf leicht, als ob er ihn wieder frei bekommen wollte und deutete auf das Essen. "Fütterungszeit", bestimmte er, auch wenn seine Lust deutlich in seinen Augen zu sehen war. Er schnappte sich die nächstbesten Teller und ging damit hinüber zum Küchentisch, Ragnar über seine Schulter hinweg ansehend. "Kommst du?", er grinste frech, was sich in ein Lächeln verwandelte, als der andere sich tatsächlich die restlichen Dinge sowie das Besteck schnappte und herüber kam. Sie saßen beim Essen nahe zusammen, neckten sich immer mal wieder mit Blicken, Kommentaren und Berührungen und im Grunde war es nun eine Art Spiel wann es denn tatsächlich zum Nachtisch kommen würde. Ob und wann einer von ihnen einbrechen und einfordern, was ihm sowieso nicht verwehrt werden würde. Schließlich stand Nathan auf und zog Ragnar vom Stuhl hoch, in nahe an sich ziehend, ganz so als wollte er ihn küssen, nur um dann doch nur die Wange zu küssen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, wüsste er dass er das nicht unbedingt lange durchziehen konnte, aber gerade dieser Gedanke reizte ihn ungemein. Genau wie der Körper des anderen, den er gerade an der Hand nahm, sacht mit den Fingern über den Handrücken strich und ihn dann mit sich in das Zimmer neben dem Wohnzimmer führte. Hier stand nur das Klavier auf dem Parkettboden. Ansonsten gab es noch eine Sofaecke mit einer Leselampe und verschiedenen aufgeschlagenen Zeitungen im Eck, doch Blickfang war definitiv der weiße Flügel. "Irgendwelche Wünsche?", fragend, doch immer noch mit dem unterschwelligen Hunger in den Augen sah er den anderen an. Wohlwissend, dass seine Frage zweideutig ausgelegt werden könnte. Ragnar Welch süße Folter Nathan ihm zukommen ließ, welche unglaublich bittersüße Folter... Ragnar spürte, dass in ihm alles danach schrie, hier und jetzt vernascht zu werden. Dort wo eben noch wunderbare Finger über seine Haut geglitten waren, war nur noch ein kribbelndes Gefühl übrig. Und dann flüsterte er ihm auch noch mit dieser unglaublich erotischen Stimme ins Ohr, leckte über seine Ohrmuschel. "Du verstehst es, einen zu quälen, Shir Khan. Aber ich fürchte auch, dass zuerst der Hauptgang kommt, auch wenn schwer zu definieren ist, was wirklich der Hauptgang wäre...", wisperte Ragnar atemlos. "Manchen Regeln sollte man Beachtung schenken..." Man merkte seiner Stimme nur zu deutlich an, dass es ihm schwer fiel, und so hielt er Nathan noch einen Moment fest, bevor er ihn gänzlich frei gab, diesen sehnsüchtig ansehend. Ragnar seufzte tief, als Nathan seine Portion genommen hatte und glitt schließlich vom Herd herunter, um dem anderen zu folgen. Am Tisch ließ er keine Gelegenheit aus, ein wenig zu sticheln, eindeutige Zweideutigkeiten von sich zu geben, um dieses Spiel aufrecht zu erhalten. Und so schwer es ihm jetzt fiel, nicht doch gleich auf den Schoß des anderen zu klettern, so sehr freute er sich auf den Moment, wenn er es denn wirklich endlich konnte. Und als der andere aufstand und ihn zu sich zog, dachte Ragnar schon, er hätte endlich gewonnen, doch Nathan schien es noch eine Runde länger auszuhalten, während Ragnar spürte, dass er an seinem Punkt angelangt war, an dem er sich nur noch sehr sehr schwer beherrschen konnte. Doch er hielt sich zurück, ließ sich mit ins Wohnzimmer nehmen. Ragnar vergaß einen Moment alles um sich herum, als er das Zimmer betrat und diesen unglaublichen Flügel sah. Er ließ Nathans Hand los und trat auf das Instrument zu, um vorsichtig darüber zu streicheln, als könnte es zerbrechen, wenn er es zu grob anfasste. Als Nathan ihn fragte, ob er Wünsche hätte, wurde er wieder in das hier und jetzt zurückgeholt. "Ich...", er lächelte. "Ich denke ich habe so einige Wünsche, die du auch hast...", knurrte er blickte dann aber den Flügel an. "Wenn du klassische Stücke spielst, dann wünsche ich mir Beethovens Mondscheinsonate, aber nur den ersten Satz, denn der zweite ist mir zu traurig... Und was Modernes… Vielleicht das 'comptine d'un autre été' von Yann Thiersen?" Seine Augen leuchteten und er blickte den anderen an. "Aber du weißt am besten, was du spielen kannst... Ich lass mich gerne überraschen." Und so ging er zum Sofa, auf dem Weg dorthin sein Shirt ausziehend, als Bestrafung dafür, dass Nathan ihn so lange zappeln ließ, und er legte sich so hin, dass er sich entspannt zurücklehnen und dabei dennoch den anderen ansehen konnte, der sich hinsetzte und zu spielen begann. Das Bild, das ich ihm bot war unglaublich. Nathan war der Inbegriff der Schönheit, anders konnte man es nicht ausdrücken. Und Ragnar hätte seine Seele verkauft, um jetzt seine Kamera dabei zu haben, um dieses Bild für immer festzuhalten. Er war sich sicher, dass er dieses Bild nicht so schnell würde vergessen können. Nathan Er lehnte sich in den Türstock, den anderen dabei beobachtend, wie er sich von dem Instrument einfangen ließ. Das Leuchten in den Augen, die vorsichtigen, streichelnden Gesten über die Oberfläche des Flügels. Eigentlich spielte Nathan nur für sich selbst, doch es würde ihm hier keine Probleme bereiten, sondern vielmehr Freude. Auf die eher knurrige Antwort hin verbreiterte sich sein Lächeln nur noch mehr und er nickte auf die beiden genannten Wünsche hin. Für Beerhoven müsste er sich jetzt die Noten raussuchen, aber das zweite Lied war relativ einfach zu spielen und damit würden diese leuchtenden Augen auch noch weiterhin strahlen können. Er lachte leise als Ragnar sich den Pullover auszog und benetzte sich seine Lippen ein wenig unruhig. "Wie soll man sich da auf ein paar Tasten konzentrieren könnten", murrte er leise, den Anblick noch einen Moment genießend, bevor er zum Flügel ging, die Blende hochhob und sich auf die kleine Bank setzte. Probeweise spielte er zwei Tonleitern, obwohl er sehr genau wusste, dass sein Flügel gestimmt war. Nur kurz schloss er die Augen, die ersten immer wiederkehrenden Töne spielend, bevor er die zweite Hand dazu nahm und begann jenes Lied zu spielen, das in seiner Einfachheit wie auch Tiefe die ganze Welt im Sturm erobert hatte. Doch gerade als die erste etwas schnellere Phase kam, öffnete er seine Augen wieder und fixierte Ragnar mit einem intensiven Blick. Wechselte wie fliegend die Tonleiter, setzte das ganze Stück damit eine Oktave tiefer und begann zu lächeln. Nathan musste nicht auf die Tasten sehen, wenn er keine Noten für sein Spiel brauchte. Doch schließlich, bei den letzten leisen Tönen schloss er seine Augen wieder, wechselte die Tonleitern und begann ein neues Lied zu spielen. Eines, das ebenfalls inzwischen auf der ganzen Welt bekannt sein sollte. Die Titelmusik von 'Fluch der Karibik'. Hierbei brauchte er mehr Konzentration und durfte sich nicht so einfach von Ragnar ablenken lassen. Leise begann er mitzusummen, eine Angewohnheit, die er irgendwann für sich selbst entwickelt hatte, und da er ja sowieso die meiste Zeit nur für sich selbst spielte, fiel das kaum jemanden auf. Mit einer kleinen Tonabfolge beendete er das Ganze und öffnete die Augen wieder, sofort nach Ragnars Gestalt suchend. Und spätestens jetzt war sein Maß der Dinge voll, seine Geduld aufgebraucht. Er wollte diesen wunderschönen Mann nicht nur, er brauchte ihn. Ohne weiter zu zögern stand er auf, zog sich das Shirt über den Kopf und warf es in Richtung des Sofas, sich selbst auf den Ausgang des Zimmers zubewegen. "Müde Mogli?", fragte er mit dunkel gewordener Stimme und öffnete seinen Gürtel, zog ihn achtlos heraus und warf ihn neben sich. "Also ich habe Lust auf Nachtisch...", damit war er auch schon draußen aus dem Zimmer und hielt auf sein Schlafzimmer zu, die Treppen nach oben. Er wollte es lieber nicht riskieren unten den Kopf zu verlieren. Er musste nicht lange auf Ragnar warten und auch wenn der Sex das letzte Mal schon gut gewesen war, so schwang nun die ganze Intensivität ihrer Spielerei mit. Es kam Nathan vor als würden sie sich diesmal tiefer im Taumel ihrer aufgestauten Leidenschaft verlieren und keine einzige Unterbrechung störte diesmal. Weder der Griff nach den beiden Kondomen, noch der Moment, den Ragnar für sich selbst brauchte, um zu vermeiden, dass sein Erguss sich auf Nathans Bettlaken wiederfinden würde. Und obwohl sie auch diesmal mehr oder minder über einander herfielen, war etwas anders. Vielleicht weil es das zweite Treffen war, weil diesmal nicht von Anfang an Unsicherheit zwischen ihnen gestanden hatte. Nathan konnte den Grund nicht benennen, doch es ließ ihn erfüllt und befriedigt zurück. Sehr befriedigt sogar und als er sich diesmal des Kondoms entledigte, konnte er gerade lange genug warten bis Ragnar seine Prozedur ebenfalls beendet hatte, bis er diesen wieder zu sich zog und küsste. Tief küsste. Lang küsste. Über die leicht verschwitzte Haut strich. Er hatte für sich festgestellt, dass der andere einem Instrument gar nicht so unähnlich war und genau wie am Klavier gefielen ihm die Laute die Ragnar von sich gab, wenn er ihn zum Beispiel am Hüftknochen küsste, oder an der Halsbeuge, sehr gut. Und er war sich sicher, dass es ihm noch eine geraume Zeit gefallen würde. Schließlich löste er den Kuss und strich durch die Haare des anderen, dessen Blick suchend: "Sag mir, dass du heute nicht noch in die Arbeit musst", bat und befahl er irgendwie gleichzeitig. Nathan war mehr als unwillig, Ragnar diesmal auch wieder so schnell aus seiner Reichweite zu lassen. Ragnar Ragnars Augen ruhten während des gesamten Spiels auf diesem Gesicht, das entspannt und dennoch konzentriert aussah. Dieser Mann war einfach nur unglaublich, unbeschreiblich hübsch, eine wahre Schönheit. Und nicht nur sein Äußeres trug dazu bei - das alleine reichte eigentlich schon - aber es war auch die Ausstrahlung, das, was er verkörperte, das in Ragnars Augen unglaublich schön war. Unbegreiflich, wie es geschehen konnte, dass er jetzt hier war, in dieser Wohnung, bei diesem Mann. Aber er sollte nicht wieder damit anfangen, darüber nachzudenken. Er musste genießen, solange er noch konnte. Als Nathan aufstand, schreckte Ragnar ein wenig aus diesen Gedanken auf, ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er sah, wie jener sich das Hemd auszog, es ihm zuwarf. Aus einem Reflex heraus fing er es auf. "Nicht nur du...", knurrte er leise, während der andere schon den Raum verließ, kurz wartete er noch, lächelte über diese Situation, bevor er aufsprang und dem anderen hinterhereilte. Er holte ihn erst im Schlafzimmer ein und der Sex, den sie diesmal hatten, war so viel intensiver noch, als beim ersten Mal, dass Ragnar zeitweise wirklich das Gefühl hatte, den Verstand zu verlieren, wirklich abschalten zu können. Und Ragnar wusste natürlich, dass es die fehlenden negativen Gedanken waren, die ihn diesmal nicht belagerten und ihm diesmal nicht alles schwärzer vorsetzten, als es in der Realität war. Nein, diesmal konnte er sich richtig darauf einlassen, sich darin vertiefen, es voll und ganz genießen… Und während er genoss, betrachtete er diesen schönen Mann, inhalierte seinen Geruch, verinnerlichte sich seine Berührungen, genoss seine Laute, sein Stöhnen, sein Keuchen. Alles an dem anderen nahm Ragnar für sich wahr und speicherte es, damit er es jederzeit abrufen konnte, wenn er wieder einmal dabei war, in jenen Abgrund zu stürzen, der ihn das Wochenende gefangen gehalten hatte. Und genauso merkte er sich jede Kleinigkeit, die Stellen am Körper des anderen, die diesen besonders heftig reagieren ließen, seine Reaktionen, wenn er ihn an bestimmten Stellen berührte. Sex mit jemandem, von dem man mehr sollte, als nur Befriedigung, war immer wieder eine neue Erfahrung, eine neue Lektion. Man musste sich nur die Mühe machen zu lesen. Und diesmal verhielt sich auch Nathan anders, denn kaum hatten sie sich hinterher von den Gummis befreit, zog er ihn zu sich, küsste ihn erneut, so dass Ragnar noch einmal alles andere um sich herum vergaß. Wieso konnte dieser Mann nur so verdammt gut küssen? Ragnar erwiderte den Blick des anderen und küsste diesen noch einmal kurz auf die Nasenspitze, bevor er sich ein wenig drehte, um den anderen besser ansehen zu können. "Keine Angst", murmelte er und hob seine Hand, um Nathan die Haare aus der Stirn zu streichen, kurz in diesen Federn seine Hand versinken zu lassen. "Ich werde heute nirgendwo mehr hingehen, außer du möchtest das." Nein, er würde heute nirgendwo hingehen. Er würde heute hier schlafen, wenn er durfte, hier bei Nathan. Und er würde es genießen, dass er das konnte, dass er hier sein durfte. Seine Finger strichen die Schläfe hinab, zeichneten das markante Kinn des anderen nach, während seine Augen, seinen Fingern folgten. Beim Kinn angelangt hob er die Hand ein wenig und strich Nathan mit seinem Daumen über die Lippen, die Konturen dieser nachfahrend. Sacht beugte er sich hinüber und küsste den anderen erneut, kurz, sanft. "Du schmeckst so unglaublich gut...", wisperte er leise und ließ seine Hand den Hals des anderen hinab zu dessen Brustbein gleiten, während seine Lippen seinen Fingern auf den Spuren folgten. So arbeitete er sich den Oberkörper des anderen hinab, verweilte einen Moment an den Brustwarzen des anderen, und machte sich dann auf den Weg, in weitere Tiefen. Als er die Leiste des anderen hinab küsste, umschlossen schließlich seine Finger das Glied des anderen, das bereits wieder dabei war, 'aktiv' zu werden. Und so begann er, dieses mit seinem Mund zu verwöhnen. Er selbst würde sich niemals oral befriedigen lassen, auch wenn er wusste, dass es nur ein geringes Risiko war, wenn der andere das Sperma in den Mund bekam oder es schluckte, aber dennoch würde er Nathan gerne dieses unglaublich schöne Gefühl zuteilwerden lassen. Er genoss es, Nathan dabei zuzuhören, wie jener sich fallen ließ. Als jener sich in seinem Mund ergoss, schluckte Ragnar. Es störte ihn nicht. Langsam arbeitete er sich wieder nach oben, über diesen schönen Körper und genoss ein kurzes Bad in diesen lustverhangenen Augen. "Hattest du nicht etwas von einem Eis gesagt?", fragte er und lächelte den anderen an. "Und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich nach Sex immer Hunger bekomme..." Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt. Nathan "Nein, ich möchte das nicht", er knurrte es fast schon. "Du bleibst schön hier." Hier wo er jederzeit die Hand nach Ragnar ausstrecken könnte, um ihn an sich zu ziehen. Hier wo ihm seit Robin schon viel zu lange ein Loch klaffte, das dafür verantwortlich war, dass er so gut wie nie jemanden nur für Sex zu sich in die Wohnung holte. Es war einfach unangenehm in den eigenen vier Wänden nach so einem Erlebnis doch wieder alleine zu bleiben. Denn so sehr Nathan Sex genoss und ihn sich auch im Savoy regelmäßig abholte, so sehr wollte er in seinem Privatleben, bei sich zuhause etwas Konstantes. Etwas Bleibendes. Etwas, auf das er langsam aber sicher wieder einen kurzen Blick werfen durfte und von dem er hoffte, dass es sich in diese Richtung entwickeln würde. Ob es wirklich an seinen Ansprüchen lag, dass er es kaum außerhalb von Clubs oder kurzen Treffen mit anderen Männern versuchte? Doch von diesen Gedanken wurde er schließlich abgelenkt. Zuerst durch die zärtlichen Streicheleinheiten, die sich dann jedoch sehr nachdrücklich in etwas anderes verwandelten. Es dauerte kaum länger, als bis zur Überwindung seiner Überraschung, bis er sich fallen lassen konnte und sich dieser neuen Leidenschaft hingab. Und selten war es besser oder leichter gewese, die Welt um sich herum zu vergessen und sich ganz auf die Künste des anderen und seine eigene Lust zu konzentrieren. Zwar wollte er Ragnar noch warnen, doch dazu sollte es nicht mehr kommen und da nicht sofort lauter Protest zu hören war, nahm er an, dass es in Ordnung so wäre. Abermals schwer atmend lag er da und sah sich dann in einem Blick gefangen, der ihn fast dahinschmelzen ließ. "Mhhh", war erstmal alles was er auf die Frage des anderen hinbekam und hob die Hand, um ihn zu sich zu ziehen und zu küssen. Sich selbst noch ein wenig nachschmeckend. "Deine Verhandlungstaktik steht glaube ich auf dem verbotenen Index, aber ich glaube das Eis hast du dir auf alle Fälle verdient…", murmelte er gegen die Lippen des anderen und lächelte dann, sich einen weiteren Kuss abholend. "Bleib liegen, ich bin gleich wieder da", erklärte er und raffte sich schließlich auf, diesmal einfach wieder nach seinen Shorts greifend, die er sich schnell überzog. Dann beugte er sich noch einmal über das Bett und hauchte Ragnar noch einen weiteren Kuss auf die Lippen. "Nicht weglaufen." Er lächelte und tapste dann in die Küche. Zuerst das Eis aus dem Gefrierfach nehmend, Schokoladeneis mit Birnenstückchen, füllte er dann zwei Schalen damit und warf dann einen Blick auf seine Obstschale. Eis war ja nun nicht wirklich gegen Hunger. Kurzentschlossen wusch und schnibbelte er noch ein paar Äpfel, Pfirsiche und Bananen klein, bevor er noch etwas Sahne über das Eis sprühte und das Ganze auf einem Tablett anrichtete. Nach kurzem Überlegen schnappte er sich noch zwei Wasserflaschen und trug alles nach oben, wo er es auf dem Bettkästchen auf seiner Seite abstellte und sich dann wieder in sein Bett fallen ließ. Diesmal blieb er jedoch im Schneidersitz und grinste Ragnar kurz frech an. "Pass nur auf, dass du nicht wieder kleckerst", neckte er ihn und reichte ihm dann eines der Eisschalen und stellte die andere Schale mit dem Obst zwischen sie. Es brachte Nathan häufiger zum Lachen, als er versuchte Ragnar mit dem Eis zu füttern und dabei ganz aus Versehen hin und wieder auf dessen Oberkörper kleckerte. So ganz ließ der andere sich das nicht gefallen und es störte Nathan ausnahmsweise nicht ein Stück, dass seine Bettwäsche dabei hin und wieder etwas abbekam. Wozu gab es Waschmaschinen? Sie unterhielten sich auch als sie schon lange fertig waren noch über Gott und die Welt und Nathan sah sich erstaunlich häufig mit Ragnar in ihrer Meinung übereinstimmen. Doch irgendwann fiel sein Blick auf die Uhr, die über der Tür angebracht war und er blinzelte ein wenig erschrocken. Fast im gleichen Moment kam die Müdigkeit, die er bisher erfolgreich ignoriert hatte, und erinnerte ihn daran, dass er einen etwas anderen Schlafrhythmus als der andere zu haben schien. Ein wenig bedauernd strich er über die wunderschöne Brust des anderen, denn inzwischen lagen sie recht nahe aneinander gekuschelt. "Ich muss morgen erst um 10 Uhr aufstehen, aber ich befürchte wenn ich nicht bald schlafe, bekomme ich dennoch ein Problem", murmelte er und seufzte leicht. "Ich ahne, dass du vermutlich noch nicht so müde bist. 2 Uhr ist für dich wohl keine Uhrzeit." Hm... sollte er Ragnar anbieten, dass jener sich unten beschäftigen könnte? Mit der Leinwand und Filmen? Mit den Büchern? Mit dem PC? Ragnar Ragnar räkelte sich zufrieden in dem Bett, in dem er lag. Ohne Nathan an seiner Seite fiel ihm auf, wie breit es war. Seines war schmäler, zwar nicht ganz schmal, aber nicht so breit wie dieses. Ob es wohl gekauft worden war, weil es stets für zwei Personen hatte sein sollen? Vielleicht würde er das irgendwann erfahren. Aber eigentlich konnte es ihm egal sein. Jetzt lag er hier und alles roch nach Nathan, fühlte sich nach ihm an, umschloss ihn. Er richtete sich schließlich leicht auf und zog sich seine Short auch wieder an, bevor er sich wieder hinlegte. Seine Augen glitten durch den Raum. Er fühlte sich hier wohl, geborgen. Er lauschte, ob er Nathan hörte, aber die Küche war zu weit weg, als dass er wirklich etwas hören konnte. Als der andere endlich kam, lag Ragnar auf der Seite, beobachtete ihn, wie er durch den Raum ging, wie er das Tablett abstellte und sich dann hinsetzte, ihm seine Schale gab und das Obst zwischen sie stellte. Ihre Spielerei mit dem Eis, das besonders auf Kosten seiner Kälteempfindlichkeit ging, machte ihm viel Spaß, auch wenn er ein wenig grummelte, so meinte er es nicht so. Und auch, als sie aufgegessen hatten und sich aneinander kuschelten, sich erzählten, redeten, diskutierten, sich streichelten und liebkosten, kam es ihm vor, als wäre es schon immer so gewesen, wie es gerade war, als würde es so gehören. Ein schöner Gedanke. Erst als Nathan erschrak, als er auf die Uhr blickte, wurde Ragnar bewusst, wie viel Zeit vergangen war. "Ist gut. Es ist schon spät. Und auch wenn ich meisten nicht vor 4 ins Bett komme, schadet es mir nichts, wenn ich jetzt auch schlafe. Und wenn ich nicht gleich schlafen kann, schaue ich einfach zu, wie du schläfst..." Er lächelte den anderen an und wartete bis dieser das Licht gelöscht hatte, damit er sich wieder ankuscheln konnte. Sanft strich seine Hand über die Seite des anderen. "Schlaf gut, mein schöner Mann", flüsterte er in die Dunkelheit, die Silhouette des anderen betrachtend. "Und träume süß." Es dauerte keine 10 Minuten, bis er am Atem des anderen hörte, dass dieser eingeschlafen war. Er selbst brauchte noch ein wenig länger bis er schlief. Nicht nur, weil er es nicht wirklich gewohnt war, sondern vor allem, weil er diesen Tag, nein, diesen Abend immer und immer wieder vor seinem inneren Auge Revue passieren ließ. Die Worte, die der andere gesprochen hatte, die Gesten, ihre Albernheiten, ihre Zärtlichkeiten, ihr Sex... Es war ein unglaublich schöner Abend gewesen. Und als Ragnar schließlich auch einschlief, hatte er ein unglaublich zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Kapitel 88: Mogli und ShirKahn - zensiert ----------------------------------------- Nathan Mit einem Gefühl der Erleichterung betrat er die Tiefgarage und hielt auf sein Auto zu. Heute schien im Allgemeinen ein guter Tag für ihn zu sein. Zum einen hatte die Preisverleihung wunderbar begonnen und lief nun schon seit ein paar Stunden, was es Nathan ermöglichte jetzt schon zu verschwinden, dann hatte man ihm sein Auto aus der Werkstatt geliefert und er würde sich gleich mit Ragnar treffen. Perfekt. Ebenso perfekt wie das nun wieder makellose Heck seines Mercedes, in das ihm ein übereifriger Taxifahrer vor ein paar Tagen gerauscht war. Zwar hatte Nathan kein Problem damit, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, aber gerade zu Veranstaltungen wie diesen fuhr er schon ganz gern im eigenen Auto vor. Er öffnete den Kofferraum, zog sein Jackett aus und begann damit, sein Hemd aufzuknöpfen. Es war ihm bewusst gewesen, dass er keine Zeit mehr haben würde noch nach Hause zu fahren, darum hatte er zumindest soweit vorgesorgt als er sich für den Empfang umgezogen hatte. Schnell zog er sich das einfache dunkelblaue T-Shirt über den Kopf und verstrubbelte sich die Haare ein wenig. Würde schon so gehen... Schnell war der Kofferraum wieder verschlossen und er stieg ein, sich kurz darauf problemlos in den Verkehr einfädelnd. Am Telefon war nicht viel Zeit geblieben um sich einen Treffpunkt auszudenken an dem sie in der Nähe auch etwas unternehmen könnten, denn selbst in einer Stadt wie New York blieb der Montag nun einmal der Montag. Selbst die Partysüchtigsten musste sich irgendwann einmal erholen und schleppten sich nach der Arbeit zumeist nur noch nach Hause. Aber, dank einer Schnellsuche im Internet - neben Gesprächen für die Verleihung - war er auf eine Art Glückstreffer gestoßen. Zumindest sah er das so. Der Treffpunkt war schnell erreicht und befand sich vor einem Springbrunnen. Abermals war sein Parkplatz wohl dem Wochentag zu verdanken, oder einfach nur seinem sprichwörtlichen Glück. Wer wollte es schon so genau bestimmen? Er schnappte sich die Tasche, die man ihm mitgegeben hatte, schloss sein Auto ab und hielt auf den fröhlich vor sich hin plätschernden Brunnen zu. Eine Meerjungfrau, mit einem Kelch aus dem wohl auch in tausend Jahren noch Wasser kommen würde, wenn man dem Bildnis Glauben schenken wollte. Ein wenig suchend sah er sich um, bis er den anderen tatsächlich auf sich zukommen sah. Sah so aus als wären sie diesmal beide zur ungefähr gleichen Zeit hier aufgetaucht. Und wow... Ragnar sah richtig gut aus. Nicht dass er das davor nicht auch getan hatte, aber da war eine Art Selbstbewusstsein? Egal was es war, es brachte Nathan zum Lächeln. Er blieb stehen, sah dem anderen dabei zu wie jener näher kam. "Na schöner Mann?", begrüßte er Ragnar sobald der nahe genug heran war und trat dann näher in den Bereich des anderen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. "Bist du ein wenig abenteuerlustig?", fragte er ihn und fand sich ein weiteres Mal begeistert über dessen schönen braunen Augen. Ragnar Kaum hatte Cole den Raum im Lady-Dream betreten, spürte Ragnar wie alle Dunkelheit aus seinem Herz verbannt war. Wenn Cole in seiner Nähe war, hatte Ragnar immer das Gefühl, dass alles in Ordnung kommen würde. Dass es nichts auf der Welt gab, wovor er Angst haben müsste. Und dabei wusste er, dass er Cole nicht mehr auf die Art und Weise liebte, wie er das früher getan hatte. Schon lange liebte er ihn nur noch als seinen besten Freund. Und seitdem sie sich wieder richtig nahe gekommen waren, war dieses Gefühl von Verbundenheit wieder vollkommen präsent. Und so hatte er kein Problem damit, sich von Cole aufbauen zu lassen und sich gleichzeitig auf das Treffen mit Nathan zu freuen. Coles Sticheleien, wenn er mal in seinen Gedanken abschwiff, prallten an seinem Selbstbewusstsein ab. Als es auf 22 Uhr zuging wuchs seine Nervosität zwar wieder, aber es war ein angenehmes Gefühl. Und die Bestätigung, die er durch Cole noch als i-Tüpfelchen erhielt, war Balsam für seine Seele und Nahrung für sein Selbstbewusstsein, das nun endlich aus seiner kleinen Zehe wieder nach oben gekrochen war, und ihn wieder vollständig ausfüllte. Innerhalb New Yorks fuhr er nur mit der U-Bahn. Cole stellte ihm zwar den Wagen des Lady-Dreams zur Verfügung, aber er mochte U-Bahn fahren. Dort konnte man in dieser lebenden Menge untertauchen und Geschichten erleben, die es anderswo kaum gab. Sicher, es war ein wenig gefährlich. Besonders, wenn er durch die Viertel fuhr, die weniger verbunden mir Costellos Clan waren, aber so bekannt war er nun auch wieder nicht. Der weiße Rollkragenpullover und die dunkelblaue Levis, die er nun mittlerweile anhatte, weil er sich doch noch einmal umgezogen hatte, standen ihm gut. Er hatte ein wenig Farbe in den vergangenen Sommermonaten abbekommen, weil er häufig vormittags joggen gegangen war, und diese Bräune harmonierte gut mit dem Weiß seines Oberteils. In Island war er schon als Kind damit aufgezogen worden, dass seine Mutter aus Südeuropa gekommen war und er ihren dunklen Teint geerbt hatte. Wäre er nach seinem Vater gekommen, hätte er wohl jetzt blondes Haar, blaue Augen und Sommersprossen. Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb er froh war, nicht nach jenem gekommen zu sein. Fröhlich stieg er aus der U-Bahn. Was Nathan hier wohl unternehmen wollte? Er war gespannt. In diesem Stadtviertel kannte er sich eher gar nicht aus. Wie auch immer, er sollte nicht vergessen, dass Nathan letztlich aus einer ganz anderen Welt kam, als er selbst. Und daher würde es sicher spannend sein, womit jener gedachte, ihr Date zu gestalten. Jener Mann, mit diesem unglaublich schön geschnittenen, markanten Gesicht, stand bereits am Brunnen und Ragnar musste schmunzeln, als er das Wasserspiel hinter diesem betrachtete. Irgendwie konnten sie dem Klischee Märchen nicht so recht entfliehen. Lächelnd trat er auf den anderen zu, freute sich über seine Begrüßung. "Hey Prince Charming", erwiderte er, gab auch dem anderen einen sanften Kuss auf die Wange und nickte kurz zu dem Brunnen. "Ich habe wirklich unglaubliches Glück. Ich treffe meinen persönlichen Märchenprinz vor einer märchenhaften Kulisse." Frech grinste er Nathan an. "Abenteuerlustig? Aber sicher", bestätigte er. "Cinderella hat sich ja sogar dazu überreden lassen, in einen Kürbis zu steigen und sich von Mäusen kutschieren zu lassen." Er hakte sich bei Nathan ein und gemeinsam liefen sie ein Stück in den angrenzenden Park hinein. Ihm war aufgefallen, dass Nathan nicht seine Tüte mit seinen Sachen dabei hatte, was er sehr gut fand. Denn falls er sie nicht einfach nur im Auto gelassen hatte, würde er einen Grund haben, zu Nathan nach Hause mitzugehen. Aber das würde erst nachher entschieden werden. Jetzt waren sie erst einmal hier und liefen durch einen liebevoll gestalteten Park. Die wenigen Grünanlagen, die New York außer dem Centralpark besaß, waren besonders schöne Orte in dieser riesigen Stadt. Ragnar war froh, dass er bei sich um die Ecke auch die Möglichkeit hatte, ein wenig durch etwas Grünes zu joggen. "Wie war deine Preisverleihung? Hat alles geklappt?", fragte er dann und blickte während der andere sprach diesen von der Seite kurz an. Ob er Nathan einmal fotografieren dürfte? Dieser Mann war eigentlich zu schön, als dass es real sein konnte, dass er nicht vergeben war. Andererseits könnte es natürlich auch daran liegen, dass er zu beschäftigt war. - Wie auch immer, Ragnar sollte nicht über so etwas nachdenken. Als Nathan stehen blieb, blickte Ragnar auf. Sie waren vor einem Kassengebäude stehen geblieben, bei dem es sich um den Eingang zu einem Zoo der besonderen Art handelte - ein Nachtzoo. Ragnar hob erstaunt die Augen. "Wow", murmelte er dann. "Das nenne ich mal eine gelungene Überraschung." Sein Lächeln kehrte auf sein erstauntes Gesicht zurück. "Na dann lass uns mal nachsehen, was die lieben Tiere, nachts so treiben..." Er zwinkerte dem anderen zu und löste sich von ihm, um zur Kasse zu gehen und zwei Karten zu kaufen, noch bevor Nathan sich darüber beschweren könnte. Nathan Ein wenig irritiert war er zuerst schon, bevor er die Assoziation der Meerjungfrau mit Märchen verband und dann schmunzelte. "Na dann komm, Cinderella. Ich werde dich zwar zu keinem Ball entführen, aber ich habe das Gefühl, dass es dir trotzdem gefallen könnte." Nathan konnte sehr gut damit leben als Ragnar sich bei ihm unterhakte und drückte dessen Arm leicht. Er selbst war erst einmal hier gewesen, im Tageslicht, aber er fand es gerade um ein ganzes Stück schöner und auch ruhiger. Man bekam das Gefühl sich gar nicht mehr im stressigen, stets wachen New York zu befinden, sondern in so einer Art kleiner Paralellwelt. "Es lief ganz gut. Zwar gab es einigen Stress mit den Blumenarrangements, und damit statt der roten Rosen eben gelbe, aber das schien den Veranstalter nicht weiter zu stören", erzählte er und warf Ragnar einen Blick zu. "Ich weiß nicht, ob du viel zum Lesen kommst oder es überhaupt gerne tust, aber dort wurden irgendwelche Schriftstellerpreise vergeben. Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass ihnen die Farbe der Rosen an ihren Tischen herzlich egal war. Dafür waren die Dankesreden umso länger und vollgespickt mit langen, schwierigen Wörtern. Offensichtlich wirkt man wichtiger, je seltener die Worte im normalen Sprachgebrauch sind." Er schüttelte den Kopf ein wenig belustig. "Vermutlich sind sie jetzt noch dabei, ihre Preise zu verteilen. Aber um den Rest kann sich Elisa kümmern. Ich habe mein Soll erfüllt", merkte er an und blieb, an ihrem Ziel angekommen stehen, um Ragnars Reaktion abzuwarten. Wenn es diesem gar nicht gefallen würde, würden sie eben woanders hingehen. Trotzdem erleichterte und freute ihn Ragnars Reaktion natürlich. So wirklich einschätzen ließ sich der Geschmack von ihm ja doch noch nicht und Nathan selbst kannte viele, die mit so etwas überhaupt nichts anzufangen wüssten. Aber noch bevor er etwas erwidern konnte, war Ragnar auch schon losgelaufen, um die Karten zu kaufen. Was ihm die Zeit gab, den anderen noch einmal in Ruhe zu betrachten. Der weiße Pullover unterstrich den Teint des Mannes ganz ausgezeichnet und Nathan würde sich fast schon als glücklich bezeichnen, die langweilige Verleihung hierfür früher verlassen zu haben. Als Ragnar die Karten bezahlt hatte trat er wieder näher, griff nach der Hand des anderen, hob sie an und hauchte ungeachtet des blöd dreinsehenden Mannes an der Kasse einen Kuss auf den Handrücken. "Vielen Dank ...", er stockte und runzelte die Stirn. "Gibt es eigentlich eine männliche Form von Cinderella? Ich möchte dich eigentlich ungern Prinzessin nennen." Hier grinste er frech. "Mir persönlich gefällt der Prinz in solchen Geschichten sowieso besser." Ohne die warme Hand des anderen los zu lassen betraten sie den kleinen aber feinen Zoo. Wodurch sie erst einmal einige Stufen nach unten gehen mussten, denn auch wenn vieles davon in den Park mit eingebunden worden war, so hielt man gerade die kleinen Nager und anderen nachtaktiven Tiere in einer Art unterirdischem Tunnelsystem Auch wenn das nicht besonders weiläufig war, so war es doch ganz spannend zu beobachten. Nathan selbst blieb vor einem ganz bestimmten Schaufenster stehen und lächelte ein wenig nachdenklich. "Ich wollte immer Mäuse oder eine Ratte haben, was mir jedoch nicht erlaubt wurde. Meine Mutter ekelt sich vor ihnen, aber ich sehe nur die schönen und irgendwie niedlichen Knopfaugen. Und wenn man ihnen eine Weile zusieht... wie kann man dann noch Angst vor ihnen haben?" Er deutete auf eines der gezeigten Gleithörnchen. "Gerade wenn sie sich putzen möchte ich sie wirklich am liebsten einpacken und mitnehmen", gestand er und wandte sich dann Ragnar zu. "Vielleicht find ich deine Augen deshalb so toll, obwohl das natürlich nicht das beste Kompliment ist, das man geben kann. Verzeih. Aber ich spreche natürlich nur vor der Farbe, schließlich hast du keine Knopfaugen." Sanft dirigierte er Ragnar an dessen Hand ein wenig näher zu sich und legte seine Hand an dessen Wange. Tief in diese schönen Augen blickend, bevor er den wenigen Abstand überwand und dem anderen einen kurzen aber sanften Kuss gab. "Vermutlich rede ich mich gerade um Kopf und Kragen?", ein wenig seufzend schüttelte er den Kopf, lächelte dann aber sofort wieder. Ragnar Ragnar war begeistert und blickte den Verkäufer der Karten freundlich lächelnd an. Er freute sich schon darauf, durch den Park zu laufen. Dieser Zoo war so alles andere als das, was er in seinem 'normalen' Leben jemals zu sehen bekommen würde. War er überhaupt schon einmal in einem Zoo gewesen? Er wusste es nicht. Vielleicht irgendwo mal so ein Streichelzoo als er noch mit seinen Eltern in Island gelebt hatte, aber daran konnte er sich nicht wirklich erinnern. Aber nun war er in einem Zoo. In diesem märchenhaften Paralleluniversum, das er bei Nathan erleben konnte. Kurz musste er schmunzeln bei dem Gedanken was Cole wohl früher dazu gesagt hätte, wenn er ihn gefragt hätte, ob sie in den Zoo gingen. Undenkbar.. Er nahm das Wechselgeld und spürte, wie Nathan seine Hand ergriff und an seine Lippen führte. Ragnar musste grinsen. Wie im Märchen... "Ich fürchte nicht. Aber Du kannst mich ja Aschenputter nennen, wenn du möchtest", er grinste schelmisch. "Ich glaube das würde ganz gut zu mir passen. Und wenn ich ehrlich bin, gefällt mir der Prinz in diesem Märchen auch besser." Er zwinkerte dem anderen zu. Es freute ihn, dass Nathan seine Hand nicht losließ. mit einem immerwährenden Lächeln folgte er dem anderen. Ragnars Augen bemühten sich, nicht immer den Mann neben sich anzusehen, sondern auch die Tiere. Als sie zu jenen Mäusen kamen, konnte er aber nicht anders, als die Augen auf seinem Begleiter zu haben. Wie dessen Augen mit einem Mal leuchteten. Wirklich süß. Und dann erklärte er auch, weshalb dieser so fasziniert von diesen Tieren war. Ragnar trat näher an das Glas uns betrachtete sich das kleine wirklich recht putzige Tier. Er hatte früher mal überlegt, ob er einen Hund haben wolle, aber an so ein Tier hatte er noch nie gedacht. Wohl, weil er selbst ein wenig wie eine Ratte in seinem Loch hauste... Na gut, so schlimm war es dann auch wieder nicht. Seine Augen folgten dem Fingerdeut des anderen. "Ja, sie sind wirklich ganz niedlich", bestätigte er leise und bemerkte dann, wie Nathan ihn ansah. Erst blickte er überrascht, dann wurden seine Augen wärmer und das Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Hm, ich glaube das mit den Komplimenten musst du wirklich üben. Das könnte galanter gehen..", meinte er dann neckend, ließ sich jedoch gerne zu Nathan ziehen und genoss die Berührung an seiner Wange, das Schaudern, das durchs einen Körper fuhr, als Nathan ihn so durchdringend ansah, den sanften Kuss, den er gerne erwiderte. "Nein", wisperte er gegen die Lippen des anderen, "keine Sorge, ich denke deinen Kopf darfst du behalten. Aber noch ein Kuss als Entschädigung wäre nicht schlecht." Und bevor Nathan etwas erwidern konnte, nahm er sich selbst, was er wollte. Diesmal ließ er den Kuss ein wenig länger währen, bevor er sich löste, Nathan noch einen Moment tief in die Augen blickte und sich dann zurückzog, sich zwang, seine Augen wieder auf das, was um sie herum war zu lenken. "Komm, ich habe vorne gesehen, dass sie sogar ein Gehege mit Eulen und Wölfen haben..." Noch immer hielt er die Hand des anderen und er würde sie auch nicht so bald wieder loslassen. Sie verließen die Abteilung mit den Wühltieren, nachdem sie sich noch die Maulwürfe und Hamster angesehen hatten. Als nächstes kamen sie zu den Gehegen, in denen sie Igel und Marder sehen konnten, bis sie schließlich zu der Vogel-Voliere kamen, in der verschiedene Eulenarten zu bestaunen waren. "Wenn du Mäuse so gerne magst, dann gefallen dir diese Tiere sicher nicht so gut..", überlegte Ragnar und lehnte sich leicht gegen Nathan, als auch dieser zum Stehen gekommen war, diesem einen Arm locker um die Hüfte legend. Sie liefen wie ein Pärchen herum - und Ragnar genoss es. Nur keine negativen Gedanken zulassen! Nichts sollte seine Stimmung heute trüben. Er musste einfach nur genießen. Seine Augen suchten wieder die des anderen. Ob jener nachher noch Lust hatte, mit ihm irgendwo kurz etwas essen zu gehen? Sicher war der Lebensrhythmus des anderen ganz anders, als der seine. Für Ragnar war 23 Uhr so die Zeit, an der an das Abendessen dachte, wissend, dass er noch bis 3, manchmal 4 Uhr früh durchhalten musste. Dafür frühstückte er auch meist erst mittags. Nathan war sicher jemand, der früh aufstehen musste. Ragnar beschloss nicht zu fragen. Nur wenn Nathan es ihm anbieten würde, würde er ihn bitten, noch etwas mit ihm essen zu gehen. Nathan Nur zu gern ließ Nathan sich in einen weiteren Kuss ziehen. Wenn es nach ihm ging könnten sie auch einfach so hier stehen bleiben, aber das war ja nicht der Sinn der Sache. Nicht nur, korrigierte er sich in Gedanken. Ein leichtes Lächeln blieb auf seinen Lippen, während er den Zoo gemeinsam mit Ragnar erforschte. Hin und wieder streichelte er dessen Handrücken mit seinem Daumen, wenn er den Tieren dabei zusah wie sie miteinander spielten oder auf der Nahrungssuche durch ihr Gehege liefen. Ob es vielleicht nicht tatsächlich an der Zeit wäre, sich ein Tier anzuschaffen? Eines, das nicht ganz so viel Zeit wie ein Hund oder eine Katze verschlang? Vielleicht sogar wirklich ein paar Mäuse? In seiner Wohnung hätte so ein Terrarium ohne Probleme Platz. Dazu noch jede Menge Licht und für Nahrung würde dann eben er sorgen. Ein Gedanke der von Minute zu Minute verlockender wurde. Als sie dann bei den Vögeln, explizit den Eulen ankamen hob Nathan nur eine Augenbraue bevor er den Kopf leicht schüttelte. Wobei ihm ein paar der längeren Haarsträhnen in die Stirn fielen. "Was sollen sie denn sonst fressen?", fragte er und drückte den an sich lehnenden kurz an sich. Er mochte es den Körper des anderen an seinem zu spüren, denn er war warm und angenehm und überhaupt toll. "Die Natur hat ihre eigenen Gesetze. Sich dort wegen verkappter Tierliebe einzumischen oder einer Tierart deswegen beleidigt zu sein wäre ziemlich Gedankenlos. Zudem ich gerade Schneeeulen sehr schön finde. Oder vielmehr majestätisch." Kurz lehnte er seinen Kopf an den seines Begleiters, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg zum Wolfsgehege machten. Was auch Tiere waren, die eine gewisse Faszination auf ihn ausübten, und als er sie so betrachtete, musste er plötzlich lachen. "Jetzt hab ich‘s", murmelte er und grinste Ragnar frech an. "Du bist nicht Aschenputter sondern Mogli!", behauptete er und ließ in seiner Stimme nicht viel Spielraum für Zweifel. Doch der Humor des Ganzen schwang mit und dass er es nicht böse meinte. Weshalb er Ragnar auch einen Arm auf die Schultern legte und sich zu ihm beugte, nahe an das Ohr. "Und wenn ich mich recht erinnere, lief der gute Junge nur mit einem Lendenschurz bekleidet herum...", flüsterte er und hauchte einen Kuss auf das Ohrläppchen, bevor er sich wieder ein Stück zurückzog und wieder Ragnars Blick suchte. "Und wie es aussieht bin ich mit meinem Komplimenten heute wirklich nicht sehr geschickt. Aber vielleicht kann ich das wieder gut machen, indem ich mein Klavier ein wenig entstaube?", fragend sah er seinen Begleiter an. "Zudem ich von der Veranstaltung lauter Köstlichkeiten mitgehen habe lassen, die gerade furchtbar einsam und verlassen in meinem Kürbis... ich meine natürlich, in meiner Kutsche darauf warten, verspeist zu werden." Er unterbrach sich selbst und begann zu lächeln. "Was natürlich alles nur ein furchtbar leicht zu durchschauender Vorwand ist, um dich in meine Höhle zu locken und zu fressen. Auch wenn es nicht bedeutet, dass es leere Versprechungen sind. Ich kann sogar noch etwas zu trinken drauflegen. Aber alles andere ist Verhandlungssache. Wie zum Beispiel, dass es Eis zum Nachtisch geben könnte. Und ich bin ein zäher Verhandlungspartner", neckte er und zog Ragnar in einen Kuss, bevor dieser ihm antworten konnte. Vertiefte diesen auch sobald Nathan bemerkte, dass er erwidert wurde und hob seinen freien Arm um über die Oberarme des anderen nach oben, bis hin zu dessen Nacken zu gleiten. Die weiche Haut unter seinen Fingern gefiel ihm jedesmal mehr und fast ein wenig zögernd löste er den Kuss schließlich, die unbemerkt geschlossenen Augen wieder öffnend und eine Antwort abwartend. Ragnar Ragnar lehnte sich ebenso an Nathan, wie dieser sich an ihn lehnte. "Da hast du natürlich recht. Fressen und gefressen werden, so ist der Lauf der Dinge. Und dennoch stelle ich mir nicht gerne vor, wie diese niedlichen kleinen Wesen, die wir gerade angesehen haben, von diesen wirklich recht majestätischen Tieren hier gefressen werden." Bei den Wölfen beobachtete Ragnar genau die Bewegung der Tiere. Sie waren schon in gewisser Weise unheimlich, furchteinflößend. Besonders, da ihre Augen in dem recht dämmrigen Licht zu glühen schienen. Kein Wunder, dass die Menschen früher durchaus Angst vor ihnen hatten. Ragnar zuckte ein wenig zusammen, als Nathan plötzlich neben ihm zu lachen begann und ihm erklärte, welche Rolle er in diesem Märchen spielte. Ragnar hob die Augenbrauen und sah ihn überrascht an. "Mogli?", fragte er und lauschte kurz darauf den Worten es anderen, die ihm ein Rieseln den Rücken runter jagten. Ein wenig skeptisch erwiderte er den Blick des anderen, konnte aber ein Grinsen nicht gänzlich unterdrücken. "Da stellt sich doch glatt die Frage, ob du dann Baghira oder Shir Khan bist?" Er pikste den anderen in die Seite. "Du hättest wohl gerne, dass ich für dich im Lendenschurz herumlaufe. Tz Tz Tz…" Ragnar musste lachen. Seine Augen blickten die des anderen strahlend an, bevor er sich einen Kuss stahl. Ja, so konnte ein Abend ruhig öfters stattfinden. Es tat ihm unglaublich gut, so unbeschwert herumalbern zu können. Lieber nicht darüber nachdenken, wie er sich gestern noch gefühlt hatte... Als Nathan ihm anbot, für ihn Klavier zu spielen, stutzte er. Als würde er nicht selbst fragen müssen, ob sie noch mehr Zeit miteinander verbringen würden. Und bevor Ragnar irgendetwas weiter dazu sagen konnte, schien es fast, als habe Nathan seine Gedanken gelesen. Ein warmes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Kannst du Gedanken lesen?", fragte er leise. Wenn Nathan nur wüsste, wie gerne er sich in die Höhle des Tigers begab, um sich vernaschen zu lassen. Doch auch diesmal kam er nicht weiter zu Wort, denn vorher wurde er in einen dieser unglaublichen Küsse gezogen, die sich zu häufen schienen und daher offenbar doch real waren. Auch wenn Ragnar teilweise immer noch glaubte, dass er in einem Märchen gefangen war und irgendwann die böse Hexe kam, um ihn aufzuwecken. Irgendwo musste es doch einen Haken geben... "Wer könnte dir nach so einem Kuss noch irgendetwas abschlagen...", schnurrte er leise und sah in diese unglaublich blauen Augen. "Das hört sich alles sehr verlockend an, und naiv wie Mogli ist, lässt er sich von Shir Khan gerne in dessen Höhle locken." Sacht stahl er sich noch einen kurzen Kuss, bevor er seine Hände, die er auf die Hüfte des anderen abgelegt hatte, unter dessen Hemd gleiten ließ, um wenigstens ein wenig Haut zu erhaschen. "Besonders weil Mogli in vielerlei Hinsicht ziemlich hungrig ist und gerne das Angebot in Anspruch nehmen würde, um so einige Gelüste zu stillen. Und ihm werden sicher einige Argumente einfallen, damit die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen, das zu beidseitiger Zufriedenheit führt." Während der letzten Worte war er näher gerückt und drückte nun leicht seine Hüfte gegen die des anderen. "Ich bin gespannt, wie zäh du wirklich sein wirst..." Ein amüsiertes Lächeln legte sich um seine Lippen und seine Augen blickten Nathan herausfordernd an, bevor er sich löste, die Hand des anderen ergriff, um mit ihm in Richtung Ausgang zu laufen. "Ich bin auch kein zu unterschätzender Verhandlungspartner." Nathan "Gedankenlesen? Wusstest du etwa nicht, dass ich der Ururururenkel des großartigen 'Mind Blow' bin?", neckte er und hörte nach seinem Kuss zufrieden, dass Ragnar noch mit zu ihm kommen würde. Und vielleicht müsste er diesen dann diesmal gar nicht so schnell gehen lassen. Schon gar nicht, wenn Ragnar ihn noch häufiger so anschnurren würde. Wie von selbst verstärkte er seinen Arm um den anderen, lauschte der Herausforderung die noch durch die Hände auf seinem Bauch unterstrichen wurde. Ganz abgesehen vom Inhalt der Worte, die ganz eindeutig von zweideutiger Natur waren und ihn damit auf voller Linie ansprachen. Er seufzte leise als Ragnar sich von ihm löste, gerade als er sich genauer über diese Verhandlungen 'informieren' wollte. Doch sein Lächeln war von fröhlicher, vielleicht auch vorfreudiger Natur. "Hm, womöglich bin ich auch ganz handzahm wenn du so weiter machst. Hat Mogli den guten Shir Khan nicht auch besiegt? Aber es wäre schön, wenn du mich nicht bei lebendigem Leib verbrennen würdest. Obwohl du mich natürlich ein wenig für dich entflammen lassen dürftest." Die letzten Worte raunte er dem anderen zu, damit auf die Herausforderung eingehend und sich dann auch ohne weiteres vom anderen mitziehen ließ. Bei seinem Fahrzeug angekommen, verbannte er schnell noch das Essenspaket vom Beifahrersitz in den Kofferraum, bevor er auf die Uhr sah. "Wenn wir uns beeilen sind wir ein gutes Stück vor 24 Uhr bei mir und sitzen nicht unterwegs in einem Kürbis fest." Seine Augen blitzten dabei belustigt auf und er wartete bis Ragnar ebenfalls sicher saß, bevor er losfuhr. Die Augen auf dem Verkehr gerichtet lassend, lenkte er das Fahrzeug in einer traumwandlerischen Sicherheit durch die Straßen, die jeder Fahrer besitzen musste, der sich länger in einer der Amerikanischen Großstädte aufhalten wollte - ohne einen Schlaganfall zu bekommen. "Ich weiß nicht einmal genau was mir da an Essen mitgegeben wurde, aber ich vermute es schmeckt", erklärte er dann und warf Ragnar doch einen kurzen Seitenblick zu. "Und wenn nicht, lassen wir uns einfach etwas kommen", beschloss er. Rein zur Sicherheit. Nicht dass der andere sich nicht trauen würde zuzugeben, wenn ihm das Essen nicht schmeckte. Und sein Kühlschrank würde wohl auch noch das ein oder andere hergeben. An dem Haus angekommen, in dem er lebte, fuhr er in die dazugehörige Tiefgarage und bald darauf befanden sie sich im Aufzug, auf dem Weg nach oben. In der einen Hand seine Tasche mit den Köstlichkeiten haltend, nahm er die andere zur Hilfe, um hinein zu sehen. Wo er aber nicht besonders viel erkannte, außer kleine Verpackungen die irgendwie an Bestellungen beim Chinesen erinnerten. Nathan runzelte die Stirn. "Ich hoffe, die hatten da wirklich nichts Seltsames auf der Speisekarte. Darum hat sich meine Partnerin gekümmert", brummte er und trat aus dem Aufzug als dieser hielt. "Kannst du mal kurz halten?", damit reichte er Ragnar die Tüte und tippte seinen Zahlencode ein. Aufgrund dummer Angewohnheit machte er das immer mit beiden Händen. Auch wenn es ihn jedes Mal ärgerte wenn er dafür alles abstellen musste. Doch immerhin sprang die Tür brav auf und er ließ dem anderen den Vortritt, bevor er nachkam und die Tür hinter ihnen schloss. In der Küche angekommen studierten sie erstmal gemeinsam den Inhalt der vielen Schächtelchen und Dosen und schichteten es mehr oder minder geschickt auf verschiedene Teller um. Oder zumindest taten sie das, bis Nathan eine der Soßen mit dem Finger probierte und den Mund verzog. Viel zu sauer! Doch dann schlich sich ein etwas verschlagenes Lächeln auf seine Lippen bevor er abermals in die Soße tippte und einen unachtsamen Moment abwartete, bevor er den Finger über Ragnars Wange gleiten ließ. Er lachte leise und schüttelte den Kopf. "Jetzt schau dich an, keinen Lendenschurz aber trotzdem das ganze Essen im Gesicht habend." Kurz blitzten seine Augen auf. "Soll ich dir beim Saubermachen helfen?", Nathan erkannte noch nicht genau was es war, aber es fiel ihm in Ragnars Gegenwart nie schwer seine Arbeit zu vergessen. Sie einfach abzulegen wie einen schweren Mantel und damit nur die Person zurücklassen, die er eigentlich war. "Oder müssen wir das auch verhandeln, Mogli?" Ragnar Ragnar hob anerkennend die Augenbrauen, als sich herausstellte, welches Auto Nathan gehörte. "Ein schönes Auto. Die Europäer haben das einfach wesentlich besser drauf, als die Amerikaner - zumindest sehe ich das so." Gerne stieg er in den Mercedes und ließ sich durch die Stadt zu Nathans Wohnung fahren. Hin und wieder ertappte er sich dabei, dass er das schöne Gesicht des anderen musterte. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal einen Mann getroffen, bei dem er sich wohl fühlen konnte? Bei dem er so unbeschwert war? Ragnar würde diese Frage nicht beantworten können. Er wusste es nicht mehr. "Ich bin nicht sehr wählerisch, was Essen betrifft", erklärte er lächelnd, als er merkte, dass sich Nathan Sorgen machte, dass es ihm nicht schmecken könnte. "Wahrscheinlich ist es besser als das, was ich meinem Körper täglich so antue. Ich bin mir sicher, dass es mir schmecken wird. Und zur Not habe ich das perfekte Argument, dass du mir das Eis nicht vorenthalten kannst." Belustigt beobachtete Ragnar, wie Nathan versuchte nachzusehen, was er da an Essen überhaupt mitbekommen hatte. Mittlerweile hatte Ragnar das Gefühl, hoffen zu müssen, dass es schmeckte, damit jener nicht enttäuscht war. "Es wird schon nicht ganz verkehrt schmecken", versuchte er noch einmal den anderen zu beruhigen und lächelte ihn milde an. Wirklich süß... Bereitwillig hielt er die Tüte und betrat schließlich mit Nathan dessen Wohnung, die er diesmal nicht in Windeseile durchquerte, sondern sich diesmal Zeit nehmen konnte, sich ein wenig umzusehen. In der Küche, die ihm schon bei seinem ersten Besuch gut gefallen hat, stellte er das Essen auf der Theke ab und half Nathan, es von der vielen Verpackung zu befreien. "Also im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit, hat das Essen zumindest schon mal verloren. Aber vom Geruch her scheint es ansonsten meinen Erwartungen vollkommen zu entsprechen", überlegte Ragnar laut und war gerade dabei, die Sour Creme in ein kleines Schälchen umzufüllen, als er mit einem mal spürte, wie Nathan ihm Soße ins Gesicht schmierte. Einen Moment hielt er überrascht inne, biss sich einen Moment auf die Unterlippe, lauschte den Worten des anderen und hob dann den Blick. Eine Augenbraue war nach oben gewandert und er bemühte sich schwerlich, das Lachen zu unterdrücken. "Ich scheine wirklich unglaublich ungeschickt zu sein...", stellte er mit einem Seufzen fest. "Du bist nicht vielleicht so freundlich, mir kurz zu helfen? Ich glaube, da müssen wir gar nicht viel verhandeln. Ich lasse mir doch gerne von dir helfen..." Er wartete, bis Nathan näher zu ihm gekommen war und versenkte dann seinen Finger in der Sour Creme, um in der gleichen Bewegung seinen Finger über die Wange des anderen bis zu dessen Lippe gleiten zu lassen. "Ups…", meinte er entschuldigend. "Ich fürchte, es muss an dem Essen liegen, dass wir uns so vollkleckern... Wie ungeschickt von mir." Ragnars Augen funkelten vergnügt, als Nathan auf ihn zu trat und ihn so gegen den Herd drängte. Er griff nach der Hand, die Nathan benutzt hatte, um ihm die Soße ins Gesicht zu schmieren und ließ die Finger in seinen Mund gleiten, sanft an ihnen saugend, sie mit seiner Zunge umspielend. Dabei blickte er den anderen warm an. Schließlich ließ er von den Fingern ab und zögerte nicht, den anderen gierig zu küssen, und ihm dabei die Sour Creme ein wenig wegzuschlecken. "Hmm...", schnurrte er und merkte, wie er so gegen den Herd gedrängt wurde, dass er schließlich auf ihm zu sitzen kam und Nathan zwischen seinen Beinen zum stehen kam. "Zusammen schmeckt das gar nicht so schlecht...", raunte er. Ragnar legte seinen einen Arm um die Schultern des anderen und hielt seinen noch immer mit Sour Creme versehenen Finger an den Mund des anderen, den dieser in seinen Mund gleiten ließ. Wie von selbst öffnete sich sein Mund, als er beobachtete, wie dieser an seinem Finger saugte. Und mehr als deutlich spürte er, wie ihn das anturnte. Und so löste er schließlich seinen Finger mit seinen Lippen ab, und küsste Nathan gierig. Als er den Kuss wieder löste, spürte deutlich, dass er mehr wollte, spürte, wie ihn das alles unglaublich anmachte und wie sein Atem bereits begonnen hatte, sich zu beschleunigen. Nathan Das Lächeln wollte gar nicht mehr von seinen Lippen weichen als Ragnar sich auf die Spielerei einließ und als er näher trat war er dann kaum noch überrascht von dem Gegenangriff. Vielmehr positiv angetan. Ebenso wie von diesem schön funkelnden Augenpaar, das so wunderbar zu diesem schönen Gesicht passte. Ohne weiteres Federlesens trat er schließlich nahe genug an den Mann heran, um ihn gegen den Herd zu drängen, dessen Körperwärme spürend. Er ließ zu, dass Ragnar seine Hand ergriff und seine Pupillen weiteten sich ein Stück weit, als jener begann an seinen Fingern zu saugen. Fast wäre ihm ein Knurren entkommen, als die fremde Zunge seine Finger umspielte, so dass man das sehr gut auf andere Körperteile umdenken konnte. Er erwiderte den Blick des anderen und konnte einen leicht unwilligen Laut nicht unterdrücken als Ragnar von seinen Fingern ließ, war dafür aber umso begeisterter von dem Kuss und dem Laut, den der andere von sich gab. Ohne weiter darüber nachzudenken drängte er Ragnar weit genug zurück, so das jener schließlich auf dem Herd zu sitzen und Nathan zwischen dessen Beinen zum Stehen kam. Dessen Stimmlage löste da ganz andere Formen des Hungers in ihm aus, als der leckere Geruch, der in der Küche schwebte, einem weiß machen wollte. Sofort öffnete er den Mund, ließ die mit Creme behafteten Finger in seinen Mund und leckte sacht darüber, bevor er ein wenig zu saugen begann und sie mit seiner Zunge umspielte. Eine Tätigkeit, die ihn sofort absolut heiß auf den anderen werden ließ, und der darauffolgende Kuss, als Ragnar seine Finger zurückzog war mehr als hungrig. Und nicht nur der Blick auch der schneller gehende Atem des anderen überzeugte ihn davon, mit diesen Gedanken nicht alleine zu sein. Ohne zu zögern ließ er seine Hände unter den Pullover dieses wie auf dem Präsentierteller sitzenden Mannes gleiten. Streichelte über die warme Haut des gut ausmodellierten Oberkörpers und beugte sich vor, um sich einen weiteren Kuss abzuholen. Nathan wusste, wo das enden würde, wenn er dem jetzt keinen Riegel vorschob. Aber so einfach wollte er es ihnen beiden gerade nicht machen. Noch war der Punkt nicht erreicht, an dem sie beide einfach nur noch vergehen würden, wenn sie nicht sofort übereinander herfallen könnten. Weshalb er seine Hände zurückzog, den Pullover glatt strich und Ragnar umarmte, näher zu sich zog. Jener sollte nicht denken, dass das jetzt eine Abfuhr wäre. "Kommt vor dem Nachtisch nicht eigentlich der Hauptgang?", raunte er und leckte einmal spielerisch über die Ohrmuschel. "Und dann war da noch die Sache mit dem Klavier", murmelte er weiter und küsste sich über den Wangenknochen nach vorne bevor er Ragnar in einen weiteren hungrigen Kuss zog, seine Hände über dessen Rücken bis zum Hinter gleiten lassend. "Zudem Vorfreude ja bekanntlich die schönste Freude ist." Und damit löste er sich komplett von dem Mann; den er am liebsten gleich hier und jetzt... Nathan schüttelte den Kopf leicht, als ob er ihn wieder frei bekommen wollte und deutete auf das Essen. "Fütterungszeit", bestimmte er, auch wenn seine Lust deutlich in seinen Augen zu sehen war. Er schnappte sich die nächstbesten Teller und ging damit hinüber zum Küchentisch, Ragnar über seine Schulter hinweg ansehend. "Kommst du?", er grinste frech, was sich in ein Lächeln verwandelte, als der andere sich tatsächlich die restlichen Dinge sowie das Besteck schnappte und herüber kam. Sie saßen beim Essen nahe zusammen, neckten sich immer mal wieder mit Blicken, Kommentaren und Berührungen und im Grunde war es nun eine Art Spiel wann es denn tatsächlich zum Nachtisch kommen würde. Ob und wann einer von ihnen einbrechen und einfordern, was ihm sowieso nicht verwehrt werden würde. Schließlich stand Nathan auf und zog Ragnar vom Stuhl hoch, in nahe an sich ziehend, ganz so als wollte er ihn küssen, nur um dann doch nur die Wange zu küssen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, wüsste er dass er das nicht unbedingt lange durchziehen konnte, aber gerade dieser Gedanke reizte ihn ungemein. Genau wie der Körper des anderen, den er gerade an der Hand nahm, sacht mit den Fingern über den Handrücken strich und ihn dann mit sich in das Zimmer neben dem Wohnzimmer führte. Hier stand nur das Klavier auf dem Parkettboden. Ansonsten gab es noch eine Sofaecke mit einer Leselampe und verschiedenen aufgeschlagenen Zeitungen im Eck, doch Blickfang war definitiv der weiße Flügel. "Irgendwelche Wünsche?", fragend, doch immer noch mit dem unterschwelligen Hunger in den Augen sah er den anderen an. Wohlwissend, dass seine Frage zweideutig ausgelegt werden könnte. Ragnar Welch süße Folter Nathan ihm zukommen ließ, welche unglaublich bittersüße Folter... Ragnar spürte, dass in ihm alles danach schrie, hier und jetzt vernascht zu werden. Dort wo eben noch wunderbare Finger über seine Haut geglitten waren, war nur noch ein kribbelndes Gefühl übrig. Und dann flüsterte er ihm auch noch mit dieser unglaublich erotischen Stimme ins Ohr, leckte über seine Ohrmuschel. "Du verstehst es, einen zu quälen, Shir Khan. Aber ich fürchte auch, dass zuerst der Hauptgang kommt, auch wenn schwer zu definieren ist, was wirklich der Hauptgang wäre...", wisperte Ragnar atemlos. "Manchen Regeln sollte man Beachtung schenken..." Man merkte seiner Stimme nur zu deutlich an, dass es ihm schwer fiel, und so hielt er Nathan noch einen Moment fest, bevor er ihn gänzlich frei gab, diesen sehnsüchtig ansehend. Ragnar seufzte tief, als Nathan seine Portion genommen hatte und glitt schließlich vom Herd herunter, um dem anderen zu folgen. Am Tisch ließ er keine Gelegenheit aus, ein wenig zu sticheln, eindeutige Zweideutigkeiten von sich zu geben, um dieses Spiel aufrecht zu erhalten. Und so schwer es ihm jetzt fiel, nicht doch gleich auf den Schoß des anderen zu klettern, so sehr freute er sich auf den Moment, wenn er es denn wirklich endlich konnte. Und als der andere aufstand und ihn zu sich zog, dachte Ragnar schon, er hätte endlich gewonnen, doch Nathan schien es noch eine Runde länger auszuhalten, während Ragnar spürte, dass er an seinem Punkt angelangt war, an dem er sich nur noch sehr sehr schwer beherrschen konnte. Doch er hielt sich zurück, ließ sich mit ins Wohnzimmer nehmen. Ragnar vergaß einen Moment alles um sich herum, als er das Zimmer betrat und diesen unglaublichen Flügel sah. Er ließ Nathans Hand los und trat auf das Instrument zu, um vorsichtig darüber zu streicheln, als könnte es zerbrechen, wenn er es zu grob anfasste. Als Nathan ihn fragte, ob er Wünsche hätte, wurde er wieder in das hier und jetzt zurückgeholt. "Ich...", er lächelte. "Ich denke ich habe so einige Wünsche, die du auch hast...", knurrte er blickte dann aber den Flügel an. "Wenn du klassische Stücke spielst, dann wünsche ich mir Beethovens Mondscheinsonate, aber nur den ersten Satz, denn der zweite ist mir zu traurig... Und was Modernes… Vielleicht das 'comptine d'un autre été' von Yann Thiersen?" Seine Augen leuchteten und er blickte den anderen an. "Aber du weißt am besten, was du spielen kannst... Ich lass mich gerne überraschen." Und so ging er zum Sofa, auf dem Weg dorthin sein Shirt ausziehend, als Bestrafung dafür, dass Nathan ihn so lange zappeln ließ, und er legte sich so hin, dass er sich entspannt zurücklehnen und dabei dennoch den anderen ansehen konnte, der sich hinsetzte und zu spielen begann. Das Bild, das ich ihm bot war unglaublich. Nathan war der Inbegriff der Schönheit, anders konnte man es nicht ausdrücken. Und Ragnar hätte seine Seele verkauft, um jetzt seine Kamera dabei zu haben, um dieses Bild für immer festzuhalten. Er war sich sicher, dass er dieses Bild nicht so schnell würde vergessen können. Nathan Er lehnte sich in den Türstock, den anderen dabei beobachtend, wie er sich von dem Instrument einfangen ließ. Das Leuchten in den Augen, die vorsichtigen, streichelnden Gesten über die Oberfläche des Flügels. Eigentlich spielte Nathan nur für sich selbst, doch es würde ihm hier keine Probleme bereiten, sondern vielmehr Freude. Auf die eher knurrige Antwort hin verbreiterte sich sein Lächeln nur noch mehr und er nickte auf die beiden genannten Wünsche hin. Für Beerhoven müsste er sich jetzt die Noten raussuchen, aber das zweite Lied war relativ einfach zu spielen und damit würden diese leuchtenden Augen auch noch weiterhin strahlen können. Er lachte leise als Ragnar sich den Pullover auszog und benetzte sich seine Lippen ein wenig unruhig. "Wie soll man sich da auf ein paar Tasten konzentrieren könnten", murrte er leise, den Anblick noch einen Moment genießend, bevor er zum Flügel ging, die Blende hochhob und sich auf die kleine Bank setzte. Probeweise spielte er zwei Tonleitern, obwohl er sehr genau wusste, dass sein Flügel gestimmt war. Nur kurz schloss er die Augen, die ersten immer wiederkehrenden Töne spielend, bevor er die zweite Hand dazu nahm und begann jenes Lied zu spielen, das in seiner Einfachheit wie auch Tiefe die ganze Welt im Sturm erobert hatte. Doch gerade als die erste etwas schnellere Phase kam, öffnete er seine Augen wieder und fixierte Ragnar mit einem intensiven Blick. Wechselte wie fliegend die Tonleiter, setzte das ganze Stück damit eine Oktave tiefer und begann zu lächeln. Nathan musste nicht auf die Tasten sehen, wenn er keine Noten für sein Spiel brauchte. Doch schließlich, bei den letzten leisen Tönen schloss er seine Augen wieder, wechselte die Tonleitern und begann ein neues Lied zu spielen. Eines, das ebenfalls inzwischen auf der ganzen Welt bekannt sein sollte. Die Titelmusik von 'Fluch der Karibik'. Hierbei brauchte er mehr Konzentration und durfte sich nicht so einfach von Ragnar ablenken lassen. Leise begann er mitzusummen, eine Angewohnheit, die er irgendwann für sich selbst entwickelt hatte, und da er ja sowieso die meiste Zeit nur für sich selbst spielte, fiel das kaum jemanden auf. Mit einer kleinen Tonabfolge beendete er das Ganze und öffnete die Augen wieder, sofort nach Ragnars Gestalt suchend. Und spätestens jetzt war sein Maß der Dinge voll, seine Geduld aufgebraucht. Er wollte diesen wunderschönen Mann nicht nur, er brauchte ihn. Ohne weiter zu zögern stand er auf, zog sich das Shirt über den Kopf und warf es in Richtung des Sofas, sich selbst auf den Ausgang des Zimmers zubewegen. "Müde Mogli?", fragte er mit dunkel gewordener Stimme und öffnete seinen Gürtel, zog ihn achtlos heraus und warf ihn neben sich. "Also ich habe Lust auf Nachtisch...", damit war er auch schon draußen aus dem Zimmer und hielt auf sein Schlafzimmer zu, die Treppen nach oben. Er wollte es lieber nicht riskieren unten den Kopf zu verlieren. [...] Schließlich löste er den Kuss und strich durch die Haare des anderen, dessen Blick suchend: "Sag mir, dass du heute nicht noch in die Arbeit musst", bat und befahl er irgendwie gleichzeitig. Nathan war mehr als unwillig, Ragnar diesmal auch wieder so schnell aus seiner Reichweite zu lassen. Ragnar Ragnars Augen ruhten während des gesamten Spiels auf diesem Gesicht, das entspannt und dennoch konzentriert aussah. Dieser Mann war einfach nur unglaublich, unbeschreiblich hübsch, eine wahre Schönheit. Und nicht nur sein Äußeres trug dazu bei - das alleine reichte eigentlich schon - aber es war auch die Ausstrahlung, das, was er verkörperte, das in Ragnars Augen unglaublich schön war. Unbegreiflich, wie es geschehen konnte, dass er jetzt hier war, in dieser Wohnung, bei diesem Mann. Aber er sollte nicht wieder damit anfangen, darüber nachzudenken. Er musste genießen, solange er noch konnte. Als Nathan aufstand, schreckte Ragnar ein wenig aus diesen Gedanken auf, ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er sah, wie jener sich das Hemd auszog, es ihm zuwarf. Aus einem Reflex heraus fing er es auf. "Nicht nur du...", knurrte er leise, während der andere schon den Raum verließ, kurz wartete er noch, lächelte über diese Situation, bevor er aufsprang und dem anderen hinterhereilte. [...] Ragnar erwiderte den Blick des anderen und küsste diesen noch einmal kurz auf die Nasenspitze, bevor er sich ein wenig drehte, um den anderen besser ansehen zu können. "Keine Angst", murmelte er und hob seine Hand, um Nathan die Haare aus der Stirn zu streichen, kurz in diesen Federn seine Hand versinken zu lassen. "Ich werde heute nirgendwo mehr hingehen, außer du möchtest das." Nein, er würde heute nirgendwo hingehen. Er würde heute hier schlafen, wenn er durfte, hier bei Nathan. Und er würde es genießen, dass er das konnte, dass er hier sein durfte. Seine Finger strichen die Schläfe hinab, zeichneten das markante Kinn des anderen nach, während seine Augen, seinen Fingern folgten. Beim Kinn angelangt hob er die Hand ein wenig und strich Nathan mit seinem Daumen über die Lippen, die Konturen dieser nachfahrend. Sacht beugte er sich hinüber und küsste den anderen erneut, kurz, sanft. "Du schmeckst so unglaublich gut...", wisperte er leise und ließ seine Hand den Hals des anderen hinab zu dessen Brustbein gleiten, während seine Lippen seinen Fingern auf den Spuren folgten. [...] Langsam arbeitete er sich wieder nach oben, über diesen schönen Körper und genoss ein kurzes Bad in diesen lustverhangenen Augen. "Hattest du nicht etwas von einem Eis gesagt?", fragte er und lächelte den anderen an. "Und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich nach Sex immer Hunger bekomme..." Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt. Nathan "Nein, ich möchte das nicht", er knurrte es fast schon. "Du bleibst schön hier." Hier wo er jederzeit die Hand nach Ragnar ausstrecken könnte, um ihn an sich zu ziehen. Hier wo ihm seit Robin schon viel zu lange ein Loch klaffte, das dafür verantwortlich war, dass er so gut wie nie jemanden nur für Sex zu sich in die Wohnung holte. Es war einfach unangenehm in den eigenen vier Wänden nach so einem Erlebnis doch wieder alleine zu bleiben. Denn so sehr Nathan Sex genoss und ihn sich auch im Savoy regelmäßig abholte, so sehr wollte er in seinem Privatleben, bei sich zuhause etwas Konstantes. Etwas Bleibendes. Etwas, auf das er langsam aber sicher wieder einen kurzen Blick werfen durfte und von dem er hoffte, dass es sich in diese Richtung entwickeln würde. Ob es wirklich an seinen Ansprüchen lag, dass er es kaum außerhalb von Clubs oder kurzen Treffen mit anderen Männern versuchte? [...] "Deine Verhandlungstaktik steht glaube ich auf dem verbotenen Index, aber ich glaube das Eis hast du dir auf alle Fälle verdient…", murmelte er gegen die Lippen des anderen und lächelte dann, sich einen weiteren Kuss abholend. "Bleib liegen, ich bin gleich wieder da", erklärte er und raffte sich schließlich auf, diesmal einfach wieder nach seinen Shorts greifend, die er sich schnell überzog. Dann beugte er sich noch einmal über das Bett und hauchte Ragnar noch einen weiteren Kuss auf die Lippen. "Nicht weglaufen." Er lächelte und tapste dann in die Küche. Zuerst das Eis aus dem Gefrierfach nehmend, Schokoladeneis mit Birnenstückchen, füllte er dann zwei Schalen damit und warf dann einen Blick auf seine Obstschale. Eis war ja nun nicht wirklich gegen Hunger. Kurzentschlossen wusch und schnibbelte er noch ein paar Äpfel, Pfirsiche und Bananen klein, bevor er noch etwas Sahne über das Eis sprühte und das Ganze auf einem Tablett anrichtete. Nach kurzem Überlegen schnappte er sich noch zwei Wasserflaschen und trug alles nach oben, wo er es auf dem Bettkästchen auf seiner Seite abstellte und sich dann wieder in sein Bett fallen ließ. Diesmal blieb er jedoch im Schneidersitz und grinste Ragnar kurz frech an. "Pass nur auf, dass du nicht wieder kleckerst", neckte er ihn und reichte ihm dann eines der Eisschalen und stellte die andere Schale mit dem Obst zwischen sie. Es brachte Nathan häufiger zum Lachen, als er versuchte Ragnar mit dem Eis zu füttern und dabei ganz aus Versehen hin und wieder auf dessen Oberkörper kleckerte. So ganz ließ der andere sich das nicht gefallen und es störte Nathan ausnahmsweise nicht ein Stück, dass seine Bettwäsche dabei hin und wieder etwas abbekam. Wozu gab es Waschmaschinen? Sie unterhielten sich auch als sie schon lange fertig waren noch über Gott und die Welt und Nathan sah sich erstaunlich häufig mit Ragnar in ihrer Meinung übereinstimmen. Doch irgendwann fiel sein Blick auf die Uhr, die über der Tür angebracht war und er blinzelte ein wenig erschrocken. Fast im gleichen Moment kam die Müdigkeit, die er bisher erfolgreich ignoriert hatte, und erinnerte ihn daran, dass er einen etwas anderen Schlafrhythmus als der andere zu haben schien. Ein wenig bedauernd strich er über die wunderschöne Brust des anderen, denn inzwischen lagen sie recht nahe aneinander gekuschelt. "Ich muss morgen erst um 10 Uhr aufstehen, aber ich befürchte wenn ich nicht bald schlafe, bekomme ich dennoch ein Problem", murmelte er und seufzte leicht. "Ich ahne, dass du vermutlich noch nicht so müde bist. 2 Uhr ist für dich wohl keine Uhrzeit." Hm... sollte er Ragnar anbieten, dass jener sich unten beschäftigen könnte? Mit der Leinwand und Filmen? Mit den Büchern? Mit dem PC? Ragnar Ragnar räkelte sich zufrieden in dem Bett, in dem er lag. Ohne Nathan an seiner Seite fiel ihm auf, wie breit es war. Seines war schmäler, zwar nicht ganz schmal, aber nicht so breit wie dieses. Ob es wohl gekauft worden war, weil es stets für zwei Personen hatte sein sollen? Vielleicht würde er das irgendwann erfahren. Aber eigentlich konnte es ihm egal sein. Jetzt lag er hier und alles roch nach Nathan, fühlte sich nach ihm an, umschloss ihn. Er richtete sich schließlich leicht auf und zog sich seine Short auch wieder an, bevor er sich wieder hinlegte. Seine Augen glitten durch den Raum. Er fühlte sich hier wohl, geborgen. Er lauschte, ob er Nathan hörte, aber die Küche war zu weit weg, als dass er wirklich etwas hören konnte. Als der andere endlich kam, lag Ragnar auf der Seite, beobachtete ihn, wie er durch den Raum ging, wie er das Tablett abstellte und sich dann hinsetzte, ihm seine Schale gab und das Obst zwischen sie stellte. Ihre Spielerei mit dem Eis, das besonders auf Kosten seiner Kälteempfindlichkeit ging, machte ihm viel Spaß, auch wenn er ein wenig grummelte, so meinte er es nicht so. Und auch, als sie aufgegessen hatten und sich aneinander kuschelten, sich erzählten, redeten, diskutierten, sich streichelten und liebkosten, kam es ihm vor, als wäre es schon immer so gewesen, wie es gerade war, als würde es so gehören. Ein schöner Gedanke. Erst als Nathan erschrak, als er auf die Uhr blickte, wurde Ragnar bewusst, wie viel Zeit vergangen war. "Ist gut. Es ist schon spät. Und auch wenn ich meisten nicht vor 4 ins Bett komme, schadet es mir nichts, wenn ich jetzt auch schlafe. Und wenn ich nicht gleich schlafen kann, schaue ich einfach zu, wie du schläfst..." Er lächelte den anderen an und wartete bis dieser das Licht gelöscht hatte, damit er sich wieder ankuscheln konnte. Sanft strich seine Hand über die Seite des anderen. "Schlaf gut, mein schöner Mann", flüsterte er in die Dunkelheit, die Silhouette des anderen betrachtend. "Und träume süß." Es dauerte keine 10 Minuten, bis er am Atem des anderen hörte, dass dieser eingeschlafen war. Er selbst brauchte noch ein wenig länger bis er schlief. Nicht nur, weil er es nicht wirklich gewohnt war, sondern vor allem, weil er diesen Tag, nein, diesen Abend immer und immer wieder vor seinem inneren Auge Revue passieren ließ. Die Worte, die der andere gesprochen hatte, die Gesten, ihre Albernheiten, ihre Zärtlichkeiten, ihr Sex... Es war ein unglaublich schöner Abend gewesen. Und als Ragnar schließlich auch einschlief, hatte er ein unglaublich zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Kapitel 89: Bluthund -------------------- Antonin Es war bereits kurz vor 19 Uhr als Antonin aus dem Schlaf hochfuhr und sich ein wenig gehetzt umsah. Bis sein Blick auf das schwarz-weiß Bild fiel und sein Atem sich langsam aber sicher wieder beruhigte. Was sich dabei nicht beruhigte war der Sturm, der jetzt wieder mit voller Kraft in seinem Inneren tobte. Der gegen seine Schutzwälle schlug. Schutzwälle, die ohne Coles beruhigende Anwesenheit mehr einen niveaulosen Witz darstellten als tatsächlichen Schutz. Mauern, über Jahre mühsam aufgezogen, barsten porös unter diesen Attacken und ließen ihn fallen. Ja, Antonin, der sich immer geweigert hatte unterzugehen, der sich immer geweigert hatte aufzugeben, fiel. Schnell und hart. Schneller und härter als damals als er um seinen Tod gebettelt hatte. Aber selbst zu diesem Zeitpunkt wollte er es einfach nur beendet wissen. Er hatte sich seinen Peinigern nicht ergeben. Nicht seelisch. Höchstens körperlich. Doch selbst dieser letzte Wall, jenes letzte Aufbegehren stürzte in sich zusammen und ließ nichts anderes zurück als immer präsentere Panik und noch viel schlimmer: Hilfslosigkeit. Die Frage - die eine Frage, die ihn noch irgendwie im hier und jetzt hielt, war nur, warum er so eine Scheiß-Panik hatte? Diese Dinge waren im Grunde erledigt. Verdaut. Verarbeitet aber nicht vergessen. War es, weil er sie jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit über sich ergehen lassen musste? Nein.. seine Narben machte ihm auch jetzt keine Angst mehr. Diese Angst war ihm von seinem Doktor genommen worden. Woher kam also der ganze Druck, der in diesem Sturm tobte? War es seine Blutphobie? Hatte er gerade einen Traum über Blut gehabt? Aber nein, auch das konnte es nicht sein. Hm.. irritiert mit sich selbst rappelte Antonin sich auf und tapste ins Bad, wo er sich schwer in Gedanken die Zähne putzte und sich Wasser ins Gesicht spritzte. Ein wenig vor seinen eigenen Augen erschreckend, die ihm angstvoll entgegen blickten. Wo kam all die Angst her? Wo? Mit sich selbst hadernd trat er schließlich in die Küche und beschloss sich dem ganzen so zu stellen, wie er es immer getan hatte. Das Versprechen an sich selbst, das er sich erst vor kurzem gegeben hatte, war vergessen. Weit weg und verdrängt. In einer kleinen Schachtel am Grunde seiner Seele eingesperrt. Weshalb er in der Küche angekommen auch in die Hocke ging und anfing, unter seiner Spüle herum zu wühlen. Bis er schließlich die Flasche mit dem guten Wodka fand und sie auf den Küchentisch stellte. Dazu noch ein Glas und fertig wäre seine Vorbereitung, oder? Fast ein wenig entrückt von sich selbst, fiel sein Blick auf die kleine Schatulle, die er auf die Fensterbank gestellt hatte. Antonin wusste genau was sich dort drin befand. Inzwischen wusste er sogar wieder, wie es sich herstellen ließ. Bewusstseinserweiternd, huh? Vielleicht gab es da tatsächlich etwas, das ihm sein Bewusstsein sagen wollte, es aber nicht konnte. Vielleicht weil er selbst es blockte? Nun, dann würde man eben nachhelfen müssen. Und er wusste genau, dass er sich dafür morgen verabscheuen würde, genau wie er ignorierte, dass Cole später wohl noch einmal vorbeischauen würde. Gerade war nur wichtig, dass er seine wirren Gedanken irgendwie beschäftigte und dem Gefühl der Panik nicht nachgab, das immer wieder gegen die Reste seiner Mauer schlug. Zehn Minuten später, drei Gläser mit jeweils zwei fingerbreit Wodka später, saß er vor der kleinen blauen Kapsel und stierte sie an. Sein Magen rebellierte gegen den Alkohol, hatte er doch in den letzten Tagen kaum Nahrung zu sich genommen und die paar Löffel mit Suppe schienen nicht zu zählen. Es war im Grunde keine gute Idee, richtig? Ja, richtig. Und doch… wie eine Klapperschlange stieß seine Hand vor, ergriff 'Blue Wonder' und schob sie sich in den Mund, mit dem vierten Glas nachspülend. Verdammt sei seine Aversion gegen Drogen! Er würde sein verdammtes Unterbewusstsein jetzt hervorkitzeln. Zwei Stunden, zwei weitere Kapseln und viele Gläser später hielt er das für keine so gute Idee mehr, als er sich die Seele aus dem Leib kotzte und am ganzen Körper zitterte. Und das wirklich schlimme daran war, dass er sich nicht wegen dem Alkohol übergab... er wollte lachen, aber es kam nur ein gurgelnder Laut aus seiner Kehle und ein weiteres Mal Magensäure. Es gab nichts anderes mehr, das er hätte herauskotzen können. Außer seinen Gedärmen vielleicht... hehe. Dann wäre hier auch alles so rot wie damals. Irgendwann sank er von seiner Position vor der Toilette neben der Badewanne auf den Badvorleger und kicherte immer mal wieder vor sich hin. Das Licht im Badezimmer tat seinen geweiteten Pupillen weh, aber das merkte er kaum noch. Alles was er tun konnte war zu lachen, denn die anderen Optionen machten ihm selbst in diesem Zustand Angst. Cole Er hatte es tatsächlich geschafft. Um 1.30 verabschiedete er die letzten Mitarbeiterinnen und schloss das Lady-Dream sorgsam ab, verriegelte die Gitter und schaltete die Alarmanlage an. Dann überlegte er kurz, ob er noch nach Hause fahren sollte, oder nicht. Doch irgendwie stellte er für sich fest, dass er eigentlich einfach nur noch zu Antonin wollte. Sicher wäre dieser leicht davon zu überzeugen, dass es jetzt noch keine Zeit war, um schlafen zu gehen, denn jener hatte ja genug Zeit gehabt, um zu schlafen. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen ging er zu seinem Wagen und fuhr los, mit einem Mal das dumpfe Gefühl habend, beobachtet zu werden. Wissend, wie man sich verhielt, ob es nun Einbildung war oder nicht, mischte er sich in den New Yorker Nachtverkehr und fuhr einen irreführenden Umweg, der mit ein paar gewagten Fahrmanövern ihm das Gefühl gab, nicht mehr beobachtet werden zu können. Dennoch parkte er seinen Wagen einige Häuserblocks weit von Antonin entfernt und fuhr noch eine Station U-Bahn, um schließlich in dem Hauseingang zu verschwinden, seinen eigenen Schlüssel benutzend. Als er in die Wohnung kam, herrschte darin eine seltsame Stimmung. Er schloss die Tür hinter sich, sperrte von innen ab und betrat die Wohnung. "Antonin", fragte er in die Wohnung und blickte in die Küche, wo er nicht nur die Flasche Wodka, sondern auch jenes ihm wohlbekannte Döschen erblickte. "Scheiße", entfuhr es ihm, doch er rief sich zur Ruhe, schließlich könnte es ja auch sein, dass Antonin einfach nur noch nach der Formel forscht. Konnte er sich auch daran erinnern, wenn er sagt, dass er sich wieder an alles erinnern kann? Ein Geräusch aus dem Bad, ließ ihn aus seinen Gedanken schrecken und so ging er eiligen Schrittes zu der Quelle dieser Geräusche. "Verdammte Scheiße...", murmelte er, als er sah, wie Antonin am Boden lag, mit glasigem Blick, weit geöffneten Pupillen, Schweißperlen auf der Stirn. Sofort kniete er sich zu ihm, hob den Oberkörper auf, blickte ihn streng an. "Antonin Marakow, du verdammte Vollidiot!", fauchte er und überlegte kurz etwas hilflos, was er jetzt tun sollte. Antonin schien nicht wirklich klar zu sehen, seine Augen schienen ins Nichts zu blicken, während er vor sich hin kicherte und unverständiges Zeug brabbelte. In Coles Kopf rotierte es. Wieso um alles in der Welt, hatte dieser Idiot seinen eigenen Scheiß - gut es war keiner - aber wieso hatte er das Zeug geschluckt? Was hatte er damit bezwecken wollen? Eine Bewusstseinsveränderung? Wollte er sich wegbeamen, um nicht mehr nachdenken zu müssen? Nachdenken über die Dinge, die er erlebt hatte, an die er sich jetzt wieder erinnerte? War das alles doch heftiger, als Cole geglaubt hatte? Er hätte ihn heute nicht alleine lassen dürfen... Kurzentschlossen, packte er Antonin unter den Armen und zerrte ihn in die Dusche, wo er begann, den anderen auszuziehen und schließlich die Dusche anstellte, um ihn zum einen zu Waschen, zum anderen wieder ein wenig 'nüchterner' zu bekommen. Dann packte er ihn in zwei große Handtücher und trocknete ihn ab, half ihm auf und brachte ihn hinüber in dessen Bett. Das ganze funktionierte natürlich nicht so einfach und so manches strenge Wort war nötig, um Antonin davon zu überzeugen, dass er zu tun hatte, was er von ihm verlangte. Aber schließlich hatten sie es hinüber geschafft. "Ich hole dir Wasser...", erklärte Cole und ließ seinen Worten Taten folgen, setzte sich schließlich so, dass Antonin sich ein wenig aufrichten konnte und sich gleichzeitig an ihn lehnte, dann schenkte er ihm Wasser ein und wies ihn an zu trinken. Das wichtigste bei diesen Dingen war, dass er nicht dehydrierte. Und so viel, wie jener an Flüssigkeit verloren zu haben schien, war es bitter nötig, dass er trank. Die Einnahme der Pille - wenn es denn eine war - musste schon eine Weile her sein, denn die Wirkung schien schon schwächer zu werden. Normalerweise erreichte bei so einer Pille die Wirkung ihren Höhepunkt nach 2 Stunden, und nach weiteren 2 Stunden war es schon wieder so gut wie vorbei... Allerdings wusste Cole nicht, ob das auch für Antonins Blue Wonder galt. "Du bist wirklich ein Vollidiot, Antonin Marakow", flüsterte er, während er den anderen zwang, immer mehr Wasser zu trinken. "Gerade dir müsste doch klar sein, dass Drogenkonsum nicht nur bewirkte, dass man alles vergessen kann, sondern dass das Ganze auch dazu führen kann, dass man Angstzustände bekommt. Und von den ganzen anderen Nebenwirkungen muss ich dir wahrscheinlich auch nichts erzählen, die wirst du erstens schon bemerkt haben, und zweitens morgen noch den ganzen Tag mit dir herumschleppen. Du bist wirklich ein Vollidiot." Warum er so viel auf den anderen mit ruhiger, leiser Stimme einredete, wusste er nicht. Er wusste ja nicht einmal, ob dieser das alles so wahrnehmen konnte, aber es beruhigte wahrscheinlich ihn selbst. Nachdem er dem anderen drei Gläser Wasser verabreicht hatte, löste er sich wieder von ihm, ging in den Schrank und holte ein frisches Hemd heraus, das er dem anderen drüber zog, damit er nicht so sehr fror. Denn der Körper des anderen hatte begonnen zu zittern. Dann deckte er ihn zu. "Ich komme gleich zu dir...", murmelte er und strich dem anderen über die Stirn. Cole ging ins Bad und beseitigte die Spuren, die Antonin dort hinterlassen hatte. Dass er mal das erleben durfte... Er seufzte, spürte, wie das Ganze an seinen Kräften gezehrt hatte. Aber er hatte jetzt keine Zeit, sich mit sich zu beschäftigen. Im Schlafzimmer zog er sich aus und legte sich zu Antonin, zog ihn in seine Arme. "Du darfst mir nie wieder so einen Schreck einjagend", murmelte er und küsste Antonin auf die wieder leicht schwitzige Stirn. Antonin Viel bekam er nicht mit, als Cole so plötzlich bei ihm war. Antonin vermutete zumindest, dass es Cole sein musste. Dessen Stimme klang irgendwie verzerrt. Lustig. Und die grünen Augen strahlten ihn an. Fast wie eine Lasershow. Er wollte dem anderen davon erzählen, doch so ganz schienen seine Worte nicht anzukommen. Etwas, das ihn wieder zum kichern brachte. Weniger lustig fand er die Dusche, wo er immer nur dann ruhig hielt, wenn Cole der Kragen platzte und ihn anfauchte. Aber auch nur weil es ein wenig unheimlich klang. Nicht für lange, denn meist begann Antonin direkt danach wieder zu zappeln, an seinen Kacheln mit den Fingern nachzufahren und einen Mischmasch an verschiedenen Sprachen von sich gebend. Abgesehen vom Wasser störte ihn eigentlich nur das Licht. Die Berührungen des anderen waren ziemlich intensiv auf seiner Haut, er konnte sie überdeutlich wahrnehmen, was ihn abermals zum Lachen brachte, als Cole über seine empfindlichen Seiten fuhr. War er dort schon immer so kitzlig gewesen? Egal... Das Abtrocknen ließ er ohne viel Widerstand über sich ergehen, hin und wieder wankend und von dem Lichtschauspiel in seinem Bad erzählend. Doch darüber konnte er sich nicht lange freuen, denn Cole zog ihn ohne Erbarmen zurück ins Schlafzimmer und bugsierte ihn ins Bett. Ob sie jetzt...? Nein, wohl nicht, denn sein grummeliger Partner ließ ihn alleine zurück. War er dem anderen Mann jetzt doch zu anstrengend geworden? Plötzlich war aller fehlangebrachter Humor weg und auch das Licht schien auf einmal weniger leuchtend und die Farbenspiele wirkten fast ein wenig bedrohlich. Doch in seiner Wohnung konnte ihm nichts passieren. Da war er sicher. War er doch? Aber Nicholas war auch hereingekommen. Uneingeladen. Sofort ging sein Atem schneller und seine Hände verkrampften sich in der Bettdecke. Doch nicht lange, denn mit Coles Rückkehr wichen die dunkleren Lichter wieder ein wenig zurück und so lehnte er sich brav gegen den anderen und trank das angebotene Wasser. Antonin hatte keine Ahnung ob er überhaupt Durst hatte, aber wenn Cole das so wollte… Er sah keinen Grund sich zu weigern, weshalb er nach und nach wohl drei ganze Gläser austrank und nebenbei auf diese schöne Stimme lauschte, auch wenn er kein Wort davon verstand. Eine Stimme, die ihm schon immer direkt durch Mark und Bein gegangen war. Selbst bei ihrem allerersten Treffen. Auch wenn er da angepisst war, weil der Idiot seine Waffen so unachtsam zu Boden geworfen hatte. Seine Eagle. Hehe. Die Eagle... abermals begann er zu zittern. Eine Tätigkeit, die sich nur verstärkte als Cole ihn schon wieder alleine ließ. Er wollte ihn festhalten, ihn bitten bei ihm zu bleiben, doch irgendwie schienen diese Befehle auf dem Weg durch seinen Körper verloren zu gehen. Aber dann war er nicht mehr alleine, wurde sogar noch in ein warmes Hemd gesteckt. Ein Gefühl, das ihn auch lange genug ablenkte, um kaum zu bemerken, dass Cole schon wieder verschwand. Wo ging der andere denn ständig hin? So toll war seine Wohnung auch wieder nicht, als dass man ständig darin auf und ab laufen musste. Das schien sein Freund dann auch endlich einmal zu begreifen und als dieser sich zu ihm legte, kuschelte er sich so nahe wie möglich an ihn. Sog dessen Wärme und Nähe wie ein trockener Schwamm in sich auf und schloss die Augen erschöpft. Das hatte er die ganze Zeit nicht tun können - die Augen schließen. Die Bilder waren zu heftig. Zu brutal in ihrer ungeschminkten Ehrlichkeit. Aber jetzt war er hier, bei Cole. Und er wurde nicht alleine zurückgelassen, um damit klar zu kommen. Antonin seufzte, nahm nicht die Worte, dafür aber den Tonfall für sich an und gab ein brummendes Geräusch von sich. Die nächsten Stunden begannen irgendwann nur noch furchtbar zu sein. Er hatte ständig Durst, schwitzte die Flüssigkeit schneller wieder aus als er sie, rein nach Gefühl, zu sich nehmen konnte. Er hatte Krämpfe, von denen er nicht wusste woher sie kamen, befand sich doch nichts mehr in seinem Magen. Immer wenn er doch einmal wieder wegdöste zuckte er schwer atmend wieder hoch und blieb dann für Minuten kaum beruhigbar. Bis er den Mann neben sich erkannte. Immer und immer wieder musste er sich davon überzeugen, dass es wirklich Cole war und keine Einbildung. Dass es niemand anderes wäre, der ihn wieder abholen würde für die nächste Sitzung. Irgendwann war er zu erschöpft, zu ausgelaugt, zu kaputt, um sich weiter zu wehren. Etwas, das er, obwohl er etwas anderes vermutet hatte, trotzdem die ganze Zeit getan hatte. Weshalb Antonin zum zweiten Mal in seinem Leben einen Weinkrampf über sich ergehen lassen musste und alles was er tun konnte war sich wie ein Ertrinkender an Cole zu klammern und zu hoffen, dass es bald vorrüberging. Er versuchte immer mal wieder zu sprechen, doch es klappte nicht. Keines der Worte, die er sagen wollte, kam ihm über die Lippen, egal ob er sich für die Anwesenheit, für die beruhigende Stimme, für die Berührungen - einfach für alles bedanken wollte oder ob er einfach nur vor Wut schreien wollte. Wut, die immer mal wieder hochkochte, jetzt wo sein Verstand aufholte. Jetzt wo die Wirkung seiner Pillen und des Alkohols langsam nachließ. Er konnte nicht einmal nach Kopfschmerztabletten oder allgemein Schmerztabletten bitten. Alles was ihm über die Lippen kam war ein seltsames Krächzen. Was ihn sich total hilflos und unfähig fühlen ließ und in den nächsten Tobsuchtsanfall schickte. Knurrend griff er sich das nächstbeste Kissen und pfefferte es mit aller Kraft von sich... was momentan gerade einmal reichte, um es über das Fußende des Bettes fallen zu lassen. Doch er kam in solchen Aktionen nicht weit, denn Cole fing ihn wieder ein, beruhigte ihn in seinen Armen. Und irgendwann ließ Antonin einfach den Kopf hängen, lauschte auf den Herzschlag des anderen und seufzte. "Danke...", ein Wort das er noch viele Male wiederholen sollte. Das einzige Wort, das ihm über die Lippen kam, mit einer Stimme, die er kaum als die seine erkannte. Jetzt war er ganz unten angekommen. Schlussendlich. Tiefer würde es nur noch gehen wenn jetzt jemand aus dem Schrank springen und Cole erschießen würde. Cole Wenn Cole irgendwann einmal diese Nacht beschreiben müsste, würde er es wohl mit nur einem einzigen Wort tun: schlaflos Denn wann immer er versuchte, die Augen zu schließen, schreckte der Mann neben ihm hoch, offensichtlich panisch über das, was er vor seinem geistigen Auge zu sehen bekam. Und diese Panik ließ sich nur schwer wieder unter Kontrolle bringen. Cole wusste irgendwann, dass er einfach nur dafür zu sorgen hatte, dass Antonin ihn erkannte und so zwang er ihn, ihn anzusehen und redete auf ihn ein, bis jener sich wieder beruhigte. Wenn es keine Panik-Attacken waren, die Antonin aufschrecken ließen, verlangte er nach Wasser, wurde von Krämpfen durchschüttelt, zitterte am gesamten Leib. Doch das Ganze war noch nicht das Schlimmste. Das, was Cole am nähsten ging, war der Weinkrampf, der Antonin irgendwann beutelte, der ihn wie ein kleines Kind voll Verzweiflung aufschluchzen ließ. Cole konnte den anderen nur in den Armen halten, versuchte ihn irgendwie zu beruhigen, indem er ihn streichelte, ihn küsste, ihn festhielt und einfach für ihn da war, auch wenn er selbst das Gefühl hatte, gleich weinen zu wollen. Und dass Antonin offensichtlich nicht fähig war, sich zu artikulieren, endete darin, dass jener wütend auf sich zu sein schien und er dieser Wut freien Lauf lassen musste. Und wieder konnte Cole nichts anderes tun, als den anderen einfach nur festzuhalten und zu warten, bis dieser sich wieder beruhigt hatte. Cole hatte früher selbst öfters Ecstasy geschluckt, er wusste wie beschissen man sich fühlte, wenn man zu viel erwischt hatte, wenn in einem ohnehin alles eigentlich schief lief, wenn die Wirkung nachließ. Wie oft hatte er früher seine Eltern noch einmal sterben gehört, wenn er dieses Teufelszeug geschluckt hatte. Aber es hatte lange gedauert, bis er begriff, dass es nichts brachte, dass sich dadurch nichts änderte, sondern man vielmehr nur noch schlechter dran war. Cole hielt Antonin in seinem Arm, drückte ihn an seine Brust, streichelte ihm durchs Haar und küsste hin und wieder gedankenverloren den anderen dort, wo er halt gerade hinkam. Als sich dieser begann zu bedanken wusste er, dass es Antonin zumindest was die Drogen betraf, bald besser gehen würde. "Ist schon gut", murmelte er und sein Blick war auf die gegenüberliegende Wand geheftet, während Cole in seinen Gedanken das durchdachte, was nun zu tun war. Er musste Nicholas besuchen. Und Cole war sich sicher, dass es kein schöner Besuch sein würde. Aber in Cole schrie alles danach, diesem elendigen Arschloch unglaubliche Schmerzen zuzufügen. Schmerzen, die dafür waren, um Antonin zu rächen. Wieso um alles in der Welt hatte dieser Mann Antonin so etwas antun müssen? Warum, verdammte Scheiße, warum? Cole wusste es nicht, und vielleicht interessierte es ihn auch gar nicht, aber ihm war klar, dass dieser Mann dafür verantwortlich war, dass es Antonin schlecht ging. Und dafür musste er zur Rechenschaft gezogen werden. Es war bereits Vormittag, als Cole doch noch ein paar Minuten Schlaf bekommen schien, weil Antonin nun doch ein wenig eingeschlafen war. Doch so richtig schlafen konnte er nicht. Ihm ging zu viel im Kopf herum. Zu viele Dinge, um die er sich nun würde kümmern müssen. Und wirkliche Ruhe würde er ohnehin nur finden, wenn er wusste, dass es Antonin wieder gut ging, wenn er wusste, dass sich jener stabilisiert hat. Dennoch ruhte er sich ein wenig aus, hielt die Augen geschlossen und versuchte sich zu entspannen. Der Tag heute würde sehr anstrengend werden. Aber vielleicht würde er Ragnar dazu überreden können, dass er heute früher gehen konnte. Ob er Antonin mit ins Lady-Dream nehmen sollte? Er konnte ihn schlecht alleine lassen. Schließlich schlief er doch noch über seinen Gedanken ein. Antonin Antonin hatte keinerlei Zeitgefühl mehr, aber als er die Augen aufschlug und sofort erkannte wo er war, fühlte er eine immense Erleichterung in sich. Und Kopfschmerzen. Eine Weile blieb er ruhig liegen, Coles Geruch einatmend, an dessen Brust er wohl irgendwie lag. Das musste eine der furchtbarsten Nächte in seinem Leben gewesen sein. Abgesehen von den Dingen natürlich, die sie hervorgeholt hatte, die waren noch furchtbarer und schrecklicher, jedoch im Moment nicht mehr so vordergründig spürbar. Er seufzte und schloss seine Augen wieder, um noch eine Weile einfach so liegen zu bleiben. Langsam für sich selbst die Ereignisse der letzten Stunden und auch Tagen kapitulierend, Stück für Stück weiter in die Vergangenheit schweifend und sich den neuen Erinnerungen stellend. Erinnerungen, die er selbst vor seinem Unfall so tief in sich verschlossen hatte, dass er sie als nicht wahr deklariert hatte. Doch das waren sie wohl. Vorsichtig löste er sich aus Coles Arm, den dieser um ihn geschlungen hatte und blinzelte, das Gesicht seines Retters betrachtend. Denn das war er. Vielleicht hätte Antonin sich gestern Nacht noch mehr Pillen und mehr Alkohol verabreicht und vielleicht wäre er daran zugrunde gegangen. Aber nicht nur seine Hülle war von Cole erhalten worden, sondern auch irgendwie seine Seele. Mit langsamen, ein wenig ungelenken Bewegungen setzte er sich auf und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Wie spät es wohl war? Abermals schloss er die Augen, versuchend dem beständigen Hämmern in seinem Kopf ein wenig entgegen zu wirken, ließ den Kopf sinken bis sein Kinn schon fast wieder Haut berührte. Ruhig hob und senkte sich sein Brustkorb, so dass er sich selbst wieder ein wenig einlullen konnte. Schon alleine weil er Cole nicht aufwecken wollte. Der arme Kerl hatte die Nacht schon genug mit ihm mitgemacht, zudem Antonin auch gar nicht so recht wusste, wie er ihm jetzt gegenübertreten sollte. Das Bild des professionellen, ruhigen und starken Guards, das er einmal verkörpert hatte, war jetzt wohl komplett über den Jordan gegangen. So leise wie möglich rutschte er schließlich unter den Laken hervor, kurz inne haltend, weil ihm schwindlig wurde, und schlich dann so gut als möglich in seine Küche. Wenn er nicht bald etwas zu Essen bekäme, würde er direkt nochmal zusammenklappen. Ohne den Tisch eines Blickes zu würdigen, trat er an seinen Ofen, zog nebenbei einen Löffel aus der Schublade und machte sich sofort über die kalte Brühe von gestern her. Sein grollender Magen gab ihm auch deutlich zu verstehen, dass es inzwischen höchste Eisenbahn war, genau wie er gleichzeitig davor zu warnen schien, ihn zu überfordern. Doch auf letzteres konnte Antonin gerade nicht hören, weshalb er auch den Kühlschrank aufriss, sich den nächstbesten Käseaufschnitt schnappte und die Plastikumhüllung entfernte. Das Brot wurde nicht geschnitten sondern direkt vom Laib abgebissen. Er kam sich vor wie ein Steinzeitmensch, aber eigentlich war es egal. Immer mal wieder abwechselnd vom Brot oder Käse abbeißend, wandte er sich doch herum und betrachtete seinen Küchentisch. Oder vielmehr das was sich darauf befand. Die fast leere Wodkaflasche und die Schatulle mit den Pillen. Sofort verdüsterte sich sein Blick und er stellte die Lebensmittel irgendwo ab, schnappte sich die Flasche und goss den Rest in den Abfluss. Das gleiche Verfahren erlitten die Pillen. Alle und jede einzelne. Sie hatten ihren Zweck erfüllt - ein wenig zu gut sogar. Sich dann noch eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nehmend, schlich er sich zurück ins Schlafzimmer und setzte sich auf die Bettkante, Cole betrachtend und sich dann fast erschreckend als jener ohne Vorwarnung die Augen öffnete. Ob er schon länger wach war? Eine Weile starrten sie sich einfach nur an. Es kam Antonin schon fast unwirklich vor nach so einer Nacht einfach hier zu sitzen und in diese grünen Augen zu blicken. Ohne zu zittern, ohne zu weinen, ohne zu toben. "Ich würde dir gerne einen guten Morgen wünschen, aber ich befürchte das ist er nicht." Und schon wieder klang seine Stimme heiser. So als hätte er sie die ganze Nacht gebraucht. Lag das an seiner Dehydrierung? Er hob die Hand um sich durch die Haare zu fahren. Eine unsichere Geste, die ihn genauso sehr verriet wie die nächsten Worte. "Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich sagen soll, außer vielleicht, dass ich jedem übersinnlichen Wesen dieser Welt für dich danke?" Hier versuchte er sogar ein Lächeln. Etwas das sich seltsam auf seinem Gesicht anzufühlen schien. Ganz so, als würde es dort nicht hingehören. "Es tut mir leid." Cole Cole hatte nicht gespürt, wie Antonin aufgestanden war, aber er merkte, dass sich ihm jemand näherte, jemand ihn ansah. Und so lauschte er den Bewegungen, realisierend, dass es Antonins waren, bis jener saß. Dann schlug er die Augen auf und blickte den anderen an. Wenn er das mal so sagen durfte, Antonin sah bescheiden aus. Aber nach so einer Nacht war das kein Wunder, und wenn er besser aussehen würde, dann würde er einen Besen fressen. Cole wartete, gab Antonin die Möglichkeit, sich zuerst zu äußern. Schließlich hatte Antonin Erklärungsbedarf, nicht er. Matt lächelte Cole, als er die ersten Worte hörte. Dann hob er die Augenbrauen. Antonin hatte nicht ganz unrecht, wenn er dafür dankte, dass er gefunden worden war. Aber dafür zu danken, dass es ihn gab? Ohne ihn wäre das alles nie passiert. Und jetzt auch ohne Nicholas, mehr denn je. Als er die Entschuldigung hörte, seufzte Cole, richtete sich ein wenig auf, drehte sich zur Seite und stützte sich auf seinen Unterarm, um den anderen besser ansehen zu können. "Das sollte es auch, du Vollidiot!", knurrte er und blickte Antonin ernst an. "Aber ich vermute, dass deine Kopfschmerzen und auch sonst die ganzen Begleiterscheinungen Bestrafung genug sind, denn sonst würde ich dich jetzt nehmen und dir so dermaßen den Hintern versohlen, dass du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist, und fünf Tage nicht mehr sitzen kannst." In seinen Worten schwangen noch immer die Vorwürfe mit. Einen Moment schwieg Cole, dann hob er die Hand und strich Antonin über das Gesicht zu dessen Kinn. "Ich hoffe das Ganze war dir eine Lehre die Finger von solchen Cocktails zu lassen, egal wie viel Scheiße dir gerade die Luft abschnürt. Wieso hast du mich nicht angerufen? Oder sonst irgendwie um Hilfe gebeten? Ist es dir egal, wie ich mich dabei fühle, wenn ich dich so erleben muss?" Cole schloss kurz die Augen und strich sich mit der Hand über das Gesicht. "Egal, wie auch immer. Ich habe keine Ahnung, was dich so weit treibt, so viel Scheiße zu bauen, aber ich würde es gerne wissen, denn sonst kann ich es nicht nachvollziehen. Im Moment kann ich nur gut nachvollziehen, wie du dich gefühlt hast, solange du noch nichts über mich und meine Geschichte gewusst hast. Und ich habe das dringende Bedürfnis zu verstehen, wieso du dich heute Nacht wegbeamen musstest..." Er konnte Antonin nicht dazu zwingen, zu verbalisieren, was jener durchlebt zu haben schien. Letztlich hatte er auch keine Ahnung, welche Dimensionen das alles hier hatte. Ging es nur um die Erinnerungen an die Folter? Oder war da noch viel mehr in ihm verborgen, was nur noch nicht ans Tageslicht gekommen ist? "Ich weiß, wie schwer das ist, deswegen werde ich nicht jetzt von dir verlangen, dass du mir das alles erzählst, aber ich hoffe, dass du es mir bald sagst. Und ich hoffe, dass du bis dahin erstens - er blickte Antonin noch immer sehr ernst und sehr kühl an - die Finger von Alkohol und Drogen lässt, und zweitens mich anrufst, wenn du Hilfe brauchst. Ich habe dir nicht umsonst gestern Mittag noch gesagt, dass du mich jederzeit anrufen kannst, du elendiger Sturkopf." Cole atmete tief ein und langsam wieder aus. "Scheiße, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie beschissen es sich anfühlt, dich so hier vorzufinden..." Seine Stimme änderte sich leicht. Sie klang nicht mehr streng, nicht vorwurfsvoll, sondern es schwang eher etwas wie Verzweiflung mit ihr mit. Antonin Automatisch wich Antonin ein Stück zurück, als Cole ihn sofort als Vollidioten beschimpfte, doch er hätte nichts anderes erwarten dürfen. Obwohl er den Blickkontakt am liebsten lösen und sich unter der Bettdecke verkriechen wollte, hielt er ihm stand. Versuchte den vorwurfsvollen Ton und Wortlaut für sich anzunehmen, denn er sah es als verdient an. Was es nicht leichter machte, denn da war momentan keine Kraft mehr in ihm, um sich zu schützen. Die Hand an seinem Kinn, die streichelnde Berührung stand im krassen Gegenteil zu Coles Worten, was ihn dann ebenfalls ein wenig aus der Bahn warf. Aber genaugenommen schien der andere die Nacht über auch sehr geduldig und zärtlich mit ihm gewesen zu sein. Und ja, jetzt waren die Schuldgefühle da, sich Cole so gezeigt zu haben. Es zugelassen zu haben, dass jener sich Sorgen um ihn machen musste und ihn so zerstört erlebte. Schlimmer noch als zu dem Zeitpunkt als er seine Erinnerungen verloren hatten. Antonin schluckte hart. Nein, es war ihm nicht egal wie Cole sich dabei fühlte. Nur leider war es ihm gestern egal gewesen. Kurz wich er dem Blick des anderen aus, betreten auf die Bettdecke blickend, bevor er sich zusammenriss und doch wieder aufsah. Immerhin das war er dem anderen doch schuldig. Unsicher blinzelte, als er den Wunsch des anderen vernahm. Ja, Cole hatte nicht nur ein Anrecht auf die Geschichte - auf seine Vergangenheit - sondern er musste sie inzwischen wohl auch erfahren. Noch etwas, was er ihm schuldig war. Auch wenn sich alleine beim Gedanken daran ein eisiger Klumpen in seinem Magen bildete. Und dann merkte er wie seine Augen schon wieder feucht wurden. Und wenn ihn dieser Grad an Verzweiflung in Coles Stimme schon fertig machte, wie musste dieser sich dann die letzten Stunden gefühlt haben? Ohne ein Wort rutschte Antonin näher an den anderen und umarmte ihn. Zog ihn aus der leicht liegenden Haltung heraus und drückte ihn an sich, sein Gesicht in dessen Hals vergrabend. "Es tut mir so wahnsinnig leid. Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tut. Aber dabei konntest du mir nicht helfen", murmelte er, den anderen fester an sich pressend. "Das konnte zu diesem Zeitpunkt niemand. Aber ich hätte es wohl trotzdem tun sollen. Ich weiß. Bitte verzeih mir…" Jetzt auch noch wissend, dass Cole sehr böse auf ihn war, das wäre wirklich tödlich. Er hielt Cole fest, bis sich sein plötzlich schnell gegangener Herzschlag wieder beruhigte. Tief durchatmend löste er sich von ihm und suchte dessen Blick. Ein Blick aus müde wirkenden Augen. Ob es wirklich ein guter Zeitpunkt war, seine Geschichte zu erzählen? Aber andererseits gab es keine guten Zeitpunkte dafür, oder? "Ich werde es dir erzählen, Cole", erklärte er schließlich. "Und vorneweg muss ich wohl erwähnen, dass ich das Schlimmste davon bis gestern nicht mehr ahnte. Auch vor meinem Unfall nicht. Ich habe die Drogen genommen, weil ich mir davon Klarheit erhoffte. Klarheit darüber, warum ich so unerklärliche Panikattacken hatte. Es hat gewirkt…" Er wandte den Blick ab, hielt jedoch mit den Händen weiterhin Kontakt zu Cole. Antonin würde ihn jetzt eine Weile nicht mehr loslassen können. Er atmete tief durch, hob seinen Kopf dann jedoch nicht mehr, als er zu erzählen begann. Und auch wenn er immer mal wieder Pausen einlegen musste, weil seine Stimme versagte, oder er zu zittern begann, so sprach er es doch in einem Mal runter. Er verschwieg ein paar der Details, da man sie sich denken konnte, aber im Grunde hielt er nichts zurück. "Mein Vater war mal ein halbhohes Tier in Russland, der sich bei den falschen verschuldete und ihnen eines seiner Kinder versprach, als eine Art Schuldschein. Das konnte er tun, da er sich für zeugungsunfähig hielt. Wie man an mir sieht, hat er sich geirrt und diese Gruppe hat das herausgefunden. Am Tag meines Abschlusses standen sie plötzlich zu dritt auf dem Schulgelände und bevor ich wusste was überhaupt passierte, wachte ich Tage später in Russland wieder auf. Ich sprach die Sprache zu diesem Zeitpunkt zwar, aber keineswegs fließend, was es mir anfangs noch schwerer machte. Die Ausbildung zum Bloodhound - er verwendete den russischen Eigenbegriff - Bluthund oder auch Guard geschieht eigentlich freiwillig. Ich war die glorreiche Ausnahme, was jedoch niemanden zu stören schien. Mich zu weigern und zu verlangen, zum Amerikanischen Konsulat gebracht zu werden, gab ich sehr schnell wieder auf, nachdem ich ein paar Mal ganz übel verprügelt wurde. Und mein Gott... ich war gerade einmal 18 Jahre alt und obwohl meine Familie aus einer Art Ghetto kommt, hatte ich mich jahrelang nur auf meine Schule konzentriert. Ich habe dir ja erzählt, dass ich recht schmächtig gebaut war. Und um mich herum diese Muskelbepackten Russen, für die ich mehr als gefundenes Fressen war. Den einzigen Bonus brachte mir meine Intelligenz. Sie wollten, dass ich ihnen eine Art Wunderdroge zauberte, wenn ich nicht gerade beim Training war. Dadurch reduzierte sich mein Schlaf auf ein Minimum und so kurz aus der Schule raus, war das mehr wirres Herumgepansche mit Chemikalien als alles andere. Das erste halbe Jahr wurde man auf Ausdauer und Kraft ausgebildet und wir haben uns so manches Mal die Seele aus dem Leib gekotzt vor Überanstrengung. Kontakt zur Außenwelt war verboten und auch kaum möglich. Das ist ein altes militärisches Gebäude und darum herum ist meilenweit Sperrgebiet. Ja, Russland ist ein großes Land. Man ahnt erst wie groß es ist, wenn man versucht, aus so einem Gebiet abzuhauen. Wofür meine Bestrafungen auch jedes Mal schlimmer wurden, bis ich es irgendwann sein ließ. Zu diesem Zeitpunkt fielen bereits zwei aus unserer Einheit aus. Wobei ich vielleicht sagen sollte, dass man eigentlich nur ausfällt, wenn man stirbt. Denn selbst wenn man freiwillig dort hin geht, so kommt man nicht mehr so einfach raus. Dann kam das Kampftraining. Nahkampf, Handfeuerwaffen, Scharfschützengewehre, Messer und überhaupt alles was sich im jeweiligen Moment als Waffe verwenden lässt. Es war nicht leicht oder schön, aber es war erträglich. Irgendwann gewöhnt man sich an alles, selbst wenn es so eine Ausbildung ist, in der man gegen seinen Willen steckt. Wir übten und lernten natürlich an Attrappen. Anfangs." Hier brach seine Stimme das erste Mal weg und er musste die Hand heben, um sich den neuen Schweiß von der Stirn zu wischen. "Dabei blieb es nicht, denn dann begannen die Prüfungen. Prüfungen, die erklären, warum ein Bloodhound so teuer ist. Nämlich weil es nur so wenige von uns gibt, da wir uns gegenseitig auslöschen. Nur die allerbesten kommen wirklich bis zum Ende durch. Nur jene, die kein Problem damit haben, Menschenleben auszulöschen, selbst wenn es dein Partner ist, mit dem du schon über ein Jahr durch dick und dünn gegangen bist, weil man alleine einfach nur untergehen würde. Und alle kapierten das. Bis auf mich." Abermals stockte er und sah zu seinen Narben. "Ich blieb bei der ersten Prüfung einfach am Startpunkt stehen und weigerte mich. Das brachte mir einen Armbruch ein und einen zweiten Versuch. Und ich habe nicht gelogen als ich sagte, dass es keine Macht der Welt gibt, die mich dazu bringen würde etwas zu tun, was ich nicht will. Naja, oder ich dachte es bis gestern. Die zweite Verweigerung ließ sie den Arm an der gleichen Stelle nochmal brechen und als ich wieder Nahrung bekam, war ich dem Tod näher als dem Leben. Aber sie hatten begriffen, dass ihr kleiner Chemiker damit nicht zu brechen wäre und steckten mich in Einzelausbildung. Zu Nicholas. Ich habe dir einmal erzählt, dass ich ein Bild von ihm im Kopf habe, wo er mit dem Baseballschläger auf mich losgeht? Das war so ziemlich unser erstes Treffen. Ein weiterer Test. Ich habe ihn entwaffnet und damit auf ihn eingeprügelt bis andere Ausbilder dazwischen sprangen. Man könnte sagen, dass ich nicht mehr sonderlich an meinem Leben hing und es nur so teuer wie möglich verkaufen wollte. Doch soweit sollte es nicht kommen. Die nächsten Monate bestanden hauptsächlich aus taktischem Unterricht, Fahrübungen und Übungen, die reale Einsätze nachstellen sollten. Bis die nächste Prüfung kam. Ein zwei Mann Team gegen ein anderes. Die Überlebenden wären wieder weiter. Und der mir zugewiesene Partner war natürlich kein bisschen über mich erfreut. Was dann wohl meinen ersten Mord darstellte, denn obwohl ich dachte, nicht mehr weiterleben zu wollen, schien ich mich auch nicht einfach über den Haufen schießen zu lassen. Bevor ich überhaupt genau realisierte was passierte, hatte ich ihn erschossen und stand damit alleine inmitten der Pampa, hatte meine Position durch den Schusswechsel verraten und hatte zwei weitere Gegner." Sein Blick schweifte in die Ferne, wurde leerer, doch er sprach weiter. "Ich versuchte zu diesem Zeitpunkt ein weiteres Mal abzuhauen und als das andere Team mich nicht fand, hatte man mich sehr bald wieder aufgegabelt. An der Ausrüstung waren Sender enthalten. Daran hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht. Ich war einfach nur panisch und wollte weg." Er lächelte fast ein wenig traurig. "Da ich so weit gekommen war, dass mich das andere Team nicht fand und ich endlich jemanden umgebracht hatte, ließ man mich weiter und erschoss die anderen beiden vor meinen Augen. Das war der Zeitpunkt, zu dem mein Einzeltraining intensiviert wurde. Nicholas verabreichte mir wahre Drogencocktails und ich wurde stundenlangen Verhören ausgesetzt. Das war die Einleitung zu dem, was ich selbst nur als Gehirnwäsche bezeichnen kann, weil mir kein anderer Ausdruck dafür einfällt. Und das ist das, was ich bis gestern so gut verdrängt hatte." Er musste sich Tränen aus den Augenwinkeln wischen, die sich lautlos ihren Weg bahnten. Es hatte keine Auswirkung auf seine Stimme, schien mehr ein Ausdruck des Verrats zu sein, dem er sich ausgesetzt fühlte. "Immer und immer wieder wurde mir von Nicholas gesagt, wie gern er mich hätte, wie nahe wir uns stünden, was für eine innige Beziehung wir zueinander hätten. Wie Brüder. Natürlich unter Drogen. Aber da ich dann zumeist genießbares Essen und trinken bekam und Zigaretten, wirkte es von Zeit zu Zeit mehr. Irgendwann drang es durch zu mir und ich begann ihm zu glauben. Sie mussten mir die Spritzen zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr gewaltsam geben und noch viel später reichten auch irgendwelche Pillen. Kleine Inszenierungen, die ich erst seit gestern als solche erkenne, ließen Nicholas als einen Helden in meinen Augen wirken. Er 'rettete' mich immer häufiger vor Prügeln, vor Strafen, vor Gewalt im Allgemeinen und mein Vertrauen festigte sich. Als er mir sagte, dass ich töten müsste, um weiter zu kommen, damit ich weiter bei ihm bleiben könnte, tat ich es. Irgendwie schafften sie es, mein Mitgefühl und meine Einstellung zum Leben zu umgehen und mich wirklich wahllos töten zu lassen. Nicholas zeigte auf einen Mann und ich hob die Waffe und drückte ab. Es war so furchtbar leicht. Es brauchte kein Nachdenken. Einfach heben und abdrücken. Heben und abdrücken. Heben und..." Antonin unterbrach sich selbst und brauchte eine Weile, um seinen schneller gehenden Atem zu unterbrechen. "Im letzten Jahr kam dann jene Stunde, bei der alle Drogen nichts halfen. Es halfen kein Nicholas und keine Prügel. Es halfen keine Stromstöße und gar nichts. Ich war nicht bereit, einen Menschen zu foltern, um an Informationen zu gelangen. Was darauf folgte, kannst du an meinen Armen erkennen. Und wieder war es Nicholas, der mich da herausholte. Wieder wurde ich unter Drogen gestellt und wieder wurden mir Dinge eingeredet. Dinge, die, wie ich jetzt erkenne, gar nicht sein konnten und niemals sein würden, wenn sie das nicht getan hätten. Das Problem, das eine Problem, das sie hatten, mich umzubringen war meine scheiß Genialität, wenn es zu Drogen kam. Natürlich nichts, das an CI-4 rankommt, aber ich entwickelte einfachere Verfahren zu Herstellung und spülte ihnen Geld in die Kassen. Immer wenn ich klar im Kopf war, stand ich im Labor. Stand ich nicht im Labor wurden mir Dinge eingeredet. Immer und immer wieder, bis ich wieder an dem Punkt war, an dem ich einfach tat, was man mir sagte. Doch ein weiteres Mal versagte ich bei der Folter und damit brachen sie diese Prüfung für mich ab." Antonin musste hart schlucken und suchte schließlich doch Coles Blick. Mit ein wenig Verzweiflung in den Augen aber auch einer Ruhe, von der er selbst nicht sagen konnte, ob sie anhalten würde. "Abermals wurde mir klar gemacht, wie sehr ich Nicholas brauchte, um weiter existieren zu können. Um dort heraus zu kommen. Sie ließen mich zwar offiziell durchfallen, aber inoffiziell bin ich so eine Art Prototyp von ihnen, da ich der erste war, an dem diese Methode ausprobiert wurde. Soviel bekam ich immer mal wieder mit, wenn sie sich unterhielten, wenn sie dachten, ich würde schlafen oder zu zugedröhnt sein. Darauf folgte ein kalter Entzug und der Entschluss - falls ich das jemals überstehen würde - einen Stoff zu kreieren, der diese verdammten Schmerzen abstellen würde. Es kam mir vor wie Jahre, aber es waren wohl 'nur' Monate und als ich herauskam wurde mir ein Ziel gestellt. Ich hasste es. Andrej Trokonj. Ich hasse ihn immer noch. Und als es zu meiner Entlassung kam, weil ich ihn aus einem Wutanfall heraus fast todgeprügelt habe und mich kein einziger seiner Befehle stoppen ließ, wurde ich im Gegenzug dazu fast todgeprügelt. Daraufhin beschloss man, in mir eine Art Schläfer zu sehen, den man in Nicholas Obhut gab und den man weiterhin im Auge behalten würde, wie ich mich wieder in 'freier Wildbahn' entwickeln würde. Ich habe den Schänder meiner Mutter gefoltert, auf Nicholas Suggestionen hin. Damit galt ich als Erfolg und erst als Nicholas Tayra kennenlernte, hörten die Drogen auf. Es gab eine Art letzte Sitzung, bei der mir gesagt wurde, dass das alles nur ein Alptraum wäre und ich häufig von Blut träumen würde und damit endete es. Damit begann ich tatsächlich von Blut zu träumen und ich vertraute Nicholas wie einem Bruder. Ich begann mein eigenes Leben zu führen, kontaktierte ihn so gut wie nicht mehr und dann traf ich dich." Er lächelte kurz. "Und wenn du dir jetzt eine Sekunde lang Vorwürfe machen solltest, dann hör sofort wieder damit auf. Jeder hätte im Grunde das Gefühl in mir hervorholen können, dass ich ihn zu jedem Preis beschützen will. Der Rest ist alleine Nicholas Schuld..." Und hier wurden seine Augen wieder leerer und er schniefte ein wenig. "Jetzt kennst du mein Leben. Jeden noch so kleinen und großen Teil. Sogar Dinge, die ich bis gestern nicht mehr wusste und auch wenn ich es gerade im Griff habe, bin ich mir sicher, dass ich noch lange damit zu kämpfen habe... Ich habe ihm vertraut, Cole... Ich habe ihm wirklich vertraut." Cole Cole hörte aufmerksam zu, die Hand des anderen nicht loslassen, vielmehr hin und wieder darüber streichelnd. Immer dann, wenn Antonin stockte, drückte er leicht die Hand, als wollte er sagen: 'Ich bin bei dir', oder ihm anders irgendwie signalisieren, dass er Anteilnahme nahm an den Dingen, die ihm offenbart wurden. Und immer wenn er merkte, wie Antonin mit sich kämpfte, wurde das ohnehin schon mulmige Gefühl in seinem Inneren heftiger. Er spürte, wie ihm schlecht wurde, wie er das Gefühl hatte, am liebsten genauso zu kotzen, wie Antonin es in der vergangenen Nacht getan hatte. Und er spürte, dass seine unglaubliche Wut, weitere Nahrung bekam. Doch davon ließ er sich nichts anmerken. Seine Augen waren auf Antonin gerichtet, abwartend, bis dieser fertig wäre mit seinem Bericht. Die 'Geschichte', die Antonin ihm erzählte, war einfach nur heftig, und Cole meinte darunter ersticken zu müssen. Es fühlte sich an, als wurde gerade ein riesiger Felsbrocken auf ihn abgelagert. Natürlich war das ein eingeforderter und auch nicht unwillkommener Felsbrocken, aber er würde lügen, wenn er sagte, es würde ihn nicht belasten. Das Ganze nahm ihn unglaublich mit. Und er wusste, dass er daran noch lange zu knabbern haben würde, noch lange darüber würde nachdenken müssen. Das waren Informationen, die man nicht so einfach verarbeiten konnte. Und Cole war bewusst, dass, wenn es ihm schon so ging, es Antonin natürlich noch viel schlimmer ging. Denn er war die Hauptperson in diesem Psycho-Horror-Film. Aber die Erzählung ließ Cole auch Dinge Erfahren, die die etwas unvollständigen Bilder von ihrem bisherigen gemeinsamen Lebensweg vervollständigten. Antonins Alpträume in der ersten Nacht, sein Hang, Wodka in sich zu schütten, wenn er emotional aufgewühlt war, das Gefühl, das er von Anfang an bei ihm hatte, dass diesen Mann wenig schocken konnte, seine Aversion gegen die Medikamente nach seinem Unfall, seine Angst vor Nicholas nach dem Unfall, der Drogenmissbrauch von gestern Nacht. Das Puzzel, das Cole von Anfang an begonnen hatte zu legen, setzte sich durch diesen Bericht nach und nach selbstständig zusammen. Aber das Bild, das er nun als Ergebnis betrachten durfte, erschreckte Cole fast zu Tode. Es war einfach nur grausam. Letztlich war es auch eine Absurdität, dass ausgerechnet der Chemiker in Antonin ihn am Leben hielt. Und Cole dankte innerlich welchem höheren Wesen auch immer dafür, dass er Antonin mit dieser Gabe versehen hatte. Nun und dann kam die Wahrheit über Nicholas noch ans Tageslicht. Über den Menschen, der bei Cole nun in Zukunft der Feind Nummer eins war. Er begriff nun, weshalb jener gegen ihre Verbindung war, weshalb er Antonin das angetan hatte, was am Wochenende gewesen ist. Er hat den Schläfer erweckt, um ihn an seine 'Verpflichtungen' zu erinnern. Dass er sich dabei ins eigene Knie geschossen hatte, war sicher nicht so geplant gewesen. Vielleicht hatte jener gehofft, dass Antonin nun sich wieder ihm verpflichtet fühlen würde... Und egal was Antonin sagen würde. Cole wusste, dass er Nicholas umbringen wird. Dieser Mann hatte den Tod verdient, und Cole würde sich vorbereiten und ihn dann töten. Koste es, was es wolle. Als Antonin verstummte, klärte sich Coles Blick wieder, kam aus seinen Gedanken zurück und er blickte Antonin wieder an. Vorsichtig richtete er sich auf, setzte sich langsam so hin, dass er vor Antonin saß, seine Beine rechts und links von diesem wegstreckend, so dass er Antonin zu sich ziehen und in einer Umarmung festhalten konnte. Sanft küsste er ihn auf die Stirn, strich ihm über den Rücken, schmiegte sich an ihn. Er wusste noch nicht so recht, was er sagen sollte, er fühlte sich noch immer überfahren, und die Zeit, bis er wusste, was er sagen wollte, überbrückte er mit Nähe. Er wollte, dass Antonin nicht das Gefühl bekam, dass ihn das überforderte, auch wenn Cole selbst noch nicht wusste, ob ihn das überforderte oder nicht. Er wollte ihm zeigen, dass er sich nicht von ihm abwandte oder abkehrte. "Jetzt verstehe ich zumindest, warum du dich gestern zugedröhnt hast, daher nehme ich meinen Idioten zurück", murmelte er schließlich, Antonin an sich drückend. Seine Hand glitt in die Haare des anderen und sanft küsste er ihn erneut an die Schläfe. "Das ist ganz schön heftig", stellte er dann fest und man merkte, dass er noch immer nach Worten rang. "Ich denke ich werde noch ein wenig brauchen, bis ich das verdaut habe und wenn ich darf, werde ich noch ein wenig nachfragen hin und wieder, wenn ich merke, dass mir etwas unklar ist. Aber das ist mein Problem, nicht deines. Denn auch wenn ich das alles noch ein wenig verdauen muss, darfst du nicht eine Sekunde glauben, dass das etwas zwischen mir und dir ändert. Denn das tut es nicht, außer vielleicht das Bedürfnis, noch mehr für dich da sein zu wollen." Er seufzte tief. Dann lächelte er, löste sich leicht von Antonin, um ihm ins Gesicht zu sehen. "Ich denke wir müssen darüber reden, wie es jetzt weitergeht, nachdem du diese Erkenntnisse gewonnen hast. Ich befürchte, wir werden das bisherige Leben nicht so weiter plätschern lassen können. Nicholas ist nach wie vor eine große Gefahr für dich, denn ich denke, er möchte seinen getreuen Bluthund zurückhaben, anders kann ich mir das Wochenende nicht erklären. Vielleicht hat er auch Befehle von oben erhalten, dass er dich 'reaktivieren' muss. Ich habe keine Ahnung. Aber ich denke, wir sollten besprechen, was alles in nächster Zeit geschehen könnte und sollte, damit wir vorbereitet sind." Er strich Antonin über die Wange, zog dessen Kinn zu sich und küsste ihn sanft. "Ich werde dich nicht hergeben, koste es was es wolle." Eindringlich sah er den anderen an. "Auch wenn ich ein wenig gekränkt bin, dass ich wohl jeder andere auch sein könnte..." Er grinste ein wenig schief. Antonin Es war nicht nur einfache Erleichterung, als Cole ihm nach dieser 'Geschichte' Nähe und Zärtlichkeit gab, es war die Sicherheit nicht mehr komplett austicken zu müssen. Nur ganz kurz wand er sich aus dessen Armen, sich das Hemd über den Kopf ziehend und achtlos neben sich werfend, bevor er wieder die Nähe des anderen suchte. Antonin musste dem Wunsch nach Hautkontakt nachgeben, wollte nicht durch Stoff gestört werden. Am liebsten wäre er in Cole hineingekrochen, sich wie ein Baby an ihn geklammert und nicht mehr hergegeben. "Du musst das nicht zurücknehmen. Vielleicht wäre ich nicht so zusammengeklappt, wenn ich dich angerufen hätte", murmelte er gegen die Halsbeuge des anderen. Gerade fühlte er sich ausgelaugt aber ruhig. Natürlich war ihm bewusst, dass diese Ruhe eine trügerische war, eine die eventuell nicht lange anhalten würde, aber gerade war er dankbar dafür. Es könnte daran liegen, dass er sich das alles mal von der Seele geredet hatte, einmal offen zugegeben zu haben, was für ein Psychopath aus ihm gemacht worden war. Und es war dieser Moment, in dem er begann dankbar für Coles Beruf zu sein, denn ein geringerer, ein Mensch mit einem normalem Beruf, wäre wohl so schnell und weit geflüchtet wie ihn dessen Beine tragen konnten. Aber Cole könnte wohl Teile davon nachvollziehen. Wie leicht es schlussendlich war ein Menschenleben auszuradieren. Wie wenig man in solchen Momentan an die andere Person dachte, sondern nur an sich und das eigene Überleben. Wie wollte man so etwas jemandem erklären, der das Gefühl selbst noch nie gefühlt hatte? Er nickte, auf die Bemerkung hin, dass es heftig sei. Ja, heftig war ein guter Begriff dafür und Cole schien deutlich daran zu knabbern. Ob er es vielleicht doch nicht hätte sagen sollen? Nicht so deutlich? Dieser Mann hatte ja nun wirklich genug eigene Probleme und jetzt lud er ihm seine auch noch auf, obwohl ja eigentlich er der Halt für Cole sein wollte. Er wollte ihm Kraft geben, nicht entziehen wie ein gieriger Blutsauger. Verdammt sei dieser Milenkof! Selbst in Gedanken würde Antonin ihn nicht mehr bei dem vertrauten Vornamen nennen. Dafür war der Bruch zu groß, egal wie ehrlich sich ihre Beziehung in der letzten Zeit angefühlt hatte. Alleine der Gedanke daran, dass er eigentlich nichts anderes als eine zu groß geratene Laborratte für den älteren Russen war, war schier unerträglich. "Du kannst fragen so viel du willst, da gibt es keine Grenzen, Landminen oder Fallgruben mehr für dich." Er stieß Luft aus. "Ich hätte dich damit nicht so überfallen sollen, du hast wirklich genug Eigenes, mit dem du umgehen musst. Und da schwinge ausgerechnet ich große Reden darüber, da zu sein, um dir Halt zu geben." Es war natürlich eine Selbstanklage, aber er meinte sie genau so wie er sie sagte. Es war eine Art Entschuldigung, Coles Leben so zu verkomplizieren. Irgendwie schien er sich in letzter Zeit zu einem unglaublichen Troublemaker zu entwickeln. Oder war er das schon immer gewesen, aber er hatte sich zu gut unter Kontrolle gehabt? Oder zu wenig Kontakt zu Menschen? Im Grunde war er ja mehr oder minder ein Einsiedler in seinem Labor gewesen. Er verstärkte seinen Halt um Cole und schloss die Augen kurz. "Ich möchte auch für dich da sein können...", Antonin seufzte und begann damit über Coles Rücken zu streicheln. Um sich zu beruhigen, um Cole zu beruhigen. Einfach um mehr Kontakt zum anderen zu haben. Es tat ihm gut. Als Cole sich dann ein wenig von ihm löste, suchte er den Blick des anderen, bemerkte die Rötung, die wohl vom wenigen Schlaf resultierten, von der Erschöpfung erzählten. Und abermals hätte Antonin am liebsten geseufzt. Je mehr Sorgen er sich wieder um diesen wunderbaren Mann machen konnte, desto uninteressanter erschien er sich selbst. Mit dem meisten davon war er bisher klargekommen. Er würde sich auch dem Rest stellen und es schaffen. Er müsste es schaffen, denn dieser Brocken, den er seinem Partner da gerade aufgeladen hatte, der müsste da wieder runter. Coles Worte enthielten viel Wahrheit. Fast schon wieder zu viel. "Eine Gefahr für mich...", echote er ein wenig nachdenklich. "Ja, vielleicht. Aber du übersiehst gerade das gleiche, was du vermutest, das er übersehen hat. Nicht er ist mein Ziel. Du bist es, Cole." Eindringlich sah er in diese momentan unruhigen Augen. Er hatte einmal einen Bergsee in Russland gesehen, mit der gleichen grünen Farbe. Das Wasser war so klar gewesen und doch so kalt, das man selbst im Hochsommer nicht darin baden konnte und immer mal wieder kleine Eisschollen darin schwammen. Daran erinnerten ihn Coles Augen gerade mit aller Deutlichkeit. "Er könnte mich vielleicht überrumpeln, aber er kann mich nicht mehr 'aktivieren'. Er konnte es ab dem Zeitpunkt nicht mehr, als ich dich akzeptiert habe. Selbst wenn da noch Dinge in mir schlummern sollten, Dinge auf die ich vielleicht hören muss, so hast doch immer du das letzte Wort. Das habe ich dir erklärt, nicht wahr? Dass ich keine Maschine bin, aber mich bestimmten Befehlen nicht entziehen kann? Du wirst davon Gebrauch machen, wenn es die Situation erfordert. Du wirst es müssen." Er sprach leise, aber mit aller nötigen Ernsthaftigkeit. "Sie haben nie damit gerechnet, dass ich mir selbst jemanden suchen könnte und mich danach ausgebildet. Damit beginnt und endet die Befehlskette mit dir. Aber über Optionen sollten wir wirklich sprechen", stimmte er zu und lächelte schließlich sogar unbemerkt als Cole ihm über die Wange strich, ihn zu sich zog und zärtlich küsste. Er konnte gerade noch warten, bis der andere fertig gesprochen hatte, bevor er ihn abermals heftig umarmte. Jedes Fleckchen Haut küsste, das er erwischte. Antonin konnte seine Gefühle gerade nicht anders ausdrücken. Ihm fehlten die schönen Worte dafür. Außer vielleicht: "Jeder mit deinen Augen. Also niemand." Er lächelte gegen Coles Halsbeuge und lehnte sich dann ein Stück zurück, abermals in diesen Augen versinkend. "Ich fürchte du wirst mich sowieso nicht mehr los, denn ich bin auch nicht bereit dich herzugeben. Unter keinen Umständen. Nicht in diesem Leben und nicht im nächsten." Diesmal war er es, der Cole küsste. Ein emotionaler Kuss, der doch aber hauptsächlich aus dem Wunsch nach Nähe entstand. Eine Hand schob sich in die Haare des anderen, strich durch die feinen Strähnchen. Und für einen Moment war nur das hier und jetzt interessant. Nur Cole und er waren wichtig und Antonin bekam das Gefühl, dass, abgesehen vom Tod, sie so schnell nichts mehr auseinander reißen könnte. Nichts und niemand. "Lass mich heute bitte nicht alleine", murmelte er schließlich als er den Kuss löste und seine Stirn an die des anderen lehnte. Cole „Ich fürchte, du bist doch ein Idiot, wenn du so redest“, knurrte Cole und löste sich leicht von Antonin, um ihn anzusehen. „Natürlich habe ich genug eigenen Scheiß, um den ich mich kümmern muss. Und jeder Mensch hat letztlich genug eigene Probleme, um sich nicht mit den Problemen anderer beschäftigen zu müssen, aber Antonin,“ Cole strich dem anderen über die Wange, blickte ihm in diese wunderschönen Augen, „ich dachte eine Beziehung definiere sich eben darüber, dass man nicht mehr alleine ist und dass jeder dem anderen Kraft gibt und für ihn da ist. Und daher darf ich doch genauso für dich da sein, wie du es immer für mich bist.“ Er lächelte. Hatte er wirklich gerade ausgesprochen, dass sie eine Beziehung hatten? Er wunderte sich über sich selbst. Aber so schwer war es gar nicht gewesen, es auszusprechen. „Und du bist für mich da, immer gewesen und wirst es immer sein. Also mach dir keine Gedanken über etwas, was blödsinnig ist.“ Er schüttelte leicht den Kopf und seufzte. Dann küsste er den anderen kurz, um sich dann wieder an ihn zu lehnen, ihn zu umarmen, um dieser Situation wieder zu entkommen, um abgelenkt zu sein. Als Antonin ihm in die Augen sah und ihm erklärte, dass er nachwievor sein Ziel war, wurde sich Cole bewusst, welche Verantwortung er nun zu tragen hatte. Letztlich konnte es sein, dass das Leben des anderen in gewisser Weise nun von ihm abhing. Der Felsbrocken, der ohnehin schon auf ihm lastete, erhielt zusätzliche Nahrung. Aber Cole wäre nicht Cole gewesen, wenn ihn das irgendwie gestört hätte. Er registrierte es, aber das war für diesen Mann kein Grund, sich irgendetwas anders zu überlegen. Keine Sekunde dachte er darüber nach, ob ihm das zu viel sein könnte. Und wie so oft in seinem Leben zitierte er in diesem Moment, mit diesem Bewusstsein Homers Odyssee ‚Halte aus mein Herz, du hast schon Hündischeres erlebt.‘ Er würde Befehle geben müssen? Würde Entscheidungen treffen müssen, die um Leben und Tod bestimmen? Er hatte sich das selbst eingebrockt und im Moment war er sehr froh darüber, denn damit hatten sie Nicholas weniger Angriffsfläche gegeben. Allerdings war ihm auch bewusst, dass damit er, Cole, ins Schussfeld gerückt war. Wenn Nicholas Antonin haben wollte, so würde er erst an Cole vorbei müssen. Und Antonin würde verhindern, dass das geschah. Eine verzwickte Situation, aber unwiderruflich. „Ja, das hast du mir erklärt“, nickte Cole und dachte an jenen Tag, nach dem Gemetzel in seinem Elternhaus. „Und ich werde diese Verantwortung auch tragen. Aber wenn es darum gehen wird, dich zu schützen, verlange ich auch von dir, dass du die Befehle auch befolgst, selbst wenn du mich dafür nicht mehr schützen könntest. Und, Antonin, ich befehle dir, dass du dich niemals für mich opfern wirst.“ Seine Augen blickten in die des anderen. „Und wir werden zusammenarbeiten, keine Einzelaktionen, von denen der andere nichts weiß.“ Er strich sich kurz über das Gesicht. „Aber darüber habe ich jetzt keine Lust weiter zu diskutieren“, murmelte er dann und lächelte kurz. „Ich denke wir können nachher im Lady-Dream ein wenig Kriegsrat halten. Wenn es dir recht ist, informiere ich auch Ragnar, das würde mir gut tun…“ Als er in die intensive Umarmung gezogen wurde, wurde dieses Lächeln wieder zurück auf seine Lippen gezaubert. Der Kuss des anderen regte in ihm das Bedürfnis, das er schon geraume Zeit hatte, erneut. Und er erwiderte den Kuss genauso tief, wie er ihn erhielt, während seine Finger begannen über die Seite, den Rücken des anderen zu streicheln. „Ich werde dich heute nicht alleine lassen“, bestätigte er den Wunsch des anderen und küsste diesen sogleich wieder, dabei leidenschaftlicher werdend und drückte ihn langsam zurück auf das Bett. Er brauchte Sex, dringend… Ein wenig abschalten, ein wenig Entspannung, ein wenig alles andere vergessen können. Dennoch lauschte er auf die Reaktion des anderen, die ihm aber keinerlei Anzeichen zu geben schien, dass Antonin ein Problem damit hätte. Und so fuhr er fort, den anderen zu streicheln, ihn zu berühren. Bald ließ er von dessen Lippen ab und arbeitete sich hinab, um Antonin wirklich alles vergessen zu lassen. Sie schliefen miteinander und es fühlte sich diesmal um so vieles intensiver an, als jemals zuvor. Es war schon fast gruselig, wie unbeschreiblich das Gefühl war, als sie ineinander verschmolzen. Nun, sie hatten keine Geheimnisse mehr voreinander und sie wussten, dass sie nur miteinander bewältigen würden können, was da vor ihnen lag. Letztlich war es nur verständlich, dass sie deswegen sich näher waren, als jemals zuvor. Antonin Nur kurz regte sich so etwas wie Misstrauen in ihm, wurde aber schnell wieder von dem kleinen Glückstaumel abgelöst, das trotz aller Widrigkeiten in ihm ausgelöst worden war, als Cole von einer Beziehung sprach. Und natürlich hatte jener dazu wohl die richtige Idee. Aber Antonin konnte es auch nicht wirklich wissen, denn obwohl ihm seine Emotionen und Gefühle häufiger halfen als das Coles taten, so war das auch seine erste. Wo und wie hätte er auch eine führen sollen? Von ein paar Mädchen einmal abgesehen, doch während der Schulzeit waren das doch vielmehr Spielereien als etwas anderes. "Das mit Ragnar ist in Ordnung, aber ich möchte nicht, dass er Dinge über mich erfährt, die ich selbst kaum aussprechen kann", stimmte er schließlich zu. Seine Folter ging Ragnar nichts an. Punktum. Als Cole zustimmte ihn heute nicht alleine zu lassen, lächelte er erleichtert und sein Atem begann sofort ein wenig schneller zu gehen als er zurück in die Matratze gedrückt und verwöhnt wurde. Sex war genau das was er jetzt sehr gut brauchen konnte, aber nachdem der andere ihm schon mal an den Kopf geworfen hatte, nicht einmal daran zu denken ihre Probleme durch Sex zu lösen oder zu verdrängen, hatte er sich nicht getraut deutlicher zu werden. Denn gerade würde er sehr gerne ein wenig verdrängen. Er berührte, streichelte und küsste Cole wann immer er einen Fetzen Haut oder diese Lippen erreichte, ging ganz auf in diesem intensiven Erlebnis und ließ sich ein weiteres Mal fallen. Etwas, das ihm nur bei dem anderen gelang oder gelingen würde. Sein Vertrauen in Cole war grenzenlos. Und selbst wenn da Grenzen wären, so hatte er sie zumindest beim Sex noch nie erreicht, da er es hier mehr als genoss. Kapitel 90: So wie früher ------------------------- Antonin Sie lagen danach noch eine Weile im Bett, sich streichelnd, die Nachbeben genießend. Doch dann rappelte Antonin sich auf, als Cole meinte, dass sie noch zu ihm müssten, bevor er ins Lady Dream zur Arbeit fahren könnte. Nach einer schnellen Dusche, setzte er Kaffee auf während Cole im Bad war und trat mit sorgenvollem Blick an seinen Schrank. Nur zögernd griff er nach einer bequemen Jeans und einem schwarzen Hemd, den ersten Waffenholster am Gürtel hinten befestigend. Es war als hätte es keine Monate der Pause gegeben, sondern etwas über das er nicht nachdenken musste. Die Eagle lag noch im Flur auf dem Telefonkästchen, doch noch war es nicht so weit. Auch das zweite Holster an der Schulter war schnell befestigt, genau wie die Magnum. Ein sehr tiefes Seufzen entkam seiner Kehle als er nach dem halblangen Mantel griff und ihn sich überzog. Es war nicht so dass er wieder in alte Muster verfallen wollte, aber sie gaben ihm ein wenig Sicherheit. Es war im Grunde seine Arbeitskleidung gewesen als er auf Cole getroffen war. Es würde ihm das Gefühl geben, sich nicht mehr so leicht überrumpeln zu lassen. Cole schien nichts dazu zu sagen, was Antonin gerade recht war. Er kramte ein wenig in seiner Küche herum, das abgebissene Teil vom Brotlaib schneidend und es wegwerfend. Es bräuchte niemand zu sehen, dass er sich wie ein Neandertaler aufgeführt hatte. Nach einem gemeinsamen Kaffee verließen sie die Wohnung und auf dem Weg zur U-Bahn Station, weil unbedingt Cole fahren wollte - nun ihm war es recht -, dachte er über die Befehle nach, die er erhalten hatte. Entweder hatte sein geliebtes Ziel es vergessen oder wollte es nicht wahrhaben, aber Befehle dieser Art - sich nicht zu opfern - waren sinnlos. Er konnte Befehle immer in Frage stellen, wenn sie im Zusammenhang der Sicherheit seines Zieles standen. Wenn es Cole retten würde, sich vor ihn zu werfen, könnte er das tun. Nicht leicht, aber es ginge. Aber er hatte das Thema nicht mehr auf den Tisch gebracht. Möglicherweise ein anderes Mal, oder ein wenig später. Hin und wieder sah Antonin sich aufmerksam um, nicht aus dem Gefühl heraus verfolgt zu werden, sondern weil ihm die Menschen jetzt tatsächlich wieder anders auffielen. Es waren nicht einfach nur namenlose Gesichter und Personen, sondern potentielle Gefahren. Für Cole ebenso wie für ihn. Es war anstrengend, es war nervig und es machte ihn aggressiv. Was Antonin jedoch so gut wie möglich versuchte zu unterdrücken, doch sein Blick und Aura würde in der nächsten Zeit noch sehr viel häufiger schwanken. Vermutlich hätte er ohne Coles beruhigende Anwesenheit tatsächlich mit irgendjemandem Streit gesucht, rein um diesen immerwährenden, schwelenden Zorn in sich loszuwerden. Bei Cole angekommen lehnte er sich an die Küchenzeile und musste lächeln als das Fellknäul sich tatsächlich recht nahe an ihn heranwagte, aber noch ging er nicht in die Knie um das Tier zu streicheln. Antonin hatte in solchen Dingen viel Geduld und würde sich diesen Fortschritt nicht durch etwas Übereiltes zerstören. Seufzend schloss er die Augen und massierte sich die Schläfen. Weder sein Magen noch sein Kopf waren auf dem Damm und was genau er im Lady Dream machen sollte war ihm im Grunde auch ein Rätsel. Er hätte sich ein Buch mitnehmen sollen… Und noch eine Portion mehr von seinem Sarkasmus… Nathan Leise grollend streckte er die Hand nach seinem Wecker aus und stoppte den Piepston damit effektiv, bevor er sich herumdrehte und sich wieder an seine Wärmequelle schmiegte. Heute war das Aufstehen deutlich schwieriger als sonst und auch wenn er nie sofort aus dem Bett sprang und losstürzte so war der Drang danach auch überhaupt nicht vorhanden. Viel zu gemütlich war es gerade, wieder einen Arm um Ragnar zu legen und einfach liegen zu bleiben. Dessen angenehmen Duft zu inhalieren und sacht über dessen Seiten zu streicheln. Aber leider wusste Nathan nur zu gut was passieren würde wenn er nicht spätestens mittags im Büro wäre. Ob er einmal austesten sollte, ob Elisa rein aus Panik heraus eine Vermisstenmeldung bei der Polizei aufgeben würde? Er musste gegen die Haut des anderen lächeln und öffnete schließlich doch seine Augen. Wer hätte vor ein paar Tagen noch gedacht, dass er tatsächlich einmal oder so zeitig mit dem anderen Mann in einem Bett aufwachen würde? Nathan war niemand, der gerne zweifelte, aber beim gestrigen Mittagessen war er schon sehr nahe daran gewesen. Doch dafür hatte ihn der Abend, nein vielmehr Ragnar mehr als entlohnt. Einen Kuss auf die weiche Haut der Schulter hauchend, löste er sich dann doch und als Ragnar sich auch zu rühren begann, strich er ihm liebevoll über die Stirn. "Bleib noch ein wenig liegen, wenn du willst. Ich geh erstmal duschen und würde dir zum Frühstück Bescheid geben", murmelte er und stand nach einer letzten Streicheleinheit für diesen schönen Mann dann doch auf. Sich einen Anzug und Unterwäsche aus dem Schrank suchend, marschierte er damit müde über die Treppe nach unten, zu seinem Badezimmer. Das einzige Manko dieser Wohnung, wenn man ihn fragen würde, denn schon häufiger hätte er es besser gefunden das Badezimmer auf der gleichen Ebene wie das Schlafzimmer zu haben. Wie fast alles in dieser Wohnung war auch sein Badezimmer in hellen Farben gehalten. Weiße Fliesen, mit dämpfender Lackierung darüber und hin und wieder gab es vereinzelte schwarze Marmorfliesen mit silbernen Verzierungen, die das ganze etwas aufpeppten. Nach seiner morgendlichen Routine, hängte er sich seine Krawatte lose und ungebunden um den Hals und setzte schließlich den Kaffee auf. Und noch bevor er wieder nach oben gehen konnte, um Ragnar zu wecken, kam dieser herunter und Nathan musste lächeln. Dessen Frisur wirkte genauso zerzaust und verschlafen wie seine eigene noch vor kurzer Zeit ausgesehen hatte. Schnell trat er auf ihn zu, legte ihm einen Arm um die Hüften und küsste ihn. "Guten Morgen. Kaffee braucht noch." Damit erklärte er ihm, wo sich das Bad befand und dass er unter dem Waschbecken wohl noch eine Zahnbürste finden müsste, die neu wäre. Damit machte er sich dann daran, das Brot, den Aufschnitt und Marmerlade auf den Tisch zu stellen und ihn zu decken. Selbst wenn Ragnar zu den Menschen gehören sollte, die nichts frühstücken, war er lieber darauf vorbereitet. Zudem er für sich selbst das Frühstück dringend brauchte, um halbwegs in den Tag starten zu können. Er füllte zwei Kaffeetassen, stellte sie ebenfalls mit Milch und Zucker zusammen auf den Tisch und holte noch Saft aus dem Kühlschrank, bevor er sich setzte und auf die Uhr sah. Es gab noch keinen Grund zum hetzen. Sehr gut. Er hatte sich vorgenommen Ragnar zu fragen, wann sie sich wiedersehen würden. Vielleicht ja sogar im Savoy? Nathan hatte es genossen, mit Ragnar zu tanzen und gegebenenfalls wäre ihm auch ein anderer Club recht, wenn dem anderen das jetzt unangenehm sein sollte. Warum auch immer. Manche Menschen verhielten sich einfach seltsam. Nathan konnte das nicht nachvollziehen und auch wenn er Ragnar gar nicht so einschätzte, so war er durchaus bereit hier Zugeständnisse zu machen, schließlich sah es nicht so aus als würde er das Interesse jetzt noch plötzlich verlieren. Warum auch? Ragnar war ein toller Mensch, auch wenn man das HIV Virus nicht vergessen durfte. Bisher schien er nichts falsch gemacht zu haben, davon ging er alleine deshalb schon aus, weil Ragnar selbst mehr als jeder andere darauf zu achten schien, seine Umwelt nicht zu gefährden. Ragnar Es war um Punkt 7 Uhr gewesen, als sein Handy leise gepiept hatte und er wie jeden Tag im Halbschlaf kurz aus dem Bett aufstand, zu seiner Hose lief, das Handy wieder ausschaltete und das Tütchen mit den Tabletten darin herausnahm. Er griff zu einer der Flaschen, die Nathan mitgebracht hatte und schluckte die Tabletten, wie jeden Morgen schon seit vielen Tagen. Er hatte feste Zeiten und sein Handy erinnerte ihn an diese. Die Regelmäßigkeit war wichtig. Und daher hatte er sich gestern bereits seine Tabletten zurecht gemacht, hoffend, dass er diese Nacht nicht nach Hause zurückkehren müsste, was sich ja bewahrheitet hatte. Schließlich legte er sich wieder hin, kuschelte sich an Nathan und küsste ihn sanft an die Schläfe, bevor er die Augen wieder schloss und bald darauf wieder im Land der Träume versunken war. Wecker gehörten verboten. Ragnar schlief nie mit einem Wecker. Nur wenn er wirklich mal einen Termin recht früh hatte, dann stellte er sich sein Handy, ansonsten schlief er aus und es war seine innere Uhr, die ihn stets so aus dem Bett holte, dass er noch genügend Zeit hatte, bevor er ins Lady ging. Allerdings gab es dafür ja auch keinen festen Termin. Er hatte das Glück, dass er keine festen Arbeitszeiten hatte. Als er spürte, wie Nathan sich noch einmal an ihn kuschelte, musste er lächeln. Dieses Gefühl, neben jemandem aufzuwachen, der auch am Morgen danach noch seine Nähe suchte und nicht seinen Namen vergessen hatte, war ein unglaublich schönes Gefühl. Ein Gefühl, von dem man süchtig werden könnte. Als er spürte, dass Nathan sich wieder von ihm löste, um aufzustehen, drehte er sich dem anderen zu. "Morgn..", murmelte er und blinzelte den anderen an, als er dessen Hand auf seiner Stirn spürte und die Worte hörte. Er nickte, unfähig noch einmal die kratzige Stimme von grade herauszuholen. Wie viel Uhr es wohl sein mag? Seine Beine fühlten sich so an, als gingen sie davon aus, dass sie noch mindestens drei Stunden weiterschlafen dürften. Er beobachtete, noch immer damit kämpfend, die Augen offen zu halten, wie Nathan aufstand und sich etwas zum Anziehen heraussuchte. Dieser Mann war wirklich eine Schönheit. Und Ragnar durfte sogar ein wenig dahinter sehen, um erstaunt festzustellen, dass es dahinter genauso schön war. Nathan war intelligent, vielleicht lag es daran. Denn in der Szene gab es eine Menge hübscher Menschen, aber keiner dieser jugend- und schönheitsfanatischen Männer würden ihm jemals einen zweiten Blick schenken, wenn sie erfuhren, dass er positiv war. Ragnar rollte sich auf den Bauch und begann seine morgendliche 'Streckprozedur' zu absolvieren. Er liebte es, sich morgens im Bett zu räkeln und zu strecken, bis wirklich überall wieder Leben in seinen Gebeinen war. Als er hörte, dass Nathan wieder aus dem Bad kam, stand er auf, suchte seine Klamotten zusammen und ging schließlich die Treppe hinunter, um ins Bad zu gehen. Leise pfiff er durch die Zähne, als er Nathan in seinem Anzug sah, noch ohne Jackett, und mit dieser noch nicht festgeschnürten Krawatte, die ihn sehr sexy wirken ließ. Nun gut, Nathan war an sich einfach nur sexy, wohl auch wenn er in Fetzen dastünde. "Danke", lächelte Ragnar, als ihm dieser das Bad wies und ging eben dorthin, um sich wieder in einen Menschen zu verwandeln. Das Bad war genauso schön, wie der Rest der Wohnung. Dass es Nathan finanziell ziemlich gut ging, war ihm bekannt, aber spätestens die Wohnung hätte ihm eben das auch verraten. Aber das war eine Sache, die ihn weder wirklich interessierte, noch in dem Bild, das er von Nathan hatte, irgendeine Bedeutung spielte. Er erlaubte sich, nach der Dusche ein wenig Haargel von Nathan zu verwenden. Ein prüfendes Streicheln über sein Kinn ließ ihn wissen, dass er sich morgen würde rasieren müssen. Dann wäre sein 5 Tage Bart zu viel. Er hatte zum Glück relativ schwachen Bartwuchs, aber so alle 5 bis 6 Tage musste er sich doch rasieren. Wobei er sich mochte, wenn er eben jenen 3-4 Tage Bart hatte. Er gefiel sich damit. Als er sich anzog, musste er sich kurz an der Wand abstützen, die Augen schließen und warten, dass das Schwindelgefühl nachließ. Mit dem Schwindelgefühl kam auch in alter Gewohnheit jene Übelkeit, die ihn manchmal auch Galle spucken ließ. Innerlich betete er, dass es diesmal nicht so sein würde, nicht hier, nicht jetzt... Als es wieder ein wenig abklang, blieben dafür die Kopfschmerzen zurück, die ihn so häufig begleiteten. Und so kam er schließlich in die Küche, dem Kaffeegeruch folgend. Vielleicht sollte er etwas essen, zumindest ein wenig, damit sein Magen wieder etwas zu tun bekam. Die Medikamente waren nicht gut. Früher hatte er versucht etwas zu essen, nachdem er sie genommen hatte, doch das endete immer über der Schüssel. Doch es müsste lang genug her sein, dass das hier hoffentlich nicht geschehen würde. "Hmm", schnurrte er, als er den Tisch sah. "Ich fürchte du verwöhnst mich..." Lächelnd setzte er sich an den Tisch. Er griff zum Kaffee und schenkte sich ein, zusammen mit ein wenig Milch und ein wenig mehr Zucker. Er hob die Tasse an und beobachtete kurz, wie der Dampf aufstieg, dann blickte er zu Nathan. "Ich hoffe du hast gut schlafen können und gehst einigermaßen ausgeruht in die Arbeit", fragte er. Dann trank er einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse wieder hin, um sich ein Brot zu nehmen, und es mit Marmelade zu beschmieren. Er frühstückte eigentlich nur Kaffee und auf dem Weg zum Lady-Dream kaufte er sich jeden Morgen beim gleichen Bäcker ein Croissant, manchmal auch irgendwelches andere Zuckerzeug, Hauptsache es war süß. In der Früh konnte er nichts Deftiges haben, je süßer, desto besser. Nathan Verwöhnen? Ein wenig irritiert sah Nathan auf seinen Küchentisch und sah auch auf einen zweiten Blick nichts Ungewöhnliches. Aber wenn Ragnar meinte, würde er mal nicht widersprechen. Er lächelte und hob seine Tasse, um selbst einen weiteren Schluck zu trinken. "Danke, mein Schlaf war ausgezeichnet. Wenn du einen neuen Job suchst, nehme ich dich gern als Kuscheltier und Wärmflasche hier auf." Ein kleines Grinsen begleitete seine Worte und er zwinkerte, bevor er sich eine Brotscheibe mit Streichkäse bestrich und herzhaft hinein biss. Aber auch wenn er sich wach und erholt fühlte, so bemerkte er doch das fehlende Wochenende. Für das nächste nahm er sich vor, wirklich einmal auszuschlafen und sich nicht wieder zu mehr Arbeit als nötig verführen zu lassen. Er hob den Blick und musterte Ragnar kurz. Vielleicht ließe dieser sich ja davon überzeugen, nach seiner Arbeit am Wochenende noch vorbeizukommen und hier zu schlafen. Gerade als er so etwas erwähnen wollte, ging sein Telefon und der Anrufbeantworter sprang sofort an. Das hatte er gestern vergessen wieder umzustellen. Ohne aufzustehen lauschte er seiner eigenen Stimme und dem folgenden Piepston. Ob er den Anruf noch entgegennehmen wollte oder nicht, könnte er auch gleich noch entscheiden. So biss er abermals von seinem Brot ab und lauschte dem Anrufer. "Nate, bei aller Liebe aber ich schwöre, wenn du dein Handy schon wieder verlegt hast, werde ich zum Mörder. Das wäre dann schon das dritte in diesem Jahr! Und warum bist du nicht im Büro? Deine unfähige Telefontussi hat wieder von nichts eine Ahnung! Warum hörst du nicht endlich einmal auf Elisa und feuerst sie? Aber wie dem auch sei, der Grund warum ich seit ZWEI Stunden versuche dich zu erreichen, ist Sascha. Du hast seinen Geburtstag doch nicht vergessen, oder? Wir müssen uns jetzt endlich mal zusammensetzen und uns ein Geschenk für ihn überlegen. Wovon natürlich du den Löwenanteil tragen wirst, wenn es wieder so eine verrückte Idee wie letztes Jahr wird. Wie war die Verleihung eigentlich? Nach deiner Laune beim Mittagessen zu urteilen lief ja gestern einiges schief. Du bist nicht wirklich auf der Suche nach einer Mülltonne, oder? Wie dem auch sei, ich habe mich gestern von einem Kerl abschleppen lassen und habe die seltsamste Wohnung meines Lebens ges...", hier unterbrach der Anrufbeantworter die Nachricht und Nathan stützte einen Ellenbogen auf den Tisch, um seine Stirn in seiner Handfläche zu vergraben. Ergeben auf den zweiten Anruf wartend, sah er Ragnar nicht an. Er war gerade nur dankbar, dass er gestern nicht noch mehr erzählt hatte, denn die Erklärung wollte er eigentlich unter gar keinen Umständen abgeben. Wie nicht anders zu erwarten, sprang die Maschine ein zweites Mal an. "Diese verfluchte Technik! Wo war ich? Ach ja, ich bin‘s nochmal. Also, diese Wohnung war vollgestopft mit Dildos. Und hey, wir haben sie alle irgendwo rumliegen und ich bin der allerletzte, der etwas dagegen hat, aber DAS! Nate, ich lüge nicht wenn ich behaupte, dass man kaum irgendwo sitzen konnte ohne über einen zu stolpern. Gelbe, grüne, lilane, große, kleine, riesengroße, mit Noppen, ohne Noppen. Kurzzeitig dachte ich, ich muss den Kerl einliefern lassen. Aber der Sex war nicht ohne. Nicht berauschend, aber auch nicht gänzlich mies. Ich glaube ich hab ihn schonmal im Savoy gesehen! Ich zeig ihn euch das nächste Mal, nicht dass Sascha auch nochmal aus Versehen über den Kerl stolpert. Der gute würde Therapiesitzungen brauchen, um das aus seinem Kopf zu bekommen. Sehen wir uns heute Abend? Meld dich!" Schweigend griff Nathan nach seiner Kaffeetasse und runzelte die Stirn, innehaltend bevor er trinken konnte. "Jetzt bleibt mir wohl nur zu hoffen, dass mein Handy tatsächlich noch im Auto ist", murmelte er und trank dann schließlich doch, einen Blick zu Ragnar werfend. "Das war einer meiner besten Freunde, du hast ihn sogar schon mal gesehen. Der kleine, total überdrehte Kerl, der mein Hemd haben wollte? Ich habe meinen Leuten schon an die hundert Mal gesagt, dass sie ihm kein Red Bull geben sollen, da er im Normalzustand schon kaum stillsitzen kann", erzählte er und räusperte sich dann. "Ich hab mir vorher überlegt, dass ich ganz gerne nochmal mit dir weggehen würde. Ohne dass du mich auf der Tanzfläche stehen lässt, vielleicht?" Er lächelte und streckte die Hand aus, um mit zwei Fingern über Ragnars Schläfe, bis zum Wangenknochen zu streicheln. "Wobei das mit unseren unterschiedlichen Arbeitszeiten gar nicht so leicht ist. Ich würde mich also nach dir richten für ein nächstes Treffen. Wenn du das willst?", fragend sah er den anderen an, bedauernd dass sie nicht mehr wirklich Zeit hatten. Alleine wenn er dessen Haut berührte bekam er fast schon Lust auf mehr. "Soll ich dich dann eigentlich noch wo absetzen?" Ragnar "Hm, ein Job als Wärmflasche wäre eigentlich ziemlich cool und wenig anstrengend. Ich werde es mir überlegen." Er zwinkerte dem anderen zu und trank einen Schluck Kaffee. Die gute Laune, die er seit gestern plötzlich wieder verspürte, schien noch nicht abgeklungen zu sein. Und Ragnar freute sich darüber. Letztlich wusste er, dass das sich jederzeit ändern konnte. Und seine Angst vor diesen schwarzen Löchern war so groß, dass dieses Nachdenken darüber manchmal schon diese Depression auslöste. Ein Teufelskreis, dessen sich Ragnar nicht bewusst sein wollte. Genussvoll biss er in das Marmeladenbrot. Vielleicht sollte er auch ein wenig mehr zu Hause essen und für sich sorgen. Besonders falls Nathan jemals bei ihm sein würde... Nein, Ragnar würde nicht zulassen, dass er sich dieses Etwas ansah. In diesem Gedanken versunken merkte er gar nicht, wie Nathan ihn ansah und blickte erst auf, als das Telefon läutete. Verwundert stellte er fest, dass Nathan nicht hingehen wollte. Aber sicher war der andere einfach zu häufig erreichbar und scheinbar wollte er diesen Morgen nicht gleich mit telefonieren verbringen. Als er die Stimme des Anrufers hörte, wusste er gleich, wer von den beiden Freunden das wohl sein musste. Überrascht hob er die Augenbrauen, als er zum einen den Spitznamen für Nathan hörte, zum anderen die schwungvollen Worte des Anrufers. Doch bald schlich sich ein breites Grinsen auf seine Lippen. Offenbar hatte Nathan wirklich gute Freunde, was doch auch sehr beruhigend war, denn das ließ darauf schließen, dass sein Gegenüber wirklich ein ganz normaler Mann war. Ein junger Mann, der Freunde hatte, wegging, erfolgreich arbeitete und zudem verdammt gut aussah. Also letztlich der Traum aller Männer war - und eigentlich so absolut gar nicht zu Ragnar passte. Denn Ragnar hatte kein normales Leben vorzuweisen. In keinerlei Hinsicht. Ob ihm deshalb Nathan so gut tat? Wahrscheinlich. Verlorene Handys? Eine unfähige Sekretärin? Ein Geburtstag? Eine Mülltonne? Interessante Infos, aber so ganz schlau wurde Ragnar nicht aus dem, was er hören durfte, aber es ging ihn ja letztlich auch nichts an. Als das Band zu Ende war und betrachtete er Nathan, dem es offenbar ein wenig unangenehm war, da er ihn nicht ansah, sondern seinen Kopf auf seine Hände stützte. Gerade wollte er etwas sagen, als der AB wieder ansprang. Und diesmal musste er sich ein Lachen verkneifen. Oh ja, dieser Mann hatte wirklich wunderbare Freunde. Freunde, die ein unbedarftes Leben führen konnten. Als der Anruf schließlich vorbei war, blickte Ragnar Nathan noch immer lächelnd an, hörte ihm zu. "Ich hoffe du verlierst dein Handy wirklich so schnell nicht mehr, denn wie sollte ich dir sonst meine Entscheidung hinsichtlich des Jobangebots mitteilen?" Seine Augen funkelten amüsiert. "Ja, ich kann mich gut erinnern", erklärte er dann. "Und ich finde ihn äußerst sympathisch." Als sich Nathan räusperte schien jener sie wieder zu Ernsthaftigkeit zu ermahnen. Offenbar hatte Nathan ihm vorhin schon etwas mitteilen wollen, doch der Anruf war dazwischen zu kommen. Ob er mit ihm ausgehen würde? Gute Frage, denn bisher hatte sich Ragnar noch gar nicht damit beschäftigt, wie es nun weitergehen sollte. Zumindest schien Nathan Interesse zu haben, dass es weitergeht, denn er fragte danach. Ragnar blickte ihn warm an, als jener sich zu ihm beugte, um ihm über das Gesicht zu streicheln. Dass Nathan ihm alle Freiheit auch einräumte, wann und wo sie sich wiedersehen würden, beruhigte Ragnar. Doch warum fragte er, ob er das wollte? Hatte Nathan Angst, Ragnar würde ihn nicht wiedersehen wollen? "Ich würde sehr gerne noch einmal mit dir ausgehen. Und ich werde dich dann sicher auch nicht noch einmal stehen lassen, aber ich kann dir im Moment noch nicht sagen, was diese Woche alles auf mich zukommt. Ich habe heute eine Besprechung, danach weiß ich mehr. Wenn es dich also nichts stört, gebe ich dir dann heute im Laufe des Tages Bescheid, wann ich wieder Zeit habe. Aber ich denke spätestens nächstes Wochenende wird sich schon etwas einrichten lassen." Ihre unterschiedlichen Arbeitszeiten waren tatsächlich ein wenig problematisch, das wurde Ragnar immer bewusster. Er konnte schließlich nicht verlangen, dass Nathan unter der Woche nach Mitternacht noch Zeit für ihn hatte. Und er konnte auch nicht verlangen, dass jener tagsüber Zeit für ihn hatte. Zumal er ja auch einiges zu tun hatte. Er wusste, dass diese Woche noch ein Deal laufen würde. Heute würde er Cole einfach fragen, ob er dazu schon Genaueres sagen könnte. Ein wenig unsicher, ob Nathan mit dieser Aussage zufrieden wäre, blickte er ihn an. Als jener schließlich danach fragte, ob er ihn mitnehmen solle, schüttelte Ragnar den Kopf. Lieber nicht, dachte er bei sich. Nathan sollte nicht wissen, dass er so ungefähr in dem Gegenteil dieser Wohnung wohnte. Denn das Haus, in dem seine Wohnung war, lag in einem der eher gefährlicheren Viertel New Yorks und war eine kleine, dunkle heruntergekommene Wohnung. Nicht, dass er glaubte, dass Nathan ihn deswegen nicht mehr mochte, aber Ragnar würde es einfach unangenehm sein. Zudem war es relativ weit weg von hier. "Nein, musst du nicht", erklärte er. "Ich fahr mit der U-Bahn. Das geht wesentlich schneller und ich kann noch ein paar Besorgungen unterwegs machen. Trotzdem Danke für das Angebot." Er lächelte den anderen dankbar an. Als sie zuende gefrühstückt hatten, verabschiedeten sie sich vor dem Fahrstuhl mit einem süßen Kuss. Ragnar versprach sich im Laufe des Tages zu melden. Dann lief er zur nächsten U-Bahn-Station und fuhr quer durch die ganze Stadt nach Hause. Dort hatte er eigentlich vor, ein wenig aufzuräumen, irgendwas zu tun, um es ein wenig schöner zu machen, aber nachdem seine Kopfschmerzen schlimmer geworden waren, legte er sich schließlich aufs Sofa, wo er doch glatt verschlief und erst durch Coles Anruf aufgeweckt worden war. Nun aber schnell los... Cole Als Cole aus dem Bad zurückkehrte, sah er jenes Kleidungsstück des anderen, das ihm klar machte, dass das alles nun wirklich wieder ernst werden würde, dass es wahr war, was sie eben alles besprochen hatten. Es gab nichts zu beschönigen, denn es war notwendig, dass Antonin wieder mit einer Waffe, oder auch zwei, herumlief. Leider. Cole sagte nichts dazu, lag doch sein eigener Revolver drüben im Schlafzimmer, wo er jetzt hinging, um sich anzuziehen und eben jenen wieder anzuziehen. Wobei er ihn einfach nur unter dem Hemd anzog. Klar sah man, dass er bewaffnet war, wenn man das wollte. Aber er hatte einen Waffenschein und sollten andere ruhig wissen, dass er sich wehren könnte und würde, falls etwas geschah. Normalerweise fuhr er so auch nicht U-Bahn oder hielt sich lange in der Öffentlichkeit auf… Cole trank in Gedanken versunken den Kaffee. Er würde einen alten Bekannten anrufen müssen. Jemand, der ihm schon einmal sehr gut helfen konnte und der genau wusste was er tat. Für ihn stand fest, dass er gerade auf einem Schlachtfeld gelandet war, auf dem ihm der Gegner unbekannt und dafür umso gefährlicher war. Und das war eine Situation, die er nicht mochte, die er nicht leiden konnte. Er kannte gerne seinen Gegner und nutzte sein Wissen, um diesen aus dem Verkehr zu ziehen. Und daher musste er so schnell wie möglich an der Situation etwas ändern. Dazu brauchte er natürlich Antonin, aber vor allem brauchte er jemanden, der unbeteiligt war und andere Möglichkeiten hatte, an Infos zu kommen. Seinen Leuten würde er sagen, dass wegen der unruhigen Szene in der SouthBronx die Augen umso umsichtiger offengehalten werden mussten. Ob er sich mit den Russen in Verbindung setzen sollte? Die russische Mafia war in New York recht stark vertreten. Vielleicht wäre es momentan sinnvoll, die bisher guten Geschäftsbeziehungen zu intensivieren. Auf dem Weg zu seinem Auto merkte er, dass Antonin sehr aufmerksam war. Er spürte dabei förmlich, wie jener unter Hochspannung war, einer Spannung, die fast schon eine elektrische Ladung um ihn aufzog. Ob er sich bei einer falschen Berührung entladen würde? Cole fiel auf, dass er diese geladene, leicht aggressive Aura früher schon einmal bemerkt hatte. Aber sie war schon lange nicht mehr da gewesen. Und wenn er ehrlich war, hätte er auch gut auf sie verzichten können. Aber vielleicht half Antonin das ja auch, um seinen Job besser machen zu können. Zu Hause bei sich, zog er sich frische Klamotten an und nahm sich vor, einmal etwas bei Antonin zu deponieren. Dann fütterte er Corleone und trat auf Antonin zu, der an der Küchenzeile gelehnt dastand. Sanft küsste er ihn auf die Stirn. „Ich fürchte du wirst Einiges zu tun haben, wenn du im Lady-Dream bist“, erklärte er ihm. „Ich möchte, dass du mir alles aufschreibst, was du von Nicholas weißt. Und ich möchte, dass du einen genauen Plan seines Schrottplatzes und seines Hauses zeichnest. Ich vermute zwar, dass er diesen Ort wohl meidet, aber dennoch könnte es irgendwann einmal hilfreich sein. Nicholas weiß noch nicht, dass du dich wirklich an alles wieder erinnerst. Auch an das, was man hatte aus deinem Kopf verbannen wollen. Ich denke das ist unser entscheidender Vorteil, denn dadurch unterschätzt er die Situation. Und wir sollten die Zeit nutzen, bis er dahinter kommt, dass wir uns vorbereiten, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln. OK?“ Wenig später erreichten sie das Lady- Dream, wobei Cole den Wagen diesmal so parkte, dass niemand daran kommen könnte. Er wusste nicht, wie weit Nicholas gehen würde, aber er hatte keine Lust auf eine Wanze am Wagen. Im Lady-Dream ging er mit Antonin in sein Büro, wo Antonin anfangen könnte, eben das zu tun, worum Cole ihn gebeten hatte. Seine Mitarbeiter freuten sich, Antonin mal wieder zu sehen. Als wenig später eine Lieferung kam, baten sie jenen auch, ihnen beim Ausladen zu helfen. Ob Antonin Lust hätte, sich im ‚normalen‘ Geschäft ein wenig einzubringen? Cole fragte ihn einfach. Zumindest wäre er dann in der nächsten Zeit ein wenig beschäftigt und er wäre in seiner Nähe. Dass Ragnar noch nicht da war, wunderte Cole ein wenig, doch als er ihn anrief, sagte ihm dieser, dass er gleich kommen würde. Wenig später war er da und gemeinsam besprachen sie sich in Coles Zimmer, gemeinsam mit Antonin. Letztlich gab Cole nur das Nötigste preis. Ragnar würde genug erfahren, um zu wissen, was er zu tun hatte. Und das war, aufmerksam zu bleiben. Schließlich besprachen sie sich, was den Deal betraf. Als Ragnar fragte, ob klar wäre, wann er die Woche vielleicht wieder früher gehen konnte, zuckte Cole nur mit den Achseln. „Wenn der Deal am Samstag gut klappt, dann könntest du danach weggehen..“, erklärte er ihn und musterte ihn aufmerksam. „Der Kerl hat es dir offensichtlich angetan. Und er scheint dir gut zu tun.“ Cole lächelte. „Ich glaube, ich muss ihn mal genauer unter die Lupe nehmen, bevor er dich noch mehr für sich einnimmt.“ Als Ragnar vorschlug, sie könnten doch mit ihm zusammen weggehen am Wochenende, seufzte Cole. „Mal sehen“, erwiderte er. Wer wusste schon, was am Wochenende war? „Ich kann dir nichts versprechen.“ Kapitel 91: Kane ---------------- Antonin Genüsslich stieß er den inhalierten Rauch aus und sah dabei zu wie er in den Himmel aufstieg. Er war eigentlich kein Mensch der Samstagmorgen schon vor dem Rest der Bevölkerung wach war, aber irgendwie stand er unter Vollspannung und wurde sie einfach nicht los. Das ging schon so, seitdem sie am Dienstag seine Wohnung verlassen hatten. Wie ein innerer Drang, der sich einfach nicht abschalten ließ und ihn näher und näher an eine Klippe brachte, von der er wusste, dass sie ihm nicht gut täte. Und Gott, wie ihm ein Labor fehlte, in das er sich einfach mal einen Tag lang einschließen und sich nur auf eine Sache konzentrieren könnte. Aber er hatte nun mal keines, weil er ein voreiliger Trottel war. Dafür arbeitete er nun im Lady Dream mit. Seine neue Lebensaufgabe… Na gut, ganz so war es auch nicht. Abgesehen vom ersten Tag, als er alles aufschreiben sollte was er über Nicholas wusste, tat es ihm wirklich gut, seine Zeit dort zu verbringen. Simon und er verstanden sich auf Anhieb wieder richtig gut, nachdem Antonin sich einverstanden erklärt hatte mitzuhelfen hing der quasi ständig an ihm dran. Lenkte ihn so davon ab, zu viel nachzudenken. Und irgendwie... also irgendwie war das beidseitig. Durch einen ganz furchtbar blöden Zufall hatte jener noch einen Tag den sogenannten Dream Dienst abzusitzen gehabt und Antonin hatte das erste Mal wieder herzlich gelacht, als er ihn auf dem Herrenklo sah. Mit einer blauen Mütze, gelben Handschuhen und einem Wischmob. Und während sie in den nächsten Tagen Kisten rauf und runter schleppten, ein Auge auf die Besucher hielten und Antonin sich immer tiefer in das Gewusel und Gewühl im Lady Dream einweisen ließ, hatte er mehr über Simon erfahren als er jemals wollte. Jener hatte zwei Kinder, eine Frau und sogar die Großmutter wohnte bei ihnen im Haus. Hin und wieder hörte Antonin sich sogar selbst ein wenig über seine Familie erzählen. Trotzdem kam es auch zu Situationen die potentiell gefährlich waren. Auch wenn weder Simon noch andere, die ihn nicht so gut durchschauten, das kaum bemerkten. Aber es passierte immer wieder Mal, dass Antonin am liebsten seine Faust im Gesicht von Idioten versenken wollte, die ihn unabsichtlich anrempelten. Oder dass er sich einbildete, Milenkof gerade in der Menge gesehen zu haben. Dann gab sein Adrenalin erst wieder Ruhe, wenn er sich vom Gegenteil überzeugt hatte. Da er das ja nur als eine Art Beschäftigungstherapie machte, konnte er sich auch immer mal wieder ein bis zwei Stunden davonstehlen. Zum einen, weil er wieder damit begonnen hatte, seine Kondition aufzubauen, und zum anderen, um den Schießstand einen Besuch abzustatten. Danach ging es dieser schwelenden Wut in ihm tatsächlich etwas besser, weshalb er das inzwischen täglich tat. Niemand fragte wohin er ging, er würde es auch niemandem sagen. Cole wusste nur, dass er wieder laufen ging, um sich wieder in Form zu bringen. Mehr denn je ging er Alkohol aus dem Weg und als er am Dienstagabend in Coles Kühlschrank sah, hätte ihn fast der Schlag getroffen. Doch der Tag hatte ihn zu sehr erschöpft, um wirklich noch großartig meckern zu können, oder gar noch zu einem dieser 24 Stunden Läden zu fahren. Zudem ihm die Nähe des anderen auch gerade wichtiger war. Und der Sex, den sie zu diesem Zeitpunkt beide mehr als nötig hatten. An diesem Tag hatte er sich so oft selbst an den Zügel nehmen müssen, einmal wäre er wegen einer total unwichtigen, kleinen Nebenbemerkung sogar am liebsten auf Ragnar losgegangen. Und das obwohl er den Kerl eigentlich sehr gut leiden konnte. Umso zufriedener war er dann, dass er sich zusammengerissen hatte. Antonin schlief auch die nächste Nacht nochmal bei Cole. Zum einen weil er nicht alleine sein wollte und zum anderen weil sein Türschloss noch nicht ausgetauscht worden war. Das passierte Donnerstagmorgen und obwohl Antonin sich im Lady Dream zu keiner Zeit anmerken ließ was Cole und ihn verband, fiel es ihm an diesem Tag schwer. Schwerer als sonst. Aber es war wichtig und ging zudem niemanden etwas an. An diesem Abend bestand er auch darauf, alleine zuhause bei sich zu schlafen. Eine ungute Idee, die aus dem blödsinnigen Bedürfnis entstand, wieder unabhängig zu sein. Nicht zu abhängig von Coles Aufmerksamkeit und Nähe zu werden. Ja, sie führten jetzt wohl tatsächlich eine Beziehung, aber Antonin würde einen Teufel tun und sie darauf aufbauen, dass er vollkommen in eine submissive Rolle rutschte und ohne Cole gar nichts mehr auf die Reihe brächte. Gedanken, die er irgendwann aufgab und es war so ungefähr 5 Uhr morgens von Donnerstag auf Freitag als er die blöde Nummernkombination bei Cole eingab und sich zu diesem ins Bett schlich. Natürlich wachte dieser sofort auf, sagte jedoch dankenswerterweise nichts, sondern nahm ihn nur in die Arme, als er sich zu dem anderen ins Bett legte. Es dauerte nicht lange bis beide wieder eingeschlafen waren. Wobei man bei Antonin da wohl eher von einem 'bis er endlich einmal schlief' sprechen könnte, denn er hatte kein Auge zugetan. Seine eigene Wohnung kam ihm gleichzeitig zu leise wie zu laut vor. Ständig meinte er, seine Wohnungstüre gehen zu hören und die letzte Stunde bevor er sich schließlich zusammenraffte und aufgab, saß er sogar mit geladener Waffe im Bett. Man sollte doch wirklich meinen, dass es irgendwann wieder bergauf gehen würde, wenn man sowieso schon ganz unten saß? Nur, wann wäre es endlich soweit? Ja, Cole sprach ihn nicht direkt darauf an, aber Antonin wusste, dass der andere ihn durchschaute. Dass er jedes einzige seiner falschen, beruhigenden Lächeln durchschaute und direkt hinter die Fassade blickte. Und auch wenn ihm hin und wieder tatsächlich ernstgemeinte Lächeln oder gar ein Auflachen entkam, so war ihm momentan eher weniger nach Lachen zumute. Trotzdem, dieser Meinung war Antonin zumindest, meisterte er seinen neuen Alltag ganz gut. Und einen Lichtpunkt gab es zudem: Die Bank hatte sich gemeldet, er hatte den Zuschlag für das Gebäude erhalten und jetzt würde er sich nächste Woche damit befassen können, den Umbau zu planen. Die nächste Beschäftigungstherapie. Ebenfalls für nächste Woche hatte er wieder täglich Sitzungen, etwas das er Cole bisher noch gar nicht erzählt hatte. Nicht weil es ihm peinlich war, sondern weil er erst einmal abwarten wollte, ob das überhaupt etwas brachte. Und wegen der Beruhigungsmittel, die er dann wieder nehmen müssen würde. Das hätte sein Doc gar nicht extra erwähnen brauchen... Abermals stieß er Rauch aus und dachte dann an den Telefonanruf, der ihn hier so wach auf Coles Terrasse stehen ließ. Tayra hatte sich gemeldet und ihn ganz unbedarft gefragt, wie es ihm ginge, und nebenbei erzählt, dass Nicholas leider nicht mitgefahren war zu Tayras Mutter. Es war eine nützliche Information, aber es warf wieder so einiges in ihm um, das er gerade frisch zusammengebaut hatte. Antonin ahnte natürlich, dass Cole die ganzen Informationen über Nicholas nicht wollte, um mit diesem Kaffeetrinken zu gehen. Und während die eine Seite in ihm danach schrie, loszugehen und den Bastard zu erledigen, gab es da noch die eine Seite, die an dessen Frau und Kind dachten. Zurückbleiben würde nicht nur neue Verantwortung für ihn - einen Psychopathen, der kaum ruhig zu stellen war, wenn er wirklich einmal austickte - und eine Leidensgeschichte für Tayra. Wirklich geholfen war damit niemandem, außer dem Gefühl, dass man seinem Gelüsten nach Rache nachgegeben hätte. Antonin seufzte tief. Dazu kam heute noch ein Deal und wenn er sich richtig erinnerte wollte Ragnar danach noch mit ihnen weggehen. Täte ihnen vielleicht ganz gut. Mal raus aus dem ganzen Mist, den er nicht nur sich selbst sondern auch Cole aufbürdete. Denn das Schuldgefühl war nicht weg, auch wenn sein Partner nichts in dieser Richtung erwähnte oder auch nur andeutete. Was für ein unübersichtliches Chaos. Kane Kane sah auf die Uhr. Noch immer eine Stunde bis sein heute wohl interessantester Termin auftauchen würde. Cole. Und diesmal könnte er diesem sogar etwas für dessen Geld bieten. Informationen, an die er alles andere als leicht herangekommen war, aber in seinen Augen hatte es sich gelohnt. Die kleine Akte über den Namen und recht dürftigen Informationen, die Cole ihm gegeben hatte, war sehr schnell angewachsen. Natürlich war bei weitem nicht alles brauchbar, aber Kane war ein vorsichtiger Mann und gab lieber zu viel als zu wenig ab. Gerade da es bei seinem letzten Auftrag von Cole wirklich kaum etwas, bis gar nichts zu sagen geben hatte. Unwirsch steckte er sich seinen Stift in den Mund und knabberte an dessen Ende herum, in der Akte blätternd bis er das letzte Bild des Mannes vor sich liegen hatte. Nicholas David Milenkof. Egal was Cole von dem Typen wollte, da hatte dieser sich ein ganz schönes Kaliber angelacht. Entschlossen klappte er die Akte zu und warf einen Blick durch sein Büro. Durch die dunkelroten, schweren Samtvorhänge trat kaum Licht hindurch und die wenigen Strahlen, die es schafften, tauchten den Raum in unwirkliches Rotlicht. Seine Sekretärin beschwerte sich ständig darüber, da sie davon angeblich Kopfschmerzen bekam, doch Kane war das egal. Er konnte so am besten nachdenken und neue Ansatzmöglichkeiten finden. Zudem man es so jeder Zielvorrichtung schwer machen würde ihn direkt zu treffen. Und davor musste sich jemand wie er schon vorsehen! Kane hatte schon den ein oder anderen Schwerverbrecher mit seinen Informationen in den Zwangsurlaub hinter schwedischen Gardinen gebracht. Von den ganzen Ehebrechern, auch bei den oberen 10.000 einmal ganz zu schweigen. Ja, da war es schon angebracht Vorsicht walten zu lassen. Jetzt sogar mehr denn je, denn ER wollte diesen Russen ganz sicher nicht in seinem Nacken wissen. Da würde er sich lieber noch in der nächsten Pfütze ertränken oder von Aliens entführen lassen... Cole Cole war erleichtert, dass Antonin unter der Woche zumindest damit ein wenig Ablenkung fand, dass er meist gemeinsam mit Simon im Lady-Dream mithalf. Niemand stellte Fragen, denn jeder wusste, dass Antonin dazugehörte, egal wofür er eigentlich da war. Das war eine Sache, die Cole sehr schätzte. Seine Leute vertrauten ihm immer, und daher stellten sie nie eine Entscheidung in Frage. Er würde schon wissen, was richtig war, und er täte bestimmt nichts Unüberlegtes. Gut, bis auf Gawain vielleicht. Aber aus Erfahrung wird man klug. Und letztlich hatte dieser ja auch nichts anstellen können. Die Zeit, die Antonin irgendwo anders verbrachte, registrierte Cole hin und wieder, und auch wenn er sich immer wieder dabei ertappte, dass er sich Sorgen machte, fragte er nicht nach. Er wusste, dass er trainierte, aber was dieses Training alles beinhaltete, wusste er nicht. Antonin war ein erwachsener Mensch und er musste unbedingt wieder auf seine eigenen Füße gestellt werden. Also wer wäre er, wenn er ihm Freiheiten nehmen würde und Entscheidungen für ihn treffen würde? Und dass Antonin noch nicht ganz frei stehen konnte, das wusste Cole nur zu gut. Er spürte die aggressive Stimmung, die unterschwellig immer wieder zum Vorschein kam. Er kannte Antonin gut genug, dass er ein ehrliches, von einem erzwungenen Lächeln unterscheiden konnte. Er sah, wenn jener unruhig, nervös, teilweise aggressiv wurde. Und er wusste, wenn jener in den Arm genommen werden musste. Auch wenn Antonin seinen Alltag recht gut meisterte, war er dennoch nicht stabil. Deshalb hielt er stets schützend seinen Arm bereit, um Antonin zur Not auffangen zu können, während er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er diesbezüglich ständig auf dem Sprung war. Es war anstrengend, keine Frage, aber es ging. Es musste gehen, denn aus dieser Sache gab es nur den Weg nach vorne, kein zurück. Seine Leute wies Cole bei Gelegenheit an, momentan besonders aufmerksam zu sein und alle seltsamen Beobachtungen sofort zu melden, und wenn sie auch noch so unbedeutend zu sein schienen. Zum Glück stützte diese Aufforderung ein Mord eines Clanmitglieds in der South Bronx. Niemand würde auf die Idee kommen, dass es eigentlich um etwas anderes ging. Die einzigen Momente, in denen Cole wirklich entspannen konnte, waren die, die sie gemeinsam bei ihm zu Hause verbrachten. Wenn Antonin in seinen Armen lag, wenn sie miteinander schliefen, wenn sie miteinander redeten. Und der Abend, an dem Antonin alleine schlafen wollte, war für Cole unglaublich grausam gewesen. Einerseits, weil er sich sorgte, ob Antonin schon zurecht käme, zum anderen, weil er die Anwesenheit des anderen in seinem Bett einfach zu gewohnt war, als dass er sie jetzt wieder hergeben wollte. Als jener dann aber zu ihm heimkehrte, fand er wieder Ruhe, auch wenn es bedeutete, dass Antonin noch eine gute Weile daran zu knabbern haben würde, bis er wieder fähig wäre, alleine zurecht zu kommen. Aber zumindest konnte er endlich schlafen, denn vorher hatte er sich nur im Bett herumgewälzt und seine Gedanken um Antonin, um Nicholas, um alles kreisen lassen. Als Antonin ihm erzählte, dass in der nächsten Woche der Umbau des Grundstückes beginnen könnte, freute er sich mit Antonin. Jener hätte dann endlich wieder eine Beschäftigung, die wirklich sein eigenes Leben betraf. Cole hoffte, dass das ihm wieder mehr Vertrauen geben würde, um auch seinen gesamten Alltag noch besser meistern zu können. Während Antonin seinen Dingen nachging, organisierte Cole den Deal, der an diesem Abend über die Bühne gehen würde, stellte wieder engeren Kontakt zu den Russen her und schaffte es sogar, Costello zufrieden zu stellen, so dass dieser momentan keine Besuche im Lady-Dream machte. Ihm war es lieber, wenn Antonin und Costello sich nicht so bald gegenüberstehen würden. Sicher, niemand bis auf Ragnar wusste, dass sie eine Beziehung führten, und das war auch gut so, aber dennoch wusste Cole, dass er für nichts garantieren würde, wenn Costello irgendetwas zu Antonin sagen würde, ihn irgendwie genauer unter die Lupe nehmen würde. Als an diesem Morgen Antonins Handy ging, fiel Cole in einen Halbschlaf. Er konnte nicht verstehen, mit wem der andere sprach, aber dennoch zwang er sich, wacher zu werden. Er hatte in nicht allzu ferner Zeit einen wichtigen Termin. Und Antonin würde er dazu nicht mitnehmen. Er hatte gehofft, jener würde noch schlafen und er könnte einfach für eine Stunde verschwinden, aber leider machte ihm der Anruf von wem auch immer einen Strich durch die Rechnung. Cole stand schließlich auf und ging ins Bad, um sich zu duschen und seine Lebensgeister zu wecken. Dann zog er sich an und ging zu Antonin auf die Terrasse, ihm einen Zug seiner Zigarette klauend. "Ich muss für eine Stunde etwas erledigen. Danach hol ich dich ab und wir fahren gemeinsam ins Lady-Dream, ok? Oder möchtest du selbst hinfahren? Dann können wir uns später auch dort treffen." Für Cole stand nicht zur Debatte, ob Antonin mitkommen sollte. Das war ein klares Nein. Er wusste, dass aufgrund der neuen Situation, der neuen Erinnerungen Antonins Wunsch, Nicholas nicht zu töten, hinfällig war, aber dennoch wollte er ihn in dieser Hinsicht außen vor lassen. Cole hatte selbst noch keinen Plan, was geschehen könnte. Er hatte jemanden den Schrottplatz observieren lassen, aber dabei war nichts herausgekommen. Heute würde er hoffentlich mehr Informationen erhalten, die ihm helfen konnten, sich seinem Gegner passend zu stellen. Hoffentlich hatte Kane Neuigkeiten für ihn. Denn in Cole wartete ein unruhiges Tier darauf, endlich zu beenden, was begonnen worden war. Nachdem sie sich geeinigt hatten, fuhr Cole zu jener 'Kanzlei', in der wohl einer der begabtesten Privatdetektive hauste, die es in New York gab. Wenn man etwas wissen wollte, dann musste man zu ihm gehen. Die Sekretärin, die ihn empfing, führte ihn sofort in jenes in seltsamem Licht erscheinendes Zimmer. Cole nickte Kane zu, gab ihm die Hand und setzte sich. "Ich hoffe du hast ein paar interessante Fakten für mich, denn ich brauche Anhaltspunkte...", ergriff er schließlich das Wort und blickte seinen Gegenüber erwartungsvoll an. Kane Kane erhob sich aus seinem schweren Ledersessel und reichte seinem Besucher die Hand. "Cole", begrüßte er ihn und deutete auf die Akte, welche er ihm auch gleich zuschob, das Original vor sich selbst habend. Sich wieder setzend, griff er zu einer Holzschatulle und zog sich eine Zigarre hervor, ein Stück davon abbeißend und in den nächsten Papierkorb spuckend. Unangezündet deutete er damit auf seine Akte. Er mochte es, in seine Unterlagen zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass seine Klienten das ebenfalls taten und ihm folgen konnten. "Entweder bist du gleich sehr erleichtert oder ziemlich tief in der Patsche", begann er und öffnete die Akte schließlich. Ein Bild von Nicholas wurde gezeigt, in voller Kampfmontur, in wohl jüngeren Jahren. "Nicholas David Milenkof. 32 Jahre alt, geboren in einer russischen Kleinstadt irgendwo im Nirgendwo. Ich kann nicht mal den beschissenen Namen aussprechen. Momentaner Wohnsitz in New York, verheiratet mit einer Frau Namens Tayra Milenkof, geborene Bells. Haben eine dreijährige Tochter. Offiziell gehört ihm ein Schrottplatz sowie eine angrenzende Autowerkstatt mit Verkauf für diejenigen, die tiefer in die Tasche greifen wollen. Wohnsitz befindet sich ebenfalls auf dem Gelände. Schulausbildung bis zum ersten Abschluss, danach der Beitritt zur Armee mit 17 Jahren. Dort blieb er für weitere vier Jahre und danach wird es schwierig." Er hielt inne und griff sich Streichhölzer, um seine Zigarre nun doch zu entzünden. "Bitte einmal umblättern." Er warf einen kurzen Blick auf seinen Besucher, der jedoch in das vor sich zu lesende vertieft zu sein schien. Nun, wie er das immer tat, würde es das komprimieren. Auf der nächsten Seite war ein Logo abgebildet. Zwei schwarze Hunde, die wohl gerade kurz davor waren aufeinander loszugehen. "Er wurde wohl aufgrund einiger herausragender Fähigkeiten von einer Gruppe, vielmehr ein Privatunternehmen angeworben. Übersetzt bedeutet der Name so viel wie 'Blutzoll' oder aber auch die länger Version: 'Schutz durch Blut'. Das ist eine Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die besten der besten hervorzubringen. Worum es da ging, ließ sich lange nicht entschlüsseln, aber ich habe einen Hacker mal ein wenig tiefer schnüffeln lassen. Auf den nächsten Seiten findest du Screenshots von ihrer Sicherheitshompage. Viel haben wir nicht gefunden, bevor wir wieder aus dem System mussten. Sie betreiben so eine Art Menschenhandel mit Zustimmung beider Seiten. Die Männer, die dieser Gruppe beitreten, werden in jedem militärischen Schnickschnack ausgebildet, den man sich nur vorstellen kann, und dann an den Meistbietendsten verkauft. Da gehen Summen über den Tisch, die man sich kaum vorstellen kann. Der Käufer erhält dafür eine Person, die jegliche Gefahrenquelle im Vorfeld erkennt und gegebenenfalls abschalten kann. Eine Art lebende Marionette." Er deutete auf das zweite Bild der Seite, das Nicholas mit einem weiteren Mann zeigte, diesem wohl gerade so eine Art Urkunde überreichte. "Dieser Milenkof ist dort so eine Art Ausbilder. Oder er ist es gewesen, denn momentan fand man unter seinem Namen nur dass er sich im Ausland befinden würde. Ausgebildet hat er vor allem Nahkampf, Kampftaktiken und Überwachungsmethoden. Selbst gilt er als Spezialist im Umgang mit Computern und Verhören. Er selbst ist einer der höheren Tiere dort", erklärte er und bat darum abermals umzublättern. "Das sind die letzten fünf Männer, die er ausgebildet hat, wenn man den Daten trauen kann. Einer davon starb noch während der Ausbildung, einer wurde im Dienst getötet, zwei davon haben sich selbst umgebracht und offenbar ist nur noch einer aktiv in seiner Rolle. Das ist dann auch der letzte, den Milenkof ausgebildet hat." Er deutete auf ein relativ unscharfes Portraitbild von Antonin. Einem deutlich jüngeren und schmächtigeren Antonin. Abermals bat er darum umzublättern. "Aufgrund der Datenmenge ist das Profil, das ich erstellen ließ, nicht wirklich aussagekräftig, gerade was charakterliche Eigenschaften betrifft, aber du kannst davon ausgehen das dieser Mann als höchst gefährlich und unberechenbar einzustufen ist. Aber das sind meiner Meinung nach alle, die aus dieser Killermaschinenschmiede herauskommen." Er deutete auf verschiedene Fotos auf der nächsten Seite. "Das sind Aufzeichnungen verschiedener Sicherheitskameras aus Einkaufsläden. Das zuletzt datierte ist von gestern aus einem Lebensmittelgeschäft. Du kannst also davon ausgehen das er sich noch in New York befindet. Sind das übrigens deine Männer am Schrottplatz? Ich hätte sie fast vor lauter Schreck über den Haufen geschossen, als ich mich dort ein wenig umgesehen habe", meckerte er plötzlich und deutete auf die nächste Seite. "Es war reichlich kompliziert, aber mit der Hilfe der Technik habe ich mir Zugang zu einem Raum dort, in dessen Werkstatt besorgt. Der Mann besitzt ein vollausgerüstetes Waffenarsenal, Schutzwesten, Nebelgranaten, ein halbes Rechenzentrum und alles was das Herz eines Scharfschützen begehrt." Diese Bilder zeigten den Raum, in dem Cole auch schon einmal gewesen war. "Seine Bankverbindungen sind eher langweilig, abgesehen davon, dass er hin und wieder ziemlich große Direkteinzahlungen getätigt hat. Woher das Geld kommt, ließ sich nicht nachvollziehen in der Kürze der Zeit." Er blätterte abermals um und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. "Der einzige Hinweis, den wir momentan haben, dass er in Amerika bereits tätig war, ist dieser Fall. Diese 'Blutzoll' Jungs haben es sich zu Eigen gemacht Visitenkarten zurück zu lassen, wenn sie einen Auftrag erledigt haben. Diese Karte mit dem Falkenkopf ist der einzige Fall, den wir auf die Schnelle finden konnten. Das war vor einigen Jahren in Atlanta. Die beigefügten Bilder sind Polizeifotos vom Opfer, welcher selbst ein Krimineller war. Zu Tode gefoltert. Ich hoffe, du hast noch nichts gegessen?" Abermals blätterte er um und diesmal war ein dunkelroter Honda zu sehen. "Das ist das Auto, das wir zuletzt haben, doch ob er das Nummernschild noch trägt, kann ich dir leider nicht sagen." Mit einem Knall schloss er die Akte und sah Cole an. Sich die Zigarre aus dem Mund nehmend und sich über den Bart streichend. "Genauer lässt sich das alles nochmal nachlesen. Überleg dir, ob ich versuchen soll, tiefer zu graben, aber ich denke diese Informationen sollten nützlich für dich sein." Er schob seinem Besucher einen Zettel zu mit einer Zahl darauf. Kane berechnete seine Fälle immer nach Arbeitsaufwand und er war sich sicher, dass der andere ihm das Geld zukommen lassen würde. "Wenn du vorhast, dich mit dem Kerl anzulegen, dann komm nicht mehr zu mir bis er weg vom Fenster ist. Ich hänge an meinem Leben." Cole Cole verfolgte das, was Kane ihm sagte in der Akte, die in Kanes typischer Art und Weise wirklich genau geführt worden war. Aber das erwartete er auch von einem Detektiv, der seinen Job verstand. Das was ihm Kane erzählte waren teilweise Dinge, die er bereits wusste, teilweise Dinge, die er sich schon selbst gedacht hatte, aber auch einige Dinge, die neu waren, und vor allem interessant. Ein paar Worte, die der andere verwendete ließen ihn innerlich auflachen. 'Mit Zustimmung beider Seiten', dass er nicht lachte, wobei der Begriff 'lebende Marionette' wirklich treffend war. Antonins Bild ließ ihn kurz, unbemerkt schmunzeln. Ansonsten ließ sich Cole nichts anmerken, keine Reaktionen über das Gehörte. Er konsumierte und sog die Informationen auf. Dass Nicholas besonders in Überwachungsfragen bescheid wusste, und dass er am Schrottplatz nicht vorzufinden war, ließ Cole darauf schließen, dass er Antonin beobachtete, mit ziemlicher Sicherheit. Ansonsten würde es keinen Sinn machen. Schließlich waren Tayra und die Kleine auch nicht aufzufinden, was davon zeugte, dass er sie hatte wegschaffen lassen. Nicholas war also jemand, der beobachtend abwarten würde, und das offensichtlich auch tat. Ob Antonin das bereits wusste? Er würde ihn fragen. Und er würde ihn brauchen, wenn es soweit war. Antonin würde Nicholas ablenken müssen und würde sich ihm stellen müssen, ob er wollte oder nicht. Natürlich so, dass sie nichts riskieren würden. Interessiert betrachtete er das Foto von Nicholas im Lebensmittelgeschäft. "Welches Geschäft war das?", fragte er kurz und erhielt die Antwort, wissend, dass es nicht weit weg von Antonins Wohnung war, aber auch nicht weit weg von seiner eigenen Wohnung. Als er das Foto von dem Mann sah, den Antonin umgebracht hat, rutschte kurz eine Augenbraue nach oben. Gut, er wusste, weshalb jener so gehandelt hatte, aber dennoch konnte es einem mulmig werden. Kaum vorstellbar, dass jener Mann, der Nacht für Nacht in seinen Armen lag und schlief zu so etwas fähig war... Als Kane endete blickte Cole von der Akte auf, ergriff den Zettel mit der Summe, die er zu entrichten hatte. Er griff in die Innenseite seiner Jacke und zog ein Bündel heraus, beginnend das Geld zu zählen. "Nur noch zwei Dinge, die mich interessieren. Erstens, könntest du mir noch genauer herausfinden, woran die anderen Auszubildenden wirklich gestorben sind? Und zweitens, sag mir, wie du in den Raum im Schrottplatz gekommen bist." Bewusst zog er noch ein Bündel 1000$-Scheine aus seiner Jacke. "Und keine Sorge, für mehr werde ich dich wohl nicht brauchen. Die Informationen reichen." Cole hatte bereits eine Idee, es würde bald Zeit sein, zu handeln und die Ratte aus seinem Loch zu locken. Nachdem er seine Informationen erhalten hatte, verabschiedete sich, die beiden Bündel mit jeweils 20.000$ daliegen lassend, auch wenn Kane deutlich weniger verlangt hatte. Geld spielte für Cole schon lange keine Rolle mehr. Vor der Tür griff Cole zu seinem Handy und wählte eine Nummer. Kurz wartete, dann sprach er. "Cole hier. Ich hätte einen Auftrag für dich, hast du Zeit? Ich weiß, dass es früh ist, aber wenn du deine Nächte nicht immer in Warcraft investieren würdest, dann wärst du jetzt fit. Also ist es nicht mein Problem. Ich bin in 15 Minuten bei dir." Daraufhin stieg er in seinen Wagen und fuhr in Richtung Südvorstadt, Antonin eine SMS schreibend, dass es noch ein wenig dauern würde. Kapitel 92: Die Ruhe vor dem Sturm ---------------------------------- Antonin Antonin sah Cole nach, wie dieser zu seinem Termin aufbrach und trat wieder in die Wohnung, die Tür zur Terrasse hinter sich schließend. Er warf einen nachdenklichen Blick zur Kaffeemaschine bevor er sich herumdrehte und wieder ins Bett ging. Die Zigarette und das kurze Gespräch mit Cole schienen ihre Arbeit getan zu haben, er fühlte sich wieder ruhig und schläfrig. Und wenn der andere ihn später abholen würde, könnte er es sich erlauben noch ein Stündchen zu schlafen. Wie von selbst legte er sich auf die Seite, auf der Cole geschlafen hatte und schloss die Augen. Langsam aber sicher wurde das hier echt irgendwie zur Gewohnheit. Eine schöne Gewohnheit, wenn man es sich überlegte, denn eigentlich genoss er die Nähe des anderen. Ihre Gespräche wenn sie nach Hause kamen, oder auch einfach nur mal ruhig nebeneinander saßen. Vom Sex bräuchte er auch gar nicht anfangen. Erstaunlicherweise empfand Antonin das nicht als Gefühlsoverkill. Was nun entweder an seinem erhöhten Bedürfnis nach Nähe und Aufmerksamkeit lag, oder daran, dass sie sich selbst gegenseitig einfach nicht auf den Wecker gingen. Schließlich kannten sie sich gut genug, um auch mal die Klappe zu halten und dem anderen Ruhe zu lassen. Das war ein wenig eine Zwickmühle für Antonin. Wäre das in der normalen Entwicklung passiert, fände er es einfach nur wunderschön, aber so? Zwar wusste er, dass Cole mit Sicherheit nichts gegen seine Anwesenheit hatte, aber es war irgendwie erzwungen. Dazu kam dann noch die Frage, wann beziehungsweise ob er überhaupt nochmal in seine Wohnung konnte oder wollte. Er fühlte sich dort nicht mehr sicher und als er sich Kleidung zum Wechseln geholt hatte, war er mit gezogener Waffe durch jedes Zimmer und hatte es gesichert. Oh! Da fiel ihm etwas ein. Die Bettdecke wieder zurückschlagend, sowieso nicht mehr schlafen könnend, ging er zu der Trainingstasche, mit der er seine Kleidung transportiert hatte, und holte den Tonengel daraus hervor. Vorsichtig befreite er ihn von dem Zeitungspapier, in das er ihn eingewickelt hatte, und betrachtete das schöne Stück. Eigentlich war es eine ganz normale Tonfigur ohne jeglichen Schnickschnack, aber für Antonin war es eines seiner wichtigsten Besitztümer. Eines, das er nun mit einem prüfenden Blick zum Fellknäul auf den Wohnzimmertisch stellte. "Hör zu Kleiner, tust du dem Engel nichts, muss ich nicht zum Racheengel werden, ok?", fing er an, lächelte dann aber und ging in die Hocke, um das Tier zu betrachten. "Aber du bist ja ein braver, nicht?", die Katze sah ihn an als wäre er bescheuert, was Antonin zum Lachen brachte. Doch so etwas konnte das Tier inzwischen auch nicht mehr erschrecken. Im Grunde spielten sie inzwischen auch so eine Art Spiel - das vermutete er zumindest. Wer gab zuerst auf und 'streichelte' den anderen. Belustigt den Kopf schüttelnd begann Antonin schließlich doch mit seinem Tag, sich duschend, anziehend und mit deutlich zufriedenerem Blick in den Kühlschrank blickend. Der Einkauf war sowas von dringend nötig gewesen. Jetzt wirkte das hier schon eher wie eine bewohnte Küche. Sich schnell ein Brot mit Putenbrustscheiben belegend, goss er sich seinen Kaffee ein und wartete auf Cole. Zumindest bis er die SMS bekam und es sich dann mit seinem Kaffee erstmal auf der Couch bequem machte. Wo er dann doch nochmal einschlief und erst von Cole geweckt wurde, der ein bisschen belustigt schien. Worüber wurde ihm erst klar, als er versuchte sich aufzusetzen und das Fellknäul auf seinem Bauch bemerkte. Vorsichtig streckte er die Hand aus, das Tier hinter den Ohren kraulend und irgendwie bekam er das Gefühl, dass dies der Start einer wunderbaren Freundschaft wäre. Antonin würde sich auch nie wieder über Leute lustig machen, die behaupten, dass Tiere heilende Kräfte hätten, denn seine Laune war nicht nur normal ohne sofort dem nächstbesten an die Gurgel zu wollen, sondern vorsichtig ausgedrückt sogar ziemlich gut als sie im Lady Dream ankamen. Nicht einmal der Deal könnte ihn jetzt noch aus der Bahn werfen. Oder zumindest fühlte es sich so an. Er fragte Cole nicht nach seinem Termin, hätte jener gewollt, dass er mehr erfuhr, hätte er etwas gesagt. Dafür erinnerte er ihn aber daran, dass er sich, wenn möglich, den Sonntagabend irgendwie freischaufeln sollte. Antonin wollte kochen. So richtig kochen. Nicht nur kurz ne Pizza warm machen oder einen Auflauf. Irgendwie hatte er das Gefühl, das tun zu wollen, und da kochen in seinen Augen und Ohren harmlos klang, würde er das auch tun. Auch wenn er keine Garantie für Coles Kücheneinrichtung übernehmen würde. Cole Cole traf sich mit einem Bekannten, mit dem er als Jugendlicher einmal zu tun gehabt hatte, als er versucht hatte bei einer rivalisierenden Jugendgang ein wenig für Verwirrung zu sorgen. Damals hatte er sich von diesem kleinere Sprengkörper bauen lassen, die mehr erschreckten, als wirklich etwas zerstörten, aber die Wirkung war genau richtig gewesen. Und sein Stadtgebiet hatte sich in kurzer Zeit um ein Beträchtliches vergrößert gehabt. Diesmal würde er ihn brauchen, um möglichst schnell und möglichst genau etwas zerstören zu lassen, das ihm letztlich am gefährlichsten war: Jenes Zimmer, in dem er bereits einmal gewesen war. Er kopierte TiNTin, wie jener sich nannte, den Plan des Schrottplatzes, den er durch Kane erhalten hatte, und jener versprach, sich darum zu kümmern und ihm Bescheid zu geben, wenn er so weit wäre. Zudem überreichte er ihm jenes Hilfsmittel, das er gerade bei Kane abgestaubt hatte, damit jener den Raum auch würde betreten können, wenn es erforderlich war. Er mahnte ihn, dass er weder wollte, dass Menschen dabei zu Tode kamen, noch dass die Nachbarn viel davon mitbekamen. Dann machte er sich auf den Weg zu seiner Wohnung, wo er Antonin schlafend vorfand. Das Bild, das sich ihm bot, war einfach nur unglaublich süß und er konnte nicht anders, als ein wenig dem anderen dabei zuzusehen, wie er schlief, Corleone auf seinem Bauch liegend. Dann beugte er sich zu ihm und küsste ihn auf die Schläfe. „Steh auf, Faulpelz“, grinste er und lächelte amüsiert. Und das Lächeln verbreiterte sich, als Antonin sah, was da auf seinem Bauch lag. Nachdem Cole noch etwas zu Essen in sich hineingeschoben hatte, fuhren sie gemeinsam ins Lady-Dream. Coles Deal war wie stets gut geplant und bereits im Gange, wovon die anderen nichts wussten. Hin und wieder kontrollierte er das Handy und war zufrieden mit den Nachrichten, die er bekam. Am frühen Abend fuhr er mit ein paar anderen und natürlich Antonin und Ragnar zu einem Treffpunkt außerhalb der Stadt, an dem sie den LKW mit der Lieferung in Empfang nahmen und wieder weiter auf die Straße schickten. Gegen 22 Uhr erreichten sie das Lady-Dream. Dadurch, dass alles gut verlaufen war, beschloss Cole gerne mit Ragnar und dessen neuen Flamme wegzugehen, vorausgesetzt Antonin wollte mit. Doch dieser schien kein Problem damit zu haben. Ragnar trichterte ihnen noch ein wenig nervös ein, dass sie unter keinen Umständen Nathan andeuten sollten, was Ragnar wirklich arbeitete. Cole stellte fest, dass er verdammt froh war, dass er sich darüber bei Antonin keine Gedanken machen musste. Und auch wenn er Ragnar natürlich damit aufzog, konnte er aber auch gut nachvollziehen, dass er froh war, jemanden zu haben, der ein 'normales' Leben führte – sofern das in ihrer Gesellschaft überhaupt möglich war. Sie versprachen später ins Savoy zu kommen und Ragnar schrieb Nathan eine SMS, die bestätigte, dass er später gerne ins Savoy kommen würde und noch Freunde mitbringen würde. Dann fuhr Cole mit Antonin zu sich nach Hause. Wenn er schon seit Ewigkeiten mal wieder weggehen sollte, dann würde er sich in jedem Fall rausputzen. Kaum waren sie angekommen, zog er Antonin mit sich unter die Dusche, und verführte ihn, sein Gefühl des Glücks, das der erfolgreiche Deal bei ihm hinterlassen hatte, auskostend. Schließlich fand er sich vor seinem Kleiderschrank wieder, zog sich sein dunkelrotes Lieblingshemd an. Er sollte auch mal wieder etwas für sich einkaufen... Antonin Eigentlich war es vollkommen hirnrissig gewesen, sich von Cole in die Dusche ziehen zu lassen, wie er feststellte als er seine Klamotten durchging. Andererseits hätte er auch um Gottes Willen nicht darauf verzichten mögen, denn er fühlte sich gerade entspannt und befriedigt. Trotzdem müsste er jetzt erstmal in seine Wohnung. Schnell zog er sich an und trat dann hinter Cole, welcher gerade vor seinem Schrank herumturnte, um ihn zu umarmen. "Du könntest da eigentlich auch nackt auftauchen, das steht dir am besten", murmelte er und ließ seine Finger unter dessen Hemd gleiten um über den flachen, festen Bauch zu streicheln. "Ich muss nochmal zu mir, können wir uns im Savoy treffen? Bei meiner Kleiderauswahl hier fehlen mir gute Optionen zum Weggehen", erklärte er und küsste Coles Nacken, bevor er seine Hände zurückzog und seine Sachen zusammensuchte. Wenn er schon mal dabei war, würde er wohl auch ein paar Dinge in die Waschmaschine pfeffern. In seiner Wohnung angekommen hielt er trotz aller guten Laune, erst einmal wieder sein Ritual ab und durchsuchte sämtliche Räume, bevor er sich zufrieden zeigte und sich aus seinen Klamotten schälte, um sich selbst vor den Schrank zu stellen. Antonin war sich nicht ganz sicher, wie er das mit seinen Narben nun handhaben würde, aber vertraute dann wohl einfach auf seine schier unerschöpfliche Beharrlichkeit der letzten Tage, nicht auszuflippen. Schlussendlich entschied er sich für eine sehr tief sitzende, auf ausgebleicht gemachte Jeans und ein schwarzes kurzärmliges Hemd wo er einige Knöpfe offen ließ und damit einen gewissen Ausblick auf seine Brust erlaubte. Seine Haare waren schnell mit ein wenig Gel aufgepeppt, Parfüm wurde routiniert aufgesprüht und zu guter Letzt erlaubte er sich das Halsband. Diesmal jedoch ohne den Pistolenanhänger. Eine Kombination, die ihm ausgesprochen gut stand. Seine Wäsche schnell noch in einen Wäschesack stopfend, brachte er diese noch in den Keller und mahnte sich selbst morgen daran zu denken, die Wäsche wieder raus zu holen. Schließlich auf die Straße tretend musste er tief durchatmen, war es doch das erste Mal, dass er wieder unbewaffnet unterwegs war. Und so ganz wusste Antonin noch nicht, was er davon halten sollte, doch es wurde besser, als er auf der nächsten Straße ein Taxi ergatterte und sich auf dem Weg ins Savoy befand. Da er noch recht früh dran war, fast schon zu früh, musste er auch kaum warten, bis er seinen Eintritt bezahlen konnte und war auch schon drinnen. Viel war noch nicht los, aber das störte ihn herzlich wenig als er auf eine der Bars zuhielt und sich nach kurzem Überlegen einen RedBull bestellte. Vielleicht würde er heute sogar etwas Alkohol trinken, aber sicherlich nicht solange er alleine war. Mit einem Todesblick, den er sich von Cole abgeschaut hatte, ließ er einen herankommenden zurückweichen und gönnte es sich, einfach gegen die Theke zu lehnen und dem immer voller werdendem Treiben zuzusehen. Eine Art Feldstudie, wenn man so wollte. Immer mal wieder suchte er sich bestimmte Kerle raus, die er eine Weile beobachtete. Ihre Gesten, ihre Blicke, ihr Verhalten. Und eigentlich war das ganz spannend, da es wirklich einmal komplett durch die ganze Farbpalette ging. Von ganz offensichtlichen 'Tunten', über 'Normalos' - zu denen er sich einfach auch mal zählte -, zu den Typen denen jeder hinterher zu steigen schien, bis hin zu den Lack und Leder-Kerlen. Antonin selbst machte es überhaupt nichts aus, alleine dort zu stehen, soweit war sein Selbstbewusstsein nicht angeschlagen. Zudem, wenn man bedachte, mit wem er gerade mehr oder weniger zusammenlebte, gäbe es auch gar keinen Grund dafür. Ob Cole ihm heute auch andere Kerle anpreisen würde? Um zu sehen, dass Antonin am Schluss doch wieder zu ihm kam? Hm, das bliebe wohl abzuwarten. Neugierig und gespannt war er auch auf Ragnars Kerl. Der Gute hatte es sich wirklich nochmal bestätigen lassen, nichts von dessen Beruf zu erzählen. Ja, als ob. Antonin konnte sich besseres vorstellen als hier auch noch darüber zu sprechen. Als er neben sich zwei Kerle hörte, wovon einer gerade davon sprach, dass er sich von diesem Typen auch gerne mal den Darkroom näher zeigen lassen würde, wandte er den Kopf und musste grinsen. Cole sah aber auch zum anbeißen aus. Das tat er zwar immer, zumindest in Antonins Augen, aber nach dem erfolgreichen Deal hatte dieser wieder jene Aura, die ihn anzog wie eine Motte das Licht. Sein Grinsen verbreiterte sich, als er die Antwort des zweiten hörte, der dem ersten zustimmte und Antonin sah aufmerksam, aber durchaus amüsiert dabei zu, wie sich ersterer in Coles Weg stellte und einen Versuch startete. Sollte er machen... sollte auch Cole machen, wenn er wollte. Antonin wäre in dieser Hinsicht nicht mehr zu erschüttern, höchstens ein wenig belustigt. Nathan Sehr zufrieden lächelnd, antwortete er auf Ragnars SMS, dass er sich auf sie, besonders jedoch auf ihn freute. Dann warf er jedoch den beiden Männern, die es sich auf den Hockern in seiner Küche bequem gemacht hatten einen prüfenden und irgendwie strengen Blick zu. "Ich möchte von euch keinen einzigen Kommentar über AIDS hören. Keine noch so klitzekleine Anspielung und sei sie noch so versteckt", befahl er und registrierte wie Sascha sofort nickte, während Blair den Mund ein wenig unwirsch verzog und erst zustimmend nickte, als er von Sascha ebenfalls einen bedeutungsvollen Blick abbekam. Trotzdem war die Sache natürlich nicht so einfach gegessen und als Nathan nach oben ging, um sich nach seiner Dusche umzuziehen, saßen die beiden schon wie zwei Hühner auf der Stange auf seinem Bett. "Versteh uns nicht falsch", fing Sascha an "und wir haben bestimmt auch gar nichts gegen diesen Ragnar. Vor allem nicht, wenn er es schon zu einem dritten Treffen mit dir geschafft hat. Aber denkst du nicht, dass es jemand ohne AIDS nicht auch tun würde?" Blair nickte und seine dunklen Augen funkelten auf. Damit war der kleinste der Gruppe kampfbereit, Nathan kannte diesen Blick zu gut und auch die Körperhaltung von Sascha gefiel ihm gerade überhaupt nicht. "Es tut uns leid um den Kerl, aber musst du dich wirklich einer solchen Gefahr aussetzen? Wie kann er dich dem aussetzen, wenn er dich mag?" Unwillig verdüsterte sich Nathans Gesichtsausdruck und selbst seine hellen Augen wurden einige Nuancen dunkler. Damit lief alles auf Konfrontation hinaus und eigentlich hatte er diesen Abend ein wenig anders geplant. Ruhig und entspannend Zuhause sowie unterhaltsam und dank Ragnar anregend im Savoy. Ruhig legte er das Shirt weg, das er gerade prüfend aus dem Schrank gezogen hatte und wandte sich seinen beiden Freunden ganz zu. "Im Gegensatz zu euch bin ich anscheinend in der Lage mich zu informieren. Das ist genau wie mit dem Gerücht, dass man seiner kleinen Schwester erzählt: 'Vorsicht, wenn man sich in der Küche küsst, wird man schwanger!' Ihr nehmt eure überlangen Nasen am besten sofort aus dieser 'Oh mein Gott, Nathan wird an AIDS sterben!'-Kiste und verhaltet euch wie erwachsene, vernünftige Menschen. Ich bin dankbar für eure Sorge, aber das ist meine Sache", grollte er und sah zumindest Blair ein wenig erschrocken zurückzucken. Da ihm das bei Sascha abging richtete er seinen durchdringend gewordenen Blick auf eben diesen. "Was? Noch weitere schlaue Kommentare oder kann ich mich jetzt darauf konzentrieren, gut auszusehen, wenn ich auf Ragnar treffe?", hier schnaubte er noch einmal abfällig. "Und es heißt übrigens einfach nur Ragnar, nicht 'dieser Ragnar'." Ein wenig geschlagen hob Sascha die Hände. "Kein Grund gleich bissig zu werden, wir machen uns doch nur Sorgen, Nate." Ein Satz, der Nathan sofort wieder milde stimmte. Es kam sowieso selten genug vor, dass er sich mit seinen Freunden stritt, aber manchmal mussten Grenzen gezogen werden. "Und ich bin euch wirklich dankbar dafür, vielleicht ginge es mir an eurer Stelle ja auch so, aber ich werde sehen, wohin das mit Ragnar führt und seine Krankheit wird für eine Entscheidung nicht ausschlaggebend sein." Entweder verstanden sie es danach, oder sie gaben einfach auf, 'Vernunft' in ihn hämmern zu wollen, und berieten ihn, ohne zu murren in seiner Kleiderfrage. Nicht dass Nathan nicht selbst wusste, was ihm stand, aber dann hatten die beiden etwas zu tun und würden nicht noch auf weitere schlaue Sprüche kommen. Schließlich entschieden sie sich zu dritt für ein weißes Achselshirt, das einmal rundum zwei breitere, schräg verlaufende schwarze Streifen aufzuweisen hatte, dazu eine gut sitzende Jeans. Damit gaben sie, wieder einmal ein seltsames Trio ab. Blair hatte sich heute Abend für eine Art Butleroutfit entschieden, mit weißer Krawatte, schwarzem ärmellosem Hemd und weißen Bändern an den Ärmeln. Vermutlich würden ihn die Leute heute dauernd für einen der Barkeeper halten. Sascha hingegen schien es heute auf Sex angelegt zu haben. Seine Hose saß extrem tief, das Shirt extrem eng und die Frisur war extrem gegelt. Na, jeder wie er wollte. Im Savoy angekommen wurden sie natürlich durchgewunken und während Nathan sich umsah, ob er Ragnar schon irgendwo entdeckte, verschwand Blair zur Bar, um ihnen Drinks zu holen und Sascha wippte schon ganz aufgeregt auf den Zehenspitzen herum. Schmunzeln legte er ihm einen Arm um die Schultern: "Warum kaufst du dir nicht mal ein 'Fick mich' Shirt?", fragte er ihn und bekam einen empörten Blick ab, bevor Blair mit 3 Bieren vor ihnen auftauchte. "Auf neue und alte Freunde." Sie prosteten sich zu und Nathan entschuldigte sich dann erstmal, um eine Runde zu drehen. Inzwischen freute er sich wirklich Ragnar wieder zu sehen. Hatte er vorher auch schon, aber jetzt war die Vorfreude fast greifbar. Vor allem weil ihn alleine das Wort Vorfreude an den letzten Abend bei ihm erinnerte. Ein Gedanke, der ihn zum lächeln brachte und ihn mehr spielerisch als genervt einen Kerl aus dem Weg schicken ließ, der wohl auf dem Weg zu ihm war. Nope, heute nicht. Er war erst am Donnerstag hier gewesen… Cole Nachdem Antonin weg war, nahm sich Cole die Zeit, um seine Mails zu checken. Er hatte wieder einmal einige Hinweise zu Gawain in seinem Posteingang. Er hatte nicht damit gerechnet, hinsichtlich Nicholas schon irgendeine Nachricht zu haben, aber dennoch wollte er nichts verpassen. Er ließ sich Zeit, sich fertig zu machen, rauchte in Ruhe noch eine Zigarette und stieg schließlich in ein Taxi, um ins Savoy zu fahren. Er hatte Ragnar eine SMS geschrieben, dass sie sich am Tresen treffen würden und er solle seine Eroberung mitbringen. Wenn er ehrlich war, war er schon gespannt, ob er diesen Nathan kannte. Er konnte sich nicht wirklich erinnern, ob er jemanden mit diesem Namen schon einmal ‚kennengelernt‘ hatte, aber er konnte sich an die wenigsten Namen erinnern. Und darauf käme es ja auch gar nicht an. Wichtig war, dass dieser Mann wirklich kein Problem damit haben würde, dass Ragnar positiv war. Denn wenn er ihn deswegen verletzen würde, hätte er einen Feind auf seiner Liste, mit dem er sich lieber nicht angelegt hätte. Cole liebte Ragnar viel zu sehr, als dass er es jemandem erlauben würde, ihn wirklich zu verletzen. Niemals. Und dass Ragnar jemand von der weichen Sorte war, das wusste er schon, seitdem sie das erste Mal mit 13 in einer Schwulenkneipe war, und jener noch von der großen Liebe gesprochen hatte und heulend am nächsten Tag zu ihm gekommen war, weil der, der ihm am Abend vorher noch die Sterne vom Himmel versprochen hatte, am nächsten Tag nicht einmal mehr seinen Namen gewusst hatte. Nun, der Kerl hätte auch er selbst sein können, aber das sagte er Ragnar damals lieber nicht. Dafür baute er den anderen mit Nähe auf. Die Art von Nähe, die ihm selbst auch immer mal wieder gut getan hatte. Er war erleichtert über den Deal und er war heute seit längerem mal wieder so richtig in Feierlaune. Er würde den Abend mit Antonin genießen, wobei er hoffte, dass auch Antonin ihn genießen konnte. Ob er wohl seine Waffen mitnehmen würde? Sicher nicht… Cole musste schmunzeln bei dem Gedanken, auch wenn die Ursache eigentlich eine traurige war. Andererseits war es klar, dass Antonin nach der ganzen Geschichte nicht vor Lebensfreude nur so sprudeln konnte… Gegen 23.30 erreichte er das Savoy und hatte Antonin auch bald ausgemacht. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er ihn an der Theke stehen sah. Dieser Mann war wirklich einfach nur eine Augenweide. Ob es einen Künstler gab, der so einen Mann in Stein hauen würde? Seine Augen auf eben diesen fixiert habend, bot er keinem anderen gerade wirklich eine Möglichkeit, dass er auf diesen aufmerksam wurde, doch es traute sich tatsächlich jemand, sich ihm in den Weg zu stellen. Geringschätzig blickte er an dem Mann herab, den er wohl genommen hätte, wenn er allein da gewesen wäre und es zudem nötig gehabt hätte, aber heute, hier und jetzt hatte dieser keine Chance. „Du siehst so geil aus“, wurde ihm ins Ohr geflüstert und er spürte eine Hand auf seiner Brust. „Lass uns verschwinden, ich möchte, dass du mich fickst…“ Cole seufzte innerlich. Ihn faszinierten diese einfachen aber direkten Ansagen immer ungemein. Diese ‚Ich-rede-um-den-heißen-Brei-Anmachen‘ konnte er gar nicht leiden. Aber noch während jener ihm das Angebot machte, hatte Cole die Hand genommen und sie von seiner Brust entfernt. „Sorry, aber ich bin schon verabredet. Ein andermal vielleicht…“ Er war zu gut drauf, als dass er jenen wirklich vor den Kopf stoßen wollte. Und ohne den anderen noch einmal anzusehen, setzte er seinen Weg fort, trat auf Antonin zu, um wortlos sich vor ihn zu stellen, ihn gegen die Theke zu drängen und ihn leidenschaftlich zu küssen. „Ich wollte nur kurz testen, ob deine Lippen immer noch so süß schmecken, wie ich sie in Erinnerung hatte...“, rechtfertigte er seinen Kuss und grinste leicht. Seine Augen versanken in denen des anderen und er wich keinen Millimeter zurück. Seine eine Hand strich dem anderen über die Brust, fuhr dessen Konturen nach, bis er sie nach oben gleiten ließ, um über das Halsband zu streichen. „Wie ich sehe, hätte ich heute meine Leine mitnehmen müssen. Hoffentlich kettet dich niemand anderes an sich…“ Er blickte den anderen schmunzelnd an und küsste ihn dann wieder. „Dann hol ich mir lieber den einen oder anderen Kuss ab, damit ich noch mehr Erinnerungen habe.“ Ragnar Die Woche war für Ragnar ein Wechselbad der Gefühle. Es fiel ihm schwer, die positiven Dinge, die er bei Nathan erleben durfte, dieses Glücksgefühl und die Zufriedenheit mit sich und seinem Leben aufrecht zu erhalten. Aber es glückte ihm irgendwie. Wohl vor allem deshalb, weil Cole ihn recht mit dem Umbau des Clubs beschäftigte, und weil er das Gefühl hatte, momentan für jenen da sein zu müssen, denn Cole hatte ziemlichen Stress. Ragnar wusste natürlich, dass das, was er über Antonins Vergangenheit und die aktuelle Situation erfahren hatte, nur die Spitze eines unbestimmt großen Eisberges war. Aber das, was er wusste, reichte ihm, um zu wissen, dass er vorsichtig sein musste, dass er zuverlässig arbeiten musste, um Cole und Antonin so gut es ging zu unterstützen. Letzterer schien angespannt und aufgewühlt, doch das wunderte Ragnar wenig. Gegen diese Geschichte war sein Virus Zuckerschlecken… Zumindest teilweise. Was ihn jedoch immer wieder runterzog waren die massiven Kopfschmerzen, die sich in letzter Zeit häuften, und die Übelkeit, die ihn nicht nur einnahm und sich bemerkbar machte, sondern momentan dafür sorgte, dass er sich tatsächlich hin und wieder übergeben musste. Ob er neu eingestellt werden müsste? Sein Arzt hatte ihm Blut abgenommen und bat ihn, am Montag wieder zu kommen. Ohnehin wäre bald eine Untersuchung notwendig gewesen. Warum also nicht ein wenig früher. Zumindest kehrte er nicht in das Loch zurück und die Erinnerungen an jenen Abend, jene Nacht mit Nathan munterten ihn auf und die Aussicht, ihn am Samstag zu sehen, war ein Lichtblick. Und obwohl er hin und wieder überlegte, ob er jenem eine SMS schreiben solle, entschied er sich stets dagegen. Der andere sollte ja nicht gleich von ihm genervt sein. Nathan war ein geschäftiger Mann, sicher würde er es nur als nervend empfinden, wenn sich Ragnar bei ihm melden würde, wo er ihm doch gesagt hatte, dass sie sich am Samstag sehen würden. Als es endlich so weit war, der Deal reibungslos über die Bühne gegangen war, und sogar Antonin und Cole zusagten, mitzukommen, war mit einem Mal wieder diese Nervosität da, die Ragnar bereits am vergangenen Montag gespürt hatte. Besonders jetzt, da seine beiden Freunde mitkommen würden, war er umso aufgeregter. Nathans Freunde hatte er ja letztlich schon kennengelernt, aber dass jener so bald auch Cole begegnen würde, machte ihn nervöser denn je. Was, wenn die beiden sich nicht leiden konnten? Oder noch schlimmer: was, wenn Cole den anderen schon einmal gehabt hat? Ragnar wollte lieber nicht darüber nachdenken. Er glaubte zwar nicht, dass Nathan ein Lamm war, was das Verlangen nach schneller Befriedigung betraf, aber ob er sich wirklich mit Cole? Nicht daran denken… Unschlüssig stand er vor seinem Kleiderschrank. Seine besten Sachen hatte er das letzte Mal angehabt, und wieder das gleiche anzuziehen wäre Blödsinn. Schließlich zog er eine schwarze Jeans und ein olivgrünes T-Shirt aus dem Schrank. Aus dem Shirt war eine Aufschrift einer wirklich guten Fahrradmarke, von der Ragnar sich einmal ein Fahrrad geleistet hatte, das er noch immer besaß. Die Schrift war weiß und leicht nach links versetzt, ein wenig verschmiert, als habe man es mit einem Pinsel darauf geschrieben: ‚Specialized ‘ Das würde gehen. Er mochte das Shirt und die wenigsten kannten die Fahrradmarke, so dass man es nicht gleich als ‚Marken-Shirt‘ erkennen würde. Und die, die es kannten, würden sich freuen, einen Gleichgesinnten zu sehen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich langsam beeilen musste, um noch rechtzeitig zu kommen. Er hatte Nathan angekündigt gegen 23.30 im Savoy zu sein. Er packte etwas Geld in die Hosentasche, zudem die kleine Tüte mit seinen Tabletten, die er nicht vergessen sollte, falls er morgen früh nicht zu Hause sein würde. Dann machte er sich auf den Weg. Ein wenig musste er vor dem Savoy warten, bevor er endlich eintreten konnte. Sein Blick glitt suchend durch die Menge, während er durch die Menschenmasse in Richtung Bar ging, wo er sich mit Cole verabredet hatte. Heute war besonders viel Schwarzlicht in dem Raum, was seine ‚Inschrift‘ mehr zum Leuchten brachte, als ihm lieb war. Auf den Podesten tanzten in Weiß angezogene Männer. Auch andere schienen gewusst zu haben, dass heute wohl so etwas wie eine ‚Black-Light-Party‘ angesagt gewesen war. Bereits von weitem sah er die beiden und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er spürte, dass die Nervosität verschwand, besonders, da die beiden wirklich mittlerweile ein Herz und eine Seele geworden zu sein schienen. Vor was hatte er eigentlich Angst, wenn doch Cole in seiner Nähe war? „Hey ihr Turteltäubchen, mir scheint schon fast, als hörte ich die Hochzeitsglocken läuten. Dass ich das noch einmal erleben durfte ist ein Wunder.“ Er grinste breit und blickte dann Cole kritisch an. „Es sei denn…“ begann er und legte den Kopf schief, nachdenklich schauend. „Es sei denn du verrätst mir, wer du bist, und was du mit Cole gemacht hast…“ Cole grinste ihn an und erwiderte, dass er vielleicht einfach nur zu viel Weichspüler in letzter Zeit verwendet habe, dass ihn das aber auch nicht wirklich störte. Dafür würde er aber gerne wissen, wo Ragnar seinen Loverboy gelassen hätte. Ragnar zuckte mit den Schultern. „Er wird hier irgendwo unterwegs sein. Er taucht schon auf“, meinte er und versuchte ruhig zu wirken, weil er nun doch wieder nervös wurde. Er lehnte sich über die Theke und bestellte sich einen Desperado, um sich anschließend an den Tresen zu lehnen und seinen Blick über die Menge kreisen zu lassen. Antonin Lächelnd ließ er sich gegen die Theke drängen, schmiegte sich gleichzeitig näher an Cole und erwiderte den Kuss fast augenblicklich. Die Arme hebend, um sie hinter Coles Nacken zu verschränken. Er erwiderte zuerst nichts auf die Worte, sondern ging lieber auf die Küsse ein, gerade beim letzten verhinderte er ein zu schnelles zurückweichen des anderen und vertiefte ihn. Antonin stand einfach unglaublich auf diese Küsse, wobei er im Grunde auf alles stand was mit Cole zu tun hatte. "Keine Sorge", schnurrte er gegen die Lippen des anderen. "Du brauchst schon lange keine Leine mehr. Wer könnte bei solchen Küssen auch zu weit streunen? Aber eine kleine Auffrischung hin und wieder kann nicht schaden." Er grinste und legte den Kopf schief, um dem anderen ein wenig am Hals zu knabbern. "Der Name der Lektion lautet: Wie lande ich im Darkroom in drei Schritten." Er lachte leise und wandte sich dann dem dazustoßenden Ragnar zu, um diesen zu begrüßen. Für heute würde er die ganze Scheiße, die ihn belastete, einfach vor der Tür des Clubs lassen. Es reichte, dass der letzte Besuch hier, vielmehr einem Desaster als einem schönen Abend geähnelt hatte. Er lauschte dem Geplänkel der beiden und grinste. "Hörst du da auch ein Lied von Elvis, wenn du schon dabei bist? Ohne Elvis geht nämlich mal gar nichts. Weder mit einem echten noch mit einem unechten Cole." Er piekte seinem Freund gut gelaunt in die Seite und drehte sich dann ein wenig, um sich ein Beispiel an Ragnar zu nehmen und ebenfalls ein Desperado zu bestellen. Mehr Alkohol traute er sich nicht zu, aber ganz ohne wollte er eigentlich auch nicht weggehen. Das schließlich in den Händen wissend, musterte er Ragnar ein wenig eingehender, bis sich ein breites Lächeln niederließ. "Wenn besagter Loverboy nicht bald auftaucht, entführe ich dich vor Cole auf die Tanzfläche. Bei näherer Überlegung vielleicht auch wenn er auftaucht.." Er schmunzelte bevor sein Blick auf einen sich näherenden Mann fiel, der wiederrum Ragnar anvisiert zu haben schien. Ob das vielleicht..? Als der Mann tatsächlich bei ihnen stehenblieb, sie kurz musterte und Ragnar dann mit einem Lächeln und einem kurzen Kuss begrüßte war alles klar. Oh, dann wurde es ab jetzt wohl spannend, ja? Neugierig geworden betrachtete er den etwas größeren Mann und musste zugeben, dass jener durchaus etwas hatte. Doch... mit dem Kerl könnte Ragnar sich durchaus sehen lassen. Als jener sich vorstellte, ergriff er dessen Hand und fand einen weiteren Pluspunkt, während er seinen Namen murmelte. Wenn Antonin irgendetwas wie die Pest hasste dann waren das lasche Handdrücke, doch der war genau richtig. Ab jetzt würde er sich wohl ein Weilchen zurücklehnen und die Show genießen. Ob ihm Ragnar und Nathan leidtun sollten? Oder nur Nathan? Denn dass Cole diesem ein wenig auf den Zahn fühlen würde, war zumindest Antonin mehr als klar. Sollte doch einer behaupten, nur Cole würde ihn kennen, das galt andersherum genauso. Abwartend trank er einen Schluck von seinem Bier und zuppelte sich dann frech die Zigarettenschachtel aus Coles Gesäßtasche, da er selbst keine dabei hatte. Ein wenig mit dem Kopf zur Musik nickend, zündete er sich eine an und musterte die drei Männer um ihn herum ein weiteres Mal. Hm, jeder war auf seine eigene Art und Weise unglaublich anziehend. Ein durchaus interessantes Bild. Nathan Leider wurde Nathan von seinem Manager erspäht und aufgehalten. Wie der Kerl ihn nur immer wieder sofort fand? Fast kam es ihm so vor als hätte dieser einen Radar eingebaut, der nur auf ihn ansprang. Sehr merkwürdig. Hin und wieder nickend, hörte er sich die Pläne für den nächsten Monat an und segnete sie ab. Kein Wunder, immerhin hatte Nathan sie dem anderen ins Ohr gesetzt. Sein Bier schließlich dem anderen in die Hand drückend, klopfte er ihm nochmal auf die Schulter, lobte kurz und verabschiedete sich dann kurzbündig. Wirklich, er hatte jetzt weder die Lust noch die Zeit auf dieses Gefasel. Solange der Club Profit abwarf und als eine der Topadressen galt, konnte gar nicht so viel schief laufen, als dass er sich das jetzt noch anhören müsste. Schließlich entdeckte er den gesuchten Mann, zusammen mit zwei anderen an der Theke und hielt auf sie zu. Und wieder fiel ihm auf, warum es Ragnar so leicht fiel, sein Interesse nicht nur zu wecken sondern auch zu behalten. Dieser Mann stach für ihn aus der Masse hervor, mehr als so mancher aufgestylter Kerl, der sich einem mehr oder weniger in das Blickfeld drängte. Es war eine unaufdringliche Aura und Schönheit, die von Ragnar ausging. Nicht zu vergessen die schönen Augen, die so einen faszinierendes Strahlen und fröhliches Glänzen beinhalten konnten. So beachtete er die beiden anderen auch zuerst nicht, sondern trat auf seine Verabredung zu. "Heya schöner Mann. Verzeihung, ich bin schon wieder zu spät", murmelte er und küsste ihn dann aus einem fast schon dringenden Gefühl heraus. Und auch aus der Nähe gab es wirklich nichts zu beanstanden. Wenn Sascha und Blair, falls diese wirklich dazustoßen sollten, sich später nicht ausgezeichnet benahmen was Ragnars Krankheit anging, würde er sie möglicherweise rauswerfen lassen. Das letzte, das Nathan wollte, war es dieses anziehende Lächeln aus dessen Gesicht zu bannen. Schließlich wandte er sich den anderen beiden zu und musterte sie kurz, bevor er sich vorstellte. Während ihm der eine Mann, der sich als Antonin vorstellte, gänzlich unbekannt war, traf das auf den anderen nicht zu. Cole, wenn er den Namen noch richtig im Kopf hatte. Einer der Männer, den man hier häufiger sah und über den man auch genügend hörte, wenn man denn wollte. Sie waren sich hin und wieder über den Weg gelaufen, hatten sogar Belanglosigkeiten ausgetauscht. Gerade in der Zeit als Nathan nach Robin sich wohl selbst einiges zu beweisen hatte. Oder geglaubt hatte, sich beweisen zu müssen, dass er sehr gut ohne ihn auskam. Und irgendwann lief man sich wohl früher oder später über den Weg, wenn man so drauf war. Doch obwohl Nathan Coles Ausstrahlung und Aussehen sehr wohl für sich bemerkte, war es selbst zu dieser Zeit nie eine Frage gewesen, ob sie mal miteinander schlafen würden. Gerade zu dieser Zeit nicht. So begrüßte er jenen auch mit Namen und einem Händedruck auch wenn er bezweifelte, dass jener seinen noch wusste. An dem Abend, an dem sie miteinander ein, zwei Drinks gekippt hatten, waren sie beide gut unterwegs gewesen. Vermutlich würde nicht einmal Nathan sich daran erinnern, wenn ihm Blair nicht hin und wieder mal vorgeheult hatte, dass 'dieser Cole' nie da war, wenn er selbst mal versuchen wollte dort zu landen. Ob Antonin der nächste Kerl auf einer langen Liste wäre? Andererseits hatte Ragnar von Freunden geschrieben. Vielleicht verband die beiden ja auch nur eine ähnliche Freundschaft wie Sascha und Blair die auch schon mal miteinander in der Kiste landeten, wenn sonst nichts herging. Doch im Grunde war es Nathan egal, weshalb er sich Ragnar wieder zuwandte. "Ich befürchte ich habe deinen Kunstband die Abende einmal durchgeblättert und sogar eine deiner CDs angehört. Es tut mir leid, aber ich empfinde es immer noch nicht als Musik. Kurzzeitig bekam ich sogar das Gefühl, dass meine Anlage sich weigern würde. Aber zumindest ersteres hat mich auf eine Idee gebracht, bei der ich gerne später auf deine Meinung zurückgreifen würde." Er lächelte, daran zurückdenkend, dass er es persönlich sehr gut fand, dass Ragnar seine Sachen das letzte Mal ebenfalls vergessen hatte. Nathan würde ihn auch nicht daran erinnern, wenn jener wieder bei ihm wäre. Cole "Die Lektion können wir nachher gerne auf der Tanzfläche üben", schnurrte er Antonin ins Ohr. Während Antonin seinen Desperado bestellte, bat Cole um ein Bier. Er würde heute nicht viel trinken. Momentan war es besser, einen völlig klaren Kopf zu behalten. Denn auch wenn er das hier genoss und sich auch über Antonins gute Laune freute, so würde er so bald nicht vollkommen abschalten können. Er ließ es sich nicht anmerken, aber er war stets wachsam. Noch immer durchschaute er nicht wirklich, was Nicholas vorhatte, aber er wusste, dass dieser Mann zu allem fähig wäre. Einen Schluck von dem Bier trinkend drehte er sich um, Nathan ins Gesicht blickend, der sich gerade wieder von Ragnar löste. Einige Bilder schossen Cole durch den Kopf, Bilder, die mit seinem Gegenüber zu tun hatten. Bilder von einem kleinen Plausch an der Theke nach einer Schlägerei, bei der sie sich darüber unterhalten haben, dass es fast schon absurd ist, dass es unter Schwulen zu so etwas wie Schlägereien um einen Kerl gab, da das viel zu sehr hetero sei. Bilder von zwei Freunden von Nathan, von denen der eine so aussah, als würde er ihn am liebsten sofort bespringen. Bilder von mehreren Tänzen, bei denen sie Augenkontakt gehabt hatten, aber es nie zu mehr gekommen war. Bilder von Besuchen im Darkroom, in dem sich Nathan nicht nur einmal ziemlich ausgetobt hatte. Und war dieser Nathan nicht auch irgendwie ein höheres Tier hier im Savoy? Er hatte mal so etwas in der Art gehört, konnte sich aber nicht mehr daran erinnern. Cole legte seinen Kopf kurz schief, musterte das Gesicht eindringlich und kritisch. "Nathan", begrüßte er ihn und nickte dem anderen zu. Die Hand gab er nur Geschäftspartnern, und das waren sie nicht. "Es ist immer wieder lustig, wie klein die Welt, und besonders die Welt im Savoy war. Und das, obwohl es an so manchen Orten hier so dunkel ist", sagte er mit einem leicht zynischen Unterton. Er lächelte und trank noch einen Schluck Bier, Antonin kurz ansehend. Er wusste noch nicht so genau, ob ihn die Situation nun wirklich freute oder nicht. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie sich Ragnar und Nathan unterhielten. Cole biss auf seiner Unterlippe herum. Er spürte, dass sein Beschützerinstinkt wohl auch diesmal wieder greifen würde. Und so beugte er sich zu Nathan, legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn leicht zu sich. "Tanzen", erklärte er und blickte den anderen auffordernd an. Dann stellte er nach einem langen Schluck das Bier auf die Theke und ging in Richtung Tanzfläche, auf die ihn Nathan auch folgte. Cole begann sich zu bewegen, den anderen mit seinen Augen fixierend, noch immer musternd, als wäre er noch immer unschlüssig, was er von ihm halten solle. Irgendwann rutschte er näher, legte Nathan eine Hand auf die Schulter, um ihn zu sich zu ziehen, die andere Hand dazu verwendend, auch seine Hüfte näher zu ziehen. "Hör zu, Nathan", begann er ruhig zu sprechen. "Ragnar ist ein viel zu herzensguter Mensch für diese Welt. Und ich hoffe für dich, dass deine Absichten nur ehrlich sind, denn wenn du irgendeine Show abziehst, es irgendwie nicht ernst mit ihm meinst, nur aus Mitleid einmal einen Positiven ficken wolltest, oder sonst irgendwelche Unlauteren Gedanken hast", Cole blickte ihm kühl in die eisvogelblauen Augen, "dann gnade dir Gott, dass du mir nicht noch einmal über den Weg läufst. Klar?" Er hatte mittlerweile in der Bewegung innegehalten, seine Hände von dem anderen genommen und blickte Nathan nun ruhig an. "Also überlege dir wirklich gut, was du tust, und welche Absichten du hast." Cole sah, dass Antonin und Ragnar ihnen nun auch gefolgt waren und drehte sich seinem Freund zu. "Du wolltest mir glaube ich noch den Weg in den Darkroom zeigen", flüsterte er Antonin ins Ohr und zog diesen zu sich, um ihn zu küssen. "Aber erstmal tanzen wir..." Er lächelte den anderen an, blickte dann aber noch einmal zu Nathan, mit einem kühlen Blick, bevor er sich von Antonin dazu animieren ließ, mit ihm zu tanzen. Er hatte gesagt, was ihm wichtig war. Und er würde genau beobachten. Jemand, der nur auf Ficken aus war, war nichts für Ragnar. Und schon gar nicht, seit Cole ahnte, dass jener an Depressionen litt. Ragnar Ragnar schüttelte den Kopf und seufzte. "Das finde ich sehr schade", erklärte er, "dabei hätte ich bei den beiden CDs am ehesten noch darauf getippt, dass es dir gefallen könnte. Es ist recht langsamer und melodische Jazz und alles andere als hektisch... Aber gut. Zum Glück sind Geschmäcker verschieden. Schade nur, dass ich dich dann wohl nie in einen der Jazzkeller mitnehmen werde." Er grinste den anderen an. Es hatte ihn gefreut, dass Nathan ihn ohne Scheu mit einem Kuss begrüßt hatte. Und nur zu gerne hatte er den Kuss erwidert. "Und welche Idee das auch immer ist, ich werde dir gerne meine Meinung kundtun." Es war ihm erst zu Hause aufgefallen, dass er wieder seine Sachen bei ihm vergessen hatte, hatte sich aber letztlich doch auch darüber gefreut, denn so würde er immer einen Vorwand haben, Nathan zu besuchen. Vielleicht sollte er es das nächste Mal auch wieder stehen lassen... Was ihm jedoch weniger gefallen hatte, war die Tatsache, dass Cole und Nathan sich kannten. Und Coles Bemerkung ließ darauf schließen, dass sie sich unter anderem aus dem Darkroom kannten. Der kritische Blick, den er Cole kurz zugeworfen hatte, und der Blick, den er von ihm zurückerhalten hatte, sagten ihm zwar, dass sie nicht miteinander zugange gewesen waren, aber irgendwie beruhigte ihn das noch nicht. Und bevor er noch etwas sagen konnte, hatte Cole sich Nathan auch schon geschnappt. Ragnar hob die Augenbrauen und blickte den beiden kurz hinterher. Dann trank er einen Schluck Desperado. "Ich frage mich, Antonin, was ich an mir habe, dass Cole immer alle, die an mir interessiert sind, genauestens unter die Lupe nehmen muss. Langsam sollte man doch wissen, dass ich alt genug bin, mir meine Partner selbst auszusuchen, oder?" Er blickte den anderen hilfesuchend an. "Sehe ich so aus, als würde ich blauäugig und hilflos durch die Gegend laufen, oder als ob ich nicht ganz zurechnungsfähig wäre?" Er seufzte tief. "Ich glaube, ich würde gerne auf dein Angebot zurückkommen, und mit dir tanzen gehen, wenn du noch möchtest." Ein Lächeln zierte seine Lippen als sie beide den anderen hinterher gingen. Doch das Lächeln war müde. Was Cole Nathan wohl wieder sagen würde? Würde er ihm wieder Mord und Folter androhen, wie er es früher gerne gemacht hatte, wenn sich endlich mal jemanden für ihn interessiert hatte? Er seufzte innerlich. Bei den beiden angekommen schien es so, als sei die Show bereits vorbei und Cole und Antonin begannen zu tanzen. Etwas unschlüssig blickte er Nathan an. Dann beugte er sich zu ihm. "Hat er dir Folter angedroht? Oder dir versprochen, dich grausam und langsam umzubringen?", fragte er und blickte Nathan entschuldigend an. "Tut mir leid, Cole scheint noch nicht begriffen zu haben, dass ich keine 15 mehr bin und auch ein wenig auf mich selbst aufpassen kann." Inständig betete er innerlich, dass Nathan sich nicht von den Worten des anderen hatte beeindrucken lassen. Was auch immer dieser zu ihm gesagt haben mag. "Tanzen?", fragte er und sah kurz zu Antonin und Cole herüber, die bereits begonnen hatten. Von wegen keine Hochzeitsglocken... Antonin Die beiden kannten sich also? Aus 'dunklen' Plätzen im Savoy? Hm... Antonin lenkte seine Aufmerksamkeit von den beiden Platzhirschen zu Ragnar und meinte zu glauben, dass diesem die Bemerkung nicht unbedingt gut tat. Statt wie vorher noch vermutet, teilte nicht dieser Nathan sein Mitleid, sondern vielmehr Ragnar. Ein wenig nachbohrende Fragen und Andeutungen hatte Antonin ja erwartet, aber das war jetzt momentan mehr mit der Axt durch die Tür. Kurz zu Cole sehend, der sich auf der Unterlippe herumbiss und ihn dann ansah, hob er eine Augenbraue, schwieg jedoch. Auch wenn diese noch ein ganzes Stück höher wanderte als der Nathan so entführte. Es mochte sich aus seinem Mund sehr seltsam anhören, weswegen es auch nur gedacht wurde, aber Antonin bekam das Gefühl Tayras Lieblingsausspruch zu verstehen. Männer.. Leicht mit dem Kopf schüttelnd, von seinen Desperados trinkend und die gerauchte Zigarette ausdrückend, hörte er Ragnar zu. Und er hätte so viele Antworten darauf, dass er gar nicht wusste, wo er beginnen und wieder aufhören sollte. So legte er Ragnar ohne weiter darüber nachzudenken den Arm um die Schulter und zog ihn ein Stück zu sich. "Schau, ich glaube nicht, dass es an deinem Alter oder an einer angeblichen Unfähigkeit liegt, sich selbst einen Kerl zu suchen", fing er an und suchte den Blick des anderen Mannes. Irgendwie hatte jener es total unbemerkt von Antonin geschafft, sich auf seine kurze Liste der wichtigen Personen zu schleichen. Nicht nur unbedingt wegen Cole. Nein, er mochte den Mann tatsächlich. "Es ist nur so, dass selbst ein Blinder mit Krückstock erkennt wie sehr er dich liebt. Und was man liebt, das möchte man beschützen. So sehe ich das." Er runzelte kurz die Stirn, löste den Blick und sah auf die Tanzfläche. "Auch wenn er es mit dem Fingerspitzengefühl eines Hornochsen tut und in seiner Übereifrigkeit übersieht, wie das vielleicht bei dir ankommt." Er stellte sein Desperados weg und nahm den Arm wieder von der Ragnars Schulter. "Klar steht mein Angebot noch. Mit hübschen Männern tanzt man immer gerne." Er zwinkerte Ragnar zu und wollte schon losgehen, bevor er sich allerdings noch einmal herumdrehte und Ragnar ansah. "Ich weiß, dass wir uns im Grunde nicht so gut kennen und dass ich mich damit vielleicht ein Stück zu weit aus dem Fenster lehne, aber ich möchte dir sagen, dass es egal ist. Selbst wenn Coles Andeutung mit dem Darkroom wahr ist, dann sollte es dir egal sein. Du willst den Kerl? Hol ihn dir! Mit dem Rest rauft man sich dann schon irgendwann zusammen. Im wahrsten Sinne des Wortes." Er lächelte ein wenig schief und blieb nicht mehr stehen, bis sie auf der Tanzfläche waren. Antonin sollte gar nicht dazu kommen mit Ragnar zu tanzen, denn wider Erwarten wandte sich Cole ihm sofort zu und erinnerte ihn ans eine vorherigen Worte. Ja, erstmal Tanzen. Er liebte es mit Cole zu tanzen. Was er eher nicht liebte, war, dass Cole seinen Blick schon wieder zu Nathan gleiten ließ, weshalb er die Hüfte des anderen zu sich zog und ihm, mit etwas strecken, ins Ohrläppchen biss. "Du tanzt gerade mit mir, schon vergessen?", neckte er und war zufrieden, als Cole tatsächlich darauf einging. Kurz überlegte Antonin, doch er kam zu der Entscheidung, dass er es jetzt ansprechen müsste, wenn er später keine 'Stimmung' mehr damit ruinieren wollte. Ruhig, darauf bedacht möglichst keine Wertung in den Blick zu legen betrachtete er das faszinierende Gesicht seines Partners. "An Ragnars Stelle wäre ich dir nicht sonderlich dankbar für deine Aktion eben", murmelte er und hob eine Hand, um sie in Coles Nacken zu legen, über die weiche Haut kraulend. "Aber andererseits finde ich es immer wieder faszinierend, wenn du so zielstrebig und unbeugsam wirkst", raunte er und löste sich ein wenig von Cole, damit sie ein wenig mehr Platz zum tanzen hatten, nur einen kurzen Blick zu den anderen beiden werfend. Er würde sich garantiert nicht weiter einmischen, hatte alles gesagt, was es aus seiner Sicht dazu zu sagen gab. Nathan Nathan kam um das Gefühl nicht herum, dass dies keine tiefe und innige Freundschaft zwischen Cole und ihm werden würde. Zwar war er sich sicher, dass Ragnar gar nicht davon ausging, dass Nathan ein Kind von Traurigkeit war, was den Darkroom anging, aber musste so eine Anspielung wirklich sein? Gut dass er selbst zum Großteil seiner Zeit so ehrlich war, denn er hatte Ragnar ja schon am ersten Abend gesagt, dass er sich direkte Komplimente in den ersten zwei Stunden für Eroberungen für den Darkroom aufbehielt. Daraus würde jener schon schließen können, was er wollte. Trotzdem war das kleine Schauspiel hier nicht nur nutz- sondern auch sinnlos. Und gerade als er sich Ragnar wieder zuwenden wollte, wurde er auch schon so freundlich zum tanzen aufgefordert. Einen entschuldigenden Blick zu seiner eigentlichen Begleitung werfend, folgte er Cole. Na schön, würden sie das eben jetzt sofort hinter sich bringen. Wirklich viel bewegte er sich nicht, immerhin hatte er kein Bedürfnis mit dem Kerl zu tanzen. Dennoch ließ er sich ohne Gegenwehr näher zu diesem ziehen, erwiderte dessen Blick ruhig aber ein wenig distanziert. Für heute war Nathans Maß an Ansprachen und schlauen Sprüchen wirklich schon erreicht. Doch er hörte und stimmte Cole sogar zu. Ragnar war auch seiner Ansicht nach zu schade, um ihn nur ein kurzweiliges Spielzeug zu betrachten. Doch dann verdunkelte sich sein Blick ein wenig. "Ich kann deine Beweggründe für das hier nachvollziehen, was aber auch schon das einzige Positive ist", er erwiderte den kühlen Blick unerschrocken. Woher sollte er auch wissen, dass er eine solche Drohung aus Coles Mund besser wörtlich zu nehmen hatte? "Wir haben uns häufiger mal im Darkroom gesehen, na und? Deshalb kannst du es dir also erlauben mir wichtigtuerische Floskeln an den Kopf zu werfen? Tut mir leid, aber das kannst du nicht. Darum sage ich dir das gleiche, wie ich es jedem sagen werde, der seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn zu diesem Zeitpunkt gar nichts angehen: Fuck off!" Seine Lippen kurz zu einem schmalen Strich zusammenpressend sah er Ragnar und Antonin aus den Augenwinkeln näher kommen. "Zudem es mich langsam tierisch anpisst, das Ragnar offensichtlich nur durch seine Krankheit ausgemacht wird. Ich pfeife auf diese beschissene Krankheit und ich pfeife auf deine Drohungen, denn wenn es nach mir geht, werden wir uns wohl leider häufiger über den Weg laufen. Aber das liegt an Ragnar, bestimmt nicht an dir." Tief durchatmend sah er Ragnar entgegen, als sie sich 'trennten' und musste fast schon wieder lächeln, als er die Fragen hörte. "Sowas in der Art", bestätigte er und betrachtete den anderen ein wenig nachdenklich. "Heute muss Tag der schlauen Sprüche und Drohungen für mich sein. Aber gut, vielleicht hat dein Freund da nicht ganz unrecht." Er seufzte und strich sich ein wenig durch die Haare, Ragnar ein wenig zu sich ziehend, als der nach tanzen fragte. "Ich hab das Gefühl dir ein wenig erklären zu müssen, damit du Coles Bemerkungen nicht möglicherweise in den falschen Hals bekommst", sagte er und hob eine Hand, um diesem schönen Mann über die Wange, hinab zum Hals über dessen Schlüsselbein zu streicheln. "Dein Freund und ich, sind uns zu einer Zeit über den Weg gelaufen als ich ziemlich schräg unterwegs war. Schräger als es normal ist in der Szene. Mein fester Freund, mit dem ich fast zwei Jahre lang zusammengelebt hatte, hat sich zu ungefähr diesem Zeitpunkt von mir getrennt und ich hatte das dumme Gefühl, mir beweisen zu müssen, dass ich ohne ihn sehr gut zurecht komme. Ich war so gut wie jede Nacht hier und habe mich ... ausgetobt." Sein Lächeln wurde ein wenig nachdenklich und er sah tief in die schönen Augen seines Tanzpartners, auch wenn sie sich gerade nicht wirklich bewegten. "Hat mir natürlich auf längere Sicht nichts gebracht, weshalb ich von der einen Tätigkeit zur nächsten gesprungen bin: Meiner Arbeit. Ich bin im Grunde nur so erfolgreich, weil ich monatelang durchgearbeitet habe. Genaugenommen sogar fast ein Jahr. Ich hasse es immer noch in die leere Wohnung nach Hause zu kommen und kann es eigentlich gar nicht leiden alles nur auf Sex zu reduzieren. Und ich werde einen Teufel tun und mich von - in meinen Augen - dummen Sprüchen verunsichern zu lassen. Was wird oder nicht, das liegt alleine an uns und ich möchte nicht, dass du denkst, dass ich vor irgendetwas davonlaufe, nur weil man mich ein wenig anknurrt, in Ordnung?" Er seufzte und ließ seinen Blick kurz zu Cole und Antonin schweifen, bevor er Ragnar ernst geworden ansah. "Ich hab dich nämlich gern und mag deine Anwesenheit, auch wenn ich das vermutlich lieber etwas anders und unter anderen Umständen gesagt hätte, so ist es doch die Wahrheit." Cole "Hey", knurrte Cole gutmütig, als Antonin ihm ins Ohr biss. Er sah ihn wieder an und lächelte. Er hatte gute Laune, verdammt gute Laune. Heute war einmal ein wirklich erfolgreicher Tag. Der beste seit langem. Nathans Antwort hatte ihn überzeugt. Normalerweise war es immer darauf hinausgelaufen, dass die anderen Männer sich tatsächlich einschüchtern ließen. Sie konnten ja nicht wissen, dass es Cole durchaus ernst damit war, wirklich mit ihm aneinander zu geraten, würden sie Ragnar verletzen, aber dennoch kuschten viel zu viele. Er hatte sogar schon erlebt, dass ihm Geld angeboten wurde, dafür, dass er weg sah, wenn jener jetzt mit Ragnar verschwand. Jenem hatte er anschließend tatsächlich die Knarre an den Kopf gehalten. Als ob er Ragnars Zuhälter wäre. Aber Nathan hatte sich in keinster Weise einschüchtern lassen. Er hatte genau so reagiert, wie es Cole gehofft hatte. Mit seinen Worten hatte er ihm klar gemacht, dass er erstens nichts auf die Meinung anderer gab, zweitens es wirklich ernst meinte mit Ragnar und drittens, dass Aids dabei keine Rolle spielte. Cole hörte aus den Worten des anderen heraus, dass Bekannte oder Freunde wohl schon Ragnar ‚auf die Krankheit reduziert hatten‘. Umso schöner, dass er dennoch hier war, sich nicht davon hatte verschrecken lassen. Dass er selbst Ragnar auf das reduzieren würde, was ja letztlich in gewisser Weise eine Anklage von Nathan war, das störte Cole nicht. Er wusste es besser, schließlich kannte er seinen besten Freund bereits seit über 14 Jahren und dass er positiv war, wusste er erst seit kurzem. Als Antonin anfing zu sprechen wurde seine Aufmerksamkeit wieder aus seinen Gedanken gerissen. Er betrachtete den anderen warm, sich schmunzelnd darüber amüsierend, dass jener sehr bedacht seine Worte wählte. „Wer hat dir eigentlich erlaubt, so süß zu sein?“, fragte er Antonin fröhlich und küsste ihn. „Ragnar wird mir das verzeihen. Er kennt mich und ich kann sagen, dass bisher keiner von seinen Typen wirklich bestanden hat. Letztlich möchte ich ihn nur davor bewahren, nicht auf einen Typen wie mich reinzufallen. Denn dafür ist er nicht so stark, nicht so stark wie du zum Beispiel. Und angesichts der Tatsache, dass er positiv ist, wäre es wohl besser gewesen, ich hätte ihn in Europa auch ein wenig beschützen können. Dann wäre Ragnar vielleicht heute gesund. Aber ich bin mit dem Ergebnis meines kleinen Schauspiels durchaus zufrieden. Nathan ist ein netter Kerl, der weiß was er will. Und offenbar weiß er gerade sehr genau, dass er Ragnar möchte, und zwar mit allem drum und dran. Und das finde ich gut. Es hätte also nicht besser laufen können.“ Er zwinkerte Antonin zu und zog dann dessen Hüften an die seine, um mit ihm im Rhythmus der Musik intensiver zu tanzen. Hin und wieder küsste er ihn sanft, manchmal leidenschaftlich. Ansonsten genoss er es einfach nur, einmal unbeschwert sein zu können. Als der Rhythmus langsamer wurde, erotischer die Musik, legte er Antonin seine Hand in den Nacken, die andere ließ er zu dessen Hintern gleiten. Bewusst provozierte er die Berührungen ihrer Lenden, während er seinen Kopf leicht zur Seite gleiten ließ, um sacht gegen Antonins Hals zu pusten, bevor er ihn dort sanft mit seinen Lippen berührte. „Weißt du eigentlich wie unglaublich sexy du bist?“, raunte er dem anderen ins Ohr. „Und weißt du eigentlich, wie glücklich ich bin, dass es dich gibt?“ Er lächelte als er seine eigenen Worte vernahm. So etwas zu sagen, war für ihn wirklich eine Meisterleistung. Aber heute würde er sich wohl auch dazu hinreißen lassen, einmal ein wenig von seinem tief im Inneren verborgenen weichen Kern zu zeigen, der wahrscheinlich anderen viel häufiger auffiel, als ihm selbst. Ragnar Ragnar genoss das sanfte Streicheln an seiner Wange und sacht lehnte er sich gegen die Hand des anderen. Die Worte von Antonin hatten ihm gut getan. Auch wenn er bereits wusste, weshalb Cole so handelte. Es war ja nicht das erste Mal. Nur diesmal würde es ihn verdammt stören, wenn Cole Nathan vertrieben hätte, denn dann hätte er sich wirklich wieder einmal mehr in einem Menschen getäuscht, von dem er geglaubt hatte, dass er ehrlich zu ihm gewesen war. Und diese Hand sagte ihm gerade, dass er sich nicht getäuscht hatte. Er lächelte und die Müdigkeit, die dieses Lächeln vorhin noch hatte, war bald verschwunden. Als Nathan begann ihm zu erklären, wie Ragnar Coles Bemerkung verstehen sollte, blickte er ihn warm an. „Mach dir keinen Kopf. Ich bekomme es sicher nicht in den falschen Hals. Erstens stört es mich kein bisschen, dass du im Darkroom warst, aus welchen Gründen auch immer, denn schließlich war jeder von uns dort schon bestimmt mehr als einmal. Und zweitens kenne ich Cole recht gut. Er hat dich dort gesehen, und damit bist du potentiell jemand wie er. Und er hat mir in den letzten 15 Jahren meines Lebens mehr als einmal den Satz gesagt: ‚Pass nur auf Ragnar, dass du dir keinen Typen wie mich aussuchst!‘.“ Er lächelte den anderen an und küsste sanft die Handinnenfläche. „Danke für deine Ehrlichkeit.“ Dass Nathan eine längere Beziehung hinter sich hatte, beruhigte Ragnar ungemein, denn letztlich gab es viel zu wenige Menschen in der Szene, die wirklich auf eine langfristige Beziehung aus waren. Die meisten suchten nur den schnellen Fick, oder gaben es zumindest vor, obwohl Ragnar davon überzeugt war, dass durchaus mehr sich nach einem wirklichen Partner sehnten. Selbst Cole, wie ihm immer mehr bewusst wurde, wenn man die beiden tanzen sah. Ruhig lauschte er den weiteren Erläuterungen und nickte nachdenklich. Er kannte es gut, dass man sich nach einem emotionalen Tief in eine Ersatzbefriedigung stürzt – welcher Art auch immer. Als Nathan ihm erklärte, dass er sich von Cole nicht abschrecken lassen würde, blickte er den anderen lächelnd an. „Dann hat Cole erreicht, was er wollte. Er wollte testen, ob du einzuschüchtern bist. Und du hast die Prüfung bestanden. Er wird dich in Zukunft in Ruhe lassen.“ Doch als er Nathans letzte Worte hörte, verstummte er und blickte ihn mit überraschtem Blick an. Wow, das war jetzt wirklich genauso unerwartet wie überwältigend. Ragnar schluckte, dann beugte er sich zu Nathan, um ihn sanft zu küssen. Seine Hand bahnte sich ihren Weg über die Brust und den Hals in den Nacken des anderen, um den Kuss zu intensivieren. Etwas anderes war er im Moment nicht fähig zu sagen oder zu tun. Er war einfach nur glücklich und zufrieden. Und in dem Moment war Ragnar bewusster denn je, was Cole mit seiner Show immer erreichen wollte, dass er genau das zu hören bekam, damit er nicht mehr zweifelte. Ja, Antonin hatte recht, Cole liebte ihn. Und Ragnar liebte ihn auf die gleiche Weise. Als er sich wieder von Nathan löste wurde eben jenes eher erotischere Lied angespielt. „Es wird Zeit, dass wir uns endlich einmal bewegen“, lächelte er den anderen an und blickte ihm in die himmlischen Augen. Und ohne weiter etwas zu sagen, und auch ohne irgendwie zurückzuweichen, begann er sich an Nathan geschmiegt zu bewegen. Antonin Ein wenig verlegen lächelnd, erwiderte er nichts auf Coles eher rhetorische Frage. Zudem er auch gar nicht wusste, was er hätte antworten sollen. Süß? Antonin war sich nicht sicher, ob dieses Wort wirklich zu ihm passte. Andererseits tanzte gerade ein fröhliches Funkeln in den Augen des anderen und Antonin war geneigt sich auch als niedlich titulieren zu lassen, wenn er dafür mehr davon zu sehen bekäme. Doch dann wurde sein Blick sanfter, trauriger, nachdenklicher. Ragnar war positiv? Einen Blick zu den beiden anderen werfend, die inzwischen ebenfalls tanzten seufzte er unhörbar, bevor er sich Cole wieder zuwandte und sich eine Weile aufs Tanzen konzentrierte. Darüber sinnierend wie unfair das Leben manchmal sein konnte. Und es ließ ihn sich wieder daran erinnern, was er einmal ursprünglich für Pläne mit CI-1 hatte. Es würde noch jahrelange Forschung benötigen, sowie die Hilfe vieler Kollegen aus anderen Fachrichtungen, aber im Grunde würde es irgendwann einmal nicht nur Drogensüchtigen, sondern auch so Leuten wie Ragnar helfen können. So traurig es war, aber die tödliche Krankheit des anderen erinnerten Antonin deutlich daran, dass es niemals sein Lebensziel gewesen war, ein mordender Psycho zu sein. Vielleicht war er stellenweise egoistisch und im Grunde kein wirklicher Menschenfreund, aber seine offizielle Arbeit hatte immer dazu gedient, Krankheiten effektiver und vor allem schneller behandeln zu können. "Mal angenommen...", fing er an, "ich würde dir eine bestimmte, verlorengeglaubte Formel überlassen, würde das nicht auch Ragnars Profit erhöhen?" In diesem Moment bemerkte er nur am Rande, dass Cole diesen Nathan für gut befunden hatte, denn seine kleinen Rädchen drehten sich in andere Richtungen. Antonin war nicht auf den Kopf gefallen und gerade durch die Sparte, aus der er kam, hatte er eine sehr genaue Vorstellung wie viel von Ragnars Geld für Medikamente draufgehen sollte. Zwar fehlte ihm eine Vorstellung davon, was jener verdiente, und er bezweifelte, dass Cole zulassen würde, dass jener damit zu kämpfen hatte, sich die Mittel zu leisten, aber wenn die Herausgabe einer dämlichen Formel zu einer noch dämlicheren Droge dazu beitragen könnte, es diesem Mann einfacher zu machen... nun, warum nicht? Zwar waren gerade die eingebauten Sicherheiten, die ein einfaches Nachpanschen verhinderten, kompliziert und nur in einem wirklich guten Labor zu verwirklichen, aber wenn man den Gewinn bedachte, sollte das Cole keine Probleme bereiten. Doch von solchen Gedanken wurde er schließlich endgültig abgelenkt, als Cole ihn zu sich zog und es dauerte nicht lange bis Antonin sich wieder auf die Musik und den tollen Mann vor sich einlassen konnte. Abermals hatten es ihm gerade diese Küsse angetan, die er ohne Umschweife erwiderte und es genoss, sich eine Weile einfach so zusammen mit Cole dahintreiben lassen zu können. Er hatte keinen Blick für etwaige andere Männer, denn sein Partner schaffte es wieder einmal, jede noch so kleine Unze an Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und nicht zum ersten Mal fragte Antonin sich, wo sie wohl die richtige Abzweigung genommen hatten? Ab welchem Zeitpunkt er einfach nicht mehr ohne den anderen hatte sein wollen? Und wieder konnte er kein Datum, keine Uhrzeit finden. Es kam ihm vor, als wäre es schon bei ihrer ersten Begegnung so gewesen. Als hätte alles so kommen müssen, wie es gekommen war. Und egal was nun die Wahrheit sein mochte, irgendwelche Schicksalsgöttinnen schienen es noch gut mit ihm zu meinen. Da sie ihm trotz aller Scheiße außenrum so einen Mann zugestanden. Als sich die Musik änderte, schlich sich ein kleines Funkeln in seine Augen und er drängte ein Bein zwischen die von Cole, ließ sich nur zu gern auf die Neckerei, die leicht funken schlagende Spielerei ein. Er neigte den Kopf leicht, um dem anderen dort mehr Platz zu machen und schloss die Augen kurz, genießend. Die er jedoch gleich darauf wieder öffnete und sich mit einem leichten Lächeln näher an Cole dränge, ihre Lenden wieder zusammenbrachte. "Haben Sie heute schon mal in einen Spiegel gesehen, Mister? Das wäre was ich sexy nennen würde", antwortete er mit leicht heiser gewordener Stimme, nur um dann perplex zu blinzeln und die Hand, die er auf Coles Hintern hatte ruhen lassen, rutschte automatisch höher. Den anderen unbewusst an sich drückend, versuchte er diese Worte zu verdauen, den Blick aus den grünen Augen suchend, um sich zu vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte. Und als ihm das langsam klar wurde, war das strahlende Lächeln wieder da. Von einer Sekunde auf die andere geriet der Rest in den Hintergrund. Nur noch Cole und das unglaublich warme, glückliche Gefühl in seinem Bauch blieben zurück im hier und jetzt. Sich die Lippen befeuchtend, begannen seine Augen zu funkeln, bis er sich für eine Antwort entschieden hatte. Eine, die ihnen wohl beide zusagen würde. "Ich kann dich noch glücklicher darüber machen…", raunte er dem anderen frech zu und zog diesen erst in einen langen Kuss. Zuerst sanft, seine Gefühle vermittelnd, wurde er schnell leidenschaftlicher, bis er Cole an der Hand griff und sich von diesem löste. Es brauchte nicht recht viel mehr als einen auffordernden Blick und ein viel versprechendes Lächeln, um sie in den Darkroom zu befördern. Doch anders als Cole sich das wohl gedacht zu haben schien, ließ Antonin sich das Zepter diesmal nicht so schnell aus der Hand nehmen. Ihnen mit einem schnellen Blick einen freien Platz suchend, machte er sich nach einem weiteren, deutlich dringenderem Kuss an der Hose des anderen zu schaffen und begab sich dann selbst auf die Knie. Noch so etwas, das ihm nur bei Cole völlig natürlich und jetzt gerade auch absolut nötig erschien. Zum einen machte ihn das inzwischen ebenfalls an und zum anderen war es an der Zeit sich einmal 'ordnungsgemäß' zu bedanken. Besser könnte er es mit Worten gerade nicht ausdrücken, ohne dass ihm vielleicht nicht doch ein Liebesgeständnis über die Lippen rutschen würde. Zwar ahnte er, dass Cole das eigentlich inzwischen klar sein müsste, aber zwischen Ahnung und Wissen lagen manchmal Welten. Und Antonin mochte den sich öffnenden Cole. Jeden einzelnen Zentimeter.. Nathan Er lauschte auf Ragnars Stimme und zeigte sich ein weiteres Mal fasziniert von ihr. Gerade hier, zu dieser Kulisse schien sie wunderbar zu passen. Wie ein Instrument, das nur ein wenig unter den restlichen Instrumenten hervorstach. Aber eben genug, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nathan fand sie nur im Bett noch schöner, wenn Ragnar diese wunderbaren kehligen, erregten Laute von sich gab. Schließlich lächelte er. "Ich bin so gut wie immer ehrlich, eines Tages wirst du mich dafür verfluchen. Das geht zumindest den meisten irgendwann so." Es war ein wenig ein schelmisches Grinsen, das aussagte, dass er sich da keiner Schuld bewusst war. Doch dann seufzte er. "Er muss mich nicht in Ruhe lassen, aber er sollte mir keine haltlosen Verdächtigungen mehr an den Kopf werfen. Auch wenn ich es wohl verstehen kann..." Er ließ den Satz auslaufen und lächelte dann etwas resignierend. "Ginge mir an seiner Stelle wohl ganz ähnlich. Und wofür sind Freundschaften da, wenn nicht genau für so etwas?" Als er den überraschten Blick von Ragnar bemerkte, hob er eine Augenbraue. Was? War das dem anderen wirklich nicht klar gewesen? Hm, vielleicht war dessen Selbstbewusstsein durch diese gottverfluchte Krankheit nicht so toll, wie er ihm weißmachen wollte? Wenn dem so war, dann würde Nathan in Zukunft wohl häufiger ein wenig direkter auf seine Gefühle für den anderen zu sprechen kommen. Denn dass sich da Gefühle bildeten, wenn sie nicht sogar schon vorhanden waren, das war zumindest ihm mehr als deutlich bewusst. Zufrieden, wenn auch etwas überrascht erwiderte er den Kuss und zog Ragnar ein wenig näher zu sich heran. Das schmeckte ganz eindeutig nach mehr, doch als der andere den Kuss löste war er auch nur zu gern bereit zu den momentan gespielten Tönen zu tanzen. Gerade wenn dieser fantastische Körper, der zu diesem tollen Mann gehörte sich so nahe an ihm geschmiegt bewegte. Es war genial und auch irgendwie spannend so zu tanzen. Zum einen weil Ragnar ein ausgesprochen guter Tänzer war und zum anderen weil es Nathan beschäftigte, seine Gelüste im Zaum zu halten. Eine bisher eher unbekannte, aber durchaus anregende Art zu tanzen und sich zu amüsieren.. Doch schließlich versank er schon wieder fast in diesen dunkel funkelnden Augen. Eine Hand über den Rücken des anderen gleiten lassend, bis sie auf dessen Hintern zu ruhen kam, zog er Ragnar in einen weiteren, leidenschaftlicheren Kuss. Mh, er küsste diesen Mann einfach unglaublich gern. Doch dann konzentrierten sie sich eine ganze Weile nur aufs Tanzen, genossen wohl auch die Anwesenheit des jeweils anderen, bis sie beschlossen sich eine Atempause bei einem Drink zu gönnen. Ragnar mit einem Bier zuprostend, lehnte Nathan sich an den Tresen. "Ich habe mir die Tage etwas für eine besondere Veranstaltung, hier im Savoy überlegt. Die Idee kam mir als ich deinen Bildband durchgesehen habe. Eine Art der besonderen Schwarz-Weiß Party. Im Grunde ist ja jeder Mensch eine Art Kunstwerk für sich und daraus ließe sich sicherlich noch etwas machen. Aber ich bin mir da noch nicht ganz sicher und hätte dich gern zu deiner Meinung zu ein paar Ideen gefragt. Wenn du Interesse an so etwas hast?", fragend sah er Ragnar an. "Natürlich könnte ich jetzt auf dein schlechtes Gewissen plädieren, weil du mir den Floh unbemerkt ins Ohr gesetzt hast, da ich so häufig an unseren Nachmittag bei der Ausstellung zurückdenken muss, aber das würde ich natürlich niemals machen." Er schmunzelte leicht. "Nein, das ist natürlich ein Scherz, fühl dich bitte zu nichts gedrängt. Es ist momentan auch mehr eine Spielerei von mir, als ein bereits fest geplanter Event." Cole Antonins Angebot, die Formel für Blue Wonder herauszurücken, um Ragnar finanziell ein wenig zu unterstützen, klang interessant. „Würde es, aber das musst du dir gut überlegen. Er kommt ganz gut hin, momentan, auch wenn er glaube ich keine großen Sprünge macht, und von daher würde es vielleicht auch reichen, bis du mit deinem Labor soweit bist.“ Er lächelte den anderen an. „Darüber können wir die Tage nochmal reden, nicht jetzt… Jetzt möchte ich von dem ganzen Zeug nichts wissen.“ Ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als Antonin ihn ebenso ‚anzüglich‘ antanzte, wie er ihn. Er liebte dieses Brizzeln, das zwischen ihnen in der Luft lag, wenn sie so tanzten. Es erfüllte ihn, kam aus seinem Innersten. Und es war ein Gefühl, das nur bei Antonin in dieser Intensität auftrat. Er erinnerte sich noch gut, wie sie das allererste Mal zusammen getanzt haben, damals, als sie noch gar nicht ‚zusammen‘ gewesen waren. Und dennoch war schon dort diese unglaubliche Erotik in der Luft gelegen. Cole stellte fest, dass er viel zu spät begriffen hatte, welchen Juwel er damals in Händen gehalten hatte. Aber jetzt war er an seiner Seite. Und er würde ihn nicht mehr hergeben. Die Reaktion des anderen auf sein Kompliment ließ ihn schmunzeln. Klar war es Cole bewusst, dass er ‚sexy‘ war, aber es auch Antonins Mund zu hören, war etwas ganz anderes als es aus den vielen Mündern der Männer gehört zu haben, die er schon gefickt hatte. Bei diesen Männern war das alles bedeutungslos gewesen. Komplett bedeutungslos. Doch als Antonin stutzte, als er ihm erklärte, dass er glücklich war, löste sich Cole ein wenig, um auch das Gesicht des anderen zu sehen. Und dieser suchte auch seine Augen. Ruhig blickte er den anderen, der ihn erst etwas ungläubig ansah, an. Es war sein kompletter Ernst gewesen, auch wenn er mit solchen Worten, wohl wirklich nur hausieren ging, wenn er wirklich sehr gut drauf war. Doch das Lächeln, das er jetzt geschenkt bekam, versicherte ihm, dass diese Worte auszusprechen, das Beste gewesen war, was er an diesem Abend hatte tun können. Wenn der Bildhauer Antonin in Stein meißeln würde, müsste er genau dieses Strahlen einfangen, denn es war unglaublich schön. Hm, vielleicht sollte er öfters so etwas sagen? Nein, dann wäre er nicht er selbst. Aber angesichts dessen, was nun folgte, würde er es sich vielleicht noch einmal überlegen. Diese unglaubliche Stimme, dieses Versprechen, dieser Kuss – in Cole kribbelte alles in freudiger Erwartung an das, was er jetzt in jedem Fall wollte: Sex. Und so brauchte es nichts mehr, als diesen Blick des anderen, um jenem wie ein williger Hund zu folgen. Ob er jemals genug davon bekommen könnte? – Niemals. Doch als er dort den anderen in einen verführerischen Kuss ziehen wollte, schien Antonin, der den Kuss wieder löste, andere Pläne zu haben. Er schluckte, als er sah, wie jener vor ihm in die Knie ging. Überrascht blickte er hinab, doch jener schien keinerlei Zweifel zu haben, dass er das wollte. Also warum nicht genießen? Und allein die Vorstellung davon, von Antonin einen Blowjob zu erhalten, ließ seine Erregung steigen. Wow, das war wohl ein Liebesbeweis der unglaublichen Art. Als er die Lippen an seinem Glied spürte, stöhnte er auf. Das war so unglaublich gut. Sein Kopf glitt in den Nacken, seine Hand krallte sich leicht in das Hemd des anderen, das er gerade so erreichen konnte. Und dann genoss er einfach nur noch. Die Größe dieses ‚Geschenks‘ war sicher für viele andere nicht nachzuvollziehen, denn in dieser Szene war es etwas ‚Normales‘, aber für Cole war das einfach nur mehr, als er sich so bald erträumt hätte. Stöhnend gab er dem anderen zu verstehen, dass ihm gefiel, was er gerade erhielt, was ihm zuteilwurde. Als er schließlich ungehemmt stöhnend kam, hatte Antonin so unglaublich in seiner Lust vorangetrieben, dass es ihm sehr schwer fiel, nicht ungehemmt in diesen unglaublich heißen Mund zu stoßen. Doch er wusste selbst, wie sich das anfühlen konnte, und daher versuchte er sich so gut es ging zu beherrschen. Als das Beben langsam wieder verebbte, zog er Antonin zu sich hinauf, um ihn gierig zu küssen, sich selbst schmeckend. Dann drehte er Antonin gegen die Wand des Darkroom und arbeitete sich selbst hinab. Auch wenn das wohl wirklich als ein Dankeschön für seine Worte zu werten war, so würde er Antonin nicht unbefriedigt hier aus dem Darkroom weichen lassen. Und so ließ er sich auch auf die Knie sinken, etwa, was er schon wirklich sehr sehr lange nicht mehr getan hatte. Als er sah, wie erregt Antonin bereits war, wohl durch den BlowJob, den er ihm zuteil hatte werden lassen, blickte er kurz grinsend auf, provozierend über die Hose des anderen massierend, bevor er die Hose öffnete und nun Antonin verwöhnte. Ragnar Dieser Kuss schrie danach, dass er den Abend heute sicher nicht allein in seinem Bett ausklingen lassen würde. Soviel stand fest. Ragnar glaubte nicht, dass er Nathan davon ‚überzeugen‘ müsste, ob er bei ihm schlafen durfte. Und morgen war Sonntag. Sie würden sicher ausschlafen und ein wenig mehr Zeit miteinander genießen können. Das Tanzen nach solchen Worten ging so leicht von den ‚Füßen‘, dass er das Gefühl hatte zu schweben. Er hatte schon lange nicht mehr so entspannt getanzt, so befreit. Aber die Ereignisse gerade hatten dieses Gefühl, dem er in der letzten Zeit verboten hatte, aufzutauchen, nun endlich befreit. Das Gefühl, wirklich jemanden gefunden zu haben, der wahres Interesse an ihm hatte, der aufrichtig war und offensichtlich einfach ihn haben wollte. Und das tat verdammt gut. Es gab ihm so einen enormen Schub an Glückshormonen, dass er fast schon taumelte. Zumindest fühlte sich alles in ihm so an. Gott, war er noch ein kleines Kind! Cole hatte recht damit, wenn er ihn aufzog, zu sehr ein kleiner Träumer zu sein, aber offensichtlich sollte man doch nie aufhören zu träumen. Und da war er wieder der Begriff: Märchenprinz. Ragnar grinste breit, als ihm der Gedanke kam. Seine Augen funkelten freudig und selbst ihm fiel das Strahlen auf, das er schon lange nicht mehr in dieser Intensität gehabt hatte. Ragnar merkte, dass es letztlich auch einfach daran lag, dass er mit Nathan nichts von seinem gewöhnlichen Alltag verband. Bei Nathan konnte er einfach nur sein, wie er war. Und das würde er auskosten, sooft es ging. Ragnar bestellte sich einen Erdbeer-Daiquiri, als sie an der Theke waren und prostete dem anderen damit zu. Er mochte diese Drinks irgendwie. Und so lehnte er sich neben Nathan an die Theke, lehnte sich dabei auch leicht an den anderen. Als Nathan begann von seiner Idee zu erzählen, drehte er sich jedoch zu ihm, um ihn besser verstehen zu können. Interessiert folgte er den Worten. Es ehrte ihn ein wenig, dass Nathan seine Meinung dazu einforderte. Schließlich war jener doch der kreative Kopf von ihnen. Aber Ragnar hatte ja für den Nachtclub des Lady-Dream auch immer wieder mit solchen Events zu tun, auch wenn sie aber jemand anderes organisierte. „Klar habe ich Interesse an so etwas“, erklärte er lächelnd. „Und du musst deswegen nicht mein schlechtes Gewissen aufrufen, das übrigens in keinster Weise vorhanden ist. Schließlich finde ich es nur gut, dass du gerne an Zeit, die du mit mir verbringst, denkst.“ Er zwinkerte dem anderen lächelnd zu. Sacht trat er näher an den anderen heran, um ihm einen zarten Kuss auf das Ohrläppchen zu geben, bevor er flüsterte: „Und ich mag Spielereien mit dir – und wenn es nur Gedankenspielereien sind.“ Dann zog er sich wieder zurück und trank unschuldig an seinem Daiquiri. „Wir können ja dann morgen früh beim Frühstück ein wenig genauer darauf eingehen. Dann gebe ich meine unqualifizierten Kommentare dazu ab.“ Sein Blick glitt kurz suchend durch den Raum. Aber Cole und Antonin schienen noch immer im Darkroom, in dem er die beiden hatte verschwinden sehen. Dafür fiel sein Blick auf die beiden Freunden Nathans, die sich offensichtlich gerade ihren Weg zu ihnen bahnten. Ob er jetzt das gleiche durchmachen würde müssen, was Nathan heute durch Cole hatte bestehen müssen? Nur bei ihm würde es wohl auf ein anderes Thema hinauslaufen… Antonin Es war nicht nur Erregung, sondern auch Befriedigung pur, Cole so ungehemmt stöhnen zu hören. Vor allem wenn er dafür die Verantwortung trug, so ließ ihn das nur noch ein wenig mutiger werdend und Dinge ausprobieren, die er sich bei dem anderen 'abgeschaut' hatte. Man lernte ja bekanntlich am besten vom Meister, oder? Doch solcherlei Gedanken waren genauso schnell weg, wie sie gekommen waren, viel zu intensiv war das Erlebnis gerade für ihn. Umgeben von ihm völlig fremden Männern, deren Stöhnen und Keuchen ihn gerade nur noch anstachelten, sowie Coles leicht zusammengekrallte Hand an seiner Schulter, ließ Antonin sich selbst genügend fallen, um fast überrascht zu sein, als Cole sich in seinem Mund ergoss. Ohne darüber nachzudenken schluckte er und leckte nochmal über die gesamte Länge, bevor er sich nach oben und in einen absolut heißen Kuss ziehen ließ. Oh ja, so wie gerade, würde es sich wirklich leben lassen. Zudem er gerade wirklich ein wenig stolz auf sich selbst war, denn inzwischen nahm die Lust dabei wirklich überhand und der hin und wieder auftauchende Würgereiz ab. Sah so aus als würde es sich über kurz oder lang für den anderen gelohnt haben, sich bei seinen eher vorsichtigen Versuchen in dieser Richtung geduldig gezeigt zu haben. Ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen habend, ließ er sich herumdrehen und lehnte sich gegen die Wand, ein wenig irritiert dabei zusehend, eigentlich mehr spürend wie sich diesmal Cole vor ihn kniete. Der würde doch nicht...? Cole würde nicht nur, er tat und Antonin wusste nicht, was ihn gerade tatsächlich so begeistert zum aufstöhnen brachte, der bloße Gedanke war fast schon zu viel, aber die massierende Hand und der kurze Blick, den sie tauschten war unglaublich. Ebenso unglaublich wie der BlowJob der ihm zuteilwurde. Verflucht, dieser Mann war einfach zu gut, das war ja alles schon gar nicht mehr wahr. Und so gern Antonin einfach den Kopf zurückgelehnt und die Augen geschlossen hätte, um das zu genießen, so konnte er seinen Blick nicht von Cole lassen. Nicht eine Sekunde. Cole. Auf den Knien. Hier. Vor ihm. Ein Bild, das ihn, zusammen mit der talentierten Zunge, bald über die Klippe schickte, wo er sich kaum zusammenreißen konnte, ruhig zu bleiben. Doch er bemühte sich und sackte schließlich leicht in sich zusammen, in diesem Gefühl der Befriedigung badend. Wieder zu Atem kommend, zog er sich die Hose wieder zurecht und konnte dann gar nicht so schnell schauen, wie er wieder geküsst wurde. Es störte Antonin kein Stück, sich selbst noch zu schmecken, viel wichtiger war der Kuss an sich, der ihn fast dahinschmelzen ließ. "Ich bin so furchtbar süchtig nach dir", murmelte er gegen dessen Lippen und lächelte. "Wie hab ich es nur jahrelang ohne dich ausgehalten?" Er schmiegte sich an Cole, diesen in einen weiteren Kuss ziehend. "Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich habe jetzt Durst", verkündete er und war zufrieden, als der andere nichts dagegen zu haben schien. Sich ein wenig suchend umsehend blieb er am Fuße der Treppe stehen, die nach oben auf die rundumführende Galerie führte. Irgendwann wollte er auch mal da hoch, aber nicht jetzt. "Du hast Nathan also getestet und für gut befunden", stieg er schließlich mit deutlicher Verspätung auf das vorher gehörte ein. "Und wenn ich richtig in deinen Worten gelesen habe, war es nicht das erste Mal, dass du jemanden getestet hast? Ich schätze dann ist jetzt jemand ziemlich erleichtert darüber, dass du diesmal mit deinem Test erfolgreich warst." Er deutete zu einer der beiden Tresen, wo er Ragnar zusammen mit Nathan und zwei anderen Kerlen stehen sah. "Zudem der Kerl ja auch wirklich nicht übel aussieht", murmelte er und grinste dann frech zu Cole. "Ich hab euch beide vorher gedanklich mit Platzhirschen verglichen und finde das nach wie vor sehr amüsant." Diesmal war seine gute Laune nicht mehr aufzuhalten. Es war wie ein kleiner, leuchtender Ball in seinem Inneren, der den ganzen dunklen, blutigen Mist gerade zurückdrängte und ihn für ein paar Stunden vergessen ließ, dass er eigentlich gerade nichts zu lachen hatte. "Wollen wir zu ihnen gehen?" Nathan Ein vergnügtes Lächeln schlich sich in seine Augen als Ragnar ihm zuflüsterte, dass er auf Spielereien stand. Schmunzeln bedachte er den anderen mit einem gespielt nachdenklichem Blick. "Nur auf die gedanklichen? Mir würde da noch die ein oder andere Spielart einfallen, die mir oder vielmehr uns gefallen könnte." Sein Schmunzeln wurde nur umso deutlicher, als er Ragnar vom Frühstück sprechen hörte. "Und darüber sollten wir unbedingt vor dem Frühstück sprechen." Das letzte Wort flüsterte er fast und ein Gefühl der Vorfreude breitete sich in ihm aus. Allerdings auch nur, bis er seine beiden Freunde ebenfalls bemerkte. Es wäre jetzt wirklich besser für alle Beteiligten, wenn die sich an seine Worte von vorher hielten. Trotzdem musste er lächeln, als er Blairs breites Grinsen und Saschas eher unwilligen Blick bemerkte. Ein Blick, der nicht in Richtung Ragnar ging, sondern vielmehr von dessen allgemeiner Unzufriedenheit verkündete. "Na, ihr zwei?", sprach er sie an und deutete hintereinander auf sie. "Ragnar, der kleine Butler da ist Blair und der Kerl mit der Gewitterwolke über dem Kopf ist Sascha", stellte er sie vor und war recht zufrieden mit deren Reaktionen, denn beide begrüßten Ragnar anstandslos. Sogar Sascha ließ sich zu einem kurzen Lächeln hinreißen und schnappte sich dann das Bier aus Nathans Hand, um ein paar große Schlucke zu nehmen, während Blair leise zu lachen begann und sich dann 'vertraulich' zu Ragnar lehnte. "Denk dir nichts, er ist nur angepisst, weil der Kerl, den er sich für heute herausgepickt hatte, sich mit einem anderen verdrückt hat." Sofort hatte jener einen bösen Blick aus den dunkelblauen Augen auf sich und selbst Nathan begann zu Grinsen, bevor er Sascha das Bier kopfschüttelnd wieder abnahm. "Ja, sehr witzig. Hat eigentlich irgendjemand eine Ahnung, wie nötig ich es heute habe? Nein, natürlich nicht. Ihr beide habt leicht lachen!" Diesmal heftete sich der böse Blick an Nathan. "Während ihr es natürlich wieder sehr leicht habt, hat es so ein Normalo wie ich nicht in die Wiege gelegt bekommen!" "Das liegt nicht an deinem Aussehen, sondern an deinen Ansprüchen", widersprach Nathan und beobachtete gespannt wie Sascha sich nun an Ragnar wandte. "Jetzt frage ich einen Unbeteiligten!", knurrte er und machte eine auffordernde Handbewegung. "Ist es denn wirklich zu viel verlangt, nicht diese anabolikagestörten Witzfiguren zu nehmen, nur weil man gerade Sex braucht? Muss es denn wirklich ein offensichtlicher Drogenjunkfucker sein, nur weil man selbst nicht aussieht als wäre man aus einem Hochglanzmagazin gesprungen? Muss es denn dann wirklich ein stinkender, besoffener Kerl sein?!", fauchte er und verschränkte die Arme schließlich vor seiner Brust, was das sowieso schon eng sitzende T-Shirt ein Stück nach oben schob. Während Nathan seufzend die Augen verdrehte, begann Blair schon wieder zu lachen. Diese kleine Rede kannten sie beide schon zur Genüge und ihre Antwort war immer die gleiche. Nun vielleicht würde Ragnar dem guten Mann ja tatsächlich etwas anderes sagen und sie hätten dann entweder endlich Ruhe oder der ganze Zirkus würde sie noch ein Leben lang verfolgen. Und schlecht sah Sascha in Nathans Augen eigentlich gar nicht aus. Das Problem war vielmehr, dass jener selbst nicht so viel von sich hielt und das bekamen die anderen Kerle natürlich sehr schnell spitz und nutzten das entweder weidlich aus oder ließen den armen Mann links liegen. Ja, sie waren schon ein wirklich, wirklich seltsames Trio. Sascha, der eher normale Mann mit einem normalen Beruf bei einer Bank als Kundenberater für Anlagen. Jemand der eher wenig Risiko einging, aber auf den man sich immer verlassen konnte. Dazu kam Blair, der eher unnormale Mann mit Hang zu verrückten 'Verkleidungen' und einem Beruf, der zu seinem Hang zum 'Bedienen' passte - er war im Telefonsexgewerbe tätig. Und schon der ein oder andere Kunde hatte aufgelegt, weil es Sascha und Nathan im Hintergrund fast vor Lachen zerrissen hätte über das doch sehr stark gestellte Stöhnen und Keuchen. Und wie er selbst da hineinpasste, das war Nathan auch nach Jahren noch nicht klar. War er eher normal oder unnormal? Als was galt sein Beruf? War er eher für Verrücktheiten zu haben oder doch eher Vernünftig? Irgendwie glaubte er, von allem etwas zu sein und deshalb doch ganz gut in diese Freundschaft zu passen. Doch diese Gedanken schob er erst einmal beiseite und lauschte dem folgenden Geplänkel der Männer um ihn herum. Es schien so, als könnte Ragnar sich ohne Probleme integrieren, denn weder Blair noch Sascha ließen erkennen, dass sie ein Problem mit jenem haben könnten. Vielleicht gaben sie sich ja tatsächlich die Mühe, hinter die Fassade der Krankheit zu blicken? Als sein Blick dann zufällig auf die anderen beiden näherkommenden fiel, lehnte er sich zu Ragnar hinüber, leicht gegen sein Ohr pustend, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten: "Jetzt bin ich gleich gespannt. Blair ist schon seit ewig und drei Tagen spitz auf deinen Freund." Ein amüsiertes Funkeln hatte sich in seine Augen geschlichen, vor allem weil der kleinste der Gruppe Cole ebenfalls schon ausgemacht zu haben schien. Ragnar Ragnar lächelte als er die geflüsterten Worte hörte. "Klingt gut…", raunte er und in ihm erwachte der Wunsch, dass der Abend hier doch lieber nicht so lange dauern möge. Ragnar trank schnell aus, bevor Nathans Freunde bei ihnen waren. Er blickte ihnen offen entgegen. Er hatte eigentlich noch nie Probleme damit gehabt, bei jemandem gut anzukommen, demnach machte er sich keine Gedanken darüber, dass Nathans Freunde ihn nicht mögen könnten. Inwieweit sie von seiner Krankheit wussten, das konnte er nicht wissen. Aber wenn es wahre Freunde waren, würden sie Nathan doch eigene Entscheidungen treffen lassen. Zumal dieser sich ja ganz offensichtlich - und zu Ragnars Glück - definitiv dafür entschieden hatte, dass die Krankheit keine Rolle spielen sollte, außer was die Verhütung betraf. Kurz bevor die anderen da waren, spürte er wieder jenen stechenden Schmerz in seinem Kopf, der ihn so oft in letzter Zeit begleitete. In einem Reflex langte er sich an die Stirn, senkte die Hand aber schnell wieder. Besser, wenn niemand etwas bemerken würde. Aber er sollte sich nachher unbedingt Wasser bestellen. Ragnar nickte den beiden Männern, die ihm vorgestellt wurden lächelnd zu. Als sich Blair ein wenig zu ihm lehnte, um ihm zu erklären, warum Sascha ein Gesicht wie Sieben Tage Regenwetter zog, musste sich Ragnar stark zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken. Er war empfindlich, was dies betraf. Und Berührungen mochte er nur von Menschen, die er kannte. Aber er schaffte es relativ gut, ruhig zu bleiben. Er grinste leicht. "Hm, armer Kerl", seufzte er. "Dabei gibt es doch hier geschätzte 300 andere Kerle." Doch die anklagenden Worte des anderen an Nathan, dass es diese gutaussehenden Männer um so vieles besser hätten, ließ sein Grinsen wieder verschwinden. Es erinnerte ihn an sich früher. Er war genauso wenig von sich überzeugt gewesen, anfangs. Ragnar legte den Kopf leicht schief, betrachtete sich Sascha näher und konnte eigentlich nichts erkennen, das ihm als besonders negativ auffiel. Klar, er war jetzt niemand, der einem sofort ins Auge fiel, weil er von überragender Schönheit war, aber er war auch kein hässliches Mauerblümchen, das lieber mit einer Papiertüte auf dem Kopf rumrennen sollte. Und Nathan sprach genau den Gedanken aus, den Ragnar eben hatte. Was dazu führte, dass sich nun auch Sascha an ihn wandte. Ragnars Lächeln wurde zu einem leichten Grinsen, angesichts des Vortrags, den er zu hören bekam. Er stieß sich von der Theke ab, überwand die kurze Distanz zu Sascha und beugte sich so zu ihm, dass er ihm ins Ohr flüstern konnte. "Hör zu, Sascha. Mir ging es früher nicht anders, und ich musste mehr als oft genau das gleiche Lachen von meinem besten Freund ertragen. Bis er mir eines gesagt hatte. 'Du siehst verdammt gut aus, merk dir das Ragnar.' Und um ehrlich zu sein, kann ich das auch nur an dich weitergeben. Sascha, du siehst verdammt gut aus.' Und dann hat er mir noch einen Tipp gegeben, und glaub mir, er ist einer von denen, der jeden bekommt, den er haben will. Er hat mir gesagt, ich sollte mich eben nicht auf einen fixieren, den ich mir aussuche, sondern die Augen offen halten, denn man übersieht unglaublich viel sonst. Schau dort drüben zum Beispiel, der Typ mit dem Tanktop, der schaut schon die ganze Zeit zu dir. Und dort der Kerl am Tresen schaut, als hätte er dich schon ausgezogen. Und beide sehen doch eigentlich ganz schnuckig aus..." Er zog sich ein wenig zurück und blickte Sascha ernst an. "Also immer merken: Augen offen halten und keinen typisch männlichen Tunnelblick, ala Jäger haben. Da sieht man die besten Kerle nicht. Und dann geh los und schnapp dir einen von den beiden." Er trat noch ein Stück zurück und lehnte sich wieder gegen die Bar. "Und vergiss nicht, was du dir immer wieder sagen solltest." Ein Schmunzeln schlich sich wieder auf seine Lippen. Kurz blickte er Nathan an, lehnte sich leicht an ihn, das Bedürfnis habend, den anderen berühren zu können. Die Kopfschmerzen wurden gerade schlimmer. Vielleicht würde es heute Nacht doch wieder nichts werden. Als er spürte, wie Nathan sich zu ihm lehnte, ihm sanft gegen das Ohr blies, blickte er diesen fragend an, bis er seinen Worten folgend zu Antonin und Cole blickte und lächelte. "Ich glaube kaum, dass Blair Erfolg haben wird", flüsterte er Nathan zu. "Cole hat, auch wenn ich es selbst kaum glauben kann, tatsächlich jemanden gefunden, der so hart im nehmen war und so hartnäckig, dass er ihn tatsächlich voll und ganz für sich gewinnen konnte. Und da soll jemand behauptet, es gäbe keine Wunder mehr auf Erden." Er grinste leicht. "Sollen wir Blair vorwarnen?" Cole "Hört sich gut an", bestätigte Cole Antonins Vorschlag, etwas trinken zu gehen. Der salzige Geschmack in seinem Mund war einer der Geschmäcke, die er ungern länger in seinem Mund hatte. Und so folgte er Antonin, während dieser sich durch die tanzende Menge schlängelte. Die Worte des anderen klangen noch in ihm nach und hatten ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen manifestiert. Ja, sie hatten sich gefunden. Und Cole wunderte sich über sich selbst, wie sehr ihn das ausfüllte. Sicher, ihm fielen die Männer um ihn herum auf, die ihn mit ihren Augen auszogen, die ihn haben wollten. Aber erspürte nicht ein bisschen das Bedürfnis, einem von denen zu signalisieren, dass er ihnen erlaubte, ihm nahe zu kommen. "Des Öfteren", er seufzte. "Ragnar war früher einer von denen, die sich leicht über den Tisch ziehen haben lassen und in jeglicher Hinsicht verarscht worden sind. Es war ganz gut, dass ich ihn ein wenig an die Hand genommen habe. Sonst würde er heute noch auf irgendwelche Kerle hereinfallen, die ihm das Blaue vom Himmel versprechen, und am nächsten Tag nicht mehr wissen, wie er heißt. Und wie du siehst, hat es ihm nicht geschadet. Jetzt hat er ja einen, der wirklich an ihm interessiert ist. Und das finde ich gut." Doch als er Antonins Urteil über Nathan hörte, grummelte er, packte Antonin am Handgelenk und zog ihn zu sich, um ihn anzusehen. "Platzhirsche? Er sieht gut aus? Da würde mich ja mal interessieren, wer für dich das Rennen macht." Herausfordernd blickte er Antonin an, sich ein Grinsen verkneifend. "Ich meine, du kannst Nathan ja auch noch ein wenig testen, auf seine Treue..." Eifersucht zu spielen war gar nicht so einfach und so musste er leise lachen, bis er schließlich Antonin sanft küsste und wieder aus seiner Umarmung entließ. "Ja, lass und rüber gehen. Ich wollte Nathan noch ein Bier ausgeben." Und so folgte er Antonin wieder. "Und ich dachte Ragnar würde wiedermal allen beweisen, dass er der beste Tänzer ist, den die Welt je gesehen hatte...", begrüßte er Nathan und Ragnar, blickte dann kurz zu Blair und Sascha, diesen zunickend. "Darf ich euch was ausgeben? Ich habe heute Spendierhosen an." Er blickte während er das sagte Nathan bewusst an. Er würde wohl niemals direkt diesem sagen können, dass er zufrieden mit dessen Einstellung war, aber wenn dieser es wollen würde, wüsste er, wie diese Geste gemeint war. Sie bestellten sich und Cole blickte Ragnar kurz nachdenklich an, als jener sich nur Wasser bestellte. Ragnar hatte ihm von den Nebenwirkungen erzählt, die die Medikamente bei ihm auslösten. Ob ihm wieder schlecht war oder ob er Kopfschmerzen hatte? Doch Ragnar schüttelte kaum merklich den Kopf, als er den Blick bemerkte. Gut, dann würde Cole nichts sagen. Und so drehte er sich wieder Antonin zu, legte ihm seinen Arm um die Schultern und hob sein Bier, den anderen zuprostend, mit Antonin anstoßend. Nathan Gerade noch amüsiert, beobachtete er jetzt eher ein wenig irritiert, wie Ragnar mit Sascha sprach. Irgendwie war das Leuchten von vorher aus den Augen verschwunden und jetzt, wo er schon mal darauf achtete, meinte er hin und wieder eine leicht angestrengte Mimik zu erkennen. Doch davon wurde er abgelenkt als Sascha ein sehr nachdenkliches und auch irgendwie überrascht wirkendes Gesicht machte. Was Ragnar diesem wohl ins Ohr geflüstert hatte? Als Sascha begann sich umzusehen, folgte er dessen Blicken und legte nebenbei ganz selbstverständlich den Arm um Ragnars Hüften, als dieser sich an ihn lehnte. Körperkontakt? Aber ja, immer gerne doch. Fast war er ein wenig hin und her gerissen, dazwischen seine Aufmerksamkeit wieder mehr auf Ragnar zu konzentrieren und dem inzwischen etwas ungläubigen Gesichtsausdruck von Sascha, der ganz frech von einem Kerl in der Nähe des Tresen angezwinkert wurde. Aha, wenn ein Fremder also etwas zu diesem Sturkopf sagte, glaubte er es nicht nur, sondern ging dem auch nach? Blair und Nathan hätten sich viel Zeit sparen können, wenn sie das vorher auch nur geahnt hätten. Als Ragnar ihm zuflüsterte, dass Blair sich nicht viele Chancen ausmalen sollte, wurde sein Blick wieder wie magisch von diesem schönen Gesicht angezogen und er lächelte. Der Kleine würde eine Abfuhr schon ertragen, darüber machte Nathan sich keine Gedanken. Vielmehr machte er sich diese gerade um seine Begleitung. Da war der angestrengte Gesichtsausdruck kurz wieder aufgeblitzt und auch wenn viele - zurecht - behaupten würden, dass Nathan eher oberflächlich auf seine Umwelt einging, so täuschten sie sich in einer Hinsicht. Er besaß die Aufmerksamkeitsspanne durchaus, um solcherlei Dinge zu bemerken, tat es nur einfach so gut wie nie. Wenn jemandem etwas nicht passte, es ihm nicht gut ging oder sonstige Dinge belasteten, wäre Nathan der letzte, der nicht zuhören oder seine Hilfe anbieten würde. Warum also ständig auf dem Sprung sein und jede noch so kleine Geste hinterfragen? Dafür besaß er weder die Geduld, noch die Lust. Allerdings lag der Fall bei Ragnar anders. Dieser könnte noch gar nicht wissen, wie Nathan mit solcherlei Dingen umging und dazu kam noch, dass jener sowieso ein wenig zu 'kaschieren' schien. Das fing beim Selbstbewusstsein an und hörte wohl gerade bei ... ja bei was? Übelkeit? Kopfschmerzen? Es hört auf jeden Fall bei etwas auf, das diesem ein gewisses Unwohlsein bescherte. Als Cole und Antonin zu ihnen traten, betrachtete er die beiden ein wenig genauer und musste dann schmunzeln. Da kamen wohl gerade zwei aus dem Darkroom, wenn er den zufriedenen Ausdruck des Mannes mit der wohl russischen Herkunft bedachte. Auf Coles Frage hin nickte er nur zustimmend, andeutend dass er es verstand und akzeptierte. Für ihn war das Thema damit vom Tisch. Nachtragend war er nicht und einen wirklichen Grund dafür gäbe es auch nicht. Doch als Ragnar dann Wasser trank, runzelte er endgültig die Stirn und beugte sich ein wenig zu ihm. Musste ja nicht jeder gleich mitbekommen. "Du ahnst natürlich, dass ich es gern sähe wenn du heute bei mir schlafen würdest", fing er an, darauf wartend, dass der andere ihn ansah. "Darum zögere nicht es zu sagen, wenn es dir nicht so gut geht, ja?", sein Blick wurde noch ein Stück wärmer. "Das Savoy läuft so schnell nicht weg. Ich muss es wissen." Er gab Ragnar einen sanften Kuss und sah dann aus den Augenwinkeln dabei zu, wie Blair ziemlich dreist seinen Anlauf startete. Antonin Antonin nickte zustimmend. Er würde es Ragnar auch gönnen, jemanden zu finden. Momentan galt das zwar irgendwie für alle Menschen dieser Welt, aber natürlich besonders für Ragnar. Dessen Art war so angenehm und unkompliziert. Man konnte mit ihm arbeiten, ohne sich ständig über andere Dinge den Kopf zerbrechen zu müssen. Auch wenn er ein klein wenig bezweifelte, dass Cole mit allem was er da von sich gab recht hatte. Ragnar war, wie von eben diesem schon festgestellt, ein erwachsener Mann, der sich eine eigene Meinung gut bilden konnte. Als er am Handgelenk gepackt und zu Cole gezogen wurde, begann er zu grinsen. "Du bleibst natürlich das beste Pferd im Stall", versicherte er, sich weder angegriffen noch aus der Bahn geworfen fühlend. "Trotzdem bleibe ich der letzte, der andere auf irgendeine Art von Treue testen will. Treue definiert jeder anders", verneinte er den wohl spaßig gemeinten Vorschlag und lächelte zufrieden, als Cole zu lachen begann und ihn küsste. Ja, so ließ sich ein Abend wirklich sehr gut verbringen. Bei den anderen angekommen musterte er die beiden, für ihn neuen Männer und fand den einen in Ordnung und den anderen ein wenig seltsam. Aber das passierte ihm hier häufiger, denn mancher Geschmack was Kleidung und Verhalten betraf war ihm viel zu aufgesetzt. Bei dem fehlte es nur noch, dass er fragte, ob er ihnen etwas zu trinken bringen dürfte. Aber es sollte vermutlich die Lust auf andere 'Dienste' hervorbringen und damit könnte jener auch Erfolg haben, denn obwohl er nicht besonders groß war, hatte er einen schönen Körperbau. Er ließ sich ein alkoholfreies Bier von Cole bestellen, lehnte sich an diesen und nahm einen Schluck nachdem sie sich zugeprostet und angestoßen hatten. Nathan und Ragnar sahen zusammen gar nicht schlecht aus, auch wenn er wohl ein wenig voreingenommen war, denn jeder würde an Ragnars Seite in seinen Augen gut aussehen, wenn jener ihn glücklich machen würde. Irgendetwas schien mit diesem Sascha, den Namen hatte er nebenbei erfahren, gerade vorzugehen, denn er sah auf einmal ziemlich entschlossen aus. Doch Antonin bekam kaum mit, wie dieser sich bei Ragnar bedankte, seinen Drink leerte und wegstellte, um sich in den 'Kampf' zu begeben, denn seine Aufmerksamkeit wurde auf den sich immer näher an Cole heranschiebenden Blair gelenkt. Was hatte der denn jetzt vor? Den durch den verschwindenden Sascha freigewordenen Platz nutzte der sehr gut und schnell für sich und stand nun direkt neben Cole. Ohne seine Mimik großartig zu verändern, wurden Antonins Augen ein wenig dunkler. Sah der Typ nicht, dass er jetzt gerade unerwünscht war? Sehr unerwünscht, wenn es nach Antonin ging. Dieser Blair sollte sich das für Tage aufheben, an denen er nicht dabei war. Mit einem groß versehenen Fragezeichen vielleicht auch an Tagen, an denen er nicht das Gefühl hatte, am liebsten ständig Körperkontakt mit Cole zu haben. Jetzt reckte der sich auch noch, um Cole ins Ohr flüstern zu können! Und Antonin sah sich ja wirklich als sehr geduldigen Menschen. Ja sogar als geduldigen Mann - da musste man schon manchmal differenzieren - aber genug war irgendwann genug. Er konnte damit leben, dass sein Freund quasi ständig und überall angemacht und am liebsten von über 50 Prozent der schwulen Bevölkerung besprungen worden wäre... aber hier und jetzt konnte er das nicht. Er merkte selbst wie er sich anspannte, wie er den Kerl am liebsten die Griffel von Cole gezerrt und mal ein paar deutliche Takte erzählt hätte. Und leider ließ genau das ihn inne halten, kurz die Augen schließen und sich wieder beruhigen, sich sogar wieder ein wenig entspannend, auch wenn der Blick, den er jedoch abwandte von diesem Schauspiel, kurzzeitig eisig wurde. Nein, er würde gar nichts tun. Im festen Vertrauen darauf, dass sein Freund ihn heute nicht wegen so etwas stehen lassen würde und zum anderen, weil es gar nichts zu tun gab, das er wirklich reinen Gewissens durchführen wollte. Leicht kopfschüttelnd beschloss er zu gut für diese Welt zu sein und bekam durch seine Gedanken gar nicht mit wie Blair ein, zwei sehr eindeutige Komplimente an Cole adressiert austeilte, bevor er deutlicher wurde und meinte, dass man ja gerade sehr gut im Darkroom verschwinden könnte.. Ragnar Ragnar trank einen tiefen Schluck Wasser und merkte bereits, wie wieder jene massive Durst sich in ihm regte. Ob es doch am Alkohol lag? War es immer, wenn er Alkohol trank? Eigentlich nicht. Er seufzte innerlich. Er würde wahrscheinlich nie durchschauen, warum er zu bestimmten Zeiten jene Nebenwirkungen spürte. Die Kopfschmerzen wurden heftiger und der Bass des gerade laufenden Liedes schien im gleichen Takt und in der gleichen Intensität in seinem Kopf zu hämmern. Als Nathan ihn ansprach schreckte er aus seinen 'Gedanken' ein wenig auf. Überrascht blickte er den anderen an. Hatte er ihm eigentlich schon einmal gesagt, wie unglaublich seine Augen waren? Sicher würde er das ständig hören. Aber es war wirklich erstaunlich, dass diese unglaublich hellen Augen, so viele Emotionen verrieten, wenn man genau hinsah. Und die Wärme, die sie gerade ausstrahlten erschlug Ragnar fast. Er schluckte, darin hängen bleibend und musste lächeln, als er begriff, dass er Nathan mittlerweile offensichtlich auch nichts mehr verheimlichen konnte. Er war letztlich ohnehin ein schlechter Schauspieler, Cole zog ihn regelmäßig damit auf, aber bei Leuten, die ihn nicht so gut kannten, hatte es eigentlich bisher immer noch gut geklappt. Umso mehr freute es ihn, dass Nathan das bemerkte, dass er ganz offensichtlich so aufmerksam bei ihm war, dass er so etwas bemerkte. Und diese Erkenntnis machte ihn irgendwie unglaublich glücklich. Auch wenn es ihm in dieser Situation eher unangenehm war. Er lehnte sich zu Nathan und sprach ihm leise ins Ohr. Sollte ja nicht jeder gleich mitbekommen, was ihn quälte. "Ich würde auch gerne bei dir schlafen, und nicht nur bei dir", wisperte er lächelnd. "Ich habe gerade ziemliche Kopfschmerzen, eine der Nebenwirkungen... Aber normalerweise dauert das nicht so lange. Ich denke ich werde nachher mal kurz an die Luft gehen, dann wird es hoffentlich bald vorbei sein. Aber: Danke." Sacht küsste er Nathan an die Schläfe. "Jetzt möchte ich aber erst einmal sehen, ob Cole mittlerweile wirklich so verliebt ist, wie ich denke." Sein Lächeln wurde zu seinem Grinsen. "Nicht dass er das jemals zugeben würde." Cole Er hatte es bereits geahnt, als sie auf die Gruppe zugegangen waren. Der Kleine, der ihn schon öfters so angesehen hatte, als würde er ihn gleich anspringen, schien nicht zu sehen, nein nicht sehen zu wollen, dass Cole seinen Arm leicht um Antonin gelegt hatte, dass seine freie Hand an dessen Hüfte ruhte. Der Blick, den er sogleich zugeworfen bekam sprach diesbezüglich Bände. Doch zunächst ignorierte er ihn, trank sein Bier in Ruhe. Doch der Mann, dessen Name er nicht kannte, hatte offensichtlich beschlossen, die Chance seines Lebens zu bekommen. Und so rückte er nach und nach näher. Innerlich seufzte Cole tief. Nun gut, ein Image wurde man nicht so schnell los. Und ob er es jemals loswerden wollte, war ohnehin noch nicht geklärt. Demnach musste man wohl damit rechnen, dass einige nicht sehen würden, dass er hier mit jemandem zusammen war. Cole versuchte es so lange mit ignorieren, bis jener Mann zu nahe in seiner persönlichen Zone war, dann drehte er den Kopf und blickte diesen fragend an, woraufhin jener sich zu ihm hochstreckte und begann ihm ins Ohr zu flüstern. Ja, die lieben Anmachen, Cole musste kurz schmunzeln. Sie waren doch immer die gleichen, und doch immer irgendwie platt. Wobei dieser hier ihm bisher noch unbekannt gewesen war. Zumindest damit punktete der Kleine. Cole blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und musterte ihn langsam von oben bis unten, nachdem er sich die Komplimente und dann die Aufforderung abgeholt hatte. Kurz überlegte er, einen bissigen Kommentar zurechtlegend, dann drückte er Antonin, an dem er noch immer gelehnt dastand, kurz an sich, als wollte er ihm signalisieren: 'Ich muss kurz was erledigen, bin aber gleich wieder für dich da' Dann legte er Blair den Arm um die Schulter und zog ihn zu sich, um ihm ins Ohr zu sprechen. "Hör zu, wie auch immer du heißt", begann er und lächelte, seufzend. "Ich komme gerade aus dem Darkroom und hatte den besten Blowjob meines Lebens. Egal wie gut du bist, und ich zweifel nicht daran, aber du hast einfach keine Chance, zumal du..." Und hier stutzte er, als er hörte, welche Musik gerade angespielt wurde. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Schau, sogar der DJ scheint zu sehen, warum ich bestimmt nicht mit dir in den Darkroom gehen werde, Heute nicht, und auch in Zukunft nicht." Dann begann er dem anderen raunend ins Ohr zu singen. Er würde Blair natürlich abblitzen lassen, aber sollte doch jener ruhig weiterträumen, wenn er an seine Stimme dachte. "...I'm gonna say Mister you just made a big mistake: You think you're a man but you're only a boy You think you're a man you are only a toy. you think you're a man but you just couldn't see You are not man enough to satisfy me..." Er löste sich von Blair und sang nun ein wenig lauter den Refrain mit, der erneut wiederholt wurde. Dann drehte er sich kurz Antonin wieder zu, der offensichtlich ein wenig unzufrieden mit der Situation war. Erneut wanderten seine Augen zu Blair. "Schau, das ist der einzige Mann, der mich wirklich zufriedenstellen kann, ok? Also, entschuldige, aber: no chance!" Dann wendete er sich endgültig von Blair ab und Antonin zu, "Wollen wir tanzen, Sonnenschein?" Nathan Er nickte, kurz die Augen schließend als Ragnar ihm die Schläfe küsste. Den anderen ein wenig an sich drückend, durch den Arm, den er auf dessen Hüften liegen hatte, küsste er ihm die Wange. "Wenn du solche Sätze sagst, musst du dich nicht wundern, wenn ich das Bedürfnis bekomme, dich zu mir nach Hause zu entführen und die ganze Nacht nicht schlafen zu lassen", flüsterte er und lächelte leicht. "Aber sag es bitte auch so, wenn du lieber fahren möchtest, weil es dir nicht so gut geht", bat Nathan und zog sich dann ein Stück zurück, um das kleine Schauspiel zu beobachten, das Ragnar ihm vorhergesagt hatte. Und tatsächlich, schien Cole sich für eine gänzlich neue Art der Abweisung entschieden zu haben. Wäre das jetzt Sascha gewesen, hätte Nathan sich vermutlich Gedanken darüber gemacht, aber Blair war wie eine Katze. Er fiel ständig auf die Beine, wovon auch sein zuerst etwas irritierter, dann ein zwischen Resignation und Akzeptanz schwankender Ausdruck berichtete. Der gute Mann würde sich einfach ein anderes 'Opfer' suchen. 'Männer sind es nicht wert, um ihnen auch nur eine Träne nachzuweinen' - das war Blairs Lieblingsspruch und er lebte ihn. Trotzdem erwiderte er dessen kurzen Blick zu ihm natürlich mit einer gewissen Sympathie, woraufhin Blair nur die Schultern zuckte und innerhalb kürzester Zeit in der Menge verschwunden war. Wirklich, Nathan hatte manchmal einen Heidenrespekt vor seinem Freund. So eine Abfuhr würde vermutlich selbst ihm einen ordentlichen Dämpfer versetzen. Ein wenig nachdenklich sah er Cole und Antonin hinterher, die sich dazu entschieden haben schienen, wieder zu tanzen, und hob eine Augenbraue bevor er sich Ragnar zuwandte. "Verliebt also?", fragte er und schüttelte den Kopf dann ein wenig belustigt. "Da werden jetzt einige hier mit Antonin tauschen wollen", amüsierte er sich, wandte sich dann wieder ganz zu Ragnar und beugte sich zu ihm um ihn zu küssen, die Arme wie von selbst um ihn schlingend. Zuerst einen federleichten Kuss auf dessen Lippen hauchend, folgte der Mundwinkel, die Wange bis hin zum Ohrläppchen, gegen das er ein wenig spielerisch pustete. "Du bist sicher, dass du noch hierbleiben willst?", raunte er, eine Hand tiefer bis zu Ragnars Hintern gleiten lassend und massierend. "Ich hätte da so die ein oder andere Idee, was man tun könnte... einschließlich eines kleinen Spaziergangs damit es dir hoffentlich bald wieder besser geht." Er wollte Ragnar vermitteln, dass dieser sich jetzt nicht verstellen müsste oder denken sollte, dass er ihn damit belastete. Wenn es jemandem nicht gut ging, ging es jemandem nicht gut. Punkt. Nathan war da in den Tiefen seines Herzens viel zu pragmatisch, um daraus irgendein Drama für sich selbst zu stricken oder davon genervt zu sein. Vielmehr tendierte er in Richtung der Besorgnis. Ein wenig prüfend sah er in die dunklen, ausdrucksstarken Augen des anderen als er sich zurückgeküsst hatte. "Wobei wir natürlich auch bleiben könnten, ich möchte dir da in nichts reinreden.", Antonin Ein wenig hin und her gerissen beobachtete er die Situation. Obwohl Antonin sich eigentlich sehr sicher in seiner Stellung war und diese auch nicht mehr anzweifeln würde, bereitete ihm das Geschehen wirklich keine Freude. Aber das konnte man wohl auch nicht erwarten, oder? Nun, man konnte es ganz definitiv nicht von ihm erwarten. Antonin war ein recht emotionaler Mensch, wenn man es genau bedachte und auch wenn es ihm inzwischen tatsächlich egal war, mit wem Cole es trieb, so merkte er sehr deutlich, dass es ihm nicht so gleichgültig war, wenn er direkt daneben stand. Es war auch nicht gut für sein Selbstwertgefühl. Wäre die Situation andersherum, war er sich sicher, dass sich ein eventuell anpirschender Kerl nicht getraut hätte, Antonin anzumachen. Einfach weil man Cole nicht ignorierte oder übersah. Darum lief das hier ein wenig zähneknirschend ab, besonders als sein Freund ihn losließ, um diesem Wicht ins Ohr zu flüstern. Kurz huschte sein Blick zu Ragnar, eine Augenbraue hebend, als er dessen wohl interessierten Blick auf der Szene bemerkte. Selbst Nathan schien seine Aufmerksamkeit kurz von Ragnar abgewandt zu haben. Oh Mann. Als Coles Stimme wieder an sein Ohr drang, könnte man ihn als überrascht bezeichnen. Hatte der dem dreisten Kerl etwa nur ins Ohr gesungen? Andererseits wäre der Text doch sehr passend für die Art von Beziehung, die sie führten. Mehr als Spielzeug waren und dürften solche Männer nie sein. Ein Gedanke, der wieder ein leichtes Lächeln auf seine Lippen zurückbrachte. Vom Rest bekam er leider nur Fetzen mit, aber das 'no chance' reichte dann schon. Zudem er glaubte zusammengepuzzelt zu haben, dass der vorherige Satz ein Kompliment in seine Richtung gewesen war. So nickte er, sparte sich sogar den letzten Blick auf Blair und wartete auf der Tanzfläche nur bis er wieder im Rhythmus der Musik war, bis er Cole antanzte. Nah genug, um ihm einen tiefen Blick zuzuwerfen. "Ich bin eifersüchtig", gab er zu, konnte das etwas missmutige Gesicht dann jedoch keine Sekunde länger mehr halten. Leise lachend, schüttelte er den Kopf und legte Cole eine Hand um dessen Hüfte, um ihn an sich zu ziehen, ihre Hüften zusammenbringend ohne aus dem Takt zu geraten. "Ich möchte auch mal wieder etwas ins Ohr gesungen bekommen", murmelte er, eine Hand hebend, um sie über Coles Brust gleiten zu lassen. Spielerisch an den Knöpfen zupfend. "Wenn auch vielleicht einen anderen Text. Obwohl das im Grunde egal ist… Deine Stimme geht mir immer durch und durch." Langsam öffnete er Knopf für Knopf, wissend, dass sein Freund sich sowieso gerne zeigte, sacht mit der Fingerkuppe über die freigelegte Haut streichelnd. "Und wir haben in letzter Zeit sowieso zu viel Schlaf bekommen. Ich fürchte wir müssen das heute Nacht ändern." Dieser Abend stand für Antonin sowieso außerhalb sämtlichen Zeitgefüges und er wollte das ausnutzen. Dieser Grad an Entspannung und Gelassenheit, ja sogar an Spaß war momentan nichts Alltägliches und wenn er ganz ehrlich war, dann auch im Alltag nicht erwünscht. Er musste eigentlich aufmerksamer denn je sein. Aber egal.. jetzt ruhte diese Aufmerksamkeit auf diesem einzigartigen Mann, mit dem er tanzte, und das war gut so. Und wenn es nach ihm ginge, dann würden sie von dieser Stimmung zumindest für den Rest der Nacht noch einiges mit nach Hause nehmen, denn Antonins Gedanken waren weit von Schlaf entfernt. Ragnar Das Lächeln, das seine Lippen zierte, als Nathan ihm klar machte, dass er nicht wegen ihm hier länger als nötig bleiben müssten, verbreiterte sich zu einem leichten Grinsen, als er Cole betrachtete. Also war Cole tatsächlich mehr als verliebt. Nicht, dass er ihm das jemals sagen würde. Dafür tat ihm Blair ein wenig leid, und besorgt musterte er das Gesicht des kleineren Mannes, dem es aber offensichtlich egal war. Als er Nathans Stimme wieder hörte, drehte er sich wieder diesem zu. „Glaub mir, das wollen sie nur augenscheinlich“, Ragnar seufzte. „Ich bewundere Antonin für seine Stärke, dass er es bis hierhin geschafft hat und noch nicht schon längst aufgegeben hat. Du möchtest lieber nicht wissen, was er alles zu ertragen hatte. Und womit er letztlich zurechtkommen muss.“ Er lächelte traurig. „Aber ich bin froh, dass es jemanden gibt, der es geschafft hat, Coles Herz zu berühren. Ich hatte Angst, dass er das niemals zulassen wird.“ Seine Augen glitten von den schönen Augen des anderen zu dessen Mund, bevor er auch schon geküsst wurde, und diesen Kuss nur zu gerne erwiderte. Es war fast unheimlich, wie vertraut sie sich nach so kurzer Zeit waren, wie sie wie selbstverständlich diese Zärtlichkeit austauschten, als sei es nie anders gewesen, als dürfte es nie anders sein. Dabei wussten sie so gut wie gar nichts über sich. Und bei diesem Gedanken wurde Ragnar letztlich auch klar, dass es ihn irgendwann einmal sehr belasten wird, nicht in jedem Punkt ehrlich zu Nathan sein zu können. „Hmm..“, schnurrte er , als Nathan ihn über die Wange küsste und diese unglaublich erotische Stimme hörte. Automatisch drängte sich sein Körper näher an den des anderen heran. Nathans Hand ließ in ihrer Bewegung auch ihre Lenden aneinanderreiben. „Ich bin mir sicher, dass mir gerade einige Gedanken kommen, die keine Notwendigkeit darin sehen, hier länger als nötig zu bleiben. Und ein Spaziergang hört sich gut an, der Rest noch besser, zumal ich mich gerne heute Nacht des Schlafes berauben lasse.“ Sanft knabberte er an der weichen Haut des anderen am Hals. Die Haare des anderen strichen sacht dabei über deine Schläfen. Als Nathan sich ein wenig löste und ihn ansah, lächelte er diesen an. „Ich lasse mir nie etwas einreden, glaub mir. Das habe ich lange hinter mir. Und keine Sorge, ich sage dir, wenn es nicht geht. Es gibt genügend Momente, in denen du mich lieber nicht sehen solltest. Aber davon sind wir meilenweit entfernt. Und wenn ich es so bedenke, dann schaffst du es auch ganz gut, mich meine Kopfschmerzen vergessen zu lassen.“ Er küsste den anderen zärtlich. „Ich sag schnell Cole Bescheid, denn können wir gehen…“ Cole Ausgelassen tanzte er auch Antonin an, als dieser damit begann. Cole erwiderte den tiefen Blick des anderen und ein Lächeln schlich sich auf eine Lippen, als er Antonins Offenbarung hörte, dass er eifersüchtig sei. Dass jener es nicht wirklich ernst meinen konnte, bestätigte ihm das Lachen. Nein, Antonin hatte wirklich keinen Grund dafür, eifersüchtig zu sein. Zumindest nicht in Coles Augen. Schließlich musste er sich heute ja eingestehen, dass er keine Sekunde an die anderen um sie herum gedacht hatte, niemand anderen wahrgenommen hatte, außer Antonin. Und selbst wenn es irgendwann wieder die Situation geben würde, dass er mit einem anderen Mann vögelte, so würde es niemals das gleiche sein, was er mit Antonin teilte. Zuzugeben, dass er im Grunde auch eifersüchtig wäre, wenn Antonin vor seinen Augen mit einem anderen Kerl tanzen würde, könnte er wohl nicht. Aber er wusste, dass es so wäre. Als er die Bitte des anderen hörte, auch mal wieder seine Stimme gesungen zu hören, ließ ihn lächeln, seine Hände legten sich auf die Hüfte des anderen, ihn näher ziehend, bevor er eine Hand hob und sie in den Nacken des anderen legte, leicht kraulend. „Ich werde gerne für dich singen“, erklärte er und küsste den anderen sanft. „Und ich werde auch einen anderen Text dafür verwenden, allerdings geht das nicht so einfach. Du musst dich wohl gedulden, bis die Situation da ist…“ Er lächelte den anderen an. Sein Blick senkte sich auf die Hand, die begann sein Hemd zu öffnen. „Hmm“, schnurrte er weiter beobachtend, bis er die Worte des anderen hörte und mit einem amüsierten Lächeln aufblickte. „Ich denke ich weiß auch schon, womit wir die Zeit füllen könnten…“, raunte er und zog Antonin in einen leidenschaftlichen Kuss. Dass sie dabei aufhörten zu tanzen, störte ihn nicht. Sacht glitt seine Hand den Rücken des anderen hinab zu dessen Hintern, um ihn an sich zu drücken, so dass ihre Lenden gegeneinander gedrückt wurden. „Ich fürchte ich weiß noch nicht, ob ich es noch zu uns nach Hause schaffe, bevor ich über die herfalle...“, raunte er Antonin ins Ohr, bevor er am Hals des anderen seine Küsse fortsetzte. Dass einmal ein Mann so unglaublich begehrenswert für ihn werden würde, hätte er wohl nie gedacht. Aber Antonin war so unglaublich viel für ihn. „Lass uns gehen“, raunte er erneut ins Ohr. „Ich möchte dich die ganze Nacht stöhnen hören, während wir miteinander schlafen.“ Als er von hinten am Hemd gezupft wurde, und ein ‚Hey ihr zwei Turteltäubchen‘ von Ragnar zu ihm durchdrang, drehte sich Cole ein wenig um, ohne Antonin wirklich loszulassen. „Ich wollte euch nur sagen, dass ich jetzt weg bin“, erklärte sein bester Freund und küsste Cole auf die Wange, ihn dankend ansehend. Cole verstand, dass Ragnar begriffen hatte, weshalb er sich vorhin wie ein ‚Platzhirsch‘ – um bei Antonins Worten zu bleiben – aufgeführt hatte. Cole nickte. „Tue nichts, was wir nicht auch gleich tun werden…“, grinste er und wendete sich wieder Antonin zu, als Ragnar sich auch von diesem verabschiedete und dann ging. Sie verstanden sich wortlos und bald saßen sie wild knutschend in einem Taxi, das sie zu Cole nach Hause brachte, wo sie es erst einmal nicht ins Bett schafften. Befreiend war wohl der Begriff, den man für diesen Abend verwenden sollte. Es hatte ihnen unglaublich gut getan, einfach einmal komplett abschalten zu können. Und die Welle dieser Leichtigkeit, auf der sie schwammen, ließ sie tatsächlich die gesamte Nacht damit verbringen, unbeschwert zu sein, frei zu sein, zusammen zu sein. Er würde diesen Mann nicht mehr hergeben. Soviel war für ihn klar. Ohne Antonin würde er nicht mehr sein können, nicht mehr sein wollen. Nicholas Sich wie zufällig nach rechts und links umsehend, lief er gemütlich zu seinem Fahrzeug, stieg ein und war innerhalb weniger Minuten wieder in den Straßen New Yorks untergetaucht. Momentan wirkte alles fast ein wenig zu einfach. Wenn es nach dem ging, was er wusste und für sich selbst gesehen sowie überprüft hatte, lief kaum etwas außerhalb des vorhergesehenen Schemas. Antonin handelte natürlich wie erwartet und hatte wie vorhergesehen damit begonnen sich wieder in Form zu bringen. Seine Schüsse auf dem Stand wurden, obwohl sie davor schon nicht schlecht gewesen waren, von mal zu mal zielgenauer, die Waffe lag lockerer in der Hand und seine Augen wirkten hochkonzentriert. Nicholas war sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Auch dass er sich kaum noch aus der Gegenwart dieses Mannes zu lösen schien, war eine erwartete Reaktion. Sogar eine erwünschte, denn es zeigte die Bereitschaft des jüngeren auf sein Ziel aufzupassen, selbst wenn es bedeutete gegen ihn -Nicholas- vorgehen zu müssen. Ein wenig unerwartet war dieser Cole. Vielleicht hätte er sich früher ein wenig genauer über diesen informieren und ihn dann umbringen sollen. Lange bevor Antonin ihn wirklich als sein Ziel akzeptiert hatte. Denn jetzt wurde es kompliziert und es war nicht mehr so leicht, den Mann aus seinem Weg zu räumen. Da gab es zum einen die eher unerwartete Seite, die er vorher übersehen hatte. Cole war nicht nur ein Mittelsmann wenn es um Drogen ging - und davon war er eigentlich ausgegangen -, sondern ein Mann der einen kompletten Stadtteil unter sich hatte. Nur noch einen Mann zwischen sich und der Spitze habend. Das war natürlich ein Y in der Gleichung, mit der er nicht gerechnet hatte. Dummerweise. Und dazu kam noch, dass ein Bloodhound es nicht überlebte, wenn das Ziel starb. Jeder einzelne stürzte in eine Art tiefes, schwarzes Loch und brachte sich früher oder später um. Das war nichts, das sie ausbildeten oder beibrachten, sondern etwas, das sich scheinbar ganz normal mitentwickelte. Ja, natürlich durch die Art der Ausbildung, aber man sah das eher als eine Art Nebenwirkung. So blieben Bloodhounds teuer, was ja auch im Sinne der Organisation war. Aber wie dem auch sei, dadurch musste Nicholas sich einen anderen Weg überlegen, an Antonin heran zu kommen, ohne dass Cole Dummheiten versuchte. Denn auch wenn es Nicholas keine Angst machte - seiner Ansicht nach würde er mit dem Kerl gut fertig werden - so hatte er da Bedenken wenn es um Antonin ging. Der brächte es fertig, sich vor sein Ziel zu werfen. Dieser Kindskopf! Das wäre die Art und Weise gewesen, die er bei seinem ersten Ziel hätte zeigen sollen. Aber nein, es musste ja so ein dahergelaufener Ire sein. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich eine Nuance, doch dann schüttelte er den Kopf und parkte sein Fahrzeug zwei Straßen von seinem Zielort entfernt. Sich den dunkelblauen Rucksack vom Beifahrersitz mit sich nehmend, schlenderte er den Gehweg entlang und summte eine Melodie, die ihm seit Tagen nicht aus dem Kopf ging. Momentan musste er sich keine Gedanken um etwaige Verfolger machen, denn er wusste sehr genau wo sie sich alle aufhielten. Was Nicholas noch ganz genau wusste war, wo er Cole am besten zu treffen hatte, um eine Reaktion zu erzwingen, um Antonins Herausgabe zu erzwingen. Immerhin waren die letzten Tage auf seiner Seite dieses Spieles nicht völlig nutzlos verstrichen und am Ende war es sogar sehr einfach sich für eine Person zu entscheiden. Eine Person, die wohl mehr Gewicht bei Cole haben würde als Antonin: Ragnar. Ragnar Ragnar ließ sich in Nathans Wagen mit zu diesem nehmen, nachdem er sich bei Cole mit einem Kuss auf die Wange bedankt hatte. Nach einem fast schon sehr romantischen Spaziergang, der Ragnar wirklich gut tat, verbrachten sie letztlich die Nacht wirklich mit nichts anderem, als damit, ihr offensichtlich unbändiges Verlangen nacheinander zu befriedigen. Als sie in den frühen Morgenstunden einschliefen fühlte sich Ragnar lebendiger, als je zuvor, erfüllt von einem Gefühl von Zufriedenheit, Glückseligkeit und unglaublichem Selbstvertrauen. Die Sicherheit, die er durch die Aktion von Cole letztlich erhalten hatte, ließ ihn wissen, dass er mit Nathan wohl endlich wieder einen Mann gefunden hatte, dem er wirklich vertrauen konnte. Und daher würde er ihm wohl früher oder später auch noch mehr über sich erzählen können. Aber jetzt mussten sie sich erst einmal noch besser kennenlernen, bevor er darüber nachdenken sollte. „Ich danke dir für einen wunderbaren Abend und eine traumhafte Nacht“, verabschiedete er sich von Nathan, der sich nicht davon hatte abbringen lassen, ihn nach einem gemütlichen Frühstück nach Hause zu fahren, wobei Ragnar ihm angekündigt hatte, dass er nicht im besten Wohnviertel lebte. Nach oben wollte er ihn lieber nicht mitnehmen, und von daher war er froh, dass Nathan noch einen Termin hatte. „Wir melden uns bald?“, fragte er und stieg schließlich aus, nicht ohne dem anderen noch einen langen Kuss gegeben zu haben. Beschwingt stieg er die Treppe hinauf und schloss seine Wohnungstür auf. Er war so in Gedanken an Nathan, dass er nicht bemerkte, dass irgendetwas anders war, als zuvor. Kapitel 93: Die Ruhe vor dem Sturm - zensiert --------------------------------------------- Antonin Antonin sah Cole nach, wie dieser zu seinem Termin aufbrach und trat wieder in die Wohnung, die Tür zur Terrasse hinter sich schließend. Er warf einen nachdenklichen Blick zur Kaffeemaschine bevor er sich herumdrehte und wieder ins Bett ging. Die Zigarette und das kurze Gespräch mit Cole schienen ihre Arbeit getan zu haben, er fühlte sich wieder ruhig und schläfrig. Und wenn der andere ihn später abholen würde, könnte er es sich erlauben noch ein Stündchen zu schlafen. Wie von selbst legte er sich auf die Seite, auf der Cole geschlafen hatte und schloss die Augen. Langsam aber sicher wurde das hier echt irgendwie zur Gewohnheit. Eine schöne Gewohnheit, wenn man es sich überlegte, denn eigentlich genoss er die Nähe des anderen. Ihre Gespräche wenn sie nach Hause kamen, oder auch einfach nur mal ruhig nebeneinander saßen. Vom Sex bräuchte er auch gar nicht anfangen. Erstaunlicherweise empfand Antonin das nicht als Gefühlsoverkill. Was nun entweder an seinem erhöhten Bedürfnis nach Nähe und Aufmerksamkeit lag, oder daran, dass sie sich selbst gegenseitig einfach nicht auf den Wecker gingen. Schließlich kannten sie sich gut genug, um auch mal die Klappe zu halten und dem anderen Ruhe zu lassen. Das war ein wenig eine Zwickmühle für Antonin. Wäre das in der normalen Entwicklung passiert, fände er es einfach nur wunderschön, aber so? Zwar wusste er, dass Cole mit Sicherheit nichts gegen seine Anwesenheit hatte, aber es war irgendwie erzwungen. Dazu kam dann noch die Frage, wann beziehungsweise ob er überhaupt nochmal in seine Wohnung konnte oder wollte. Er fühlte sich dort nicht mehr sicher und als er sich Kleidung zum Wechseln geholt hatte, war er mit gezogener Waffe durch jedes Zimmer und hatte es gesichert. Oh! Da fiel ihm etwas ein. Die Bettdecke wieder zurückschlagend, sowieso nicht mehr schlafen könnend, ging er zu der Trainingstasche, mit der er seine Kleidung transportiert hatte, und holte den Tonengel daraus hervor. Vorsichtig befreite er ihn von dem Zeitungspapier, in das er ihn eingewickelt hatte, und betrachtete das schöne Stück. Eigentlich war es eine ganz normale Tonfigur ohne jeglichen Schnickschnack, aber für Antonin war es eines seiner wichtigsten Besitztümer. Eines, das er nun mit einem prüfenden Blick zum Fellknäul auf den Wohnzimmertisch stellte. "Hör zu Kleiner, tust du dem Engel nichts, muss ich nicht zum Racheengel werden, ok?", fing er an, lächelte dann aber und ging in die Hocke, um das Tier zu betrachten. "Aber du bist ja ein braver, nicht?", die Katze sah ihn an als wäre er bescheuert, was Antonin zum Lachen brachte. Doch so etwas konnte das Tier inzwischen auch nicht mehr erschrecken. Im Grunde spielten sie inzwischen auch so eine Art Spiel - das vermutete er zumindest. Wer gab zuerst auf und 'streichelte' den anderen. Belustigt den Kopf schüttelnd begann Antonin schließlich doch mit seinem Tag, sich duschend, anziehend und mit deutlich zufriedenerem Blick in den Kühlschrank blickend. Der Einkauf war sowas von dringend nötig gewesen. Jetzt wirkte das hier schon eher wie eine bewohnte Küche. Sich schnell ein Brot mit Putenbrustscheiben belegend, goss er sich seinen Kaffee ein und wartete auf Cole. Zumindest bis er die SMS bekam und es sich dann mit seinem Kaffee erstmal auf der Couch bequem machte. Wo er dann doch nochmal einschlief und erst von Cole geweckt wurde, der ein bisschen belustigt schien. Worüber wurde ihm erst klar, als er versuchte sich aufzusetzen und das Fellknäul auf seinem Bauch bemerkte. Vorsichtig streckte er die Hand aus, das Tier hinter den Ohren kraulend und irgendwie bekam er das Gefühl, dass dies der Start einer wunderbaren Freundschaft wäre. Antonin würde sich auch nie wieder über Leute lustig machen, die behaupten, dass Tiere heilende Kräfte hätten, denn seine Laune war nicht nur normal ohne sofort dem nächstbesten an die Gurgel zu wollen, sondern vorsichtig ausgedrückt sogar ziemlich gut als sie im Lady Dream ankamen. Nicht einmal der Deal könnte ihn jetzt noch aus der Bahn werfen. Oder zumindest fühlte es sich so an. Er fragte Cole nicht nach seinem Termin, hätte jener gewollt, dass er mehr erfuhr, hätte er etwas gesagt. Dafür erinnerte er ihn aber daran, dass er sich, wenn möglich, den Sonntagabend irgendwie freischaufeln sollte. Antonin wollte kochen. So richtig kochen. Nicht nur kurz ne Pizza warm machen oder einen Auflauf. Irgendwie hatte er das Gefühl, das tun zu wollen, und da kochen in seinen Augen und Ohren harmlos klang, würde er das auch tun. Auch wenn er keine Garantie für Coles Kücheneinrichtung übernehmen würde. Cole Cole traf sich mit einem Bekannten, mit dem er als Jugendlicher einmal zu tun gehabt hatte, als er versucht hatte bei einer rivalisierenden Jugendgang ein wenig für Verwirrung zu sorgen. Damals hatte er sich von diesem kleinere Sprengkörper bauen lassen, die mehr erschreckten, als wirklich etwas zerstörten, aber die Wirkung war genau richtig gewesen. Und sein Stadtgebiet hatte sich in kurzer Zeit um ein Beträchtliches vergrößert gehabt. Diesmal würde er ihn brauchen, um möglichst schnell und möglichst genau etwas zerstören zu lassen, das ihm letztlich am gefährlichsten war: Jenes Zimmer, in dem er bereits einmal gewesen war. Er kopierte TiNTin, wie jener sich nannte, den Plan des Schrottplatzes, den er durch Kane erhalten hatte, und jener versprach, sich darum zu kümmern und ihm Bescheid zu geben, wenn er so weit wäre. Zudem überreichte er ihm jenes Hilfsmittel, das er gerade bei Kane abgestaubt hatte, damit jener den Raum auch würde betreten können, wenn es erforderlich war. Er mahnte ihn, dass er weder wollte, dass Menschen dabei zu Tode kamen, noch dass die Nachbarn viel davon mitbekamen. Dann machte er sich auf den Weg zu seiner Wohnung, wo er Antonin schlafend vorfand. Das Bild, das sich ihm bot, war einfach nur unglaublich süß und er konnte nicht anders, als ein wenig dem anderen dabei zuzusehen, wie er schlief, Corleone auf seinem Bauch liegend. Dann beugte er sich zu ihm und küsste ihn auf die Schläfe. „Steh auf, Faulpelz“, grinste er und lächelte amüsiert. Und das Lächeln verbreiterte sich, als Antonin sah, was da auf seinem Bauch lag. Nachdem Cole noch etwas zu Essen in sich hineingeschoben hatte, fuhren sie gemeinsam ins Lady-Dream. Coles Deal war wie stets gut geplant und bereits im Gange, wovon die anderen nichts wussten. Hin und wieder kontrollierte er das Handy und war zufrieden mit den Nachrichten, die er bekam. Am frühen Abend fuhr er mit ein paar anderen und natürlich Antonin und Ragnar zu einem Treffpunkt außerhalb der Stadt, an dem sie den LKW mit der Lieferung in Empfang nahmen und wieder weiter auf die Straße schickten. Gegen 22 Uhr erreichten sie das Lady-Dream. Dadurch, dass alles gut verlaufen war, beschloss Cole gerne mit Ragnar und dessen neuen Flamme wegzugehen, vorausgesetzt Antonin wollte mit. Doch dieser schien kein Problem damit zu haben. Ragnar trichterte ihnen noch ein wenig nervös ein, dass sie unter keinen Umständen Nathan andeuten sollten, was Ragnar wirklich arbeitete. Cole stellte fest, dass er verdammt froh war, dass er sich darüber bei Antonin keine Gedanken machen musste. Und auch wenn er Ragnar natürlich damit aufzog, konnte er aber auch gut nachvollziehen, dass er froh war, jemanden zu haben, der ein 'normales' Leben führte – sofern das in ihrer Gesellschaft überhaupt möglich war. Sie versprachen später ins Savoy zu kommen und Ragnar schrieb Nathan eine SMS, die bestätigte, dass er später gerne ins Savoy kommen würde und noch Freunde mitbringen würde. Dann fuhr Cole mit Antonin zu sich nach Hause. Wenn er schon seit Ewigkeiten mal wieder weggehen sollte, dann würde er sich in jedem Fall rausputzen. Kaum waren sie angekommen, zog er Antonin mit sich unter die Dusche, und verführte ihn, sein Gefühl des Glücks, das der erfolgreiche Deal bei ihm hinterlassen hatte, auskostend. Schließlich fand er sich vor seinem Kleiderschrank wieder, zog sich sein dunkelrotes Lieblingshemd an. Er sollte auch mal wieder etwas für sich einkaufen... Antonin Eigentlich war es vollkommen hirnrissig gewesen, sich von Cole in die Dusche ziehen zu lassen, wie er feststellte als er seine Klamotten durchging. Andererseits hätte er auch um Gottes Willen nicht darauf verzichten mögen, denn er fühlte sich gerade entspannt und befriedigt. Trotzdem müsste er jetzt erstmal in seine Wohnung. Schnell zog er sich an und trat dann hinter Cole, welcher gerade vor seinem Schrank herumturnte, um ihn zu umarmen. "Du könntest da eigentlich auch nackt auftauchen, das steht dir am besten", murmelte er und ließ seine Finger unter dessen Hemd gleiten um über den flachen, festen Bauch zu streicheln. "Ich muss nochmal zu mir, können wir uns im Savoy treffen? Bei meiner Kleiderauswahl hier fehlen mir gute Optionen zum Weggehen", erklärte er und küsste Coles Nacken, bevor er seine Hände zurückzog und seine Sachen zusammensuchte. Wenn er schon mal dabei war, würde er wohl auch ein paar Dinge in die Waschmaschine pfeffern. In seiner Wohnung angekommen hielt er trotz aller guten Laune, erst einmal wieder sein Ritual ab und durchsuchte sämtliche Räume, bevor er sich zufrieden zeigte und sich aus seinen Klamotten schälte, um sich selbst vor den Schrank zu stellen. Antonin war sich nicht ganz sicher, wie er das mit seinen Narben nun handhaben würde, aber vertraute dann wohl einfach auf seine schier unerschöpfliche Beharrlichkeit der letzten Tage, nicht auszuflippen. Schlussendlich entschied er sich für eine sehr tief sitzende, auf ausgebleicht gemachte Jeans und ein schwarzes kurzärmliges Hemd wo er einige Knöpfe offen ließ und damit einen gewissen Ausblick auf seine Brust erlaubte. Seine Haare waren schnell mit ein wenig Gel aufgepeppt, Parfüm wurde routiniert aufgesprüht und zu guter Letzt erlaubte er sich das Halsband. Diesmal jedoch ohne den Pistolenanhänger. Eine Kombination, die ihm ausgesprochen gut stand. Seine Wäsche schnell noch in einen Wäschesack stopfend, brachte er diese noch in den Keller und mahnte sich selbst morgen daran zu denken, die Wäsche wieder raus zu holen. Schließlich auf die Straße tretend musste er tief durchatmen, war es doch das erste Mal, dass er wieder unbewaffnet unterwegs war. Und so ganz wusste Antonin noch nicht, was er davon halten sollte, doch es wurde besser, als er auf der nächsten Straße ein Taxi ergatterte und sich auf dem Weg ins Savoy befand. Da er noch recht früh dran war, fast schon zu früh, musste er auch kaum warten, bis er seinen Eintritt bezahlen konnte und war auch schon drinnen. Viel war noch nicht los, aber das störte ihn herzlich wenig als er auf eine der Bars zuhielt und sich nach kurzem Überlegen einen RedBull bestellte. Vielleicht würde er heute sogar etwas Alkohol trinken, aber sicherlich nicht solange er alleine war. Mit einem Todesblick, den er sich von Cole abgeschaut hatte, ließ er einen herankommenden zurückweichen und gönnte es sich, einfach gegen die Theke zu lehnen und dem immer voller werdendem Treiben zuzusehen. Eine Art Feldstudie, wenn man so wollte. Immer mal wieder suchte er sich bestimmte Kerle raus, die er eine Weile beobachtete. Ihre Gesten, ihre Blicke, ihr Verhalten. Und eigentlich war das ganz spannend, da es wirklich einmal komplett durch die ganze Farbpalette ging. Von ganz offensichtlichen 'Tunten', über 'Normalos' - zu denen er sich einfach auch mal zählte -, zu den Typen denen jeder hinterher zu steigen schien, bis hin zu den Lack und Leder-Kerlen. Antonin selbst machte es überhaupt nichts aus, alleine dort zu stehen, soweit war sein Selbstbewusstsein nicht angeschlagen. Zudem, wenn man bedachte, mit wem er gerade mehr oder weniger zusammenlebte, gäbe es auch gar keinen Grund dafür. Ob Cole ihm heute auch andere Kerle anpreisen würde? Um zu sehen, dass Antonin am Schluss doch wieder zu ihm kam? Hm, das bliebe wohl abzuwarten. Neugierig und gespannt war er auch auf Ragnars Kerl. Der Gute hatte es sich wirklich nochmal bestätigen lassen, nichts von dessen Beruf zu erzählen. Ja, als ob. Antonin konnte sich besseres vorstellen als hier auch noch darüber zu sprechen. Als er neben sich zwei Kerle hörte, wovon einer gerade davon sprach, dass er sich von diesem Typen auch gerne mal den Darkroom näher zeigen lassen würde, wandte er den Kopf und musste grinsen. Cole sah aber auch zum anbeißen aus. Das tat er zwar immer, zumindest in Antonins Augen, aber nach dem erfolgreichen Deal hatte dieser wieder jene Aura, die ihn anzog wie eine Motte das Licht. Sein Grinsen verbreiterte sich, als er die Antwort des zweiten hörte, der dem ersten zustimmte und Antonin sah aufmerksam, aber durchaus amüsiert dabei zu, wie sich ersterer in Coles Weg stellte und einen Versuch startete. Sollte er machen... sollte auch Cole machen, wenn er wollte. Antonin wäre in dieser Hinsicht nicht mehr zu erschüttern, höchstens ein wenig belustigt. Nathan Sehr zufrieden lächelnd, antwortete er auf Ragnars SMS, dass er sich auf sie, besonders jedoch auf ihn freute. Dann warf er jedoch den beiden Männern, die es sich auf den Hockern in seiner Küche bequem gemacht hatten einen prüfenden und irgendwie strengen Blick zu. "Ich möchte von euch keinen einzigen Kommentar über AIDS hören. Keine noch so klitzekleine Anspielung und sei sie noch so versteckt", befahl er und registrierte wie Sascha sofort nickte, während Blair den Mund ein wenig unwirsch verzog und erst zustimmend nickte, als er von Sascha ebenfalls einen bedeutungsvollen Blick abbekam. Trotzdem war die Sache natürlich nicht so einfach gegessen und als Nathan nach oben ging, um sich nach seiner Dusche umzuziehen, saßen die beiden schon wie zwei Hühner auf der Stange auf seinem Bett. "Versteh uns nicht falsch", fing Sascha an "und wir haben bestimmt auch gar nichts gegen diesen Ragnar. Vor allem nicht, wenn er es schon zu einem dritten Treffen mit dir geschafft hat. Aber denkst du nicht, dass es jemand ohne AIDS nicht auch tun würde?" Blair nickte und seine dunklen Augen funkelten auf. Damit war der kleinste der Gruppe kampfbereit, Nathan kannte diesen Blick zu gut und auch die Körperhaltung von Sascha gefiel ihm gerade überhaupt nicht. "Es tut uns leid um den Kerl, aber musst du dich wirklich einer solchen Gefahr aussetzen? Wie kann er dich dem aussetzen, wenn er dich mag?" Unwillig verdüsterte sich Nathans Gesichtsausdruck und selbst seine hellen Augen wurden einige Nuancen dunkler. Damit lief alles auf Konfrontation hinaus und eigentlich hatte er diesen Abend ein wenig anders geplant. Ruhig und entspannend Zuhause sowie unterhaltsam und dank Ragnar anregend im Savoy. Ruhig legte er das Shirt weg, das er gerade prüfend aus dem Schrank gezogen hatte und wandte sich seinen beiden Freunden ganz zu. "Im Gegensatz zu euch bin ich anscheinend in der Lage mich zu informieren. Das ist genau wie mit dem Gerücht, dass man seiner kleinen Schwester erzählt: 'Vorsicht, wenn man sich in der Küche küsst, wird man schwanger!' Ihr nehmt eure überlangen Nasen am besten sofort aus dieser 'Oh mein Gott, Nathan wird an AIDS sterben!'-Kiste und verhaltet euch wie erwachsene, vernünftige Menschen. Ich bin dankbar für eure Sorge, aber das ist meine Sache", grollte er und sah zumindest Blair ein wenig erschrocken zurückzucken. Da ihm das bei Sascha abging richtete er seinen durchdringend gewordenen Blick auf eben diesen. "Was? Noch weitere schlaue Kommentare oder kann ich mich jetzt darauf konzentrieren, gut auszusehen, wenn ich auf Ragnar treffe?", hier schnaubte er noch einmal abfällig. "Und es heißt übrigens einfach nur Ragnar, nicht 'dieser Ragnar'." Ein wenig geschlagen hob Sascha die Hände. "Kein Grund gleich bissig zu werden, wir machen uns doch nur Sorgen, Nate." Ein Satz, der Nathan sofort wieder milde stimmte. Es kam sowieso selten genug vor, dass er sich mit seinen Freunden stritt, aber manchmal mussten Grenzen gezogen werden. "Und ich bin euch wirklich dankbar dafür, vielleicht ginge es mir an eurer Stelle ja auch so, aber ich werde sehen, wohin das mit Ragnar führt und seine Krankheit wird für eine Entscheidung nicht ausschlaggebend sein." Entweder verstanden sie es danach, oder sie gaben einfach auf, 'Vernunft' in ihn hämmern zu wollen, und berieten ihn, ohne zu murren in seiner Kleiderfrage. Nicht dass Nathan nicht selbst wusste, was ihm stand, aber dann hatten die beiden etwas zu tun und würden nicht noch auf weitere schlaue Sprüche kommen. Schließlich entschieden sie sich zu dritt für ein weißes Achselshirt, das einmal rundum zwei breitere, schräg verlaufende schwarze Streifen aufzuweisen hatte, dazu eine gut sitzende Jeans. Damit gaben sie, wieder einmal ein seltsames Trio ab. Blair hatte sich heute Abend für eine Art Butleroutfit entschieden, mit weißer Krawatte, schwarzem ärmellosem Hemd und weißen Bändern an den Ärmeln. Vermutlich würden ihn die Leute heute dauernd für einen der Barkeeper halten. Sascha hingegen schien es heute auf Sex angelegt zu haben. Seine Hose saß extrem tief, das Shirt extrem eng und die Frisur war extrem gegelt. Na, jeder wie er wollte. Im Savoy angekommen wurden sie natürlich durchgewunken und während Nathan sich umsah, ob er Ragnar schon irgendwo entdeckte, verschwand Blair zur Bar, um ihnen Drinks zu holen und Sascha wippte schon ganz aufgeregt auf den Zehenspitzen herum. Schmunzeln legte er ihm einen Arm um die Schultern: "Warum kaufst du dir nicht mal ein 'Fick mich' Shirt?", fragte er ihn und bekam einen empörten Blick ab, bevor Blair mit 3 Bieren vor ihnen auftauchte. "Auf neue und alte Freunde." Sie prosteten sich zu und Nathan entschuldigte sich dann erstmal, um eine Runde zu drehen. Inzwischen freute er sich wirklich Ragnar wieder zu sehen. Hatte er vorher auch schon, aber jetzt war die Vorfreude fast greifbar. Vor allem weil ihn alleine das Wort Vorfreude an den letzten Abend bei ihm erinnerte. Ein Gedanke, der ihn zum lächeln brachte und ihn mehr spielerisch als genervt einen Kerl aus dem Weg schicken ließ, der wohl auf dem Weg zu ihm war. Nope, heute nicht. Er war erst am Donnerstag hier gewesen… Cole Nachdem Antonin weg war, nahm sich Cole die Zeit, um seine Mails zu checken. Er hatte wieder einmal einige Hinweise zu Gawain in seinem Posteingang. Er hatte nicht damit gerechnet, hinsichtlich Nicholas schon irgendeine Nachricht zu haben, aber dennoch wollte er nichts verpassen. Er ließ sich Zeit, sich fertig zu machen, rauchte in Ruhe noch eine Zigarette und stieg schließlich in ein Taxi, um ins Savoy zu fahren. Er hatte Ragnar eine SMS geschrieben, dass sie sich am Tresen treffen würden und er solle seine Eroberung mitbringen. Wenn er ehrlich war, war er schon gespannt, ob er diesen Nathan kannte. Er konnte sich nicht wirklich erinnern, ob er jemanden mit diesem Namen schon einmal ‚kennengelernt‘ hatte, aber er konnte sich an die wenigsten Namen erinnern. Und darauf käme es ja auch gar nicht an. Wichtig war, dass dieser Mann wirklich kein Problem damit haben würde, dass Ragnar positiv war. Denn wenn er ihn deswegen verletzen würde, hätte er einen Feind auf seiner Liste, mit dem er sich lieber nicht angelegt hätte. Cole liebte Ragnar viel zu sehr, als dass er es jemandem erlauben würde, ihn wirklich zu verletzen. Niemals. Und dass Ragnar jemand von der weichen Sorte war, das wusste er schon, seitdem sie das erste Mal mit 13 in einer Schwulenkneipe war, und jener noch von der großen Liebe gesprochen hatte und heulend am nächsten Tag zu ihm gekommen war, weil der, der ihm am Abend vorher noch die Sterne vom Himmel versprochen hatte, am nächsten Tag nicht einmal mehr seinen Namen gewusst hatte. Nun, der Kerl hätte auch er selbst sein können, aber das sagte er Ragnar damals lieber nicht. Dafür baute er den anderen mit Nähe auf. Die Art von Nähe, die ihm selbst auch immer mal wieder gut getan hatte. Er war erleichtert über den Deal und er war heute seit längerem mal wieder so richtig in Feierlaune. Er würde den Abend mit Antonin genießen, wobei er hoffte, dass auch Antonin ihn genießen konnte. Ob er wohl seine Waffen mitnehmen würde? Sicher nicht… Cole musste schmunzeln bei dem Gedanken, auch wenn die Ursache eigentlich eine traurige war. Andererseits war es klar, dass Antonin nach der ganzen Geschichte nicht vor Lebensfreude nur so sprudeln konnte… Gegen 23.30 erreichte er das Savoy und hatte Antonin auch bald ausgemacht. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er ihn an der Theke stehen sah. Dieser Mann war wirklich einfach nur eine Augenweide. Ob es einen Künstler gab, der so einen Mann in Stein hauen würde? Seine Augen auf eben diesen fixiert habend, bot er keinem anderen gerade wirklich eine Möglichkeit, dass er auf diesen aufmerksam wurde, doch es traute sich tatsächlich jemand, sich ihm in den Weg zu stellen. Geringschätzig blickte er an dem Mann herab, den er wohl genommen hätte, wenn er allein da gewesen wäre und es zudem nötig gehabt hätte, aber heute, hier und jetzt hatte dieser keine Chance. „Du siehst so geil aus“, wurde ihm ins Ohr geflüstert und er spürte eine Hand auf seiner Brust. „Lass uns verschwinden, ich möchte, dass du mich fickst…“ Cole seufzte innerlich. Ihn faszinierten diese einfachen aber direkten Ansagen immer ungemein. Diese ‚Ich-rede-um-den-heißen-Brei-Anmachen‘ konnte er gar nicht leiden. Aber noch während jener ihm das Angebot machte, hatte Cole die Hand genommen und sie von seiner Brust entfernt. „Sorry, aber ich bin schon verabredet. Ein andermal vielleicht…“ Er war zu gut drauf, als dass er jenen wirklich vor den Kopf stoßen wollte. Und ohne den anderen noch einmal anzusehen, setzte er seinen Weg fort, trat auf Antonin zu, um wortlos sich vor ihn zu stellen, ihn gegen die Theke zu drängen und ihn leidenschaftlich zu küssen. „Ich wollte nur kurz testen, ob deine Lippen immer noch so süß schmecken, wie ich sie in Erinnerung hatte...“, rechtfertigte er seinen Kuss und grinste leicht. Seine Augen versanken in denen des anderen und er wich keinen Millimeter zurück. Seine eine Hand strich dem anderen über die Brust, fuhr dessen Konturen nach, bis er sie nach oben gleiten ließ, um über das Halsband zu streichen. „Wie ich sehe, hätte ich heute meine Leine mitnehmen müssen. Hoffentlich kettet dich niemand anderes an sich…“ Er blickte den anderen schmunzelnd an und küsste ihn dann wieder. „Dann hol ich mir lieber den einen oder anderen Kuss ab, damit ich noch mehr Erinnerungen habe.“ Ragnar Die Woche war für Ragnar ein Wechselbad der Gefühle. Es fiel ihm schwer, die positiven Dinge, die er bei Nathan erleben durfte, dieses Glücksgefühl und die Zufriedenheit mit sich und seinem Leben aufrecht zu erhalten. Aber es glückte ihm irgendwie. Wohl vor allem deshalb, weil Cole ihn recht mit dem Umbau des Clubs beschäftigte, und weil er das Gefühl hatte, momentan für jenen da sein zu müssen, denn Cole hatte ziemlichen Stress. Ragnar wusste natürlich, dass das, was er über Antonins Vergangenheit und die aktuelle Situation erfahren hatte, nur die Spitze eines unbestimmt großen Eisberges war. Aber das, was er wusste, reichte ihm, um zu wissen, dass er vorsichtig sein musste, dass er zuverlässig arbeiten musste, um Cole und Antonin so gut es ging zu unterstützen. Letzterer schien angespannt und aufgewühlt, doch das wunderte Ragnar wenig. Gegen diese Geschichte war sein Virus Zuckerschlecken… Zumindest teilweise. Was ihn jedoch immer wieder runterzog waren die massiven Kopfschmerzen, die sich in letzter Zeit häuften, und die Übelkeit, die ihn nicht nur einnahm und sich bemerkbar machte, sondern momentan dafür sorgte, dass er sich tatsächlich hin und wieder übergeben musste. Ob er neu eingestellt werden müsste? Sein Arzt hatte ihm Blut abgenommen und bat ihn, am Montag wieder zu kommen. Ohnehin wäre bald eine Untersuchung notwendig gewesen. Warum also nicht ein wenig früher. Zumindest kehrte er nicht in das Loch zurück und die Erinnerungen an jenen Abend, jene Nacht mit Nathan munterten ihn auf und die Aussicht, ihn am Samstag zu sehen, war ein Lichtblick. Und obwohl er hin und wieder überlegte, ob er jenem eine SMS schreiben solle, entschied er sich stets dagegen. Der andere sollte ja nicht gleich von ihm genervt sein. Nathan war ein geschäftiger Mann, sicher würde er es nur als nervend empfinden, wenn sich Ragnar bei ihm melden würde, wo er ihm doch gesagt hatte, dass sie sich am Samstag sehen würden. Als es endlich so weit war, der Deal reibungslos über die Bühne gegangen war, und sogar Antonin und Cole zusagten, mitzukommen, war mit einem Mal wieder diese Nervosität da, die Ragnar bereits am vergangenen Montag gespürt hatte. Besonders jetzt, da seine beiden Freunde mitkommen würden, war er umso aufgeregter. Nathans Freunde hatte er ja letztlich schon kennengelernt, aber dass jener so bald auch Cole begegnen würde, machte ihn nervöser denn je. Was, wenn die beiden sich nicht leiden konnten? Oder noch schlimmer: was, wenn Cole den anderen schon einmal gehabt hat? Ragnar wollte lieber nicht darüber nachdenken. Er glaubte zwar nicht, dass Nathan ein Lamm war, was das Verlangen nach schneller Befriedigung betraf, aber ob er sich wirklich mit Cole? Nicht daran denken… Unschlüssig stand er vor seinem Kleiderschrank. Seine besten Sachen hatte er das letzte Mal angehabt, und wieder das gleiche anzuziehen wäre Blödsinn. Schließlich zog er eine schwarze Jeans und ein olivgrünes T-Shirt aus dem Schrank. Aus dem Shirt war eine Aufschrift einer wirklich guten Fahrradmarke, von der Ragnar sich einmal ein Fahrrad geleistet hatte, das er noch immer besaß. Die Schrift war weiß und leicht nach links versetzt, ein wenig verschmiert, als habe man es mit einem Pinsel darauf geschrieben: ‚Specialized ‘ Das würde gehen. Er mochte das Shirt und die wenigsten kannten die Fahrradmarke, so dass man es nicht gleich als ‚Marken-Shirt‘ erkennen würde. Und die, die es kannten, würden sich freuen, einen Gleichgesinnten zu sehen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich langsam beeilen musste, um noch rechtzeitig zu kommen. Er hatte Nathan angekündigt gegen 23.30 im Savoy zu sein. Er packte etwas Geld in die Hosentasche, zudem die kleine Tüte mit seinen Tabletten, die er nicht vergessen sollte, falls er morgen früh nicht zu Hause sein würde. Dann machte er sich auf den Weg. Ein wenig musste er vor dem Savoy warten, bevor er endlich eintreten konnte. Sein Blick glitt suchend durch die Menge, während er durch die Menschenmasse in Richtung Bar ging, wo er sich mit Cole verabredet hatte. Heute war besonders viel Schwarzlicht in dem Raum, was seine ‚Inschrift‘ mehr zum Leuchten brachte, als ihm lieb war. Auf den Podesten tanzten in Weiß angezogene Männer. Auch andere schienen gewusst zu haben, dass heute wohl so etwas wie eine ‚Black-Light-Party‘ angesagt gewesen war. Bereits von weitem sah er die beiden und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er spürte, dass die Nervosität verschwand, besonders, da die beiden wirklich mittlerweile ein Herz und eine Seele geworden zu sein schienen. Vor was hatte er eigentlich Angst, wenn doch Cole in seiner Nähe war? „Hey ihr Turteltäubchen, mir scheint schon fast, als hörte ich die Hochzeitsglocken läuten. Dass ich das noch einmal erleben durfte ist ein Wunder.“ Er grinste breit und blickte dann Cole kritisch an. „Es sei denn…“ begann er und legte den Kopf schief, nachdenklich schauend. „Es sei denn du verrätst mir, wer du bist, und was du mit Cole gemacht hast…“ Cole grinste ihn an und erwiderte, dass er vielleicht einfach nur zu viel Weichspüler in letzter Zeit verwendet habe, dass ihn das aber auch nicht wirklich störte. Dafür würde er aber gerne wissen, wo Ragnar seinen Loverboy gelassen hätte. Ragnar zuckte mit den Schultern. „Er wird hier irgendwo unterwegs sein. Er taucht schon auf“, meinte er und versuchte ruhig zu wirken, weil er nun doch wieder nervös wurde. Er lehnte sich über die Theke und bestellte sich einen Desperado, um sich anschließend an den Tresen zu lehnen und seinen Blick über die Menge kreisen zu lassen. Antonin Lächelnd ließ er sich gegen die Theke drängen, schmiegte sich gleichzeitig näher an Cole und erwiderte den Kuss fast augenblicklich. Die Arme hebend, um sie hinter Coles Nacken zu verschränken. Er erwiderte zuerst nichts auf die Worte, sondern ging lieber auf die Küsse ein, gerade beim letzten verhinderte er ein zu schnelles zurückweichen des anderen und vertiefte ihn. Antonin stand einfach unglaublich auf diese Küsse, wobei er im Grunde auf alles stand was mit Cole zu tun hatte. "Keine Sorge", schnurrte er gegen die Lippen des anderen. "Du brauchst schon lange keine Leine mehr. Wer könnte bei solchen Küssen auch zu weit streunen? Aber eine kleine Auffrischung hin und wieder kann nicht schaden." Er grinste und legte den Kopf schief, um dem anderen ein wenig am Hals zu knabbern. "Der Name der Lektion lautet: Wie lande ich im Darkroom in drei Schritten." Er lachte leise und wandte sich dann dem dazustoßenden Ragnar zu, um diesen zu begrüßen. Für heute würde er die ganze Scheiße, die ihn belastete, einfach vor der Tür des Clubs lassen. Es reichte, dass der letzte Besuch hier, vielmehr einem Desaster als einem schönen Abend geähnelt hatte. Er lauschte dem Geplänkel der beiden und grinste. "Hörst du da auch ein Lied von Elvis, wenn du schon dabei bist? Ohne Elvis geht nämlich mal gar nichts. Weder mit einem echten noch mit einem unechten Cole." Er piekte seinem Freund gut gelaunt in die Seite und drehte sich dann ein wenig, um sich ein Beispiel an Ragnar zu nehmen und ebenfalls ein Desperado zu bestellen. Mehr Alkohol traute er sich nicht zu, aber ganz ohne wollte er eigentlich auch nicht weggehen. Das schließlich in den Händen wissend, musterte er Ragnar ein wenig eingehender, bis sich ein breites Lächeln niederließ. "Wenn besagter Loverboy nicht bald auftaucht, entführe ich dich vor Cole auf die Tanzfläche. Bei näherer Überlegung vielleicht auch wenn er auftaucht.." Er schmunzelte bevor sein Blick auf einen sich näherenden Mann fiel, der wiederrum Ragnar anvisiert zu haben schien. Ob das vielleicht..? Als der Mann tatsächlich bei ihnen stehenblieb, sie kurz musterte und Ragnar dann mit einem Lächeln und einem kurzen Kuss begrüßte war alles klar. Oh, dann wurde es ab jetzt wohl spannend, ja? Neugierig geworden betrachtete er den etwas größeren Mann und musste zugeben, dass jener durchaus etwas hatte. Doch... mit dem Kerl könnte Ragnar sich durchaus sehen lassen. Als jener sich vorstellte, ergriff er dessen Hand und fand einen weiteren Pluspunkt, während er seinen Namen murmelte. Wenn Antonin irgendetwas wie die Pest hasste dann waren das lasche Handdrücke, doch der war genau richtig. Ab jetzt würde er sich wohl ein Weilchen zurücklehnen und die Show genießen. Ob ihm Ragnar und Nathan leidtun sollten? Oder nur Nathan? Denn dass Cole diesem ein wenig auf den Zahn fühlen würde, war zumindest Antonin mehr als klar. Sollte doch einer behaupten, nur Cole würde ihn kennen, das galt andersherum genauso. Abwartend trank er einen Schluck von seinem Bier und zuppelte sich dann frech die Zigarettenschachtel aus Coles Gesäßtasche, da er selbst keine dabei hatte. Ein wenig mit dem Kopf zur Musik nickend, zündete er sich eine an und musterte die drei Männer um ihn herum ein weiteres Mal. Hm, jeder war auf seine eigene Art und Weise unglaublich anziehend. Ein durchaus interessantes Bild. Nathan Leider wurde Nathan von seinem Manager erspäht und aufgehalten. Wie der Kerl ihn nur immer wieder sofort fand? Fast kam es ihm so vor als hätte dieser einen Radar eingebaut, der nur auf ihn ansprang. Sehr merkwürdig. Hin und wieder nickend, hörte er sich die Pläne für den nächsten Monat an und segnete sie ab. Kein Wunder, immerhin hatte Nathan sie dem anderen ins Ohr gesetzt. Sein Bier schließlich dem anderen in die Hand drückend, klopfte er ihm nochmal auf die Schulter, lobte kurz und verabschiedete sich dann kurzbündig. Wirklich, er hatte jetzt weder die Lust noch die Zeit auf dieses Gefasel. Solange der Club Profit abwarf und als eine der Topadressen galt, konnte gar nicht so viel schief laufen, als dass er sich das jetzt noch anhören müsste. Schließlich entdeckte er den gesuchten Mann, zusammen mit zwei anderen an der Theke und hielt auf sie zu. Und wieder fiel ihm auf, warum es Ragnar so leicht fiel, sein Interesse nicht nur zu wecken sondern auch zu behalten. Dieser Mann stach für ihn aus der Masse hervor, mehr als so mancher aufgestylter Kerl, der sich einem mehr oder weniger in das Blickfeld drängte. Es war eine unaufdringliche Aura und Schönheit, die von Ragnar ausging. Nicht zu vergessen die schönen Augen, die so einen faszinierendes Strahlen und fröhliches Glänzen beinhalten konnten. So beachtete er die beiden anderen auch zuerst nicht, sondern trat auf seine Verabredung zu. "Heya schöner Mann. Verzeihung, ich bin schon wieder zu spät", murmelte er und küsste ihn dann aus einem fast schon dringenden Gefühl heraus. Und auch aus der Nähe gab es wirklich nichts zu beanstanden. Wenn Sascha und Blair, falls diese wirklich dazustoßen sollten, sich später nicht ausgezeichnet benahmen was Ragnars Krankheit anging, würde er sie möglicherweise rauswerfen lassen. Das letzte, das Nathan wollte, war es dieses anziehende Lächeln aus dessen Gesicht zu bannen. Schließlich wandte er sich den anderen beiden zu und musterte sie kurz, bevor er sich vorstellte. Während ihm der eine Mann, der sich als Antonin vorstellte, gänzlich unbekannt war, traf das auf den anderen nicht zu. Cole, wenn er den Namen noch richtig im Kopf hatte. Einer der Männer, den man hier häufiger sah und über den man auch genügend hörte, wenn man denn wollte. Sie waren sich hin und wieder über den Weg gelaufen, hatten sogar Belanglosigkeiten ausgetauscht. Gerade in der Zeit als Nathan nach Robin sich wohl selbst einiges zu beweisen hatte. Oder geglaubt hatte, sich beweisen zu müssen, dass er sehr gut ohne ihn auskam. Und irgendwann lief man sich wohl früher oder später über den Weg, wenn man so drauf war. Doch obwohl Nathan Coles Ausstrahlung und Aussehen sehr wohl für sich bemerkte, war es selbst zu dieser Zeit nie eine Frage gewesen, ob sie mal miteinander schlafen würden. Gerade zu dieser Zeit nicht. So begrüßte er jenen auch mit Namen und einem Händedruck auch wenn er bezweifelte, dass jener seinen noch wusste. An dem Abend, an dem sie miteinander ein, zwei Drinks gekippt hatten, waren sie beide gut unterwegs gewesen. Vermutlich würde nicht einmal Nathan sich daran erinnern, wenn ihm Blair nicht hin und wieder mal vorgeheult hatte, dass 'dieser Cole' nie da war, wenn er selbst mal versuchen wollte dort zu landen. Ob Antonin der nächste Kerl auf einer langen Liste wäre? Andererseits hatte Ragnar von Freunden geschrieben. Vielleicht verband die beiden ja auch nur eine ähnliche Freundschaft wie Sascha und Blair die auch schon mal miteinander in der Kiste landeten, wenn sonst nichts herging. Doch im Grunde war es Nathan egal, weshalb er sich Ragnar wieder zuwandte. "Ich befürchte ich habe deinen Kunstband die Abende einmal durchgeblättert und sogar eine deiner CDs angehört. Es tut mir leid, aber ich empfinde es immer noch nicht als Musik. Kurzzeitig bekam ich sogar das Gefühl, dass meine Anlage sich weigern würde. Aber zumindest ersteres hat mich auf eine Idee gebracht, bei der ich gerne später auf deine Meinung zurückgreifen würde." Er lächelte, daran zurückdenkend, dass er es persönlich sehr gut fand, dass Ragnar seine Sachen das letzte Mal ebenfalls vergessen hatte. Nathan würde ihn auch nicht daran erinnern, wenn jener wieder bei ihm wäre. Cole "Die Lektion können wir nachher gerne auf der Tanzfläche üben", schnurrte er Antonin ins Ohr. Während Antonin seinen Desperado bestellte, bat Cole um ein Bier. Er würde heute nicht viel trinken. Momentan war es besser, einen völlig klaren Kopf zu behalten. Denn auch wenn er das hier genoss und sich auch über Antonins gute Laune freute, so würde er so bald nicht vollkommen abschalten können. Er ließ es sich nicht anmerken, aber er war stets wachsam. Noch immer durchschaute er nicht wirklich, was Nicholas vorhatte, aber er wusste, dass dieser Mann zu allem fähig wäre. Einen Schluck von dem Bier trinkend drehte er sich um, Nathan ins Gesicht blickend, der sich gerade wieder von Ragnar löste. Einige Bilder schossen Cole durch den Kopf, Bilder, die mit seinem Gegenüber zu tun hatten. Bilder von einem kleinen Plausch an der Theke nach einer Schlägerei, bei der sie sich darüber unterhalten haben, dass es fast schon absurd ist, dass es unter Schwulen zu so etwas wie Schlägereien um einen Kerl gab, da das viel zu sehr hetero sei. Bilder von zwei Freunden von Nathan, von denen der eine so aussah, als würde er ihn am liebsten sofort bespringen. Bilder von mehreren Tänzen, bei denen sie Augenkontakt gehabt hatten, aber es nie zu mehr gekommen war. Bilder von Besuchen im Darkroom, in dem sich Nathan nicht nur einmal ziemlich ausgetobt hatte. Und war dieser Nathan nicht auch irgendwie ein höheres Tier hier im Savoy? Er hatte mal so etwas in der Art gehört, konnte sich aber nicht mehr daran erinnern. Cole legte seinen Kopf kurz schief, musterte das Gesicht eindringlich und kritisch. "Nathan", begrüßte er ihn und nickte dem anderen zu. Die Hand gab er nur Geschäftspartnern, und das waren sie nicht. "Es ist immer wieder lustig, wie klein die Welt, und besonders die Welt im Savoy war. Und das, obwohl es an so manchen Orten hier so dunkel ist", sagte er mit einem leicht zynischen Unterton. Er lächelte und trank noch einen Schluck Bier, Antonin kurz ansehend. Er wusste noch nicht so genau, ob ihn die Situation nun wirklich freute oder nicht. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie sich Ragnar und Nathan unterhielten. Cole biss auf seiner Unterlippe herum. Er spürte, dass sein Beschützerinstinkt wohl auch diesmal wieder greifen würde. Und so beugte er sich zu Nathan, legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn leicht zu sich. "Tanzen", erklärte er und blickte den anderen auffordernd an. Dann stellte er nach einem langen Schluck das Bier auf die Theke und ging in Richtung Tanzfläche, auf die ihn Nathan auch folgte. Cole begann sich zu bewegen, den anderen mit seinen Augen fixierend, noch immer musternd, als wäre er noch immer unschlüssig, was er von ihm halten solle. Irgendwann rutschte er näher, legte Nathan eine Hand auf die Schulter, um ihn zu sich zu ziehen, die andere Hand dazu verwendend, auch seine Hüfte näher zu ziehen. "Hör zu, Nathan", begann er ruhig zu sprechen. "Ragnar ist ein viel zu herzensguter Mensch für diese Welt. Und ich hoffe für dich, dass deine Absichten nur ehrlich sind, denn wenn du irgendeine Show abziehst, es irgendwie nicht ernst mit ihm meinst, nur aus Mitleid einmal einen Positiven ficken wolltest, oder sonst irgendwelche Unlauteren Gedanken hast", Cole blickte ihm kühl in die eisvogelblauen Augen, "dann gnade dir Gott, dass du mir nicht noch einmal über den Weg läufst. Klar?" Er hatte mittlerweile in der Bewegung innegehalten, seine Hände von dem anderen genommen und blickte Nathan nun ruhig an. "Also überlege dir wirklich gut, was du tust, und welche Absichten du hast." Cole sah, dass Antonin und Ragnar ihnen nun auch gefolgt waren und drehte sich seinem Freund zu. "Du wolltest mir glaube ich noch den Weg in den Darkroom zeigen", flüsterte er Antonin ins Ohr und zog diesen zu sich, um ihn zu küssen. "Aber erstmal tanzen wir..." Er lächelte den anderen an, blickte dann aber noch einmal zu Nathan, mit einem kühlen Blick, bevor er sich von Antonin dazu animieren ließ, mit ihm zu tanzen. Er hatte gesagt, was ihm wichtig war. Und er würde genau beobachten. Jemand, der nur auf Ficken aus war, war nichts für Ragnar. Und schon gar nicht, seit Cole ahnte, dass jener an Depressionen litt. Ragnar Ragnar schüttelte den Kopf und seufzte. "Das finde ich sehr schade", erklärte er, "dabei hätte ich bei den beiden CDs am ehesten noch darauf getippt, dass es dir gefallen könnte. Es ist recht langsamer und melodische Jazz und alles andere als hektisch... Aber gut. Zum Glück sind Geschmäcker verschieden. Schade nur, dass ich dich dann wohl nie in einen der Jazzkeller mitnehmen werde." Er grinste den anderen an. Es hatte ihn gefreut, dass Nathan ihn ohne Scheu mit einem Kuss begrüßt hatte. Und nur zu gerne hatte er den Kuss erwidert. "Und welche Idee das auch immer ist, ich werde dir gerne meine Meinung kundtun." Es war ihm erst zu Hause aufgefallen, dass er wieder seine Sachen bei ihm vergessen hatte, hatte sich aber letztlich doch auch darüber gefreut, denn so würde er immer einen Vorwand haben, Nathan zu besuchen. Vielleicht sollte er es das nächste Mal auch wieder stehen lassen... Was ihm jedoch weniger gefallen hatte, war die Tatsache, dass Cole und Nathan sich kannten. Und Coles Bemerkung ließ darauf schließen, dass sie sich unter anderem aus dem Darkroom kannten. Der kritische Blick, den er Cole kurz zugeworfen hatte, und der Blick, den er von ihm zurückerhalten hatte, sagten ihm zwar, dass sie nicht miteinander zugange gewesen waren, aber irgendwie beruhigte ihn das noch nicht. Und bevor er noch etwas sagen konnte, hatte Cole sich Nathan auch schon geschnappt. Ragnar hob die Augenbrauen und blickte den beiden kurz hinterher. Dann trank er einen Schluck Desperado. "Ich frage mich, Antonin, was ich an mir habe, dass Cole immer alle, die an mir interessiert sind, genauestens unter die Lupe nehmen muss. Langsam sollte man doch wissen, dass ich alt genug bin, mir meine Partner selbst auszusuchen, oder?" Er blickte den anderen hilfesuchend an. "Sehe ich so aus, als würde ich blauäugig und hilflos durch die Gegend laufen, oder als ob ich nicht ganz zurechnungsfähig wäre?" Er seufzte tief. "Ich glaube, ich würde gerne auf dein Angebot zurückkommen, und mit dir tanzen gehen, wenn du noch möchtest." Ein Lächeln zierte seine Lippen als sie beide den anderen hinterher gingen. Doch das Lächeln war müde. Was Cole Nathan wohl wieder sagen würde? Würde er ihm wieder Mord und Folter androhen, wie er es früher gerne gemacht hatte, wenn sich endlich mal jemanden für ihn interessiert hatte? Er seufzte innerlich. Bei den beiden angekommen schien es so, als sei die Show bereits vorbei und Cole und Antonin begannen zu tanzen. Etwas unschlüssig blickte er Nathan an. Dann beugte er sich zu ihm. "Hat er dir Folter angedroht? Oder dir versprochen, dich grausam und langsam umzubringen?", fragte er und blickte Nathan entschuldigend an. "Tut mir leid, Cole scheint noch nicht begriffen zu haben, dass ich keine 15 mehr bin und auch ein wenig auf mich selbst aufpassen kann." Inständig betete er innerlich, dass Nathan sich nicht von den Worten des anderen hatte beeindrucken lassen. Was auch immer dieser zu ihm gesagt haben mag. "Tanzen?", fragte er und sah kurz zu Antonin und Cole herüber, die bereits begonnen hatten. Von wegen keine Hochzeitsglocken... Antonin Die beiden kannten sich also? Aus 'dunklen' Plätzen im Savoy? Hm... Antonin lenkte seine Aufmerksamkeit von den beiden Platzhirschen zu Ragnar und meinte zu glauben, dass diesem die Bemerkung nicht unbedingt gut tat. Statt wie vorher noch vermutet, teilte nicht dieser Nathan sein Mitleid, sondern vielmehr Ragnar. Ein wenig nachbohrende Fragen und Andeutungen hatte Antonin ja erwartet, aber das war jetzt momentan mehr mit der Axt durch die Tür. Kurz zu Cole sehend, der sich auf der Unterlippe herumbiss und ihn dann ansah, hob er eine Augenbraue, schwieg jedoch. Auch wenn diese noch ein ganzes Stück höher wanderte als der Nathan so entführte. Es mochte sich aus seinem Mund sehr seltsam anhören, weswegen es auch nur gedacht wurde, aber Antonin bekam das Gefühl Tayras Lieblingsausspruch zu verstehen. Männer.. Leicht mit dem Kopf schüttelnd, von seinen Desperados trinkend und die gerauchte Zigarette ausdrückend, hörte er Ragnar zu. Und er hätte so viele Antworten darauf, dass er gar nicht wusste, wo er beginnen und wieder aufhören sollte. So legte er Ragnar ohne weiter darüber nachzudenken den Arm um die Schulter und zog ihn ein Stück zu sich. "Schau, ich glaube nicht, dass es an deinem Alter oder an einer angeblichen Unfähigkeit liegt, sich selbst einen Kerl zu suchen", fing er an und suchte den Blick des anderen Mannes. Irgendwie hatte jener es total unbemerkt von Antonin geschafft, sich auf seine kurze Liste der wichtigen Personen zu schleichen. Nicht nur unbedingt wegen Cole. Nein, er mochte den Mann tatsächlich. "Es ist nur so, dass selbst ein Blinder mit Krückstock erkennt wie sehr er dich liebt. Und was man liebt, das möchte man beschützen. So sehe ich das." Er runzelte kurz die Stirn, löste den Blick und sah auf die Tanzfläche. "Auch wenn er es mit dem Fingerspitzengefühl eines Hornochsen tut und in seiner Übereifrigkeit übersieht, wie das vielleicht bei dir ankommt." Er stellte sein Desperados weg und nahm den Arm wieder von der Ragnars Schulter. "Klar steht mein Angebot noch. Mit hübschen Männern tanzt man immer gerne." Er zwinkerte Ragnar zu und wollte schon losgehen, bevor er sich allerdings noch einmal herumdrehte und Ragnar ansah. "Ich weiß, dass wir uns im Grunde nicht so gut kennen und dass ich mich damit vielleicht ein Stück zu weit aus dem Fenster lehne, aber ich möchte dir sagen, dass es egal ist. Selbst wenn Coles Andeutung mit dem Darkroom wahr ist, dann sollte es dir egal sein. Du willst den Kerl? Hol ihn dir! Mit dem Rest rauft man sich dann schon irgendwann zusammen. Im wahrsten Sinne des Wortes." Er lächelte ein wenig schief und blieb nicht mehr stehen, bis sie auf der Tanzfläche waren. Antonin sollte gar nicht dazu kommen mit Ragnar zu tanzen, denn wider Erwarten wandte sich Cole ihm sofort zu und erinnerte ihn ans eine vorherigen Worte. Ja, erstmal Tanzen. Er liebte es mit Cole zu tanzen. Was er eher nicht liebte, war, dass Cole seinen Blick schon wieder zu Nathan gleiten ließ, weshalb er die Hüfte des anderen zu sich zog und ihm, mit etwas strecken, ins Ohrläppchen biss. "Du tanzt gerade mit mir, schon vergessen?", neckte er und war zufrieden, als Cole tatsächlich darauf einging. Kurz überlegte Antonin, doch er kam zu der Entscheidung, dass er es jetzt ansprechen müsste, wenn er später keine 'Stimmung' mehr damit ruinieren wollte. Ruhig, darauf bedacht möglichst keine Wertung in den Blick zu legen betrachtete er das faszinierende Gesicht seines Partners. "An Ragnars Stelle wäre ich dir nicht sonderlich dankbar für deine Aktion eben", murmelte er und hob eine Hand, um sie in Coles Nacken zu legen, über die weiche Haut kraulend. "Aber andererseits finde ich es immer wieder faszinierend, wenn du so zielstrebig und unbeugsam wirkst", raunte er und löste sich ein wenig von Cole, damit sie ein wenig mehr Platz zum tanzen hatten, nur einen kurzen Blick zu den anderen beiden werfend. Er würde sich garantiert nicht weiter einmischen, hatte alles gesagt, was es aus seiner Sicht dazu zu sagen gab. Nathan Nathan kam um das Gefühl nicht herum, dass dies keine tiefe und innige Freundschaft zwischen Cole und ihm werden würde. Zwar war er sich sicher, dass Ragnar gar nicht davon ausging, dass Nathan ein Kind von Traurigkeit war, was den Darkroom anging, aber musste so eine Anspielung wirklich sein? Gut dass er selbst zum Großteil seiner Zeit so ehrlich war, denn er hatte Ragnar ja schon am ersten Abend gesagt, dass er sich direkte Komplimente in den ersten zwei Stunden für Eroberungen für den Darkroom aufbehielt. Daraus würde jener schon schließen können, was er wollte. Trotzdem war das kleine Schauspiel hier nicht nur nutz- sondern auch sinnlos. Und gerade als er sich Ragnar wieder zuwenden wollte, wurde er auch schon so freundlich zum tanzen aufgefordert. Einen entschuldigenden Blick zu seiner eigentlichen Begleitung werfend, folgte er Cole. Na schön, würden sie das eben jetzt sofort hinter sich bringen. Wirklich viel bewegte er sich nicht, immerhin hatte er kein Bedürfnis mit dem Kerl zu tanzen. Dennoch ließ er sich ohne Gegenwehr näher zu diesem ziehen, erwiderte dessen Blick ruhig aber ein wenig distanziert. Für heute war Nathans Maß an Ansprachen und schlauen Sprüchen wirklich schon erreicht. Doch er hörte und stimmte Cole sogar zu. Ragnar war auch seiner Ansicht nach zu schade, um ihn nur ein kurzweiliges Spielzeug zu betrachten. Doch dann verdunkelte sich sein Blick ein wenig. "Ich kann deine Beweggründe für das hier nachvollziehen, was aber auch schon das einzige Positive ist", er erwiderte den kühlen Blick unerschrocken. Woher sollte er auch wissen, dass er eine solche Drohung aus Coles Mund besser wörtlich zu nehmen hatte? "Wir haben uns häufiger mal im Darkroom gesehen, na und? Deshalb kannst du es dir also erlauben mir wichtigtuerische Floskeln an den Kopf zu werfen? Tut mir leid, aber das kannst du nicht. Darum sage ich dir das gleiche, wie ich es jedem sagen werde, der seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn zu diesem Zeitpunkt gar nichts angehen: Fuck off!" Seine Lippen kurz zu einem schmalen Strich zusammenpressend sah er Ragnar und Antonin aus den Augenwinkeln näher kommen. "Zudem es mich langsam tierisch anpisst, das Ragnar offensichtlich nur durch seine Krankheit ausgemacht wird. Ich pfeife auf diese beschissene Krankheit und ich pfeife auf deine Drohungen, denn wenn es nach mir geht, werden wir uns wohl leider häufiger über den Weg laufen. Aber das liegt an Ragnar, bestimmt nicht an dir." Tief durchatmend sah er Ragnar entgegen, als sie sich 'trennten' und musste fast schon wieder lächeln, als er die Fragen hörte. "Sowas in der Art", bestätigte er und betrachtete den anderen ein wenig nachdenklich. "Heute muss Tag der schlauen Sprüche und Drohungen für mich sein. Aber gut, vielleicht hat dein Freund da nicht ganz unrecht." Er seufzte und strich sich ein wenig durch die Haare, Ragnar ein wenig zu sich ziehend, als der nach tanzen fragte. "Ich hab das Gefühl dir ein wenig erklären zu müssen, damit du Coles Bemerkungen nicht möglicherweise in den falschen Hals bekommst", sagte er und hob eine Hand, um diesem schönen Mann über die Wange, hinab zum Hals über dessen Schlüsselbein zu streicheln. "Dein Freund und ich, sind uns zu einer Zeit über den Weg gelaufen als ich ziemlich schräg unterwegs war. Schräger als es normal ist in der Szene. Mein fester Freund, mit dem ich fast zwei Jahre lang zusammengelebt hatte, hat sich zu ungefähr diesem Zeitpunkt von mir getrennt und ich hatte das dumme Gefühl, mir beweisen zu müssen, dass ich ohne ihn sehr gut zurecht komme. Ich war so gut wie jede Nacht hier und habe mich ... ausgetobt." Sein Lächeln wurde ein wenig nachdenklich und er sah tief in die schönen Augen seines Tanzpartners, auch wenn sie sich gerade nicht wirklich bewegten. "Hat mir natürlich auf längere Sicht nichts gebracht, weshalb ich von der einen Tätigkeit zur nächsten gesprungen bin: Meiner Arbeit. Ich bin im Grunde nur so erfolgreich, weil ich monatelang durchgearbeitet habe. Genaugenommen sogar fast ein Jahr. Ich hasse es immer noch in die leere Wohnung nach Hause zu kommen und kann es eigentlich gar nicht leiden alles nur auf Sex zu reduzieren. Und ich werde einen Teufel tun und mich von - in meinen Augen - dummen Sprüchen verunsichern zu lassen. Was wird oder nicht, das liegt alleine an uns und ich möchte nicht, dass du denkst, dass ich vor irgendetwas davonlaufe, nur weil man mich ein wenig anknurrt, in Ordnung?" Er seufzte und ließ seinen Blick kurz zu Cole und Antonin schweifen, bevor er Ragnar ernst geworden ansah. "Ich hab dich nämlich gern und mag deine Anwesenheit, auch wenn ich das vermutlich lieber etwas anders und unter anderen Umständen gesagt hätte, so ist es doch die Wahrheit." Cole "Hey", knurrte Cole gutmütig, als Antonin ihm ins Ohr biss. Er sah ihn wieder an und lächelte. Er hatte gute Laune, verdammt gute Laune. Heute war einmal ein wirklich erfolgreicher Tag. Der beste seit langem. Nathans Antwort hatte ihn überzeugt. Normalerweise war es immer darauf hinausgelaufen, dass die anderen Männer sich tatsächlich einschüchtern ließen. Sie konnten ja nicht wissen, dass es Cole durchaus ernst damit war, wirklich mit ihm aneinander zu geraten, würden sie Ragnar verletzen, aber dennoch kuschten viel zu viele. Er hatte sogar schon erlebt, dass ihm Geld angeboten wurde, dafür, dass er weg sah, wenn jener jetzt mit Ragnar verschwand. Jenem hatte er anschließend tatsächlich die Knarre an den Kopf gehalten. Als ob er Ragnars Zuhälter wäre. Aber Nathan hatte sich in keinster Weise einschüchtern lassen. Er hatte genau so reagiert, wie es Cole gehofft hatte. Mit seinen Worten hatte er ihm klar gemacht, dass er erstens nichts auf die Meinung anderer gab, zweitens es wirklich ernst meinte mit Ragnar und drittens, dass Aids dabei keine Rolle spielte. Cole hörte aus den Worten des anderen heraus, dass Bekannte oder Freunde wohl schon Ragnar ‚auf die Krankheit reduziert hatten‘. Umso schöner, dass er dennoch hier war, sich nicht davon hatte verschrecken lassen. Dass er selbst Ragnar auf das reduzieren würde, was ja letztlich in gewisser Weise eine Anklage von Nathan war, das störte Cole nicht. Er wusste es besser, schließlich kannte er seinen besten Freund bereits seit über 14 Jahren und dass er positiv war, wusste er erst seit kurzem. Als Antonin anfing zu sprechen wurde seine Aufmerksamkeit wieder aus seinen Gedanken gerissen. Er betrachtete den anderen warm, sich schmunzelnd darüber amüsierend, dass jener sehr bedacht seine Worte wählte. „Wer hat dir eigentlich erlaubt, so süß zu sein?“, fragte er Antonin fröhlich und küsste ihn. „Ragnar wird mir das verzeihen. Er kennt mich und ich kann sagen, dass bisher keiner von seinen Typen wirklich bestanden hat. Letztlich möchte ich ihn nur davor bewahren, nicht auf einen Typen wie mich reinzufallen. Denn dafür ist er nicht so stark, nicht so stark wie du zum Beispiel. Und angesichts der Tatsache, dass er positiv ist, wäre es wohl besser gewesen, ich hätte ihn in Europa auch ein wenig beschützen können. Dann wäre Ragnar vielleicht heute gesund. Aber ich bin mit dem Ergebnis meines kleinen Schauspiels durchaus zufrieden. Nathan ist ein netter Kerl, der weiß was er will. Und offenbar weiß er gerade sehr genau, dass er Ragnar möchte, und zwar mit allem drum und dran. Und das finde ich gut. Es hätte also nicht besser laufen können.“ Er zwinkerte Antonin zu und zog dann dessen Hüften an die seine, um mit ihm im Rhythmus der Musik intensiver zu tanzen. Hin und wieder küsste er ihn sanft, manchmal leidenschaftlich. Ansonsten genoss er es einfach nur, einmal unbeschwert sein zu können. Als der Rhythmus langsamer wurde, erotischer die Musik, legte er Antonin seine Hand in den Nacken, die andere ließ er zu dessen Hintern gleiten. Bewusst provozierte er die Berührungen ihrer Lenden, während er seinen Kopf leicht zur Seite gleiten ließ, um sacht gegen Antonins Hals zu pusten, bevor er ihn dort sanft mit seinen Lippen berührte. „Weißt du eigentlich wie unglaublich sexy du bist?“, raunte er dem anderen ins Ohr. „Und weißt du eigentlich, wie glücklich ich bin, dass es dich gibt?“ Er lächelte als er seine eigenen Worte vernahm. So etwas zu sagen, war für ihn wirklich eine Meisterleistung. Aber heute würde er sich wohl auch dazu hinreißen lassen, einmal ein wenig von seinem tief im Inneren verborgenen weichen Kern zu zeigen, der wahrscheinlich anderen viel häufiger auffiel, als ihm selbst. Ragnar Ragnar genoss das sanfte Streicheln an seiner Wange und sacht lehnte er sich gegen die Hand des anderen. Die Worte von Antonin hatten ihm gut getan. Auch wenn er bereits wusste, weshalb Cole so handelte. Es war ja nicht das erste Mal. Nur diesmal würde es ihn verdammt stören, wenn Cole Nathan vertrieben hätte, denn dann hätte er sich wirklich wieder einmal mehr in einem Menschen getäuscht, von dem er geglaubt hatte, dass er ehrlich zu ihm gewesen war. Und diese Hand sagte ihm gerade, dass er sich nicht getäuscht hatte. Er lächelte und die Müdigkeit, die dieses Lächeln vorhin noch hatte, war bald verschwunden. Als Nathan begann ihm zu erklären, wie Ragnar Coles Bemerkung verstehen sollte, blickte er ihn warm an. „Mach dir keinen Kopf. Ich bekomme es sicher nicht in den falschen Hals. Erstens stört es mich kein bisschen, dass du im Darkroom warst, aus welchen Gründen auch immer, denn schließlich war jeder von uns dort schon bestimmt mehr als einmal. Und zweitens kenne ich Cole recht gut. Er hat dich dort gesehen, und damit bist du potentiell jemand wie er. Und er hat mir in den letzten 15 Jahren meines Lebens mehr als einmal den Satz gesagt: ‚Pass nur auf Ragnar, dass du dir keinen Typen wie mich aussuchst!‘.“ Er lächelte den anderen an und küsste sanft die Handinnenfläche. „Danke für deine Ehrlichkeit.“ Dass Nathan eine längere Beziehung hinter sich hatte, beruhigte Ragnar ungemein, denn letztlich gab es viel zu wenige Menschen in der Szene, die wirklich auf eine langfristige Beziehung aus waren. Die meisten suchten nur den schnellen Fick, oder gaben es zumindest vor, obwohl Ragnar davon überzeugt war, dass durchaus mehr sich nach einem wirklichen Partner sehnten. Selbst Cole, wie ihm immer mehr bewusst wurde, wenn man die beiden tanzen sah. Ruhig lauschte er den weiteren Erläuterungen und nickte nachdenklich. Er kannte es gut, dass man sich nach einem emotionalen Tief in eine Ersatzbefriedigung stürzt – welcher Art auch immer. Als Nathan ihm erklärte, dass er sich von Cole nicht abschrecken lassen würde, blickte er den anderen lächelnd an. „Dann hat Cole erreicht, was er wollte. Er wollte testen, ob du einzuschüchtern bist. Und du hast die Prüfung bestanden. Er wird dich in Zukunft in Ruhe lassen.“ Doch als er Nathans letzte Worte hörte, verstummte er und blickte ihn mit überraschtem Blick an. Wow, das war jetzt wirklich genauso unerwartet wie überwältigend. Ragnar schluckte, dann beugte er sich zu Nathan, um ihn sanft zu küssen. Seine Hand bahnte sich ihren Weg über die Brust und den Hals in den Nacken des anderen, um den Kuss zu intensivieren. Etwas anderes war er im Moment nicht fähig zu sagen oder zu tun. Er war einfach nur glücklich und zufrieden. Und in dem Moment war Ragnar bewusster denn je, was Cole mit seiner Show immer erreichen wollte, dass er genau das zu hören bekam, damit er nicht mehr zweifelte. Ja, Antonin hatte recht, Cole liebte ihn. Und Ragnar liebte ihn auf die gleiche Weise. Als er sich wieder von Nathan löste wurde eben jenes eher erotischere Lied angespielt. „Es wird Zeit, dass wir uns endlich einmal bewegen“, lächelte er den anderen an und blickte ihm in die himmlischen Augen. Und ohne weiter etwas zu sagen, und auch ohne irgendwie zurückzuweichen, begann er sich an Nathan geschmiegt zu bewegen. Antonin Ein wenig verlegen lächelnd, erwiderte er nichts auf Coles eher rhetorische Frage. Zudem er auch gar nicht wusste, was er hätte antworten sollen. Süß? Antonin war sich nicht sicher, ob dieses Wort wirklich zu ihm passte. Andererseits tanzte gerade ein fröhliches Funkeln in den Augen des anderen und Antonin war geneigt sich auch als niedlich titulieren zu lassen, wenn er dafür mehr davon zu sehen bekäme. Doch dann wurde sein Blick sanfter, trauriger, nachdenklicher. Ragnar war positiv? Einen Blick zu den beiden anderen werfend, die inzwischen ebenfalls tanzten seufzte er unhörbar, bevor er sich Cole wieder zuwandte und sich eine Weile aufs Tanzen konzentrierte. Darüber sinnierend wie unfair das Leben manchmal sein konnte. Und es ließ ihn sich wieder daran erinnern, was er einmal ursprünglich für Pläne mit CI-1 hatte. Es würde noch jahrelange Forschung benötigen, sowie die Hilfe vieler Kollegen aus anderen Fachrichtungen, aber im Grunde würde es irgendwann einmal nicht nur Drogensüchtigen, sondern auch so Leuten wie Ragnar helfen können. So traurig es war, aber die tödliche Krankheit des anderen erinnerten Antonin deutlich daran, dass es niemals sein Lebensziel gewesen war, ein mordender Psycho zu sein. Vielleicht war er stellenweise egoistisch und im Grunde kein wirklicher Menschenfreund, aber seine offizielle Arbeit hatte immer dazu gedient, Krankheiten effektiver und vor allem schneller behandeln zu können. "Mal angenommen...", fing er an, "ich würde dir eine bestimmte, verlorengeglaubte Formel überlassen, würde das nicht auch Ragnars Profit erhöhen?" In diesem Moment bemerkte er nur am Rande, dass Cole diesen Nathan für gut befunden hatte, denn seine kleinen Rädchen drehten sich in andere Richtungen. Antonin war nicht auf den Kopf gefallen und gerade durch die Sparte, aus der er kam, hatte er eine sehr genaue Vorstellung wie viel von Ragnars Geld für Medikamente draufgehen sollte. Zwar fehlte ihm eine Vorstellung davon, was jener verdiente, und er bezweifelte, dass Cole zulassen würde, dass jener damit zu kämpfen hatte, sich die Mittel zu leisten, aber wenn die Herausgabe einer dämlichen Formel zu einer noch dämlicheren Droge dazu beitragen könnte, es diesem Mann einfacher zu machen... nun, warum nicht? Zwar waren gerade die eingebauten Sicherheiten, die ein einfaches Nachpanschen verhinderten, kompliziert und nur in einem wirklich guten Labor zu verwirklichen, aber wenn man den Gewinn bedachte, sollte das Cole keine Probleme bereiten. Doch von solchen Gedanken wurde er schließlich endgültig abgelenkt, als Cole ihn zu sich zog und es dauerte nicht lange bis Antonin sich wieder auf die Musik und den tollen Mann vor sich einlassen konnte. Abermals hatten es ihm gerade diese Küsse angetan, die er ohne Umschweife erwiderte und es genoss, sich eine Weile einfach so zusammen mit Cole dahintreiben lassen zu können. Er hatte keinen Blick für etwaige andere Männer, denn sein Partner schaffte es wieder einmal, jede noch so kleine Unze an Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und nicht zum ersten Mal fragte Antonin sich, wo sie wohl die richtige Abzweigung genommen hatten? Ab welchem Zeitpunkt er einfach nicht mehr ohne den anderen hatte sein wollen? Und wieder konnte er kein Datum, keine Uhrzeit finden. Es kam ihm vor, als wäre es schon bei ihrer ersten Begegnung so gewesen. Als hätte alles so kommen müssen, wie es gekommen war. Und egal was nun die Wahrheit sein mochte, irgendwelche Schicksalsgöttinnen schienen es noch gut mit ihm zu meinen. Da sie ihm trotz aller Scheiße außenrum so einen Mann zugestanden. Als sich die Musik änderte, schlich sich ein kleines Funkeln in seine Augen und er drängte ein Bein zwischen die von Cole, ließ sich nur zu gern auf die Neckerei, die leicht funken schlagende Spielerei ein. Er neigte den Kopf leicht, um dem anderen dort mehr Platz zu machen und schloss die Augen kurz, genießend. Die er jedoch gleich darauf wieder öffnete und sich mit einem leichten Lächeln näher an Cole dränge, ihre Lenden wieder zusammenbrachte. "Haben Sie heute schon mal in einen Spiegel gesehen, Mister? Das wäre was ich sexy nennen würde", antwortete er mit leicht heiser gewordener Stimme, nur um dann perplex zu blinzeln und die Hand, die er auf Coles Hintern hatte ruhen lassen, rutschte automatisch höher. Den anderen unbewusst an sich drückend, versuchte er diese Worte zu verdauen, den Blick aus den grünen Augen suchend, um sich zu vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte. Und als ihm das langsam klar wurde, war das strahlende Lächeln wieder da. Von einer Sekunde auf die andere geriet der Rest in den Hintergrund. Nur noch Cole und das unglaublich warme, glückliche Gefühl in seinem Bauch blieben zurück im hier und jetzt. Sich die Lippen befeuchtend, begannen seine Augen zu funkeln, bis er sich für eine Antwort entschieden hatte. Eine, die ihnen wohl beide zusagen würde. "Ich kann dich noch glücklicher darüber machen…", raunte er dem anderen frech zu und zog diesen erst in einen langen Kuss. Zuerst sanft, seine Gefühle vermittelnd, wurde er schnell leidenschaftlicher, bis er Cole an der Hand griff und sich von diesem löste. Es brauchte nicht recht viel mehr als einen auffordernden Blick und ein viel versprechendes Lächeln, um sie in den Darkroom zu befördern. Doch anders als Cole sich das wohl gedacht zu haben schien, ließ Antonin sich das Zepter diesmal nicht so schnell aus der Hand nehmen. Ihnen mit einem schnellen Blick einen freien Platz suchend, machte er sich nach einem weiteren, deutlich dringenderem Kuss an der Hose des anderen zu schaffen und begab sich dann selbst auf die Knie. Noch so etwas, das ihm nur bei Cole völlig natürlich und jetzt gerade auch absolut nötig erschien. Zum einen machte ihn das inzwischen ebenfalls an und zum anderen war es an der Zeit sich einmal 'ordnungsgemäß' zu bedanken. Besser könnte er es mit Worten gerade nicht ausdrücken, ohne dass ihm vielleicht nicht doch ein Liebesgeständnis über die Lippen rutschen würde. Zwar ahnte er, dass Cole das eigentlich inzwischen klar sein müsste, aber zwischen Ahnung und Wissen lagen manchmal Welten. Und Antonin mochte den sich öffnenden Cole. Jeden einzelnen Zentimeter.. Nathan Er lauschte auf Ragnars Stimme und zeigte sich ein weiteres Mal fasziniert von ihr. Gerade hier, zu dieser Kulisse schien sie wunderbar zu passen. Wie ein Instrument, das nur ein wenig unter den restlichen Instrumenten hervorstach. Aber eben genug, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nathan fand sie nur im Bett noch schöner, wenn Ragnar diese wunderbaren kehligen, erregten Laute von sich gab. Schließlich lächelte er. "Ich bin so gut wie immer ehrlich, eines Tages wirst du mich dafür verfluchen. Das geht zumindest den meisten irgendwann so." Es war ein wenig ein schelmisches Grinsen, das aussagte, dass er sich da keiner Schuld bewusst war. Doch dann seufzte er. "Er muss mich nicht in Ruhe lassen, aber er sollte mir keine haltlosen Verdächtigungen mehr an den Kopf werfen. Auch wenn ich es wohl verstehen kann..." Er ließ den Satz auslaufen und lächelte dann etwas resignierend. "Ginge mir an seiner Stelle wohl ganz ähnlich. Und wofür sind Freundschaften da, wenn nicht genau für so etwas?" Als er den überraschten Blick von Ragnar bemerkte, hob er eine Augenbraue. Was? War das dem anderen wirklich nicht klar gewesen? Hm, vielleicht war dessen Selbstbewusstsein durch diese gottverfluchte Krankheit nicht so toll, wie er ihm weißmachen wollte? Wenn dem so war, dann würde Nathan in Zukunft wohl häufiger ein wenig direkter auf seine Gefühle für den anderen zu sprechen kommen. Denn dass sich da Gefühle bildeten, wenn sie nicht sogar schon vorhanden waren, das war zumindest ihm mehr als deutlich bewusst. Zufrieden, wenn auch etwas überrascht erwiderte er den Kuss und zog Ragnar ein wenig näher zu sich heran. Das schmeckte ganz eindeutig nach mehr, doch als der andere den Kuss löste war er auch nur zu gern bereit zu den momentan gespielten Tönen zu tanzen. Gerade wenn dieser fantastische Körper, der zu diesem tollen Mann gehörte sich so nahe an ihm geschmiegt bewegte. Es war genial und auch irgendwie spannend so zu tanzen. Zum einen weil Ragnar ein ausgesprochen guter Tänzer war und zum anderen weil es Nathan beschäftigte, seine Gelüste im Zaum zu halten. Eine bisher eher unbekannte, aber durchaus anregende Art zu tanzen und sich zu amüsieren.. Doch schließlich versank er schon wieder fast in diesen dunkel funkelnden Augen. Eine Hand über den Rücken des anderen gleiten lassend, bis sie auf dessen Hintern zu ruhen kam, zog er Ragnar in einen weiteren, leidenschaftlicheren Kuss. Mh, er küsste diesen Mann einfach unglaublich gern. Doch dann konzentrierten sie sich eine ganze Weile nur aufs Tanzen, genossen wohl auch die Anwesenheit des jeweils anderen, bis sie beschlossen sich eine Atempause bei einem Drink zu gönnen. Ragnar mit einem Bier zuprostend, lehnte Nathan sich an den Tresen. "Ich habe mir die Tage etwas für eine besondere Veranstaltung, hier im Savoy überlegt. Die Idee kam mir als ich deinen Bildband durchgesehen habe. Eine Art der besonderen Schwarz-Weiß Party. Im Grunde ist ja jeder Mensch eine Art Kunstwerk für sich und daraus ließe sich sicherlich noch etwas machen. Aber ich bin mir da noch nicht ganz sicher und hätte dich gern zu deiner Meinung zu ein paar Ideen gefragt. Wenn du Interesse an so etwas hast?", fragend sah er Ragnar an. "Natürlich könnte ich jetzt auf dein schlechtes Gewissen plädieren, weil du mir den Floh unbemerkt ins Ohr gesetzt hast, da ich so häufig an unseren Nachmittag bei der Ausstellung zurückdenken muss, aber das würde ich natürlich niemals machen." Er schmunzelte leicht. "Nein, das ist natürlich ein Scherz, fühl dich bitte zu nichts gedrängt. Es ist momentan auch mehr eine Spielerei von mir, als ein bereits fest geplanter Event." Cole Antonins Angebot, die Formel für Blue Wonder herauszurücken, um Ragnar finanziell ein wenig zu unterstützen, klang interessant. „Würde es, aber das musst du dir gut überlegen. Er kommt ganz gut hin, momentan, auch wenn er glaube ich keine großen Sprünge macht, und von daher würde es vielleicht auch reichen, bis du mit deinem Labor soweit bist.“ Er lächelte den anderen an. „Darüber können wir die Tage nochmal reden, nicht jetzt… Jetzt möchte ich von dem ganzen Zeug nichts wissen.“ Ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als Antonin ihn ebenso ‚anzüglich‘ antanzte, wie er ihn. Er liebte dieses Brizzeln, das zwischen ihnen in der Luft lag, wenn sie so tanzten. Es erfüllte ihn, kam aus seinem Innersten. Und es war ein Gefühl, das nur bei Antonin in dieser Intensität auftrat. Er erinnerte sich noch gut, wie sie das allererste Mal zusammen getanzt haben, damals, als sie noch gar nicht ‚zusammen‘ gewesen waren. Und dennoch war schon dort diese unglaubliche Erotik in der Luft gelegen. Cole stellte fest, dass er viel zu spät begriffen hatte, welchen Juwel er damals in Händen gehalten hatte. Aber jetzt war er an seiner Seite. Und er würde ihn nicht mehr hergeben. Die Reaktion des anderen auf sein Kompliment ließ ihn schmunzeln. Klar war es Cole bewusst, dass er ‚sexy‘ war, aber es auch Antonins Mund zu hören, war etwas ganz anderes als es aus den vielen Mündern der Männer gehört zu haben, die er schon gefickt hatte. Bei diesen Männern war das alles bedeutungslos gewesen. Komplett bedeutungslos. Doch als Antonin stutzte, als er ihm erklärte, dass er glücklich war, löste sich Cole ein wenig, um auch das Gesicht des anderen zu sehen. Und dieser suchte auch seine Augen. Ruhig blickte er den anderen, der ihn erst etwas ungläubig ansah, an. Es war sein kompletter Ernst gewesen, auch wenn er mit solchen Worten, wohl wirklich nur hausieren ging, wenn er wirklich sehr gut drauf war. Doch das Lächeln, das er jetzt geschenkt bekam, versicherte ihm, dass diese Worte auszusprechen, das Beste gewesen war, was er an diesem Abend hatte tun können. Wenn der Bildhauer Antonin in Stein meißeln würde, müsste er genau dieses Strahlen einfangen, denn es war unglaublich schön. Hm, vielleicht sollte er öfters so etwas sagen? Nein, dann wäre er nicht er selbst. Aber angesichts dessen, was nun folgte, würde er es sich vielleicht noch einmal überlegen. Diese unglaubliche Stimme, dieses Versprechen, dieser Kuss – in Cole kribbelte alles in freudiger Erwartung an das, was er jetzt in jedem Fall wollte: Sex. Und so brauchte es nichts mehr, als diesen Blick des anderen, um jenem wie ein williger Hund zu folgen. Ob er jemals genug davon bekommen könnte? – Niemals. Doch als er dort den anderen in einen verführerischen Kuss ziehen wollte, schien Antonin, der den Kuss wieder löste, andere Pläne zu haben. Er schluckte, als er sah, wie jener vor ihm in die Knie ging. Überrascht blickte er hinab, doch jener schien keinerlei Zweifel zu haben, dass er das wollte. [...] Ragnar Dieser Kuss schrie danach, dass er den Abend heute sicher nicht allein in seinem Bett ausklingen lassen würde. Soviel stand fest. Ragnar glaubte nicht, dass er Nathan davon ‚überzeugen‘ müsste, ob er bei ihm schlafen durfte. Und morgen war Sonntag. Sie würden sicher ausschlafen und ein wenig mehr Zeit miteinander genießen können. Das Tanzen nach solchen Worten ging so leicht von den ‚Füßen‘, dass er das Gefühl hatte zu schweben. Er hatte schon lange nicht mehr so entspannt getanzt, so befreit. Aber die Ereignisse gerade hatten dieses Gefühl, dem er in der letzten Zeit verboten hatte, aufzutauchen, nun endlich befreit. Das Gefühl, wirklich jemanden gefunden zu haben, der wahres Interesse an ihm hatte, der aufrichtig war und offensichtlich einfach ihn haben wollte. Und das tat verdammt gut. Es gab ihm so einen enormen Schub an Glückshormonen, dass er fast schon taumelte. Zumindest fühlte sich alles in ihm so an. Gott, war er noch ein kleines Kind! Cole hatte recht damit, wenn er ihn aufzog, zu sehr ein kleiner Träumer zu sein, aber offensichtlich sollte man doch nie aufhören zu träumen. Und da war er wieder der Begriff: Märchenprinz. Ragnar grinste breit, als ihm der Gedanke kam. Seine Augen funkelten freudig und selbst ihm fiel das Strahlen auf, das er schon lange nicht mehr in dieser Intensität gehabt hatte. Ragnar merkte, dass es letztlich auch einfach daran lag, dass er mit Nathan nichts von seinem gewöhnlichen Alltag verband. Bei Nathan konnte er einfach nur sein, wie er war. Und das würde er auskosten, sooft es ging. Ragnar bestellte sich einen Erdbeer-Daiquiri, als sie an der Theke waren und prostete dem anderen damit zu. Er mochte diese Drinks irgendwie. Und so lehnte er sich neben Nathan an die Theke, lehnte sich dabei auch leicht an den anderen. Als Nathan begann von seiner Idee zu erzählen, drehte er sich jedoch zu ihm, um ihn besser verstehen zu können. Interessiert folgte er den Worten. Es ehrte ihn ein wenig, dass Nathan seine Meinung dazu einforderte. Schließlich war jener doch der kreative Kopf von ihnen. Aber Ragnar hatte ja für den Nachtclub des Lady-Dream auch immer wieder mit solchen Events zu tun, auch wenn sie aber jemand anderes organisierte. „Klar habe ich Interesse an so etwas“, erklärte er lächelnd. „Und du musst deswegen nicht mein schlechtes Gewissen aufrufen, das übrigens in keinster Weise vorhanden ist. Schließlich finde ich es nur gut, dass du gerne an Zeit, die du mit mir verbringst, denkst.“ Er zwinkerte dem anderen lächelnd zu. Sacht trat er näher an den anderen heran, um ihm einen zarten Kuss auf das Ohrläppchen zu geben, bevor er flüsterte: „Und ich mag Spielereien mit dir – und wenn es nur Gedankenspielereien sind.“ Dann zog er sich wieder zurück und trank unschuldig an seinem Daiquiri. „Wir können ja dann morgen früh beim Frühstück ein wenig genauer darauf eingehen. Dann gebe ich meine unqualifizierten Kommentare dazu ab.“ Sein Blick glitt kurz suchend durch den Raum. Aber Cole und Antonin schienen noch immer im Darkroom, in dem er die beiden hatte verschwinden sehen. Dafür fiel sein Blick auf die beiden Freunden Nathans, die sich offensichtlich gerade ihren Weg zu ihnen bahnten. Ob er jetzt das gleiche durchmachen würde müssen, was Nathan heute durch Cole hatte bestehen müssen? Nur bei ihm würde es wohl auf ein anderes Thema hinauslaufen… Antonin [...] "Ich bin so furchtbar süchtig nach dir", murmelte er gegen dessen Lippen und lächelte. "Wie hab ich es nur jahrelang ohne dich ausgehalten?" Er schmiegte sich an Cole, diesen in einen weiteren Kuss ziehend. "Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich habe jetzt Durst", verkündete er und war zufrieden, als der andere nichts dagegen zu haben schien. Sich ein wenig suchend umsehend blieb er am Fuße der Treppe stehen, die nach oben auf die rundumführende Galerie führte. Irgendwann wollte er auch mal da hoch, aber nicht jetzt. "Du hast Nathan also getestet und für gut befunden", stieg er schließlich mit deutlicher Verspätung auf das vorher gehörte ein. "Und wenn ich richtig in deinen Worten gelesen habe, war es nicht das erste Mal, dass du jemanden getestet hast? Ich schätze dann ist jetzt jemand ziemlich erleichtert darüber, dass du diesmal mit deinem Test erfolgreich warst." Er deutete zu einer der beiden Tresen, wo er Ragnar zusammen mit Nathan und zwei anderen Kerlen stehen sah. "Zudem der Kerl ja auch wirklich nicht übel aussieht", murmelte er und grinste dann frech zu Cole. "Ich hab euch beide vorher gedanklich mit Platzhirschen verglichen und finde das nach wie vor sehr amüsant." Diesmal war seine gute Laune nicht mehr aufzuhalten. Es war wie ein kleiner, leuchtender Ball in seinem Inneren, der den ganzen dunklen, blutigen Mist gerade zurückdrängte und ihn für ein paar Stunden vergessen ließ, dass er eigentlich gerade nichts zu lachen hatte. "Wollen wir zu ihnen gehen?" Nathan Ein vergnügtes Lächeln schlich sich in seine Augen als Ragnar ihm zuflüsterte, dass er auf Spielereien stand. Schmunzeln bedachte er den anderen mit einem gespielt nachdenklichem Blick. "Nur auf die gedanklichen? Mir würde da noch die ein oder andere Spielart einfallen, die mir oder vielmehr uns gefallen könnte." Sein Schmunzeln wurde nur umso deutlicher, als er Ragnar vom Frühstück sprechen hörte. "Und darüber sollten wir unbedingt vor dem Frühstück sprechen." Das letzte Wort flüsterte er fast und ein Gefühl der Vorfreude breitete sich in ihm aus. Allerdings auch nur, bis er seine beiden Freunde ebenfalls bemerkte. Es wäre jetzt wirklich besser für alle Beteiligten, wenn die sich an seine Worte von vorher hielten. Trotzdem musste er lächeln, als er Blairs breites Grinsen und Saschas eher unwilligen Blick bemerkte. Ein Blick, der nicht in Richtung Ragnar ging, sondern vielmehr von dessen allgemeiner Unzufriedenheit verkündete. "Na, ihr zwei?", sprach er sie an und deutete hintereinander auf sie. "Ragnar, der kleine Butler da ist Blair und der Kerl mit der Gewitterwolke über dem Kopf ist Sascha", stellte er sie vor und war recht zufrieden mit deren Reaktionen, denn beide begrüßten Ragnar anstandslos. Sogar Sascha ließ sich zu einem kurzen Lächeln hinreißen und schnappte sich dann das Bier aus Nathans Hand, um ein paar große Schlucke zu nehmen, während Blair leise zu lachen begann und sich dann 'vertraulich' zu Ragnar lehnte. "Denk dir nichts, er ist nur angepisst, weil der Kerl, den er sich für heute herausgepickt hatte, sich mit einem anderen verdrückt hat." Sofort hatte jener einen bösen Blick aus den dunkelblauen Augen auf sich und selbst Nathan begann zu Grinsen, bevor er Sascha das Bier kopfschüttelnd wieder abnahm. "Ja, sehr witzig. Hat eigentlich irgendjemand eine Ahnung, wie nötig ich es heute habe? Nein, natürlich nicht. Ihr beide habt leicht lachen!" Diesmal heftete sich der böse Blick an Nathan. "Während ihr es natürlich wieder sehr leicht habt, hat es so ein Normalo wie ich nicht in die Wiege gelegt bekommen!" "Das liegt nicht an deinem Aussehen, sondern an deinen Ansprüchen", widersprach Nathan und beobachtete gespannt wie Sascha sich nun an Ragnar wandte. "Jetzt frage ich einen Unbeteiligten!", knurrte er und machte eine auffordernde Handbewegung. "Ist es denn wirklich zu viel verlangt, nicht diese anabolikagestörten Witzfiguren zu nehmen, nur weil man gerade Sex braucht? Muss es denn wirklich ein offensichtlicher Drogenjunkfucker sein, nur weil man selbst nicht aussieht als wäre man aus einem Hochglanzmagazin gesprungen? Muss es denn dann wirklich ein stinkender, besoffener Kerl sein?!", fauchte er und verschränkte die Arme schließlich vor seiner Brust, was das sowieso schon eng sitzende T-Shirt ein Stück nach oben schob. Während Nathan seufzend die Augen verdrehte, begann Blair schon wieder zu lachen. Diese kleine Rede kannten sie beide schon zur Genüge und ihre Antwort war immer die gleiche. Nun vielleicht würde Ragnar dem guten Mann ja tatsächlich etwas anderes sagen und sie hätten dann entweder endlich Ruhe oder der ganze Zirkus würde sie noch ein Leben lang verfolgen. Und schlecht sah Sascha in Nathans Augen eigentlich gar nicht aus. Das Problem war vielmehr, dass jener selbst nicht so viel von sich hielt und das bekamen die anderen Kerle natürlich sehr schnell spitz und nutzten das entweder weidlich aus oder ließen den armen Mann links liegen. Ja, sie waren schon ein wirklich, wirklich seltsames Trio. Sascha, der eher normale Mann mit einem normalen Beruf bei einer Bank als Kundenberater für Anlagen. Jemand der eher wenig Risiko einging, aber auf den man sich immer verlassen konnte. Dazu kam Blair, der eher unnormale Mann mit Hang zu verrückten 'Verkleidungen' und einem Beruf, der zu seinem Hang zum 'Bedienen' passte - er war im Telefonsexgewerbe tätig. Und schon der ein oder andere Kunde hatte aufgelegt, weil es Sascha und Nathan im Hintergrund fast vor Lachen zerrissen hätte über das doch sehr stark gestellte Stöhnen und Keuchen. Und wie er selbst da hineinpasste, das war Nathan auch nach Jahren noch nicht klar. War er eher normal oder unnormal? Als was galt sein Beruf? War er eher für Verrücktheiten zu haben oder doch eher Vernünftig? Irgendwie glaubte er, von allem etwas zu sein und deshalb doch ganz gut in diese Freundschaft zu passen. Doch diese Gedanken schob er erst einmal beiseite und lauschte dem folgenden Geplänkel der Männer um ihn herum. Es schien so, als könnte Ragnar sich ohne Probleme integrieren, denn weder Blair noch Sascha ließen erkennen, dass sie ein Problem mit jenem haben könnten. Vielleicht gaben sie sich ja tatsächlich die Mühe, hinter die Fassade der Krankheit zu blicken? Als sein Blick dann zufällig auf die anderen beiden näherkommenden fiel, lehnte er sich zu Ragnar hinüber, leicht gegen sein Ohr pustend, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten: "Jetzt bin ich gleich gespannt. Blair ist schon seit ewig und drei Tagen spitz auf deinen Freund." Ein amüsiertes Funkeln hatte sich in seine Augen geschlichen, vor allem weil der kleinste der Gruppe Cole ebenfalls schon ausgemacht zu haben schien. Ragnar Ragnar lächelte als er die geflüsterten Worte hörte. "Klingt gut…", raunte er und in ihm erwachte der Wunsch, dass der Abend hier doch lieber nicht so lange dauern möge. Ragnar trank schnell aus, bevor Nathans Freunde bei ihnen waren. Er blickte ihnen offen entgegen. Er hatte eigentlich noch nie Probleme damit gehabt, bei jemandem gut anzukommen, demnach machte er sich keine Gedanken darüber, dass Nathans Freunde ihn nicht mögen könnten. Inwieweit sie von seiner Krankheit wussten, das konnte er nicht wissen. Aber wenn es wahre Freunde waren, würden sie Nathan doch eigene Entscheidungen treffen lassen. Zumal dieser sich ja ganz offensichtlich - und zu Ragnars Glück - definitiv dafür entschieden hatte, dass die Krankheit keine Rolle spielen sollte, außer was die Verhütung betraf. Kurz bevor die anderen da waren, spürte er wieder jenen stechenden Schmerz in seinem Kopf, der ihn so oft in letzter Zeit begleitete. In einem Reflex langte er sich an die Stirn, senkte die Hand aber schnell wieder. Besser, wenn niemand etwas bemerken würde. Aber er sollte sich nachher unbedingt Wasser bestellen. Ragnar nickte den beiden Männern, die ihm vorgestellt wurden lächelnd zu. Als sich Blair ein wenig zu ihm lehnte, um ihm zu erklären, warum Sascha ein Gesicht wie Sieben Tage Regenwetter zog, musste sich Ragnar stark zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken. Er war empfindlich, was dies betraf. Und Berührungen mochte er nur von Menschen, die er kannte. Aber er schaffte es relativ gut, ruhig zu bleiben. Er grinste leicht. "Hm, armer Kerl", seufzte er. "Dabei gibt es doch hier geschätzte 300 andere Kerle." Doch die anklagenden Worte des anderen an Nathan, dass es diese gutaussehenden Männer um so vieles besser hätten, ließ sein Grinsen wieder verschwinden. Es erinnerte ihn an sich früher. Er war genauso wenig von sich überzeugt gewesen, anfangs. Ragnar legte den Kopf leicht schief, betrachtete sich Sascha näher und konnte eigentlich nichts erkennen, das ihm als besonders negativ auffiel. Klar, er war jetzt niemand, der einem sofort ins Auge fiel, weil er von überragender Schönheit war, aber er war auch kein hässliches Mauerblümchen, das lieber mit einer Papiertüte auf dem Kopf rumrennen sollte. Und Nathan sprach genau den Gedanken aus, den Ragnar eben hatte. Was dazu führte, dass sich nun auch Sascha an ihn wandte. Ragnars Lächeln wurde zu einem leichten Grinsen, angesichts des Vortrags, den er zu hören bekam. Er stieß sich von der Theke ab, überwand die kurze Distanz zu Sascha und beugte sich so zu ihm, dass er ihm ins Ohr flüstern konnte. "Hör zu, Sascha. Mir ging es früher nicht anders, und ich musste mehr als oft genau das gleiche Lachen von meinem besten Freund ertragen. Bis er mir eines gesagt hatte. 'Du siehst verdammt gut aus, merk dir das Ragnar.' Und um ehrlich zu sein, kann ich das auch nur an dich weitergeben. Sascha, du siehst verdammt gut aus.' Und dann hat er mir noch einen Tipp gegeben, und glaub mir, er ist einer von denen, der jeden bekommt, den er haben will. Er hat mir gesagt, ich sollte mich eben nicht auf einen fixieren, den ich mir aussuche, sondern die Augen offen halten, denn man übersieht unglaublich viel sonst. Schau dort drüben zum Beispiel, der Typ mit dem Tanktop, der schaut schon die ganze Zeit zu dir. Und dort der Kerl am Tresen schaut, als hätte er dich schon ausgezogen. Und beide sehen doch eigentlich ganz schnuckig aus..." Er zog sich ein wenig zurück und blickte Sascha ernst an. "Also immer merken: Augen offen halten und keinen typisch männlichen Tunnelblick, ala Jäger haben. Da sieht man die besten Kerle nicht. Und dann geh los und schnapp dir einen von den beiden." Er trat noch ein Stück zurück und lehnte sich wieder gegen die Bar. "Und vergiss nicht, was du dir immer wieder sagen solltest." Ein Schmunzeln schlich sich wieder auf seine Lippen. Kurz blickte er Nathan an, lehnte sich leicht an ihn, das Bedürfnis habend, den anderen berühren zu können. Die Kopfschmerzen wurden gerade schlimmer. Vielleicht würde es heute Nacht doch wieder nichts werden. Als er spürte, wie Nathan sich zu ihm lehnte, ihm sanft gegen das Ohr blies, blickte er diesen fragend an, bis er seinen Worten folgend zu Antonin und Cole blickte und lächelte. "Ich glaube kaum, dass Blair Erfolg haben wird", flüsterte er Nathan zu. "Cole hat, auch wenn ich es selbst kaum glauben kann, tatsächlich jemanden gefunden, der so hart im nehmen war und so hartnäckig, dass er ihn tatsächlich voll und ganz für sich gewinnen konnte. Und da soll jemand behauptet, es gäbe keine Wunder mehr auf Erden." Er grinste leicht. "Sollen wir Blair vorwarnen?" Cole "Hört sich gut an", bestätigte Cole Antonins Vorschlag, etwas trinken zu gehen. Der salzige Geschmack in seinem Mund war einer der Geschmäcke, die er ungern länger in seinem Mund hatte. Und so folgte er Antonin, während dieser sich durch die tanzende Menge schlängelte. Die Worte des anderen klangen noch in ihm nach und hatten ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen manifestiert. Ja, sie hatten sich gefunden. Und Cole wunderte sich über sich selbst, wie sehr ihn das ausfüllte. Sicher, ihm fielen die Männer um ihn herum auf, die ihn mit ihren Augen auszogen, die ihn haben wollten. Aber erspürte nicht ein bisschen das Bedürfnis, einem von denen zu signalisieren, dass er ihnen erlaubte, ihm nahe zu kommen. "Des Öfteren", er seufzte. "Ragnar war früher einer von denen, die sich leicht über den Tisch ziehen haben lassen und in jeglicher Hinsicht verarscht worden sind. Es war ganz gut, dass ich ihn ein wenig an die Hand genommen habe. Sonst würde er heute noch auf irgendwelche Kerle hereinfallen, die ihm das Blaue vom Himmel versprechen, und am nächsten Tag nicht mehr wissen, wie er heißt. Und wie du siehst, hat es ihm nicht geschadet. Jetzt hat er ja einen, der wirklich an ihm interessiert ist. Und das finde ich gut." Doch als er Antonins Urteil über Nathan hörte, grummelte er, packte Antonin am Handgelenk und zog ihn zu sich, um ihn anzusehen. "Platzhirsche? Er sieht gut aus? Da würde mich ja mal interessieren, wer für dich das Rennen macht." Herausfordernd blickte er Antonin an, sich ein Grinsen verkneifend. "Ich meine, du kannst Nathan ja auch noch ein wenig testen, auf seine Treue..." Eifersucht zu spielen war gar nicht so einfach und so musste er leise lachen, bis er schließlich Antonin sanft küsste und wieder aus seiner Umarmung entließ. "Ja, lass und rüber gehen. Ich wollte Nathan noch ein Bier ausgeben." Und so folgte er Antonin wieder. "Und ich dachte Ragnar würde wiedermal allen beweisen, dass er der beste Tänzer ist, den die Welt je gesehen hatte...", begrüßte er Nathan und Ragnar, blickte dann kurz zu Blair und Sascha, diesen zunickend. "Darf ich euch was ausgeben? Ich habe heute Spendierhosen an." Er blickte während er das sagte Nathan bewusst an. Er würde wohl niemals direkt diesem sagen können, dass er zufrieden mit dessen Einstellung war, aber wenn dieser es wollen würde, wüsste er, wie diese Geste gemeint war. Sie bestellten sich und Cole blickte Ragnar kurz nachdenklich an, als jener sich nur Wasser bestellte. Ragnar hatte ihm von den Nebenwirkungen erzählt, die die Medikamente bei ihm auslösten. Ob ihm wieder schlecht war oder ob er Kopfschmerzen hatte? Doch Ragnar schüttelte kaum merklich den Kopf, als er den Blick bemerkte. Gut, dann würde Cole nichts sagen. Und so drehte er sich wieder Antonin zu, legte ihm seinen Arm um die Schultern und hob sein Bier, den anderen zuprostend, mit Antonin anstoßend. Nathan Gerade noch amüsiert, beobachtete er jetzt eher ein wenig irritiert, wie Ragnar mit Sascha sprach. Irgendwie war das Leuchten von vorher aus den Augen verschwunden und jetzt, wo er schon mal darauf achtete, meinte er hin und wieder eine leicht angestrengte Mimik zu erkennen. Doch davon wurde er abgelenkt als Sascha ein sehr nachdenkliches und auch irgendwie überrascht wirkendes Gesicht machte. Was Ragnar diesem wohl ins Ohr geflüstert hatte? Als Sascha begann sich umzusehen, folgte er dessen Blicken und legte nebenbei ganz selbstverständlich den Arm um Ragnars Hüften, als dieser sich an ihn lehnte. Körperkontakt? Aber ja, immer gerne doch. Fast war er ein wenig hin und her gerissen, dazwischen seine Aufmerksamkeit wieder mehr auf Ragnar zu konzentrieren und dem inzwischen etwas ungläubigen Gesichtsausdruck von Sascha, der ganz frech von einem Kerl in der Nähe des Tresen angezwinkert wurde. Aha, wenn ein Fremder also etwas zu diesem Sturkopf sagte, glaubte er es nicht nur, sondern ging dem auch nach? Blair und Nathan hätten sich viel Zeit sparen können, wenn sie das vorher auch nur geahnt hätten. Als Ragnar ihm zuflüsterte, dass Blair sich nicht viele Chancen ausmalen sollte, wurde sein Blick wieder wie magisch von diesem schönen Gesicht angezogen und er lächelte. Der Kleine würde eine Abfuhr schon ertragen, darüber machte Nathan sich keine Gedanken. Vielmehr machte er sich diese gerade um seine Begleitung. Da war der angestrengte Gesichtsausdruck kurz wieder aufgeblitzt und auch wenn viele - zurecht - behaupten würden, dass Nathan eher oberflächlich auf seine Umwelt einging, so täuschten sie sich in einer Hinsicht. Er besaß die Aufmerksamkeitsspanne durchaus, um solcherlei Dinge zu bemerken, tat es nur einfach so gut wie nie. Wenn jemandem etwas nicht passte, es ihm nicht gut ging oder sonstige Dinge belasteten, wäre Nathan der letzte, der nicht zuhören oder seine Hilfe anbieten würde. Warum also ständig auf dem Sprung sein und jede noch so kleine Geste hinterfragen? Dafür besaß er weder die Geduld, noch die Lust. Allerdings lag der Fall bei Ragnar anders. Dieser könnte noch gar nicht wissen, wie Nathan mit solcherlei Dingen umging und dazu kam noch, dass jener sowieso ein wenig zu 'kaschieren' schien. Das fing beim Selbstbewusstsein an und hörte wohl gerade bei ... ja bei was? Übelkeit? Kopfschmerzen? Es hört auf jeden Fall bei etwas auf, das diesem ein gewisses Unwohlsein bescherte. Als Cole und Antonin zu ihnen traten, betrachtete er die beiden ein wenig genauer und musste dann schmunzeln. Da kamen wohl gerade zwei aus dem Darkroom, wenn er den zufriedenen Ausdruck des Mannes mit der wohl russischen Herkunft bedachte. Auf Coles Frage hin nickte er nur zustimmend, andeutend dass er es verstand und akzeptierte. Für ihn war das Thema damit vom Tisch. Nachtragend war er nicht und einen wirklichen Grund dafür gäbe es auch nicht. Doch als Ragnar dann Wasser trank, runzelte er endgültig die Stirn und beugte sich ein wenig zu ihm. Musste ja nicht jeder gleich mitbekommen. "Du ahnst natürlich, dass ich es gern sähe wenn du heute bei mir schlafen würdest", fing er an, darauf wartend, dass der andere ihn ansah. "Darum zögere nicht es zu sagen, wenn es dir nicht so gut geht, ja?", sein Blick wurde noch ein Stück wärmer. "Das Savoy läuft so schnell nicht weg. Ich muss es wissen." Er gab Ragnar einen sanften Kuss und sah dann aus den Augenwinkeln dabei zu, wie Blair ziemlich dreist seinen Anlauf startete. Antonin Antonin nickte zustimmend. Er würde es Ragnar auch gönnen, jemanden zu finden. Momentan galt das zwar irgendwie für alle Menschen dieser Welt, aber natürlich besonders für Ragnar. Dessen Art war so angenehm und unkompliziert. Man konnte mit ihm arbeiten, ohne sich ständig über andere Dinge den Kopf zerbrechen zu müssen. Auch wenn er ein klein wenig bezweifelte, dass Cole mit allem was er da von sich gab recht hatte. Ragnar war, wie von eben diesem schon festgestellt, ein erwachsener Mann, der sich eine eigene Meinung gut bilden konnte. Als er am Handgelenk gepackt und zu Cole gezogen wurde, begann er zu grinsen. "Du bleibst natürlich das beste Pferd im Stall", versicherte er, sich weder angegriffen noch aus der Bahn geworfen fühlend. "Trotzdem bleibe ich der letzte, der andere auf irgendeine Art von Treue testen will. Treue definiert jeder anders", verneinte er den wohl spaßig gemeinten Vorschlag und lächelte zufrieden, als Cole zu lachen begann und ihn küsste. Ja, so ließ sich ein Abend wirklich sehr gut verbringen. Bei den anderen angekommen musterte er die beiden, für ihn neuen Männer und fand den einen in Ordnung und den anderen ein wenig seltsam. Aber das passierte ihm hier häufiger, denn mancher Geschmack was Kleidung und Verhalten betraf war ihm viel zu aufgesetzt. Bei dem fehlte es nur noch, dass er fragte, ob er ihnen etwas zu trinken bringen dürfte. Aber es sollte vermutlich die Lust auf andere 'Dienste' hervorbringen und damit könnte jener auch Erfolg haben, denn obwohl er nicht besonders groß war, hatte er einen schönen Körperbau. Er ließ sich ein alkoholfreies Bier von Cole bestellen, lehnte sich an diesen und nahm einen Schluck nachdem sie sich zugeprostet und angestoßen hatten. Nathan und Ragnar sahen zusammen gar nicht schlecht aus, auch wenn er wohl ein wenig voreingenommen war, denn jeder würde an Ragnars Seite in seinen Augen gut aussehen, wenn jener ihn glücklich machen würde. Irgendetwas schien mit diesem Sascha, den Namen hatte er nebenbei erfahren, gerade vorzugehen, denn er sah auf einmal ziemlich entschlossen aus. Doch Antonin bekam kaum mit, wie dieser sich bei Ragnar bedankte, seinen Drink leerte und wegstellte, um sich in den 'Kampf' zu begeben, denn seine Aufmerksamkeit wurde auf den sich immer näher an Cole heranschiebenden Blair gelenkt. Was hatte der denn jetzt vor? Den durch den verschwindenden Sascha freigewordenen Platz nutzte der sehr gut und schnell für sich und stand nun direkt neben Cole. Ohne seine Mimik großartig zu verändern, wurden Antonins Augen ein wenig dunkler. Sah der Typ nicht, dass er jetzt gerade unerwünscht war? Sehr unerwünscht, wenn es nach Antonin ging. Dieser Blair sollte sich das für Tage aufheben, an denen er nicht dabei war. Mit einem groß versehenen Fragezeichen vielleicht auch an Tagen, an denen er nicht das Gefühl hatte, am liebsten ständig Körperkontakt mit Cole zu haben. Jetzt reckte der sich auch noch, um Cole ins Ohr flüstern zu können! Und Antonin sah sich ja wirklich als sehr geduldigen Menschen. Ja sogar als geduldigen Mann - da musste man schon manchmal differenzieren - aber genug war irgendwann genug. Er konnte damit leben, dass sein Freund quasi ständig und überall angemacht und am liebsten von über 50 Prozent der schwulen Bevölkerung besprungen worden wäre... aber hier und jetzt konnte er das nicht. Er merkte selbst wie er sich anspannte, wie er den Kerl am liebsten die Griffel von Cole gezerrt und mal ein paar deutliche Takte erzählt hätte. Und leider ließ genau das ihn inne halten, kurz die Augen schließen und sich wieder beruhigen, sich sogar wieder ein wenig entspannend, auch wenn der Blick, den er jedoch abwandte von diesem Schauspiel, kurzzeitig eisig wurde. Nein, er würde gar nichts tun. Im festen Vertrauen darauf, dass sein Freund ihn heute nicht wegen so etwas stehen lassen würde und zum anderen, weil es gar nichts zu tun gab, das er wirklich reinen Gewissens durchführen wollte. Leicht kopfschüttelnd beschloss er zu gut für diese Welt zu sein und bekam durch seine Gedanken gar nicht mit wie Blair ein, zwei sehr eindeutige Komplimente an Cole adressiert austeilte, bevor er deutlicher wurde und meinte, dass man ja gerade sehr gut im Darkroom verschwinden könnte.. Ragnar Ragnar trank einen tiefen Schluck Wasser und merkte bereits, wie wieder jene massive Durst sich in ihm regte. Ob es doch am Alkohol lag? War es immer, wenn er Alkohol trank? Eigentlich nicht. Er seufzte innerlich. Er würde wahrscheinlich nie durchschauen, warum er zu bestimmten Zeiten jene Nebenwirkungen spürte. Die Kopfschmerzen wurden heftiger und der Bass des gerade laufenden Liedes schien im gleichen Takt und in der gleichen Intensität in seinem Kopf zu hämmern. Als Nathan ihn ansprach schreckte er aus seinen 'Gedanken' ein wenig auf. Überrascht blickte er den anderen an. Hatte er ihm eigentlich schon einmal gesagt, wie unglaublich seine Augen waren? Sicher würde er das ständig hören. Aber es war wirklich erstaunlich, dass diese unglaublich hellen Augen, so viele Emotionen verrieten, wenn man genau hinsah. Und die Wärme, die sie gerade ausstrahlten erschlug Ragnar fast. Er schluckte, darin hängen bleibend und musste lächeln, als er begriff, dass er Nathan mittlerweile offensichtlich auch nichts mehr verheimlichen konnte. Er war letztlich ohnehin ein schlechter Schauspieler, Cole zog ihn regelmäßig damit auf, aber bei Leuten, die ihn nicht so gut kannten, hatte es eigentlich bisher immer noch gut geklappt. Umso mehr freute es ihn, dass Nathan das bemerkte, dass er ganz offensichtlich so aufmerksam bei ihm war, dass er so etwas bemerkte. Und diese Erkenntnis machte ihn irgendwie unglaublich glücklich. Auch wenn es ihm in dieser Situation eher unangenehm war. Er lehnte sich zu Nathan und sprach ihm leise ins Ohr. Sollte ja nicht jeder gleich mitbekommen, was ihn quälte. "Ich würde auch gerne bei dir schlafen, und nicht nur bei dir", wisperte er lächelnd. "Ich habe gerade ziemliche Kopfschmerzen, eine der Nebenwirkungen... Aber normalerweise dauert das nicht so lange. Ich denke ich werde nachher mal kurz an die Luft gehen, dann wird es hoffentlich bald vorbei sein. Aber: Danke." Sacht küsste er Nathan an die Schläfe. "Jetzt möchte ich aber erst einmal sehen, ob Cole mittlerweile wirklich so verliebt ist, wie ich denke." Sein Lächeln wurde zu seinem Grinsen. "Nicht dass er das jemals zugeben würde." Cole Er hatte es bereits geahnt, als sie auf die Gruppe zugegangen waren. Der Kleine, der ihn schon öfters so angesehen hatte, als würde er ihn gleich anspringen, schien nicht zu sehen, nein nicht sehen zu wollen, dass Cole seinen Arm leicht um Antonin gelegt hatte, dass seine freie Hand an dessen Hüfte ruhte. Der Blick, den er sogleich zugeworfen bekam sprach diesbezüglich Bände. Doch zunächst ignorierte er ihn, trank sein Bier in Ruhe. Doch der Mann, dessen Name er nicht kannte, hatte offensichtlich beschlossen, die Chance seines Lebens zu bekommen. Und so rückte er nach und nach näher. Innerlich seufzte Cole tief. Nun gut, ein Image wurde man nicht so schnell los. Und ob er es jemals loswerden wollte, war ohnehin noch nicht geklärt. Demnach musste man wohl damit rechnen, dass einige nicht sehen würden, dass er hier mit jemandem zusammen war. Cole versuchte es so lange mit ignorieren, bis jener Mann zu nahe in seiner persönlichen Zone war, dann drehte er den Kopf und blickte diesen fragend an, woraufhin jener sich zu ihm hochstreckte und begann ihm ins Ohr zu flüstern. Ja, die lieben Anmachen, Cole musste kurz schmunzeln. Sie waren doch immer die gleichen, und doch immer irgendwie platt. Wobei dieser hier ihm bisher noch unbekannt gewesen war. Zumindest damit punktete der Kleine. Cole blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und musterte ihn langsam von oben bis unten, nachdem er sich die Komplimente und dann die Aufforderung abgeholt hatte. Kurz überlegte er, einen bissigen Kommentar zurechtlegend, dann drückte er Antonin, an dem er noch immer gelehnt dastand, kurz an sich, als wollte er ihm signalisieren: 'Ich muss kurz was erledigen, bin aber gleich wieder für dich da' Dann legte er Blair den Arm um die Schulter und zog ihn zu sich, um ihm ins Ohr zu sprechen. "Hör zu, wie auch immer du heißt", begann er und lächelte, seufzend. "Ich komme gerade aus dem Darkroom und hatte den besten Blowjob meines Lebens. Egal wie gut du bist, und ich zweifel nicht daran, aber du hast einfach keine Chance, zumal du..." Und hier stutzte er, als er hörte, welche Musik gerade angespielt wurde. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Schau, sogar der DJ scheint zu sehen, warum ich bestimmt nicht mit dir in den Darkroom gehen werde, Heute nicht, und auch in Zukunft nicht." Dann begann er dem anderen raunend ins Ohr zu singen. Er würde Blair natürlich abblitzen lassen, aber sollte doch jener ruhig weiterträumen, wenn er an seine Stimme dachte. "...I'm gonna say Mister you just made a big mistake: You think you're a man but you're only a boy You think you're a man you are only a toy. you think you're a man but you just couldn't see You are not man enough to satisfy me..." Er löste sich von Blair und sang nun ein wenig lauter den Refrain mit, der erneut wiederholt wurde. Dann drehte er sich kurz Antonin wieder zu, der offensichtlich ein wenig unzufrieden mit der Situation war. Erneut wanderten seine Augen zu Blair. "Schau, das ist der einzige Mann, der mich wirklich zufriedenstellen kann, ok? Also, entschuldige, aber: no chance!" Dann wendete er sich endgültig von Blair ab und Antonin zu, "Wollen wir tanzen, Sonnenschein?" Nathan Er nickte, kurz die Augen schließend als Ragnar ihm die Schläfe küsste. Den anderen ein wenig an sich drückend, durch den Arm, den er auf dessen Hüften liegen hatte, küsste er ihm die Wange. "Wenn du solche Sätze sagst, musst du dich nicht wundern, wenn ich das Bedürfnis bekomme, dich zu mir nach Hause zu entführen und die ganze Nacht nicht schlafen zu lassen", flüsterte er und lächelte leicht. "Aber sag es bitte auch so, wenn du lieber fahren möchtest, weil es dir nicht so gut geht", bat Nathan und zog sich dann ein Stück zurück, um das kleine Schauspiel zu beobachten, das Ragnar ihm vorhergesagt hatte. Und tatsächlich, schien Cole sich für eine gänzlich neue Art der Abweisung entschieden zu haben. Wäre das jetzt Sascha gewesen, hätte Nathan sich vermutlich Gedanken darüber gemacht, aber Blair war wie eine Katze. Er fiel ständig auf die Beine, wovon auch sein zuerst etwas irritierter, dann ein zwischen Resignation und Akzeptanz schwankender Ausdruck berichtete. Der gute Mann würde sich einfach ein anderes 'Opfer' suchen. 'Männer sind es nicht wert, um ihnen auch nur eine Träne nachzuweinen' - das war Blairs Lieblingsspruch und er lebte ihn. Trotzdem erwiderte er dessen kurzen Blick zu ihm natürlich mit einer gewissen Sympathie, woraufhin Blair nur die Schultern zuckte und innerhalb kürzester Zeit in der Menge verschwunden war. Wirklich, Nathan hatte manchmal einen Heidenrespekt vor seinem Freund. So eine Abfuhr würde vermutlich selbst ihm einen ordentlichen Dämpfer versetzen. Ein wenig nachdenklich sah er Cole und Antonin hinterher, die sich dazu entschieden haben schienen, wieder zu tanzen, und hob eine Augenbraue bevor er sich Ragnar zuwandte. "Verliebt also?", fragte er und schüttelte den Kopf dann ein wenig belustigt. "Da werden jetzt einige hier mit Antonin tauschen wollen", amüsierte er sich, wandte sich dann wieder ganz zu Ragnar und beugte sich zu ihm um ihn zu küssen, die Arme wie von selbst um ihn schlingend. Zuerst einen federleichten Kuss auf dessen Lippen hauchend, folgte der Mundwinkel, die Wange bis hin zum Ohrläppchen, gegen das er ein wenig spielerisch pustete. "Du bist sicher, dass du noch hierbleiben willst?", raunte er, eine Hand tiefer bis zu Ragnars Hintern gleiten lassend und massierend. "Ich hätte da so die ein oder andere Idee, was man tun könnte... einschließlich eines kleinen Spaziergangs damit es dir hoffentlich bald wieder besser geht." Er wollte Ragnar vermitteln, dass dieser sich jetzt nicht verstellen müsste oder denken sollte, dass er ihn damit belastete. Wenn es jemandem nicht gut ging, ging es jemandem nicht gut. Punkt. Nathan war da in den Tiefen seines Herzens viel zu pragmatisch, um daraus irgendein Drama für sich selbst zu stricken oder davon genervt zu sein. Vielmehr tendierte er in Richtung der Besorgnis. Ein wenig prüfend sah er in die dunklen, ausdrucksstarken Augen des anderen als er sich zurückgeküsst hatte. "Wobei wir natürlich auch bleiben könnten, ich möchte dir da in nichts reinreden.", Antonin Ein wenig hin und her gerissen beobachtete er die Situation. Obwohl Antonin sich eigentlich sehr sicher in seiner Stellung war und diese auch nicht mehr anzweifeln würde, bereitete ihm das Geschehen wirklich keine Freude. Aber das konnte man wohl auch nicht erwarten, oder? Nun, man konnte es ganz definitiv nicht von ihm erwarten. Antonin war ein recht emotionaler Mensch, wenn man es genau bedachte und auch wenn es ihm inzwischen tatsächlich egal war, mit wem Cole es trieb, so merkte er sehr deutlich, dass es ihm nicht so gleichgültig war, wenn er direkt daneben stand. Es war auch nicht gut für sein Selbstwertgefühl. Wäre die Situation andersherum, war er sich sicher, dass sich ein eventuell anpirschender Kerl nicht getraut hätte, Antonin anzumachen. Einfach weil man Cole nicht ignorierte oder übersah. Darum lief das hier ein wenig zähneknirschend ab, besonders als sein Freund ihn losließ, um diesem Wicht ins Ohr zu flüstern. Kurz huschte sein Blick zu Ragnar, eine Augenbraue hebend, als er dessen wohl interessierten Blick auf der Szene bemerkte. Selbst Nathan schien seine Aufmerksamkeit kurz von Ragnar abgewandt zu haben. Oh Mann. Als Coles Stimme wieder an sein Ohr drang, könnte man ihn als überrascht bezeichnen. Hatte der dem dreisten Kerl etwa nur ins Ohr gesungen? Andererseits wäre der Text doch sehr passend für die Art von Beziehung, die sie führten. Mehr als Spielzeug waren und dürften solche Männer nie sein. Ein Gedanke, der wieder ein leichtes Lächeln auf seine Lippen zurückbrachte. Vom Rest bekam er leider nur Fetzen mit, aber das 'no chance' reichte dann schon. Zudem er glaubte zusammengepuzzelt zu haben, dass der vorherige Satz ein Kompliment in seine Richtung gewesen war. So nickte er, sparte sich sogar den letzten Blick auf Blair und wartete auf der Tanzfläche nur bis er wieder im Rhythmus der Musik war, bis er Cole antanzte. Nah genug, um ihm einen tiefen Blick zuzuwerfen. "Ich bin eifersüchtig", gab er zu, konnte das etwas missmutige Gesicht dann jedoch keine Sekunde länger mehr halten. Leise lachend, schüttelte er den Kopf und legte Cole eine Hand um dessen Hüfte, um ihn an sich zu ziehen, ihre Hüften zusammenbringend ohne aus dem Takt zu geraten. "Ich möchte auch mal wieder etwas ins Ohr gesungen bekommen", murmelte er, eine Hand hebend, um sie über Coles Brust gleiten zu lassen. Spielerisch an den Knöpfen zupfend. "Wenn auch vielleicht einen anderen Text. Obwohl das im Grunde egal ist… Deine Stimme geht mir immer durch und durch." Langsam öffnete er Knopf für Knopf, wissend, dass sein Freund sich sowieso gerne zeigte, sacht mit der Fingerkuppe über die freigelegte Haut streichelnd. "Und wir haben in letzter Zeit sowieso zu viel Schlaf bekommen. Ich fürchte wir müssen das heute Nacht ändern." Dieser Abend stand für Antonin sowieso außerhalb sämtlichen Zeitgefüges und er wollte das ausnutzen. Dieser Grad an Entspannung und Gelassenheit, ja sogar an Spaß war momentan nichts Alltägliches und wenn er ganz ehrlich war, dann auch im Alltag nicht erwünscht. Er musste eigentlich aufmerksamer denn je sein. Aber egal.. jetzt ruhte diese Aufmerksamkeit auf diesem einzigartigen Mann, mit dem er tanzte, und das war gut so. Und wenn es nach ihm ginge, dann würden sie von dieser Stimmung zumindest für den Rest der Nacht noch einiges mit nach Hause nehmen, denn Antonins Gedanken waren weit von Schlaf entfernt. Ragnar Das Lächeln, das seine Lippen zierte, als Nathan ihm klar machte, dass er nicht wegen ihm hier länger als nötig bleiben müssten, verbreiterte sich zu einem leichten Grinsen, als er Cole betrachtete. Also war Cole tatsächlich mehr als verliebt. Nicht, dass er ihm das jemals sagen würde. Dafür tat ihm Blair ein wenig leid, und besorgt musterte er das Gesicht des kleineren Mannes, dem es aber offensichtlich egal war. Als er Nathans Stimme wieder hörte, drehte er sich wieder diesem zu. „Glaub mir, das wollen sie nur augenscheinlich“, Ragnar seufzte. „Ich bewundere Antonin für seine Stärke, dass er es bis hierhin geschafft hat und noch nicht schon längst aufgegeben hat. Du möchtest lieber nicht wissen, was er alles zu ertragen hatte. Und womit er letztlich zurechtkommen muss.“ Er lächelte traurig. „Aber ich bin froh, dass es jemanden gibt, der es geschafft hat, Coles Herz zu berühren. Ich hatte Angst, dass er das niemals zulassen wird.“ Seine Augen glitten von den schönen Augen des anderen zu dessen Mund, bevor er auch schon geküsst wurde, und diesen Kuss nur zu gerne erwiderte. Es war fast unheimlich, wie vertraut sie sich nach so kurzer Zeit waren, wie sie wie selbstverständlich diese Zärtlichkeit austauschten, als sei es nie anders gewesen, als dürfte es nie anders sein. Dabei wussten sie so gut wie gar nichts über sich. Und bei diesem Gedanken wurde Ragnar letztlich auch klar, dass es ihn irgendwann einmal sehr belasten wird, nicht in jedem Punkt ehrlich zu Nathan sein zu können. „Hmm..“, schnurrte er , als Nathan ihn über die Wange küsste und diese unglaublich erotische Stimme hörte. Automatisch drängte sich sein Körper näher an den des anderen heran. Nathans Hand ließ in ihrer Bewegung auch ihre Lenden aneinanderreiben. „Ich bin mir sicher, dass mir gerade einige Gedanken kommen, die keine Notwendigkeit darin sehen, hier länger als nötig zu bleiben. Und ein Spaziergang hört sich gut an, der Rest noch besser, zumal ich mich gerne heute Nacht des Schlafes berauben lasse.“ Sanft knabberte er an der weichen Haut des anderen am Hals. Die Haare des anderen strichen sacht dabei über deine Schläfen. Als Nathan sich ein wenig löste und ihn ansah, lächelte er diesen an. „Ich lasse mir nie etwas einreden, glaub mir. Das habe ich lange hinter mir. Und keine Sorge, ich sage dir, wenn es nicht geht. Es gibt genügend Momente, in denen du mich lieber nicht sehen solltest. Aber davon sind wir meilenweit entfernt. Und wenn ich es so bedenke, dann schaffst du es auch ganz gut, mich meine Kopfschmerzen vergessen zu lassen.“ Er küsste den anderen zärtlich. „Ich sag schnell Cole Bescheid, denn können wir gehen…“ Cole Ausgelassen tanzte er auch Antonin an, als dieser damit begann. Cole erwiderte den tiefen Blick des anderen und ein Lächeln schlich sich auf eine Lippen, als er Antonins Offenbarung hörte, dass er eifersüchtig sei. Dass jener es nicht wirklich ernst meinen konnte, bestätigte ihm das Lachen. Nein, Antonin hatte wirklich keinen Grund dafür, eifersüchtig zu sein. Zumindest nicht in Coles Augen. Schließlich musste er sich heute ja eingestehen, dass er keine Sekunde an die anderen um sie herum gedacht hatte, niemand anderen wahrgenommen hatte, außer Antonin. Und selbst wenn es irgendwann wieder die Situation geben würde, dass er mit einem anderen Mann vögelte, so würde es niemals das gleiche sein, was er mit Antonin teilte. Zuzugeben, dass er im Grunde auch eifersüchtig wäre, wenn Antonin vor seinen Augen mit einem anderen Kerl tanzen würde, könnte er wohl nicht. Aber er wusste, dass es so wäre. Als er die Bitte des anderen hörte, auch mal wieder seine Stimme gesungen zu hören, ließ ihn lächeln, seine Hände legten sich auf die Hüfte des anderen, ihn näher ziehend, bevor er eine Hand hob und sie in den Nacken des anderen legte, leicht kraulend. „Ich werde gerne für dich singen“, erklärte er und küsste den anderen sanft. „Und ich werde auch einen anderen Text dafür verwenden, allerdings geht das nicht so einfach. Du musst dich wohl gedulden, bis die Situation da ist…“ Er lächelte den anderen an. Sein Blick senkte sich auf die Hand, die begann sein Hemd zu öffnen. „Hmm“, schnurrte er weiter beobachtend, bis er die Worte des anderen hörte und mit einem amüsierten Lächeln aufblickte. „Ich denke ich weiß auch schon, womit wir die Zeit füllen könnten…“, raunte er und zog Antonin in einen leidenschaftlichen Kuss. Dass sie dabei aufhörten zu tanzen, störte ihn nicht. Sacht glitt seine Hand den Rücken des anderen hinab zu dessen Hintern, um ihn an sich zu drücken, so dass ihre Lenden gegeneinander gedrückt wurden. „Ich fürchte ich weiß noch nicht, ob ich es noch zu uns nach Hause schaffe, bevor ich über die herfalle...“, raunte er Antonin ins Ohr, bevor er am Hals des anderen seine Küsse fortsetzte. Dass einmal ein Mann so unglaublich begehrenswert für ihn werden würde, hätte er wohl nie gedacht. Aber Antonin war so unglaublich viel für ihn. „Lass uns gehen“, raunte er erneut ins Ohr. „Ich möchte dich die ganze Nacht stöhnen hören, während wir miteinander schlafen.“ Als er von hinten am Hemd gezupft wurde, und ein ‚Hey ihr zwei Turteltäubchen‘ von Ragnar zu ihm durchdrang, drehte sich Cole ein wenig um, ohne Antonin wirklich loszulassen. „Ich wollte euch nur sagen, dass ich jetzt weg bin“, erklärte sein bester Freund und küsste Cole auf die Wange, ihn dankend ansehend. Cole verstand, dass Ragnar begriffen hatte, weshalb er sich vorhin wie ein ‚Platzhirsch‘ – um bei Antonins Worten zu bleiben – aufgeführt hatte. Cole nickte. „Tue nichts, was wir nicht auch gleich tun werden…“, grinste er und wendete sich wieder Antonin zu, als Ragnar sich auch von diesem verabschiedete und dann ging. Sie verstanden sich wortlos und bald saßen sie wild knutschend in einem Taxi, das sie zu Cole nach Hause brachte, wo sie es erst einmal nicht ins Bett schafften. Befreiend war wohl der Begriff, den man für diesen Abend verwenden sollte. Es hatte ihnen unglaublich gut getan, einfach einmal komplett abschalten zu können. Und die Welle dieser Leichtigkeit, auf der sie schwammen, ließ sie tatsächlich die gesamte Nacht damit verbringen, unbeschwert zu sein, frei zu sein, zusammen zu sein. Er würde diesen Mann nicht mehr hergeben. Soviel war für ihn klar. Ohne Antonin würde er nicht mehr sein können, nicht mehr sein wollen. Nicholas Sich wie zufällig nach rechts und links umsehend, lief er gemütlich zu seinem Fahrzeug, stieg ein und war innerhalb weniger Minuten wieder in den Straßen New Yorks untergetaucht. Momentan wirkte alles fast ein wenig zu einfach. Wenn es nach dem ging, was er wusste und für sich selbst gesehen sowie überprüft hatte, lief kaum etwas außerhalb des vorhergesehenen Schemas. Antonin handelte natürlich wie erwartet und hatte wie vorhergesehen damit begonnen sich wieder in Form zu bringen. Seine Schüsse auf dem Stand wurden, obwohl sie davor schon nicht schlecht gewesen waren, von mal zu mal zielgenauer, die Waffe lag lockerer in der Hand und seine Augen wirkten hochkonzentriert. Nicholas war sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Auch dass er sich kaum noch aus der Gegenwart dieses Mannes zu lösen schien, war eine erwartete Reaktion. Sogar eine erwünschte, denn es zeigte die Bereitschaft des jüngeren auf sein Ziel aufzupassen, selbst wenn es bedeutete gegen ihn -Nicholas- vorgehen zu müssen. Ein wenig unerwartet war dieser Cole. Vielleicht hätte er sich früher ein wenig genauer über diesen informieren und ihn dann umbringen sollen. Lange bevor Antonin ihn wirklich als sein Ziel akzeptiert hatte. Denn jetzt wurde es kompliziert und es war nicht mehr so leicht, den Mann aus seinem Weg zu räumen. Da gab es zum einen die eher unerwartete Seite, die er vorher übersehen hatte. Cole war nicht nur ein Mittelsmann wenn es um Drogen ging - und davon war er eigentlich ausgegangen -, sondern ein Mann der einen kompletten Stadtteil unter sich hatte. Nur noch einen Mann zwischen sich und der Spitze habend. Das war natürlich ein Y in der Gleichung, mit der er nicht gerechnet hatte. Dummerweise. Und dazu kam noch, dass ein Bloodhound es nicht überlebte, wenn das Ziel starb. Jeder einzelne stürzte in eine Art tiefes, schwarzes Loch und brachte sich früher oder später um. Das war nichts, das sie ausbildeten oder beibrachten, sondern etwas, das sich scheinbar ganz normal mitentwickelte. Ja, natürlich durch die Art der Ausbildung, aber man sah das eher als eine Art Nebenwirkung. So blieben Bloodhounds teuer, was ja auch im Sinne der Organisation war. Aber wie dem auch sei, dadurch musste Nicholas sich einen anderen Weg überlegen, an Antonin heran zu kommen, ohne dass Cole Dummheiten versuchte. Denn auch wenn es Nicholas keine Angst machte - seiner Ansicht nach würde er mit dem Kerl gut fertig werden - so hatte er da Bedenken wenn es um Antonin ging. Der brächte es fertig, sich vor sein Ziel zu werfen. Dieser Kindskopf! Das wäre die Art und Weise gewesen, die er bei seinem ersten Ziel hätte zeigen sollen. Aber nein, es musste ja so ein dahergelaufener Ire sein. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich eine Nuance, doch dann schüttelte er den Kopf und parkte sein Fahrzeug zwei Straßen von seinem Zielort entfernt. Sich den dunkelblauen Rucksack vom Beifahrersitz mit sich nehmend, schlenderte er den Gehweg entlang und summte eine Melodie, die ihm seit Tagen nicht aus dem Kopf ging. Momentan musste er sich keine Gedanken um etwaige Verfolger machen, denn er wusste sehr genau wo sie sich alle aufhielten. Was Nicholas noch ganz genau wusste war, wo er Cole am besten zu treffen hatte, um eine Reaktion zu erzwingen, um Antonins Herausgabe zu erzwingen. Immerhin waren die letzten Tage auf seiner Seite dieses Spieles nicht völlig nutzlos verstrichen und am Ende war es sogar sehr einfach sich für eine Person zu entscheiden. Eine Person, die wohl mehr Gewicht bei Cole haben würde als Antonin: Ragnar. Ragnar Ragnar ließ sich in Nathans Wagen mit zu diesem nehmen, nachdem er sich bei Cole mit einem Kuss auf die Wange bedankt hatte. Nach einem fast schon sehr romantischen Spaziergang, der Ragnar wirklich gut tat, verbrachten sie letztlich die Nacht wirklich mit nichts anderem, als damit, ihr offensichtlich unbändiges Verlangen nacheinander zu befriedigen. Als sie in den frühen Morgenstunden einschliefen fühlte sich Ragnar lebendiger, als je zuvor, erfüllt von einem Gefühl von Zufriedenheit, Glückseligkeit und unglaublichem Selbstvertrauen. Die Sicherheit, die er durch die Aktion von Cole letztlich erhalten hatte, ließ ihn wissen, dass er mit Nathan wohl endlich wieder einen Mann gefunden hatte, dem er wirklich vertrauen konnte. Und daher würde er ihm wohl früher oder später auch noch mehr über sich erzählen können. Aber jetzt mussten sie sich erst einmal noch besser kennenlernen, bevor er darüber nachdenken sollte. „Ich danke dir für einen wunderbaren Abend und eine traumhafte Nacht“, verabschiedete er sich von Nathan, der sich nicht davon hatte abbringen lassen, ihn nach einem gemütlichen Frühstück nach Hause zu fahren, wobei Ragnar ihm angekündigt hatte, dass er nicht im besten Wohnviertel lebte. Nach oben wollte er ihn lieber nicht mitnehmen, und von daher war er froh, dass Nathan noch einen Termin hatte. „Wir melden uns bald?“, fragte er und stieg schließlich aus, nicht ohne dem anderen noch einen langen Kuss gegeben zu haben. Beschwingt stieg er die Treppe hinauf und schloss seine Wohnungstür auf. Er war so in Gedanken an Nathan, dass er nicht bemerkte, dass irgendetwas anders war, als zuvor. Kapitel 94: Geißel ------------------ Nicholas Nicholas, der die Nacht über immer mal wieder vor sich hin gedöst hatte, im Wissen beim kleinsten Geräusch aufzuwachen, erhob sich von seinem bereitgestellten Stuhl als er das Türschloss hörte. Das wurde jetzt aber auch Zeit. Gelassen entsicherte er seine Waffe und wartete bis er die Tür ins Schloss fallen hörte, bevor er in das Sichtfeld des anderen trat. Schweigend musterte er diesen kurz, bevor er die Waffe hob. "Hallo Ragnar", begrüßte er diesen. "Mein Name ist Nicholas und es wäre jetzt besser für dich, zu tun was ich von dir verlange, denn dann werden wir beide das schnell hinter uns gebracht haben." Wie erwartet weiteten sich dessen Augen kurz und man konnte förmlich hören wie es hinter dessen Stirn ratterte. Wie versucht wurden, die Puzzleteile zusammen zu setzen, und scheinbar war er teilweise auch erfolgreich darin. Damit stand für den Russen fest, dass zu irgendeinem Zeitpunkt über ihn gesprochen worden war. Er nutzte seinen Vorteil aus und durchsuchte den Mann kurz auf Waffen, bevor er ihn in die Küche zu dem vorbereiteten Stuhl dirigierte. Das einzige das Nicholas ihm bei der Durchsuchung abgenommen hatte war das Handy gewesen, denn das war essentiell wichtig für seine weiteren Schritte. Nicholas strahlte zu diesem Zeitpunkt nur Ruhe aus und keinerlei Aggressivität. Hätte er die Waffe nicht in den Händen gehalten, würde wohl niemand auf die Idee kommen, dass er sich uneingeladenen Zutritt zu dieser Wohnung beschafft hatte und gerade dabei war ein Leben zu bedrohen. Als Ragnar sich schließlich gesetzt hatte betrachtete er diesen einmal intensiver. Bisher hatten sie so aus der Nähe kein Vergnügen miteinander gehabt. Er lehnte sich gegen den Türstock zur Küche und überlegte kurz. "Ich habe keinen Groll gegen dich und du bist unverschuldet zwischen den Fronten gelandet, daher hast du momentan nichts zu befürchten, wenn du dich vernünftig verhältst", erklärte er und durchsuchte das Handy dann kurz nach Antonins Nummer. "Deine Wohnung habe ich allerdings durchsucht, da ich keine Überraschungen erleben wollte. Du bist krank, richtig?", kurz sah er auf. "Wenn du Medikamente nehmen musst, dann sag das rechtzeitig." Er ersparte es sich selbst, wie das so viele Anfänger machten, einen auf starken, bösen Mann zu markieren. Nicholas wusste, dass er kaum etwas von Ragnar zu befürchten hatte, so wie es momentan stand, war sich zudem seiner Stärke bewusst. Und gerade dadurch, dass er es nicht auf einem großen Schild mit sich herumtrug, veränderte sich seine Ausstrahlung zu seinen Gunsten. Die Waffe locker in der Hand behaltend, immer bereit sie zu heben und einfach abzudrücken, wählte er mit der anderen Antonins Nummer. Nicholas war sich sicher, dass jener rangehen würde, wenn Ragnar ihn anrief und wie es aussah, hatte er sich nicht getäuscht, denn sein Schüler meldete sich, wenn auch mit etwas verschlafen klingender Stimme. "Antonin, du ahnst natürlich was passiert ist, wenn ich mit diesem Handy anrufe?", begrüßte er ihn und lauschte auf die Antwort. "Nein, noch ist er sehr lebendig. Aber du solltest jetzt besser zu diesem Ziel gehen und dein Handy auf Lautsprecher stellen, denn das betrifft euch beide und wir sollten keine Zeit damit verplempern, stille Post zu spielen. Vor allem nicht, da ihr Ragnars Lebenszeit verplempern würdet, nicht meine", antwortete er und wartete eine Weile, bis Antonin ihm zu verstehen gab, dass er das gewünschte umgesetzt hatte. In der ganzen Zeit hatte Nicholas seine Geisel nicht aus den Augen gelassen, denn wenn jemand etwas versuchen wollen würde, dann wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt. Doch das würde er sehr gut zu verhindern wissen. "Cole...", fing er an, "du hast mehrere entscheidende Fehler begangen." Antonin Ein wenig unwillig versuchte Antonin im Halbschlaf seine Wärmequelle bei sich zu behalten, wurde jedoch mit einem Kuss auf die Stirn und einigen gemurmelten Worten, die er noch nicht ganz wahrnahm, sehr schnell besänftigt. Seine Hände lösten sich von der weichen und vor allem warmen Haut des anderen und dieser schien aufzustehen, um ins Bad zu verschwinden. Entweder, weil es für jenen schon Zeit war aufzustehen oder aus anderen Gründen, doch das war ihm gerade herzlich egal, denn das Bett war viel zu bequem. Und er noch angenehm entspannt und müde von der letzten Nacht. Eine Nacht, die er so schnell nicht vergessen würde, mit einem Mann, den er nicht mehr hergeben wollte. Irgendwie waren sie wie ausgehungerte Löwen über einander hergefallen, was die Intensität betraf, und Antonin konnte ums Verrecken nicht behaupten, dass es nicht hin und wieder gedacht hatte, vor Lust einfach vergehen zu müssen. Doch trotzdem war es gerade umso angenehmer, das Gewicht der Laken auf seiner Haut zu spüren, Coles Geruch noch tief inhalieren zu können und einfach noch ein Weilchen faul liegen zu bleiben. So hatte er sich das zumindest gedacht, denn als er sein Handy klingeln hörte, wollte er es zuerst ignorieren, beschloss dann aber doch aufzustehen und es zu suchen. Schwer gähnend pulte er es aus seiner auf dem Boden liegenden Hose und warf einen Blick auf die Nummer. Ragnar? Was wollte der denn um diese gotteslästerliche Uhrzeit von ihm? Oder war vielleicht der Akku von Coles Handy leer? "Morgen! Hast du dich verwählt?", murmelte er, bevor er die Augen erschrocken aufriss und sein Atem sich beschleunigte. Diese Stimme würde er, ähnlich wie Coles, ebenfalls unter tausenden sofort erkennen. Aber wie... holy shit! Nicholas Worte bestätigten seine Gedankengänge auch sofort. Dieses Arschloch! Dieses gottverdammte Arschloch! "Was hast du mit ihm gemacht? Du hast nicht einfach einen dir völlig Fremden wegen einer Art Privatfehde umgebracht, oder?!" Seine Stimme gewann an Volumen in derselben Geschwindigkeit wie seine kleinen Gehirnzellen die Müdigkeit beiseiteschoben und schon mal die Möglichkeiten und Auswirkungen dieser Wendung in der Geschichte bedachten. Als er Nicholas Wunsch, vielmehr Befehl vernahm schluckte er hart und warf der Richtung des Badezimmers einen unsicheren Blick zu. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. Zum ersten Mal seit längerem konnte er Coles Reaktion auf diese Neuigkeit nicht einschätzen. Verflucht! Er nahm das Handy herunter, schloss einmal gequält die Augen und begab sich zu Cole, der tatsächlich schon unter der Dusche stand. "Cole", sprach er ihn an und schüttelte den Kopf, als er dessen leichtes Lächeln und die auffordernde Handbewegung zu sich sah. Er hob sein Handy und wank ihn zu sich, dabei zusehend wie sich der Gesichtsausdruck seines Freundes sofort änderte. Keine 15 Sekunden später stand dieser bei ihm, noch ganz nass ihm einen fragenden Blick zuwerfend. Als Antwort darauf schaltete er sein Handy auf Lautsprecher. "Du kannst sprechen", erklärte er und hielt das Gerät zwischen sie, immernoch nicht ganz wissend was er gerade wirklich fühlte. Vielleicht eine gewisse Ohnmacht, weil er wusste worauf das hinauslaufen würde. Es gab eigentlich nur eine Erklärung dafür und sie ließ auch nur eine Reaktionsmöglichkeit zu. Etwas, das ihm langsam aber sicher einen eisigen Griff um sein Herz legte, aber auch eine Art der Resignation und Verbitterung auslöste. Musste das wirklich über Ragnars Rücken ausgetragen werden? Aber im Grunde hätte er es sich denken können. Nicholas selbst hatte ihm diesen taktischen Zug erklärt, vor vielen Jahren. Es war nur logisch eine solche Aktion zu fahren, wenn man aus irgendwelchen Gründen keine direkte Konfrontation eingehen wollte. Und das wäre das letzte, worauf Nicholas hinziehen würde, denn es bestünde ja die Möglichkeit, dass Antonin dabei starb. Etwas, was offensichtlich nicht gewünscht war. "Cole, du hast mehrere entscheidende Fehler begangen", drang die Stimme des älteren Russen zu ihnen durch und innerlich seufzte Antonin, als er das Erkennen in Coles Augen erkannte und die Veränderung, die seine ganze Aura mit sich zog. Und noch wusste er das Schlimmste gar nicht… "Doch die werden dir selbst früher oder später aufgehen. Momentan viel wichtiger ist, dass ich hier jemanden sitzen habe, der dir sehr gut bekannt sein sollte. Wenn mich nicht alles täuscht ist sein Namen Ragnar. Klingelt da was?", Antonin hätte am liebsten in die kurze Stille hineingekotzt und wandte den Blick von Cole ab. Er wollte das jetzt nicht sehen. Wollte nicht sehen, worauf das hinauslaufen würde. "Es ist schon seltsam mit den Personen, die einem etwas bedeuten, nicht? Man merkt so häufig erst, was man alles hätte besser und anders machen können, wenn sie nicht mehr bei einem sind. Aber noch lässt sich diese Situation ohne unnötige Gewalt lösen. Du bekommst deinen Freund wieder, unversehrt, wenn Antonin sich wieder an meiner Seite befindet. Dass er das tun wird, steht für mich außer Zweifel, denn viel mehr Optionen habt ihr jetzt beide nicht mehr. Du könntest natürlich eine Harakiriaktion versuchen, aber bedenke dabei, dass sich Bloodhounds bisher zu 100 Prozent selbst umgebracht haben, nachdem ihr Ziel gestorben ist. Damit ist klar, was passiert, wenn du dabei sterben solltest. Also setz meinen Kleinen in ein Fahrzeug und die Übergabe findet wie immer statt. Ohne dich, möchte ich anfügen." Nicholas seufzte deutlich ins Handy. "Es hätte nicht so laufen müssen. Ihr habt zwei Stunden euch zu entscheiden." Damit war die Verbindung unterbrochen und Antonins Körper schien sich gerade für Emotionslosigkeit entschieden zu haben. Es stand für ihn tatsächlich außer Frage, ob er auf den Deal eingehen würde. Das war schon klar gewesen als er seinen Ausbilder gehört hatte. Er würde nie zulassen, dass Ragnar etwas passierte, gerade nicht, wenn Cole dann damit die einzige Person verlieren würde, die am nächsten an einer Art Familienmitglied dran war. Und somit beschloss er die verschlüsselte Botschaft nicht zu erklären, sondern zu handeln. Fast schon vorsichtig hob er den Blick, Cole betrachtend. Vielleicht würde er diesen in wenigen Stunden nie wieder sehen. Und alleine der Gedanke brach ihm das Herz. Ragnar Ragnar erschrak fast zu Tode, als plötzlich der Mann vor ihm stand. Ein Mann, den er nicht kannte, der sich aber sogleich vorstellte. Und als er den Namen hörte musste er nicht lange überlegen, um zuordnen zu können, mit wem er es zu tun hatte. Ragnar ärgerte sich ein wenig über sich selbst, dass er nicht aufgepasst hatte, dass er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache gewesen war. Denn eigentlich hatte er einen ‚Trick‘, mit dem er überprüfen konnte, ob sich jemand Zutritt zu seiner Wohnung verschafft hatte. Doch heute war er nicht bei der Sache gewesen. Heute war er mit seinen Gedanken bei der vergangenen Nacht gewesen, bei Nathan, einem wunderbaren Mann. Und nun würde er mit den Konsequenzen leben müssen, auch wenn er noch nicht genau wusste, worauf es hinauslaufen würde. Was er wusste war letztlich nur, dass Nicholas wohl seinen Auszubildenden, Antonin, wiederhaben wollte. Und das offenbar mit allen Mitteln. Und wenn Ragnar nicht alles täuschte, dann hatte jener beschlossen, Cole damit zu ‚überreden‘, Antonin herzugeben, indem er seinen besten Freund kidnappte. Irgendwie lausig, aber wahrscheinlich auch irgendwie effektiv. Ohne etwas zu sagen, ließ er sich durchsuchen. Er hatte keine Waffe dabei, wieso auch. Dafür entwendete er ihm sein Handy, was Ragnar zwar störte, was aber klar gewesen war. Die Ruhe, die Nicholas ausstrahlte, ließ auch Ragnar ruhig bleiben. Was sollte er schon groß tun. Und er wusste, dass sein Gegenüber nicht an ihm interessiert war, dass er eben nur ein ‚Erpressungsmittel‘ für etwas anderes war. Ragnar setzte sich an seinen Küchentisch, blickte Nicholas ruhig an, während dieser ihn ebenfalls unverhohlen musterte. Die Worte, die der andere sprach, registrierte er kommentarlos. Dass der Russe seine Wohnung durchsucht hatte, war ihm klar gewesen. Was ihm aber auch klar war, war, dass er sicher nicht alle Verstecke hat finden können. Zumindest eines nicht, das er von hier aus sah, denn er würde wissen, wenn es entdeckt worden wäre. Nun, vielleicht würde sich ja dann die Gelegenheit ergeben, sich zu bewaffnen, wenn er Glück hatte. Ragnar ließ sich von diesem Gedanken allerdings nichts anmerken, betrachtete nur ruhig den anderen Mann, der ihm eben erklärte, dass er seine Tabletten weiterhin nehmen durfte, dass er wüsste, dass er krank war. Ob er auch wusste, welche Krankheit es war? Ragnar nickte kurz, um zu zeigen, dass er verstanden hatte, als Nicholas ihn ansah. Dann lauschte er dem Telefongespräch, kurz müde lächelnd, als er etwas von seiner Lebenszeit hörte. Ob er ihm gleich sagen sollte, dass es ihm egal wäre, wenn man ihn tötete? Schließlich machte er den Job doch in dem Wissen, dass er dadurch nicht am Ende seines Lebens vor sich hinvegetieren müsste, nur um einen langsamen, beschissenen Tod sterben zu müssen. Sicher, dass es ausgerechnet jetzt so weit sein würde, damit hätte er nicht gerechnet. Jetzt, da er endlich wieder jemanden gefunden hatte, der ihm gut tat. Aber das Leben ist ein Hund – so war es schon immer, und wo wird es immer sein. Aber Ragnar beschloss noch nichts dazu zu sagen. Er hatte damals auf der Möweninsel Cole das Versprechen abgenommen, dass er angesichts seiner Krankheit nicht zögern dürfte, wenn es so weit wäre, wenn er ihn darum bitten würde, und so hoffte er, dass Cole das auch in dieser Situation berücksichtigen würde. Seine Augen ruhten noch immer auf Nicholas, als dieser die Verbindung unterbrach, wartend, was nun geschehen würde. „Ich würde mich gerne umziehen, wenn das Recht ist“, meinte er schließlich. „Meine Klamotten stinken so nach Rauch und Alkohol, dass mir ein wenig übel wird, und ich bin ohnehin ein wenig empfindlich. Und ich weiß nicht, ob es so schön für dich ist, wenn deine Geißel sich hin und wieder übergeben muss. Das sind so beschissene Nebenwirkungen von den Pillen, die ich so schlucken muss.“ Fragend blickte er Nicholas an. „Du kannst mir die Sachen auch gerne selbst aus dem Schrank raussuchen. Und du darfst auch gerne zuschauen, wenn ich mich umziehe…“ Cole Sein Handy surrte. Er hatte es am vergangenen Abend lautlos gestellt und offensichtlich vergessen, das rückgängig zu machen. Dennoch hörte er es im Halbschlaf, wissend, wer es nur einmal läuten ließ, um zurückgerufen zu werden. Sacht löste er sich von Antonin, lächelnd, als er merkte, dass er ihn offenbar nur ungern gehen ließ. Sacht küsste er den anderen auf sie Stirn. „Schlaf noch ein wenig, kleiner Klammeraffe“, flüsterte er leise und stellte zufrieden fest, dass Antonin ihn aus seinem Griff entließ. Er schnappte sich sein Handy und blickte aufs Display, zufrieden feststellend, dass er sich nicht getäuscht hatte. Kurz überlegte er, ob er gleich zurückrufen sollte, entschloss sich aber, das ganze unter der Dusche noch einmal zu überdenken. Wenn er es tat, müsste er ab sofort damit rechnen, dass Nicholas auftauchen würde. Wobei er wusste, dass Nicholas es tunlichst vermeiden würde, ihn zu töten. Cole war seit seinem Besuch bei dem Privatdetektiv bewusst, dass Nicholas ihn nicht töten würde, denn das würde einem Mord an Antonin gleich kommen. Und so wie er die Sache sah, wollte Nicholas Antonin für sich haben, um ihn wieder einer Gehirnwäsche zu unterziehen, um ihn wieder zum willigen Bluthund werden zu lassen. Und das würde bedeuten, dass Nicholas versuchen würde, Antonin zu entführen. Doch das wird er zu verhindern wissen. Denn eins war ihm bewusster denn je. Er würde Antonin nie wieder von sich weg lassen. Antonin war für ihn zu einer für ihn überlebenswichtigen Person geworden. Und er würde alles dafür tun, diese Person zu schützen. So wie jener ihn jeden Tag wieder davor bewahrte, den Verstand zu verlieren, indem er ihm nahe war, ihm Wärme spendete, ihn liebte. Eine Weile stand er unter der Dusche, das Wasser über sein Gesicht laufenlassend, nachdenkend, sich mental darauf einstellend, dass die nächste Zeit wohl recht aufreibend sein wird. Er erschrak ein wenig, als er plötzlich Antonins Stimme seinen Namen hören sagte und etwas an der Stimme gefiel ihm gar nicht. Oder bildete er sich das nur ein? Als er sich umdrehte und den schönen Mann sah, musste er unwillkürlich lächeln. Ob man die vergangene Nacht nicht gleich hier unter der Dusche ausklingen lassen sollte? Und so deutete er dem anderen an, zu ihm zu kommen, doch bereits in der Bewegung sah er das Handy in dessen Hand. Also hatte er sich doch nicht getäuscht. Irgendwas war geschehen. Und so schaltete er die Dusche ab, griff beim Rausgehen zu seinem Handtuch und trocknete sich halbherzig ab, um gleich darauf neben Antonin zu stehen und ihn fragend anzusehen. Die Augen des anderen gefielen ihm gar nicht. Sie drückten nicht nur Sorge und Angst aus, es war schon fast etwas wie Verzweiflung darin zu sehen. Als Cole die Stimme von Nicholas hörte, verdüsterte sich sein Gesicht. Also war jener vor ihm in die Gänge gekommen. Also hatte jener doch schon eine Handlung geplant und offenbar auch durchgeführt. Und diese Handlung war nichts anderes, als Ragnar als Geißel zu missbrauchen, damit sich Antonin ‚freiwillig‘ wieder in dessen Obhut begab. Eine interessante Taktik, eine Taktik, die Cole kurz meinen ließ, keine Luft mehr zu bekommen. Er presste lediglich ein „Ich höre“, heraus, das er möglichst neutral klingen ließ, nachdem die Stille nach den Worten des anderen unerträglich zu werden schien. Cole spürte, wie sich in ihm alles begann zu verkrampfen, mit jeder Sekunde, die ihm bewusster wurde, was hier gerade geschah. „Mag sein, dass du immer erst weißt, was dir wichtig war, wenn du es nicht mehr hast. Bei mir ist das anders, Arschloch“, zischte Cole, als er die Worte des anderen vernahm. „Und ich glaube vielmehr, dass du derjenige bist, der gerade einen gewaltigen Fehler macht. Denn offenbar hast du mit der Zeit, als du dich als ‚bester Freund‘ ausgegeben hast und deine wirklich nette Familie – was sagt eigentlich Tayra zu dieser Aktion? - die ganze Zeit verarscht hast, so ein paar Dinge vergessen, die für einen Guard wichtig sind. Es ist süß, dass du ihn lebendig haben willst, aber glaubst du wirklich, dass er auch nur einen deiner Befehle jemals ausführen wird, solange ich derjenige bin, dem er verpflichtet ist, solange ich also noch lebe? Ich glaube, dir ist die Zwickmühle, in der du sitzt, wirklich gar nicht so bewusst...“ Cole schnaubte verächtlich. „Du bist wirklich erbärmlich, Nicholas, wirklich ein erbärmlicher Ausbilder.“ Cole registrierte das Seufzen. Er hatte gesagt, was es zu sagen gab. „In zwei Stunden“, knurrte er und blickte einen Moment auf das Handy, bevor er sich das Handtuch um die Hüfte schnürte und zu seinem Handy griff, eine Nummer wählen ließ und ein „Das Geld wird übermorgen an gewohnter Stelle sein“, hineinsprach. Etwa 10 Minuten später sollte auf dem Schrottplatz jener Raum in Schutt und Asche zerfallen. Mag sein, dass er Nicholas reizte, aber er wusste, dass Ragnar erstens keine Angst vor dem Sterben hatte, und dass sich zweitens Nicholas so dazu hinreißen ließ, Fehler zu begehen. Fehler, auf die sie momentan angewiesen waren. Und dass die beiden aktuell nicht dort waren, lag an dem Geräusch des Kühlschranks von Ragnar, das er nur zu gut kannte, und das er im Hintergrund gehört hatte. Schon öfters hatten sie sich über das Eigenleben jenes Geräts lustig gemacht. Nun drehte er sich wieder zu Antonin. „Was meinte Nicholas damit, wenn er sagt, dass die Übergabe wie gewohnt stattfinden würde?“, fragte er ihn und seine Stimme war unglaublich kalt, was er aber zu spät registrierte. Und so trat er auf Antonin zu und strich ihm über die Wange, ihn ansehend. „Hör zu, Antonin. Wir haben wenig Zeit, und wir müssen einen Schlachtplan entwickeln. Ich hoffe dir ist absolut klar, dass ich weder dich noch Ragnar verlieren möchte und verlieren werde. Daher werden wir augenscheinlich auf den Deal eingehen, aber nur augenscheinlich. Ich habe in deine Fähigkeiten vollstes Vertrauen und auch in die von Ragnar, daher brauchen wir einen Plan.“ Antonin Äußerlich ruhig, innerlich in Höchstgeschwindigkeit denkend starrte er auf sein Handy, bis er Cole in sein eigenes Gerät sprechen hörte und abermals aufsah. Was denn für Geld? Also hatte er sich womöglich nicht getäuscht und Cole hatte im Alleingang Vorbereitungen getroffen? Soviel zu den Einzelaktionen von denen der andere nichts weiß. Doch er konnte keinen Vorwurf machen, ließ es sich ja eigentlich sehr gut nachvollziehen. Antonin hätte an Coles Stelle spätestens jetzt auch kein wirkliches Vertrauen mehr in seine Fähigkeiten. Als sein Freund sich zu ihm drehte bekam er wieder jenen Gesichtsausdruck zu sehen, den er langsam aber sicher verabscheute. Diese tödliche Kälte, die mit seinen Worten auch nach ihm ihre Fänge ausstreckte. Aber er zuckte nicht zusammen, sondern akzeptierte es als gegeben. Antonin würde sich selbst nicht sehen wollen, wenn jemand Cole entführt hätte. Vermutlich würde er nicht einmal mehr solche Sätze zusammenbringen. Umso überraschter war er, als Cole zu ihm trat, ihm über die Wange strich und auf ihn einredete. Schlachtplan? Wie sollten sie einen Schlachtplan entwickeln gegen Nicholas? Wenn er nicht auf die versteckte Nachricht eingehen würde, würde jener den Übergabeort ändern und ihnen dann nur noch genau die Zeit geben, die sie von hier bis dorthin brauchen würden. Dieser Mann war ein Monster, ja. Aber ein gerissenes, mit allen Wassern gewaschenes Monster. Dagegen war er selbst, wenn er einmal 'von der Leine' gelassen wurde, höchstens ein Monsterchen. Gewalttätiger, ja. Vielleicht auch grausamer. Aber die nötige Übersicht über Dinge fehlte ihm. "Das ist eine Art Codewort", murmelte er schließlich. "Es bedeutet, dass der Übergeber eines solchen Deals mit einem Fahrzeug zum angegebenen Ort fährt. Dort hält er ungefähr 50 Meter vom Empfänger entfernt und steigt aus. Es muss zu erkennen sein, dass er keine Waffen trägt, daher sind engsitzende Kleidungsstücke zu empfehlen. Sobald er bis 25 Meter heran ist, wird die Geisel oder ein Mann mit dem gewünschten Objekt losgeschickt. In unserem Fall die Geisel. Ungefähr 15 Meter vom Empfänger entfernt tauschen sie die Gegenstände. In dem Fall würde Ragnar einen Autoschlüssel erhalten und weiter gehen. Ich würde stehenbleiben, bis er fast beim Fahrzeug ist und dann weitergehen. Ragnar müsste umgehend mit dem Fahrzeug wegfahren. So verhindert man einen Peilsender am Fahrzeug, der ja nicht so auf die Schnelle zu finden wäre. Eine Form der Übergabe für lebende Personen", erklärte er schließlich was eine gewohnte Übergabe war und seufzte dann tief. "Wie wollen wir einen Plan erstellen, ohne den Ort zu kennen? Es wird ein Platz sein, bei dem Nicholas immer geschützt vor Scharfschützen steht. Er wird weiträumigen Blick auf das Gelände haben, oder zumindest auf den Übergabeort. Ich denke nicht, dass er Ragnar etwas tun wird, jener ist in seinen Augen nur solange etwas wert, wie das er gegen mich austauschbar wäre. Und das ist er nur lebend und wohlauf." Er stellte sich ans Waschbecken, um sich die Zähne zu putzen und ging dann ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Wie sollte er das schaffen? Und selbst wenn er es schaffen könnte, wie sollte er ohne Cole weiterleben? Als mordende Hülle? Zudem dieser recht hatte. Schlussendlich besaß er die Befehlsgewalt. Würden sich Cole und Nicholas gegenüberstehen und verlangen den jeweils anderen zu töten, war es keine Frage, wen er töten würde. Oder setzte Nicholas auf Entfernung und Entfremdung? Aus den Augen aus dem Sinn? Recht in sich gekehrt setzte er sich auf die Bettkante und betrachtete seine Hände. Was waren die Fakten? Er wollte Ragnar aus Nicholas Fängen wissen. Lebend und wohlauf. Ragnar war Coles Familie. Ein weiterer Fakt war die Tatsache, dass Cole das überleben sollte. Möglichst unverletzt. Und der letzte Fakt war immer außer Frage gestanden: Er würde sich sofort für Cole opfern, selbst wenn dieser das verboten hatte. Es war ein Befehl, den er umgehen konnte. So kam er zu einer Entscheidung und blickte ruckartig auf, sah sich nach dem anderen um und trat auf diesen zu. "Ok, pass auf", fing er an und suchte Coles Blick. "Ich brauche eine ganz bestimmte Waffe aus meiner Wohnung. Sie ist für... Spezialfälle würde ich sagen. Dazu kommt noch, dass ich mein Auto brauche, da es mehr Möglichkeiten für etwaige Überraschungen hat als deines. Wenn ich sofort losfahre, kann ich spätestens 40 Minuten wieder hier sein und du hättest die Zeit, dich auszurüsten und ebenfalls nochmal nachzudenken. Das ist eine Situation, mit der wir beide nicht gerechnet haben, und ich wäre gerne so gut vorbereitet wie es nur geht." Er stockte kurz und schloss die Augen ein paar Sekunden, bevor er sie wieder öffnete. "Immerhin geht es hier auch um mein Leben." Nicholas Die Zeit, die er sich als bester Freund ausgegeben hatte... diese Worte klangen in Nicholas nach und bereiteten ihm ein wenig Kopfschmerzen. Alleine an dem Wochenende, durch das er Antonin geschickt hatte, konnten diese Worte nicht liegen. Auch an der Entführung Ragnars nicht, denn mit solchen Methoden war Antonin vertraut und zudem war davon auszugehen, dass er das als Sorge um jenen tat. Also, woher kam dieser Satz auf einmal? Doch lange konnte er sich nicht darauf konzentrieren, da ihn die Frage dieses Ragnars aus diesen Gedanken holte. Er dürfte sogar die Kleidung heraussuchen und der dürfte zusehen? Der Mann war mutig, wenn er sonst schon nichts war. Trotzdem nickte er ruckartig. "Zieh dich hier aus, dann gehen wir zu deinem Schrank", entschied er und sah dann mit dem offensichtlichen Desinteresse eines Heteros dabei zu wie Ragnar seinen Worten nachkam. Er deutete ihm an voraus zu gehen und folgte danach jedem seiner Schritte mit neuerlicher Aufmerksamkeit. In so einer Wohnung konnte es immer sein, dass man Dinge übersah. "Wir werden hier gleich verschwinden, wenn du also noch etwas einnehmen musst, mach das jetzt", befahl er und hielt sich an Ragnar für die nächsten Schritte. Es sollte nicht mehr lange dauern bis sie die Wohnung verlassen konnten, wo er den anderen Mann abermals vor sich gehen ließ, die Waffe in der Jackentasche seiner Lederjacke stets auf diesen gerichtet lassend, dirigierte er ihn bis zu seinem Fahrzeug. Einen unauffälligen schwarzen Wagen der unteren Mittelklasse, wie sie zu tausenden in New York zu finden waren. "Du fährst", bestimmte er und setzte sich neben den Mann, nachdem er aufgesperrt und seinen Rucksack zwischen die Beine genommen hatte. Seine Waffe wieder locker in der Hand, auf den Schoß gelegt haltend, lenkte er sie durch die Stadt, bis sie in altes Industriegebiet kamen. Zum Halten kamen sie vor einem Tunnel, der eingebrochen war und nebendran ein Seitenarm des Meeres in einen Fluss mündete. Es war ein Areal, das man gut überblicken konnte und keine höheren Gebäude in der Umgebung besaß. Er ließ Ragnar aussteigen und lehnte sich dann selbst gegen den Wagen. Bisher war er mehr als zufrieden mit der Mitarbeit des anderen Mannes und wenn weiterhin alles so lief, wäre dieser bald wieder frei und er könnte versuchen wieder vernünftig auf Antonin einzuwirken. Etwas, das absolut nicht mehr möglich war, wenn er in der Nähe dieses Cole war. Und gerade blieben zwei Methoden, um genau das zu erreichen. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet, dass sie für die erste Möglichkeit nicht mehr so lange zu warten hätten. Die zweitere wäre eher unangenehm, aber ebenfalls gut durchdacht und er sah keine Probleme in der möglichen Ausführung. Als ein Gerät in seinem Rucksack plötzlich begann unangenehme Piepslaute von sich zu geben, warf er Ragnar einen Blick zu, dass er jenen noch genau im Auge hätte, und holte das Gerät hervor, es betrachtend und auf einigen Knöpfen herumtippend. Schließlich begann er auf Russisch zu fluchen und schleuderte das Gerät von sich, einen undeutbaren Blick zu seiner Geisel werfend. "Dein Freund ist ein reichlich penetranter Mann", knurrte er und dachte daran, was gerade wohl alles für Werte und Gegenstände verloren gegangen waren. Denn nichts anderes konnte es bedeuten, wenn sein Rechenzentrum plötzlich nicht mehr erreichbar war, um sich neue Updates zu holen. Dieser gerissene Hund! Am liebsten würde er... doch Nicholas riss sich zusammen. Im Grunde mochte er Herausforderungen und das hier könnte nun doch noch eine werden. Cole Cole lauschte den Ausführungen des anderen, hinsichtlich der Übergabe. Gut, dann würde Nicholas also eine gewisse Zeit alleine dastehen. Das war letztlich die einzige Chance, die sie hatten. Antonin würde unbewaffnet sein, wobei es ja nicht unbedingt sein muss, dass keine Waffen in der Nähe sind. Und auch Ragnar würde eine Waffe brauchen. Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, wenn Nicholas ein wenig ‚abgelenkt‘ werden würde, irgendein Störfaktor, der ihn irritieren würde, vielleicht sogar so sehr, dass er Fehler machen würde. Sie durften nur nicht riskieren, dass er dazukommt, Ragnar etwas anzutun. Cole war dessen Bitte natürlich präsent. Er wusste, dass Ragnar nicht mehr wirklich an seinem Leben hing, augenscheinlich. Aber er hatte ihn in der vergangenen Nacht mit Nathan gesehen. Und da war Ragnar zum puren Leben mutiert. Er würde ihn nicht gefährden, würde ihn da rausholen. In jedem Fall. Ein weiter, offener Platz? Nun, solche Orte gab es in New York nicht viele. Es könnten höchstens die Industriegebiete nördlich der Stadt oder südlich der Stadt sein, wobei Cole für solcherlei Aktionen am ehesten zum Süden tendierte, denn dort gab es einige Brachflächen, die nicht mehr gebraucht wurden und wo sich keine Menschenseele mehr aufhielt. Ja, Ragnar war nur lebend etwas wert, aber das auch nur solange, bis die Übergabe stattgefunden hatte. Ob er ihn dann wirklich laufen ließ? Würde Nicholas Ragnar erschießen, wenn er Antonin wieder in Gewahrsam hätte? Auch das war ein Risiko, das er nicht unterschätzen durfte. Vielleicht würde Antonins ‚Therapie‘ ja damit beginnen, alle um ihn herum zu eliminieren. Cole schüttelte leicht den Kopf und blickte kurz Antonin hinterher, der aus dem Bad ging, um sich anzuziehen. Erst jetzt bemerkte er, dass er noch immer halbnass dastand, und nun trocknete er sich endgültig ab und folgte Antonin schließlich, sich zweckmäßig anziehend, seinen Revolver umschnallend. Kurz blieben seine Augen auf Antonin ruhen, der nachdenkend auf dem Bett saß. Nein, er würde nicht zulassen, dass jener wieder in die Fänge dieses Arschlochs geriet. Und wenn er dafür durch die Hölle gehen müsste. Cole striff sich die Haare aus dem Gesicht und atmete einen Moment tief durch. Fast erschrak er, als Antonin so entschlossen auf ihn zutrat. Coles Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, und er wollte schon ansetzen, den anderen einen Idioten zu schimpfen, als er jenen letzten Satz hörte und seinen Mund wieder schloss. Ja, es ging auch um Antonins Leben. Und daher war es wichtiger denn je, dass sie zusammenarbeiteten. Aber sollte er ihn alleine gehen lassen? Wobei... Warum nicht? Schließlich wird Nicholas wohl nicht dort auf Antonin warten. Coles Augen ergründeten die des anderen. „Ja, damit habe ich wirklich nicht gerechnet“, begann er schließlich. „Ich hatte mich darauf vorbereitet, ihn aus der Reserve locken zu müssen, was ich heute in jedem Fall getan hätte. Sein Rechenzentrum ist ausgeschaltet, er wird also keine Peilsender und dergleichen Zeug mehr verwenden können, zumal seine Waffen auch nur noch jene sind, die er bei sich trägt. Ich weiß nicht, ob wir daraus einen Vorteil haben, aber es war die einzige Möglichkeit für mich, ihn ein wenig ungefährlicher zu machen.“ Er seufzte tief. „Ist gut, fahr zu dir, aber beeile dich bitte. Er hat es einzig und allein auf dich abgesehen und ich möchte nicht riskieren, dass er dich bekommt, ohne dass ich eine Chance hatte, das zu verhindern.“ Er lächelte traurig. „Ich werde in der Zwischenzeit mich darum kümmern, dass wir ein bisschen Verstärkung bekommen, ohne dass er begreift, dass es mit uns etwas zu tun hat. Wir werden wohl ein wenig ‚Ablenkung‘ brauchen, um Ragnar da rauszuholen, und anschließend müssen wir wohl mit der Jagd beginnen. Denn ich glaube nicht, dass Nicholas ruhen wird, bis er hat, was er haben will. Daher werde ich ein paar Leuten Bescheid geben, die sich freiwillig nur zu gerne solchen lebensgefährlichen Situationen preisgeben, die den Nervenkitzel eines Leben-und-Tod-Spiels mögen. Und vielleicht bekommen wir durch sie die Möglichkeit, Nicholas zu überrumpeln.“ Cole hob die Hand und strich Antonin über die Wange, bis er sich schließlich zu ihm beugte und ihn küsste. „Aber jetzt erzähl mir noch kurz, um welche Waffe es sich handelt.“ Ragnar Ragnar tat wie ihm geheißen, entkleidete sich in der Küche und ging dann in sein Wohnzimmer, wo er sich eine weitere Hose mit Seitentaschen aussuchte und ein enganliegendes olivgrünes Achselshirt darüber. Er bewegte sich vollkommen ruhig. Durch das Telefonat wusste er, dass er erst einmal nichts zu befürchten hatte. Erst nach der Übergabe würde es interessant werden. Und bis dahin musste er sich gedulden. Bis dahin musste er beobachten. Nicholas war verdammt gut, er schien ein absoluter Profi zu sein. Und Ragnar würde es nicht einfach haben, an das Springmesser heranzukommen. Aber vielleicht ergab sich ja eine Gelegenheit. Er musste geduldig sein. Und seine Chance erhielt er, als er seine Tabletten im Badezimmer zusammensuchte, und dann in die Küche ging, um sie in kleine Tüten zu verstauen. Er blickte auf die Uhr und entschied, dass auch wenn es eine Stunde zu früh war, er die Tabletten jetzt schon nehmen würde, so dass er ein Glas aus dem Schrank nahm, um es mit Wasser zu füllen. Er war als Jugendlicher oft auf den belebten Straßen New Yorks unterwegs gewesen, dass seine Finger geschickt genug waren, um recht schnell und ungesehen das handflächengroße Messer, das sich einer Nische des Hängeschrankes angeklebt gewesen war, in seiner Seitentasche verschwinden lassen konnte. Schließlich ging er mit Nicholas aus seinem Haus zu dessen Auto, setzt sich anstandslos hinters Steuer und ließ sich dirigieren. Als sie auf das Industriegelände fuhren, blickte sich Ragnar um. Nun, es war zu erwarten gewesen, dass es auf so einer Fläche sein würde. Hier wäre es schwer, jemandem aufzulauern, ungesehen sich zu nähern. Und gleichzeitig würde man nicht Gefahr laufen, dass sich viele andere Menschen zufällig hier aufhielten. Irritiert schaute er auf, als er das Piepsen hörte. Beobachtete, wie Nicholas in seinem Rucksack nach dem ‚Störenfried‘ suchte. Ragnar hob fragend die Augenbrauen, als Nicholas zu fluchen begann und ihn ansah. Ob Cole etwas angestellt hatte, was jenem schadete? Ragnar musste schmunzeln, als er die Worte des anderen hörte. „Sie haben sich nicht nur mit einem penetranten Mann angelegt, sondern auch mit jemandem, der niemals aufgibt, wenn er weiß, was er möchte. Und Cole liebt Antonin aus vollstem Herzen. Ich glaube nicht, dass Sie eine ruhige Minute haben werden, wenn Sie Antonin in die Finger bekommen sollten. Cole wird niemals aufhören, den Menschen, den er liebt, zu suchen. Und wenn er dafür sterben müsste.“ Ruhig blickte er den Mann neben sich an. „Ich hoffe Sie haben einen guten Grund, sich mit Cole anzulegen. Ich wüsste zu gerne, weshalb Sie alles tun, um Antonin wieder an sich zu binden. Ich begreife es nicht so recht. Eigentlich müsste ihnen doch klar sein, dass er niemals wieder das werden wird, was er einmal war. Nicht wenn er einmal in seinem Leben geliebt hat.“ Antonin Antonin lächelte kurz ein wenig traurig und hob die Hand, um Cole über die Wange zu streichen. "Du wirst diese Möglichkeit bekommen. Versprochen." Und er nahm sich vor dieses Versprechen einzuhalten. Vielleicht nicht ganz so, wie Cole sich das gerade vorstellte, aber in einer Form, die diesem einige Dinge leichter machen würde. Dann hob er eine Augenbraue, ein wenig schwankend den Kopf schüttelnd. "Damit hast du auch einen Großteil meiner Ausrüstung untauglich gemacht, aber ich vermute damit können wir beide gerade gut leben." Antonin hörte, wovon Cole sprach und fühlte sich bei diesen Worten an sich selbst, an seine Einheit erinnert. Das Spiel mit Leben und Tod, bei dem nur der Bessere gewann. Es war ihm zuwider, aber vielleicht wäre es nötig. Vielleicht. "Es ist eine Handfeuerwaffe, die nicht zum töten gedacht ist", murmelte er schließlich und trat einen Schritt von Cole zurück. "Ihre Patronen, sowie die Bauart sind komplett von normalen Schusswaffen zu unterscheiden. Diese Waffe wurde nur dafür gebaut, Schmerzen zuzufügen. Das Nervensystem für kurze Zeit auszuschalten. Es ist ein Folterwerkzeug", erklärte er und es kostete ihn einiges an Anstrengung, seine Mimik und seine Augen relativ ruhig zu halten. Der tobende Orkan sollte Cole erst wirklich auffallen, wenn er weg wäre. "Ich beeile mich", flüsterte er und war schon dabei sich abzuwenden als er sich nochmal herumdrehte und Cole umarmte. Ihn fest an sich drückte. "Du bist mein Leben, Cole. In jeder nur denkbaren Hinsicht", flüsterte er gegen dessen Haut am Hals, löste sich dann jedoch und verschwand so schnell er konnte aus der Wohnung. Sich das nächstbeste Taxi nehmend, fuhr er zu sich und erlaubte sich erst dort die ganzen Gefühle, die er so gut wie möglich unterdrückt hatte. Direkt an seiner Wohnungstür herabsinkend, zog er seine Knie an und legte den Kopf darauf ab, sich auf tiefe Atemzüge konzentrierend, um das Zittern seines Körpers - das sehr schnell unkontrolliert wurde - halbwegs in Schach zu halten. Verzweiflung. Pure Verzweiflung strömte auf ihn ein und zum ersten Mal seit langer Zeit fragte er sich wieder, warum es ihn traf, warum er so ein ungerechtes Leben führen musste. Was musste er in seinen vorherigen Leben verbrochen haben, um das zu verdienen? Wenn Nicholas Erfolg haben würde, würde man ihm seine Seele entreißen - Cole. Antonin konnte sich kein Leben mehr ohne diesen Mann vorstellen. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, einfach so vor sich hin zu vegetieren, ohne sich von Zeit zu Zeit vergewissern zu können, dass es dem Menschen, den er weit mehr als sein eigenes Leben liebte, gut ging. Doch genau genommen hatte er jetzt für solche Panikattacken keine Zeit und so rappelte er sich auf und zog sich um. Eine Jeans und einen langärmligen Pullover. An den Handgelenken befestigte er mit routinierten Griffen zwei Lederbänder, deren Mechanik durch durchsichtige Plastikbänder am Ringfinger befestigt wurde. An jeder Seite wurde am Innenarm jeweils eine Klinge in diese Bänder gesteckt, die mit der richtigen Bewegung des Handgelenks frei werden würden. Danach begab er sich tatsächlich ins Wohnzimmer, um sich jenes ganz bestimmte Buch aus seinem Schrank zu holen und es zu öffnen. Wie erwartet befand sich dort die Pistole und die seltsam grünlichen Patronen. Antonin nahm die Waffe und lud sie durch, bevor er sie sich in den Gürtel steckte und zurück ins Schlafzimmer ging, um die Matratze vom Bett zu reißen und es dann, als es leichter geworden war, anzuheben und den hohlen Pfosten heraus zu schrauben. Darin befand sich ein USB Stick sowie ein rundes, metallischer kleiner Gegenstand. Ein Peilsender, wie er ihn eher ungern verwendete, aber leider besaß er momentan nicht anderes mehr. Den Stick nahm er mit in die Küche, wo er seinen Laptop hochfuhr und die sich darauf befindliche Software vom Stick holte und darauf installierte. Den Sender selbst, klebte er sich mit etwas Klebeband an einen seiner Hoden und schaltete ihn an. Damit würde er Cole 24 Stunden Zeit geben, für den schlimmsten Fall der Fälle. Das alles erledigt, mischte er sich ein letztes Mal sein Aufputschmittel zusammen und trank es in großen aber bedächtigen Zügen aus. Inzwischen war sämtliche Verzweiflung, Angst und auch Unsicherheit wieder aus seinem Blick verschwunden. Momentan war er nur ein Mann mit einem Ziel und er würde es umsetzen. So wie man das von jemanden mit seinem Ausbildungsgrad erwarten würde. Er schnappte sich den Laptop und fuhr mit dem Aufzug in seine Tiefgarage, sich in seinen Falcon setzend und das Wordprogramm vom Computer öffnend. Ragnar, wenn du das liest, hat die Übergabe geklappt. Darüber bin ich sehr erleichtert und ich bitte darum, kein schlechtes Gewissen zu haben. Dieser Austausch war mehr als fair. Zum einen, da er mich nicht umbringen würde - was für dich nicht gilt - und zum anderen weil du Familie für Cole bist. Du hast ihn über viele Jahre davor bewahrt komplett abzustürzen und dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Auf dem Laptop befindet sich ein Programm namens LOOKOUT - es hat die Möglichkeit meinen Aufenthaltsort zu tracken. Allerdings ab jetzt nur noch für 23 Stunden und 45 Minuten. Das ist das absolute Maximum. Es besitzt einen Radius von 50 Kilometern, darauf solltest du also achten, wenn du mit dem Auto wegfährst. (Hände weg von der Lachgaseinspritzung!). Die Waffe im Handschuhfach hat ihre Gründe, möglicherweise wird Cole sie dir erzählen. Anbei befindet sich eine zweite Seite, sie ist für Cole. Gruß Antonin Damit wäre der erste Teil geschafft, der schwierigere Teil folgte jetzt... Tief durchatmend, mit einem weiteren Blick auf die Uhr begann er zu tippen. Cole, ich ahne, dass du gerade furios bist und nicht genau weißt, welche der Emotionen in dir jetzt die hauptsächliche ist. Vielleicht denkst du, ich sei dir in den Rücken gefallen oder hätte deine Befehle missachtet, aber weder das eine noch das andere ist der Fall. "Ich vertraue auf deine Fähigkeiten, mehr als auf meine Eigenen" - diesen Satz habe ich dir vor scheinbar langer Zeit schon einmal gesagt und ich meinte ihn damals so wie ich ihn sagte, sowie er auch jetzt noch gilt. Nicholas wird mich nicht umbringen, Ragnar schon. Und zwar in dem Moment, in dem er sich bedroht fühlt und eine Reaktion erzwingen wollen würde. Ich vertraue also darauf, dass du mich da rausholst - ich habe euch alle Möglichkeiten, die mir gegeben waren, in die Hand gedrückt. Einschließlich einer Waffe, bei der es im Grunde egal ist, ob man mich oder Nicholas trifft. Die Schmerzen, die ich zu ertragen hätte, sind nichts zu den Schmerzen, die ich verspüren würde, wenn ich nie wieder in deinen Armen einschlafen könnte. In Liebe Antonin Hart schluckend schloss er kurz seine Augen und versuchte wieder Herr über seine Emotionen zu werden, bevor er den Laptop auf den Beifahrersitz ablegte und das Fahrzeug startete. Es war an der Zeit. Denn ja, natürlich wusste er wo jener jetzt war. Antonin hatte Cole nicht angelogen, aber auch nicht ganz die Wahrheit gesagt. Dieses 'wie immer' bei der Übergabe kennzeichnete zudem noch einen bestimmten Platz und die zwei Stunden waren keine Zeit zum Überlegen, sondern die Angabe der Zeit, bis er dort zu sein hatte. Kurz dachte er noch an sein Handy, das er am Küchentisch zurück gelassen hatte und fuhr schließlich los. Kapitel 95: Die Jagd beginnt ---------------------------- Nicholas Nicholas überlegte nach Ragnars Worten eine Weile, bis sich ein echt schwer erkennbares Lächeln auf seine Lippen legte. "Wir alle müssen irgendwann im Leben einmal aufgeben oder uns für einen Weg im Leben entscheiden. Vielleicht sogar für einen, mit dem wir dachten, nicht leben zu können, nicht reinen Gewissens. Vielleicht ist dieser Zeitpunkt für Cole gekommen, vielleicht nicht. Ich maße es mir nicht an, die Zukunft vorhersehen zu können. Jeder ist für seine eigenen Taten verantwortlich und ich habe alles mir mögliche getan, um einen Ausgang zu meinen Gunsten zu gewährleisten." Er hob die Hand, um auf die Uhr zu sehen. Lange hatte Antonin nicht mehr Zeit, um zu erscheinen. Ob jener stattdessen tatsächlich mit seinem Ziel plante gegen ihn vorzugehen? Es war eine Möglichkeit, eine, die er bedacht hatte. Er sah zu Ragnar hinüber und diesmal war sein Lächeln ein wenig besser zu erkennen. "Ihr habt es alle nicht begriffen", murmelte er. "Doch ich mache niemanden daraus einen Vorwurf. Manche Dinge erlebt man nur selbst und kann sie nicht erklären. Antonin ist so wichtig, gerade weil er schon immer die Fähigkeit besaß zu lieben. Zu lieben bis zur Selbstaufgabe, mit dem unbeugsamen Willen nicht zu brechen oder klein bei zu geben bei Dingen, die er absolut nicht tun wollte." Jetzt wurden seine Augen ein wenig kalkulierend. "Und obwohl er einem wirklich sehr schnell ans Herz wächst, darf man einfach nicht übersehen, was da in ihm schlummert und was er bereit ist zu tun, wenn er beschlossen hat, die Person, die es ihm aufträgt zu lieben und ihr zu vertrauen, zu beschützen. Er ist keine Person, die man in den Händen eines Mannes wie Cole lassen sollte." Er wandte den Blick ab und folgte dem Weg, den sie gefahren waren. Bemerkte die aufwirbelnde Staubwolke und ein Ausdruck der Konzentration trat in seine Augen und sein Körper spannte sich an. Es hatte länger nicht mehr geregnet, ein weiterer Vorteil. So leicht würde sich hier niemand anschleichen können. Doch als er das Fahrzeug erkannte, konnte er sich ein triumphierendes Geräusch nicht verkneifen. "Und da kommt der Mensch, dem du sehr bald dein Leben zu verdanken haben wirst. Ich war mir wirklich nicht sicher, ob er sein Ziel tatsächlich los wird." Er beobachtete wie das graue Fahrzeug näher und näher kam und dann tatsächlich ungefähr 50 Meter von ihnen entfernt hielt. Ab jetzt war Nicholas sich sicher, dass die Übergabe problemlos klappen würde. Er wartete bis Antonin aus dem Fahrzeug mit dem noch laufenden Motor ausgestiegen war, sich einmal mit erhobenen Händen drehte und sich schließlich in Bewegung setzte. "Sobald er bis an 25 Meter heran ist, kannst du losgehen", befahl er in Richtung Ragnars. Cole Cole wartete bis die Tür hinter Antonin einrastete, dann ging er zügig zu seinem Waffenschrank, der hinter einem der Bilder in seiner Wohnung versteckt war. Er musste sich beeilen, hatte aber zumindest ein wenig Zeit, um sich auszurüsten. Er schätzte, dass Antonin wirklich zu seiner Wohnung fuhr und dass er dort wohl mindestens 10 Minuten brauchte. Der Falcon war dort. Das Auto würde sich auch im Straßenverkehr New Yorks leicht verfolgen lassen. Er brauchte nicht lange, um diesmal sogar eine Schutzweste anzuziehen, um sich eine weitere Waffe anzuschnallen und weitere in eine Tasche zu legen, die er sich kurz darauf über die Schulter legte und kurz überlegte, bevor er das Headset seines Telefons ins Ohr stöpselte und Antonins Handy vom Küchentisch klaubte. „'Du bist mein Leben, Cole'", knurrte er, als er seine Wohnung verließ. „Für wie bescheuert hältst du mich, Antonin?" Es ärgerte ihn, und es traf ihn tief, sehr tief, dass Antonin ihm nicht so viel Vertrauen entgegenbrachte, dass er sich tatsächlich austauschen ließ. Dabei hatte er gedacht, dass sie sich näher waren, als jemals zuvor, dass sie einander vertrauten... Aber gut. Im Krieg und in der Liebe ist jedes Mittel erlaubt, hieß es nicht so? Und dass Antonin ihn und auch Ragnar einfach nur schützen wollte, das war ihm klarer denn je. „Dieser Idiot", fluchte er, als seine Nachbarin aus der Tür trat und ihn verwirrt anblickte. Cole lächelte. „Der Aufzug kommt mal wieder nicht...", erklärte er schulterzuckend, als die Tür endlich aufsprang und er zusammen mit ihr hineinschlüpfte. „Soll ich heute Abend wieder nach Corleone schauen?", fragte sie und blickte auf die Tasche. Cole nickte. „Ja, das wäre nicht schlecht, wobei ich hoffe, dass ich auch selbst wieder nach Hause komme. Danke." Sie nickte und lächelte. „Sie haben einen sehr netten Freund", erklärte sie und blickte ihn musternd an. Cole schnaubte lächelnd. „Ja, aber er ist unvernünftig wie ein kleines Kind." Sie blickte ihn begreifend an. „Er liegt ihnen... am Herzen, nicht?", fragte sie vorsichtig und Cole war klar, dass sie wissen wollte, ob er schwul war. „Ja das tut er, sehr." Sie nickte und stieg aus, als der Fahrstuhl im Erdgeschoss hielt. „Ich kümmer mich dann heute Abend um Corleone", bestätigte sie noch einmal und Cole warf ihr einen dankbaren Blick zu. In der Tiefgarage bestieg er eilig sein Auto und fuhr los. Cole rief während der Fahrt, Simon an, der versprach sich um das Lady-Dream zu kümmern, und telefonierte dann mit Ethan, einem der Paintball-Spieler der härteren Art. Es waren jene, die gerne auf Leben und Tod spielten, wobei sie selten die Gelegenheit dazu bekamen. Er erklärte ihnen, dass er jemanden bräuchte, der jemanden 'ablenken' konnte, wobei es durchaus auch problematischer werden könnte, lebensgefährlicher. Ethan war sofort interessiert und rief Cole wenig später zurück. Sie könnten zu fünft anrücken. Cole hielt in der Nähe des Falcon, nahm die Akte, die er von Nicholas hatte, und schickte ein Bild von jenem an Ethan als MMS, dann schrieb er ihm noch dazu, dass sie diesen Mann 'aufhalten' sollten, sich ruhig auch wehren dürften. Aber sie sollten ihn in keinem Fall unterschätzen. Cole wusste, dass die Leute in voller Montur anrücken würden, gesichert und bewaffnet bis unter die Zähne. Und er würde kein schlechtes Gewissen haben, dass er sie einer tödlichen Gefahr aussetzte. Er positionierte sich so, dass er Antonin gut sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Und es dauerte auch nicht lange, als Antonin tatsächlich einstieg und losfuhr. Wie nicht anders erwartet fuhr er nicht in Richtung Cole sondern tatsächlich in Richtung Süden zum alten Industriegebiet. Er hielt viel Abstand, informierte Ethan immer wieder zwischen, wo sie hinkommen sollten. Schließlich hielt er, als Antonin in eines der freien Felder einbog, bevor er in Sichtfeld kommen würde. Er drehte den Wagen so, dass er abfahrbereit sein würde. Er wollte die Übergabe nicht gefährden, aber er wollte bereit sein, wenn er sah, dass Ragnar nicht mehr in Gefahr war. Und jetzt hieß es warten. Ragnar „Das mag sein, aber Cole wird erst aufgeben, wenn er tot ist“, Ragnar lächelte traurig, als er das aussprach. Doch dann wurde sein Blick ernster. „Wieso ist es Cole nicht wert, Antonin an seiner Seite zu haben? Sie haben doch keine Ahnung, wie sehr es Cole verdient hat, Arschloch!“ Seine Worte wurden von Wort zu Wort dunkler, zischend. „Sie biegen sich immer nur Ihre Wahrheit zurecht, ohne darüber nachzudenken, wie es andere, wie es Antonin sieht. Glauben Sie wirklich, dass Sie Antonins Entscheidung, Cole als sein Ziel zu erklären, rückgängig machen können?“ Ragnar schüttelte den Kopf. „Ich befürchte, Sie werden überrascht sein.“ Er blickte nach vorne, als Nicholas ebenfalls dem Wagen entgegensah, der sich staubig zu ihnen bewegte. Seine Stirn legte sich in Falten. Wo Cole wohl war? Ob sie ausgemacht hatten, dass sie warten, bis er in Sicherheit war? Als er Nicholas Kommentar hörte lachte er leise. „Das glaube ich nicht“, stellte er fest. „Mein Leben ist ohnehin verwirkt. Wenn ich heute nicht sterbe, dann in naher Zukunft. Sie glauben nicht wirklich, dass Antonin das wirklich nur wegen mir oder wegen Cole macht? Er wird mit Cole zusammen dafür gesorgt haben, dass Sie den heutigen Tag nicht mehr überleben. Und ich werde auch meinen Teil dazu beitragen, denn mir ist es egal, ob ich weiterlebe oder nicht. Er lächelte, beobachtend, wie Antonin herantrat. „Wir sehen uns dann später!“, sagte er schließlich und öffnete die Tür, um auszusteigen. Er schritt auf Antonin zu, lächelte ihn an. „Bis später, Sonnenschein!“, sagte er nur, als er an ihm vorbeiging, darauf achtend, dass er wirklich hinter Antonin herlief, falls Nicholas ihn von hinten erschießen würde wollen. Als er an Antonin vorbei war, eilte er sich in das Auto zu kommen, gleich den Laptop sehend, aber zunächst einen Gang einlegend, damit er verschwinden konnte, sich aus der Gefahrenzone entfernen konnte. Kaum war er aus der Sicht, sah er auch schon Cole, hielt an und stieg aus zumindest halb aus. „Wollen wir? Hier sind wohl ein paar Infos, die für dich sind...“ Er nickte auf den Beifahrersitz. Cole nickte, griff nach der Tasche und stieg ein. Antonin Er hatte nur einen kurzen Blick für Ragnar, einen der sich davon überzeugte, dass jener unverletzt war. So nickte er ihm nur zu, als sie aneinander vorbeiliefen, sein Augenmerk sofort wieder auf den ausgestiegenen Nicholas richtend. Als er bis auf 5 Meter heran war blieb er stehen, auf die Motorengeräusche hinter sich achtend und erst ein Stück näher tretend, als jene verklungen waren. "Ist es wirklich das, was du willst, Nicholas?", fragte er schließlich, sich ein wenig dehnend. "Oder ist es das, was man dir aufgetragen hat?" Der ältere Russe hob eine Augenbraue und zuckte mit den Schultern, bevor er die Hand zum Mund nahm und durch die Finger pfiff. Antonin dabei nicht aus den Augen lassend, musterten sie sich wie zwei Raubtiere, bereit für den Angriff. "Ein wenig von beidem, denke ich. Ich musste natürlich von deinem Erinnerungsverlust berichten und man kam zu der Entscheidung, dir wieder ein wenig auf die Sprünge zu helfen", erklärte jener nonchalant, ganz als würden sie über das Wetter sprechen. Antonin nickte nur, drängte den unglaublichen Hass in sich mit aller Gewalt zurück. Indem er ausrastete, würde er Nicholas nur in die Hände spielen. Und als er die Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm verzogen sich seine Lippen zu einem sarkastischen Lächeln. "Was denn, du hast dich nicht alleine her getraut?", höhnte er und spuckte dem Russen vor die Füße. Etwas, das diesen nicht großartig zu stören schien. "Als ob du wirklich alleine hierhergekommen wärst, Antonin.", spottete jener milde und wank die drei aufgetauchten Leute zu sich. Antonin kannte sie gut. Alle drei. Und was er sah gefiel ihm überhaupt nicht. Ganz im Gegensatz zu ihm oder zu Nicholas, waren jene vollkommen für einen Einsatz ausgerüstet. Offenbar hatte sein Ausbilder wirklich mit mehr Gegenwehr gerechnet. "Nun, das erklärt natürlich warum es so lang gedauert hat, bist du deinen Zug gemacht hast. Wann sind sie angekommen?", fragte er äußerlich sehr ruhig, während er innerlich Blut und Wasser schwitzte. "Gestern Vormittag, Marakow", antwortete Talas, ebenfalls ein ehemaliger Ausbilder. Der russische Akzent war fast erschlagend und alleine beim Klang dieser Stimme bekam er Anwandlungen auf irgendetwas einzuschlagen. Diese Männer waren gefährlich, alle miteinander. Gut ausgerüstet mit der nötigen Emotionslosigkeit die Aufträge mit sich brachten, bereit, über unschuldige Leichen zu steigen, wenn sie dafür nur fünf Minuten schneller ans Ziel kämen. "Und ich dachte wir wären den Kleinen endlich los", knurrte Caspar, der älteste der Runde, der, wenn Antonin sich nicht täuschte, auf Geländeeinsätze spezialisiert war. Der dritte, Mark, lachte dröhnend und trat auf Antonin zu. Welcher schneller handelte als er nachdache. Mit zwei synchronen Handbewegungen hatte er seine beiden Klingen in den Händen, ging in die Hocke und machte eine scherenartige Bewegung. Ironischerweise schien niemand der vier damit gerechnet zu haben, dass er sich tatsächlich widersetzen würde, was in einem schmerzerfüllten Aufjaulen Seitens Caspars resultierte. Und dann ging alles ganz schnell. Während jener zurücksprang und Antonin sich zurück auf die Beine federte, zogen die anderen beiden Ausbilder ihre Waffen, wobei Nicholas einen bellenden Befehl losbrüllte: "SCHLUSS! Erschießt ihn und ich erschieße euch!" Worauf Antonin zuerst nur höhnisch lachte, als tatsächlich alle inne hielten. "Ihr verfluchten Amateure werde nicht einmal mit einem so kleinen Fisch wie mir fertig ohne mit den Knarren herumfuchteln zu müssen? Wie erbärmlich." Nun.. Antonin hatte sehr früh gelernt, dass solche Ausbrüche gar nichts brachten, außer Schmerzen und er sollte es auch jetzt wieder lernen. Und irgendwo im Hinterkopf begann er sich zu fragen, wie er das auch nur 10 Stunden überleben sollte? Von 24 einmal ganz zu schweigen… Nicholas Innerlich kochend beobachtete er die sich ihm bietende Szene. Bis dieser Ragnar weg war, war alles noch genau nach Plan gelaufen. Selbst das verbale Geplänkel zwischen Antonin und ihm war nichts womit er nicht gerechnet hatte, doch dass der Kleine wie ein tollwütiger Hund auf den erstbesten losging, der in seine Reichweite kam, war unerwartet. Und auch wenn er, als Ranghöchster verbieten konnte, Antonin zu erschießen - zu töten, so konnte er die Bestrafung nicht verhindern und es wurmte ihn. Diese Idioten würden es ihm nur noch schwerer machen zu dem Sturkopf vorzudringen. So sah er zähneknirschend dabei zu, wie sie Antonin schließlich überrumpelten, selbst wenn das noch einige blutige Striemen bei Caspar und Talas zur Folge hatte und diesem dann mit drei gezielten Fußtritten in den Magen auf die Knie brachten. Das würde Antonin weder brechen noch zum kooperieren bringen, aber seine drei 'Begleiter' waren noch von der ganz alten Schule. Nicholas selbst hätte gut auf sie verzichten können, aber wenn die Anordnung von oben kam, dann führte man sie aus. Und irgendwo konnte er es nachvollziehen, gerade wenn er den jüngeren betrachtete wie er gerade war. Antonin war der einzige, der es bisher durch diese Art der Ausbildung geschafft hatte, ohne komplett außer Kontrolle zu geraten oder auf dem Weg zum Ziel zu sterben. Und die ganze Aura sowie der tobende Sturm in den grauen Augen kündete momentan davon, was jener mit ihnen tun würde, wenn man ihm die Möglichkeit dazu geben würde. "Wie sieht es aus?", fragte er schließlich, weiterhin beobachtend wie sie Antonin die Arme nach hinten verdrehten und ihn wieder auf die Beine zogen. Caspar wandte sich ihm zu. "Die Bewegungsmelder, die ich installiert habe, funktionieren nicht mehr aus irgendwelchen Gründen. Kann es sein, dass dein Rechenzentrum sich heruntergefahren hat?" Nicholas schnaubte. "Es ist wahrscheinlicher davon auszugehen, dass es zerstört wurde." Er fing Antonins Blick auf und begann tatsächlich langsam zu ahnen, was Ragnar ihm vermitteln wollte. Unter normalen Umständen würde er nicht mehr zu ihm durchdringen können. So tief war sein Ziel in ihm also verankert? Oder lag es an diesen eher unnormalen Gefühlen für jenen? Und daran, dass diese, laut Ragnar, auch erwidert wurden? Das war tatsächlich ein Szenario, von dem sie nie ausgegangen waren, und es machte die Dinge kompliziert. Es wäre ein fast unnennbares Risiko, Antonin noch einmal durch die Drogen zu jagen, in der Hoffnung, dass er ein weiteres Mal überleben würde. Aber so wie er jetzt war, wäre er für sie alle nutzlos. Cole zu töten, würde Antonin töten. Ob sie ihn tatsächlich einfach nach Russland zurückschaffen und abwarten sollten? "Dann sollten wir das Gelände wohl auf die alte Art und Weise durchsuchen und freiräumen", suggerierte Talas und gab Antonin eine Kopfnuss als dieser einen Versuch startete, sich zu befreien. "Ruhig jetzt, Marakow. Sonst könnte es sein, dass deinem Ziel gleich was passiert." Und während Talas dachte, genau das richtige gesagt zu haben, als der jüngste Russe scheinbar zu Stein erstarrte, riss Nicholas langsam aber sicher der Geduldsfaden. "Ich übernehme ihn, ihr schwärmt aus. Wir müssen sicher sein, hier ohne Verfolger verschwinden zu können. Marsch!", befahl er und trat hinter Antonin, um ihn an den Armen zu packen, während die anderen sich sofort auf den Weg machten und ausschwärmten. "Du weißt, dass nichts passieren wird, wenn du dich ruhig verhältst", versuchte er die Situation zu besänftigen. "Du bist im Grunde selbst Schuld an dieser Situation." "Ich werde euch einen nach dem anderen jagen und ausbluten lassen... Du solltest es am besten wissen, Ausbilder Milenkof. Gerade du solltest es wissen. Und Talas wird durch meine Hand sterben. Und er wird sich wünschen, einfach erschossen worden zu sein...", knurrte der jüngere in hektischem Russisch und das war einer der wenigen Momente, in welchen Nicholas sich fragte, ob es wirklich gut war, solche Personen hervorbringen zu wollen, denn selbst ihm lief es eiskalt den Rücken herunter, wenn er diese von sich selbst überzeugte Stimme hörte, und wusste, dass es keine leeren Drohungen waren. Wenn Antonin seine Chance bekommen würde, würde er sie bedenkenlos nutzen. Cole Cole stieg bei Ragnar ein und nahm den Laptop auf den Schoß. "Lies vor, ich hatte noch keine Zeit dazu...", wies Ragnar Cole an, der den Wagen ein Stück die Straße herunter fuhr und sich nach jenem Ort umsah, den er vorhin schon als zentralen Punkt hier ausgemacht hatte. Dadurch, dass das Gelände von zwei Seiten letztlich abgeschottet war, und diese Straße die einzige war, die wegführte, hatten sie relativ leichtes Spiel, einen Platz zu finden, von wo aus sie agieren würden können. Cole tat, wie ihm geheißen und man merkte deutlich, dass er es sich verkniff, hin und wieder bitter aufzulachen, als er las. Erst als er bei dem Brief an sich selbst angekommen war, las er leiser, verstummte schließlich und sein Gesicht verdüsterte sich. Ragnar wie mittlerweile stehen geblieben und blickte auf den Monitor, die letzten Worte lesend. Welche Emotionen er hatte? Cole konnte gar keine betiteln. Im Moment war er einfach nur konzentriert darauf, hier keinen Fehler zu machen. Er vertraut, dass er ihn da herausholt? Wie sollte er das anstellen, verdammte Scheiße? Coles Kiefer knirschte stöhnend als sich sein gesamter Körper in einem Gefühl von Wut und Ohnmacht versteinerte. Als sein Handy läutete zuckte Cole zusammen, der in Gedanken versunken war. "Hier ist Ethan", meldete sich eine Stimme und Cole lauschte. "Wir haben das Gebiet weiträumig eingekreist. Ich denke es kommt niemand raus, ohne an uns vorbei zu müssen. Sie sind übrigens nicht zu zweit, sie sind zu fünft. Der Kerl, von dem wir das Foto haben, Antonin und dann noch drei andere Kerle, von denen mindestens einer bereits verletzt ist. Dürfen wir die Zahl der Ziele also auf 4 erhöhen?" Ganz offensichtlich war Nicholas also nicht allein gekommen. Nun, dann würden sie halt mehr ausschalten müssen. "Oh, ich fürchte Antonin wird es nicht leicht haben, sich gegen die zur Wehr zu setzen." In Cole ratterte es. "Hör zu Ethan, es sind alle 4 zum Abschuss freigegeben, allerdings möchte ich, dass wir in Kontakt bleiben. Kannst du eine Konferenzschaltung mit deinem Handy einrichten?" Als dieser bestätigte, bat Cole ihn, gleich noch einmal anzurufen. Als Ethan sich wieder meldete, ging er sogleich ran. "Sie sind ausgeschwärmt", erklärte Ethan. "Wir positionieren uns dann. Wenn es etwas gibt, dann melden wir uns, ansonsten ist jetzt Ruhe angesagt." "In Ordnung", erklärte Cole. "Passt auf euch auf, die Kerle sind verdammt gefährlich." "Umso besser...", konnte man noch hören, bevor Cole Ragnar wieder ansah. "Ich habe hier noch Antonins Handy. Du musst damit hin und wieder mit mir Kontakt aufnehmen. Ich werde Antonin da rausholen. Ich muss ihn da rausholen. Und währenddessen überprüfst du hier seinen Peilsender. Wenn er sich überraschend schnell bewegen sollte, oder auch von hier sich entfernen sollte, dann melde dich umgehen, ok?" Cole griff in das Handschuhfach und entwendete die Waffe, musterte sie kurz und steckte sie dann in seine Jackentasche. "Pass auf dich auf, Cole. Ich werde derweil mal den Computer bemühen und mal schauen, ob ich uns noch ein wenig mehr helfen kann. Ich melde mich dann." Sie stiegen gemeinsam aus und Ragnar bewaffnete sich, während Cole eine Schnellfeuerwaffe für sich lud. Dann blickten sich die Männer kurz an. Es bedurfte keiner Worte. Dann drehte sich Cole, um sich auf den Weg zu machen. Er würde Antonin nicht enttäuschen. Und wenn es das letzte wäre, was er tun würde. Aber er würde Nicholas niemals Antonin überlassen. ------------------- Ragnar setzte sich derweil wieder in das Auto und begann den Rechner zu untersuchen. Er startete das Programm und bald darauf erhielt er ein Signal und die Umrisse der Gegend. Ragnar untersuchte kurz weiter den Laptop und fand schließlich was er suchte, die Möglichkeit, über eine einfache Schnittstelle und das Handy Verbindung zum Internet aufzubauen. Kurz darauf fand er sich in den Aufnahmen eines Spionagesatelliten wieder, der Bilder von New York zeigte. Er wusste nicht, ob es funktionieren konnte, aber wenn er noch ein wenig mehr, als nur Antonin sehen würde, wäre ihnen ja eventuell schon geholfen. Kapitel 96: Nicht ohne meine Seele ---------------------------------- Antonin Sie schwiegen eine Weile, bis sich Antonin ein Gedanke aufdrängte. "Du opferst sie." Hinter sich hörte er das dunkle, ein wenig heisere Lachen seines ehemaligen besten Freundes. Seines Bruders... und es schmerzte. Es fühlte sich an, als ob man ihm einen glühenden Speer mitten ins Herz rammen würde. Auch Nicholas Name hatte sich auf der Liste derjenigen befunden, für die er alles tun würde. Antonin hätte nicht nur, er hatte alles für Nicholas getan. Gejagt, gefoltert, gemordet. "Sie bedeuten mir nichts, wenn sie deinem Ziel reinlaufen ist das nur unnötiges Gepäck weniger", bestätigte Nicholas seinen Verdacht. Abermals glitt kurze Rage durch das aufgewühlte Grau seiner Augen. "Er ist nicht hier", murmelte er und musste sich arg beherrschen, um nicht zu versuchen, aus der Reichweite des älteren zu gelangen als dieser sich zu ihm beugte und von hinten ins Ohr flüsterte: "Willst du mir wirklich erzählen, du wärst ohne einen Sender hier aufgetaucht, Antonin? Ich war es, der dir so gut wie alles beigebracht hat. Denkst du da wirklich, ich würde diese Dinge nicht in Betracht ziehen? Er ist hier. So sicher wie das Amen in der Kirche." Plötzlich war ein Schusswechsel aus einem der Gebäude zu vernehmen und abermals lachte Nicholas auf. "Das bestätigt es mir nur." Damit zog er sich zurück, Antonins Arme immer noch in einem klammerartigen Griff umschlossen haltend, während diesem der Schweiß ausbrach. Jetzt schon? Wie hätte Cole so schnell sein können? Oder war das Ragnar? Oder war Cole ihm gefolgt? Seine Gedanken überschlugen sich und stoppten abrupt, als er darüber nachsinnte, warum Nicholas mit ihm hier immer noch stand. An einer Position, von wo aus sie so gut wie überall gut zu erkennen wären. Ja, für einen Scharfschützen standen sie schlecht, aber sonst? Und plötzlich keuchte er auf, nicht nur die bösartige Erkenntnis gewinnend, warum dem so war, sondern auch den ganzen Hass und die unglaubliche Verzweiflung in sich freilassend. Mit einem zornerfüllten Aufbrüllen bäumte sich sein ganzer Körper auf, spannte jeden noch so kleinen Muskel an und warf sich mit aller Macht zurück. Gegen Nicholas, der damit nicht zu gerechnet haben schien und kurz taumelte. Und diese wenigen Sekunden reichten Antonin, um dessen Griff zu sprengen und seine Arme frei zu bekommen. Noch im Wanken warf er sich herum, seine Klingen, die ihm diese selbstsicheren Idioten nicht abgenommen hatten, wieder fester umfassend nahm er Nicholas in einen absolut kühlen Blick gefangen. Ohne großartige weitere Gesten begangen sie sich zu umkreisen. Der ältere steckte seine Waffe weg und griff seinerseits zu einem langen Messer aus der Innentasche seiner Jacke. Wutentbrannt stierte Antonin ihn an. "Du hast hier Landminen ausgelegt!", fauchte er und warf für den Bruchteil einer Sekunde einen Blick über das Gelände. Nicholas grinste nur ein wölfisches Lächeln und zum ersten Mal bemerkte der jüngere den leicht wahnsinnigen Blick. Es war nicht so wie es bei Klinger war, denn der ältere war keineswegs einfach Irre. Er war ein Fanatiker, der bereit war für die Verwirklichung seiner Aufgabe alles zu tun. Alles, das in dessen Augen nötig wäre. "Dafür hast du ganz schön lange gebraucht", kicherte Nicholas. "Ich habe sie aktiviert als die Geisel außer Reichweite war. Deine Lebensretter können ruhig kommen…" Jener Sarkasmus traf Antonin hart und mit einem weiteren Aufschrei ging er auf den anderen los. Was nun folgte war kein Denken mehr, kein vorrausschauendes Handeln. Dieser Kampf war auf Seiten Antonins rein auf den Instinkt und auf Training basierend. Die Klingen durch die Luft gleiten lassend, tretend und wenn sie sich zu nahe kamen auch rangelnd versuchte einer dem anderen eine möglichst fatale Wunde zuzufügen. Wobei es Antonin in diesem Moment nur noch darum ging, diesen Mistkerl zu erledigen, um an die Mechanik zu gelangen. Er würde einen Teufel tun, um Cole wegen einer beschissenen Landmine draufgehen zu lassen! Doch das war einfacher gedacht als getan. Nicholas war nicht umsonst ein Ausbilder und Vollprofi und schien es darauf anzulegen, ihn zu ermüden, ihn in einer Sekunde der Unachtsamkeit zu erwischen. Aber noch sollte es nicht soweit sein, noch gab Antonin ihm Paroli, nicht mit der Wimper zuckend, als es hinter ihnen immer wieder mal zu Schusswechseln zu kommen schien. Er konnte nicht wissen, dass seine ehemaligen Ausbilder zuerst jemanden ausgeschaltet hatten, bevor sie selbst in einen Hinterhalt gerieten und nach einem lebensgefährlichen und auch ausdauernden Katz und Mausspiel mit stetigem Schusswechsel ihren ältesten Kameraden verloren hatten. Somit galt es noch zwei stromernde Russen und Nicholas selbst zu bewältigen. Nicholas, der nicht nur mit Landminen für seine eigene Sicherheit gesorgt hatte, sondern Antonin im Notfall nur irgendwie in sein Fahrzeug bekommen müsste, um weit genug in den eingefallenen Tunnel fahren zu können. Weiter drinnen gab es nämlich eine Stelle, die in den Fluss mündete. Dort befand sich ein motorgetriebenes Schlauchbot, das sie tiefer in die Stadt und gegebenenfalls auch in die Kanalisation beförder könnte. Doch soweit war es im Moment nicht, denn für einen von ihnen ging es gerade um Leben und Tod, während der andere nur unschädlich gemacht werden sollte. Im Fall der Fälle, mit so vielen Schmerzen wie nur möglich, was nicht schlecht gelang, denn der Schnitt über Antonins Stirn blutete beständig und würde dessen Sicht bald trüben, denn es sich wegwischen war gerade unmöglich in dem tödlichen Tanz, den sie führten. Cole Die Hitze der Sonne schien sich am Boden zu stauen und somit den hellen staubigen Boden wie eine Kochplatte erscheinen. Es war ungewöhnlich heiß für einen Septembertag. Doch die Sonne schien diesen Sommer Überstunden machen zu wollen und schien erbarmungslos auf sie herab. In der Ferne hörte man die typischen Geräusche eines nahegelegenen Hafens. Cole spürte, dass alles in ihm angespannt war, während er die Mauer entlang schlich. Sein Atem war so flach wie möglich, seine Ohren lauschten auf jedes Geräusch. Er wusste, dass dieses 'Spiel' hier eine bedeutende Nummer zu groß für ihn war. Doch er verließ sich auf Ethan und seine Leute. Und er verließ sich auf seine Intuition - er musste sich darauf verlassen. Ein leises Klopfen in seinem Ohr signalisierte ihm, dass Ragnar anrief, mit geübten Fingern schaltete er ihn parallel. "Cole", sprach dieser leise. "Ich habe einen Überblick über Satellit, ich sehe allerdings nur undeutlich, wer zu wem gehört, aber ich weiß, wer du bist. Ich warne dich, wenn sich dir etwas in den Weg stellt. Drei von Ethans Leuten müssten gleich auf zwei der anderen treffen. Die anderen drei scheinen sich noch nicht bemerkt zu haben. Du stehst relativ allein. Ethan ist in etwa auf 10 Uhr von dir aus gesehen, die anderen auf 4 Uhr. Ich melde mich wieder." Cole war dankbar dafür, dass Ragnar einfach wusste, was er tat. Mit ihm zusammenzuarbeiten war einfach nur angenehm. Und es beruhigte Cole ungemein, ihn bei sich zu wissen, zu wissen, dass er ein Auge auf ihn hatte. Cole zuckte zusammen, als er mit einem Mal Schüsse hörte. Er konnte nun gut ordnen, wo Ethan sich befinden musste. Offensichtlich waren sie in dieser einen Halle, die unweit von ihm stand. Cole blickte vorsichtig über die Mauer, peilte die Lage, dann rannte er leise und geduckt los, war mit einigen wenigen Sätzen auf einen Container geklettert und zog sich von dort aus auf das Dach der Halle, wo er sich abrollte und hinter einem Erker in Deckung ging. Kurz blickte er sich um, in die Richtung, in der die Zwei wohl mit einem von Nicholas Leuten auskommen müssten. Er sah niemanden. Dafür hörte er unter sich wieder Schüsse. Als es wieder still war meldete sich Ethan. "Einer Verlust, einer ausgeschaltet. Einer in Richtung Hauptziel wieder unterwegs. Er flieht, der Feigling. Ihm ist die Munition ausgegangen." Cole runzelte die Stirn. "Das ist eine Falle, passt auf euch auf. Diese Leute fliehen eigentlich nicht. Ragnar sieht uns via Satellit zu. Ich melde euch, wenn ich weiß, was der Typ vor hat." Damit schwiegen sie wieder. Cole schlich sich über das Dach, als Ragnar anklopfte. "Einer der Typen ist hinter dem Schrott Haufen in Deckung gegangen. Er scheint nachzuladen und zu warten. Irgendwas hat er vor, aber ich weiß nicht was." Cole teilte Ethan mit, was er erfahren hat, während er nun von seiner Position aus ideal auf den weiten Platz blicken konnte. Die Sicht auf Antonin und Nicholas war ihm noch versperrt, allerdings ahnte er nun, weshalb jener Mann hinter den Schrotthaufen verschwunden war. Von dort aus, konnte er viel überblicken, ohne selbst gesehen zu werden. Und für Coles Vorhaben näher an Antonin heranzukommen, war das wenig förderlich. "Er kann von dort aus wirklich alles überblicken, ich kann euch aber Rückendeckung geben, wenn ihr rechts und links vorbei wolltet." Ethan bestätigte und kurz darauf, lenkte Cole jenen Mann hinter dem Schrotthaufen erfolgreich mit einer Salve aus seiner Automatischen. Anschließend machte er sich auf den Weg, um über einen kleinen Umweg weiter nördlich an den anderen vorbei zu kommen. Doch er war gerade vom Dach heruntergeglitten, als eine Explosion ihn von den Füßen hob und er unsanft sich gegen eine Wand gedrückt wiederfand. Augenblicklich hörte er Ragnars Klopfen. "Eine Mine, ist ein richtiger Krater, war zwischen dem Gebäude und dem Schrotthaufen. Ich ahne, dass da noch mehr sind. Ich habe mich vorhin schon gewundert, weshalb so regelmäßige Strukturen am Boden zu erkennen sind. Von Oben sieht man das noch, sicher aber nicht vom Boden aus." Damit war er schon wieder weg. "Ethan?" Jener meldete sich. "Keine Sorge, sind zwar vom Schutt getroffen, aber noch wohlauf. Der Typ ist selbst reingelaufen, als er auf mich zukam... Die scheinen sich ja gegenseitig nicht wirklich zu vertrauen." "Ragnar sagt, dass da noch mehr sind, zieht euch in einem weiten Bogen zurück und helft südlich den beiden anderen, sie scheinen den einen noch nicht gefunden zu haben. Wenn sich was Neues ergibt, dann geb ich dir bescheid." Cole schlich weiter, mit einem Mal spürend, wie die Panik, die er krampfhaft versuchte zu unterdrücken, beständig an ihm nagte, um Einlass bettelte, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Er hatte eine Scheißangst, eine verdammte Scheißangst. Aber sein Ziel war bedeutender. Er musste Antonin helfen. Und wer war er dann, wenn er seinen Gefühlen nachgab? Er atmete tief durch und betrachtete den Boden vor sich. Selbst wenn hier vor kurzem gegraben worden wäre, so hatte die Sonne die Erde bereits wieder eingebleicht. Letztlich war es nur Glück. Ragnar klopfte erneut an. "Die beiden sind auf den einen Gestoßen. Ethan scheint auch bald dort zu sein. Sie laufen in einem weiten Bogen, ihnen sollten keine Minen begegnen. Aber vor dir sind einige. Du solltest dich weiter links halten und um den einen Baum einen weiten Bogen machen, dann kommst du zum Fluss und kannst dich Nicholas von hinten nähern." "Danke", flüsterte Cole und tat, wie ihm geheißen. Er sollte sich langsam aber sicher beeilen. Er durfte nicht riskieren, dass Nicholas irgendwie davon kam. "Ist die Straße, die du gekommen bist, eigentlich auch vermint?", fragte er Ragnar, was jener bestätigte. "Er wird sie erst hinterher eingeschaltet haben. Ich vermute er wollte sein Kumpel auslöschen und dich beseitigen. Was Ersteres allerdings für Sinn macht, ist mir schleierhaft. Du bist übrigens nun in minenfreiem Gebiet. Der Akku vom Laptop wird schwächer. Ich hoffe er hält es durch. Ansonsten verlasse ich mich auf deine Anrufe." Cole antwortete nicht. Er sah gerade, dass er den wirklich besten Weg gewählt hatte. Nur noch wenige Meter bis zu einem Vorsprung, der ihm genügend Schutz geben würde. "Hier ist Ethan, wir haben noch einen Verlust gehabt, aber ansonsten waren wir erfolgreich. Danke für die Herausforderung. Sollen wir dir bei dem Typen helfen?" Cole überlegte einen Moment. "Bleibt bei Ragnar. Ich weiß noch nicht, ob ich eure Hilfe noch einmal brauche. Aber danke!" Er lächelte müde. Er würde sie wohl nicht mehr in Anspruch nehmen, aber er wollte Ragnar sicher wissen. Er unterbrach die Verbindung und nahm den Stöpsel aus dem Ohr, um ihn in die Jackentasche zu stecken. Dann brachte er die letzten Meter hinter sich. Von der guten Position aus konnte er verfolgen, was Antonin und Nicholas gerade taten. und er würde es nicht weit haben, um bei ihnen zu sein. Kurz atmete er durch, wartend auf den richtigen Moment. Antonin Antonin zuckte zusammen als er die Explosion vernahm und selbst hier glaubte er die Erde kurz unter sich schwanken zu fühlen. Oh Gott! Oh verfluchter Gott! Was wenn es Cole erwischt hatte? Eine Sekunde Unachtsamkeit, die Nicholas sofort für sich nutzte, sich in Antonins Reichweite begab, dessen Handgelenk ergriff und er mit einer schnellen Handbewegung herumdrehte. Aufkeuchend widerstand er dem fast schneidenden Schmerz nur schwer und versuchte mit der anderen Klinge nach seinem Angreifer zu schlagen. Was darin endete, dass jener sein Messer fallen ließ und auch diese Hand blockte und ergriff. So standen sie sich, beide schwer atmend gegenüber. Antonin komplett geblockt und zudem unter den Schmerzen der verdrehten Hand, wobei Nicholas gerade auch keine weiteren Angriffsmöglichkeiten mehr blieben. Doch das bräuchte jener auch gar nicht, denn das dickflüssige Blut aus seiner Stirn troff Antonin inzwischen über die Augenbrauen, zog ihre Linie an der Nase entlang, über seine Augenlider. "Ich frage mich, ob du blind kämpfen kannst, Schüler", murmelte Nicholas und es schürte eine weitere Emotion im jüngeren. Wie erbärmlich er doch gerade war... Fast am Ende seiner Kräfte, geschafft von der trockenen Luft, schwitzend in der brennenden Sonne und ohne wirkliche Kondition. Und doch... noch bestand die Chance, dass Cole noch lebte. Sie war gering, aber sie war vorhanden. Es hatte schon ein paar Minuten keine Schusswechsel mehr gegeben, soviel hatte er mitbekommen, obwohl er nicht wirklich darauf achten konnte. Aber was wenn? Was wenn Cole tatsächlich nicht mehr lebte? Abermals loderte die kleine Flamme in seinem Inneren auf. Gewann mehr und mehr an Größe, bis jenes Gefühl sich bis in seine Fingerspitzen ausgebreitet hatte. Blut vermischte sich mit Tränenflüssigkeit und verdarb ihm die Sicht. Sein Atem ging stoßweise und trotzdem… trotzdem würde er nicht so aufgeben. Es gab keinen Grund so zu kämpfen, dass er es überleben würde. Nicht mehr. Nicht mehr ohne Cole. "Ich kann es", murmelte er, blinzelte und versuchte Nicholas Augen auszumachen. "Ich kann es... ICH KANN ES, DU VERDAMMTER HURENBOCK!", brüllte er schließlich und streckte mit aller Kraft und Gewalt beide Arme zur Seite. Soweit er konnte, um Nicholas und seinen Körper zusammen zu bringen. Mit aller Macht ließ er seinen Kopf auf den des anderen krachen, was zwar den schmerzenden Griff lockerte, aber ihn kurzzeitig vor explodierendem Schmerz in seinem Kopf schwarz vor Augen werden ließ. Doch auch der ältere Russe taumelte zurück, zumindest bevor er sich bückte. Offensichtlich, um das Messer wieder aufzuheben. Antonin, nun auch nur noch mit einer Klinge bewaffnet versuchte wieder einen ruhigen Stand zu bekommen, sein rasendes Herz zu ignorieren und trotz stark verschwommener Sicht wenigstens einen kleinen Überblick zu behalten. "Übertreib es nicht, Marakow! Ich befehle dir zu stoppen!", keifte der ältere plötzlich und Antonin spürte wie ein Ruck durch seinen Körper ging. Es war nicht, weil er es wollte oder musste, aber was man jahrelang bei einer bestimmten Tonart tat, das war nicht so einfach wieder aus dem Organismus zu bekommen. Er hörte den zufriedenen Laut seines ehemaligen besten Freundes und riss sich selbst aus dieser Lethargie. Mit einer lange einstudierten Handbewegung löste er das Lederband von seiner Klinge und warf sie rein nach Gefühl mit aller Kraft, davon selbst zurücktaumelnd müssend. Er konnte nicht mehr... Antonin konnte einfach nicht mehr. Das dumpf pochende Gefühl, Cole durch seine eigene Dummheit für immer verloren zu haben, überschwemmte ihn und selbst Nicholas Schmerzlaut konnte ihn nicht mehr davon ablenken. Es war im Grunde alles so sinnlos. Einen gequälten Laut von sich gebend, rieb er sich schließlich doch über die Augen und versuchte wieder einen klaren Blick zu bekommen. Und obwohl alles in ihm danach schrie, dem Mann seine Innereien herauszureißen, ging er in die Knie. Sein Körper wollte einfach nicht mehr. Zu häufig waren seine Muskeln überdehnt worden, zu anstrengend war der Kampf in der brütenden Hitze gewesen für seinen doch noch untrainierten Körper. Zu stark war das Übelkeitsgefühl von den Magentritten und zu übermächtig wurden die Kopfschmerzen. Ja, Antonin Marakow war an seine Grenzen gestoßen. An Grenzen, die noch nicht an dieser Stelle stehen sollten, aber es ganz offensichtlich taten. "Erklär mir warum", forderte er schließlich, abermals Blut von der Stirn wischend. Auch seine Seite und einer der Oberarme wiesen Schnittwunden auf, doch jene waren nicht weiter wichtig. "Sag mir warum!" Nicholas, der sich inzwischen wieder gefangen und auf ihn zugetreten war, hielt sich ebenfalls die Seite, ohne die darin befindliche Klinge heraus zu ziehen. "Es war ein Befehl Antonin. Du bist der einzige, der die Drogenbehandlung überlebt hat. Der einzige, den man gleichzeitig zu 100 und 0 Prozent unter Kontrolle hat." Er hörte sich selbst auflachen, doch es endete in einem fast erstickt wirkenden Keuchen. Inzwischen brannte sogar seine Lunge. "Es war also alles gelogen? Wirklich alles?" "Vielleicht nicht immer, aber im Grunde bist du ein Projekt. Ja", bestätigte Nicholas und trat auf den Knienden zu, um ihn am Kinn zu umfassen und das Gesicht zu heben. "Unsere Beziehung zueinander wird aus deiner Sicht wieder wie früher werden. Wir müssen dich nur neu einstellen." "Wenn das ein Versuch sein soll, mich zu beschwichtigen, dann läuft er ganz schön schief...", höhnte Antonin jedoch mit leiser, kraftloser Stimme. "Du solltest mich lieber töten, Ausbilder Milenkof", fuhr er fort, mit einer Hand unauffällig in den trockenen Staub greifend. "Denn ohne meine Seele werde ich nur noch überleben bis ich dich getötet habe, bis ich dich von der Welt radiert habe, bis ich jedes noch so kleine Andenken an dich aus meinem Leben getilgt habe. Und dann werde ich ihm folgen... ins nächste Leben. Ich habe es ihm versprochen." Ohne eine Vorwarnung warf er dem anderen den Staub ins Gesicht und versuchte aufzustehen. Was sich leider nicht so leicht gestaltete, wenn einem die Gliedmaßen nicht mehr recht gehorchen wollten. "Ich habe ihm gesagt: 'In diesem und im nächsten Leben.' Meine Seele gehört schon lange nicht mehr mir. Das hast du nur noch nicht begriffen..." Cole Cole blickte über die Mauer und sah aber die beiden miteinander kämpfenden Männer nur teilweise, denn er befand sich im Sichtschatten des Autos. Doch was er sah, reichte ihm. Cole schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Letztlich hatte er nur eines gesehen: Einen völlig am Ende seiner Kräfte seienden Antonin, der sich bis aufs Blut wehrte, und einen Nicholas, dessen Blick er nicht einzuordnen vermochte. Er zog seinen Revolver aus dem Halfter und entsicherte ihn. Mit dieser Waffe war er einfach am sichersten. Eines war ihm klar, er musste schnell handeln und Antonin helfen. Allerdings hatte er in diesem Moment schlechte Karten. Nicholas hielt Antonin in einem harten Griff und im Moment würde er wohl eher Antonin gefährden, als ihm eine Hilfe zu sein. Als er sah, wie sich Antonin aufbäumte, machte er sich schon zum Sprung bereit, doch im nächsten Moment erstarrte er, als er Antonin erst erstarren, sich dann aus der Erstarrung lösen und schließlich schier zusammenbrechen sah. Aber immerhin schaffte jener es noch, Nicholas mit einem Messer zu verletzen, ihn damit zu treffen. Cole erwachte aus seiner Erstarrung, sich selbst scheltend, dass Antonin doch seine Hilfe bräuchte, dass er jetzt keine Zeit hatte, hier lange zu zögern. Und so spurtete er geduckt los, das Auto als Schutz nehmend und sich dahinter verbergend. Er musste noch kurz abwarten. 'Halte durch, Antonin, ich bin gleich bei dir', dachte er und schloss erneut die Augen, um zu lauschen. Und dabei hörte er die Begründung, die Nicholas Antonin für sein Handeln gab, er hörte das Angebot und er hörte die Antwort Antonins. Hass, blanker Hass erfüllte ihn und ließ ihn alles andere vergessen. Er wollte Nicholas töten, ihn einfach nur noch sterben sehen, aber er hatte darüber letztlich nicht das Sagen. Letztlich musste Antonin entscheiden, was geschehen sollte. Als er die Antwort Antonins hörte öffnete er die Augen und dann musste er mit einem Mal lächeln, musste über diese Worte seines Freundes einfach nur lächeln. Und mit diesem Lächeln kam ein unglaubliches Gefühl von Stolz in sein Bewusstsein. Stolz auf Antonin, den Kämpfer, der sich nicht unterkriegen ließ, der an dem festhielt, was ihm wichtig war. Und stolz darauf, dass er sich als der Glückliche bezeichnen durfte, der das Herz dieses Menschen besaß. Doch er sollte jetzt mehr denn je nicht in diesem Glücksgefühl verweilen, sondern handeln. Er linste durch die Scheiben des Autos und sah in dem Moment, wie Antonin den Dreck in Nicholas Gesicht schmiss. Nun, jetzt durfte er nicht mehr warten. Er drehte sich zur Seite weg, seinen Revolver mit beiden Händen umfassend, stand auf und ging die wenigen großen Schritte, bis er freies Schussfeld hatte, und ohne zu zögern schoss er dem Russen, der zu seiner Waffe gegriffen hatte, ins Knie. Nicholas schrie auf, sackte in sich zusammen und ließ die gezogene Waffe fallen. Cole überwand die wenigen Schritte zu dieser und trat sie mit dem Fuß weg, Nicholas den Revolver an den Kopf haltend. "Keine falsche Bewegung, Arschloch", zischte er Nicholas zu und blickte dann zu Antonin. Das blutüberströmte Gesicht des anderen, seine Schnittwunden, seine Erschöpfung ließ seinen Magen verkrampfen. Dieser Blick, diese zerrütteten Augen, die ganze Erscheinung des anderen war so grauenhaft für ihn. Es ließ ihn fast wahnsinnig werden. "Hey, Sonnenschein", begrüßte er ihn sich zusammenreißend, nicht sofort zu ihm zu stürzen, um ihn zu umarmen. Er durfte jetzt Nicholas nicht unterschätzen. Und er durfte sich seiner Sorge um Antonin nicht hingeben. "Ich denke wir müssen nicht bis zum jenseits warten, damit wir uns wiedersehen." Er lächelte matt, konzentrierte sich dann wieder auf Nicholas, damit dieser keine Dummheiten machte. "Du musst mir nur sagen, was wir mit ihm hier machen sollen." Er kniete sich leicht. Noch immer den Revolver an den Kopf des anderen haltend, begann er diesem die Jacke abzunehmen und sie neben Antonin hinzuwerfen, Nicholas weiter nach Waffen durchsuchend, um sie ihm gegebenenfalls abzunehmen. Antonin Den Schuss hörend, ließ er die Bemühungen sein, wieder auf die Beine zu kommen und betrachtete die verschwommene Gestalt des älteren Russen. Hörte wie er aufjaulte, hörte den dumpfen Laut der erzeugt wurde, als dieser ebenfalls in die Knie ging. Sich abermals über die brennenden und tränenden Augen reibend, glaubte er zuerst, sich zu täuschen. Ein Wunschbild zu sehen. Doch dieses Wunschbild konnte sprechen. In der gleichen geliebten Stimme, die Cole sein eigen nannte. Und diese Traumfigur hatte gerade Nicholas bewältigt und zu Fall gebracht. Entweder war er also Tod, im Delirium oder sein Ziel - sein geliebter Partner - lebte tatsächlich noch und rettete ihm gerade das Leben. Und es musste so sein, wenn er schon seinen Kosenamen hörte. Da fiel ihm ein, dass er Ragnar den Kopf waschen sollte, wenn es noch soweit kommen sollte. Der Name sollte nur aus Coles Mund kommen. Es sollte diesen immer und überall für Antonin eindeutig erkennbar machen. Er strahlte schließlich nur durch und für diesen Mann, und scheinbar müsste das Jenseits tatsächlich noch ein Weilchen auf sie beide warten. "Cole...", nur dieses eine Wort, aber Antonin kam es vor, als hätte er noch nie so viele Gefühle durch vier kleine Buchstaben ausgedrückt. Noch immer konnte er nicht klar sehen, noch immer war ihm, als würde er gleich in eine Ohnmacht gleiten, und doch war in diesem einen Wort alles zu hören. Seine Dankbarkeit, seine Erleichterung - seine Liebe zu diesem Mann. Zu diesem unvergleichbaren Menschen. Doch dieser Gefühlsüberlauf müsste warten, genau wie so viele andere Dinge und Bedürfnisse gerade warten mussten. Er sollte bestimmen was mit Nicholas passierte? Das war seltsam, denn obwohl der gleiche Hass, Zorn und auch Verlust noch in aller Intensität gegen seine sowieso geschwächten Mauern krachte, fragte er sich, ob er dessen Leben wirklich auslöschen wollte. Mit nicht wenig Kraftaufwand kam er wieder auf die Beine, zwar schwankend, aber immerhin stand er. Sich den Pullover mühsam über den Kopf ziehend, wischte er sich mit dem Stoff das Blut, den Schweiß und auch die Tränen aus dem Gesicht und hielt die Augen eine Weile geschlossen, bevor er sie vorsichtig öffnete und tatsächlich ein wenig klarer sah. Allerdings war es nicht der kniende und inzwischen seiner Waffen beraubte Nicholas, der seinen Blick anzog, sondern Cole. Jede Einzelheit in sich aufsaugend wie ein trockener Schwamm, überrollte ihn eine weitere Welle schier unendlicher Dankbarkeit dafür, diesen Mann an seiner Seite zu wissen. Auch wenn ihm dessen Augen gerade nicht so sehr zusagten. Auch wenn er nicht wollte, was Cole dabei war zu tun, wenn er nur so viel wie ein Kopfnicken von sich geben würde. Diese Seele hatte schon in jüngsten Jahren fast zu viel mitgemacht. Antonin würde seine eigenen Morde nicht auch noch in das sowieso schon schwere Bündel des anderen legen. Vorsichtig trat er näher, bis er genau vor Nicholas stand, schlussendlich doch dessen Blick suchend. Ein Blick, der erwidert wurde. Ruhig, irgendwie akzeptierend. Und es dämmerte Antonin, dass jener Mann vielleicht ein ähnliches Opfer wie er selbst war, dass er zu etwas gemacht worden war, für das er nicht gedacht war. Sein eben noch ein wenig rigider Ausdruck wurde fast sanft, als er die Hand hob und sie an die Wange des älteren Russen legte. Er schluckte trocken und benetzte seine Lippen - erfolglos. "Ich werde diese Verantwortung übernehmen, Bruder. Nicht für dich, sondern für sie und mich", murmelte er und glaubte Erleichterung aufblitzen zu sehen, bevor die Augen des anderen wieder ruhig und fast unlesbar wurden. Ein Nicken wurde angedeutet. "Sie sind beide abgesichert. Sag ihnen, dass ich sie immer geliebt habe", erwiderte Nicholas, bevor sich die Augen ein letztes Mal schlossen. Abermals musste Antonin schlucken, um den Kloß aus seinem Hals zu bekommen. Und wieder blieb es ein erfolgloses Unterfangen. "Sie werden es wissen", bestätigte er mit fast brechender Stimme, bevor er Cole mit einer Handbewegung andeutete die Waffe zurück zu ziehen. Kaum hatte jener das, wenn auch zögerlich getan, zuckten Antonins Hände nach vorne, um Nicholas Kopf zu umfassen, und kurz darauf gab es ein ekelhaft knackendes Geräusch. Vorsichtig, ein letztes Mal über das kurze Haar des Mannes streichelnd zog er sie zurück und sah dabei zu, wie der Tote zur Seite hin wegkippte und in den Staub fiel. Und wieder wurde Antonins Sicht getrübt, doch diesmal waren es keine Tränen der Verzweiflung, sondern vielmehr der Erleichterung, das hinter sich zu wissen. Endlich gelöst zu sein, auch wenn ihn dieser Betrug – vor allem da er so wahnsinnig tief ging - noch lange verfolgen würde. Fast ein wenig hilfesuchend… nein sehr deutlich hilfesuchend wandte er sich an Cole und fand sich innerhalb von Sekunden in einer unglaublich festen Umarmung wieder. "Ich wollte dich nicht hintergehen, Cole", flüsterte er, sehr wohl merkend, dass er sich nun wo das letzte bisschen Adrenalin aus seinen Adern verschwand kaum noch auf den Beinen halten konnte. "Aber ich brauche dich. Ich brauche dich so sehr und wenn du gestorben wärst...", Antonin konnte diesen Satz nicht einmal beenden. All diese aufgestauten Gefühle drohten ihn gerade zu überwältigen und alles was er tun konnte, war sich in Coles Kleidung zu verkrallen und sich zu versichern, dass er lebte. Dass sie beide lebten. Immernoch. Cole Cole sah, dass Nicholas nach seinen Worten Antonin fixierte, flehend. Und in ihm kam die Galle hoch. Wie konnte dieser Mann es wagen, Antonin am Ende noch um sein Leben zu bitten? Würde er ihn anflehen, ihn am Leben zu lassen? Würde er sich am Ende noch dafür entschuldigen, Antonin der Hölle ausgesetzt zu haben? Cole war versucht, gleich abzudrücken, doch er riss sich zusammen, blickte zu seinem Freund, der sich gerade schwankend aufgerichtet hatte und nun an seine Seite trat. In Coles Augen lag etwas Furioses. Als Antonin neben ihn getreten war, änderte sich jedoch Nicholas Blick, er wurde ruhiger, wurde akzeptierend. Coles Stirn runzelte sich. Konnte es sein, dass Nicholas wirklich bereit war zu sterben, dass er aber einfach nur durch Antonins Hand sterben wollte? Und tatsächlich schien Antonin vor ihm begriffen zu haben, was Nicholas wollte. Cole ließ die Waffe sinken, nicht wissend, ob er es wirklich sehen wollte, wie Antonin einen Menschen umbrachte. Und so wandte er seinen Blick ab. Wer wohl mit 'sie' gemeint war? Die Organisation? Sicher nicht. Für die würde Antonin nicht... Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen, dass damit Tayra und Tamara gemeint waren. Coles Augen blickten zu Boden. Langsam begriff er, wie emotional das ganze hier eigentlich war. Wie furchtbar das alles für Antonin sein musste. Er hatte vorher nie bewusst nachempfunden, was dieser 'Verrat' von Nicholas für Antonin bedeutete. Aber langsam aber sicher wurde ihm das immer bewusster. Antonin war ein wesentlich wärmerer, liebenderer Mensch als er. Er schluckte und fragte sich einmal mehr, womit er einen solchen Menschen an seiner Seite verdient hatte. Cole zuckte zusammen, als er das Knacken hörte, und wendete den Blick sofort wieder Antonin zu, der ihn mit einer anderen Art von Flehen ansah. Augenblicklich trat er einen Schritt an seinen Freund heran, zog diesen in seine Arme und gab ihm den Halt, den er ihm geben musste. Cole atmete tief durch, strich Antonin sacht über den Rücken und ärgerte sich irgendwie über seine Schutzweste, die einen engeren Kontakt nicht möglich machte. Er lauschte den Worten, spürte den erschöpften Körper in seinen Armen und die Welle aus ihm unbekannten Gefühlen schien ihn zu erdrücken. Wieso hatte er gerade das Gefühl, weinen zu wollen. Auch wenn, er schluckte hart, zwang sich die emporkriechenden Tränen zurückzuhalten und löste sich nur soweit von Antonin, dass er ihn ansehen konnte. "Du musst dich nicht entschuldigen, du hast mich nicht hintergangen. Zumindest nicht so richtig, schließlich hattest du einen Plan, in den du mich ruhig vorher hättest einweihen können. Aber dank deiner übertriebenen Abschiedsworte wusste ich ja, wohin der Hase läuft." Er versuchte zu lächeln. Dann küsste er Antonin sanft. "Und ich würde dir bis in die Hölle folgen, um dich zu mir zurück zu holen." Er hob die Hand und strich Antonin sanft über die Wange. Seine Augen waren wieder wärmer geworden, ruhten nun in den Augen des anderen. "Du siehst ziemlich Scheiße aus", sagte er mit einem Mal und nickte zu seinen Worten. Schließlich musste er grinsen. "Komm, da warten ein paar Leute auf uns, die wissen wollen, ob wir noch leben." Vorsichtig entließ er Antonin aus seinen Händen. "Kannst du die Minen entschärfen? Ich rufe Ragnar an, dass er uns abholen soll." Cole wartete bis Antonin ihm grünes Licht gab, dann zückte er sein Handy und sah, dass jener bereits dreimal angerufen hatte. "Kannst du uns abholen?", fragte er und legte dann wieder auf. Kurz darauf rief Ethan an. "Ethan? - Ist gut... Wir sehen uns." Cole blickte Antonin an. "Ragnar kommt. Die anderen machen sich vom Acker." Kurz schwieg er. "Was machen wir mit Nicholas? Wir sollten seiner Familie einen Ort geben, an dem sie Abschied nehmen können..." Wenige Augenblicke später kam Ragnar mit dem Falcon zu ihnen. Kapitel 97: Das Danach ---------------------- Antonin Er erwiderte Coles Blick, als jener sich ein wenig von ihm löste und nickte zuerst nur. "Sie waren nicht übertrieben", murmelte er dann ein wenig stur. Immerhin hätte es sein können, dass es seine letzten Worte an den anderen gewesen wären und damit sollte es schon etwas mit Aussagekraft und Wahrheitsgehalt sein. Der Kuss, den er erhielt, kam ihm vor wie süßer Wein. Wie Nektar aus einer lebensspendenden Blume. Fast unhörbar seufzte Antonin, als die Lippen des anderen sich wieder lösten. "Ich finde das hier repräsentiert die Hölle schon ganz gut", murrte er, fand jedoch keine Kraft mehr in sich, das leichte Grinsen zu erwidern und auf diese wohl entspannende Spielerei einzugehen. So konnte er abermals nur nicken als Cole ihn losließ und warf dem Toten einen prüfenden Blick zu, bevor er zu dessen Fahrzeug wankte und den dort liegenden Rucksack schnell erkannte. In diesem musste er nicht sehr lange herumwühlen, bis er das Gerät in den Händen hielt. Es war sogar zusätzlich mit einem Timer versehen. Abermals seufzend entschärfte er die Minen und gab Cole zu verstehen, dass es erledigt war. Bis sein Freund ihn wieder direkt ansprach, stand er einfach da, mit dem Rucksack in der Hand und starrte ins Nichts. Ein Ort zum Abschied nehmen? Ohne weiter darüber nachzudenken oder auf das bald darauf heranfahrende Fahrzeug zu achten, ging er zur Leiche - nein, zu Nicholas und ließ sich neben diesem im Schneidersitz nieder. Wie sollte er Tayra und Tamara die Möglichkeit geben, Abschied zu nehmen? Damit müsste er die Leiche übergeben und es würden Fragen auftauchen. Unangenehme Fragen. Aber die Leiche einfach so verschwinden lassen konnte er auch nicht. Wie grausam wäre das? Der Familie immer ein wenig Hoffnung zurück zu lassen, nur um sie Jahr für Jahr wieder zu enttäuschen? Nein, das ginge auch nicht. Ohne weiter darüber nachzudenken, streckte er die Hand nach Nicholas aus, die Linien in dessen Gesicht nachzeichnend nur um dann ein wenig erschrocken zurück zu zucken als dessen Kopf sich bei der Berührung sofort drehte. Es gab keinen Widerstand mehr, der das verhindern würde. Kurz blinzelte Antonin, dieses Schreckensbild in sich aufnehmend als ob es eine Fotografie wäre, bevor er aufkeuchte und sich aufrappelte. Mehr blind als sehend, stolperte er hinter Nicholas Fahrzeug und übergab sich. Oh Gott... er hatte Nicholas getötet. Antonin hatte Nicholas ermordet. Mit seinen eigenen gottverdammten Händen! Er trug nicht nur die volle Schuld, sondern auch die komplette Verantwortung für die zurückbleibende Familie. Eine Familie, die er ab jetzt und bis in alle Ewigkeit anlügen würde müssen. Eine Tochter, die ihren Vater vergötterte, und eine Frau, die ihren Mann nicht nur geliebt, sondern auch bis über alle Maßen vertraut hatte. Eine Frau, die den Mörder ihres Mannes für ihr restliches Leben als besten Freund ansehen würde. Wie sollte er mit so einer Schuld leben? Wie konnte er mit so einer Schuld leben? Ein letztes Mal musste er sich jetzt zusammenreißen. Er war doch angeblich so stark, richtig? Sich lasch über den Mund wischend, spuckte er aus und richtete sich wieder auf. "Wir werfen ihn in den Fluss und hoffen, dass er bald herausgefischt wird", war seine Entscheidung. Ja. Er könnte jetzt einfach nicht erklären, warum er ebenfalls Schnittwunden besaß. Jene sollten heilen, bevor Tayra nach Hause kam, bevor die Leiche gefunden werden würde. Antonin nickte und trat vorsichtig wieder näher. "Die anderen aber nicht. Die müssen wir...", und von einer Sekunde auf die andere war es als hätte jemand das Licht ausgemacht. Ohne weiteren Schwindel, ohne Übelkeitsgefühl, klappte er mitten im Satz zusammen und fiel in eine inzwischen sogar ersehnte Ohnmacht. Cole Sorgen gruben sich in seinen Magen, unglaubliche Sorgen. Cole betrachtete, wie Antonin neben Nicholas saß und diesen berührte, wie seine Augen sich vor Schreck weiteten und schließlich wie Antonin sich aufrappelte, um sich zu übergeben. Seine Augen schlossen sich einen Moment, nicht wissen, was er tun sollte. Er spürte, dass er erneut vollkommen überfordert war. Er ahnte, dass Antonin sich erst in diesem Moment wirklich seiner Tat bewusst geworden war. Er ahnte, dass dem anderen gerade erst klar wurde, was wirklich geschehen war, und vor allem, welche Konsequenzen sein Handeln hatte. Und dass Antonin nun völlig am Ende war, war ihm mehr als bewusst. Er blickte Ragnar kurz entgegen und trat dann näher an Antonin heran, um in seiner Nähe zu sein, wenn er seine Nähe brauchte. Doch als Antonin sich wieder fing und aussprach, was er dachte, blickte er ihn überrascht an. Ob Antonin überhaupt schon einmal eine Leiche hatte selbst entsorgen müssen? Ob er jemals wirklich in dieser Situation gewesen war? Cole schüttelte leicht den Kopf. Ihm war bewusst, in welcher Zwickmühle sich Antonin befinden musste, aber umso wichtiger war es, dass sie jetzt einen wirklichen Plan hatten. Sie mussten Spuren beseitigen, mussten Vorkehrungen treffen und eine neue Geschichte darum weben, die auch Tayra und Tamara irgendwann begreifen würden. Doch noch bevor Cole etwas dazu sagen konnte, fiel ihm Antonin schon entgegen. Aus einem Reflex heraus fing er Antonin auf, ging allerdings mit ihm zu Boden, das Gewicht des anderen nicht wirklich standhaltend. "Ragnar", rief er, hörend, wie jener gerade den Motor ausstellte und nun zu ihm geeilt kam. "Wir müssen ihn in den Wagen hieven..." Sie ließen ihren Worten Taten folgen, dann dachte Cole krampfhaft nach. "Wir müssen die Leichen verschwinden lassen und Nicholas einen anderen Tod verpassen. Aber zuerst muss ich Antonin versorgen. Er ist vollkommen am Ende." Ragnars ruhiger Blick tat ihm gut. "Ich ruf Kieran an. Er wird uns helfen. Den Rest erledige ich dann. Kümmer du dich um Antonin." Cole nickte. "Weißt du wo die anderen Körper liegen?", fragte er noch und erhielt die Information, dass Ethan sie bereits zu ihm gebracht hatte, zumindest das, was von den ursprünglich einmal drei Männern noch übrig war. Cole nickte und dachte nach. "Lasst die drei Russen komplett verschwinden, Nicholas darf nicht von der Polizei gefunden werden. Er hat an sich zu viele Spuren von Antonin. Es muss anders..." Cole stutzte. Ihm kam gerade eine Idee. Und diese teilte er Ragnar mit, bevor er sich in den Falcon setzte und Antonin zu sich nach Hause fuhr. Es war etwas mühselig, den anderen in seine Wohnung zu verfrachten, wo er ihn entkleidete, wusch und schließlich die Wunden versorgte, die Hämatome einschmierte, ihm Wasser einflößte und sich schließlich selbst duschen ging, um auch ein wenig herunter zu kommen. Als er aus der Dusche kam, erhielt er von Ragnar eine SMS, dass alles erledigt sei. Es war mittlerweile früher Abend. Cole legte sich zu Antonin ins Bett und kuschelte sich an ihn, doch er schaffte es nicht die Augen zu schließen. Die Bilder des Tages tauchten immer wieder auf, und dieses furchbare Geräusch eines brechenden Genicks verfolgte ihn eisig. Er würde für Antonin da sein müssen, denn jener würde sich furchtbare Schuldzuweisungen machen, auch wenn Nicholas Blick zum Schluss wirklich eine Bitte gewesen war. Und er würde sich wahnsinnige Vorwürfe machen, einer Familie den Vater genommen zu haben. Allerdings hatte er wirklich eine Wahl gehabt? Hätte Antonin irgendwie anders handeln können? Cole wusste es nicht. Letztlich nicht, außer er wäre freiwillig mit dem anderen mit nach Russland gegangen, etwas, das außer Frage gestanden hatte. Ragnar Ragnar fluchte leise. "Wieso geht der Idiot nicht mehr ran?" Er stellte den Laptop neben sich auf den Beifahrersitz und warf ihm einen letzten bösen Blick zu. Jenes Mistgerät war ausgegangen. Offenbar war der Akku zu stark gebraucht worden. Unruhig blickte er Ethan an, als endlich sein Handy läutete und er hastig ran ging. "Ist gut", bestätigte er und war furchtbar erleichtert, Coles Stimme zu hören. Offensichtlich war es beendet. Mehr interessierte ihn momentan nicht. Er bekam am Rande mit, wie Ethan Cole noch einmal kurz anrief, während er sich überlegte, ob er die Leichen hier lassen sollte. Er verabschiedete sich von Ethan und dankte ihm, dann fuhr er zu Cole und Antonin. Er konnte nur ahnen, was hier geschehen war. Wer wohl Nicholas letztlich umgebracht hatte? Irgendwie hoffte er, dass es Cole gewesen war. Nicht, weil er es ihm irgendwie wünschte, sondern weil er glaubte, dass Cole besser damit umgehen könnte, weil er einfach mehr Abstand zu Nicholas hatte. Allerdings war es aber nicht sicher, inwieweit das ihre Beziehung dann belasten würde. Es war schwierig. Als er ausstieg, hatte er schon gesehen, dass Antonin umgefallen war. Und damit war ihm letztlich klar, wer den Russen umgebracht hatte. Ragnar half Cole, dann besprachen sie ihr Vorgehen. Als er den Wagen des anderen nicht mehr sah, rief er Kieran an, der sich sofort auf den Weg zu einem gemeinsamen Treffpunkt machte. Keiran war in ihrer Organisation so etwas, wie der 'Aufräumer'. Er hatte ihnen nicht selten letztlich schon den Arsch gerettet. Während er auf den anderen wartete, lud er Nicholas in den Kofferraum, fuhr dann zu Coles Wagen, in den er die Leiche des anderen verfrachtete, bevor er zu den anderen Leichen ging, und diese im Nicholas Wagen verstaute. Bis Kieran kam, hatte er die persönlichen Gegenstände der Männer bereits entwendet. Kieran fuhr nun die Leichen zu einem abgelegenen Ort fahren, wo er sie mit Salzsäure komplett verschwinden ließ. Nichts würde man von ihnen wiederfinden können. Den Wagen ließ er ebenfalls verschwinden. Ragnar hingegen fuhr Nicholas zu Kieran nach Hause, wo er auf jenen wartete. Keiran würde dafür sorgen, dass nichts darauf hindeutete, dass Nicholas mit Antonin gekämpft hatte. Kaum hatte er diesem den Körper übergeben, zückte er die Tüte mit Medikamenten, um sie zu nehmen. Dann ging er auf die Veranda um zu rauchen. Kieran war ein seltsamer, verschrobener Mensch, der aber durch seine Genialität zu Geld kam. Sein Hobby war seltsam, aber er machte den Job einfach gut. Während Ragnar in der Abendsonne saß und über den Tag nachdachte, fiel ihm auf, wie wunderbar er begonnen hatte und wie beschissen er endete. Kurzentschlossen griff er zu seinem Handy. Hey Nathan! Ich hatte einen beschissenen Tag, obwohl er so vielversprechend begonnen hatte. Hättest du vielleicht Zeit mir etwas auf deinem Flügel vorzuspielen? Ich würde mich sehr freuen. Kuss, Ragnar ------------------------------------------------------- Als Kieran Nicholas später so in einem Waldstück unweit von New York hinlegte, dass es aussah, als sei er einfach nur gestürzt, und in den einen danebenstehenden Baum eines der Messer der Russen schlug, ließ er es indirekt so aussehen, als sei hier Rache verübt worden. Er hatte Nicholas zurechtgemacht, hatte alle Spuren von ihm beseitigt und erst am neuen 'Tatort' dafür gesorgt, dass dort wieder neue, zum ‚Tatort‘ passende Spuren auftauchten. Die Polizei würde sicher draufkommen, dass er gereinigt worden war, aber es würde ihnen dennoch nichts helfen. Auch die Abdrücke, die Hämatome, die der Kampf mit sich gebracht hatten, würden der Polizei auffallen. Und ob er allen Sand aus den Augen hatte entfernen können, war fraglich. Dennoch hatte er gute Arbeit geleistet. Er wusste, was er tat. Kieran hatte früher in der Forensik gearbeitet. Er wusste, worauf geschaut werden würde. Dass er dort entlassen worden war, hatte er seiner Familie zu verdanken. Und die Art und Weise, wie es geschehen war, ließ ihn nun gegen die Staatsmacht arbeiten. Vorsichtig schlich er sich später auf dem Schrottplatz zu dem leicht eingestürzten Haus und hinterließ dort den Pass des einen Russen, der eine ähnliche Handspanne hatte, wie die des eigentlichen Mörders, und weitere Spuren, die im Notfall dafür sorgen würden, dass die Polizei sich in diese Richtung orientieren würde. Mehr konnte er nicht tun. Kapitel 98: Lebenslügen und schwere Lasten ------------------------------------------ Nathan Kurz hatte Nathan Ragnar noch nachgesehen, bevor er seufzend zu seinem 'Termin' gefahren war. Wirklich, er liebte seine Eltern, aber warum mussten sie immer so kurzfristig nach New York kommen und dann ganz vehement danach verlangen ihn zu sehen? Ausgerechnet an einem Sonntag? Aber dafür war er eigentlich sehr gut gelaunt, denn schließlich hatte er eine unglaublich schöne und auch intensive Nacht hinter sich. Er fand Ragnar inzwischen nicht nur interessant, sondern vielmehr faszinierend und konnte sich durchaus vorstellen, dass sich daraus etwas Tiefergehendes entwickeln könnte. Nein, eigentlich setzte er sogar vielmehr darauf, denn dieser schöne Mann wuchs ihm schnell ans Herz. Vor allem dessen Art mit ihm herum zu plänkeln und die Begeisterung, die in den tollen dunklen Augen leuchtete, wenn sie sich über etwas unterhielten, das Ragnar interessierte, gefiel Nathan besonders. Er würde sich bald mal wieder bei ihm melden, soviel stand fest. Das Essen mit seinen Eltern verlief wie immer sehr entspannt und in ruhiger Atmosphäre. Sie erkundigten sich nach seinem Geschäft, erzählten ihm von Filmen, die das Studio seines Vaters produzierte und auch über den Rest der doch recht weit verzweigten Familie gab es einiges zu hören. Was daran lag, dass sie nicht sehr häufig zusammenkamen seitdem Nathan selbstständig geworden war. Er flog nicht so gern zurück nach Hollywood und seine Eltern fanden New York nicht besonders anziehend. Was ihm in der einen Stadt fast erschlug, fehlte jenen in der anderen. Trotzdem zogen sie selbst in diesem piekfeinen Restaurant sämtliche Blicke auf sich. Nun, Ragnar scherzte nicht wenn er behauptete, sein Auftreten und Organisationstalent in die Wiege gelegt bekommen zu haben. Seine Mutter war in ihren jungen Jahren eine ziemlich erfolgreiche Schauspielerin gewesen, die nach wie vor durch ihre natürliche Schönheit glänzte, während die Gestalt seines Vaters einfach nur beeindruckend und auch beherrschend wirkte. Abgesehen von der Größe und dem leicht dominant angehauchten Auftreten, war ihm der Rest seines Aussehens von seiner Mutter gegeben worden. Gerade die unglaublich hellen Augen und die makellose Haut. Das Organisationstalent kam von seinem Vater, der sich von klein auf bis an die Spitze gekämpft hatte. Im Grunde könnte Nathan sich zurücklehnen, sich von vorne bis hinten bedienen lassen und eines Tages einmal mehr Geld erben als ein normaler Mensch ausgeben könnte. Doch das war nunmal nicht sein Stil, etwas das seine beiden Eltern mit nicht wenig Stolz erfüllte. Abgesehen von dem kurzen Bruch, den seine Homosexualität herbeigeführt hatte, gab es bei ihnen noch nie Schwierigkeiten und auch jene waren schnell überwunden worden. Er war ein Wunschkind und im Grunde liebten sie ihn beide, so wie er war. Egal wen er liebte, solange er nur liebte. Robin hatten sie nach kurzen Anlaufschwierigkeiten auch sehr bald ins Herz geschlossen. Nach diesem Treffen zog Nathan sich auf seine Couch zurück und gönnte sich ein Glas Wein, bevor er sich einen seiner unzähligen Walt Disney Filme aus seiner Sammlung hervorzog und in den DVD-Player legte. Das tat er zumindest bis Ragnars SMS ankam. Ohne groß darüber nachzudenken sendete er diesem seine Antwort: Meine Höhle steht dir weit offen, Mogli. Vielleicht können wir deinen schwarzen Tag zumindest in einen hellgrauen verwandeln und der Flügel steht bereit, um seine Dienste zu erfüllen. - Komm einfach her und lass dich ein bisschen von mir verwöhnen. Antonin Antonin seufzte leise und schmiegte sich enger an Cole, diesen fast schwebenden Zustand noch eine Weile beibehalten wollend. Doch irgendwann ging ihm auf, dass scheinbar jeder Muskel in seinem Körper über etwas zu protestieren schien. Ganz besonders im Bauchbereich. Und noch während er sich langsam durch seine Müdigkeit kämpfte, fiel ihm wieder ein, was passiert war, was er getan hatte. Und noch schlimmer, was er noch tun müsste. Ruckartig öffnete er die Augen, sich tatsächlich Cole gegenüber wiederfindend. In ihrem Schlafzimmer. Moment.. ihrem? Und so gern sich Antonin mit so scheinbar unsinnigen Fragen beschäftigen wollte, so war ihm selbst jetzt mehr als bewusst, dass es nur eine Verdrängungstaktik wäre. Tief durchatmend schloss er seine Augen wieder und blieb ruhig liegen, einfach eine Weile auf den gleichmäßigen Atem des anderen Mannes lauschend. Scheinbar wurde ihm eine Konstante in seinem Leben immer direkt durch eine anderer ersetzt. Seine Mutter durch Nicholas. Nicholas durch Cole. Es blieb nur zu hoffen, dass es keine weiteren Ersetzungen mehr geben würde, denn noch eine würde er nicht überstehen. Heh… es war fraglich ob er diese so einfach überstehen würde. Nicht nur hatte er zum zweiten Mal in seinem Leben mit seinen bloßen Händen ein anderes Leben ausgelöscht, es war mit jemandem passiert, von dem er gedacht hätte, ihn zu 100 Prozent immer an seiner Seite zu wissen. Es war mit einem Menschen passiert, der eine Familie zurückließ, die sich schon vorher immer auf ihn verlassen hatte. Er selbst hatte mit einer einzigen Handbewegung ein glückliches Familienleben in tausende von Scherben zerschmettert. Antonin fühlte sich wie ein Monster. Ein Monster, das man vielleicht lieber wegsperren und den Schlüssel zur Zelle wegwerfen sollte. Wie konnte jemand wie er, wirklich die Gefühle von jemandem wie Cole verdienen? Wie war jemand wie er so etwas wirklich wert? Jegliche Zuneigung, Zärtlichkeiten und Gefühle für ihn waren doch sowieso sinnlos. Es endete bisher immer in unglaublich viel Schmerz für denjenigen oder diejenigen. Oder wie man nun sah, sogar mit dem Tod. Vorsichtig entwand er sich Cole und stand auf, um ins Bad zu gehen. Dort angekommen blickte er in den Spiegel, über den Schnitt an seiner Stirn streichelnd, sich selbst in die Augen blickend. Man würde es ihm wirklich nicht ansehen... nein, man sah es ihm nicht an. Niemand konnte sehen, wieviel Unglück und Verderben alleine seine Anwesenheit verbreitete. Obwohl er offenbar gewaschen und versorgt worden war, sehnte er sich nach einer Dusche. Doch der gesunde Menschenverstand sprach dagegen und wer wäre er schon, wenn er nicht wenigstens hin und wieder ein wenig davon zeigen könnte? Er schlich sich zurück ins Schlafzimmer, sich eine Jogginghose von Cole grabschend und überziehend, bevor er zur Kühlschrank ging. Ursprünglich hatte er heute vorgehabt für sie beide zu kochen und irgendwie sprach ihn der Gedanke alleine schon sehr an. Es war Ablenkung und eine Tätigkeit, die ihn schon häufiger beruhigt hatte. So machte er sich daran, sich die Zutaten zurecht zu legen, das Gemüse zu waschen und es bereit zum Schneiden auf ein Brett zu geben. Sich ein Messer ergreifend, hielt er inne und starrte wie hypnotisiert auf die Klinge. Es wäre so leicht... und doch wäre es der feigste Weg aus allem heraus. Und Antonin war vieles, aber nicht feige. Es gab trotz all seiner Bedenken Menschen, die ihn brauchten. Menschen, die er brauchte. Und... war jetzt nicht eigentlich auch alles vorbei? Er würde weiterhin auf Cole aufpassen - haha, hier lachte ihn sein Unterbewusstsein aus vollem Hals heraus aus -, sich um Tayra und Tamara kümmern, sein Labor aufbauen und einfach vor sich hinleben können. Oder? Konnte er das wirklich? Stirnrunzelnd fing er mit langsamen Bewegungen an, das Gemüse klein zu schneiden. Vielleicht. Vielleicht könnte er es. Es klang zumindest verlockend. Jetzt noch. Doch was war, wenn er Tayra wirklich gegenüberstehen musste? Konnte er wirklich verbergen, dass er der Mörder ihres Mannes war? Konnte er das? Schwer schluckend legte er das Messer beiseite und machte sich wieder auf den Weg zum Schlafzimmer, am Bett stehenbleibend und auf Cole herabsehend. Und alleine diesen Mann zu sehen beruhigte ihn und seine aufgewühlten Gedanken wieder. Und auch wenn es ihm - schon wieder - nicht so vorkam als würde er so schnell wieder auf eigenen Beinen stehen können, so ahnte er doch, was für ein unglaublicher Glückspilz er war. Irgendwann in seinem Leben hatte er einmal etwas richtig gemacht und dadurch nicht nur einen Menschen an seiner Seite, der ihm wichtiger als die Luft zum atmen war, sonder der jemanden darstellte, der immer ein sicherer Hafen sein würde. Der immer ein Ausgangspunkt sein würde, wenn er zurückstürzte in die Schwärze, die in ihm schlummerte und sich momentan zum Angriff bereit machte. Er war nicht alleine. Ragnar Mit einem seltsamen Gefühl betrat Ragnar seine Wohnung. Doch er achtete nicht weiter auf das Gefühl. Die Freude, gleich zu Nathan zu fahren, in seine Parallelwelt abzutauchen, war so groß, dass er keine Zeit hatte darüber nachzudenken, ob der Vorfall von heute etwas an seinem Wohlfühl-Gefühl in der Wohnung verändert hatte. Zielstrebig ging er ins Bad, streifte sich noch auf dem Weg dorthin die Kleider vom Körper und eilte sich unter der Dusche, um den ganzen Schweiß, den Schmutz wegzubekommen. Dann ging er ins Schlafzimmer und zog sich eine alte Jeans und ein schlichtes Achselshirt an. Es waren eher bequeme Sachen, aber er mochte sie einfach. Und er hatte keine rechte Lust sich irgendwie mehr in Schale zu werfen. Er wollte einfach nur raus aus diesem Tag und ein wenig Seelenbalsam bekommen. Schnell packte er sich seine Tabletten für morgen früh ein und blickte sich noch einmal kurz in dem absoluten Chaos um, das er hinterließ, bevor er Coles Wagenschlüssel nahm und bald darauf auf dem Weg zu jenem Haus war, das für ihn irgendwie zu einem Rückzugsort zu werden schien. Aber allein der Gedanke, gleich Nathan zu sehen und alles andere vergessen zu können, tat ihm unglaublich gut. Er parkte den Vantage gegenüber des Hauses und beschloss morgen früh den Wagen durch die Innen- und Außenreinigung zu jagen. Dann stieg er aus und ging über die Straße. Er hatte die Antwort-SMS vor eineinhalb Stunden bekomme und Nathan geantwortet, dass er wohl noch eine Stunde brauchen würde. Gut, er war ein wenig drüber, aber er hoffte, dass Nathan deswegen nicht sauer sein würde. Als er klingelte fiel ihm auf, dass er mit gar nichts kam. Er kam letztlich nur, um zu nehmen, nicht um zu geben und irgendwie irritierte es ihn, es ärgerte ihn, dass er so verdammt selbstsüchtig gerade war. Nun, wenn es sich ergeben würde, würde er Nathan einfach bald mal zu irgendetwas einladen, oder ihm irgendeine andere Aufmerksamkeit zukommen lassen... Als ihm die Tür geöffnet wurde stieg er in den Aufzug und mit einem Mal spürte er wieder dieses kindliche Bauchkribbeln, die berüchtigten Schmetterlinge. Er lächelte über sich selbst, aber es war ein trauriges Lächeln. Wie konnte er so kindisch sein, nach dem, was er heute erlebt hatte? Das öffnen der Fahrstuhltür ließ ihn erschrocken aus seinen Gedanken hochfahren. Wenn Nathan nicht in der Tür gestanden hätte, hätte er wohl genau in diesem Moment beschlossen, wieder zu gehen. Aber als er Nathan erblickte, wusste er, dass er es nun nicht mehr konnte. Zögernd trat er aus dem Fahrstuhl und trat auf Nathan zu. "Ich hoffe ich mache dir nicht zu viele Umstände, es war eine blöde Idee, dich zu stören. Und ich habe nicht einmal daran gedacht, dir irgendetwas mitzubringen. Es tut mir leid." Die schönen Augen des anderen zogen seine heute wohl sehr dunklen Augen fest auf sich. Wie konnte man nur so unglaublich schöne Augen haben? War das überhaupt erlaubt? Ihm war heute im Laufe des Tages, als er mit Nicholas unterwegs gewesen war, kurz der Gedanke gekommen, dass Nicholas ihm ja auch hier hätte auflauern können, oder irgendwie anders im Beisein von Nathan bei ihm auftauchen können. Ob er jemals wollte, dass dieser schöne, in einer relativ heilen Welt lebende Mensch wusste, was sein eigentliches Leben ausmachte? Was er getan hatte? Womit er sein Geld verdiente? Was würde er dazu sagen? Würde er ihn nicht sofort rausschmeißen, die Polizei verständigen, ihn bis an sein Lebensende hassen? Eine Reaktion, die er nur zu gut verstehen könnte. Cole Es hatte nicht sehr lange gedauert, bis Cole eingeschlafen war. Er war einfach nur fix und fertig, so sehr, dass er sich das selbst sogar eingestand. Das heute war sehr heftig gewesen, heftiger, als so einiges, was er in seinem Leben schon erlebt hatte. Und mit dem wenigen Schlaf der vergangenen Nacht gerechnet war es kein Wunder, dass er schnell einschlief. Letztlich war das alles eine Nummer zu groß für ihn, so fühlte es sich zumindest an. Er hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen würde, denn er wusste, dass es noch kein Ende hatte. Es würde abzuwarten bleiben, wie Antonin damit umgehen würde. Und es würde abzuwarten bleiben, welches Nachspiel die Aktion noch haben würde. Es war für ihn nicht abzusehen, was geschehen würde. Und dieses Gefühl machte ihm Angst. Er wusste gerne, was auf ihn zukam. Doch das belastete ihn gerade jetzt, als er schlief nur geringfügig. Im Moment wollte er einfach nur seiner Erschöpfung nachgeben. Und diese war so groß, dass er nichts mehr mitbekam. Er merkte nicht, wie Antonin aufwachte, merkte nicht, wie jener aufstand, hörte nicht, wie jener in der Küche herumfuhrwerkte. Und er merkte nicht, wie Antonin neben ihm stand und auf ihn herabblickte. Dafür glitt er in einen unruhiger werdenden Schlaf. Bilder des Tages verfolgten ihn darin, Bilder aus der Vergangenheit. Bilder, die er so schnell nicht vergessen konnte, Bilder die er dachte schon längst vergessen zu haben. Und es war sein Handy, das ihn aus seinem schrecklichen Traum herauszog, als eben jener Klingelton ertönte, den er heute sicher nicht gerne hören wollte. Erschrocken blickte er sich um, blickte zu Antonin auf und lächelte unwillkürlich. Dann rieb er sich mit den Händen über das Gesicht, um Antonin noch einmal anzusehen. "Du bist wieder wach", stellte er mehr fest, als dass er fragte, und schlug die Decke zurück, um aufzustehen. Sein Kreislauf war noch nicht wirklich da, was ihn kurz schwanken ließ. Wann hatte er eigentlich das letzte Mal etwas gegessen? Gestern? Wahrscheinlich. Sanft blickte in die sturmgrauen Augen, dann küsste er den anderen sanft. Costello würde er auch später noch zurückrufen können. Unschlüssig blickte er Antonin an. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. "Ich brauch dringend was zu trinken", murmelte er und wandte sich ab, um in die Küche zu gehen. Sein Blick glitt kurz über das von Antonin geschnittene Gemüse. Ob jener etwas hatte kochen wollen? Hatte er sich ablenken wollen, damit er nicht darüber nachdenken musste, was heute geschehen war? Cole nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und spürte, dass er sich scheute eine entscheidende Frage zu stellen. Er setzte die Flasche an und trank in langen Zügen, die Augen schließend, versuchend, sich zu entspannen. Schließlich drehte er sich wieder zu Antonin, stellte die Falsche auf die Anrichte. Wenn er nicht stark war, wie sollte es denn dann Antonin sein? Und so ging er zu ihm, und umarmte ihn sanft. Einen Moment wiegte er den anderen einfach nur sanft in seiner Umarmung hin und her, selbst diese Nähe gerade einfach brauchend, dann löste er sich leicht und küsste Antonin in die Halsbeuge, bevor er sich von ihm löste und ihn ansah. "Wie geht es dir?", fragte er nun endlich. Nathan Nathan hörte sich diesen Schwachsinn gerade lange genug an, um Ragnar fertig sprechen zu lassen, bevor er diesen vorsichtig an der Hand ergriff und zu sich in die Wohnung zog. Die Tür hinter ihnen schließend, ging er dem Gefühl in sich nach und umarmte diesen unfassbar unsicheren Mann. Einen Arm locker um dessen Hüfte legend, hob er die andere und streichelte ihm sanft durch die Haare bevor es eine Art des Nackenkraulens wurde. "Du Dummkopf", murmelte er und lehnte seinen Kopf gegen den des anderen. "Du hast genügend mitgebracht, um dich ein bisschen von mir verwöhnen zu lassen: Dich selbst. Das ist vollkommen ausreichend und ich möchte nicht, dass du dich dafür noch einmal entschuldigst." Er löste sich weit genug, um Ragnar ins Gesicht blicken zu können. Nathans Ausdruck war sanft und ein leises Stimmchen flüsterte ihm zu, dass Ragnar jetzt ein bisschen Zärtlichkeit gut gebrauchen könnte. Und was für ein Glück für sie beide, denn er war nur zu gern bereit jene großzügig zu vergeben. Er beugte sich vor, um Ragnar einen sanften Kuss zu geben und lächelte schließlich. "Dazu kommt, dass du mir keine Umstände machst. Welche denn auch? Habe in wenig Vertrauen in deine Anziehungskraft auf mich, Mogli", murmelte er und löste sich schließlich ganz von dem anderen, jedoch ohne dessen Hand loszulassen. Er selbst hatte sich nicht mehr wirklich in Schale geworfen, sondern trug nur seine bequeme Schlabberhose für zuhause und ein ziemlich weites, schwarzes T-Shirt. Nathan genierte sich nicht vor Ragnar. Wer wusste, wie er nackt aussah, der konnte auch wissen, wie er aussah, wenn er nicht mehr mit Besuch rechnete. Oder zumindest nicht mehr mit Besuch, für den er nach etwas Wichtigem aussehen musste. Im Wohnzimmer angekommen zog er Ragnar zu sich auf die Couch zwischen seine Beine, den anderen sofort wieder umarmend. Es lief leise Klassik im Hintergrund, da er seinen Film ausgeschalten hatte. Eine Weile schwieg er einfach nur, dem anderen immer wieder zärtliche Berührungen zukommen lassend, bis er das Gefühl bekam, dass dieser sich tatsächlich begann zu entspannen. "Ich weiß, du hast dir gewünscht, dass ich für dich spiele, aber es wäre mir lieber das erst zu tun, wenn ich das Gefühl habe, dass es dir schon ein wenig besser geht", erklärte er schließlich leise und sah zu der Weinflasche, die auf dem Tisch stand. "Willst du etwas trinken oder essen?", fragte er dann doch, bevor er Ragnar ein paar Küsse auf den schönen Nacken gab und leicht Luft dagegen hauchte. "Ich könnte dir sogar ein Schaumbad anbieten. Zwar habe ich selbst die Massagefunktion noch nicht genutzt, aber sie soll nicht schlecht sein", flüsterte er gegen die warme Haut und lockerte seine Umarmung ein wenig. Antonin Antonin warf einen bösen Blick in die Richtung aus der das Klingeln kam. Zum einen, weil es ihn in seiner Betrachtung von Cole unterbrach, und zum anderen, weil er inzwischen sehr genau ahnte, wem dieser Klingelton gehörte. Es kostete ihn ein wenig Überwindungskraft wieder zu seinem Freund zu blicken, doch er erwiderte dessen Lächeln fast automatisch. Es freute ihn, jenen lächeln sehen zu können. Genau wie es ihn die letzten Minuten gefreut hatte, ihm einfach beim Schlafen und Atmen zuzusehen. Antonin wünschte sich, dass nicht nur das lange anhalten würde, sondern dass er auch nochmal das fröhliche Funkeln in den so geliebten grünen Augen sehen dürfte. Genau wie das seltene aber dafür umso anziehendere Lachen, das er noch häufiger hören wollte. Er nickte auf die Feststellung hin und beobachtete Cole, wie jener wohl ein wenig zu schnell aufstand und sogar kurz wankte. Der Tag hatte ihnen beiden viel abverlangt und es bereitete Antonin fast körperliche Schmerzen, den anderen schon wieder so zu sehen. Schon wieder wegen ihm. Doch der sanfte Blick lenkte ihn von diesen Gedanken ab und der sanfte Kuss brach direkt durch einige Wälle, von denen er keine Ahnung gehabt hatte, sie überhaupt aufgezogen zu haben. Das hier war Cole, verdammt! Er müsste sich nicht verstellen... Dem anderen nachsehend, hob er eine Hand und stieß ein wenig frustriert Luft aus, während er sich durch seine Haare fuhr. Irgendwie fühlte sich die Situation gerade sehr seltsam an, oder lag das vielleicht an ihm? Ein wenig unsicher folgte er Cole ein paar Schritte weit, blieb dann jedoch stehen. Wie mussten das geschnittene Gemüse und die anderen Zutaten wohl gerade auf diesen wirken? Vermutlich konnte jener sich schon denken was er getan hatte. Zumindest bis er nicht mehr alleine mit einem Messer in der Küche stehen wollte. Als sein Freund auf ihn zukam, nachdem er getrunken hatte, sah er diesen zwischen Unsicherheit und unzähligen unausgesprochenen Fragen schwankend an. Die Umarmung tat gut. Sogar sehr gut. Wie von selbst hob er seine Arme und lehnte sich an den anderen. Erlaubte sich selbst den kurzen Luxus, sich in seinem freien Fall auffangen zu lassen und sich sicher fühlen zu können. Ja, die Nähe fühlte sich so fantastisch an. Ebenso wie der Kuss auf seiner Haut ein angenehmes Kribbeln auslöste. Doch der prüfende, fragenden Blick Coles und die dazu auftauchende Frage ließ ihn wieder erstarren. Innerlich wie äußerlich. Bis er sich zumindest äußerlich wieder lockerte, schweigend in sich hineinhorchte, ohne den Blickkontakt zu diesen doch ein wenig aufgewühlt wirkenden smaragdgrünen Augen zu unterbrechen. Er musste sich räuspern eher er antworten konnte: "Ich weiß es nicht genau..", flüsterte er und musste stark gegen das Bedürfnis ankämpfen, seine Augen nicht doch zu schließen. Unbewusst ließ er seine Hand über den Rücken des anderen streicheln. Ihnen damit wohl beiden ein wenig Halt gebend. Vor allem aber wohl gierig wie er wohl war, sich selbst. "Ein bisschen wie ein Monster, glaube ich", versuchte er seine Gedanken in Worte zu fassen. "Schmutzig irgendwie. Es fühlt sich an, als hätte ich kein Recht auf positive Gefühle. Da ist Schuld, aber auch Erleichterung. Ich habe dir vorher beim Schlafen zugesehen und da war nur Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass du noch lebst. Ich weiß nicht... Es ist schwer zu erklären, aber ich werde schon damit fertig vermute ich. Früher oder später wird es aufhören weh zu tun und ich werde wieder damit aufhören können, mich selbst zu verabscheuen." Damit war er schon wieder ehrlicher gewesen als er gewollt hatte. Aber im Großen und Ganzen hatte er es noch so harmlos wie möglich ausgedrückt. Ja, er würde sich selbst nicht erlauben komplett abzustürzen, denn er bekam das Gefühl, dass er diesmal nicht alleine unten aufkommen würde. Und niemals, absolut niemals würde er Cole freiwillig mit nach unten ziehen. Ragnar Ragnar atmete tief durch und lehnte sich leicht gegen Nathan, als er in die erste Umarmung gezogen wurde. Er musste an sich halten, den anderen nicht heftig zu umarmen, nicht seine Finger in dessen T-Shirt zu krallen, um sicher zu gehen, dass jener nicht mehr von ihm weichen würde. Als jener sich ein wenig löste und ihn ansah, spürte Ragnar wieder zu deutlich diese unglaublichen Schmetterlinge. Seit wann war er eigentlich so unglaublich ausgehungert nach Zärtlichkeiten? Er musste leicht lächeln bei dem Gedanken. Seitdem er sich damit herumschlug, Menschen zu töten? Drogen zu vertickern? Bandenkriege zu führen? Waffen zu handeln? Seit immer also? Ode sagen wir seit 15 Jahren? Ragnar schüttelte leicht den Kopf, um den Sarkasmus zu vertreiben. Er war doch jetzt hier. Und hier würde er die Parallelwelt weglassen. Hier würde er einfach nur ein normaler junger Mann sein, einfach nur ein stinknormaler Mann. Auch die folgenden Worte des anderen brachten ihn weiter zum Lächeln. Wie schaffte es Nathan eigentlich, immer die richtigen Worte zu wählen? Sanft erwiderte er den ersehnten Kuss und ließ sich dann gerne mit ins Wohnzimmer nehmen, gerne mit aufs Sofa ziehen. Er lehnte sich gegen den anderen, schloss die Augen und genoss die Zärtlichkeiten, die ihm Nathan zuteilwerden ließ. "Hm...", seufzte er die Augen geschlossen haltend. Und langsam spürte er, wie er sich mehr und mehr entspannte. Sein Kopf glitt leicht zur Seite, um dem anderen mehr Platz zu bieten, während seine Finger begannen, mit der Hand des anderen herumzuspielen, sie zu streicheln. Als Nathan wieder das Sprechen begann öffnete er die Augen, führte die Hand an seinen Mund und küsste sie sanft, in seiner Position ja nicht an das Gesicht des anderen herankommend. und wieder berührten ihn die Worte des anderen tief in ihm. War er so leicht zu durchschauen? Oder war Nathan nur so ein unglaublich feinfühliger Beobachter? Sanft drehte er sich in der Umarmung und blickte Nathan warm an. Langsam wurden seine Augen auch wieder heller. Sacht küsste er den anderen. "Weißt du eigentlich, wie unglaublich wunderbar du bist?", wisperte er leise, ohne auf die Fragen des anderen zu antworten. Er lächelte und spürte, dass er nun doch verlegen wurde. "Ich würde gerne etwas trinken. Und eine Kleinigkeit zu essen wäre auch nicht schlecht. Ich habe seit dem Frühstück keine Zeit mehr dazu gehabt. Und was das Schaumbad betrifft, so habe ich grade erst geduscht. Aber ich werde es mir in jedem Fall merken und komme ein andermal darauf zurück." Er lächelte den anderen an und küsste ihn erneut. Dann stand er auf, wissend, dass sie wohl jetzt aufstehen würden, um in die Küche zu gehen. "Ich glaube, irgendwann muss ich mal für dich einkaufen gehen. Ich esse dir die Haare vom Kopf. Oder ich lade dich zum Essen ein oder so...", überlegte er auf dem Weg in die Küche. "Du solltest aufpassen, dass ich deine Liebenswürdigkeit nicht zu sehr ausnutze und mich bei dir durchfüttern lasse. Ich achte viel zu wenig auf meine Ernährung, obwohl mir der Arzt rät, besonders wegen der Medikation darauf zu achten." Er hatte sich an einen der Stühle gelehnt, die an der Theke beim Herd standen und sah Nathan zu, wie er etwas für sie aus dem Kühlschrank zauberte. Ja, dieser Mann war einfach nur wunderbar. In jeder nur erdenklichen Art und Weise. Ob er irgendwelche Kanten hatte? Irgendwelche Ecken, an denen er sich noch stoßen würde? Er war gespannt, sehr gespannt darauf. Denn egal was es wäre, es wäre sicher nichts Vergleichbares mit dem, was er noch mit sich herumtrug. Cole Cole spürte eine unglaubliche Erleichterung, als er Antonins ehrliche Worte vernahm. Es beruhigte ihn unglaublich, dass er wirklich aufrichtig zu ihm war, dass er nichts wirklich beschönigte, dass er nichts leugnete, dass er sich nicht von ihm zurückzog, dass er ihm nicht irgendwelche Ausflüchte auftischte. Sanft küsste er den anderen erneut. "Ich kann gut nachvollziehen, dass du dich wie ein 'Monster' fühlst, oder auch schmutzig. Aber du solltest bei deiner Selbstbetrachtung auch den anderen Blick nicht vergessen. Den Blick von außen, der sowohl deine Tat betrachtet, als auch die Taten der anderen: meine, Nicholas, die der anderen Männer, die dir das Leben zur Hölle gemacht haben. Und dann ist deine Tat auch schon wieder relativiert. Und du darfst noch einen Blick nicht vergessen: Was wäre gewesen, wenn du ihm seinen Wunsch nicht erfüllt hättest? Wie wäre es dann weitergegangen? Wäre dann nicht Russland gekommen und hätte ihn eliminiert? Wäre dann nicht auch Tayra unter Umständen in die Schusslinie geraten? Ich habe keine Ahnung, es ist nur das, was ich vermute, aber du solltest nicht nur darüber nachdenken, was du getan hast, sondern auch das Drumherum betrachten, die Umstände, die Vorgeschichte." Cole atmete tief ein. "Und wenn du mir etwas anderes erzählen möchtest, als dass er dich angefleht hat, das zu tun, dann werde ich dir nicht glauben. Denn seine Augen waren eindeutig gewesen. Mehr als eindeutig." Cole hob die Hand und strich Antonin sanft über die Wange. "Du hattest keine Alternative." Er küsste Antonin erneut und genoss die streichelnde Hand an seinem Rücken. "Und nicht du wirst damit fertig, sondern wir, ok?" Er lächelte den anderen an. "Und jetzt muss ich etwas essen, sonst kippe ich heute doch noch um, und wenn ich es recht gesehen habe, dann hast du schon begonnen, etwas zu kochen." Cole war bewusst, dass damit das Thema noch lange nicht gegessen war, aber er hoffte, dass Antonin klar war, dass er sich jederzeit auf ihn verlassen konnte. Er wollte mit ihm zusammen solche Dinge klären, nicht ausgeschlossen werden. "Ich werde kurz telefonieren, dann bin ich gleich bei dir.“ Sacht löste er sich von Antonin und ging zu seinem Handy, dass er zum Laden an die Steckdose angeschlossen hatte. Nun ging er damit auf den Balkon, rief Costello zurück. Jener hatte ihn heute sprechen wollen. Doch Cole konnte ihn überzeugen, dass das auch bis morgen Zeit hatte. Er spürte das offene Misstrauen, das ihm jener entgegenbrachte, aber das war ihm heute vollkommen egal. Costello konnte ihn mal, wenn es um Antonin ging. Kurz rief er noch Ragnar an, der aber offenbar gerade nicht wirklich reden wollte und ihm nur mitteilte, dass sich Kieran um das Problem gekümmert habe. Nun, wenn er mehr wissen musste, würde er diesen anrufen, aber nicht jetzt. Als er zu Antonin in die Küche zurückkehrte, war dieser wieder am Werkeln. Er lehnte sich an den Herd und betrachtete seinen Freund eine Weile. "Sag mir, womit ich dir helfen kann", sagte er schließlich. Nathan Nur zu gern ließ er sich von Ragnar küssen, grinste dann jedoch schelmisch. "Ja, hin und wieder wurde mir das durchaus schon gesagt. Wobei es aus deinen Mund natürlich mehr Gewicht für mich erhält", zog er den anderen auf und nickte dann nur. Wenn Ragnar etwas wollte, müsste er eigentlich nur fragen, aber das bekäme dieser schon mit der Zeit mit. Nach dem zweiten Kuss erhob er sich ebenfalls und lachte dann belustigt. "Du müsstest dich in ein schwarzes Loch verwandeln, um mir wirklich die Haare vom Kopf zu essen, aber wenn es dich besser fühlen lässt, habe ich gar kein Problem damit, mich zum Essen einladen zu lassen. Nur mit dem Einkaufen wird es problematisch, da müsstest du dich mit meiner Haushälterin auseinandersetzen." Er öffnete seinen Kühlschrank und holte einiges hervor, aus dem er gedacht eine kleine Mahlzeit für sie zu zaubern. Zudem es mit seinen Zauberkünsten was die Kochkunst betraf sowieso nicht sehr weit reichte. Ein Glas und eine Flasche Wasser nehmend, stellte er beides vor Ragnar und zwinkerte ihm zu. "Ja, ich gehöre zu den snobistischen Menschen, die so etwas wie eine Haushälterin beschäftigen. Seitdem gibt es einen Küchenplan, der strikt befolgt werden muss, von dem ich aber selbst nach zwei Jahren keine Ahnung habe, woraus er eigentlich besteht." Er beschäftigte sich wieder mit der Zubereitung ihres kleinen Mahls und gab einen kurzen brummigen Laut von sich. "Und ich weiß nicht so genau, ob ich wirklich so liebenswürdig bin, aber wenn du das denkst, dann kommt mir das sehr gelegen. Vor allem wenn dich mein Kühlschrank zu mir lockt, wird er in Zukunft auch weiterhin gut gefüllt bleiben. Besonders wenn man dich dann dazu bekommt, auf deinen Arzt zu hören." Er hob den Blick und sah Ragnar ein wenig missmutig an. "Ich habe vor, dich eine noch keineswegs absehbare Zeit um mich herum zu haben, Ragnar, und wenn ich das damit unterstütze, indem ich dich verköstige, dann tu dir keinen Zwang an und komm zu jeder verflixten Mahlzeit vorbei." Er verzog die Lippen kurz bevor sein Blick wieder wärmer wurde. "Und wenn du dich dafür schuldig fühlst oder das Gefühl bekommst mich auszunutzen, lege ich dich übers Knie. Aber keinesfalls auf die eher angenehme Art und Weise." Ein amüsierter Glanz schlich sich in seine Augen, während er die mit Kräuterquark bestrichenen Vollkornbrotscheiben mit kleingeschnittenen Radieschen, Gurkenscheiben und Tomatenscheiben belegte, um noch etwas Salz und Pfeffer drüber zu streuen. "Oder muss ich dir wirklich einen Bankauszug zeigen, um solche Aussagen bezüglich 'Ausnutzung' und 'mit leeren Händen kommen' zu unterbinden?" Er legte die Brote auf einen Teller und kam um die Küchenzeile herum, sich vor Ragnar stellend und eine Hand an dessen Wange legend. Prüfend sah er in die wieder ein bisschen heller gewordenen Augen. "Vielleicht nutze ja vielmehr ich dich aus?", murmelte er, bevor er jenen in einen Kuss zog, der nach kurzer Zeit von sanft zu leidenschaftlicher glitt. Den Kuss dann jedoch lösend neigte er den Kopf ein Stück zur Seite und deutete zum Küchentisch. "Und jetzt ab in die Ecke, bevor ich mich dazu genötigt sehe, dich sofort in Naturalien bezahlen zu lassen." Doch im Gegensatz zu seinen ein wenig strengen Worten, lächelte er und streichelte Ragnar ein weiteres Mal durch die weichen Haare. Also wirklich, der Mann bräuchte eine ganz gehörige Portion an Selbstvertrauen und Nathan würde sich nicht eher zufrieden zeigen, als bis jener sich nahm oder sagte was er wollte. Selbst wenn es nur etwas zu trinken war. Er schüttelte den Kopf ein wenig und löste sich von dem anderen, um den Teller zu holen und ihn zur Eckbank beim Küchentisch zu tragen. Ragnar Eine Haushälterin? Es bedarf eines schwarzen Lochs, um ihn zu ruinieren? Nun, dass Nathan sicher nicht ganz arm war, das wusste er. Der Mercedes, diese Wohnung, die Wohngegend, ihm gehörte ein Club, und mit seiner Arbeit verdiente er sicher nicht schlecht, wenn er sogar so große Events wie den American Book Award managte. Dennoch wurde Ragnar erst jetzt bewusst, dass Nathan wirklich reich zu sein schien. Dass für diesen Geld keine Rolle spielte. Kurz horchte er in sich hinein, ob das irgendetwas änderte. Ob er ihm genug sein könnte? Gut, er verdiente auch nicht schlecht, aber er brauchte sein Geld für die Medikamente, den Arzt, die Untersuchungen und vielleicht noch eine Reise. Ragnar beobachtete, wie Nathan ihm das Essen zubereitete. "Ich komme sicher nicht nur wegen des Kühlschranks her", murmelte er in Gedanken, das von Nathan Gesagte nur nebenbei gehört habend. Nun klärte sich wieder sein Blick und er sah Nathan wieder direkt an. Rechtzeitig, um den missmutigen Blick des anderen einzufangen, die Anklage. Ragnar musste lächeln. "Ich verspreche dir, auf mich zu achten. Keine Sorge, da bin ich mittlerweile ganz gut drin. Und nein, musst du nicht. Ich bin es nur noch nicht gewohnt…" Er beobachtete, wie Nathan zu ihm kam und sein Kopf schmiegte sich ganz automatisch an die Hand des anderen und er musste unwillkürlich lächeln, als er die Frage hörte. "Du? Mich? Ich könnte mir nicht vorstellen, was das wäre..." Doch als Nathan näher kam um ihn zu küssen, ahnte er, was jener meinte. Er musste in dem Kuss weiterhin lächeln, zumindest bis jener leidenschaftlicher wurde. Ragnars Hand hob sich, strich Nathan über die Seite. Ob sie nicht gleich im Schlafzimmer verschwinden konnten? Nein, eigentlich war ihm gerade nicht so sehr danach, durch Sex auf andere Gedanken zu kommen, er wollte einfach nur Nähe, behütete Nähe. Als Nathan den Kuss löste zauberte dessen 'Befehl' sogleich wieder ein Lächeln auf seine Lippen. "Ich gebe dir auch Naturalien, ohne dass du mir dafür etwas zu Essen geben musst." Doch noch bevor er sich hatte setzen können, klingelte sein Handy. Er zog es heraus und ging kurz ran, sich ein wenig von Nathan wegdrehend. "Cole", begrüßte er seinen besten Freund. "Kieran hat sich um das Problem gekümmert, es ist alles erledigt... ja... hm... ist gut, bis morgen." Kurz blickte er auf das Display, das nach kurzer Zeit wieder sich verdunkelte. Ob er nach Antonin hätte fragen sollen? Ob er nochmal zurückrufen sollte? Andererseits hätte Cole schon etwas gesagt, wenn er Hilfe bräuchte? Er steckte das Handy wieder in die Hosentasche und setzte sich dann zu Nathan. "Entschuldige! Der Tag verfolgt mich noch." Er betrachtete da Essen, das Nathan ihm hingestellt hatte. "Wow, das sieht so gesund aus, dass sich mein Körper sicher gleich beschweren wird. Er wird einfordern, in Zukunft immer so etwas zu bekommen." Er grinste leicht, dann nahm er sich eines der Brote und begann zu essen. Erst wenn man wieder etwas isst, merkt man, wie hungrig man war. Sein Magen knurrte wütend auf, als er merkte, dass er endlich wieder beachtet wurde. Ragnar grinste verlegen. "Ich glaube, ich weiß, was ich gern noch machen würde. Ich würde mir gerne mit dir irgendeinen Film ansehen, irgendwas Nettes, Unproblematisches. Eine Liebesschnulze oder eine seichte Komödie. Vorausgesetzt, du möchtest das auch natürlich." Fragend blickte er Nathan an. Ja, irgendetwas Einfaches bräuchte er heute, etwas, das ihn den Tag heute vergessen ließ und ihm eine heile Welt vorspielte. Antonin Antonin ließ den Kopf sinken und hörte Cole aufmerksam zu. Darüber würde er wohl nachdenken müssen, auch wenn es vernünftig klang, war Vernunft doch das eine und Schuldgefühle etwas ganz anderes. Tayra in der Schusslinie? Ja, vielleicht. Oder redete man sich damit seine Taten nur schön und versuchte sie zu kaschieren? Er fühlte sich ein bisschen hin und her gerissen, schüttelte dann jedoch den Kopf. "Nein, ich möchte dir nichts anderes erzählen. In diesem Moment wollte er durch meine Hand sterben, aber du wolltest auch schon mal sterben und ich musste dich zweimal von Gegenteil überzeugen. Ich frage mich nur, ob er auch vom Gegenteil überzeugt werden wollte… nicht nur was sein Überleben in diesem Moment betraf." Bei den letzten Worten war seine Stimme kaum noch hörbar gewesen. Es waren vielmehr erste Gedanken, die er tatsächlich zu Worten fasste und die ihn selbst genauso sehr irritierten wie erstaunten. Weshalb er auch ganz dankbar war, als Cole sich wieder von ihm löste und etwas zu essen verlangte. Das war gut, damit konnte er sich wieder ein wenig mit Normalität befassen. So nickte Antonin, mit den Gedanken schon beim Kochen nur ein weiteres Mal zustimmend. "Aber erwarte nicht, dass ich dich mit nach unten ziehe, wenn ich falle", murmelte er noch hinter Cole her, als jener schon am Weggehen war und wandte sich den bereits vorbereiteten Zutaten zu. Früher hatte er viel häufiger gekocht, gerade wenn er mal wieder völlig fertig aus dem Labor kam und das Verlangen nach simplen, einfachen Handbewegungen wie von selbst überhandgenommen hatte. Und eigentlich sollte das hier mal etwas Raffinierteres werden, aber inzwischen könnten sie beide wohl eine Mahlzeit vertragen. Dann würde es eben Hackfleischbällchen mit gedünstetem Gemüse geben, das wäre noch halbwegs ausgewogen. Halbwegs. Als Cole von seinem Telefonat zurückkam und sich zu ihm stellte, lächelte er kurz. Antonin war sich zwar noch nicht so sicher, ob er es mochte, wenn man ihm beim kochen zusah, aber dass Cole wieder in seiner unmittelbaren Nähe war, beruhigte ihn. "Du kannst den Wok rausholen und das Gemüse andünsten.", erklärte er auf dessen Frage und schmunzelte kurz. "Und ja, sowas hast du. Ich habe ihn von mir mitgenommen als ich einkaufen war." Gemeinsam brauchten sie nicht lange, um sich etwas Genießbares zu zaubern und auch wenn es Antonin inzwischen doch recht interessieren würde, was mit Nicholas passiert war, schwieg er sich darüber aus und unterhielt sich zumindest beim Essen nur über Belanglosigkeiten mit Cole, der darauf überraschenderweise einzugehen schien. Nicht dass Antonin sich darüber beschweren würde. Doch irgendwann schob er seinen Teller zurück und lehnte sich zurück an die Couch, den Blick auf die Decke richtend. Sein Appetit hielt sich irgendwie in Grenzen und er wartete momentan nur darauf, dass sein Freund mit dem Herumstochern beziehungsweise Essen fertig wäre, damit er sich wieder an ihn schmiegen könnte. Einfach ein bisschen Ruhe und Nähe... das wäre jetzt sehr schön. "Als ich noch ein ganz junger Stöpsel war, bin ich meiner Mum wie ein kleiner Hund überall hin nachgelaufen. Das war ihr manchmal gar nicht so recht, denn mit meinem Vater im Gefängnis war das für uns beide nicht unbedingt die sicherste Gegend. Ich verstand es natürlich nicht, warum sie mich immer wieder schimpfte, wenn sie mich doch wieder hinter einem Auto hervorsehen sah. Was ich aber verstand, war, dass ich sie sowieso beschützen würde, egal was auch passieren möge." Er lächelte ein wenig bitter und wandte den Kopf zur Seite, um Cole zu betrachten. Dessen scharfen Gesichtszüge, das überhaupt markant wirkende Gesicht. "Vielleicht hat sich mein Schicksal ja nicht gegen mich verschworen, sondern mir nur die richtigen Waffen in die Hand gegeben? Es ist mitunter der tröstlichste Gedankengang der ganzen Geschichte." Cole Cole half Antonin beim Kochen, den anderen aufmerksam beobachtend. Die Worte des anderen hatten ihn stutzen lassen, doch er musste abwarten, was sie wirklich bedeuteten. Er wusste, dass auch wenn die Umstände gewisser Art waren, ein 'Mord' immer ein 'Mord' blieb, egal welche Ausreden und Gründe man hatte. Und dass Antonin letztlich immer ein Kainsmal auf der Stirn in Form einer Narbe tragen würde, war mehr als deutlich. Die Narbe würde ihn immer daran erinnern, einen Bruder ermordet zu haben. Und die Frage war nun, ob Antonin damit zurecht käme. Das würde er aber nur, wenn er sich mit allem konfrontierte, und wenn er es akzeptierte. Antonin war kein Verdränger wie Cole. Er aß ein wenig von dem Essen, spürte, dass er tatsächlich etwas Hunger hatte und aß sogar recht viel für seine Verhältnisse. Als Antonin begann von seiner Kindheit zu sprechen blickte er auf und musste dann lächeln. "Dir steckt es offenbar wirklich im Blut auf jemanden aufzupassen. Und du machst den Job ja auch wirklich gut. Und wenn du nicht nach Russland gegangen worden wärst, wärst du vielleicht einmal Türsteher in einer Disko geworden, oder würdest ein Sicherheitsunternehmen leiten und zu Hause eine Familie und zwei Kinder haben. Oder du hättest eine Ausbildung zum Versicherungsvertreter gemacht. Dir liegt es wirklich im Blut, und ja, du hast nun wirklich eine Ausbildung hinter dir, die dich zu dem wohl besten Bodyguard macht. Aber niemand sagt leider, ob es die einzige Möglichkeit gewesen war, deiner Begabung gerecht zu werden. Das 'Was wäre wenn...' lässt sich hinterher immer nur schwer abschätzen. Wichtig ist, dass man akzeptiert, was hinter einem liegt und das Beste daraus macht, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Und deshalb ist es wirklich ein tröstender Gedanken, dass du nun Fähigkeiten hast, mit denen du nie Probleme haben wirst, einen Job zu finden. Aber du hast noch andere Begabungen, nämlich die Chemie und dein Traum, ein Schmerzmittel zu entwickeln, um den Drogenentzug zu erleichtern." Cole fiel auf, dass wirklich alles in Antonins Leben letztlich durch Russland geprägt worden war. Ob bei ihm selbst auch alles durch den Verlust seiner Familie geprägt worden ist? Letztlich schon, denn Costello hat dafür gesorgt, dass er alles, was er tat, damit in Verbindung brachte. Cole stellte den Teller weg und rutschte näher an Antonin heran, um ihn in seine Arme zu ziehen und ihn zu küssen. "Ich glaube wir beide werden uns nie von unserer Vergangenheit lösen können. Daher müssen wir wohl lernen mit ihr zu leben, was meinst du? Ob wir das jemals schaffen? Einfach zu akzeptieren, wie viel Scheiße wir erlebt haben, wie viel Leid wir erdulden mussten und wir jemandem zugefügt haben? Ob wir jemals wirklich ruhig schlafen können? Ich weiß nicht, ob wir das schaffen, aber ich würde es gerne. Ich würde gerne einfach einmal leben können, ohne die ganze Zeit an den ganzen Mist denken zu müssen." Cole seufzte und entließ Antonin aus seinen Armen, drehte sich so, dass er sich hinlegen und seinen Kopf auf Antonins Bauch legen konnte. "In dir rumort es", grinste er und blickte nach oben in Antonins Gesicht, am Bauch des anderen lauschend. "Ob du ein Kind bekommst, das sich gerade zu Wort meldet?" Kurz schloss er die Augen und seufzte tief. "Aber bis wir einmal wirklich in Ruhe leben können, müssen wir noch einiges hinter uns bringen. Und im Moment steht ein Punkt ganz oben auf der Liste. Tayra und Tamara." Er öffnete wieder sie Augen. "Du hast eine enorme Verantwortung jetzt, das weißt du. Und es wird nicht einfach sein." Kurz überlegte er, dann zückte er sein Handy, um Kieran anzurufen und richtete sich dafür ein wenig auf. "Ich bin‘s", meldete er sich nur und lauschte den Erklärungen des Gesprächspartners. "Ist gut. Du hast was gut bei mir." "Ich habe einen Freund von mir gebeten, sich um Nicholas und die anderen Russen zu kümmern. Er ist ein Profi-'Aufräumer' sozusagen. Er hat die Russen so beseitigt, dass man sie nie wieder finden wird. Und Nicholas so gereinigt, dass es der Polizei schwerfallen wird, herauszufinden, was wirklich geschehen ist. Es sollte ihnen nicht möglich sein, auf dich zu kommen. Für sie wird es so aussehen, als seien Russen dagewesen, die Rache geübt haben und wieder abgezogen sind. Und das ist auch das, was Tayra wohl denken wird. Sie wird dich natürlich fragen, wer es gewesen sein könnte und wieso. Ich habe keine Ahnung, wie viel sie von Nicholas und deiner Vergangenheit wirklich weiß. Aber eines ist sicher: Sie wird dich brauchen. Und er hat sich auch nicht durch dich töten lassen, wenn er nicht genau gewusst hätte, dass du auf sie aufpasst. Es wird nicht einfach, aber es wird machbar." Seine Augen glitten über das angespannte Gesicht des anderen. Er merkte deutlich, dass Antonin sich nicht wohl fühlte, dass er verkrampfte. Nathan Ruhig, vielleicht ein wenig neugierig sah er Ragnar dabei zu wie jener telefonierte. Cole also, ja? Dieser Name schien ihn neuerdings wirklich zu verfolgen, denn natürlich hatte Blair sich heute im Laufe des Tages gemeldet und sich über die Ungerechtigkeit dieser Welt im Allgemeinen und über den Bastard Cole im Speziellen beschwert. Als Ragnar sich wieder zu ihm setzte wank er ab. "Das haben grottige Tage so an sich. Greif lieber zu", forderte er auf und lächelte als er das Magenknurren vernahm. "Dann wüsste immerhin dein Körper was gut für ihn ist." Er lächelte und schnappte sich selbst eines der Brote. Eigentlich war sein Hungergefühl gerade eher gering, aber gegen eine Scheibe konnte man wirklich nichts einwenden. "Hm, wie wäre es mit ‚50 erste Dates‘?", fragte er, nachdem er ein wenig darüber nachgedacht hatte. "Oder du schaust einfach selbst mal, was dir gefällt von den Filmen, die ich hier habe. Lass dich aber nicht von den ganzen Walt Disney Filmen abschrecken. Das ist so ein bisschen eine Art Hobby von mir." Diesmal war es an ihm ein wenig verlegen zu werden. "Die meisten davon kann ich inzwischen wohl auswendig mitsprechen", gestand er und betrachtete jenen schönen Mann neben sich. Ob Ragnar das wohl als kindisch empfinden würde? Aber selbst wenn, es ließe sich nicht ändern. Diese Filme gehörten seit kleinster Kindheit zu ihm und er war weder bereit sich davon zu trennen, noch würde er wohl jemals aufhören, seine Sammlung zu erweitern und zu vervollständigen. Wobei es natürlich Filme gab, die ihm besser als andere gefielen. Aber egal ob gezeichnet oder mit echten Personen, es zog ihn jedes Mal in eine kleine, heile Welt, in der man für ein paar Stunden aufgehen konnte und nichts Besseres zu tun hatte, als ein wenig mitzufiebern. Als sie fertig gegessen hatten, ging er im Wohnzimmer zu seinem Schrank und öffnete die beiden Schranktüren. Sein Blick fiel auf die Filme, in welchen seine Mutter mitgespielt hatte, sogar noch der ein oder andere schwarz-weiß Film war dabei. Nathan beschloss dazu nichts zu sagen, wenn Ragnar nicht fragen würde. Als jener näher kam, machte er eine einladende Handbewegung. "Such dir einen aus. Oder auch zwei. Ich habe morgen gezwungenermaßen frei, insofern sind uns zeitlich keine Schranken gesetzt", erklärte er und lief zurück zu seiner Couch, einen Blick auf das alleinstehende Weinglas werfend, bevor er noch einmal in die Küche ging, um ein zweites zu holen. Er wusste nicht, ob Ragnar eventuell ein Glas mittrinken wollte, aber wenn, dann müsste später niemand mehr von ihnen aufstehen. Als jener sich einen Film ausgesucht und in den Player gelegt hatte machten sie es sich bequem und Nathan genoss es zugegebenermaßen doch sehr, den anderen Mann im Arm zu halten. Ihn fast ein wenig abwesend zu streicheln und einfach bei sich zu haben. Was dessen Tag wohl an einem Sonntag so mies werden ließ? Aber Nathan wollte das nicht hinterfragen. Ragnar war zu ihm gekommen, als er ein wenig Ruhe brauchen konnte und das war im Moment alles was er wissen wollte und auch musste. Es zeigte, dass der Mann anfing, ihm zu vertrauen, sich an ihn zu wenden und für Nathan war das ein Schritt in die richtige Richtung. Es erzeugte ein warmes Gefühl in seinem Magen, eines, das er seit Robin nicht mehr wirklich gespürt hatte und es darum nur umso willkommener hieß. Irgendwann schloss er die Augen, den Film schon zu oft gesehen habend, sich lieber auf Ragnars Nähe konzentrierend. "Ich bin froh, dass ich mich nicht so schnell von dir habe abweisen lassen", murmelte er und begann Ragnar zu kraulen. "Und ich möchte, dass du wirklich weißt, dass du jederzeit herkommen kannst. Es stört mich kein Stück. Eher im Gegenteil." Ragnar "Walt Disney Filme? Das ist cool... Ich liebe sie. Jetzt weiß ich auch, warum du in unsere Märchenmetaphern so wunderbar mit eingestiegen bist…" Ragnars Augen begannen zu leuchten. "Ich bin früher immer allein ins Kino, damit ich die Filme auf der Leinwand sehen konnte. Und als der Vater von Simba im König der Löwen gestorben ist, habe ich mit den ganzen kleinen Kindern um mich herum mitgeweint. Du musst also nicht im Mindesten verlegen sein. Das macht dich nur noch liebenswerter." Ragnar lächelte freudig und aß sein Brot zu ende. "Ich denke ich weiß auch schon, welchen Walt Disney ich mir aussuche. Mal sehen, ob du ihn hast." Er schmunzelte bei der Aussicht, heute einen Kinderfilm anzusehen. Doch als ihm die Absurdität dieser Handlung bewusst wurde, senkte er den bitter gewordenen Blick. Wann Tayra und Tamara wohl erfuhren, dass ihr Vater Tod war? Ob die Kleine jemals wieder auch Freude dabei empfinden konnte, wenn sie sich einen Kinderfilm ansah? Ragnar schüttelte den Gedanken weg. 'Das gehört hier nicht hin', schalt er sich. Und so folgte er schließlich Nathan ins Wohnzimmer, wo ihm das DVD-Regal gezeigt wurde. Seine Augen glitten über die Titel, einfach neugierig, welche Filme er so da hatte, als er merkte, dass der Namen einer Schauspielerin häufig auftauchte. 'Ava Lavinia Gardner'. Ragnar runzelte die Stirn und zog einen der Filme heraus. Die Augen waren eindeutig diejenigen, die er so faszinierend fand. Hm, deswegen hatte er nicht viel von seiner Familie erzählt, als sie einmal das Thema irgendwie kurz angeschnitten hatten. Ragnar schob die DVD zurück in das Regal und zog 'Ein Königreich für ein Lama' heraus, die DVD, die er gleich gefunden hatte, ging zum Player und legte die DVD ein. Der Sohn einer bekannten Schauspielerin also. Nun, das erklärte seine Schönheit, und seinen Wohlstand wohl auch irgendwie. Aber offensichtlich hängte er es nicht an die große Glocke. Ragnar spürte immer deutlicher, dass er Nathan in einer wirklich komplett anderen Liga spielte, als er. Und dennoch war jener bescheiden. Ob er den Unterschied dennoch spüren würde, irgendwann? Ragnar kuschelte sich in die Umarmung des anderen und genoss die Streicheleinheiten, die er bekam. Nein, Nathan war nicht abgehoben, er war vielmehr unglaublich zärtlich und feinfühlig. Ob er ihn deswegen mochte, dass er eben niemand aus der gleichen 'Schicht' war? Hatte das überhaupt eine Rolle gespielt, als sie sich kennengelernt hatten. Ragnar verfolgte den Film halbherzig, musste dennoch an seinen Lieblingsstellen leise lachen. Als Nathan ihn mit einem Mal ansprach, drehte er den Kopf und spürte dieses verräterische Herzklopfen schon wieder. Seine Augen suchten die des anderen. "Ich bin auch froh, dass du dich nicht so einfach hast abschütteln lassen. Und ich bin froh, dass ich mich nicht in dir getäuscht habe. Ich bin eigentlich ein Genie darin, den falschen Menschen zu vertrauen, und die Strafe, die ich dafür in mir trage, hat mich sehr vorsichtig werden lassen." Sanft küsste er den anderen und begann sich so zu drehen, dass er ihm schließlich auf dem Schoß saß. Seine Hand glitt durch das federweiche Haar des anderen. "Ich danke dir für deine Beharrlichkeit." Er lächelte und küsste Nathan auf die Stirn. "Und ich danke dir für deine offenen Arme." Kurz wurde er durch den Film abgelenkt, griff kurzentschlossen zur Fernbedienung und schaltete auf Pause. "Und jetzt - seine Hände zupften am Shirt des anderen - jetzt denke ich hätte ich große Lust, dir ein wenig zurückzugeben, was du mir dadurch gibst." Seine Lippen versiegelten die des anderen mit einem erst zärtlichen, dann leidenschaftlicheren Kuss. Bis er sich schließlich löste, um dem anderen das Hemd über den Kopf zu ziehen. Seine Finger glitten sanft über den schönen Oberkörper des anderen. Sein schlechtes Gewissen erdrückte ihn in diesem Moment unglaublich. Sicher, er war dankbar, aber wenn er bedachte, was er dem anderen dafür zurückgab? Nichts, außer Oberflächlichkeiten, eine Fassade, hinter der nur Schmutz lag. Und wenn dieser unglaubliche Mensch dahinter sehen würde, wusste er, dass er ihn nie wieder sehen würde. Und sonst? Sonst gab er ihm nur seinen Körper, Sex. Und vielleicht sollte er endlich einmal zur Vernunft kommen, und endlich anfangen, zu begreifen, dass es besser wäre, wenn sie es nicht dazu kommen lassen würden, dass Nathan erkannte, wer er wirklich war. Und eigentlich musste er verhindern, dass sie sich ineinander verliebten. Aber hatte er das nicht schon längst? Zeigte ihm sein Körper nicht sehr deutlich, dass er schon hoffnungslos verloren war? Umso wichtiger, dass er es verhinderte, dass Nathan sah, wer er wirklich war, welcher abscheuliche Mensch. Und was war mit Nathan. Hatte er ihm nicht schon mehr als einmal angedeutet, dass da Gefühle bereits mitschwangen? Ragnar schluckte, blickte Nathan irritiert an. Wieso war er hier? Wieso nach so einem Tag? Um sich von der Hässlichkeit seines Lebens abzulenken, durch die Schönheit dieses Mannes? War er so ein großes Arschloch? Ragnar glitt von Nathans Schoß. "Ich sollte jetzt glaube ich gehen...", murmelte er. "Ich... ich habe vergessen meine Medikamente zu nehmen." Er schaffte es nicht Nathan anzusehen. Da war er wieder, dieses allesverschlingende schwarze Loch, das gerade hämisch lachte und ihm die Luft zum Atmen nahm. Er schluckte hart und drehte sich, um das Wohnzimmer zu verlassen. Seit wann war er eigentlich zu so einem selbstsüchtigen Arschloch geworden? Und seit wann war er so ein Lügner? Nathan Ruhig erwiderte er den Blick des anderen und war froh zu hören, dass jener ähnlich dachte wie er selbst. Gerade wenn das mit dem Vertrauen stimmte. Ob er selbst jemals wieder vertrauen könnte, an dessen Stelle? Noch dazu einem Mann, der an ihn interessiert war? Nathan konnte es nicht sagen. Beim besten Willen nicht. Liebevoll erwiderte er den Kuss und beobachtete Ragnar dabei wie jener sich auf seinen Schoß setzte, brummte zufrieden als er dessen Hand an seinem Kopf, in seinen Haaren spürte. Mit so kleinen Streicheleinheiten brachte man ihn wirklich dazu, einem aus der Hand zu fressen. Mh, für seine Beharrlichkeit war ihm noch nie gedankt worden. Viel häufiger wurde sie verdammt. Ein Lächeln schlich sich ein als Ragnar den Film auf Pause schaltete und so vielsagende Versprechen machte. Oh ja, er würde sicherlich nicht davor zurückweichen, wenn der andere denn wirklich unbedingt meinte, ihm etwas zurückgeben zu wollen. Der Kuss, der schnell leidenschaftlicher wurde endete für seinen Geschmack viel zu schnell, doch als Ragnar sich anschickte ihm das Shirt auszuziehen half er diesem dabei. Mit halboffenen Augen warf er das Shirt neben sich und hielt ruhig. Ließ zu und sah zu wie der andere sacht über seinen Oberkörper strich, die sanften Berührungen genießend und es ihnen beiden zugestehend. Und gerade als Nathan wieder dabei war diese wunderschönen dunklen Augen zu bewundern, glitt ein bereits einmal gesehener Ausdruck durch eben jene. Zusammen mit anderen Emotionen, die er in diesem Augenblick nicht wirklich zuordnen konnte. Was..? Unerwartet traf ihn der irritierte Blick aus dem dunklen Augenpaar und fast glaubte er Fragen in jenen zu erkennen. Nur welche? Warum jetzt? Und warum zum Henker rutschte der andere jetzt von ihm runter und murmelte etwas von gehen? Die Medikamente vergessen? Diesmal war es das hellblaue Augenpaar, das dunkler wurde, und doch dauerte es einige Sekunden bis offenbar eine Entscheidung hinter der arbeitenden Stirn gefällt worden war. Denn als Nathan aufsprang war Ragnar schon fast an seiner Wohnungstür angekommen. Und als er sich an jenem vorbeilehnte, um die sich bereits öffnende Türe mit der Hand aufzuhalten und wieder zuzudrücken, waren sie nicht recht viel heller geworden. Die freie Hand, die nicht an Ragnars Kopf vorbei gegen die Tür drückte schlängelte sich zu dessen Gesäßtasche und hatte das kleine Platiktütchen in Sekunden hervorgeholt. "Ich halte mich für den Großteil der Zeit für einen nachsichtigen Menschen, Ragnar", begann er mit tonloser Stimme und hob das Tütchen in das Sichtfeld des anderen Mannes und zugleich aus seinem. Schade... er hatte sich nicht getäuscht. Es wäre ihm gerade lieber gewesen. "Und ich bin der letzte, der dich zwingen würde hier zu bleiben. Selbst dann nicht, wenn es gerade nicht nur ein paar Küsse und Streicheleinheiten gewesen wären, die wir ausgetauscht hätten", fuhr er fort, zog seine Hand zurück und schob das Tütchen wieder zurück in Ragnars Tasche. "Aber ich hätte die Wahrheit von dir erwartet, keine billige Lüge, die mich vermutlich sogar mit Sorge über dich zurück gelassen hätte." Er trat einen Schritt zurück, gab die Tür sogar wieder frei. "Den Gesichtsausdruck von dir, den du hattest, als dir einfiel, dass du gehen musst, den habe ich bereits einmal gesehen, Ragnar." Diesmal kehrte ein Stück Emotion in seine Stimme zurück. Sie wurde wieder weicher und ein wenig wärmer. "Du hast mich Sekunden darauf auf der Tanzfläche stehen lassen, als du vor deiner Krankheit - oder vielmehr ihren Auswirkungen geflohen bist. Wovor fliehst du diesmal, Aschenputtel?" Er streckte die Hand aus, um mit seinen Fingern über das wunderbar weiche Haar des anderen Mannes zu streichen. "Und lässt du mir einen gläsernen Schuh zurück oder verschwindest du für immer, sobald du durch diese Tür trittst?", murmelte er leise. Langsam zog er die Hand zurück und seufzte, einen weiteren Schritt zurücktretend. "Zu emotional getroffene Entscheidungen sind nicht immer die besten. Manchmal tendiert man dazu, Dinge übertrieben deutlich zu sehen. Zu rosa, zu schwarz, zu grau. Such es dir aus." Er lehnte sich gegen die Wand im Gang, Ragnar nicht aus den Augen lassend. "Ich kann es nicht wissen, aber wenn ich tippen müsste, hattest du einen schweren Tag und bist emotional gerade ziemlich ausgebrannt. Aber das ist in Ordnung, wenn meine Meinung dazu irgendetwas wert ist. Hierher zu kommen hat nicht zu bedeuten, dass du gute Laune brauchst, oder dass es in Sex resultieren muss. Zu mir zu kommen, muss für dich auch nicht bedeuten, mir etwas mitzubringen als Gegenleistung. Von mir aus kommst du sogar hierher, weil du in meinem Bett besser schläfst und diesen Schlaf nötig hast. Ich habe keine bestimmten Pattern in meinen Erwartungen an dich, außer vielleicht, dass ich dich noch viel häufiger hier haben möchte. Egal in welcher Verfassung, solange du mich nicht wieder so durchschaubar anlügst, weil dir auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen ist." Er stieß sich von der Wand ab und ging ein paar Schritte in Richtung Wohnzimmer. "Überleg es dir, Ragnar. Meine Tür steht dir auch in Zukunft noch offen und im Grunde musst du jetzt nicht einmal gehen. Aber vielleicht solltest du darüber nachdenken, warum du heute zu mir gekommen bist, bevor dich dein Fluchtinstinkt überrollt hat." Antonin "Hm.. eine Sicherheitsfirma, ja? Nein, ich glaube eher nicht.", überlegte er laut und musste sogar kurz lächeln als er sich als Türsteher vorstellte. Wie er Jugendlichen sagte, dass sie wieder nach Hause gehen und an Mamas Rockzipfel hängen sollten. Auch das war kein Bild, das er sich wirklich für sich vorstellen konnte. "Das mit der Chemie wird immer die vermutlichere Entscheidung sein", bestätigte er und dachte kurz an CI-1. Ja, er könnte sich mit seinem eigenen Labor wieder darauf konzentrieren. Mehr oder weniger, denn nun gab es auch andere Dinge, die er nicht einfach beiseiteschieben konnte, wenn sie ihm an Last zu schwer wurden. Nur zu gerne ließ er sich in Coles Arme ziehen und küssen, die Augen schließend schmiegte er sich näher an seinen sicheren Hafen und fühlte sich für eine kurze aber wunderbare Weile beschützt und geborgen. "Nein, sich ganz zu lösen ist nicht möglich. Weder mit Verdrängen, noch mit Verarbeiten. Aber ich hoffe, dass wir es wirklich eines Tages schaffen. Mein Wunschutopia ist das langweiligste Leben, das sich ein normaler Mensch vorstellen kann", murmelte er und setzte sich ein wenig bequemer hin, als Cole sich drehte und mit seinem Kopf an seinem Bauch zu ruhen kam. Er hob eine Hand, um diesen durch die Haare zu streicheln und mit den Fingerspitzen über das schöne Gesicht zu fahren. "Wobei es natürlich trotzdem erfüllend wäre, schließlich bist du in diesem Utopia bei mir. Und das gefährlichste in unserem Leben wären die beiden Hunde, die wir hätten. Und das Fellknäul natürlich, das die beiden erzieht." Er lächelte und seine Augen blickten ein wenig in die Ferne, sich dieses Szenario vorstellend. Natürlich war es einfach nur lächerlich, sich auch nur kurzzeitig solchen Ideen aka Hirngespinsten hinzugeben, aber es beruhigte den immer noch tobenden Sturm in ihm ein wenig. Und es waren schöne Gedanken. Ein ruhiges Leben mit Cole.. Ob sie sich irgendwann auf die Nerven gehen würden? Oder ob die vergangenen Erlebnisse sie bis ins hohe Alter wissen lassen würden, durch was für Fegefeuer sie gehen mussten, um das zu erreichen? Würde sie das noch näher zusammenschweißen? Er musste lachen als er Coles Worte hörte. "Ein Kind? Oh wunderbar, nun bin ich also auch noch ein biologisches Wunder?" Doch das Lachen blieb ihm sehr schnell im Hals stecken als er zwei Namen hörte die ihn hart schlucken ließen. Ja, die zurückgebliebene zerstörte Familie. Durch ihn unreparierbar zerstört. Es wird nicht einfach sein? Wem wollte sein Freund da etwas schönreden? Nicht wirklich nötig... Antonin hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, welche Höllenqualen da noch auf ihn zukommen würden. Er lauschte dem Telefongespräch, sah dabei zu wie Cole sich aufrichtete und seufzte innerlich. Damit zerplatzte sein Wunschtraum wieder einmal sehr effektiv und die Realität hatte ihn wieder. Von wegen ein Haus mit zwei Hunden. So etwas könnte er sich selbst dann nicht gönnen, wenn es irgendwie möglich wäre. Seine Schuldgefühle, selbst glücklich zu sein, während andere durch ihn so sehr litten, würden ihn ersticken. Er nickte, um Cole zu zeigen, dass er zuhörte, auch wenn sich alles in ihm verspannte. Mit jedem weiteren Wort schien sich der Strick um seinen Hals enger zu ziehen und einzelne Bilder poppten aus seiner Vorstellungskraft heraus hoch, um ihn den 'präparierten' Nicholas zu zeigen. Ohne es zu wollen, hob er die Hand, um sich an die Stirn zu greifen. Eine weitere Narbe... vielleicht die erste verdiente. "Ja, sie wird mich brauchen. Mich, den Zerstörer ihrer heilen Welt." Warum war seine Stimme auf einmal so krächzig? "Er hat gesagt, sie wären abgesichert. Vermutlich gibt es ein Testament und eine Lebensversicherung. Das wird vieles erleichtern", versuchte er rational zu denken. "Ich werde wohl auf ihren Anruf warten müssen. Bis sich die Polizei bei ihr gemeldet hat, um den 'Fund' zu melden. Vielleicht will sie sogar, dass ich mit ihr zur Identifizierung fahre." Seine Pupillen weiteten sich leicht und sein Atem ging ein wenig schneller, abermals sah er nicht Cole, sondern durch ihn durch. Ließ die Bilder vor seinem geistigen Auge abspielen. "Sie weiß einiges und wird noch mehr hinterfragen. Meine Lüge muss so gut werden, dass ich sie selbst glaube. Oh Gott... Tamara...", würgte er noch hervor und sprang auf, um ins Bad zu rennen und sich ein weiteres Mal zu übergeben. Himmel! Er war wirklich das Arschloch das eine dreijährige zur Halbwaisen gemacht hatte. Er trug die Verantwortung, darauf zu achten, dass sich das Mädchen nicht in falsche Kreise begab. Er würde die Rolle einer Vaterfigur nicht unähnlich einnehmen müssen und das, obwohl er kaum auf seine eigene geistige Verfassung aufpassen konnte. Und dann war da noch Cole und dieser Costello, von dem er sich schon länger vorgenommen hatte, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Sein Labor… seine Wohnung, in die er nicht mehr zurück konnte. Abermals verkrampfte sich sein Magen und er würgte. Aber im Grunde konnte er nur alles auf sich zukommen lassen, oder? Er könnte sich mental vorbereiten und Tayra genauso anlügen, wie er alle über Jahre hinweg angelogen hatte. Er könnte äußerlich wieder stark werden. Seine Mauern wieder aufbauen und ein Lächeln für sie alle haben. Er würde einen Schritt nach dem nächsten tun, sich aufladen soviel er müsste und danach systematisch damit beginnen, diese Last wieder loszuwerden. Aber war das die richtige Lösung? Gab es denn überhaupt eine richtige Lösung? Könnte er wirklich wieder in sein altes Verhaltensmuster zurückfallen, ohne seine Beziehung mit Cole zu verändern? Konnte er? Ragnar Er war so ein Idiot, so ein verdammter, elendiger Idiot. Wieso hatte er es so weit kommen lassen? Wieso hatte er es so weit kommen lassen, dass es schmerzte, obwohl er wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Ragnar spürte, wie der Klos in seinem Hals ihm das Schlucken schwer machte, wie er kaum noch Luft bekam, wie er damit kämpfen musste, dem Ansturm der Tränen zu widerstehen. Doch dann hörte er hinter sich die Schritte des anderen und noch bevor er die Tür weit genug aufmachen konnte, wurde sie wieder zugedrückt. Gleichzeitig spürte er die Hand an seiner Gesäßtasche, die natürlich fündig wurde. Sein Blick senkte sich von der Hand des anderen, die die Tür zuhielt, auf seine Hand, die noch auf der Türklinke ruhte. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Die Nähe des anderen ließ ihn zittern. Als das Tütchen ihm vor die Nase gehalten wurde war er gezwungen, dieser beschissenen Lüge ins Gesicht zu sehen. Aber es war ja nicht einmal die schlimmste Lüge, die sich hier befand. Wenn er diese Wohnung betrat, lebte er eine Lüge. Ragnars Hand verkrampfte sich, aber er traute sich nicht, sich umzudrehen. Er musste noch viel zu sehr damit kämpfen, die Beherrschung nicht zu verlieren und diesen angestauten Emotionen, negativen Emotionen freien Lauf zu lassen. Die Wahrheit möchte Nathan wissen? Könnte er ihm die Wahrheit sagen? Jemals? Und wenn er sie ihm sagen würde, was würde dann geschehen? Würde er auf Verachtung stoßen? Würde Nathan ihn von sich stoßen? Sicher würde er nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Und vielleicht hätte er Glück, dass jener nicht die Polizei rufen würde. Er würde es ihm nicht sagen können. Als Nathan ihm die Tür wieder freigab, war Ragnar überrascht. Gespannt lauschte er den Worten. Ja, damals war eine Wahrheit offen gewesen, die seine Krankheit betraf. Nun stand eine Lebenslüge im Raum. Und genau vor der floh er. Er wollte nicht erleben müssen, dass er wegen seines Lebensstils zurückgestoßen wurde, obwohl er sich verliebt hatte. Und er wollte genau aus diesem Grund, aus dem Gefühl heraus, den anderen bereits in sein Herz geschlossen zu haben, verhindern, dass dieser noch enttäuschter von ihm wäre, als er es gerade in diesem Moment bereits war. Ob er ihm einfach sagen sollte, dass er ihn nicht leiden konnte? Sollte er vielleicht einfach zum wirklichen Arschloch mutieren? Vielleicht würde das alles einfacher machen. Dann hätte nur er zu kämpfen und Nathan hätte seine Ruhe in dem Wissen, dass er ohnehin nur ein riesiges Arschloch gewesen war. Ragnar zuckte zusammen, als er die weiche Hand des anderen, diese zärtliche Berührung spürte und er schloss einen Moment die Augen. In ihm bäumte sich etwas auf, schreiend. Das Wasser, das sich in seinen Augen gesammelt hatte lief ihm in einem Tropfen den Nasenrücken hinunter, kitzelte ihn an der Nasenspitze. Eine schnelle Bewegung wischte die Träne weg. Für immer, würde er gehen, wenn er jetzt ginge. Aber war er Nathan nicht noch eine Wahrheit schuldig? Sollte er nicht erklären, weshalb er jetzt gehen würde? Die nächsten Worte trafen ganz gut. Ja, er war emotional ausgebrannt. Er hatte wieder einmal dabei geholfen, Menschenleben auszulöschen und hatte wieder einmal gewusst, dass es ihn nicht stören würde, von dieser Welt Abschied zu nehmen. Er war erneut dem Tod begegnet und hatte zugesehen, wie Leichen beseitigt worden sind. Er hatte sogar eine Leiche in seinem Auto kutschiert, um den Tathergang vertuschen zu können. Und während er das getan hatte, war er innerlich tot gewesen. Und jetzt? Jetzt schaute er hier mit Nathan, einem unvergleichlichen Mann aus einer unglaublich heilen Welt, Kinderfilme an, um dieses Schwarz in seinem Leben zu verdrängen. Und natürlich hatte er genau aus diesem Grund das Bedürfnis dem anderen etwas zurückgeben zu können. Schließlich benutzte er ihn doch nur, um der Scheiße zu entkommen, die ihn Tag für Tag überrollte. Er hatte keine Pattern? Das klang zu schön um wahr zu sein. Aber es war anders, denn er hatte vorhin gesagt, dass er einfach nur Wahrheit haben wollte. Und selbst wenn er nichts erwartete, Ragnar würde sich nicht wohlfühlen. Denn für diese unglaubliche Unverbindlichkeit, die Nathan ihm schenkte, könnte er ihn noch mehr lieben, als er es jetzt schon tat. Diese offenen Arme, die ihn umschlossen, ohne Fragen zu stellen, ohne wissen zu wollen, waren das, was ihm so gut tat. Aber umso mehr hatte Ragnar das Gefühl, ein falsches Spiel zu spielen. Und das hatte Nathan nicht verdient. Warum er heute zu ihm gekommen war? Ragnar schluckte, sein Hals schmerzte noch immer. Noch immer hatte er sich keinen Millimeter gerührt. Doch jetzt hörte er wie Nathan zurück in Richtung Wohnzimmer ging. Und mit einem Mal kam in ihm Panik hoch. Sollte er jetzt einfach so gehen? Ihm war klar, dass er heute gehen würde, aber sollte er sich nicht wenigstens noch erklären? Er drehte sich um, blickte auf den schönen Rücken des anderen. „Ich bin hierhergekommen, weil es mir unglaublich gut tut, bei dir zu sein, weil ich hier abschalten kann, weil es mir hier gut geht, weil ich mich hier wohl fühle, weil ich deine Nähe genieße, weil ich süchtig nach deinen Küssen bin und weil ich wusste, dass ich hier alles andere vergessen kann, weil du mich erfüllst.“ Kurz zögerte er, dann sprach er weiter. „Es tut mir leid, dass ich dich gerade angelogen habe. Du sagst, du willst die Wahrheit hören. Genau da liegt der Hund begraben. Ich kann nicht lügen, das habe ich dir gerade bewiesen. Aber ich bin gerade mächtig dabei, mich selbst und damit auch dich zu belügen. Denn meine Flucht hierher in diesen unglaublich schönen Traum ist letztlich die größte Lüge. Es gibt Dinge, die mein Leben betreffen, die ich dir wohl nicht erzählen kann, und die du wohl auch lieber nicht wissen möchtest – glaube mir. Damals auf der Tanzfläche bin ich geflohen, wegen der Wahrheit hinsichtlich HIV. Heute werde ich fliehen, weil ich es nicht ertrage, dass du so wunderbar bist, aber ich dich letztlich nur anlüge - die ganze Zeit. Und deshalb gehe ich jetzt lieber. Ich denke der Traum ist ausgeträumt. Und ich denke, es sollte lieber ein Ende mit Schrecken sein, als ein Schrecken ohne Ende. Ich möchte dich nicht länger anlügen.“ Ragnar drehte sich um, öffnete die Tür und verließ das Paradies, das er für eine kurze Zeit genießen hatte dürfen. Er spürte, dass er dringend hier weg musste, schnell, so schnell wie möglich. Und daher nahm er die Treppe, eilte sie hinunter, ging zu Coles Wagen und setzte sich hinters Steuer, um den Motor zu starten. Doch weiter kam er nicht, bevor er nicht mehr an sich halten konnte und den Emotionen in ihm freien Lauf ließ. Cole Ein Schmunzel legte sich auf Coles Lippen, als er Antonins Utopia hörte, aber es war ein trauriges Schmunzeln. Ja, diesen Traum träumte er auch jeden Tag. Und jeden Tag stellte er fest, dass es wirklich nur ein Traum war. Der Traum von einem ruhigen Landhaus, einer kleinen Kanzlei, einem ruhigen, ausgefüllten Leben. Aber Träume sind Schäume. Er spürte, wie Antonin sich anspannte, als es wieder um die Realität ging. Aber selbst wenn sie ihren Traum nie aus den Augen lassen würden, so würde bis zur Verwirklichung des Traums noch einiges zu tun sein. Sehr viel zu tun sein. Und nun ging es darum, mit den heutigen Tag irgendwie fertig zu werden. „Antonin“, Cole blickte seien Freund streng an, als dieser begann zu sprechen. „Sie hat nie in einer heilen Welt gelebt. Und das weiß sie auch. Du solltest sie nicht unterschätzen. Frauen sehen mehr, als man denkt. Sie wusste genau, worauf sie sich einließ, als sie mit Nicholas zusammengekommen war, auch wenn sie die Hintergründe nicht kannte. Es bleibt abzuwarten, was passieren wird, aber wir sollten auf jede Eventualität vorbereitet sein, damit uns nichts überrascht.“ Er nickte, als Antonin ihm bestätigte, dass er sich vorbereiten müsste, weil Tayra Einiges wissen wollen würde. Besorgt merkte er, wie Antonin immer blasser wurde, bis er schließlich aufsprang und zum Klo eilte. Cole seufzte innerlich. Ja, so etwas war nicht leicht zu verkraften. Einen Menschen zu töten, der einem nahe stand, war wohl eines der schwierigsten Dinge, die man sich vorstellen konnte. Ob er es jemals schaffen würde, Costello zu ermorden, selbst wenn er so weit an ihn rankommen würde, dass ihm das möglich wäre? Ja, wahrscheinlich schon. Aber da hing eben keine Familie dran, die darunter leiden würde. Zumindest keine Familie, die ihm nahe stand. Und Costello war auch nicht sein 'bester' Freund gewesen. Cole fiel Ragnars Bitte ein, ihn zu töten, bevor er nur noch dahinsiechen würde. Ob er das schaffen konnte? Ja, er würde es tun. Aber es würde ihn auch mehr als nur belasten. Ob es jenem gut ging? Es schien, als sei er zu Nathan gegangen. Eine gute Entscheidung. Vielleicht würde Ragnar irgendwann einmal sein Utopia leben können. Ruhig stand er auf und folgte dem anderen ins Bad, wo er sich in den Türrahmen stellte. Antonin trug eine enorme Last auf seinen Schultern, das wusste er. Und er wusste, dass es nicht nur Nicholas Familie war, die ihn belastete, sondern auch seine eigene unsichere Lebenssituation. Er würde in nächster Zeit viel Kraft brauchen, um alles zu schaffen, was vor ihm lag. Und dieser Berg war nicht gerade niedrig. Er würde Antonin wohl in nächster Zeit deutlich zeigen, dass er für ihn da war, dass er ihn an der Hand hielt und dass er sich auf ihn stützen könnte, wenn er ihn brauchte. So wie Antonin schon so oft für ihn dagewesen war. Und so stieß er sich vom Türrahmen ab und legte Antonin die Hand auf den Rücken, gab ihm wortlos einen Zahnputzbecher mit Wasser und die Zahnbürste, damit er den Geschmack aus dem Mund loswerden konnte. „Lass uns ins Bett gehen. Es wird schon spät. Und ich würde dich einfach nur gerne in meinen Armen halten. Morgen sehen wir weiter.“ Cole zog sich sein Hemd über den Kopf und zog die Hose aus, die er beide im Bad zurückließ. Dann ging er noch durch die Wohnung, um die Lichter zu löschen, nahm zudem noch eine Flasche Wasser mit ans Bett und kippte das Fenster im Schlafbereich, um sich schließlich ins Bett zu legen. Morgen würde es weitergehen. Kapitel 99: Große Schritte -------------------------- Nathan Fast hätte er einen schnell noch weghechtenden Kerl über den Haufen gefahren, als er auf seinen Parkplatz vor dem Savoy fuhr. Jener bekam dann als Kirsche auf der Sahnetorte noch einen genervten Blick ab, als dieser sich zu beschweren begann, was ihn Gott sei Dank ein wenig zurückzucken und das Weite suchen ließ. Wirklich, für solche Kindereien hatte Nathan heute weder die Nerven oder Geduld noch die Zeit. Zielstrebig hielt er auf die Eingangstür zu, sperrte sie auf und betrat den ohne Neon und Discolicht sehr seltsam aussehenden Club. Mit zügigen Schritten durchquerte er die Tanzfläche, um schließlich hinter die Hauptbar zu treten und dort sein Büro aufzusperren. Es war an der Zeit, die Zahlen zu überprüfen und womöglich müsste er seinen Manager schon wieder feuern. Warum liefen nur noch so unfähige Typen in der Weltgeschichte herum? Und warum landeten sie mit schöner Regelmäßigkeit bei ihm? Mit einer genervten Handbewegung lockerte Nathan seine Krawatte und streifte sich das Jackett ab, um es über den nächstbesten Stuhl zu werfen. Unruhig mit den Fingern auf dem Schreibtisch herumklopfend wartete er darauf, dass sich der Rechner komplett hochgefahren hatte, bevor er sich mit seinem Passwort anmeldete und sich die Statistiken des letzten Monats aufrief. Aber wie immer seit drei verfluchten Tagen konnte er sich kaum mehr als eine Stunde konzentrieren, bevor ihm ein bestimmter Wortlaut wieder in den Sinn kam. Passend zu den dazugehörigen Augen, einem in seinen Augen wunderschönem Gesicht und ein atemberaubender Mann. Unwillig schnaubend schob er die Tastatur ein wenig zurück und lehnte sich tief in seinen Sessel hinein, die Augen schließend. Diese Sache mit Ragnar nahm ihn immer noch mit, was fast ein wenig überraschend für ihn war. Nathan war nicht so wirklich bewusst gewesen, dass er durchaus schon Gefühle investierte in diesen Mann. Dass ihn dessen Worte mehr aufwühlten als sie es sollten. Das ihn dessen Abgang nicht nur frustrierte sondern auch wieder einmal deutlich zeigte, dass ihm bei sich zuhause etwas fehlte. Diesmal sogar wieder einmal mit einem Namen. Ragnar. Die Augen wieder öffnend erhob er sich von seinem Stuhl und betrat nach kurzer Zeit wieder den Hauptraum seines Clubs. Nathan war um diese Uhrzeit gerne hier. Niemand, der ständig hinter ihm herumwuselte, keiner der irgendwelche Fragen stellte und vor allem war es einfach nur still. So still, dass ihm seine eigenen Gedanken manchmal sogar unnatürlich laut vorkamen. Was hatte Ragnar gemeint, als er sagte, er würde nicht nur Nathan sondern auch sich selbst anlügen? Was bedeutete es, dass Ragnar es nicht ertrug, dass er so wunderbar war? Was sollten das für Dinge sein, die noch schwerwiegender wogen als eine HIV-Infektion? Und hatte jener sich wirklich Tränen beiseite gewischt? Die Stimme hätte zumindest so geklungen. Einen frustrierten Laut von sich gebend, trat er um die Theke herum und holte sich eine Martiniflasche hervor, um sich damit ein Glas zu füllen und daran zu nippen. Seine Augen wirkten nachdenklich, während er den Geschmack genoss und sich fragte, ob es noch etwas bringen würde, auf eine Reaktion von Ragnar zu warten. Denn für Nathan war diese Situation vieles, aber keineswegs erledigt. Sein Handy hervorholend warf er einen prüfenden Blick darauf und öffnete dann das Textprogramm, um eine Nachricht zu tippen: Wir treffen uns besser heute oder morgen, bevor ich dich auf deiner Arbeit besuche und dich am Ohr herauszerre. Oder bei dir zuhause. Für mich ist das Thema noch nicht vom Tisch und ich bin mir sicher, dass dieses Gefühl kein einseitiges ist. Von mir aus kannst du dir eine gute Lüge überlegen, von mir aus erzählst du mir die Wahrheit, aber sprechen werden wir. Und das ist ein Versprechen. Noch einen prüfenden Blick über die Nachricht gleiten lassend, schickte er sie schließlich ab und dachte nach. So schwer könnte es nicht sein, heraus zu bekommen wo Ragnar arbeitete. Selbst wenn er es notfalls über diesen Cole herausfinden müsste. Und die Option mit der Wohnung bestand ja auch noch, auch wenn ihm die Gegend nicht wirklich zusagte oder gar sicher vorkam. Doch egal... sollte Ragnar laufen so viel und soweit er wollte, schlussendlich würden sie sich doch früher oder später wieder am gleichen Fleck befinden und dann würde jener nicht mehr so einfach durch das Fischernetz gleiten. Dafür würde er schon Sorge tragen. Antonin Müde lehnte er sich gegen die Aufzugswand, der Zahl dabei zusehend wie sie anstieg und schließlich stoppte. Mit langsamen Bewegungen öffnete er die Aufzugstür und gab bald darauf den Sicherheitscode von Coles Wohnung ein. Ob jener noch zuhause war? Die Tür hinter sich zuziehend, trat er ein paar Schritte ins Loft und sah sich um. "Cole?", probierte er es, bevor sein Blick auf einen Zettel fiel. Antonin schnappte ihn sich und überflog ihn kurz bevor er seufzte. So egoistisch das momentan auch war, es wäre schön gewesen, jetzt eine Umarmung zu bekommen. Doch nun brauchte er erst einmal eine Dusche und dann ein paar Stunden Schlaf. Seinen Freund würde er nach ersterem anrufen und ihm berichten. Sich auf dem Weg ins Bad ausziehend blieb er vorm Schrank stehen und betrachtete den Teil, der inzwischen irgendwie für seine Klamotten da zu sein schien. Es war aber auch zu umständlich sich das Zeug immer aus der Tasche zu suchen. Hm.. Sich neue Unterwäsche nehmend tappste er weiter ins Bad bis er sich ohne große Regulierung unter die Dusche stellte und begann sich zu waschen. Er wollte sich nicht durch warmes Wasser entspannen, sondern nur ein weiteres Mal dieses Gefühl von Schmutz von seiner Haut bekommen. Ob Cole ihm bald mal die Wasserrechnung präsentieren würde? Inzwischen bemerkte Antonin sogar schon, dass ihm das häufige Duschen nicht gut tat. Seine Haut begann zu spannen und an bestimmten Stellen trocken zu werden. Aber entweder die Dusche oder eine Magenentleerung über der Kloschüssel. Recht viel mehr Möglichkeiten gab es für ihn nicht, wenn es ihn mal wieder überrollte. Wenn er nicht mehr genug Kraft besaß, um das alles zurück zu drängen und nur Stück für Stück zu verarbeiten. Man könnte also durchaus behaupten, dass es momentan ein wenig… schwierig mit ihm war. Wobei Cole eine unglaubliche Geduld zeigte, wenn Antonin mal ein wenig wortkarg war oder Nähe suchte. Einer der wenigen weiteren Lichtpunkte für ihn war gerade tatsächlich ihr Sex. Er könnte momentan für sein Leben nicht darauf verzichten und bekam immer mehr das Gefühl, Cole zu verstehen, wenn jener das auch nicht konnte. Wobei es für Antonin trotzdem nie in Frage käme das mit jemand anderem zu erleben. Es musste Cole sein, damit er sich fallen lassen konnte, denn er war der einzige Mensch, dem er alles anvertrauen konnte und auch tat. Am Montag war er bei seiner ersten Sitzung seit langem gewesen und wie erwartet hatte ihm sein Doc ein Beruhigungsmittel verabreicht und für die nächsten Sitzungen verschrieben. Nachdem er sich noch einige weitere Male nach dem Schweigegebot erkundigt hatte, begann er inzwischen Klartext zu sprechen. Der Doc war entsetzt, aber er lotste ihn durch. Und natürlich ließ Antonin trotzdem das ein oder andere aus. Sicher war sicher. Und die Ansätze zum verarbeiten der ganzen Situation halfen ihm wirklich weiter. Überhaupt war Montag noch der ruhigste Tag gewesen, mit den Planungen für den Umbau seines Gebäudes und ein bisschen Arbeit im Lady Dream. Doch von der war er früh nach Hause gefahren und hatte ein wenig Musik gehört - das Fellknäul kraulend. Der Dienstag, von dem er ja mehr oder minder gerade erst nach Hause gekommen war, war übel. Tayra rief ihn völlig aufgelöst an und verlangte ein Treffen. Die Polizei hätte sie bei ihrer Mutter erreicht und sie müsste einen Mann identifizieren der Nicholas sein könnte. Selten war Antonin etwas so schwer gefallen, wie mit ihr in die Leichenhalle zu fahren. Zum einen wollte er sich alle paar Minuten wieder übergeben, zum anderen kam der Zusammenbruch von Tayra. Er war mit ihr nach Hause gefahren, um sie zu unterstützen. Tamara war Gott sei Dank bei den Großeltern geblieben. Es war grässlich. Antonin war grässlich. Fast kam es ihm so vor, als hätte er in dieser kühlen Halle ein Herz zerbrechen gehört, und abends als die schlimmsten Weinkrämpfe nachließen kamen die Fragen. Fragen warum ausgerechnet Russen Nicholas umbringen lassen würden, wo er doch selbst ein höheres Tier dort in der Firma war. Fragen, warum weder Nicholas noch Antonin so etwas aufgefallen war. Fragen nach dem Wochenende, an dem sie gemeinsam weggewesen waren. Fragen nach seiner Wunde auf der Stirn. Danach folgte ein Tobsuchtsanfall und die Aufforderung, Nicholas Mörder bis ans Ende der Welt zu jagen, nur um dann wieder zusammen zu brechen. Die meiste Zeit musste Antonin seine Gefühle nicht einmal spielen, denn er trauerte ja wirklich irgendwie mit ihr. Doch schwierig war es, seiner besten Freundin den Halt zu geben, den sie so dringend benötigte. Nach einem sehr kurzen Anruf bei Cole, um jenem mitzuteilen, dass er heute nicht nach Hause kommen würde, schlief er in einem Sessel in Tayras Schlafzimmer. Wachte über seine völlig fertige Freundin und fragte sich ein weiteres Mal, was er hier eigentlich tat? Wie er ihr so etwas nur vorspielen konnte? Am heutigen Morgen schickte sie ihn nach Hause, sie wollte eine Weile alleine sein, würde sich aber später wieder bei ihm melden. Antonin vermutete, dass sie in Ruhe Abschied nehmen wollte, wenn schon nicht in Person, dann wenigstens mental. So fuhr er zu einer weiteren Sitzung zu seinem Doc und war fast dankbar für die Beruhigungsmittel, die noch immer Wirkung zeigten. Wieder aus der Dusche tretend, trocknete er sich ab und zog sich die Unterwäsche an, bevor er im Schlafzimmer zum Telefon griff und sich ins Bett legte, bevor er Coles Nummer wählte. Er gab ihm Bescheid, dass er wieder zuhause war, ein Wort das ihm inzwischen immer häufiger über die Lippen rutschte. War das so? War das hier inzwischen auch sein zuhause? Er umriss seinen letzten Tag in kurzen Sätzen und versprach mehr zu erzählen, wenn Cole wieder hier wäre, da er jetzt erst einmal ein wenig Schlaf nachholen wollte. Aber selbst wenn es von ihm selbst unbemerkt blieb, so hatte Antonin tatsächlich schon damit begonnen zu verdauen und zu akzeptieren. Er versuchte mit den Gegebenheiten klar zu kommen und sich selbst nicht mehr als grässlichstes Monster auf Gottes Erden zu sehen. Wobei ihm das ein wenig leichter fiel als gedacht, weil Cole ihm nicht einmal zeigte, dass er genervt von ihm war. Vielmehr schien es so, als würde jener ihm seinen Wert nochmal vorführen wollen. Es tat gut. Es fühlte sich unendlich gut an. Cole Cole schloss die Augen und legte seinen Kopf auf der Tischplatte ab. Er hatte verdammt schlecht geschlafen in der letzten Nacht - nein eigentlich hatte er so gut wie gar nicht geschlafen. Er war letztlich die ganze Zeit abrufbereit gewesen, falls Antonin ihn gebraucht hätte. Aber dessen Nacht bei Tayra schien insofern erfolgreich gewesen zu sein, dass er ihn nicht gebraucht hatte. Warum machte er sich also so viele Gedanken? Alle fünf Minuten blickte er auf sein Handy und schaute nach, ob Antonin schon angerufen hatte, als würde er sein Handy jemals überhören. So recht konnte er sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, obwohl Costello ihm gleich am Montag wieder jede Menge verabreicht hatte. Neben den anstehenden kleineren Deals würde es wohl bald darum gehen, das Gebiet zu vergrößern, da es in einem 'Nachbarclan' gerade zu heftigen Konflikten kam. Das Oberhaupt war erschossen worden und nun entbrannte nicht nur die Rache am Mörderclan, sondern auch die Frage der Nachfolge. Cole wollte sich da eigentlich komplett heraushalten, aber leider war ihm das nicht möglich. Und von daher musste er nun Kontakte knüpfen, Beziehungen spielen lassen und vor allem mit dem Feuer spielen, denn solche Krisen waren stets mehr als riskant und es könnte schneller gehen, dass er Blei zwischen seinen Rippen wiederfand, als es ihm lieb wäre. Er musste also absolut vorsichtig sein. Und nebenbei musste er seine Kraft für Antonin zurückhalten. Jenem schien es mal besser, mal schlechter zu gehen. Und je nachdem konnte Cole nichts anderes tun, als einfach nur für ihn da zu sein. Er hörte ihm zu, umarmte ihn, wenn er Nähe brauchte und half ihm, womit er ihm auch immer helfen konnte. Und zufrieden bekam er auch mit, dass Antonin wieder zu jenem Arzt ging, dem Cole wohl irgendwann mal etwas schenken musste, denn jener vollbrachte Wunder was Antonins Ruhe und Ausgeglichenheit betraf. Als Tayras erwarteter Anruf kam, wusste Cole, dass es nun darauf ankam. Er war gespannt, was Antonin erzählen würde. Als sein Handy läutete, richtete er sich hastig auf und griff zum Telefon. "Schön von dir zu hören", begrüßte er Antonin und hörte ihm aufmerksam zu. Nun, es gab nichts Unerwartetes. Cole meinte ein wenig Erleichterung in Antonin mitklingen zu hören. Und dennoch wusste er, wie angespannt jener wohl noch immer war. "Ich werde heute Abend nicht sehr spät kommen, versprochen. Ich bring uns dann was zu essen mit. Schlaf du dich jetzt gut aus und - Cole blickte irritiert sich um, als er eine SMS ankommen hörte, die nichts mit seinem Handy zu tun hatte - und wenn du nachher möchtest, kannst du mich gerne auch abholen, damit es wirklich nicht spät wird." Sie verabschiedeten sich schließlich und Cole griff zu Ragnars Handy, das zwischen die Unterlagen gerutscht war, und daher wohl gestern vergessen worden war. Er hätte sich nie erlaubt, etwas zu lesen, was nicht für ihn bestimmt war, aber er sah, dass es eine Nachricht von Nathan war. Und er wusste, dass Ragnar nicht nur wegen der Medikamente, wie jener vorgab, so fertig mit allem war. Ob sie sich gestritten hatten? Ob Ragnar wieder zu ehrlich gewesen war und ihm ein wenig mehr von seinem Leben erzählt hatte? Kurzentschlossen las er die SMS von Nathan. Hm, also lag hier also auch etwas im Argen. Und es schien nicht Nathans Schuld zu sein. Nathan wollte also die Wahrheit wissen. Nun, dann wusste Cole schon, was geschehen war. Er drückte auf antworten und schrieb: 'Hey Nathan! Hier ist Cole. Ragnar hat sein Handy bei mir liegen gelassen. Aber das freut mich gerade ziemlich, denn dadurch weiß ich jetzt endlich, was den armen außer seiner Blutwerte noch fertig macht. Ragnar wird in ca einer halben Stunde im Lady-Dream sein. Wenn du nicht weißt, wo das ist, schau im Telefonbuch nach. Ich denke, wenn du hier bist, wirst du schon einen Teil der Wahrheit wissen, den anderen muss er dir erzählen, wenn er das möchte - oder eben nicht. Ich bin froh, dass du ein sturer Mensch bist, meine Hochachtung! Cole' Ragnar Ragnar saß in seinem Sessel und hatte die Beine angezogen, sie mit seinen Armen umschlingend. Sein Kinn ruhte auf seinen Knien und seine Augen blickten leer in das Halbdunkel des Zimmers. Er hatte noch eine Stunde Zeit, bevor er ins Dream musste. Und diese Zeit würde er nutzen - nutzen, nichts zu tun. Den Sessel hatte er seit Sonntagabend nur verlassen, um zum Arbeiten zu gehen. Und er war am Montag früh beim Arzt gewesen. Sobald er wieder zu Hause war, verkroch er sich wieder auf den Sessel. Er wollte nicht ins Bett, denn dort war es so unglaublich kalt und leer. Und er wollte nicht einschlafen, denn dann wachte er ohnehin nur wieder unruhig auf. Seine kleine Wohnung bot ihm irgendwie keinen Schutz. Irgendwie fühlte er sich nur in seinem Sessel wirklich wohl. Er hatte versucht aufzuräumen, als er von Nathan nach Hause gekommen war, doch mittlerweile sah es wieder genauso schlimm aus. Das Sonnenlicht, sich in regelmäßigem Muster durch die Jalousie zwängte und am Boden reflektierte gab dem Raum eine seltsame Atmosphäre. Ragnar rührte sich nicht. Doch in seinen Gedanken war einiges in Bewegung. Das, was er zu Nathan gesagt hatte, was er getan hatte. Hätte er sich nicht einfach zusammenreißen können und das Spiel weiterspielen können? Hätte er nicht einfach dieses Doppelleben führen können und es genießen, dass es jemanden gab, der an ihm interessiert war? Es wäre doch so einfach, Nathan vorzumachen, dass alles in bester Ordnung war, oder? Nathan schien ja an seiner Ehrlichkeit nicht gezweifelt zu haben. Vielleicht hätte er es nie erfahren müssen, dass es da noch etwas anderes gab? Ragnar senkte den Kopf, so dass nun seine Stirn auf seinen Knien ruhte. Seine Augen waren geschlossen. Nein. Er hätte es niemals gekonnt. Nathan war nicht irgendwer. Er war ein Mensch, den er schätzte, der ihm ans Herz gewachsen war, der interessant war und intelligent. Auch wenn es eine Weile gut gegangen wäre, so hätte jener irgendwann angefangen zu bemerkten, dass da mehr war. Und er hätte begonnen, Fragen zu stellen. Und so gesehen war es besser, dass er es beendet hatte, bevor Nathan es beendet hätte. Und dennoch schmerzte sein Herz. Und dann war da noch dieser Arztbesuch gewesen. Der Arzt hat ihm offenbart, dass die Werte sich verschlechtert haben. Die Viruslast war nach oben gegangen. Noch nicht so viel, dass es bedeutete, dass die Viren resistent gegen seine Medikamente waren, aber so, dass man es beobachten musste. Er würde am Ende der Woche erneut eine Blutuntersuchung haben. Jetzt nahm er eine leicht erhöhte Dosis, die dafür sorgte, dass er sich regelmäßig übergab. Und daher war nun auch die Übelkeit ein ständiger Begleiter. Er versuchte zu essen, auch wenn er keinen Appetit hatte, damit es wenigstens etwas gab, wovon er sich erleichtern konnte, aber letztlich war das alles bald darauf wieder draußen. Ob die Übelkeit auch mit Sonntag zu tun hätte? Eine Dreiviertelstunde später machte er sich auf den Weg zum Lady-Dream. Er hatte sein Fahrrad wieder ausgepackt und schlängelte sich durch den Straßenverkehr New Yorks. Als er bei Cole im Büro ankam, überreichte dieser ihm sein Handy, das er wohl hier vergessen hatte. "Ich habe mir erlaubt, eine SMS zu schreiben", erklärte Cole und Ragnar nickte. "Schon gut", murmelte er, wunderte sich, dass Cole dafür sein Handy brauchte. "Ich geh mal nach den Handwerkern schauen." Coles Augen gefielen ihm nicht, sie schienen ihn so zu durchdringen, als wüsste er alles, was in ihm vorging. Schon in den letzten Tagen war er Cole ausgewichen, weil dieser sofort gemerkt hatte, dass es ihm nicht gut ging. Zumindest hatte jener nicht nach Nathan gefragt. Das mit seinen Blutwerten hatte er ihm erzählt und Cole hatte sich bemüht, ihm seine Angst zu nehmen. Aber ansonsten schob er seine Verfassung auf die Nebenwirkungen der Medikamente. Cole hatte gerade genügend andere Sorgen. Da brauchte er sich nicht auch noch seine aufladen. Ragnar stieg die Treppe hinunter in den Club, der gerade ein neues Interieur erhielt. Der Innenarchitekt hatte wirklich gute Arbeit geleistet und der Club würde an Attraktivität dazugewinnen. Ein Glück gab es viel Arbeit momentan. So konnte er in Ruhe alles andere vergessen. Nathan Nachdem er die SMS gelesen hatte runzelte er die Stirn und trank sein Glas in einem Zug aus. Das Lady Dream also? Über diesen Club gab es mehr Gerüchte als Körner in einer Sanduhr. Bei einigen war er geneigt sie zu glauben, bei anderen würde es ihm nicht schwerfallen, sie als hirnrissig abzuschreiben. Doch vielleicht täuschte er sich darin, wenn er Ragnar und Coles Worte mit in die Waagschale warf. Einige seiner eigenen Kunden hatte ihm schon häufiger freudestrahlend über die hübschen Frauen und den tollen 'Service' erzählt. Ersteres interessierte ihn natürlich kein Stück, doch inzwischen musste man sich fragen, was genau dort für ein Service gemeint war. Der Stripclub war das eine, aber die Gerüchte über die rabenschwarze Geschäfte im Hintergrund etwas ganz anderes. "Ich hoffe du bist das wirklich wert, Ragnar", grollte er in den leeren Club hinein und betrat sein Büro, um sich wieder vorzeigbar zu machen. Allerdings verzichtete er auf die Krawatte und beließ es nur beim einfachen Anzug. Tatsächlich musste er sich im Internet nochmal die genaue Adresse heraussuchen, bevor er das Savoy wieder absperrte und zu seinem Fahrzeug schlenderte. Seinen Mercedes startend, fragte er sich, ob er wirklich so ein sturer Mensch war. Stur genug um heute eventuell Dinge zu erfahren, ohne die er vermutlich auch so sehr gut weiterleben könnte? Als Gegenfrage blieb, ob er auch weiterhin ohne Ragnar weitermachen wollte? Und nein, das wollte er eigentlich nicht. Was nicht hieß, das ihm gefallen müsste, was er eventuell zu hören bekam. Davon ging er nicht einmal für eine Sekunde aus. Und obwohl er von den meisten Menschen für ziemlich intelligent gehalten wurde, schaffte er es momentan nicht, sich ein Szenario zu überlegen mit dem er sofort klarkäme. Denn dass es nichts Harmloses war, leuchtete inzwischen schon fast in einer Leuchtreklame über seinem Kopf auf. Vielleicht waren es Drogen? Dealer und Verteiler? Waffen? Prostitution? Irritiert trommelte Nathan auf seinem Lenkrad herum und bemühte sich, seinen Gesichtsausdruck zu 'leeren'. So nannte seine Mutter das damals als sie noch Hoffnungen für ihn hegte, dass er in ihre Fußstapfen treten würde. Und obwohl es ihm in Geschäftsverhandlungen schon den ein oder anderen Vorteil errungen hatte, so war er jetzt zum ersten Mal wirklich dankbar für die Penetranz seiner Mutter. Heute würde es zum ersten Mal wirklichen Nutzen haben, der Sohn einer Schauspielerin zu sein. Es würde ihm garantiert ein wenig Sicherheit geben, einen Gesichtsausdruck zu haben, der nicht verriet ob er positiv oder negativ über etwas dachte. Durch den überraschenderweise recht flüssigen Verkehr konnte er etwa 30 Minuten später auf den recht leeren Parkplatz des Clubs fahren. Schon beim aussteigen warf er einen abschätzenden Blick auf die deaktivierte Leuchtreklame und die Tür, durch die er wohl gleich gehen würde. Nathan war sich sicher, dass er sich hiernach eine Schachtel Zigaretten kaufen müsste, denn er rauchte wann immer er sich ein wenig unsicher fühlte. Was selten genug vorkam, aber schon jetzt verspürte er einen fast immensen Drang nach Nikotin. Sich selbst in den leicht spiegelnden Scheiben seines Fahrzeugs einen letzten prüfenden Blick zuwerfend, war er zufrieden mit dem was er ausstrahlte und hielt auf den Laden zu. Womöglich machte er sich ja auch zu viele Gedanken. Mit etwas Glück war das alles harmloser als er dachte und er müsste sich hiernach nicht auch noch darüber Gedanken machen, inwieweit er solche Dinge in sein Leben lassen wollte. Doch momentan war das egal und er hatte sich entschieden, weshalb er die Tür zum Lady Dream entschlossen öffnete und das Gebäude betrat. Bei einem ersten schnellen Rundblick, fiel ihm die Dekoration auf und einige Männer, die von ihrer Arbeit aufsahen und ihn seltsam musterten. Von einem erwiderte er den Blick ruhig, bevor er sich weiter umsah und tatsächlich Cole ausmachen konnte. Kurz huschte seine Entschlossenheit durch seine gerade fast überhellen Augen und er hielt auf die beiden Männer zu. Cole sah ihn auch recht bald und schien sein Gespräch zu unterbrechen, um auf ihn zuzukommen. Und diesmal hatte Nathan noch viel weniger Geduld als das letzte Mal schon. Er fühlte sich nicht wohl, was mehr durch diese übertriebene Geheimniskrämerei verursacht worden war als durch die dämlichen Gerüchte, die er über diesen Ort gehört hatte. So nickte er nur kurz zur Begrüßung und heftete seinen Blick auf den anderen Mann. "Na schön, wo ist er?", fragte er mit einer ähnlich ruhigen Stimme wie sie Ragnar bereits einmal gehört hatte. Cole Cole sprach gerade mit Romeo, dem Choreographen und 'Manager' der Mädchen, als die Tür aufging. Er war absichtlich in die Bar gekommen, um da zu sein, falls Nathan wirklich reden wollte, wenn er wirklich kommen würde. Und er wurde nicht enttäuscht. War es eine halbe Stunde her, dass er die SMS losgeschickt hatte? "Wenn du meinst, dass es notwendig ist, dann mach mir einen Kostenvoranschlag und ich kümmere mich darum. Ich denke es sollte im Moment kein Problem sein, das in die anderen Kosten zu integrieren." Er nickte Romeo zu. "Morgen erwarte ich eine Auflistung auf meinem Schreibtisch." Dann wandte er sich von ihm ab und trat Nathan entgegen. Jener schien sich hier nicht wirklich wohl zu fühlen. Kein Wunder, das Lady-Dream hatte einen gewissen Ruf. Denn auch wenn es keine offizielle Bestätigung gab, und auch wenn die Polizei nie Beweise fand, so war das Lady-Dream nun einmal als Ort der Liebe und der Laster, bzw. Drogen bekannt. Und Nathan wusste das offensichtlich. Die Frage des anderen ließ Cole lächeln. "Er ist unten im Club und schaut, dass die Handwerker keinen Scheiß machen. Ich bring dich zu ihm." Cole ging voraus, brachte ihn zu jener schmalen gewendelten Treppe, die nur für das Personal zugänglich war, und die die beiden Clubs miteinander verband. "Geh runter und durch die Schallschutztür, dann wirst du ihn finden." Doch noch bevor Nathan gehen konnte, hielt Cole ihn noch einmal kurz am Arm fest. "Ich befürchte, er hätte sich nicht gemeldet, deswegen habe ich es gemacht. Jetzt muss er dir die Wahrheit sagen, die du gefordert hast. Ich glaube nicht, dass sie dir gefallen wird, aber hinter allen Dingen gibt es immer einen Grund, den man entweder nachvollziehen kann oder eben nicht. Wenn du Verständnis hast, dann sei dir gewiss, dass ich ihn hier nicht halte. Er ist nicht hier, weil er dazu von mir oder irgendwem anderen verpflichtet ist." Dann ließ er Nathan gehen. Ja, Cole wollte, dass Nathan wusste, dass er Ragnar nicht aufhalten würde, wenn er ein anderes Leben beginnen würde. Er liebte Ragnar viel zu sehr, als dass ihm nicht bewusst wäre, dass jener hier eigentlich nicht hingehörte. Er machte seinen Job gut, und er konnte das Geld gut gebrauchen. Aber eigentlich war er nicht für dieses Leben geschaffen. Nathan Nathan folgte Cole, sich immer mal wieder umsehend. Wie das ganze wohl in Betrieb aussehen würde? Möglicherweise - das käme ganz auf den Ausgang dieser Geschichte an - sollte er sich das wirklich einmal mit einem seiner Kunden zusammen ansehen? Vielleicht mit einem, der gerade ein wenig wankte? Ob es zum Beispiel diesen verfluchen Schwulenhasser von Steenston umstimmen könnte? Doch diese Gedanken waren schnell wieder beiseitegeschoben als Cole auf eine schmale Wendeltreppe deutete und ihm erklärte wie er zu Ragnar käme. "Danke", murmelte er und wollte gerade los als er am Arm festgehalten wurde. Alleine schon dadurch blieb ihm nichts anderes übrig als zuzuhören. Und wieder gefiel ihm nicht unbedingt was er da tatsächlich zu hören bekam. Bis vielleicht auf die letzten beiden Sätze. Ja, jene Sätze könnte man ja schon fast wieder als eine Art Lichtstrahl bezeichnen, den Ragnars bester Freund ihm gerade zukommen ließ. Trotzdem schnaubte er nur kurz und wandte sich dann ab, um dem angedeuteten Weg zu folgen. Natürlich hätte Ragnar sich nicht mehr gemeldet, soweit war er auch schon gekommen. Trotzdem wurde aus seiner Unsicherheit eine gewisse Irritation und mit genügend Irritation wurde er sehr schnell genervt. Was vielleicht gerade nicht das beste Szenario wäre… Die Schalltüre öffnend, trat er in den anderen Club und sah sich auch hier kurz um, diesmal jedoch nicht nach Dekorationen sondern nach Ragnar. Der Mann, der gewissermaßen die Schuld an dieser Misere trug und der ihm jetzt gleich besser Antworten gab. Antworten, die Nathan selbst dann auch gleich hoffentlich erklären würden, warum er sich hierauf einließ. Allerdings... das konnte Nathan auch so beantworten: Weil er sich in Ragnar verliebt hatte und kein Typ für vorschnelles Aufgeben war. Gerade nicht wenn er etwas wollte. Wirklich, wirklich wollte. Nach einigen Metern machte er die gesuchte Gestalt auch aus und hielt auf sie zu. Es war ihm inzwischen völlig gleichgültig, ob jener jetzt noch etwas zu tun hätte. Sollten die dämlichen Handwerker wegen ihm den ganzen Club abbauen und in die Türkei verkaufen. Es hatte fast etwas von Comedy, als Ragnar plötzlich aufsah und in seine Richtung blickte, wie sich dessen Augen weiteten und man den Unglauben und auch Schrecken sehr schön herauslesen konnte. Und plötzlich bekam Nathan das Gefühl, dass Ragnar sich gleich verdrücken würde, aber dafür war es zu spät. Dafür war er selbst schon zu weit in diese Löwenhöhle vorgedrungen. Dafür hatte Cole ihm schon zu viel angedeutet. So wartete er gerade noch lange genug bis er sich sicher war, dass die Handwerker sie nur hören könnten, wenn sie sehr genau hinhörten und nicht mehr arbeiteten. "Wir müssen und werden uns unterhalten. Jetzt", begrüßte er den anderen Mann. Einen Mann, den er schon wieder unglaublich anziehend fand. Am liebsten hätte er Ragnar an sich gezogen und geküsst, bis er selbst wieder zufrieden mit Gott und der Welt wäre. Doch das verbarg er gut, sich gerade in diesem Moment entschließend notfalls mehr Wissen vorzuspielen, als er tatsächlich besaß. Etwas, das er mit seinen kurzen Begrüßungsworten schon angedeutet hatte. Er würde hier mit nicht weniger als der Wahrheit wieder verschwinden. Ragnar Was um alles in der Welt machte Nathan hier? Ragnar spürte förmlich, wie sein Herz aussetzte, nur um anschließend in fünffacher Geschwindigkeit wieder aufholen zu wollen, was es versäumt hatte. Er war irritiert, doch dann drängte sich ihm ein Gedanke auf. Cole hat eine SMS von seinem Handy geschickt? Nun, er würde nachher ein Wörtchen mit ihm reden müssen. Sein Blick verfinsterte sich, während er beobachtete, wie Nathan sich seinen Weg durch den Raum zu ihm bahnte. Ob er sich einfach umdrehen und gehen sollte? Sollte er irgendeinen Handwerker benutzen, um so zu tun, als könnte er jetzt nicht mit dem anderen Mann sprechen? Er schluckte. Nein, das würde er nicht können. Dennoch spürte er gerade den unbändigen Drang abzuhauen, wegzurennen, so wie er es schon am Sonntag getan hatte. Doch noch bevor sein Körper überhaupt etwas hätte tun können, war Nathan schon bei ihm. Und da waren sie wieder, seine drei Probleme. Erstens diese unglaublich schönen Augen, die ihn so fesselten und die ihm auch jetzt wieder mehr als deutlich spüren ließen, dass er diesen Mann unglaublich anziehend fand. Zweitens das Herzklopfen, das er in der Nähe des anderen bereits so häufig gespürt und bewusst verdrängt hatte, wobei er im Moment versuchte sich einzureden, dass es einfach nur Aufregung sei. Und drittens dieses furchtbare Gefühl von Unwohlsein in seinem Magen, das er hatte, seitdem er am Montag vom Arzt gekommen war, das sich aber schon seit Sonntagabend angekündigt hatte. Ragnar stützte sich leicht am Tresen, an dem er stand, ab und unbewusst glitt eine Hand an seinen Magen, sich auf den Bauch legend. Als er die Worte hörte blickte er sich, genau wie zuvor Nathan, um. "Muss das hier ..." - doch der funkelnde Blick des anderen unterstrichen noch einmal seine Worte, dass es hier und jetzt sein musste. Ragnar schluckte und überlegte kurz. Dadurch, dass Cole Nathan hierher gebeten hatte, und dadurch, dass jener jetzt hier war, gab es eigentlich nichts, was als Hintertür benutzen konnte. Ragnar ahnte, dass Nathan diesen Club kannte. Besonders, da er selbst einen Club besaß und sich so etwas doch sicher in gewisser Weise herumsprach. Er würde also wirklich absoluten Klartext reden müssen. Und dann hätte er es hinter sich, hätte keine Hoffnung mehr, könnte endlich ein weiteres Kapitel geschlossen werden. Und wenn Nathan nicht gefiel, was er hörte, würde es wohl einfach sein Problem sein. Er hätte ja nicht hierher kommen müssen. Er ergriff die Hand des anderen mit einem "Komm mit." und führte Nathan ohne seine Waffe, die er in einem Halfter über dem Hemd stecken hatte, irgendwie verstecken zu wollen, in ein Nebenzimmer, dem Überwachungsraum. Es waren einige Bildschirme hier, die jetzt aber natürlich nicht angeschaltet waren. Zudem war am Ende des Raums ein Sofa, auf dem sich Ragnar niederließ, Nathan es selbst überlassend, ob er sich hinsetzen wollte oder nicht. "Ich weiß nicht so recht wo ich beginnen soll, daher fange ich jetzt einfach mal mit der jetzt-Situation an", begann er schließlich zögerlich. "Ich arbeite hier im Lady-Dream, bereits seit etwa einem Jahr. Ich habe dich also nicht angelogen, als ich dir gesagt habe, dass ich in einem Nachtclub arbeite. Allerdings ist mein Job nicht nur, dafür zu sorgen, dass Umbaumaßnahmen funktionieren oder der Club rechtzeitig geöffnet wird, sondern auch 'andere' Dinge - weniger legale Dinge." Er schwieg kurz, nach Worten suchend. "Es ist alles etwas kompliziert. Entschuldige", murmelte er schließlich. "Ich bin schon als Jugendlicher mit diesen Geschäften in Berührung gekommen. Meine Mutter hat mich hier in New York alleine großgezogen, nachdem wir aus Island hierher ausgewandert sind. Ich habe mich damals mit Cole angefreundet, der im Nachbarhaus wohnte und bereits damals in einer Jugendgang recht 'erfolgreich' unterwegs war. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und wurden beste Freunde. Er hat mich hin und wieder mitgenommen, hat mir gezeigt, wie man mit Waffen umgeht, war mit mir auf Streifzügen und hat dennoch nie zugelassen, dass ich wirklich ein festes Mitglied der Gang wurde, so als wollte er mich für sich allein haben. Ich habe erst später gemerkt, dass er mich einfach nur davor schützen wollte, so zu werden, wie er es sein musste. Und ich habe ihn davor bewahrt, den Verstand zu verlieren. Letztlich ermöglichte mir dieser Schutz durch ihn, meinen Abschluss zu machen und BWL zu studieren, anstatt in den Gewalt- und Drogensumpf abzutauchen. Besonders, als meine Mutter starb. Ich habe mich schließlich auf den Weg nach Europa gemacht, um dort mein Studium zu beenden, mir die Hörner abzustoßen und die Wurzeln meiner Familie zu suchen. Als ich letztes Jahr wieder zurückkam war ich infiziert und ich war mittellos. Cole hat keine Sekunde gezögert, mir einen Job zu geben, bei dem ich nie ganz in das Schussfeld rücken würde, der mir aber genügend Geld einbringt, damit ich meine Medikamente und die Untersuchungen zahlen, und zugleich etwas zu Seite legen kann. Für mich ist dieser Job genial gewesen. Ich war bei meinem besten Freund, der immer für mich da war, auch wenn wir uns kurzzeitig durch meine Reise ein wenig distanziert hatten. Ich hatte einen Job, bei dem ich mich schon auskannte und ich verdiene genügend Geld. Und dann ist da noch eine Sache, die mich diesen Job als sinnvoll erachten lässt. Es wird für mich niemals ein Problem sein, dafür zu sorgen, dass ich einen schnellen Abgang habe, wenn es soweit ist. Ich möchte nämlich alles, nur nicht dahinsiechen und irgendwann erbärmlich sterben." Während er gesprochen hatte, hatte er Nathan nicht aus den Augen gelassen. "Das ist die vereinfachte Version meines Lebens. Ich deale, handel mit Waffen. Ich habe zugesehen, wie Menschen umgebracht werden, zögere nicht, mein Leben zu verteidigen, solange es noch lebenswert ist." Letztlich hatte er viele Dinge nur angedeutet, vieles war wesentlich komplizierter, als er es jetzt dargestellt hatte. Auch hat er gezögert, den Tod seiner Mutter zu erwähnen und der Bruch, den ihre Flucht damals und die darauffolgende Veränderung von Cole bewirkt hatte. Aber alles zu erklären, auf die Schnelle, das ging einfach nicht. "Und ich weiß, dass du in einer ganz anderen Welt lebst und aufgewachsen bist als ich. Und ich weiß, dass das alles wahrscheinlich nur schwer nachvollziehbar ist - und noch weniger zu verstehen. Aber vielleicht weißt du jetzt, weshalb ich es nicht ertragen kann, dich auszunutzen, eine heile Welt bei dir zu finden, in der ich alle Sorgen vor der Tür abstelle. Ich hatte nicht gedacht, dass du mir so schnell so viel bedeuten würdest. Aber als ich das am Sonntag bemerkt habe, wusste ich auch, dass ich dich deswegen nicht weiter anlügen durfte. Vielleicht hätte ich es dir gleich am Sonntag alles erklären sollen, aber das konnte ich da nicht. Dafür war der Tag zu blutig gewesen. Daher danke ich dir, dass du mir doch noch einmal die Möglichkeit gegeben hast, mich zu erklären, damit du und ich unsere Ruhe haben und das Ganze dann abschließen können." Nathan Nathan schoss einen mehr als deutlichen Blick in Ragnars Richtung, als jener anfing damit ihn vertrösten zu wollen und offensichtlich kam die Nachricht an, denn kurze Zeit später wurde er vom anderen in eine Art Überwachungsraum geführt. Er zog es vor stehen zu bleiben und sich leicht mit der Schulter gegen die Wand zu lehnen. Die Waffe war ihm natürlich aufgefallen und es war fast beängstigend, dass es relativ natürlich aussah. Es wirkte nicht wie ein Fremdkörper, der nicht an den Körper des anderen gehörte. Es irritierte Nathan und machte ihn fast zornig. Damit konnte er die harmlose Version auf die er immer noch gehofft hatte abschreiben. So blieb ihm nur noch übrig, sich auf den Impact der folgenden Worte so gut es ging mental vorzubereiten und stand zu halten. Und Scheiße, das war leichter gesagt als getan. Genaugenommen waren es nur noch Ragnars Zögerlichkeit und dessen Stimme, die ihn nicht schon bei der Hälfte der Geschichte die Wände hochgehen ließ. Wobei man sich das mit der Jugendgang noch eingehen lassen könnte. Niemand konnte sich die Familie oder die Umgebung, in die man hineingeboren und aufwachsen musste, aussuchen. Soweit besaß der andere Mann sein Verständnis also durchaus. Auch wenn sich ihm sämtliche Härchen aufstellten beim Gedanken daran, dass er hier eine Wahrheit hörte, die so gar nichts mit einem Actionfilm gleich hatte, wo sich aber doch unzählige Parallelen ziehen ließen. Das mit Europa war eine Auflockerung in dieser Geschichte - ebenso wie eine Ohrfeige. Natürlich war es nicht leicht an das Geld für die unzähligen Medikamente heran zu kommen, wenn man nichts außer einem Auslandsstudium und eine HIV Infektion vorzuweisen hatte. Auch das wollte Nathan noch leichter in den Kopf als gedacht. Es ließ sich nachvollziehen. Irgendwie. Als er Ragnar davon sprechen hörte, dass jener hier einen 'schnellen Abgang' hätte, wenn es soweit wäre dass seine Krankheit wirklich ausbrach, spürte er zum ersten Mal neben der anschwellenden Wut auch noch Hilflosigkeit aufwallen. Unter anderem. Es war gar nicht so leicht auszumachen was genau er gerade fühlte. So steckte er sich seine Hände in die Hosentaschen und lehnte inzwischen sogar seinen Kopf an die Wand, Ragnar weiterhin beobachtend und gleichzeitig versuchend das, was er nun zu hören bekam, mit diesem Menschen überein zu bringen. Die vereinfachte Form seines Lebens? Vereinfacht?! Waffenschmuggel, Schusswechsel, möglicherweise Mord und nicht zu vergessen die Drogen... wer wagte es da, das Wort einfach zu verwenden? Nun, Ragnar tat es. Was nur bedeuten konnte, dass die Sache noch tiefer ging. Als ob ihn das hier noch nicht genügend überfordern würde. Schwer nachvollziehbar. Ja, das traf es ausgezeichnet. Irgendwie konnte er seinen Verstand nicht ganz um diese Tatsachen herumlenken, sie als Wahrheit und als gegeben akzeptieren. Ragnar sprach von illegalen Dingen, von der moralischen Qual des ganzen einmal ganz zu schweigen. Ragnar - der Mann, in den er verliebt war und der ihn wohl zu jeder Zeit mit einem Blinzeln ausschalten könnte, wenn er es wollte. Ragnar, dessen braunen Augen so warm durch die Gegend scheinen konnten und ihn in seinen Bann zogen. Ragnar, den er einfach nur nehmen und gegen die nächste Wand klatschen wollte! Um ihn danach vielleicht doch noch besinnungslos zu küssen. Argh! Ja, dagegen war seine Welt wirklich eine heile. Eine gesunde, vollkommen normale Welt ohne einen korrupten, gewalttätigen Sumpf außenrum. Nathan hielt sich selbst für stark - mental - aber er würde hier sang und klanglos untergehen und er würde es nicht anders haben wollen. Das hier war nicht seine Welt und er wollte sie nicht zu seiner machen. Ragnars letzter Satz holte ihn aus seinen leicht abdriftenden Gedanken und er gab sich alle Mühe, den anderen unter seinem Blick zu Eis gefrieren zu lassen. Soweit war das letzte Wort noch gar nicht gesprochen. Nicht bevor er sich nicht darüber im Klaren wäre, ob er damit jemals klarkommen könnte. Ob es sein Leben irgendwie betreffen würde. "Du...", fing er dann doch an. "hörst jetzt besser sofort damit auf, meine Entscheidungen immer gleich mit zu treffen", knurrte er schließlich schon fast. Eine Art Selbstverteidigung, da sein Verstand eigentlich immer noch dabei war, die ganzen Informationen zu verdauen, und krampfhaft versuchte, wieder zur aktuellen Situation aufzuholen. Er stieß sich ganz von der Wand ab und richtete sich wieder auf. Vor Ragnars Waffe an sich könnte er Angst haben - hatte er wohl auch. Ihm waren Waffen im Allgemeinen ziemlich unheimlich. Aber eine Waffe in Ragnars Händen würde sich wohl nicht so schnell gegen ihn richten, weshalb er sein selten auftretendes Temperament nicht an den Zügel nahm. Er könnte es jetzt im Gegenteil sogar gut brauchen. Nathan suchte Ragnars Blick, heftete sich an jenen Augen fest, die offenbar so viel mehr verbargen als Nathan auch nur hätte ahnen können. "Ich habe ein paar Fragen und möchte sie möglichst kurzbündig und ehrlich beantwortet bekommen", setzte er wieder an. "Ich möchte keine langatmigen, rührseligen Geschichten hören, sondern Antworten, die aus dem Bauch heraus kommen ohne sie durch langes Überlegen zu schönen. Das ist jetzt auch schon egal...", verlangte er in einem Tonfall, der klarmachen sollte, dass er sich nicht mehr mit weniger zufriedengeben würde. "Angenommen wir streiten uns, laufe ich dann Gefahr, von dir erschossen zu werden? Würde weiterer... Kontakt zwischen uns bedeuten, dass ich mich wirklich mit diesen Dingen befassen müsste? Abgesehen davon, dass man dir offensichtlich ab und zu wieder auf die Beine helfen muss? Betrifft das mein Leben überhaupt in irgendeiner Weise, abgesehen davon, dass du mir davon erzählen könntest, wenn du es wolltest?" Bevor diese Fragen nicht beantwortet waren, konnte er sich auch nicht damit auseinander setzen, dass der Mann, in den er verliebt war, nicht nur gefährlich sein konnte, sondern wohl auch Blut an seinen Händen kleben hatte. Ragnar Ragnars Augen glitten über das schöne Gesicht des anderen, das in dem Moment, als er aufhörte zu sprechen, so versteinert, so hart aussah. So als ob sich Nathan bemühen müsste, nicht sofort unbedacht zu handeln. Es schien, als ob jener mit seinen Gedanken weit entfernt war. Und Ragnar konnte sich gut vorstellen, dass ihm diese ganzen Dinge, die er gerade angekratzt hat, zu viel waren. Was wusste jemand, der in einem reichen Elternhaus aufgewachsen war, letztlich schon von dieser Seite der Welt? Ob er jemals schon überhaupt mit dem organisierten Verbrechen zu tun gehabt hatte? Sicher nicht. Und daher war es nicht verwunderlich, dass jener Zeit brauchte, um das zu verdauen, oder eher erst einmal zu schlucken. Verdauen würde er das wahrscheinlich nicht so schnell. Und Ragnar würde ihm das nicht verübeln. Zu seinem Erstaunen spürte Ragnar in sich selbst aber eine unglaubliche Erleichterung aufsteigen. Es schien ihm fast, als würde sich der Knoten, der in den letzten Tagen seinen Magen beständig festgehalten hatte, langsam aber sicher wieder lösen. War es ihm so wichtig gewesen, Nathan die Wahrheit zu sagen? Warum hatte er es dann ausgeschlossen, es tun zu können? Und wie lange hätte er es noch ausgehalten, bevor er wahnsinnig geworden wäre? Doch eines beunruhigte ihn im Moment. Es waren die Augen des anderen, die so eisig waren, so kalt, wie Gletschermilch die Farbe. Sie machten ihm Angst. Und als er das Wort wieder an ihn richtete musste er schlucken. Er hatte schon viele Situationen erlebt, jede Menge Scheiße, aber dieser Blick ließ ihn förmlich gefrieren. Selbst Cole hatte es noch nie geschafft, ihn auf diese Art und Weise anzusehen. Ob es daran lag, dass er für Cole nie die gleichen Gefühle gehabt hatte, die er nun für Nathan hatte? Aber er hatte Cole auch geliebt, auch wenn es schon über 5 Jahre her war. Die Worte des anderen trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Und er hatte den Schlag verdient, keine Frage. Er hatte ja eine Entscheidung für den anderen getroffen. Eine Entscheidung, die so klar war, dass er sich die Freiheit erlaubt hatte, sie treffen zu dürfen. Denn nichts anderes würde der andere doch jetzt tun, oder? Und er wollte gerade den Blick schuldbewusst senken, als Nathans Blick ihn festnagelte, ihm keine Bewegungsfreiheit ließ. Einzig kurz nicken konnte er, als er begriff, welche Art von Antwort Nathan nun haben wollte. Sollte er ruhig fragen, er würde Antworten geben. Er hatte nichts mehr zu verbergen. Und nun musste er wohl durch. Es würde wohl darin enden, dass jener wissen wollte, wie viele Menschen er getötet hatte, welche Drogen er vertickte, oder was wusste er schon, was jenen interessierte. Aber es kam ganz anders, als er angenommen hatte. Bereits die erste Frage ließ ihn entsetzt aufblicken, fast schon panisch. "Was?", fragte er perplex. "Aber nein... ich könnte niemals...", stammelte er und sah den anderen fassungslos an, bevor sich sein Gesichtsausdruck verhärtete. "Nein", sagte er schließlich fester. "Ich könnte die niemals etwas tun, niemals, was denkst du von mir, dass ich ein mordendes Tier bin? Mache ich den Eindruck auf dich, dass ich unberechenbar und impulsiv bin? Sehe ich aus, als sei ich nicht zurechnungsfähig?" Er schüttelte leicht den Kopf. "Und nichts davon müsste dich etwas angehen, es hat gar nichts mit dir zu tun, gar nichts. Außer du möchtest etwas wissen und würdest danach fragen. Dein Leben hat absolut nichts damit zu tun, es gibt keine Berührungspunkte zwischen der Welt, in der du lebst, und der Unterwelt, in der ich hause, keine Sorge. Und wenn du davon nichts wissen möchtest, werde ich dir bestimmt auch nichts davon erzählen." Es war eine seltsame Situation im Moment. Irgendwie konnte Ragnar nicht so recht einordnen, weshalb Nathan diese Dinge wissen wollte. Warum sprach er von Eventualitäten, die ferner lagen als jemals zuvor? Wollte er ihm Hoffnung machen? Hoffnung darauf, dass sie doch wieder zusammen kämen? Unwahrscheinlich. "Ich hasse es zu lügen. Ich kann es auch nicht. Cole hat mich schon immer damit aufgezogen, dass ich ein zu ehrlicher Mensch für diese Welt sei. Ich habe dir jetzt die Wahrheit gesagt, und werde dir in Zukunft immer die Wahrheit sagen, sofern du noch etwas wissen möchtest. Dass ich dich angeschwindelt habe, wegen der Tabletten, das tut mir immer noch leid. Ich war überfordert." Er blickte den anderen so ruhig es ihm möglich war an, aber als er weiter sprach merkte er, dass er Mühe hatte, seine Stimme nicht wegsacken zu lassen. Es waren zu viele Emotionen, die in ihm herumgeisterten. "Und ich möchte, dass du weißt, dass nichts von dem, was wir vorher geteilt haben, unaufrichtig gewesen war. Nichts, kein Wort, keine Geste, kein Kuss, keine Berührung, keine Zärtlichkeit. Das war alles ich, so wie ich bin, pur und ohne doppelten Boden. Ich habe nur einen Teil meines Lebens verschwiegen, aber dennoch bin ich immer noch der selbe." Nathan Er ließ Ragnar aussprechen, verinnerlichte dessen Reaktionen, Worte und Gesten als ob sein Gehirn neuerdings eine Festplatte wäre. Und es wäre schön wenn es tatsächlich so arbeiten würde, denn es war nur zu deutlich, dass er diese Erinnerung in Zukunft häufiger abrufen würde. Nach einigem Schweigen lockerte er seine Positur und seufzte. "Genau das ist mein Problem, Ragnar. Die Person, die gerade vor mir steht, mit der Person überein zu bringen, nach der ich langsam aber sicher verrückt werde. Ich halte dich natürlich nicht für unberechenbar, aber bis vor einer Stunde habe ich auch nicht geglaubt, dass eine Waffe an deinem Körper nicht wie ein Fremdkörper auf mich wirken würde. Leider wirkt sie, wie angegossen und das verunsichert mich fast mehr als diese ganze Geschichte, denn es macht sie so furchtbar wahr." Er schloss seine Augen kurz und atmete ein paar Mal tief durch, bevor er die Lider wieder öffnete. Und damit fiel ein gutes Stück seiner eher emotionslosen Haltung von ihm ab. Sie brachte ihm nichts mehr. Es wäre so oder so mehr als deutlich, dass ihn Ragnars Worte auf die ein oder andere Art und Weise betroffen machten. "Ich habe dir die Lüge schon in meiner Wohnung verziehen, sonst wäre ich nicht hergefahren, obwohl ich eine dunkle Ahnung davon hatte, was mich erwarten könnte", fuhr er fort und hob eine Hand, um sich über die Stirn, seine Haare nach hinten zu streichen. Die gezeigten Emotionen von Ragnar lösten gerade die unterschiedlichsten Gefühle in ihm aus. Gefühle, die ihm eine Entscheidung nicht leichter machten. Aber war so eine Entscheidung nicht schon bereits gefällt? Er stand schließlich noch hier und war noch nicht auf dem Weg zur nächsten Polizeistation, oder einer Bar, um sich zum ersten Mal seit Jahren wieder so richtig zu betrinken. "Natürlich mussten diese Erwartungen ja übertroffen werden, im negativen Sinne. Aber ich glaube dir. Vielleicht sogar gerade deshalb. Ich glaube dir jeden Blick und jede Geste, jedes Gespräch und jede Berührung, die wir geteilt haben." Er hielt inne, um den Mann vor sich in aller Ruhe zu betrachten. Wobei in 'aller Ruhe' hier sehr großzügig ausgelegt war, denn er war alles, aber nicht ruhig. Auch wenn man ihm das vielleicht nicht wirklich ansah, so sprang er von einer Emotion zur nächsten und war sich nicht sicher, an welcher er stehen bleiben sollte. Denn soviel war Nathan mehr als bewusst: Wenn er die Tür jetzt nicht verschloss, müsste er sie weiter öffnen und dann gäbe es zumindest für ihn kein Zurück mehr. Dann hätte er sich dazu entscheiden, diesen Menschen, jenen Mann so wie er war für sich haben zu wollen. Fast ohne seinem Körper wirklich den Befehl dazu gegeben zu haben trat er näher an Ragnar heran. "Du hast einen interessanten Punkt angesprochen, als du erwähnt hast, in der Unterwelt zu hausen", setzte er an und hob eine Augenbraue. "Das hier wäre der nächste große Schritt, den ich auf dich zumachen würde, richtig?" Der erste war das Überwinden seiner eigenen Angst vor Ragnars Krankheit gewesen. Der zweite wäre, diesen Teil in dessen Leben zu akzeptieren... wobei akzeptieren wohl noch sehr weit von der Wahrheit entfernt war. Vielleicht war dulden ein besseres Wort, wenn auch nicht ganz passend. "Und zu meinem eigenen Erstaunen liegt jener Gedanke, diesen Schritt tatsächlich zu tätigen, nicht so weit entfernt, wie du das wohl angenommen hast, als du meine Entscheidung gleich mitgetroffen hast", fuhr er fort und stieß ein wenig unwillig Luft durch die Nase. "Aber wenn ich das tue, dann müssen wir diesmal gleichzeitig einen Schritt machen. Ich lasse dich und diesen Teil deiner Existenz in meine Wohnung, in mein Leben und in mein Herz, ohne dich für das Leben, das du scheinbar führen musst, zu verurteilen." Damit stand sein Angebot doch diesmal war es nicht 'kostenlos'. "Dafür lässt du dir anstandslos mit deinen Medikamenten von mir unter die Arme greifen und den Begriff des 'Hausens' werden wir ebenfalls ändern. In deinem Zustand sollte man nicht in der Unterwelt hausen und da es sehr wohl in meinem eigenen Interesse liegt, dich im Fall der Fälle möglichst lange und so gesund wie möglich um mich zu haben, würdest du auch hierbei ohne Schuldgefühle und ohne zu meckern oder zu jammern zurücktreten und dir helfen lassen." Und wenn Ragnar damit klarkäme, wovon Nathan noch nicht wirklich überzeugt war, dann wäre damit der Weg geebnet, den Cole ihm vorher aufgezeigt hatte. Wenn Ragnar auch nur halb so viel an ihm lag, wie das umgekehrt bereits der Fall war, dann würde Nathan sämtliche Stränge pullen, bis er jenen hier heraus wüsste. Sicher und so gut versorgt wie es menschenmöglich wäre. "Ich möchte keinesfalls andeuten, dass du nicht klarkommst, aber deine Wortwahl gibt mir zu denken und ich besitze ein gutes Ohr dafür. Zu Leben ist nicht unbedingt mit Überleben gleich zu setzen und ich würde sehr viel in Bewegung setzen und akzeptieren, um jenen strahlenden Mann bei mir zu haben, der einfach so angeschlendert kam und jetzt vorhat mit meinem Herz zu verschwinden. Du hast die Wahl Ragnar. Ich habe meine gefällt." Ragnar Das Schweigen des anderen, das Ragnar eine Ewigkeit vorkam, verunsicherte ihn zutiefst. Gut, er hatte nicht damit gerechnet, dass Nathan sich sehr über das freuen würde, was er zu hören bekam. Er rechnete auch nicht damit, dass jener jetzt auf ihn zugestürmt käme, um ihm für seine Ehrlichkeit zu danken, und dann wieder zum Alltag übergehen würde. Er glaubte nicht daran, aber er hoffte zumindest, dass Nathan ihm vielleicht doch unter Umständen einen kleinen Spalt in der Tür offen ließ, die sich eigentlich am Sonntag geschlossen hatte und wohl durch seine Erklärung gerade durch eine Panzertür ersetzt worden war. Er war ein grauenhafter Träumer, das wurde ihm gerade einmal mehr bewusst. Ein Träumer, der seit Sonntag nichts Besseres zu tun hatte, als zu hoffen, auf ein Wunder zu hoffen. Und dann war da aber diese Emotionslosigkeit des anderen, der versteinerte Blick, der nichtssagende Gesichtsausdruck, der abschreckend wirkte, unnahbar, so als ob ihn das alles eigentlich nicht wirklich interessierte. Nur hin und wieder hatte er das Gefühl, die Augen des anderen wären doch aufgewühlter, als der Rest des Mannes zu sein schien. Aber das bildete er sich wahrscheinlich ein. Als Nathan wieder begann zu sprechen, war Ragnar schon kurz davor, aufzustehen und zu gehen. Er hatte sich mittlerweile nach vorne gebeugt, seine Finger spielten nervös und ohne es wirklich wahrzunehmen mit dem Stoff seiner Hose, der an seinen Knien Falten warf. Er schluckte, als er die Worte vernahm. Die Waffe... Ja, sie war ein Teil seines Lebens hier, sie gab ihm Sicherheit und das besonders seit Sonntag. Als er an jenem Abend zu Nathan gefahren war, hatte er lange überlegt, ob er sie mitnahm und sie dann zumindest im Auto dabei gehabt. Ragnar senkte den Blick. Die Wahrheit war für Nathan schwer zu ertragen, das konnte er sich vorstellen. Und daher war alles wiedereinmal ausgeträumt. Als Nathan sich bewegte, blickte er zunächst nicht wieder auf, erst als jener wieder zu sprechen begann, sah er den anderen an. Nathan wirkte mit einem Mal nicht mehr so geordnet und distanziert, sondern zweifelnd, genauso wie niedergeschlagen, genauso wie unruhig. Er schien sich nicht schlüssig zu sein, schien mit etwas in sich zu kämpfen. Und die Worte, die er sprach ließen das gerade verlischende Fünkchen Hoffnung wieder ein wenig wachsen. Ja, er war hergefahren für ihn. Sicher nicht, um ihm Lebewohl zu sagen, denn dann hätte er sich die Mühe sparen können. Doch sogleich kam wieder ein Dämpfer. Es schien, als hadere Nathan schwer mit sich selbst, und auch seine Augen verrieten diese Unruhe, nicht unbedingt seine Körperhaltung, aber seine Augen. Er war zwigespalten, was er nun tun sollte. Ob er gehen sollte, oder bleiben? Ragnar war nicht so ganz bewusst, welche Alternativen sich Nathan gerade durchdachte. Als Nathan auf ihn zutrat, blickte er zu dem großgewachsenen Mann hinauf, das trügerische Herz begann ihm vehement einzureden, dass das ein gutes Zeichen war. Er schluckte, als er von dem zweiten großen Schritt hörte. Er wusste genau, welchen ersten Schritt er gemeint hatte. Hieß das jetzt wirklich, dass er ihm trotz aller Umstände eine Chance geben würde? Ragnars Ausdruck wurde unsicher, nicht wissend, was er denken sollte und so sagte er einfach nichts. Und so hörte er die Bestätigung dafür, dass Nathan tatsächlich bereit wäre, zu versuchen, diese Seite von Ragnar irgendwie zu akzeptieren, auch wenn er sie sicher nicht gut heißen würde. Er würde auf ihn zukommen, aber nur, wenn auch Ragnar etwas für ihn tat? In diesem Moment spürte er, wie er bereit wäre, alles dafür zu tun. Nathan stand nun direkt vor ihm und Ragnar war es leid, von unten zu ihm hinauf zu schauen, und so stand er auf, bevor er die Bedingung zu hören bekam, die der Märchenprinz gerade an ihn stellte. Und die Forderung, die jener stellte ließ ihn die Stirn kritisch zusammenziehen. Er sollte es zulassen, dass Nathan mit für die Medikamente aufkam? Und er wollte, dass er sich eine andere Wohnung suchte? Er wollte ihn möglichst lange bei sich haben? Möglichst lange, möglichst gesund? Ragnar schluckte und sein Blick wandelte von kritisch zu ungläubig. Dass jener so schnell für sich entschied, dass er dennoch nicht auf ihn verzichten wollte, hätte er nicht gedacht. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass jener ihn vertröstete, ihn irgendwann anrief, um ihm zusagen, dass es zu heftig war. Er wollte ihn also wirklich haben, um jeden Preis? Durfte er so dreist sein, das anzunehmen? Einzige Bedingung war, dass er sich helfen ließ, sein Leben zu verändern. Und als einzige Gegenleistung verlangte er, dass er er selbst war? Sein Herz schien Luftsprünge machen zu wollen, was der Brustkorb jedoch gut zu verhindern wusste. Seine Augen hingen in denen des anderen, die mit jedem Wort immer wärmer geworden waren. Er hatte die Wahl? Er sollte sich entscheiden? Er musste nicht viel darüber nachdenken. Wortlos streckte er die Hand aus und ergriff vorsichtig die des anderen Mannes, um sie ihm auf die Brust zu legen, wo jener deutlich den unnatürlich heftigen Herzschlag spüren würde. Dann hob er die andere Hand und streichelte Nathan über die Wange, so als wollte er sich vergewissern, dass es wirklich Nathan war, der da vor ihm stand. "Ich habe nur deshalb vor, mit deinem Herz zu verschwinden, weil du meines schon längst mitgenommen hast, Märchenprinz", wisperte er leise. Dann ließ er seine Hand in den Nacken des anderen gleiten, und streckte sich, um Nathan sanft zu küssen, vorsichtig, abwartend, wie jener darauf reagieren würde. Aber er gab ihm keinen Grund, zurück zu weichen. "Ich bin gerne bereit, dir diesen Schritt entgegenzukommen. Du darfst Aschenputtel gerne helfen, aus dem Ofenloch hervorzukriechen. Allerdings wird es nicht so einfach sein, die Dreckschicht abzuwischen. Aber ich verspreche dir, dass ich mich bemühen werde." Seine Augen, die langsam ihren Glanz zurück erhielten, versanken in den Augen des anderen. Ob er ihm sagen sollte, wie dankbar er war? Wie sehr ihn die Entscheidung des anderen freute? Er wusste, dass das alles nicht so einfach werden würde, dass noch viel da war, was geklärt werden musste, dass einiges noch im Verborgenen lag und dass auch die Konsequenzen noch nicht vollständig zu überblicken waren. Aber im Moment war er einfach nur unsagbar glücklich. Und daher entschloss er sich dem anderen das lieber durch Gesten, als durch Worte zu sagen, indem er sich erneut einen Kuss stahl - einen von jenen Küssen, nach denen er süchtig war. Nathan Es war schon fast unglaubwürdig, wie viele Emotionen er inzwischen in Ragnars Augen entziffern und benennen konnte. Und die Unsicherheit darin, die Art wie der andere mit dem Stoff seiner Hose gespielt hatte, es traf ihn. Ja, es traf Nathan wirklich, denn er wollte Ragnar nicht so sehen. Nicht schon wieder. Es war wirklich dringend an der Zeit etwas dagegen zu tun. Ein und für alle Mal. Aber im Grunde lenkte er sich mit diesen Gedanken nur von seiner eigenen Nervosität ab. Würde Ragnar auf diese Art des Deals eingehen? Oder war er damit schon wieder zu 'groß'? Machte er den anderen mit dieser Geste kleiner und unbedeutender? Doch als Ragnar seine Hand ergriff und sie auf dessen Brust, über das Herz legte waren solche Gedanken hinfällig. Fast Augenblicklich wurden seine Augen wieder sanft, sahen seinen Gegenüber warm an. Nathan konnte nichts dagegen tun, aber alleine dieser harmlose Körperkontakt ließ ihn gerade die unsinnigsten Dinge wollen. Das Herz schlug schnell unter seiner Hand und so hob er den Blick von seiner Hand, wieder hinauf, um in den unglaublichsten braunen Augen zu versinken. Wie hätte er auch nur eine Minuten annehmen können, dass er nicht schon viel zu weit gegangen war, um noch zurück zu rudern? Er könnte es nicht. Beim besten Willen, es ginge nicht mehr. Ragnar hatte ihn sowas von an der Angel, dass man direkt schon Angst bekommen könnte. Und gerade deshalb brachten ihn dessen Worte zum lächeln. Dem ersten, seitdem er den Club betreten hatte, und es gehörte ganz alleine dem Mann vor sich. Er hielt still als er die Hand in seinem Nacken spürte, die ihm wohlige Schauer über die Wirbelsäule hinab schickte. Genau wie dieser doch recht vorsichtige Kuss, den er kurz erwiderte und sich stark zusammennehmen musste, den anderen jetzt nicht an sich zu reißen. Aber noch stand eine Antwort aus und bevor er die nicht hätte, würde er sich nicht ablenken lassen. Und als hätte der andere seine Gedanken gehört, fing er wieder an zu sprechen. Sogar die Worte, die Nathan unbedingt hören wollte. Hm, vielleicht sollte er sich wirklich keine Gedanken über die Angel machen, an der er hing. Inzwischen kam es ihm sogar so vor, als hätte er diesen Köder freiwillig verschluckt, als er beschlossen hatte, diesen Menschen auch mit dieser Art des Berufes zu wollen. "Wir bekommen dich schon wieder sauber", raunte er und blieb an den wieder zu strahlen beginnenden Augen hängen. Ja, das war ein Ausdruck, den er sehen wollte. Nicht diese gedämpften seelenlosen Augen, die ihn sofort an einen ausgesetzten Hundewelpen erinnerten. Als Ragnar sich diesmal streckte, um ihn zu küssen, zog er jenen ohne zu zögern an sich und vertiefte den Kuss. Eine Hand wanderte an Ragnars Hinterkopf, sich in dessen Haar verkrallend während die andere zu dessen Hintern wanderte, ihn dadurch näher an sich drückte. Es kam Nathan so vor als hätte jemand den Stöpsel von der Flasche gezogen, in der seine Emotionen steckten. Und gerade wollte ein nicht erheblicher Teil in ihm mehr von diesen Küssen, mehr von Ragnars Geschmack, mehr von dessen Geruch, mehr von dessen Haut... mehr von allem. Wobei 'alles' wohl zu viel verlangt war. Ein leises Grollen löste sich aus seiner Kehle, als er den Kuss unterbrach, um den anderen in die Augen zu sehen. Er wollte nicht nur das sehen, wofür er gerade sämtliche Moral beiseitegeschoben hatte, und tatsächlich war da wieder jener Ausdruck, von dem er einmal ein Bild haben wollte. Die noch leicht geöffneten Lippen, ein strahlender wenn auch fast ein wenig benebelter Blick… Zufrieden brummend senkte er den Kopf leicht, um die Wange des anderen mit seiner Nase zu berühren, dessen Kopf ein wenig beiseite drückend, um mehr Platz am Hals zu erhalten. Diesen küssend, immer mal wieder neckend Luft über die feuchten Stellen blasend, massierte er den wohlgeformten Hintern. Gott, machte ihn dieser Mann an! Nach einem weiteren, sehr deutlich hungrigem Kuss ging sein Atem schwerer und er seufzte, seine Stirn gegen Ragnars lehnend. "Ich befürchte wir sollten hier unterbrechen. Komm heute nach deiner Arbeit zu mir, ja? Egal wann…", seine Stimme klang dunkler als sonst, aber das war ja auch kein Wunder. Dieser Mann schaffte ihn wirklich und das in jeder Hinsicht und wenn er ihn heute nicht noch haben könnte, würde er verrückt werden. Ragnar Als Nathan den Kuss erwiderte war augenblicklich wieder dieses unglaubliche Gefühl da, das ihn bereits in der letzten Zeit so oft begleitet hatte. Dieses Kribbeln, das sich von seinem Magen aus ausbreitete und seinen ganzen Körper zu erfüllen schien. Und diesmal musste er nicht verdrängen, wofür dieses Gefühl stand, denn er wusste es nur zu genau. Sicher konnte man noch nicht von Liebe sprechen, aber letztlich waren sie auf einem guten Weg dorthin und wieder einmal überraschte es ihn, wie schnell es letztlich gegangen war, dass er solche Gefühle für Nathan aufbringen konnte, und wie unerwartet es gekommen war. Offensichtlich stimmte es einfach, wenn man sagte, dass die Liebe überall zu jeder Zeit und grundsätzlich überraschend auftauchte. Ja, so war es. Und wenn sie es wirklich schaffen würden, einander sich weiterhin so zu nähern, sich zu akzeptieren und aufeinander zuzugehen, dann sollte letztlich eigentlich nichts mehr im Wege stehen, das es unmöglich machen würde, wirklich eine ernsthafte Beziehung zu führen. Etwas, wovon Ragnar letztlich sein Leben lang schon träumte, und das ihm vielleicht jetzt vergönnt sein könnte. Auch wenn ihm klar war, dass der Kompromiss, den sie beide dafür eingehen mussten, nicht so einfach sein würde, wie es klang. Aber wenn alles einfach wäre, dann gäbe es ja auch keine Probleme auf der Welt. Kurz musste er lächeln, bevor er sich wieder auf den Kuss konzentrierte, ihn genoss. Und dieser Kuss war atemberaubend, ersehnt und unglaublich intensiv. Ob es daran lag, dass sie nun wirklich alles voneinander wussten? Gut, eigentlich wusste nur Nathan über ihn Bescheid, von Nathans 'Vergangenheit' wusste er wenig, aber da würden sie nachholen können. Jetzt hatten sie ja die Möglichkeit dazu. Wie dem auch war, in diesem Kuss gefangen spürte Ragnar mehr und mehr das Bedürfnis, sich mit Nathan irgendwohin zu verkriechen, und am besten nie wieder daraus hervorzukriechen, sondern nur Zeit mit diesem zu verbringen. Und er hatte das gierige Verlangen nach dem Körper des anderen, er wollte Sex und so ließ er sich bereitwillig zu Nathan ziehen, schmiegte sich an den Körper, der einfach nur atemberaubend war und ließ seine Finger über den Rücken des anderen wandern. Nur zu deutlich spürte er, wie sich sein Verstand komplett ausschaltete und seine Erregung in diesem Kuss, sein Verlangen nach Befriedigung beständig wuchs. Als sich Nathan löste keuchte Ragnar auf, blickte den anderen mit lustverhangenen Augen an, fast schon vorwurfsvoll, was ihm einfiel, jetzt aufzuhören. Doch als die Lippen des anderen zu seinem Hals wanderten, legte er nur zu gerne den Kopf zur Seite, um Nathan mehr Platz zuzugestehen. Durch die Hände des anderen, besonders durch die, die seinen Hintern massierte, drückten sich ihre Lenden immer wieder gegeneinander, was Ragnar leicht Keuchen ließ, während er mit seinen Lippen die Ohrmuschel des anderen liebkoste, zumindest bis er wieder in einen verstandraubenden Kuss gezogen wurde. Hatte sich ihr Verlangen nacheinander durch diese Geschichte, diese Aussprache so enorm gesteigert? Oder war es nur Ausdruck der aufgestauten Emotionen, die sie miteinander herumgetragen hatten? Wie auch immer. Ragnar wusste nur eines: Er wollte mehr davon, viel mehr. Mit leuchtenden Augen blickte er Nathan an, als dieser sich löste, ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er sah, wie atemlos auch Nathan war. Als er die Worte des anderen hörte, schluckte er und sah ihn mit einem Hauch von Verzweiflung an. Diese Stimme des anderen hatte ihm erneut einen unglaublichen Schauer den Rücken hinunterrieseln lassen. Nathans Stimme war so unglaublich erotisch, wenn er erregt war, dass es jeden Erotikfilm millionenfach in den Schatten stellen würde. Doch Nathan hatte letztlich recht. Aber sie konnten jetzt nicht hier übereinander herfallen. Es ging nicht. Das war nicht der Ort dafür. Und so nickte er nur und fügte an. "Das ist Folter", wisperte er atemlos. "Das ist unglaubliche Folter..." Er schluckte und überlegte, ob er nicht doch den anderen dazu verführen sollte, oder nicht. "Ich werde kommen, sobald ich kann... Und ich fürchte ich werde dich die ganze Nacht nicht schlafen lassen können." Mühsam löste er sich von Nathan, unwillig an seinem Hemd zupfend. "Ich denke du solltest schnell gehen, bevor ich mich nicht mehr beherrschen kann und dir sofort die Kleider vom Leib reiße", wisperte Ragnar und erhaschte sich noch schnell einen Kuss, bevor er sich zusammenriss und wirklich einen Schritt zurücktrat. "Ich bring dich noch zu deinem Auto…" Sie verließen das Zimmer, Ragnar schnappte sich seine Jacke, um seine Waffe zu verdecken und gemeinsam verabschiedeten sie sich mit einem sanften Kuss am Auto. Kapitel 100: Menschlichkeit --------------------------- Ragnar Der Tag schien heute gar nicht enden zu wollen. Ragnar war zwar durch den Ausgang ihres Gesprächs mehr als beflügelt, aber das schien sich nicht auf die Uhr auszuwirken. Dennoch war ein Lichtblick vorhanden. Obwohl Simon am Sonntag für sie eingesprungen war, übernahm jener auch an diesem Abend das Zusperren. Und so konnte sich Ragnar noch vor 0 Uhr auf den Weg machen, um um 0 Uhr bei Nathan zu klingeln. Als dieser ihm aufmachte, zögerte Ragnar keine Sekunde, den anderen in einen fordernden Kuss zu ziehen, so dass dieser noch die Tür kurz zuknallen konnte, bevor sie dort weitermachten, wo sie am Nachmittag aufgehört hatten. Erst als sie ihrer Begierde nachgekommen waren, gab es wieder Platz zu reden. Ragnar hatte seinen Kopf auf die Schulter des anderen gebettet und streichelte den schönen Mann sanft über den Oberkörper. "Danke für dein Vertrauen, uns eine Chance zu geben", murmelte er. "Ich werde dich nicht enttäuschen." Er blickte hoch zu dem anderen, suchte dessen Augen im Halbdunkel. "Du hast angedeutet, dass du mich aus meiner Wohnung draußen haben möchtest, weil ich nicht mehr 'hausen' soll. Wenn du dich an den Medikamenten wirklich beteiligst, dann habe ich genug, mir eine schönere und größere Wohnung zu leisten. Ich habe meine jetzige Wohnung schon sehr lange. Als ich in Europa war, hatte ich sie nur zwischenvermietet. Danach hab ich zwar wesentlich mehr Geld verdient, aber es blieb kaum etwas übrig davon. Es hat ziemlich lange gedauert, bis die Medikation ausgelotet war und auch jetzt scheint es immer noch nicht ganz zu passen. Aber das ist nur eine Frage der Zeit." Er lächelte matt, hatte ihn die Nachricht, dass seine Viruslast hochgegangen war, doch zunächst beunruhigt. Nathan Nach seinem...Besuch im Lady Dream, bei dem er Ragnar noch äußerst frech zugeraunt hatte, dass jener wirklich 'kommen würde, sobald er konnte', fand Nathan es schwierig wieder ins Büro zu fahren und sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Noch schwieriger als die letzten Tage schon, wo er sich kaum lange genug konzentrieren konnte, um wirklich ein paar Dinge erledigt zu bekommen. Und obwohl er sich sehr gern den restlichen Tag freigenommen hätte, sparte er sich das für morgen Vormittag auf. Es war besser seine freie Zeit mit Ragnar zu verbringen, als jetzt zuhause zu sitzen und sich dann doch fragen zu müssen, was jener schon alles erlebt und getan hatte. Das wäre nicht gut. Er wollte nicht an zwei Seiten gleichzeitig arbeiten und momentan würde er seine Energie lieber in Ragnar selbst stecken. Nur so ließe sich etwas aufbauen, das auch mit dieser Seite klarkäme. Oder sie zumindest als gegeben akzeptierte. Aber verflixt, dieser Tag wollte nicht enden. Ein Kundengespräch nach dem nächsten, Planungen noch und nöcher sowie Terminsetzungen ohne ein Ende in Sicht zu wissen - und trotzdem schien sich alles wie in Zeitlupe zu bewegen. Es war grässlich. Vor allem da ihn sein Körper ständig daran erinnerte, was früher oder später heute noch auf ihn warten würde. Ragnars Worte von einer Folter schienen ihm gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt zu liegen. Weshalb er schließlich doch ein wenig früher als sonst aufhörte und von Zuhause aus mit seinem Vater telefonierte. Ihm war da eine Idee gekommen, bei der es nicht in seiner Macht lag sie einfach nur zu entscheiden. Nein, dabei müsste er um Erlaubnis und um das richtige Objekt fragen. Er hörte die Überraschung in der Stimme seines Dads, aber auch Papierrascheln und leises Fluchen. Und tatsächlich schien er heute Glück zu haben, denn es gab sogar zwei Objekte, die dafür in Frage kämen und die er verwenden dürfte. Ja, niemand konnte bestreiten, dass es ein Privileg war, in solch einem Elternhaus aufzuwachsen. Bei Eltern, die ihn liebten und ihm halfen, wann immer er nach Unterstützung fragte. Ohne ihn selbst dabei zu hinterfragen. Das war aber auch irgendwie eine Eigenschaft, die in der Familie weitervererbt wurde. Nathan selbst hasste es, nachfragen zu müssen. Gerade bei Dingen, bei denen man es eigentlich als selbstverständlich ansehen müsste, dass sie einem erzählt wurden. So gab er Alan Gardner ein paar lose Informationen, was er mit einem der beiden Objekte zu tun gedachte, und damit schienen dann beide Seiten zufrieden zu sein. Sein Dad versprach, die Informationen dazu durch zu faxen und Nathan bedankte sich für die Unterstützung. Als Ragnar dann gegen 0 Uhr endlich vorbeikam, fühlte er sich wie ein ausgehungerter Wolf und dankenswerter Weise schien er mit diesem Gefühl nicht alleine zu sein. Und als Ragnar danach seinen Kopf auf seiner Schulter gebettet hatte und ihm sacht streichelte, hätte Nathan nicht befriedigter oder zufriedener sein können. Das war so ziemlich genau das gewesen, was er gebraucht hatte. War es genaugenommen immer noch. Nähe und Berührungen waren ganz weit oben auf seiner Liste und er wäre relativ zufrieden jetzt die Augen zu schließen und einfach nur zu genießen, während seine Hand selbst Zeichen auf Ragnars Rücken malte. Doch er war weder erstaunt noch erbost darüber, als jener begehrenswerte Mann anfing zu sprechen und als Ragnar sich ein wenig aufrichtete wandte er den Kopf, um ihn anzusehen. Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen, bevor er sich selbst ein wenig aufrichtete und einen zärtlichen Kuss auf Ragnars Mund hauchte. "Bedeutet das, du willst die Wohnung im Grunde behalten? Als Rücklage? Vielleicht solltest du dir überlegen sie noch einmal weiter zu vermieten. Und was das Ausziehen betrifft..", mit der freien Hand griff er zum Nachtkasten und schaltete die Lampe darauf an, einige Zettel von dort ergreifend. "Ich habe heute mit meinem alten Herren telefoniert, weil mir eingefallen ist, dass er vor einiger Zeit mal über irgendwelche Immobilien hier in New York gejammert hat." Er reichte Ragnar die Zettel. "Das hier wären zwei Wohnungen, die dich nur den Selbstkostenpreis kosten würden. Sie sind von der Quadratmeterzahl nicht ganz so groß wie meine, aber ich glaube du brauchst auch kein Klavier und Kinderzimmer. Die eine ist tatsächlich nicht einmal so weit von hier entfernt." Von beiden Wohnungen war der Grundriss dabei sowie Bilder davon, wie sie momentan möbliert waren. "Eindeutige Fehlkäufe meines Vaters, die ursprünglich nicht zur Vermietung, sondern als Wohnungen für meine Eltern und mich gedacht waren. Aber meiner Mum waren sie zu klein und mir wurde nichts davon gesagt, bis ich die hier gekauft hatte." Nathan schüttelte den Kopf. "Sie sind also mit der Einrichtung zu haben. Was natürlich nicht bedeutet, dass du eine davon nehmen musst, es ist nur ein Vorschlag." Er hob die Hand, um durch Ragnars weiches Haare zu streicheln, während dieser sich die Daten der Wohnungen ansah. Zumindest bis Nathan etwas einfiel. "Was meint Cole eigentlich damit, dass dich deine Blutwerte fertig machen?" Ragnar Überrascht blickte Ragnar auf die Papiere, die ihm gereicht wurden. Er drehte sich so, dass er auf dem Bauch zum Liegen kam, um sich auf den Ellbogen abzustützen und die Hände frei zu haben. Während er den Erklärungen des anderen lauschte, betrachtete er die Grundrisse und Bilder der Wohnungen. Er war sichtlich überrascht. Dass Nathan so schnell Nägel mit Köpfen machen wollte, aber darüber sollte er sich eigentlich nicht wundern. Dennoch überfuhr ihn das gerade ein wenig. Er war, was Veränderungen betraf, eher ein langsamerer Mensch, der es sich gerne genau überlegte, was er tat. Meistens zumindest. Für ihn war klar, dass er etwas ändern musste. Es war letztlich die Bedingung dafür, dass er hier sein durfte, und darüber hatte er nicht nachdenken müssen. Sein bisheriges Leben ein wenig zum positiven hin zu verändern, war etwas, worüber er nicht hin und her überlegen musste. Nachdenklich musterte er die Bilder, die sanften Streicheleinheiten und die Hand in seinen Haaren genießend. Es waren unglaublich schöne Wohnungen. Ähnlich hell und großzügig, wie die von Nathan. Die Einrichtung war ungewöhnlich perfekt. Offensichtlich von einem Designer, der es verstand, schlicht und schön eine Wohnung einzurichten. In der einen Wohnung glich das Wohnzimmer einem Ballsaal. Brauchte er das überhaupt? Auch wenn es offensichtlich günstig war. Nathans Eltern mussten wirklich verdammt reich sein, wenn sie einfach so mal zwei Wohnungen zur Verfügung hatten, die leer standen. Sollte er das Angebot wirklich annehmen? Würde er sich damit nicht abhängig machen? Einen Teil seiner Freiheit aufgeben? Hätte er dann nicht das Gefühl, eine Verpflichtung gegenüber Nathan zu haben? Allerdings schien Nathan sehr viel daran gelegen, dass er bald aus seinem Loch herauskam. Und hinsichtlich seiner manchmal nicht ganz so heiteren Stimmung, in die er in seiner Wohnung gerne einmal verfiel, wäre es wahrscheinlich wirklich nicht verkehrt, sich etwas Schöneres zu leisten. Ob Cole noch immer das Angebot aufrecht hielt, ihm mehr zu zahlen? Er hatte es bisher immer ausgeschlagen, weil er so ganz gut zurechtkam. Aber vielleicht würde er es jetzt doch brauchen können. Auch wenn sein Beruf dann absolut nicht mehr zu seinem Lebensstil passen würde, oder? Wobei Cole sich ja auch dieses unglaubliche Loft leistete. Ob jener überhaupt Geld sparte? Mit wie viel Nathan wohl an den Arztrechnungen Anteil nehmen würde? Wenn er ein Viertel davon zahlen würde, könnte er im Monat bestimmt um die 500$ sparen, zumindest im Durchschnitt. Fragen über Fragen, aus denen er jäh gerissen wurde, als Nathan ihm seine letzte Frage stellte. Überrascht blickte er den anderen an. Einen Moment schwieg er. "Ich hätte Cole vorhin doch die Gurgel umdrehen sollen, wie ich es eigentlich geplant hatte, als ich dich im Lady-Dream auftauchen gesehen habe. Stattdessen habe ich ihm auch noch einen Kuss gegeben, als Dankeschön...", knurrte er und seufzte tief. Er legte die Unterlagen der Wohnungen kurz aus seinen Händen. "Ich war am Montag beim Arzt, um meine Blutuntersuchungsergebnisse abzuholen, weil mir in letzter Zeit die Medikamente nicht so gut bekommen sind. Ich wollte einfach wissen, ob sich etwas geändert hat oder ob es irgendwelche Probleme gibt. Mein Arzt hat mir gesagt, dass die Viruslast in meinem Blut angestiegen ist. Sie war bisher konstant um die 800, was ein normaler Wert bei der Therapie ist. Aber jetzt sind sie auf 1600, was auch noch im 'normalen' liegt, aber jetzt muss einfach beobachtet werden, ob es noch weiter ansteigt. Zum Glück ist die CD-4-Zellen-Zahl noch nicht gesunken. Aber sicherheitshalber hat der Arzt die Dosis verändert, was dafür sorgt, dass ich täglich meine Kloschüssel küsse. Wobei ich nicht genau weiß, inwieweit es auch die Situation war, dich verloren geglaubt zu haben, die mich dazu brachte, dass mir ständig übel war." Er lächelte kurz und blickte etwas unsicher auf seine Hände. "Ich bin am Freitag noch einmal beim Arzt, dann wird sich herausstellen, ob die Viruslast weiter steigt." Er schwieg einen Moment und beugte sich dann zu dem anderen Mann, um ihn sanft zu küssen. "Aber eigentlich muss ich mir noch keine großen Sorgen machen. Leichte Schwankungen sind normal. Die Frage ist, ob es konstant ansteigt, oder am Ende sogar sprungartig. Es gib viele Infizierte, die nicht regelmäßig zur Blutkontrolle gehen, vor allem, weil sie es sich nicht leisten können. Daher bekommen viele es auch kaum mit, wenn sie mal mehr, mal weniger haben. Ich gehe aber recht häufig. Ich brauche diese Sicherheit, dass die Werte normal sind, irgendwie. Sonst geht es mir psychisch nicht ganz so gut." Seine inneren Augen glitten zurück zu jenen Szenen, die er hatte erleben müssen, als er aus Europa mit dem Schiff zurückgekommen war. Er hatte aus unbegreiflichen Gründen Angst gehabt, zu fliegen. Deshalb war er mit dem Schiff gefahren und hatte während seiner gesamten Überfahrt seine Kabine nicht verlassen. Er wusste erst seit etwa 3 Wochen, dass er positiv war. Und in dieser Zeit war verdammt viel geschehen. Dinge, an die er nicht mehr denken wollte. Damals hatte er das erste Mal diese unglaubliche Todesangst gespürt, die auch jetzt noch manchmal von ihm Besitz ergriff, ihn würgte und beutelte, ihn festkettete und in eine Tiefe zog, vor der er so viel Angst hat, aber gegen die er sich nicht wehren konnte. Er schüttelte leicht den Kopf und schüttelte die Gedanken ab. Jetzt war es anders. Jetzt hatte er mehr Hoffnung. Hoffnung, die ihm seine Gefühle zu Nathan, die ihm Nathan selbst gab. "Und was die Wohnungen betrifft", er blickte Nathan mit einem sanften Lächeln an. "Du bist wirklich ein Mensch, der genau weiß, was er möchte und gerne gleich Nägel mit Köpfen macht. Aber keine Sorge, das stört mich nicht. Ich finde es faszinierend und ich bin dir dafür sehr dankbar." Sein Blick glitt wieder zu den Wohnungen. "Ich werde sie mir ansehen, aber ich werde mich auch anderweitig umsehen. Ich brauche nichts sehr großes, nur etwas, was vielleicht ein wenig komfortabler ist und nicht so dunkel. Ich werde mich darum kümmern, aber ich kann nicht so gut, solche Entscheidungen aus dem Bauch heraus fällen. Und ich weiß noch nicht genau, ob ich dieses Angebot wirklich annehmen kann. Ich verdiene ja auch nicht ganz schlecht. Und ich möchte nicht zu abhängig werden. Wenn ich nichts finde, was unseren Vorstellungen entspricht, werde ich gerne auf das Angebot zurückkommen. Ok?" Er blickte Nathan wieder an. "Und ob ich meine alte Wohnung behalten möchte, weiß ich auch noch nicht. Ich habe heute das erste Mal mit dem Gedanken überhaupt gespielt. Ich kann es dir einfach noch nicht sagen. So schnell bin ich nicht." Er lächelte entschuldigend. Antonin Auf und ab. Und wieder rauf, und wieder runter. Antonin fühlte sich wie ein eingesperrter Tiger, der in seinem Käfig hin und her marschierte ohne tatsächlich eingesperrt zu sein. Er war inzwischen schon wieder geraume Zeit auf den Beinen, wartete nur darauf, dass die dämliche Uhr sich weit genug bewegen würde, damit er endlich loskönnte um Cole abzuholen. Schuld an seinem Bewegungsdrang trug Tayras letzter Anruf. Sie entband ihn mehr oder minder von seiner Aufgabe, indem sie Nicholas in ihre Heimatstadt überführen ließ, um ihn dort beerdigen zu lassen. Seine Freundin hatte ruhig geklungen, fast ein wenig kühl, als sie ihn darüber informierte, dass sie eine Weile bei ihren Eltern bliebe. Tamara bräuchte jetzt ein Stück Familie, selbst wenn sie wohl noch nicht wirklich begreifen würde, was mit ihrem Daddy passiert war. Es trieb Antonin die Wände hoch, obwohl es ihn eigentlich erleichtern sollte. Ob es an der Frage lag, ob er der Beerdigung beiwohnen wollte? Nun, natürlich wollte er nicht. Was er der Frau auch mehr oder minder sanft verklickert hatte. Ihn interessierte es herzlich wenig, wenn da ein sogenannter Geistlicher Gottes sinnlosen Segen verteilte. Nicholas war ebenso gottlos wie er selbst gewesen. Man glaubte in diesem Beruf nicht an höhere Mächte, die angeblich jeden Menschen liebten und auf die ein oder andere Art und Weise auf jene aufpassten. Es war hirnrissig. Eine Lüge, die erfunden wurde, um selbst den hoffnungslosesten Menschen etwas zum festhalten zu geben. Aber Antonin brauchte nichts zum festhalten. Er hatte aufgehört zu fallen. Was er brauchte, war ein ruhiges Abendessen mit Cole, ein fertiges Labor und jede Menge Ruhe, um dort an seinen Formeln herum zu tüfteln. Er brauchte sicherlich KEINE leeren Worte, die tröstend sein sollten. Gerade wo er doch sowieso in die Hölle kommen würde. Er war ein schwuler Mörder. Gab es für den angeblichen Typen da oben überhaupt noch etwas Schlimmeres? Kopfschüttelnd schnappte er sich seinen Autoschlüssel, bevor er inne hielt. War Cole mit dem Auto gefahren? Ein wenig suchend sah er sich um. Was natürlich Blödsinn war. Jener hätte den Autoschlüssel auf alle Fälle mitgenommen. Hmpf. Dann eben die U-Bahn. Die Alarmanlage hinter sich wieder aktivierend, grüßte er die Nachbarin, die er inzwischen schon häufiger gesehen hatte, und wechselte einige freundliche Worte mit ihr, bevor er zur nächsten Station joggte, um die nächste Bahn zu nehmen. Er musste auf dem Weg ins Lady Dream einmal umsteigen und als er das tat kam ihm der Gedanke wie das wohl gehen sollte? Sex in der U-Bahn? Diese verfluchten Dinger waren zu jeder Zeit irgendwie besetzt und man würde sie vermutlich nicht nur an der nächstbesten Station rauswerfen, sondern vermutlich auch noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses anzeigen. Oder wie auch immer man das nennen mochte. An seiner Endstation angekommen waren es nur ein paar Minuten Fußmarsch zum Club und es tat erstaunlich gut, einfach mal ein wenig spazieren zu schlendern. Was auch an seiner Waffe liegen konnte, die er diesmal am Gürtel unter einem Pullover verborgen trug. Für ihn gab es eigentlich keinen Grund mehr, die Menschen um sich herum paranoid anzustarren. Er wurde mit einem Gruß und Handschlag vom Türsteher eingelassen und bahnte sich seinen Weg direkt zu Coles Büro, wo er sich nur noch durchfragte, ob jener gerade alleine war, bevor er ohne zu klopfen eintrat und den Mann am Schreibtisch mit einem Lächeln begrüßte. "Dein Abholdienst ist hier", grinste er und trat näher, um sich nonchalant an den Schreibtisch zu lehnen. "Allerdings kostet dieser Service extra, besonders zu dieser Tages oder vielmehr Nachtzeit. Ich hoffe Sie sind darauf vorbereitet, Mister Bossmann?" Cole Nur noch 10 Minuten, dann würde er gehen, nahm er sich vor und betrachteten den Berg an Rechnungen, die ihm vom Buchhalter vorgelegt worden waren und die er durchsehen musste. Er hatte es bereits den ganzen Tag vor sich hergeschoben, wohl weil er viel zu gut drauf war, um sich mit solchen beschissenen Aufgaben herumzuärgern. Er freute sich schon den gesamten Tag darüber, dass er den entscheidenden Plan gehabt hatte, der dafür gesorgt hatte, dass es zwischen Ragnar und Nathan keine unausgesprochenen Dinge mehr gab. Sie hatten nun die Möglichkeit innerhalb dieser klarer Verhältnisse zu versuchen, eine Beziehung zu führen. Und er hoffte für Ragnar, dass die beiden es wirklich schaffen würden. Denn das Leuchten in den Augen des anderen, als Nathan wieder weg war, war so hell, dass Cole sich an ihre Jugend zurückerinnert fühlte, als dieser Ausdruck noch häufiger in Ragnars Blick aufgetaucht war. Zumindest solange, bis seine Mutter sich umgebracht hatte. Und wenn Nathan verstand, was er ihm hatte sagen wollen, dann würde dieser hoffentlich dafür sorgen, dass Ragnar hier bald aus dem Verein draußen war. Ragnar hatte letztlich hier nichts verloren gehabt, auch wenn er seinen Job gut und unerschrocken machte, so war er doch ein viel zu weicher Mensch, ein viel zu emotionaler, sanfter Mensch dafür, um so einen Job zu machen. Das war er schon immer gewesen. Und schon in ihrer Jugend hatte er dafür gesorgt, dass Ragnar nicht in die wirklich komplizierten Dinge verwickelt wurde. Und wären die Umstände andere gewesen, hätte Cole niemals zugestimmt, dass jener hier bei ihm anfing zu arbeiten. Aber Als Ragnar ihm damals erklärte, dass es ihm aus lebenswichtigen Gründen darum ging, möglichst viel Geld zu verdienen, konnte er ihm den Wunsch nicht abschlagen. Und er hatte ihn in seiner Nähe haben wollen, um herauszufinden, welche lebenswichtigen Umstände es waren. Dass es HIV war, hatte ihn zwar sehr überrascht und ihm klar gemacht, dass das Geld nur ein Aspekt war, weshalb Ragnar bei ihm arbeiten wollte. Die Depressionen, die Cole immer wieder mitbekam, ließen ihn jetzt aber wissen, dass es nicht gut für ihn war, sein Leben so zu verbringen. Ragnar hatte ein hervorragendes Studium absolviert. Er hatte noch nie Probleme in der Schule gehabt und auch wenn sie sich bis spät nachts auf den Straßen rumgetrieben hatten, am nächsten Tag eine hervorragende Arbeit in der Schule geschrieben. Er hatte wesentlich mehr auf dem Kasten, als hier sein Leben mit Drogen und Waffen zu verschwenden, während er woanders wunderbar und einfach Karriere machen könnte. Cole war sicher, dass Nathan der Typ Mensch war, der dafür sorgen konnte, dass Ragnar sein Leben wieder selbst in die Hand nahm. Er wusste es seit ihrem ‚Gespräch‘ im Savoy. Nathan war ein sehr energischer, zielstrebiger Mensch, und das nicht nur was seine Arbeit betraf. Als es klopfte schreckte er aus seinen Gedanken hoch, auf die Uhr blickend und lächelnd feststellend, dass er die 10 Minuten verträumt hatte. Als Antonin ins Zimmer trat blickte er ihn überrascht an, erwiderte dann aber das Lächeln des anderen, der sich zu ihm an den Schreibtisch begab, bis er schließlich aufstand, um zu Antonin um den Schreibtisch zu gehen und ihn sanft zu küssen. „Hallo Sonnenschein“, sagte er leise und er spürte, dass die gute Laune, die er durch Ragnar gehabt hatte, sofort noch größer wurde, als er Antonin sah. „Nenn mich nicht Bossmann, das habe ich dir schon einmal gesagt“, knurrte er wenig ernsthaft und sah Antonin warm in die Augen, die noch immer, wie in den gesamten letzten Tagen, aufgewühlt waren. Er zog Antonin in seine Arme und küsste ihn erneut, diesmal ein wenig verspielter. „Hm, Extrakosten? Darf ich die in Naturalien bezahlen?“, raunte er gegen die Lippen des anderen und küsste sich zu dessen Hals vor, an dem er sanft knabberte. Seine Finger glitten über den Rücken des anderen, eine zu dessen Hintern, um ihn näher zu sich zu ziehen und sacht seine Lenden an denen des anderen reiben zu lassen. „Wobei“, sagte er mit einem Mal und löste sich abrupt von Antonin, um ihn anzusehen. „Ich glaube ich hätte da noch etwas anderes, wie ich meine Schulden begleichen kann.“ Er lächelte vergnügt in seinen Gedanken, löste sich ganz von Antonin, um seine Jackett zu holen und sonst im Zimmer herumzuwuseln, damit alles wieder ordentlich war und er morgen nicht erschrak, wenn er zur Arbeit kam. Dann ging er mit Antonin durch das Lady-Dream, dankte Simon noch einmal fürs Zusperren und ging mit seinem Freund zu seinem Auto. Wenig später stiegen sie vor einem großen, gläsernen Gebäudekomplex aus, in dem beleuchtete Glaskugeln zu schweben schienen. „Das ist das Hayden-Planetarium. Dort ist heute eine Sondervorführung“, erklärte er und als sie sich dem Komplex näherten, sah man, dass die ‚Glaskugeln‘ die nachgestellten Planeten waren. Cole hatte einen 'Bekannten', der sie hineinschleusen würde. Von ihm wusste er auch, dass heute Nacht um 1 Uhr Liveaufnahmen vom Saturn durch das große Teleskop übertragen werden würden. Cole drehte sich zu Antonin. „Ich weiß, dass dir eigentlich momentan wenig nach solchen Vergnügungen der Sinn stehen wird, aber wenn du dennoch möchtest, könnten wir da heute reingehen.“ Seine Augen ruhten in denen des anderen. Er wollte nicht, dass Antonin das Gefühl hatte, er würde nicht ernst nehmen, welche Sorgen jener hatte. Und sie hatten auch noch keine Möglichkeit gehabt, über Tayra so richtig zu sprechen. „Wir könnten auch einfach noch etwas trinken gehen und dann erzählst du mir von Tayra. Die Entscheidung überlasse ich dir.“ Antonin Kurz huschte ein Grinsen über seine Züge. "Und wer sagt, dass ich immer tue was du mir sagst? Ich fürchte du kannst mir dieses Wort nicht mehr abgewöhnen." Er mochte den Ausdruck, den Cole gerade zeigte. Jedesmal wenn dessen Augen so warm waren, fühlte er sich selbst entspannen. Zwar hatte er keine Ahnung darüber, was diesmal der Grund dafür war, aber das war auch relativ unwichtig. Nur zu gern erwiderte er den Kuss und schmiegte sich an seinen Freund, als dieser ihn in die Arme nahm. Für Zärtlichkeiten war er momentan mehr denn je zu haben und er genoss jede einzelne. Antonin hob eine Hand, um sie in Coles Nacken zu legen und sacht über die Haut und die kurzen Haare dort zu streicheln. Fast hätte er aufgeseuzft, als der andere sich so plötzlich von ihm löste, doch dessen Worte brachten seine Neugier zum Leben und so sah er dabei zu, wie Cole seinen Arbeitsplatz aufräumte und folgte diesem dann nach draußen. Simon nickte er nur kurz zu, sich fragend, was sein Freund wohl inpetto hatte. Als sie vor dem großen Glaskasten ausstiegen, musste Antonin den Kopf zurücklegen, um überhaupt bis ganz nach oben blicken zu können. War das ein Planetarium? Dieser Gedankengang wurde von Cole bestätigt und so wandte er den Blick von dem in seinen Augen angenehm bläulich bestrahlten Gebäude ab und sah zu seinem Freund. Dieser setzte sich auch schon in Bewegung und Antonin folgte ihm, neugierig wieder zu den Kugeln, welche wohl Planeten darstellen sollten, sehend. Das hier war mal eine ganz andere Dimension als das kleine Teleskop auf dem Dach seiner High School. Ob man die Planeten hier ganz nahe sehen können würde? Hm, gerade sprach Cole etwas Wahres an. Obwohl... so ganz stimmte es auch nicht. Er trat auf den anderen zu und ergriff eine seiner Hände, diese zu sich ziehend und einen Kuss auf die Handinnenfläche hauchend, bevor er seinen Blick von jenen hier im Licht nur schwer erkennbaren grünen Augen abschweifen ließ. Wie magisch angezogen von dem bläulichen Licht. "Ehrlich gesagt bin ich gerade für jedes bisschen Vergnügen sehr dankbar", nuschelte er, bevor sich ein kleines ironisches Lächeln auf seine Lippen schlich. "Mein Doc sagt, ich sollte möglichst viel Normalität in meinem Alltag haben. Dinge, auf die ich mich verlassen kann, auf die ich aufbauen kann. Und ist es für Paare nicht normal, hin und wieder einfach nur aus zu gehen?" Er trat einen Schritt näher und streckte sich, um Cole einen sanften Kuss zu geben. "Komm, lass uns für ein paar Stunden von diesem Planeten verschwinden. Tayra und die anderen Probleme sind auch noch da, wenn wir zurückkommen." Antonin überließ es, wie er gleich sehen sollte zurecht Cole, sie rein zu bringen, und sah sich neugierig um, während sie dem Mann folgten. Zwar würden sie keine normalen Sitzplätze mehr erhalten, doch das war zumindest ihm herzlich gleichgültig. Und als sie sich dann auf die Treppenstufen setzten, fühlte er sich fast wieder wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal im Zirkus war. Zudem Coles timing fast perfekt gewesen schien, denn die Vorführung begann, kaum dass sie saßen. Und schon mit den ersten Worten und gezeigten Bildern, entführte sie zumindest Antonin sofort in eine andere Welt. Er war schon immer wissensdurstig gewesen, wenn es Naturwissenschaften betraf, weshalb die Physik ja auch sehr lange mit im Rennen geblieben war in seinen Zukunftsvisionen. Die leise Musik, die im Hintergrund passend zu den Bildern und Erzählungen eingespielt wurde, untermalte das ganze wunderbar. Fast ein wenig abwesend tastete er nach einer von Coles Händen und lehnte sich an ihn, den Kopf auf seiner Schulter ablegend. Es war schön. Einfach schön und er fühlte sich tatsächlich zum ersten Mal seit Nicholas ihn mit zu diesem Wochenende genommen hatte, wieder wirklich sorglos entspannt. Nathan "Hm..", aufmerksam hörte Nathan zu, lächelte aber trotzdem kurz in den Kuss, den Ragnar ihm gab. "Ich finde es gut, dass du häufiger dort hingehst. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es einem wohl auch Angst macht, gerade wenn man diese Steigungen hat, aber vermutlich ginge es mir da ähnlich wie dir. Gerade was die physische Sicherheit betrifft." Sacht strich er über Ragnars Wange, dessen Mundwinkel leicht mit dem Daumen streifend, bis er ihm mit den Fingern hinters Ohr striff. "Ich würde gern einmal mit dir dort hingehen. Vermutlich noch nicht so bald, ich ahne dass es ein nicht unerheblicher Eingriff in dein Leben ist, aber doch irgendwann einmal. Ich möchte mir mehr Wissen über diese Krankheit aneignen, damit ich vielleicht im Ansatz verstehen kann, was du durchmachst." Abermals ließ er seine Hand durch das weiche Haare des anderen streichen, hin und wieder fast ein wenig spielerisch, aber doch sehr sanft an einigen Strähnchen zupfend. "Leider bin ich nicht wirklich häufig sehr einfühlsam und ich möchte vermeiden, irgendwo rein zu trampeln und dich dadurch vielleicht zu verletzen. Darin bin ich nämlich hin und wieder ganz große Klasse. Gerade wenn ich selbst Stress habe und nicht mehr so viel Aufmerksamkeit für die Menschen um mich herum übrig habe." Ja, Nathan waren die meisten seiner Schwächen durchaus bewusst. Nur waren sie das leider nie, wenn es darauf ankam, sondern nur wenn er sich die Zeit und Geduld nahm, um über eine schiefgelaufene Situation nachzudenken. Daher war es zum einen besser, Ragnar darauf vorzubereiten, und zum anderen wollte er wirklich mehr wissen. Er wollte sich selbst auch auf die eher nicht so schönen Tage vorbereiten. Denn das es jene gab, war ihm deutlich bewusst. Sein Arzt hatte es ihm gesagt und selbst Ragnar schon durch die Blume als jener meinte es gäbe Zeiten, in denen er ihn lieber nicht sehen sollte. Aber das war Humbug. Es gab nicht nur Sonnenschein im Leben, damit musste sich jeder früher oder später abfinden und in Ragnars Fall müsste es eben früher sein. Vermutlich wäre es ihm sogar lieber, jener wäre bei ihm, wenn es ihm schlecht ginge, als in irgendeinem dunklen Loch, alleine zuhause. Wobei ihm hierbei gerade einmal auffiel, dass er trotz des nachmittags gerade noch viel besitzergreifender wurde als vorher schon. War das nun ein gutes, oder ein schlechtes Zeichen? Vermutlich beides. Zum einen machte er sich natürlich Gedanken um Ragnar und diese ansteigende Viruslast. Er wollte jenen nicht verlieren oder hergeben. Dessen war es sich zu über hundert Prozent sicher. Aber gerade dessen nächsten Worte erinnerten ihn daran, dass er es manchmal übertrieb. Nathan selbst machte es nichts aus auch größere Summen für die Menschen auszugeben, die ihm nahe standen. Gerade nicht wenn es ein Mann war, in den er verliebt war. Aber jener Mann wollte natürlich zurecht auf eigenen Beinen stehen. Hatte er es also doch wieder übertrieben, hm? "Ragnar...", fing er an und suchte dessen Blick und beugte sich vor, um einen Kuss auf diese schönen Lippen zu geben. "Es tut mir leid wenn ich dich damit überfahren habe. Du hast jederzeit das Recht laut stopp zu schreien, oder auch leise zu flüstern. Ich ahne selbst, dass ich manchmal zu... nennen wir es schnell bin was diese Dinge betrifft. Aber ich möchte dir sagen, dass du damit in keinster Weise in eine Abhängigkeit rutschen würdest. Diese Wohnungen gehören meinem Vater und nicht mir. Im Grunde kosten sie leerstehend nur Geld. Geld, das du ihm ersparen würdest, indem du die Unkosten für den Strom und so weiter übernimmst. Es ist kein Vertrag, den du mit mir eingehst." Er hielt kurz inne und lächelte. "Und natürlich kannst und sollst du dich anderweitig umsehen und das nehmen, was dir am besten gefällt. Es wird ja schließlich deine Wohnung und du sollst dich dort wohlfühlen können. Es geht dabei nicht um die Wünsche von anderen Personen, sondern um deine. Und die sollten so erfüllt werden, wie du sie hast. Ich wollte dich wirklich nicht überrumpeln, das ist dann wohl ein weiterer Wesenszug von mir, mit dem du klarkommen musst." Er seufzte ein wenig und lehnte sich zurück ins Kissen. "Ich bin es gewohnt schnelle Entscheidungen treffen zu müssen, genauso wie ich es gewöhnt bin, mir das zu kaufen oder holen was ich will. Geld ist für mich nur etwas, das ich ausgebe oder nicht ausgebe. Ich bekomme es durchs arbeiten, wobei ich im Grunde rein für die Arbeit und die Herausforderung täglich aufstehe, nicht für das Geld. Ich weiß, dass das momentan einen großen Unterschied zwischen uns darstellt, aber ich halte mich nicht für einen abgehobenen Snob." Er lächelte kurz. "Das meiste hätte jeder andere auch schaffen können. Ich habe nur das Geld für den Kauf des Savoys von meinen Eltern angenommen, der Rest ist selbst verdient. Daher habe ich auch kein schlechtes Gewissen es so auszugeben wie es mir gefällt. Und in den meisten Fällen gebe ich es gerne und häufig auch für Menschen aus, die mir nahe stehen. Das trifft inzwischen auch auf dich zu, wie du wohl gemerkt hast. Gewöhn es dir hier also auch besser an, mich zu bremsen, denn ich habe dadurch schon einmal eine Beziehung zerbrochen. Oder ich denke zumindest das es daran lag." Er runzelte die Stirn nachdenklich. "Wo wirklich herausbekommen habe ich es nie wirklich, aber Robin meinte, ich hätte ihn sich klein neben mir fühlen lassen. Wobei er in meinen Augen größer war als ich… ", er zuckte mit den Schultern. "Ich hätte allerdings auch erwartet, dass er seine Probleme anspricht.." Cole "Wo du recht hast..." Cole zückte sein Handy, als er die Bestätigung von Antonin hatte, dass er sich gerne ein wenig ablenken lassen würde. Und dass sie später auch noch über die vergangene Nacht und den heutigen Tag würden sprechen können, stand tatsächlich außer Frage. "Ich bin es, Cole, lässt du mich mit meinem Freund rein?" Nur kurz dauerte das Gespräch, dann ging er mit Antonin zum Hintereingang, wo Phil wartete. Phil war einer der wenigen Männer in Coles Leben gewesen, der einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte, und mit dem Cole mehr als einmal ins Bett gegangen war. Allerdings war das schon eine Weile her und Phil war nun in festen Händen. Wenn sie sich jetzt ab und zu im Savoy trafen, unterhielten sie sich gerne, aber mehr auch nicht. Und so stellte es kein Problem dar, dass er sie einließ, Cole mit einem Lächeln, Anotnin mit einem interessierten Blick begrüßend. Dann zeigte er ihnen, wo sie sich auf die Stufen an die Wand gelehnt setzen konnten. Cole mochte das Planetarium, es war wirklich jedesmal ein Erlebnis als ob man von der Realität weggerissen wurde, um in eine andere Welt gebracht zu werden. Cole hatte seinen Arm um die Schulter seines Freundes gelegt und lauschte der Musik, den Erklärungen und den Sternbildern, die sich auf der Kuppelleinwand abzeichneten. Antonin hatte sie vorhin als "Paar" bezeichnet und er hatte sich nicht gegen den Begriff gesträubt. Und jetzt fiel ihm erst so richtig auf, wie romantisch es hier letztlich war. Er war noch nie mit einem anderen Mann hier gewesen. Auch nicht mit Phil, der ihn immer nur reingelassen hatte, nie mitgekommen war. Und nun so mit Antonin dazusitzen wirkte mit einem Mal unglaublich romantisch. Cole wusste nicht so ganz, ob das nicht ein wenig zu viel für ihn war. Allerdings konnte man sie als etwas anderes als als Paar bezeichnen? Sie lebten miteinander, sie teilten alles miteinander, sie hatten ein ausgeprägtes Sexleben und Cole stellte überrascht fest, dass ihm das genug Befriedigung verschaffte, dass er seit langem keinen anderen Mann mehr gebraucht hatte. Gut, das lag wohl auch daran, dass er wusste, wie wichtig es war, dass er zu Antonin nach Hause kam, wenn er gearbeitet hatte, wie dringend jener ihn brauchte. Aber war nicht genau das eben jenes 'in guten wie in schlechten Zeiten'? Dieses für-einander-da-sein, von dem man so viel hört, wenn man mit anderen darüber diskutierte, ob eine feste Beziehung wirklich so bedeutend sei. Eigentlich interessant, dass er immer der Meinung gewesen war, dass dem eben nicht so ist. Sah er es mittlerweile anders? Irgendwie schon, es war anders geworden, weil er spürte, dass es auch seine Vorzüge hatte, nach Hause zu kommen und zu wissen, dass dort jemand auf ihn wartete, der ihn genauso sehr brauchte wie man selbst den anderen. Sacht strich seine Hand an der Schulter des anderen auf und ab. Bedeutete das jetzt auch, dass es wirklich Liebe war? War er in Antonin verliebt? Dieser Gedanke verwirrte Cole ein wenig. Was war Liebe eigentlich? Gab es eine Definition? Und traf diese auf sie, nein auf ihn zu? Was er wohl sagen würde, wenn Antonin ihm sagen würde, dass er ihn liebte? Und könnte er solcherlei Dinge dem anderen jemals sagen, wenn er denn wirklich lieben würde? Aber Antonin hatte unter jenen Brief ‚In Liebe‘ geschrieben… Und letztlich ließ Antonin ihn das doch auch spüren… Cole schloss einen Moment die Augen mit dem Vorhaben, diese Gedanken loszuwerden. Dann blickte er auf Antonin, der fasziniert zum Firmament blickte. Die Sterne spiegelten sich in den Augen des anderen wieder und das Licht schien von dem Blau aufgesogen zu werden. Antonin war wirklich ein unglaublich schöner Mann, eigentümliche aber sehr hübsche Gesichtszüge. Sanft küsste er den anderen auf die Wange und stahl sich daraufhin einen zärtlichen Kuss, als jener ihn ansah. Dann blickte er wieder zum Sternenhimmel, spürend, wie ihn diese romantischen Gefühle überfuhren. Was hatte ihn eigentlich geritten, Antonin hierher mitzunehmen? An so einen romantischen Ort... Der Gedanke an Sex war gerade mehr als präsent in seinem Kopf, aber da würde er sich gedulden müssen. Hier war es eher weniger möglich über Antonin herzufallen. Also lieber nicht weiter riskieren, dass die Begierde weiter anwuchs. Ragnar Ruhig blickte Ragnar den Mann neben sich an, der ihm so sanft durch die Haare streichelte und ihm gerade sagte, dass er gerne ein größerer Teil in seinem Leben sein würde. Gut, das hatte er jetzt schon häufiger gehört, aber dass jener ihm nun offenbarte, dass er gerne auch aktiv an seiner Krankheit teilnehmen wollte, war ein wirklich großer Schritt, der Ragnar freute. Eigentlich waren die Leute, mit denen er bisher zu tun gehabt hatte eher immer von der Sorte gewesen, dass sie gerne gar nicht über das Thema redeten, es lieber tot schwiegen. Nathan wollte aber ganz offensichtlich genau das Gegenteil und das war schön so. Als Antwort küsste er Nathan erst einmal. „Ich nehme dich gerne irgendwann mit, wenn du das möchtest“, flüsterte er gegen die Lippen des anderen, bevor er sie noch einmal versiegelte. „Und ich finde dich sehr einfühlsam, Nathan, einfühlsamer als alle Menschen, die ich je getroffen habe.“ Er lächelte den anderen an. „Aber vielleicht habe ich dich auch einfach noch nicht gestresst erlebt. Demnach werde ich darauf vorbereitet sein, wenn es soweit ist. Und dann falls du irgendwo reintappst, dann sage ich dir rechtzeitig Bescheid. Damit habe ich normalerweise kein größeres Problem.“ Aus seinem Lächeln wurde ein leichtes Grinsen. Sacht stupste er die Nasenspitze des anderen mit seiner an, bevor er ihn noch einmal küsste. Ja, sie hatten noch viel voneinander zu lernen. Im Moment könnten sie nicht sagen, dass sie sich wirklich kannten. Aber das war ja letztlich das Schöne am Beginn einer Beziehung. Alles war neu, alles war aufregend und alles war schön. Und nach und nach würde sich erst herausstellen, ob sie den großen Kompromiss einer Beziehung wirklich eingehen können oder nicht. Und im Moment war für Ragnar alles wunderbar. und zumindest wussten sie bereits einiges wichtiges übereinander und hatten kein Problem damit, andere Dinge, die sie noch nicht wussten, zu hinterfragen. Seine Augen glitten über die Grundrisse der Wohnung. Es würde einige Arbeit auf ihn zukommen in nächster Zeit, um sein Chaos zu ordnen, auszumisten, einen Umzug vorbereiten und natürlich erst einmal eine Wohnung finden. Aber irgendwie freute er sich schon darauf. Als er seinen Namen hörte blickte er Nathan an, ließ sich gerne küssen und hörte den fast schon entschuldigenden Worten des anderen zu. Er nickte nachdenklich. „Ich werde es mir wirklich überlegen. Die Wohnungen deines Vaters sind traumhaft. Es wird sich in den nächsten Tagen zeigen, welche Möglichkeiten ich überhaupt habe.“ Er lächelte. „Und mit deiner impulsiven, voranstürmenden Art komme ich gut zurecht, solange du mit meiner ruhigeren Art zurechtkommst. Ich bin bei sowas eher dann wohl der Ruhepol von uns beiden. Wichtig ist letztlich nur, dass man sich zuhört, wenn der andere nicht mehr mitkommt oder zu schnell voranprescht. Und ich melde mich, wenn ich mich überfahren fühle. Ich bin schließlich schon seit etlichen Jahren mit Cole befreundet, da lernt man den Mund aufzumachen, wenn einem was nicht passt.“ Er grinste leicht und zwinkerte dem anderen zu. Ragnar drehte sich wieder zur Seite und betrachtete Nathan, als dieser von seinem Werdegang berichtete. Unabhängigkeit durchzusetzen, wenn man es sich eigentlich auch gemütlich machen könnte, war eine unglaubliche Stärke. Wie oft hörte man, dass gerade die Kinder reicher Menschen es nie schafften, wirklich eigenständig zu sein. Paris Hilton war wohl ein Paradebeispiel. Letztlich hatte sie sicher ihre eigene Art sich zu verkaufen, aber möglich machte das alles nur das Vermögen ihrer Eltern. Umso sympathischer war es, dass Nathan das nicht gewollt hatte. „Deine Eltern sind sicher sehr stolz auf dich“, meinte er schließlich. „Deine Mutter ist Schauspielerin, richtig? Ich habe die DVDs gesehen. Und dein Vater wird wohl auch in dieser Branche irgendwie unterwegs sein. Ich finde es toll, dass du dich nicht auf ihren Lorbeeren ausgeruht hast, sondern eigenständig dich zu dem gemacht hast, was du bist: ein erfolgreicher Geschäftsmann, der darüber hinaus eine Seele von einem Mensch ist. Du bist also etwas völlig anderes als ein Snob. Und: Ja, wir entspringen völlig verschiedenen Welten. Gerade was Geld und Wohlstand betrifft. Und vielleicht wird es da noch ein paar Reibungspunkte geben. Gerade was das Thema Geld betrifft bin ich selbst gerne völlig unabhängig, weil ich es immer schon sein musste. Meine Mutter hatte kein Geld für mich übrig, und als sie gestorben ist, musste ich mir mein Studium erst recht selbst finanzieren. Demnach werde ich schreien, falls du zu großzügig zu mir sein solltest, glaub mir, ich werde laut schreien. Aber hinsichtlich der Medikamente, werde ich es akzeptieren, wenn du mich unterstützt. Das gehört schließlich zu unserer Abmachung. Und es beruhigt mich zu wissen, dass es dir wohl nicht weh tun wird, ein bisschen beizusteuern. Solange du nicht das Gefühl hast, ausgebeutet zu werden, und ich nicht das Gefühl habe, dich auszubeuten, sollte es doch letztlich alles in Ordnung sein.“ Hinsichtlich Nathans letzten Kommentars über Robin schwieg Ragnar kurz. Jener habe sich zu klein neben Nathan gefühlt? „Ich denke ich kann nachvollziehen, dass man sich klein fühlen kann, wenn man jemandem begegnet, der so viel selbst, aus eigener Kraft und erfolgreich geschaffen hat. Aber dieses Gefühl verbinde ich entweder mit Unmündigkeit – also, dass man seiner Selbständigkeit beraubt wird – oder mit Eifersucht, jeglicher Art. Diese Eifersucht kann entweder auf die Eigenständigkeit des anderen, oder auf seinen Wohlstand oder seinen Erfolg sein. Ich kenne Robin nicht, aber vielleicht hatte er kein Selbstwertgefühl, das deinem entspricht. Oder er hatte das Gefühl, sich neben dir beweisen zu müssen, dass er es genauso weit bringen kann. Ich weiß es wie gesagt nicht. Aber eines ist klar, dass eben jene Kommunikation, die in einer Beziehung das wichtigste ist, nicht gestimmt hat. Ich gebe dir recht, dass er dir da viel früher etwas hätte sagen müssen. Und ich verspreche dir, dass ich es dir auch sofort sagen werde, wenn ich das Gefühl habe, kleiner gemacht zu werden. Auch wenn ich es noch nicht abschätzen kann, in welcher Situation das sein könnte.“ Kurz überlegte er noch, dann fügte er hinzu. „Es belastet dich noch immer, dass ihr euch aus diesem Grund getrennt habt, oder?“ Nathan Sehr zufrieden mit Ragnars Reaktion auf seine Bitte, diesen einmal zum Arzt begleiten zu dürfen, verhinderte er nach einem der Küsse, dass jener sich zurückzog und vertiefte den Kuss. Momentan wirkte alles am anderen anziehend auf ihn, gerade wenn sie hier so lagen - nackt - und sich unterhielten. Wobei es ihm auch der Geschmack ihrer Küsse angetan hatte. Leicht in den Kuss seufzend, löste er ihn schließlich, noch ein paar weitere gegen dessen Lippen hauchend. "Ich verlasse mich darauf, dass du das wirklich tust, Mogli", flüsterte er. "Auch wenn ich dich vielleicht tatsächlich ständig in meinem Blickwinkel habe, wäre es sehr gut auf alles andere vorbereitet zu sein." Doch dann hob sich gespielt streng eine Augenbraue. "Ich bin nicht impulsiv", maulte er. "Impulsivität bedeutet gedankenlos den ersten Eingebungen zu folgen, oder etwa nicht? Aber wenn dem so ist, dann bin ich höchstens entscheidungsfreudig, junger Mann", er strich mit seiner Nase sacht über die des anderen Mannes und sah ihm in die Augen. "Meine Entscheidungen haben meistens Hand und Fuß, es lohnt sich also selten über das 'wie' mit mir zu diskutieren. Höchstens über das 'ob' und 'wann'." Er schmunzelte. "Wobei man mich gern auf Fehler in meinen Gedankengängen hinweisen kann, dann wird sich das 'wie' automatisch dazu ändern." Er zog sich ein wenig zurück, während er über seine Vergangenheit sprach und beobachtete dann Ragnars Reaktion darauf. Nicht um auf etwas Bestimmtes zu achten, sondern weil es ihm dessen größere und kleinere Reaktionen beim Nachdenken irgendwie gefielen. Und als jener begann zu sprechen hörte er ein wenig nachdenklich geworden zu und nickte schließlich. "Ja, sie sind stolz auf mich und ja, Sherlock, meine Mutter war Schauspielerin. Sie gab es auf, als sie schwanger wurde und ist inzwischen nur noch nebenberufliche Beraterin einer Schauspielschule." Er lächelte. "Mein Dad ist inzwischen alles und nichts. Er produziert Filme und stellenweise werden sie in eigenen Studios gedreht. Im Grunde wollten sich beide schon aus dem Arbeitsleben zurückziehen, aber sie können nicht ganz ohne ihren Beruf." Nathan zuckte mit den Schultern. "Man kann in meiner Familie einfach nicht zu lange still sitzen bleiben. Aber es freut mich, dass du mich ebenfalls nicht als Snob siehst, wobei ich das mit der Seele von einem Menschen auch hin und wieder bezweifle." Er lächelte Ragnar warm an. "Ich hatte es bestimmt leichter als du, wenn ich dir so zuhöre, und es ist gut, dass du dich an die Abmachung hältst, denn dann kann ich ein wenig dieser Leichtigkeit abgeben. Und es tut mir leid für dich, dass du deine Mutter so früh verloren hast. Das war bestimmt doppelt schwierig für dich." Er seufzte und richtete sich abermals ein wenig auf, Ragnar zu sich ziehend und ihn umarmend. "Wir raufen uns hinsichtlich dessen schon zusammen. Ich habe da eher wenig Bedenken. Und wieder triffst du wohl ins Schwarze. Robin arbeitete in einem Reisebüro und irgendwie war ihm das nie genug. Er wollte weiterkommen, aber es fiel ihm nicht in den Schoß und wirklich etwas dafür tun, wie Abendkurse wollte er auch wieder nicht. Wir haben uns deswegen hin und wieder mal gestritten, wenn einem von uns wieder der Kragen geplatzt ist. Aber es kam mir ehrlich gesagt nie so vor, als wäre unsere Beziehung am kippen oder zerbrechen. Streit ist normal. Man kann sich nicht immer gut verstehen." Er verstummte als er Ragnars letzte Frage hörte und schloss die Augen kurz, bevor er sie wieder öffnete und ein wenig frustriert Luft ausstieß. "Ja, irgendwie belastet es mich schon. Ich hätte so ziemlich jeden anderen Grund verstanden und im Nachhinein wäre es mir lieber gewesen, wenn er sich einfach in jemanden anderen verliebt hätte. Die Trennung an sich war nicht leicht. Er besaß noch Gefühle für mich, vielleicht sogar noch Liebe, aber um seine Worte zu benutzen: Robin konnte einfach nicht mehr mit mir zusammen sein." Ein wenig schwerer schluckend zog er sich die Unterlippe zwischen die Zähne und schlug die Zähne in sie, bevor er sie wieder entließ. "Das ließ mich ganz schön an mir selbst zweifeln, soviel kann ich bedenkenlos zugeben." Er lächelte ein wenig schief, wandte jedoch den Blick nicht von Ragnar während dieses Gespräches. Jener sollte nicht denken, dass er noch in Robin verliebt war, denn das war er nicht. "Trotzdem habe ich nicht versucht, um ihn zu kämpfen, denn ich bin mir sicher, mich nicht soweit ändern zu können oder es zu wollen, um ihm dann wieder 'recht' zu sein. Schlussendlich haben wir wohl einfach nicht zusammengehört und er hat es früher als ich erkannt. Oder vielmehr deutlicher." Antonin Antonin lächelte, als er den Kuss fühlte, und sah zur Seite, um auch sogleich einen zärtlichen Kuss zu bekommen. Und da Cole gleich darauf wieder hinauf blickte, konnte er seinen Freund eine Weile in aller Ruhe betrachten. Etwas, das er häufiger tat, wenn es doch einmal vorkam, dass er wach war, während Cole noch schlief. Leider geschah da nicht besonders häufig, da Antonin doch einen recht hohen Schlafbedarf hatte, doch hin und wieder passierte es und dann gönnte er es sich selbst, diesen Mann zu betrachten. Und gerade wenn er schlief war das, in Ermanglung eines besseren Ausdrucks einfach nur toll. Das Gesicht seines Freundes wirkte dann immer so entspannt, ruhig und auch irgendwie zufrieden. Und die tiefen, ruhigen Atemzüge, die dessen Brust langsam heben und senken ließen. Inzwischen glaubte Antonin ihn alleine an den Atemzügen unter hundert anderen herauspicken zu können. Hin und wieder ging er sogar das Risiko ein, den anderen zu wecken, indem er ihm durchs Haar strich und dessen Gesichtszüge mit dem Finger nachfuhr. Aber bisher war Cole nicht aufgewacht, sondern hatte ihn höchstens wieder an sich gezogen, etwas wogegen Antonin gar nichts hatte. Und auch jetzt bereitete es ihm Freude Cole einfach nur zu betrachten. Zu sehen wie sich das immer mal verändernde Licht der Leinwand auf dessen Haut wiederspiegelte und die Gesichtszüge mal heller und mal dunkler präsentierte. Aber ob das hier wirklich so normal war? Vielleicht für andere Paare, aber eigentlich nicht für sie, oder? Für sie war es eher normal, sich einmal wieder über das Leben des anderen Gedanken machen zu müssen. Sich um das eigene Leben zu sorgen, sich um die Zukunft zu sorgen, sich um andere zu sorgen. Bestand ihr Leben eigentlich auch noch aus etwas anderem außer Sorge? Ständig schien alles in Bewegung zu sein und sich zu verändern. Alleine wenn man ihn selbst zur Hand nahm: Zuerst ein recht langweiliges, aber doch sehr bodenständiges Leben bei dem das spannenste noch war, sich mit Stavros um seine Testergebnisse zu streiten. Und als Cole in sein Leben getreten war, schien plötzlich alles in Lichtgeschwindigkeit zu passieren. Ein Mord jagte eigentlich den nächsten. Ein Streit folgte dem anderen. Und selbst wenn sie sich in der einen Minute versprachen, keine getrennten Aktionen mehr durchzuführen, wie damals in der Dusche als Antonin angeschossen worden war, so zwang sie das Schicksal doch ständig, wieder anders zu handeln. Sei es durch einen Gedächtnisverlust oder weil Antonin selbst viel zu viel Angst um Cole hatte, um ihn wirklich einer Gefahr aussetzen zu wollen. Und doch war es nicht er, der Cole rettete, sondern genau anders herum. Cole hatte ihn nicht auf dem Balkon sterben lassen. Cole hatte ihm als einziger die Wahrheit gesagt, als er sich an nichts mehr erinnerte. Cole hatte ihn in seinem Badezimmer gefunden und nicht an noch mehr Pillen und Alkohol draufgehen lassen. Cole hatte Nicholas kampfunfähig gemacht. Es war Cole und immer nur Cole, der ihn rettete. Physisch wie Psychisch. Warum jener ihn überhaupt noch dulden konnte, wurde ihm, jetzt wo er schonmal darüber nachdachte, immer mehr zu einem Rätsel. Was gab er Cole denn schon zurück? Er hatte sich sogar wie ein Parasit in dessen Wohnung eingenistet und verlangte quasi ständig nach dessen Aufmerksamkeit. Hatte jener überhaupt schonmal wieder loskönnen, um seiner anderen Befriedigung nachzugehen? Oder um sich in Ruhe mit Ragnar zu treffen? Um überhaupt so etwas wie ein Leben außerhalb der Arbeit und Antonin selbst zu führen? Oh Gott.. warum saßen sie hier eigentlich so eng aneinander und sahen sich irgendwelche Sternbilder an? Konnten sie sich das leisten? Konnte Antonin sich das wirklich erlauben? Lud er nicht fast von Stunde zu Stunde mehr und mehr auf Coles Schultern, obwohl es ja einmal seine Aufgabe gewesen war, das zu übernehmen? Hatte er nicht nochmal groß getönt, genug Platz dafür zu besitzen? Genug Stärke, um es zu tragen? Wo war diese Stärke jetzt? Wo?! Er musste hier raus… Das Lächeln auf seinem Platz behaltend beugte er sich leicht zu Cole hinüber. "Ich muss mal eben auf die Toilette. Bin gleich wieder da", flüsterte er und hauchte dem anderen noch einen Kuss auf die Schläfe. Diesmal würde er es richtig machen. Diesmal würde er dem anderen keinen einzigen Hinweis auf seinen Gemütszustand geben. Diesmal nicht. Und so stand er auf und schlich sich so leise wie möglich nach draußen, wo er jedoch nicht den Weg zu den Toiletten, sondern den zum Ausgang einschlug. Durch die Glastüren nach draußen tretend atmete er die frische Luft tief ein, lief ein paar Meter und trat dann wütend gegen den nächsten Straßenpfeiler, der den Gehweg markierte. "Verdammte Scheiße!", er hatte das Gefühl, seinen Emotionen unbedingt Luft machen zu müssen. Diese Schuldgefühle wieder loswerden zu müssen, bevor sie wirklichen Schaden anrichten konnten. Nur wie? Und wo? Er begann dem Weg ziellos zu folgen, ohne auch nur einmal zurück zu blicken. Würde er zurücksehen, würde Antonin wieder nachgeben und zurück an die Seite des Mannes kehren, den er liebte. Aber gerade konnte er das nicht. Gerade erschlug ihn die Romantik da drinnen, die er sich unter keinen Umständen verdient hatte. Sex war das eine. Vertrautheit auch noch. Aber Romantik war zu viel. Ihre Beziehung war nicht so 'normal' und Antonin hätte es nicht verdient, wenn sie es werden würde. Er hatte einen Familienvater umgebracht. Und nicht nur irgendeinen, sondern von einer Familie, zu der er als Patenonkel irgendwie gehörte. Einer Familie, der er nicht einmal gespielten Beistand vorheucheln konnte, indem er auf die Beerdigung ging. Wie sollte er sich solche Gefühle jemals verdienen? Wie sollte er sich die ganzen großen und kleineren Gesten, die Cole ihm zukommen ließ, jemals wieder wert fühlen? Wie?! Indem er aus diesem Costello die Informationen herausfolterte, von denen er ausging, dass jener sie besaß? Ja, sicher doch. Mit noch mehr Gewalt und Blut würde er sich sicher wieder normal fühlen.. Antonin musste über sich selbst lachen, aber es war kein angenehmer Laut. Vielleicht indem er Cole wirklich wieder ein guter Guard werden würde? Indem er die Fertigstellung seines Labors vorantrieb und Blue Wonder wieder auf den Markt warf? Frustriert raufte er sich die Haare, in seinen Schritten inne haltend und nach oben, in den vor lauter Smog kaum erkennbaren Nachthimmel hinauf blickend, ganz als erhoffte er sich dort die Antwort auf seine vielen Fragen zu finden. Aber gab es überhaupt eine richtige Antwort? Ohne es zu wollen drehte er sich um 180 Grad. Er dürfte jetzt im Grunde gar nicht so einfach verschwinden. Cole würde sich Sorgen machen und jener hatte es auch gar nicht verdient, dass er ihn so einfach sitzen ließ. Aber könnte er jenem wieder so einfach gegenüber treten? Jetzt wo er diese Art der Gefühle, die er die ganze Zeit erfolgreich zurückgedrängt hatte, zuließ? Einen unwilligen Laut von sich gebend, wandte er den Blick vom Himmel, zurück in Richtung des inzwischen doch ein ganzen Stück entfernt liegenden Planetariums. Ragnar „Ist gut, ist gut“, Ragnar hob beschwichtigend die Hände und lachte leise, als er die anklagenden und zurechtweisenden Worte hörte. „Impulsiv war wirklich das falsche Wort für einen zielstrebigen Menschen, der weiß, was er will.“ Er lächelte den anderen sanft an. Ragnar hob die Hand und streichelte dem anderen über die Wange. Nathan war so unglaublich schön. Und hier zu liegen, in dieser unglaublichen Vertrautheit grenzte schon fast an ein Wunder, von dessen Existenz er heute Morgen noch nichts gewusst hatte. Er seufzte innerlich, sich der Worte erinnernd, die Nathan vorhin gebraucht hatte: Er wolle nicht, dass er in einem Loch sitze. Ob sich diese Gefühle ändern werden, wenn er umgezogen ist, wenn er mit Nathan zusammen ist. Ob es ihm dann besser ging, er seltener oder gar nicht diese ‚Tiefpunkte‘ haben wird? Ragnar hoffte es inständig, hatte auch das Gefühl, dass er es Nathan irgendwie schuldig sein würde, und genau der Gedanke machte ihm wieder unglaubliche Angst. Angst davor, den anderen zu enttäuschen. Ragnar schob den Gedanken schnell zur Seite. Er sollte sich nicht so viele Gedanken dazu machen. „Deine Mutter ist wunderschön und sie war sicher eine erfolgreiche Schauspielerin“, überlegte er und rief sich die Bilder der DVDs vor sein inneres Auge. „Und ich glaube generell, dass man nie still sitzen kann, wenn man sein Leben lang viel gearbeitet hat. Man wird sich immer etwas suchen, worin man aufgeht, oder man zerbricht irgendwie und bekommt seinen Arsch nicht mehr vor dem Fernseher hoch.“ Ragnar hatte sich wieder auf den Bauch gelegt und legte seinen Kopf auf seine vor ihm auf einem Kissen gekreuzten Arme so ab, dass er Nathan weiter ansehen konnte. „Über leichter und schwerer würde ich mir kein Urteil fällen. Ich mag meine Jugend und auch wenn ich manchmal hungrig ins Bett bin, oder meine Mutter abends trösten musste, weil sie in einem Alkoholrausch nicht mehr verdrängen konnte, dass so einiges schief in ihrem Leben gelaufen ist, würde ich mich dennoch irgendwie als glückliches Kind betrachten. Aber das lag wohl auch daran, dass Cole für mich da war und er mir das Gefühl gegeben hat, für ihn da sein zu müssen. Ich war nie allein mit meinen Problemen und hatte neben ihm immer das Gefühl, dass nichts auf der Welt mich jemals zerstören könnte.“ Er lächelte leicht. „Dass meine Mutter früh starb war leider abzusehen gewesen. Aber das hat es sicher nicht leichter gemacht. Es war ein entscheidender Wendepunkt in meinem Leben und im Nachhinein betrachtet ist alles doch recht gut gelaufen. Bis auf das, vielleicht, was ich aus Europa mitgebracht habe.“ Ragnar sah nachdenklich aus. „Ich glaube ich bin ein Mensch, der die Vergangenheit nie so negativ sieht, wie sie eigentlich war. Allerdings hat sich das geändert, seit ich den Virus habe. Seitdem kann es mir manchmal passieren, dass ich alles sehr schwarz male und es mir schwer fällt wieder mehr Licht zu sehen.“ Ragnar schwieg einen Moment, seine Augen wirkten fern. Doch dann seufzte er und blickte den anderen wieder an, der ihn in diesem Moment zu sich zog. Nur zu gerne kuschelte er sich in die Umarmung und sanft küsste er den anderen auf das Schlüsselbein, während er den Ausführungen zu Robin lauschte, und Nathan schließlich wieder ansah. „Streiten verbindet, das gehört zu jeder Beziehung dazu, auch wenn ich ein eher harmoniebedürftiger Mensch bin, so habe ich kein Problem damit, mich konstruktiv mit Problemen auseinander zu setzen. Es kommt immer darauf an, ob beide den Streit als befreiend, oder als beängstigend empfinden. Das ist wahrscheinlich oft gar nicht so einfach zu differenzieren. Wenn man die Beziehung ohnehin schon in Frage gestellt hat, dann ist es immer leicht zu sagen, dass ein Streit nur ein Zeichen dafür sei, dass alles in die Brüche geht. Und dann ist es auch leicht, sich einzureden, nicht mehr so weiter machen zu können, weil man letztlich nicht bereit ist, sich selbst und die gesamte Situation zu hinterfragen.“ Auch er erwiderte den Blick des anderen, während seine eine Hand sanft über die Seite des anderen streichelte. Er hatte nicht das Gefühl, dass Nathan noch Robin hinterher trauerte, aber er spürte, dass ein Stück von dem Selbstzweifel durch die Trennung zurückgeblieben war. Sanft küsste er Nathan aus dem Gefühl heraus, dass dieser eigentlich unglaublich süß war, indem er ihn auf seine ‚Fehler‘ hinwies, aus Angst ihn aus den selben Gründen zu verlieren. „Ich glaube ehrlich gesagt, dass er letztlich nur nicht bereit war, sich selbst einzugestehen, dass er eine falsche Wahrnehmung hatte. Er hatte bestimmt recht, als er gesagt hatte, er könne nicht mehr mit dir zusammen sein. Aber ich denke, dass der ursprüngliche Grund dafür ein anderer war, als der, den er genannt hat. Ich glaube, dass er einfach nicht mehr mit sich selbst in dieser Beziehung klar gekommen ist. Und daher ist es auch kein Wunder, dass du dich nicht ändern wolltest und konntest. Schließlich gab es letztlich keinen Grund dafür, der einsichtig war. Und in so einer Situation ist es immer leicht, dem anderen etwas reinzudrücken, nur um sich selbst besser zu fühlen.“ Er verstummte und seufzte leicht. „Aber eigentlich sollte ich mir nicht so ein Urteil erlauben. Ich rede über eine Person, die ich nicht kenne, und habe letztlich keine Ahnung.“ Er lächelte entschuldigend. „Zumal ich gar nichts vorzuweisen habe, was irgendwie einer Beziehung gleich kommt.“ Er grinste leicht. „Als Jugendlicher habe ich mir immer das Blaue vom Himmel versprechen lassen und war enttäuscht, als am nächsten Morgen der andere mich vor sie Tür gesetzt hat. In Europa war ich nie lang genug an ein und dem selben Ort, um so etwas überhaupt zulassen zu wollen.“ Cole Cole nickte und entließ Antonin aus seiner Umarmung, als dieser ihm erklärte, zur Toilette zu wollen. Dann blickte er wieder zu den Sternbildern und lehnte sich an die Wand, um sich zu entspannen. Diese Romantik war irgendwie beklemmend für ihn. Ohne Antonin war es ein wenig leichter. Doch als sein Freund nicht zurückkehrte, wurde er langsam aber sicher unruhig. Sein Blick haftete an der Tür, durch die er kommen müsste, aber er kam und kam nicht zurück. Ob es ihm auch zu viel Romantik gewesen ist? Ob es ihm genauso die Luft zum Atmen genommen hat? Cole stand schließlich auf und ging ebenfalls raus. Sein Weg führte ihn in den Eingangsbereich, wo Phil stand und damit beschäftigt war, Prospekte aufzufüllen. "Dein Freund ist rausgegangen", sagte er als er Cole erblickte. "Ich glaube ihn beschäftigen ein paar Dinge, denn er scheint recht aufgewühlt zu sein." Cole nickte und trat an die frische Luft, was ihm erstaunlich gut tat. Dann blickte er sich um, ob er irgendwo sehen konnte, wo Antonin hingegangen war, doch er konnte ihn nirgends ausmachen. Er lehnte sich an sein Auto und überlegte, was er machen sollte. Er könnte letztlich einfach hier warten, darauf, dass Antonin zurückkam. Oder sollte er ihn suchen? Sein Blick wanderte von rechts nach links, suchend, ob er ihn mittlerweile sehen konnte. Was wohl in Antonin vorgegangen sein mag? Ob er den Besuch im Planetarium als zu 'Pärchen-mäßig' empfunden hat? Aber würde Antonin das stören? Vielleicht angesichts der Umstände, die sie momentan begleiteten. Vielleicht war es doch eine Schnapsidee gewesen, hierher zu kommen, während er eigentlich momentan ganz andere Probleme hatte, als diese grauenhafte Normalität zulassen zu können. Letztlich könnte er es gut verstehen, wenn ihn das überfordert hatte. Als er Antonin erblickte, war dieser wieder auf dem Rückweg zu ihm. Ob er ihm entgegenlaufen sollte? Ihn fragen sollte, was los war? Aber offensichtlich hatte jener Zeit für sich gebraucht. Und daher hatte er kein Recht danach zu fragen. Wenn Antonin das mit sich selbst ausmachen wollte, dann sollte er es auch tun. Und so blieb Cole einfach nur stehen, wartend, dass Antonin zu ihm zurückkehrte, ihm alle Zeit der Welt lassend. Wahrscheinlich musste Antonin über ihre Beziehung nachdenken. Und solange er sich keinen Blödsinn einredete, solange würde er nichts dazu sagen dürfen. Ob Antonin unzufrieden mit ihm war? Oder mit sich? Er hoffte, dass jener es ihm sagen würde, wenn er ihm vertraute. Und gerade in letzter Zeit hatte er das Gefühl gehabt, dass sie sich sehr nahe standen. Daher sollte es eigentlich kein Problem sein, dass er ihm alles mitteilte, wenn es etwas zum mitteilen gab. Oder? Antonin Er sah Cole schon von weitem an seinem Auto lehnen und seufzte. Hatte jener ihn also doch gesucht? War er so lange weg gewesen? Fast ein wenig zögerlich kam er näher, bis er sich wortlos neben den anderen ans Auto lehnte. So standen sie eine Weile und alleine die Anwesenheit des anderen Mannes ließ Antonin langsam wieder ruhiger werden. Die Hände in die Hosentaschen steckend, lehnte er den Kopf zurück und sah abermals hinauf in den Nachthimmel. "Wie es aussieht kann ich den Planeten momentan nicht besonders lange verlassen", fing er an und versuchte ein Sternenbild auszumachen. Etwas, das nicht besonders gut gelang. "Wenn ich andere Planeten sehe, frage ich, warum sich gerade auf unserem so etwas wie der Mensch entwickelt hat. Und was das Wort Menschlichkeit eigentlich bedeutet. Bedeutet es zu trauern? Aber das tun Elefanten auch. Bedeutet es Schutz? Aber viele Säugetiere beschützen ihre Familien. Und wenn es bedeutet zu vergeben, bin ich dann unmenschlich, weil ich es nicht kann?" Er beugte sich ein Stück vom Auto weg, um sich seine Zigarettenschachtel aus der Hose zu zupfen. Er hielt Cole die offene Schachtel hin und nahm sich dann selbst eine, um sie sich anzuzünden und den Rauch tief zu inhalieren. "Und das verwirrende daran ist, dass ich es grundsätzlich nicht kann. Ich kann weder meinem Vater nicht vergeben, noch Nicholas, noch mir selbst. Wie kann ich nur eine Minute daran geglaubt haben, es wäre in Ordnung für mich so etwas wie Normalität zu verdienen? Ständig verändern sich meine Gedanken und Gefühle zu einer Thematik und das macht mich rasend. Während ich in der einen Sekunde noch daran denke, wie gern ich dich betrachte, beginne ich in der nächsten daran zu zweifeln, ob mir das überhaupt zusteht. Ich wundere mich, warum…", er stockte und nahm einen weiteren Zug von seiner Zigarette. Antonin hatte Cole immernoch nicht angesehen, war nun dazu übergegangen den Glaskasten zu betrachten. Es fiel ihm so leichter seine Zweifel auszusprechen, etwas das er tun musste, wenn er wollte, dass Cole sich nicht übermäßig über seine Schwankungen wunderte. Noch etwas, das ihm sein Doc fest eingebläut hatte, ihm aber nicht wirklich leicht fiel. Er hatte das Gefühl, als würde Cole das nicht verstehen. Er schüttelte den Kopf leicht und setzte nochmal an. "Ich wundere mich, warum du mir nicht schon lange einen Arschtritt zur Tür hinaus gegeben hast. Und einmal mit so einem Gedanken angefangen, zieht das mehr und mehr Fragen mit sich, die ich nicht beantworten kann. Inzwischen weiß ich wieder, was für große Sprüche ich geklopft habe. Ich dachte ich könnte problemlos mehr stemmen, da meine Vergangenheit mich nicht mehr jagen würde. Jetzt ist es nicht nur seit kurzem andersherum sondern schon geraume Zeit. Weder bin ich als Guard eine Bereicherung, noch als Unterstützung im Alltag. Es kommt mir so vor als würde ich ständig zusammenklappen und immer irgendwie darauf bauen, dass du da bist, um mich aufzufangen." Er schnippte die halbgerauchte Zigarette mit einer kaum unterdrückt heftigen Bewegung weg. "Ich frage mich, was eigentlich noch mein Beitrag zu dieser Beziehung ist, auch wenn ich befürchte, dass für dich das alles aus dem Nichts kommt und vielleicht nicht nachvollziehbar ist. Trotzdem ist da das Gefühl, das nicht mehr zu verdienen, es nicht mehr wert zu sein, so etwas Schönes und auch irgendwie Romantisches wie einen Besuch im Planetarium erleben zu dürfen." Tief durchatmend fuhr er sich durch die Haare. "Was für eine Scheiße... Es tut mir leid, dich so damit zu überfallen. Ich verstehe mich momentan selbst manchmal nicht. Vielleicht solltest du wirklich mal zu so einer Sitzung mitkommen. Mein Doc hat mal so etwas vorgeschlagen, aber ich dachte das wäre nicht nötig, zudem du das vermutlich auch gar nicht willst." Nathan "Vielleicht solltest du dir überlegen Psychiater zu werden", murmelte Nathan, jede Berührung und jeden Kuss genießend. "Du analysierst nicht nur andere, dir vollkommen fremde Personen recht gut, sondern scheinbar auch dich selbst. Dabei heißt es doch, dass der Blick auf die eigene Person immer verschleiert und verzerrt ist." Er schloss die Augen, um sich besser auf den Mann neben sich konzentrieren zu können und über dessen Worte nachzudenken. "Aber ich muss gestehen, dass es mir momentan wichtiger ist, dass du deine Zukunft heller siehst, als deine Vergangenheit. Die Vergangenheit ist geschrieben, selbst wenn man sich noch so oft wünscht, etwas anders getan zu haben. Da ist es vielversprechender seine Energie auf das hier und jetzt oder auf die nähere Zukunft zu verwenden." Er lächelte kurz. "Und gerade für dich harmoniebedürftigen Menschen bedeutet das, dass du dir früher oder später ein Umfeld schaffst, in dem es möglich ist sich diese Bedürftigkeit auch zu erfüllen." Leicht öffnete er seine Augen wieder und strich ein wenig über die weiche Haut des anderen Mannes. "Zudem mir deine Art sehr gut gefällt. Ich komme bei dir so unglaublich schnell zur Ruhe und habe nicht mal mehr den Elan noch fünf Minuten über meine Arbeit nachzudenken. Und das mit deiner Beziehungslosigkeit.. nun wenn es nach mir geht, werden wir das ändern." Er grinste kurz frech, umgriff Ragnars Schulter und rollte ihn so von sich, dass jener auf den Rücken zu liegen kam. Innerhalb kürzester Zeit war er über ihn gerollt und sah ihm in die Augen. "Ich kann dir zum Beispiel einen Vorteil einer Beziehung verraten", murmelte er ein wenig heiser. "Es bedeutet, dass der Partner nicht erst stundenlang rumprobieren muss, bis er erkennt was dem anderen gefällt." Kurz blitzte der Schalk in den hellen Augen auf, als er sich herunterbeugte und einige Küsse auf Ragnars Halsbeuge hauchte, neckisch mit der Zungenspitze über die Haut glitt. "Und das beschränkt sich nicht nur auf eine Stelle...", raunte er gegen die Ohrmuschel und strich, sich selbst ein wenig anhebend, mit einer Fingerspitze ganz sacht und spielerisch langsam über Ragnars Hüftknochen, bevor er den anderen tief küsste. Wenn es nach ihm ginge, hatten sie für gerade genug gesprochen. Es konnte ja aber auch wirklich niemand verlangen, sich nicht von diesem Körper verführen zu lassen. Besonders wenn so anregende Laute aus der Kehle des anderen kamen und sich langsam aber sicher wieder Lust in dessen Augen zeigte. "Ein weiterer Vorteil ist, dass man nach dem Sex nicht einfach nur Luft holt, bis man wieder kann", murmelte er gegen die Lippen des anderen und ließ sich selbst ein Stück beiseite gleiten, um dessen sich langsam wieder aktiv werdenden Glieds umfassen zu können. "Sondern man tauscht einfach Zärtlichkeiten aus, bis einer von beiden beschließt, seinem Partner ein wenig mehr zukommen zu lassen." Abermals küsste er Ragnar, seine Hand langsam bewegend. Gott, dieser Mann war so unglaublich anziehend... und er wollte ihn wirklich schon wieder. Und das tolle daran war, er bekam ihn. Wenn auch nach einem Vorspiel, das er ihnen diesmal auch wirklich gönnte und in die Länge zog. Als er Ragnar, nachdem sie sich gesäubert hatten zu sich zog und bereits müde werdend über dessen Schulter strich fühlte er sich nicht nur befriedigt, sondern merkte auch wie seine doch vorhandenen Bedenken, die dessen 'Beruf' betrafen, sich verringerten. Zudem sein Ziel, jenen da rauszuziehen, klarer denn je vor seinen Augen stand und der erste Schritt bereits gegangen war. Ragnar einen letzten Kuss auf die Stirn gebend, dauerte es nicht mehr lange bis er doch einschlief. Ragnar „Ich und Psychiater?“ Ragnar lachte leicht. „Nein, bestimmt nicht. Ich habe nur schon ziemlich viel gesehen und erlebt, denke ich. Und ich habe eine objektive Sicht auf die Dinge.“ Er lächelte den anderen an. „Und keine Sorge. Im Moment bin ich auf einem guten Weg, das hier und jetzt zu genießen und meine Zukunft etwas positiver zu sehen. Ich muss ehrlich sagen, dass du daran auch nicht ganz unschuldig bist. Du tust mir ziemlich gut und wenn ich bei dir schlafe, habe ich nicht das Gefühl, nicht mehr am nächsten Tag aufwachen zu wollen.“ Ragnar merkte zu spät, welche geheimen Gedanken er da ausplauderte, aber letztlich wird es Nathan wohl auch bewusst gewesen sein, dass Ragnar hinsichtlich der Krankheit kein wirklich positives Bild für die Zukunft hatte. „Es ist nicht so, dass ich mir irgendwie selbst die Kugel durch den Kopf jagen würde, aber ich habe keine Angst mehr vor dem Tod, nicht mehr so richtig. Und ich habe manchmal Tage, an denen ich keinen Sinn mehr in allem sehe. Aber das ist zum Glück nicht so häufig.“ Seine Augen waren unruhig geworden und er war froh, als Nathan das Thema wechselte. Ohne Widerstand zu leisten, ließ er sich auf den Rücken rollen, musste grinsen, als Nathan sich über ihn legte. „Hm“, schnurrte er, von dieser unglaublich schönen Stimme mehr hören wollend. „Du darfst mir gerne zeigen, welche Vorteile eine Beziehung…ngh...“ Er keuchte auf, bevor er den Satz beenden konnte, und unterließ es schließlich ganz weitersprechen zu wollen, als er Nathans Hand an seinem Hüftknochen spürte. Es war unglaublich, wie es dieser Mann schaffte, ihn zu erregen, ihn anzumachen, in ihm diese unbeschreibliche Begierde zu wecken. Und wenn das die Vorteile einer Beziehung waren, neben all den anderen Vorteilen hinsichtlich des Wissens, jemanden an seiner Seite zu haben, dann würde er nicht lange zögern, Nathan als seinen festen Freund bezeichnen zu wollen. Aber eigentlich stand das ohnehin nicht zur Debatte. Letztlich war es für Ragnar mehr als klar, dass er diesen Mann an seiner Seite wollte, solange dieser das auch wollte. Und er würde dafür kämpfen, dass sie zusammenblieben solange es ging. Und nun genoss er nur noch, die Berührungen, die Spielereien, die Küsse und Zärtlichkeit. Und während er anfangs noch nicht fähig war, dem anderen ähnliche Streicheleinheiten zukommen zu lassen, stieg er schließlich darauf ein und verwöhnte Nathan ebenso wie dieser ihn verwöhnte, bis sie schließlich ein weiteres Mal unglaublich guten Sex hatten. Und letztlich war es genau das, was Ragnar für sich wollte: eine Beziehung, in der der Sex ausfüllend und genauso vertraut wie spannend war. Als er einschlief fühlte er sich einfach nur glücklich. Ein Glücksgefühl, das er am Morgen noch gar nicht erahnt hatte. Cole Cole schwieg. Antonin war an der Reihe etwas zu sagen, bzw. nichts zu sagen, falls er nichts zu sagen hatte. Aber Cole war ziemlich klar, dass jener etwas loswerden wollte, dass ihn etwas belastete. Und da hieß es für ihn nun einmal, sich zu gedulden. Mehr half da nicht. Und so rührte er sich nicht, blickte den anderen nur abwartend an. Und als jener zu sprechen begann, sich begann zu erklären, schwieg er, bis Antonin verstummte. Er hörte aufmerksam zu, nahm sich nur die Zigarette, als dieser ihm eine anbot und bewegte sich sonst so gut wie nicht, die Worte des anderen in sich aufnehmen. Und so hörte er sich in Ruhe die Zweifel an, die Antonin aussprach. Die Zweifel daran, überhaupt menschlich zu sein, die Zweifel daran, was gerecht und was ungerecht ist, die Zweifel daran, ob er glücklich sein darf; Die Zweifel daran, ob ihre Beziehung überhaupt funktionieren kann. Und Cole wäre nicht ehrlich gewesen, wenn er nicht ein wenig das Gefühl gehabt hätte, dass ihn diese Worte ein wenig trafen. Er hörte sich die Selbstkritik des anderen an und seine wenige Selbstwertschätzung. Und als Antonin geendet hatte, ließ er sich das alles noch einmal durch den Kopf gehen. Als er schließlich die Zigarette wegschnipste und den Rauch langsam in die Luft stieß, drehte er sich wieder Antonin zu und blickte ihn nachdenklich an. „Weißt du was seltsam ist, Antonin. Du redest gerade den gleichen Mist, den ich vor kurzem zu dir gesagt habe. Auch ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich meinen eigenen Selbstwert nicht erkenne, und dass ich dir nur Verderben bringen kann. Und dennoch bist du bei mir geblieben, weil du davon überzeugt warst, für mich kämpfen zu wollen und bei mir zu sein. Damals hatten wir uns vor der Disko gestritten und du hattest mich ziemlich fertig gemacht. Und dieses Wissen, dich enorm verletzt zu haben, und letztlich dir nutzlos zu sein, dich vielmehr nur zu belasten, hatte mich alles in Frage stellen lassen, was mein Leben betraf. Mir ging es ziemlich dreckig. Und dennoch hast du an mir festgehalten und hast mich wieder aufgebaut. Und jetzt stehst du nach einer verdammt schweren Zeit und berichtest genau dasselbe: Du sagst, dass du keine Normalität verdient hast, dass du mich nur belasten würdest und sonstigen Bullshit, aber du vergisst dabei, dass ich ganz freiwillig hier bin und ganz freiwillig gerne alle Last auf meine Schultern lege. Und letztlich ist meine Hilfe für dich purer Egoismus. Schließlich ist es mir dadurch möglich, jede Nacht mit dem Mann meiner Träume neben mir einzuschlafen, Und ich habe jemanden, mit dem ich über all meine Probleme reden kann. Du bist sehr sehr sehr viel wert, glaub mir das. Mehr, als du erahnen kannst. Und dass es da mal gute, mal schlechte Zeiten für jeden einzelnen gibt, das steht doch außer Frage. Und gerade du hast in letzter Zeit so viel Scheiße erlebt, dass es mich nicht wundert, dass du halb durchdrehst. Aber ich bin ganz freiwillig an deiner Seite. Und glaub mir, wenn es mich überfordern würde, wüsstest du es als erster. Aber solange ich eben nicht das Gefühl habe, nur ausgebeutet zu werden, sondern etwas zurück zu bekommen, dann solltest du nicht solche negativen Gedanken haben. Und solange werde ich dich auch gerne immer wieder und wieder auffangen. Aber dieses Gefühl existiert gerade nicht. Wie heißt es doch immer so schön. In einer Beziehung ist man in guten wie in schlechten Zeiten für den anderen da. Und dazu muss ich keinen Trauschein ausfüllen, um das machen zu wollen. Und wer weiß, ob nicht ich es bald wieder bin, der sich von dir aus dem Schlamm ziehen lässt.“ Er seufzte leicht. „Und wenn du wissen willst, was Menschlichkeit ist: Das ist die Fähigkeit zu lieben. Und du hast ein ganzes Herz voll Liebe: Die Liebe zu den Personen, die dir etwas bedeuten. Ragnar hat mir erzählt, dass Nicholas dich genau aus diesem Grund wieder haben wollte, weil du fähig bist, bedingungslos zu lieben.“ Er überlegte kurz, ob er alles gesagt hatte. Dann griff er nach Antonins Handgelenk, um den anderen zu sich in eine Umarmung zu ziehen. „Hör zu Antonin,“, flüsterte er dem anderen ins Ohr. „Zweifel nicht so viel an dir. Du bist nach wie vor ein wunderbarer Mensch... Und glaube mir, dass du mir sehr viel gibst, auch wenn du nicht jeden Tag dafür eine Quittung bekommst.“ Sacht küsste er die Halsbeuge des anderen. „Es kommt die Zeit, da wirst du wieder für mich da sein müssen. Was ist so schlimm daran, mich ein wenig für dich da sein zu lassen? Ich mache es doch gerne.“ Antonin Fast musste Antonin lächeln als er die Worte seines Partners hörte. War das wirklich so? Hatten sie die Rollen zu so einem extrem getauscht und war das tatsächlich in Ordnung? Er hob die Arme, um die Umarmung zu erwidern und drückte Cole fest an sich. Eine Weile die Augen schließend und den Kopf automatisch ein Stück zur Seite legend, um dem anderen mehr Platz zu machen. "Jetzt kommen mir meine eigenen Gedanken schon wieder so dumm vor", nuschelte er gegen die Schulter des anderen und seufzte. "Du würdest mir schon sagen, wenn etwas nicht passt, richtig? Es macht mich selbst wahnsinnig wie instabil ich momentan bin und es tut mir leid, diese schöne Idee hier vermasselt zu haben." Er löste sich ein Stück aus der Umarmung und sah Cole an. "Vielleicht können wir das nochmal wiederholen, in einiger Zeit? Mit richtigen Sitzplätzen und danach gehen wir etwas trinken." Er lächelte. Zwar schwach, aber es war ein ehrliches Lächeln. Wie konnte er nur immer wieder so dumm sein, auf seine unsicheren Gedanken zu hören? Wie konnte er immer wieder übersehen, dass Cole und er im Grunde gleichviel investierten, um ihre Beziehung am Laufen zu halten? Er hob eine Hand von Coles Rücken zu dessen Nacken und zog ihn ein Stück zu sich herunter, um ihn zu küssen. "Ich finde diese Art von Egoismus gut", murmelte er gegen die Lippen des anderen, dessen Blick suchend. "Und ich würde dich nie ausbeuten. Nicht freiwillig. Auch wenn es mich überrascht, dass Nicholas so etwas gesagt haben soll, so bin ich also demnach tatsächlich noch in der Lage, meine Menschlichkeit zu bewahren. Wenn es wirklich Liebe ist, die uns Menschen ausmacht, versteht sich." Abermals überwand der kurzen Abstand zwischen ihnen und hauchte einen Kuss auf Coles Lippen. "Das ist wohl tatsächlich ein Gefühl, das man mir nicht ausprügeln kann. Aber vielleicht gilt das für Lust auch, schließlich schlafen gerade wir nicht miteinander, um uns fortzupflanzen, richtig?" Ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen, gefördert von der Erleichterung, dass Cole ihn nicht mit Unverständnis überfahren hatte. Auch wenn er die Frage nach dem gemeinsamen Besuch bei seinem Doc übergangen hatte. Aber das konnte Antonin gut nachvollziehen. Niemand würde gern zum Psychiater gehen und vermutlich noch viel weniger gern, wenn es sich nicht einmal um einen selbst drehte. "Warum fahren wir nicht nach Hause und du gibst mir eine kleine Demonstration in dieser Art der Menschlichkeit?", raunte er und schmiegte sich ein wenig näher an seinen Freund. Zumindest bist ihm ein weiterer Gedanke kam. "Und nein, ich laufe damit nicht vor Problemen davon... mir ist jetzt nur einfach danach, dir so nahe wie möglich zu sein." Er streckte sich bis er leicht am Ohrläppchen des anderen knabbern konnte. "Ich möchte dich spüren.." Die Nacht verlief tatsächlich so wie Antonin sich das vorgestellt hatte und für eine Weile konnte er vergessen. Alles bis auf jenen Mann, der es immer wieder fertig brachte, ihn ganz ohne Planetarium in andere Sphären zu entführen. Es fiel ihm danach auch leichter, als sie gemeinsam im Bett lagen, über seinen Tag bei Tayra zu berichten. Dass er nicht auf die Beerdigung gehen würde und wie sie die ersten Stunden verbracht hatten. Zu erzählen, dass er sich eigentlich erleichtert fühlte, dass Tayra zu ihren Eltern gefahren war und ihm damit mehr Zeit gab, selbst damit klar zu kommen. So blieb sein Schlaf sogar alptraumfrei und am nächsten Morgen fühlte er sich zum ersten Mal seit Nicholas Tod nicht sofort beim aufstehen von Schuldgefühlen erschlagen. Ja, jene Gefühle waren noch da, das sollte man nicht falsch verstehen, aber Antonin wollte nicht nach ihnen leben. Die Zeit heilte doch angeblich alle Wunden. Vielleicht würde sie das auch für ihn tun. Er bereitete ihnen ein leichtes Frühstück zu, etwas das er in letzter Zeit häufiger tat und hin und wieder glaubte er, dass es Cole inzwischen leichter fiel, etwas zu sich zu nehmen. Aber er desillusionierte sich deshalb nicht, es war unwahrscheinlich, dass sein Freund über seine mehr als miesen Essensgewohnheiten hinweg kommen würde, nur weil er ein paar Mal Frühstück machte. Aber es war ein Anfang. Und es zeigte ihm, dass es wohl inzwischen tatsächlich nicht mehr die großen, sondern die kleinen Dinge waren, in denen er für Cole da war. Es war in Ordnung so. Vorerst. So stimmte er auch zu, den anderen zum Hafen zu begleiten. Anscheinend wollte jener einen Platz überprüfen oder irgendwelche Lagerpläne vergleichen. So ganz hatte Antonin das nicht hinterfragt, da er zum einen nichts gegen ein wenig Meeresluft einzuwenden hatte und zum anderen gern ein wenig Zeit mit Cole verbringen wollte. Selbst wenn es geschäftlich war. Bei sich im Labor - im zukünftigen - könnte er gerade sowieso nichts tun als dabei zusehen, wie alte Wände herausgerissen wurden, um das Gebäude nach seinen Vorstellungen umzubauen. Cole "Du musst dir niemals dumm vorkommen", mahnte Cole und sah Antonin streng an. "Wenn man diese Gedanken hat, dann muss man sie rauslassen. Und es ist doch umso schöner, wenn man hinterher sieht, dass man sich umsonst Sorgen gemacht hat." Er lächelte kurz. "Und natürlich sage ich dir, wenn etwas nicht passt. Du weißt doch, dass ich damit kein Problem habe, meine Meinung zu sagen. Und wenn die Zeit dafür da ist, werden wir auch den Abend hier wiederholen.“ Gerne erwiderte er die Umarmung, den Kuss des anderen und innerlich entspannte er sich wieder. Das Infrage-stellen des anderen hatte ihn kurzzeitig ein wenig verunsichert. Und nun war er froh, dass er die richtigen Worte gefunden hatte, um Antonin wieder zu beruhigen. Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen, als Antonin vom Thema Liebe zum Thema Sex schwankte. Er war froh, dass er nicht weiter über dieses große Wort sprechen musste und lieber auf ein anderes, auch elementares Thema kam. „Das klingt nach einem guten Vorschlag“, raunte er als Antwort auf die Frage und seine Augen funkelten, als Antonin ihm mitteilte, was er wollte. Vor einem Jahr hätte Cole wahrscheinlich niemals gedacht, dass der Sex mit ein und der selben Person etwas sehr reizvolles war. Es war eine Vertrautheit zwischen ihnen, ein Wissen ob der Schwächen und Vorlieben des anderen, der ihren Sex zu etwas Besonderem, etwas Tiefgehendem machte. Und jedes Mal fühlte sich Cole auf eine Art befriedigt, die seinen gesamten Körper perfekt ausfüllte. Ob Sex mit einem anderen Mann jemals wieder befriedigend sein könnte? Ein überraschender Gedanke, auf den er momentan keine Antwort kannte. Dass Antonin mit ihm frühstückte tat ihm gut. Er merkte, dass er mehr Energie hatte, wenn er ein wenig aß in der Früh, auch wenn sein Hunger zu gering war, als dass er wirklich viel essen konnte. Und in Gesellschaft zu essen war ohnehin schöner für ihn. Als er Antonin fragte, ob er ihn zum Hafen begleiten wollte, stimmte dieser zu. Cole musste eine Halle untersuchen, ob es ein gutes Zwischenlager für einen Deal abgeben würde. Nachher würde er ein paar Chefs anderer Clans treffen. Dorthin würde er Antonin lieber nicht mitnehmen, mal sehen, ob jener dann im Dream sein wollte oder nicht. Noch während sie sich umblickten und Cole in Gedanken schon einen Plan sich zurechtlegte, wie der Deal über die Bühne laufen könnte, klingelte sein Handy. Ob Antonin den Klingelton mittlerweile auch schon erkannte, denn dieser schien sich ein wenig anzuspannend. „Hm?“, meldete Cole sich und lauschte den Worten in der Leitung. Kurz warf er Antonin einen Blick zu und seine Miene verdüsterte sich. „Ich müsste aber noch einmal… Ja, aber ich kann… Allerdings wäre es besser… Ist gut.“ Cole legte auf und seine Augen spiegelten die Gewitterwolken über seinem Gemüt deutlich ab. „Ich muss leider mich mit Costello treffen. Ist es in Ordnung für dich, wenn du mitkommst? Ich hoffe einfach, dass es nicht so lange dauert.“ Er blickte den anderen fragend an. „Am besten du wartest im Wagen, denn eines möchte ich nicht: Ich möchte nicht, dass Costello auch nur ahnt, dass du mir nahe stehst, verstanden?“ Es würde nur bedeuten, dass Antonin oder er Probleme bekämen. Außerdem würde Cole den Gedanken nicht ertragen können, dass Costello auch nur einmal mit dem Gedanken spielen könnte, Antonin näher unter die Lupe zu nehmen. Wenig später hielten sie vor einem recht noblen Restaurant. „Wenn du möchtest, kannst du auch gerne die Wagenschlüssel haben. Ich nehme mir später ein Taxi. Ganz wie du willst.“ Aus Gewohnheit beugte er sich hinüber zu Antonin, um ihm einen kurzen Kuss zugeben, als er im Augenwinkel Bewegung wahrnahm. Doch er konnte niemanden ausmachen, der sie gesehen haben könnte. Dennoch ärgerte er sich über seine Unbedarftheit. „Fahr lieber nach Hause. Ich rufe dich später an, dann kannst du mich abholen“, entschied er nun und wunderte sich über sein ständiges Umschwenken. Verunsicherte Costello ihn so sehr, dass er nicht klare Entscheidungen treffen konnte? Cole überprüfte den Sitz seines Revolvers, stieg aus und ging in das Restaurant, in dem er sogleich zu einem Tisch geführt wurde. Neben Costello ließ er sich nieder, nachdem er die übrigen Anwesenden mit einem kurzen Kopfnicken begrüßt hatte. Schon beim Reinkommen hatte er gemerkt, dass die Stimmung angespannt war. Und während in den nächsten 5 Minuten noch andere Clanoberhäupter eintrafen, wurde die Stimmung angespannter und angespannter. Costello hatte ihm am Telefon erklärt, dass etwas vorgefallen war. Ein Straßenkampf sei entbrannt im Kampf um jenen Bezirk, der momentan nicht ‚regiert‘ wird. Und dabei waren in der vergangenen Nacht einige draufgegangen. Cole wusste nicht so recht, weshalb er überhaupt hier war. Schließlich hatte er kein Interesse an dem Bezirk und er hatte auch nichts mit den Straßenkämpfen zu tun. Doch als schließlich alle da waren und Costello das Wort ergriff, ahnte er bereits, dass dieser doch mehr wollte. Und Cole verfluchte ihn innerlich über sein mehr als miserables Verhandlungsgeschick. Machte er das absichtlich? Wollte er unbedingt einen Krieg provozieren? Cole konnte sich momentan wirklich etwas Besseres vorstellen, als sich auf solche Dinge einzulassen. Daher ergriff er bald das Wort und versuchte einzulenken, doch er ahnte bereits, dass es zu spät war. Costello provozierte einen Straßenkampf. „Ich werde dabei nicht mitmachen“, knurrte Cole leise zu Costello, als dieser gerade einmal nicht sprach. „Du kannst deinen Krieg gerne alleine ausmachen.“ Dann stand er auf und ging vor die Tür, um eine zu rauchen. Scheiße. Er merkte, dass er nervös war. Er wollte momentan seine Ruhe haben, brauchte seine Kraft für etwas anderes, etwas, was ihm wichtiger war, nämlich Antonin. Wie sollte er bei ihm sein können, wenn ein Krieg ausbrach? „Du hast erstens nicht das Recht, mir irgendwelche Vorschriften zu machen, zweitens tust du, was ich dir sage.“ Cole drehte sich erschrocken um, als er Costellos Worte hörte. Sein Blick funkelte feindselig. Musste er wirklich immer springen? Er merkte, dass in ihm etwas lauter wurde, der Drang sich zu widersetzen, der schon so oft niedergeprügelt worden war. „Aber das ist dein Krieg. Dieser Bezirk ist Scheiße, er bringt uns gar nichts. Du erhoffst dir doch nur dadurch auch weitere Positionen ins Schwanken zu geraten und dadurch an noch mehr herankommen zu können.“ Costello lächelte. „Du hast gut beobachtet, Cole. Ich wusste, dass du mich nicht enttäuschst. Und daher erwarte ich von dir, dass du das ganze unter Dach und Fach bringst, ohne viel Blutvergießen.“ Cole erwiderte nichts, hatte sich abgewandt und nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. „Oder lenkt dich dein ‚Freund‘ so sehr ab, dass du nicht mehr weißt, was wirklich wichtig ist?“ In Cole verspannte sich alles. Die Art und Weise wie Costello ‚Freund‘ aussprach, ließ ihn wissen, wie jener darüber dachte. Cole war schon lange bewusst, dass er durch seine Homosexualität in der Gunst Costellos einen herben Dämpfer erlitten hatte, aber nun spürte er fast schon Hass in den Worten mitklingen. „Ich weiß nicht wovon du sprichst“, sagte er schließlich und hörte ein Lachen. „Wir haben uns schon verstanden, mein Guter. Mach deine Arbeit, dann sehe ich über andere Dinge hinweg.“ Ragnar Als sein Handy um 6 läutete nahm er kurz seine Tabletten, dann legte er sich wieder hin. Es war eine gewohnte Tätigkeit für ihn und daher schlief er sofort weiter. Allerdings wachte er von Nathans Wecker gegen 8 wieder auf, wobei sein Freund ihn ausschaltete, mit seinem Handy rumnestelte und sich wieder zu ihm legte. Ob er Nathans Tagesrhythmus gerade mächtig durcheinander brachte? Wahrscheinlich. Aber der vergangene Abend war sehr wichtig für sie beide gewesen. Es hatte gut getan, zu reden, beieinander zu sein, sich zu zeigen, dass man ehrlich meinte, was man am Morgen noch im Lady-Dream gesagt hatte. Ragnar kuschelte sich augenblicklich wieder an Nathan, als dieser sich wieder zurücklegte und schlief bald wieder ein. Gegen 10 Uhr wachte er dann wieder auf. Normalerweise reichten ihm 6 oder 7 Stunden Schlaf. Ruhig betrachtete er den Mann, der neben ihm noch schlief, bevor er die Hand hob und zärtlich die Gesichtszüge nachfuhr, bis er sich zu ihm beugte und ihn sanft küsste. Nathan war einfach wirklich unglaublich hübsch. Passten sie eigentlich optisch zusammen? Cole sagte immer zu ihm, dass er hübsch sei. Dabei mag er an sich selbst so einiges nicht. Zum Beispiel seine doch recht ausgeprägten Augenbrauen. Aber er gefiel Nathan offenbar. Und damit war ihm alles andere egal. Als Nathan sich zu rühren begann lächelte Ragnar. „Schlafmütze“, flüsterte er leise. „Ich denke wir sollten aufstehen, sonst bin ich dafür verantwortlich, dass du Probleme in der Arbeit bekommst.“ Sie duschten gemeinsam, wobei sie die Finger nicht voneinander lassen konnten, und frühstückten dann, auch wenn Ragnar schon beim Aufstehen wieder gemerkt hatte, dass die Medikamente ihm auf den Magen schlugen, weshalb er nur wenig aß und sich auch den Kaffee sparte. Als Nathan ihn schließlich vor seinem Haus anhielt, drehte sich Ragnar noch einmal zu diesem um. „Ich werd mal sehen, ob ich heute Nacht bei dir vorbeikomme. Und ich ruf dich an, wenn sich was hinsichtlich der Wohnung ergibt ok? Gibt es etwas, das ich beachten sollte, wenn ich mich bei dir melde? Eine Uhrzeit, zu der es ganz schlecht wäre?“ Fragend sah er den anderen Mann an. Nathan Am liebsten hätte er geflucht als er seinen Wecker hörte, doch er drehte sich so schnell als möglich herum, um ihn auszuschalten. Hm.. einen müden Blick auf den Mann neben sich werfend, stand er kurzentschlossen auf, um kurz nach seinem Handy zu suchen und eine SMS an Elisa zu schreiben. Er würde heute später, bis gar nicht mehr auftauchen. Sie bräuchte keinen Suchtrupp losschicken und es nicht wagen ihn anzurufen. Das erledigt wissend, kroch er zurück in sein warmes, gemütliches Bett und hob einen Arm um Ragnar zu umarmen als jener sich an ihn schmiegte. Dessen Geruch tief inhalierend war er auch sehr schnell wieder eingeschlafen, ohne groß darüber nachzudenken, dass er seine Arbeit ohne zu überlegen liegen gelassen hatte, nur um noch ein Weilchen einfach so liegen bleiben zu können. Nathan wachte wieder auf als er eine Berührung spürte, die ein Kuss sein könnte, doch er wollte die Augen noch nicht öffnen. Es würde bedeuten aufstehen zu müssen und gerade fand er es hier sehr angenehm. Doch Ragnars ruhige, schöne Stimme ließ ihn seine Augenlider doch ein Stück heben. "Es ist meine Firma, wer sollte sich mit mir anlegen?", murrte er und drehte sich auf den Bauch, die Augen wieder schließend. Scheinbar war Ragnar aber wach und mit dem Versprechen einer gemeinsamen Dusche lockte er ihn sogar aus dem Bett. In Nathans Augen waren das schon wieder unlautere Verhandlungsmethoden, doch als sie dann tatsächlich gemeinsam unter dem warmen Strahl standen, ließ er sich davon überzeugen, dass es gut gewesen war aufzustehen. Das Frühstück danach fiel eher karg aus, da Nathan der Hunger noch fehlte und Ragnar schien es wohl ähnlich zu gehen. Oder lag das an etwas anderem? Nun, jener würde es wohl inzwischen schon sagen, wenn etwas loswäre, oder nicht? Nachdem sie sich angezogen hatten, bestand Nathan abermals darauf, Ragnar nach Hause zu fahren. Ob er jetzt eine halbe Stunde früher oder später in die Arbeit kam war auch schon mehr als gleichgültig. Ihm zumindest. Nathan schüttelte den Kopf als er Ragnars Fragen hörte. "Du kannst jederzeit anrufen. Wenn ich wirklich gerade in einem sehr wichtigen Meeting sitzen sollte, drücke ich dich weg und rufe so bald als möglich zurück. Versprochen." Er lächelte beruhigend und nickte dann zustimmend. "Komm ruhig vorbei wenn du Feierabend hast." Er schwieg kurz einen Moment nachdenklich und lächelte dann abermals. "Vielleicht bringst du dir ein paar Klamotten mit, dann müsstest du morgen nicht mit mir aufstehen. Ich bezweifele irgendwie, dass du meine Wohnung ausräumen wirst. Pass auf dich auf, Mogli", verabschiedete er sich und wendete seinen Wagen, um in seine Firma, eigentlich ja vielmehr Agentur zu fahren. Er würde jetzt einiges aufzuholen haben und sich dann in aller Ruhe hinsetzen und sich überlegen, wieviel von seiner Arbeitslast er tatsächlich noch gedachte zu stemmen. Elisa und er würden sich zusammensetzen müssen um darüber zu diskutieren. Jene verlangte sowieso schon seit geraumer Zeit nach einem dritten Partner und vielleicht war die Zeit dazu gekommen. Er warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel, bevor er um die Ecke bog und das Haus in dem sich Ragnars Wohnung befand aus den Augen verlor. Mit ein klein wenig Glück, hatte er wieder einen Grund gefunden, nicht mehr wie ein Tier zu arbeiten. Es bliebe abzuwarten, aber für den Fall der Fälle die nötigen Schienen bereits zu legen konnte nicht schaden. Kapitel 101: Costello --------------------- Ragnar „Ist gut, dann melde ich mich bei dir“, Ragnar nickte und blickte zur Eingangstür seines Hauses. Als er das Angebot des anderen hinsichtlich der Klamotten hörte, drehte er sich dem anderen wieder zu. „Hm, vielleicht sollte ich das machen, wenn es dich nicht stört.“ Er lächelte den anderen fröhlich an. Ja, irgendwie waren sie wohl wirklich schon ein Paar. Ansonsten wäre es doch nicht üblich, solche Angebote zu machen, oder? Kurz beugte er sich zu Nathan hinüber und küsste ihn. Er mochte es, wenn Nathan ihn Mogli nannte. Es brachte ihn immer zum Schmunzeln. Als er einen Anruf von Cole erhielt, dass er sich wohl erst einmal allein ums Dream kümmern musste, beschloss Ragnar gleich dorthin zu fahren und von dort aus via Internet mal nach einer Wohnung zu schauen. Ihm gefiel es nicht zu hören, dass Costello wieder Cole Befehle gab und Cole klang auch nicht sehr erfreut am Telefon. Es blieb abzuwarten, was das Clanoberhaupt nun wieder vorhatte. Die Suche im Internet erwies sich als gar nicht so einfach. Nicht nur, dass es wenige Angebote gab, die wirklich dem entsprachen, was er sich für sich vorstellen konnte, auch der Preis war teilweise einfach zu hoch, oder es gab andere Handycaps, z.B. dass nur an junge Familien vermietet wurde oder sogar nur an Studenten. Oft verlangten sie auch drei Monatsmieten Kaution, was Ragnar wohl nur aufbringen konnte, wenn er auf sein Sparbuch zurückgriff. Des Weiteren störte Ragnar eine Klausel. Es hieß stets, dass man seinen Lohnzettel der vergangenen Monate mitbringen solle. Gut, er konnte verstehen, dass sich die Vermieter bei so schönen Wohnungen absichern wollten, dass dort niemand einzog, den sie später rausklagen mussten, weil er keine Miete bezahlte. Aber was würden diese potentiellen Vermieter wohl sagen, wenn sie sahen, wo er arbeitete. Aber vielleicht wüssten sie auch nichts darüber. Er würde es einfach probieren müssen. Und so rief er schließlich ein paar Adressen an und erhielt sogar für diesen Abend noch zwei Besichtigungstermine. Er würde sicher nachher mal für zwei Stunden gehen können. Schnell schnappte er sich sein Handy und schickte Nathan eine SMS: Hey Nathan! Habe heute Abend zwei Besichtigungstermine für Wohnungen, mal sehen, ob was dabei ist. Ich halte dich auf dem Laufenden. Fühl dich am Schlüsselbein geküsst, dort, wo du so empfindlich bist… ;) Ragnar Antonin Antonin sah auf als er wieder jenen speziellen Klingelton hörte, den er inzwischen einwandfrei diesem Costello zuordnete. Und wie schon davor, verdüsterte sich Coles Mimik proportional zur Länge des Gespräches. Himmel, man könnte meinen gleich würden Blitze aus diesen Augen schießen und irgendwas in die Luft sprengen. Nicht dass Antonin es ihm verdenken könnte. Auf seiner Liste der eher sehr gehassten Personen stand Costello ganz oben. Es ging ihm immernoch nicht in den Kopf, wie man einem Kind so etwas antun konnte. Blödes Arschloch. Ja, das traf es wirklich gut. Er nickte auf die Frage hin. Natürlich würde er mitkommen. Als ob er Cole mit diesem Bastard alleine lassen würde, wenn er es nicht müsste. Auch wenn die nächsten Worte seines Freundes genau das verkündeten. Er spürte wie wieder jener Muskel an seinem Mundwinkel zuckte, der von seiner Unwilligkeit oder auch Unzufriedenheit verkündete, aber wirklich tun könnte er Moment nichts, weshalb er abermals nickte. "Keine Sorge, ich bin so gut wie unsichtbar", beruhigte er Cole, auch wenn er sich den anhängenden Satz sparte. 'Zumindest noch.' Früher oder später würde das schiefgehen, Antonin sah das schon eine Weile kommen, selbst wenn er Costello nicht kannte. In seinen Augen waren sich jener und Nicholas gar nicht so unähnlich. Jeder der beiden Männer besaß im übertragenen Sinne einen kleinen Hund, der für sie Dinge erledigte. Er selbst war es für Nicholas gewesen und Cole war es für Costello. Früher oder später kamen sie dahinter und waren nicht begeistert. Dann hieß es entweder den Störfaktor in der Treue des Hundes auszuradieren oder den Hund daran zu erinnern, wer der Boss war. Wie man sich vorstellen konnte, gefielen Antonin beide Optionen nicht. Ganz und gar nicht. Aber er schwieg zu diesem Thema, wie er es bereits am Friedhof getan hatte. Cole müsste diese Entscheidungen selbst treffen, sonst wären sie nichts wert und würden am Ende vielleicht sogar noch zu einem Bruch zwischen ihnen führen. Er warf dem Restaurant einen kurzen Blick zu, bevor seine Aufmerksamkeit wieder auf Cole ruhte. Als jener sich kurz verspannte, nachdem er ihn geküsst hatte, zuckte jener Muskel abermals und Antonin unterdrückte ein grollendes Geräusch. Es lag nicht daran, dass sie sich verstecken mussten, sondern vielmehr an dem warum. Antonin hatte kein Problem damit, ein kleines, schmutziges Geheimnis zu sein, wenn es Cole denn weiterhalf. Aber dann sollte jener auch ein wenig mehr Vorsicht walten lassen! Abermals nickte er. "Melde dich einfach." Dazu dass gerade eben noch von einem Taxi die Rede gewesen war konnte er nur innerlich den Kopf schütteln und die Augen ein wenig prüfend verengen. Was genau passierte da gerade mit Cole? Soviel Unsicherheit wegen eines einzelnen Mannes? Am liebsten hätte Antonin Zeter und Mordio gebrüllt, doch er riss sich zusammen und rutschte auf den Fahrersitz. Schon beim Anfahren warf der der Häuserseite gegenüber dem Restaurants einen prüfenden Blick zu und wurde tatsächlich fündig. Er fuhr das Fahrzeug in die nächstbeste Tiefgarage, kurz grinsend als er daran dachte, dass Cole ihm die Ohren langziehen würde, wenn er wüsste wie er sein geliebtes Auto gerade einparkte - mit fast schon schlitternden Reifen. Von dort überquerte er die Straße in einer Traube von Menschen und fand sich alsbald in dem Einkaufszentrum der Oberschicht wieder. Nach kurzem Blick auf eines der Orientierungsschilder fuhr er mit dem Aufzug in den zweiten Stock und fand das Cafe auch sofort. Von dort hätte er einen tollen Blick auf die Straße, aber durch die Spiegelung von unten wäre er eher mies zu erkennen. Dabei weiterhelfen würde ihm auch noch eine Karte, die er soeben ergriff und sich wahllos für einen Eiskaffee entscheiden würde, wenn die Bedienung käme. Es war an der Zeit sich diesen Costello noch einmal näher anzusehen. Von ihrer bisher einzigen Begegnung hatte er kaum noch eine lose Erinnerung. Es dauerte eine Weile, doch als schließlich zuerst Cole und dann Costello nach draußen traten, schlich sich ein ganz bestimmter Glanz in seine sturmgrauen Augen. Nachdenklich kaute er auf dem Strohhalm seines Kaffees herum und versuchte sich das Bild jenes Mannes ganz genau einzuprägen, bevor er schließlich aufstand und einen Schein auf den Tisch warf. Antonin hatte vorerst genug gesehen und da Cole eine Art Radar zu besitzen schien, wenn es um ihn ging, wollte er lieber nichts riskieren. Zudem da noch eine zweite Anlaufstelle war, der er einen Besuch abstatten wollte. Und zwar bevor sein Freund wieder zurück im Lady Dream war oder ihn doch zurückpfiff, um sich abholen zu lassen. Dank ein paar eher unnötiger Überholmanöver stoppte er den Wagen vorm Lady Dream, grüßte die bereits anwesenden und fragte nach Ragnar. Jenen fand er im Büro, wo er auch nach kurzem Anklopfen eintrat und sich ungefragt setzte. "Hallo bester Freund meines Freundes", begrüßte er jenen und lächelte kurz. "Ich würde mir wünschen, dass diese Zusammenkunft unter uns bleibt, selbst wenn du mir nicht antworten können solltest oder willst", fing er an und zupfte sich eine Zigarette hervor. Hm, ob er inzwischen nicht schon wieder zu viel rauchte? "Ich würde mir Informationen über einen gewissen Mann wünschen. Einem Mann, der die Fäden zieht, denn er zieht mir persönlich ein wenig zuviel daran.. kann man hier sprechen? Willst du das überhaupt?", fragend sah er jenen Mann an, dem er doch einiges zu verdanken hatte. Indirekt wie direkt. Und so darüber nachdenkend, blinzelte er kurz ein wenig verwirrt, bevor er sich ein Stück im Stuhl nach vorne lehnte. "Es tut mir übrigens sehr leid, dass du in meine Probleme hinein gezogen wurdest. Ich bin sehr erleichtert, dass dir nichts geschehen ist und ich danke dir für deine Hilfe." Ragnar Internet ist schon eine schöne Spielerei. Vertieft in die einschlägig bekannten Portale, auf denen Wohnungen angeboten wurden, stöberte Ragnar nach denjenigen, die für ihn in Frage kommen könnte. Die Bilder, die ausgestellt waren, durchklickend suchte er weiter, auch wenn er bereits eine Wohnung entdeckt hatte, die wahrscheinlich absolut seinem Geschmack entsprechen würde. Und eben jene Wohnung schaute er immer und immer wieder an, obwohl er sie ja noch diesen Abend besichtigen konnte. Als es klopfte sagte er laut herein und klickte endlich die Fenster weg, bevor er den Kopf hob und Antonin sah. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, besonders als er die Begrüßung hörte. "Hallo Freund meines besten Freundes", erwiderte er grinsend und lehnte sich im Sessel zurück, beobachtend, wie Antonin sich seine Zigarette nahm. "Frag ruhig", forderte er ihn auf und sein Blick wurde ernster. Ob es Probleme mit Cole gab? Hatte jener schon wieder etwas angestellt? Doch die folgenden Worte ließen ihn wissen, um wen es sich handelte: Costello. Ragnars Miene verfinsterte sich ein wenig. "Ich denke nicht, dass man hier sprechen kann, aber ich stehe dir dennoch gerne zur Verfügung. Lass uns was trinken gehen oder so." Ragnar stand auf und vernahm dann die Worte des Dankes. "Du musst dich nicht bedanken. Ich hab nur geholfen, wo ich helfen konnte. Und ansonsten war es gar nicht so schlimm. Ich bin ohnehin eine wandelnde Leiche. Wirklich gefährlich war es für mich nicht." Gemeinsam verließen sie den Club und gingen gegenüber zu einem der kleineren Läden, in denen es ein wenig zu essen und zu trinken gab. Ragnar bestellte sich nur eine Cola. "Du möchtest also über Costello sprechen", griff er schließlich das Thema wieder auf. "Nun ich werd dir nur sagen können, was ich weiß, mehr leider nicht." Fragend blickte er sein Gegenüber an. Antonin Und schon wieder eine Mimik, die sich verfinsterte, wenn es um diesen Mann ging. Ob das irgendwie mit diesem Mistkerl einherging oder passierte das nur Leuten, die häufiger mit ihm zu tun hatten? Nun, Antonin gedachte es herauszufinden, denn nur mit Informationen konnte man sich Schritte überlegen. Schritte, die vielleicht dazu beitrugen, sein Leben zu schützen oder Coles zu erleichtern. "Ja, was trinken klingt sowieso sehr gut. Diese verdammte Hitze macht mich wahnsinnig", murrte er und erhob sich ebenfalls, die Zigarette unangezündet hinter sein Ohr steckend. Doch dann musterte er Ragnar, mit deutlichem Unverständnis in den Augen. Schwer seufzend schüttelte er den Kopf. "Vielleicht seid ihr doch kein so seltsames Gespann, Cole und du meine ich. Möglicherweise war es Absicht oder er hat sich verplappert, aber ich weiß von deiner Krankheit. Ich habe angeboten, die Blue Wonder Formel rauszurücken, wenn das etwas an deiner finanziellen Lage verbessern könnte, immerhin arbeite ich in einem Gewerbe, in dem man eine sehr gute Ahnung davon hat, wie teuer Medikamente sind. Und solange es solche Angebote und solche Leute wie Cole in deinem Leben gibt, solltest du dich nicht selbst als wandelnde Leiche bezeichnen." Kurz wankte sein Blick in eine unerbitterliche graue Sturmfront, bevor er sich wieder klärte und sich jenes unverkennbare Lächeln ihrer ersten Begegnungen wieder auf seine Lippen legte. "Ich war schon häufiger halbtot, Ragnar, und ich kann da eher wenig Mitgefühl aufbringen. Wo ist der Unterschied, ob einem das Blut ausgelassen wird oder ob man an AIDS stirbt? Die Schmerzen? Das lange Leiden? Wenn ich Nathan auch nur für eine Sekunde richtig eingeschätzt habe, dann hast du in ihm jemanden gefunden, der dich von diesen Gedanken ablenkt. Sogar mit Coles Prüfsiegel. Ist es da wirklich noch ratsam, sein Leben so minderwertig zu behandeln?" Er zuckte mit den Schultern. "Und mal wieder lehne ich mich zu weit aus dem Fenster. Komm, lass uns gehen, bevor du es dir wegen meiner großen Klappe noch anders überlegst. Zudem mein Dank trotzdem gilt und es meine ausgezeichnete Erziehung es mir gebietet, jenen auszusprechen." Antonin lächelte und folgte Ragnar dann in einen der Läden, wo er sich ein großes Wasser ohne Sprudel bestellte. Dazu ein Sandwich mit Käse und Schinken und Antonin wäre wieder halbwegs glücklich. Er nickte auf Ragnars Vermutung hin und trank einen großen Schluck von seinem Getränk. "Jedes Mal wenn der Kerl anruft zieht eine ganze Gewitterfront durch die Wohnung. Von der stark sinkenden Temperatur einmal ganz zu schweigen. Es ist für mich bis heute nur so eine Art Puzzle gewesen, an dem ich nebenbei gearbeitet habe, seitdem mir Cole einiges aus seiner Vergangenheit erzählt hat", erklärte er und schwieg, abwartend bis die Bedienung sein Sandwich abgestellt und sich wieder entfernt hatte. "Und wenn Cole nur seine Eisaura hochziehen würde, wie andere eine Hängebrücke, könnte und würde ich damit leben, ohne meine Nase in diese Angelegenheit zu stecken." Kurz blitzen seine Augen auf und seine Mimik wurde hart. Das verschwand jedoch genauso schnell wie es aufgetaucht war. So ganz hatte Antonin sich noch nicht wieder unter Kontrolle was diese offensichtlichen Gemütsschwankungen betraf, aber er arbeitete daran. "Aber einem Cole gegenüber zu stehen, der sich innerhalb von drei Sätzen zweimal selbst widerspricht, macht mich nervös. Das ist nicht seine Art. Ich möchte also alles über diesen Mann wissen. Soviel nur geht und danach noch ein Stück mehr." Antonin nahm Ragnar in einen direkten Blick, doch er war bittend, nicht fordernd. "Ich kann Cole nicht einfach danach fragen, verstehst du? Ich würde es gerne, aber ein einziger Anruf dreht ihn fast komplett um und ich mache mir inzwischen wirkliche Sorgen. Sorgen, wo das für ihn oder mich enden könnte, und ich möchte vorbereitet sein. So gut es mir nur menschenmöglich ist, denn inzwischen taucht dieser Mann mir ein wenig zu häufig auf, um Cole wieder in irgendwelche irrsinnigen Situationen springen zu lassen." Er stockte kurz, nicht wissend ob er weitersprechen sollte. Doch Ragnar war Coles bester Freund und wusste vermutlich mehr über diesen als Antonin. "Ich habe einfach das Gefühl, dass dieses Arschloch die Leine kürzer nimmt und ich möchte Cole nicht verlieren. Genausowenig wie ich möchte, dass er sich wieder verändert, dass er wieder beginnt komische Phrasen auszuspucken und sich selbst oder seinen Wert nicht mehr erkennt. Nicht nachdem er mir so viel geholfen hat. Nicht nach dem was wir durchmachen mussten, um überhaupt bis hierhin zu kommen." Er stockte abermals und fuhr sich ein wenig fahrig durch die Haare. "Oje.. das hört sich schrecklich schnulzig an... aber so fühle ich nun mal." Ragnar Die Worte des anderen stimmten ihn nachdenklich, während er die Speisekarte betrachtete. Ja, Nathan würde ihn ablenken. Aber dennoch würde er dieses Gefühl nicht so schnell loswerden. Ihm war die Todesangst noch zu oft sehr präsent, während sie im nächsten Moment in eine 'Alles egal'-Stimmung umschlug. Und war es Nathans Aufgabe, ihn immer abzulenken? Müsste er nicht irgendwann auch einmal selbst mit diesen Schwankungen zurechtkommen? Was würde Nathan sagen, wenn er ihn einmal in so einem Loch sehen würde? Würde er sich nicht überfordert fühlen? Ragnar legte die Karte weg, als Antonin das Sprechen begann und bestellte sich schließlich, als die Bedienung Antonins Sachen brachte, auch einen Sandwich aber mit Thunfisch. Dann hörte er weiter zu. "Ich kann verstehen, dass dich das verwundert und verwirrt. Cole und Costello haben eine seltsame Beziehung." Ragnar seufzte und trank von seiner Cola. "Als ich Cole das erste Mal getroffen habe, fragte ich ihn nach seinem Vater. Ich war damals 9 Jahre alt. Er antwortete, dass sein Vater im Himmel sei und ihm dafür einen Engel geschickt habe, der auf ihn aufpasst. Später erkannte ich, dass dieser 'Engel' Costello war. Costello tauchte immer dann bei Cole auf, wenn es ihm nicht gut ging, wenn er von seinem Stiefvater verprügelt worden war. Dann kam er immer und tröstete Cole, der das natürlich dankbar annahm. Ich glaube im Nachhinein, dass Costello es initiiert hat, damit er bei Cole einen festen Platz bekam. Als Cole älter wurde, hat er ihn immer mehr an sich gebunden. Aber er hat ihm auch mehr und mehr sein wahres Gesicht gezeigt. Du musst wissen, Costello ist selbst Familienvater, aber die Kinder und seine Frau haben keine Ahnung, was er sonst so tut. Gut, seine Frau weiß es, aber der Rest nicht. Er wollte seine Familie immer davor schützen in diese Welt zu kommen. Deshalb hat er sich einen Ersatz gesucht, den er in Cole gefunden hatte. Cole liebte ihn, als er klein war. Er war immer der Gute, während sein leiblicher Onkel immer der Böse war. Im Gegensatz zu mir, denn ich hatte als ich klein war, massive Angst vor Costello. Ich fand seine Augen so unglaublich bösartig. Wenn Cole kühl blickt ist das etwas ganz anderes, Costellos Augen wirken eher wie zwei tödliche Giftzähne einer Schlange. Egal, jedenfalls hat er sich einlullen lassen und Costello erzog Cole zu einem perfekten Schoßhund, der ihm Ehre bringen sollte. Und er verwendete dazu jeden Psychohorror, den man sich vorstellen kann. Cole begriff lange nicht, wozu er gemacht worden war. Einmal kam er als 13jähriger zu mir und fragte mich, ob ich wüsste, dass man sich wünschen konnte, jemand sei wieder lebendig, wenn man genug andere Menschen getötet hatte. Ein anderes Mal kam er blutüberströmt und erklärte mir, dass er den Mörder seiner Eltern umgebracht habe, es sich hinterher aber herausgestellt hatte, dass Costello sich geirrt hatte. Und ich glaube das war der Punkt, an dem er langsam aber sicher begriff, dass nicht alles stimmte, was Costello ihm erklärte. Damals begann die Zeit, in der er begann abends weg zu gehen, zu rauchen und zu trinken. Er schleppte mich hin und wieder mit, weil er nicht allein sein wollte, ließ mich dann aber immer mal wieder stehen, weil er einen Typen an der Angel hatte, dem er für Geld einen blasen durfte. Es dauerte weitere 3 Jahre, bis Cole soweit begriffen hatte, dass er einer großen Lüge zum Opfer gefallen war. Damals hatte Cole sich um Drogenhandel gekümmert. Als er in eine Schießerei verwickelt wurde und dabei einige Menschen töten musste, um selbst zu überleben, war er zu mir gekommen, um mich anzuflehen, mit ihm zu fliehen. Ich zögerte nicht, hatte ich eben erst meine Mutter verloren. Doch wir kamen nur bis zur Grenze von Washington, dann hatte Costello uns wieder. Cole lud alles auf sich und erhielt dafür eine Art Gehirnwäsche, die es bewirkte, dass wir uns nichts mehr zu sagen hatten. Ich glaube, Costello hatte ihm gedroht, falls er weiter mit mir Kontakt haben würde, aber sicher bin ich mir nicht. Ich beendete im selben Jahr meine HighSchool und ging zum Studieren nach Europa. Ich weiß nicht, was in der Zwischenzeit alles geschehen ist. Eines ist aber sicher. Cole ist in dieser Zeit unglaublich gewachsen. Er hat sich von Costello einigermaßen gelöst und es ja auch geschafft, sich dessen Kontrolle ein wenig zu entwöhnen." Ragnar seufzte. "Ich denke, das ist alles, was ich weiß. Vielleicht noch, dass Costello selbst zu den größten Oberhäuptern gehört. Ich weiß nicht einmal, wer sein Vater war." Ragnar verstummte. Er hatte viel erzählt. Wenn sein Gegenüber jetzt noch Fragen hätte, müsste er sie nur stellen. "Mehr weiß ich leider auch kaum." Antonin Am liebsten hätte Antonin auf etwas eingeschlagen als Ragnar geendet hatte, doch stattdessen beschränkte er sich darauf, sein Essen zu sich zu nehmen und ein paar Schlucke zu trinken. "Dieser unglaubliche Bastard", murmelte er mehr zu sich selbst als zu Ragnar. Das waren in der Tat ein paar weitreichendere Informationen als Cole sie ihm gegeben hatte und sie halfen ihm ein etwas klareres Bild von diesem Monster zu zeichnen. Denn etwas anderes war dieser Mann in seinen Augen nicht mehr. Ein skrupelloses, erbärmliches Monster. Und wieder schlug die Vergangenheit seines Freundes ihre Krallen in sein Herz. Blowjobs gegen Geld? Mit 13 schon mehrmals gemordet und blutüberströmt gewesen? Man hatte Cole erzählt, man könnte sich Menschen wieder lebendig wünschen? "Danke dass du mir das erzählt hast", rang er sich schließlich doch zu einer etwas informativeren Antwort durch und lächelte seinen Gegenüber ein wenig gequält an. "Es erstaunt mich immer wieder, wie stark dieser Mensch ist, obwohl ich mir jedes Mal vornehme nicht mehr davon überrascht zu sein. Ich bin sehr froh, dass er dich an seiner Seite hatte und auch weiterhin hat. Oder vielmehr, wieder hat, wenn ich das so betrachte." Er zog seinen Geldbeutel hervor und warf ein paar Scheine auf den Tisch. "Es reicht, um mir ein besseres Bild machen zu können. Von der Situation, von Cole und auch von Costello. Ich hoffe der Kerl erstickt an einem Krabbencocktail. Danke für deine Zeit und Vertrauen, aber ich muss los. Womöglich will Cole, dass ich ihn abhole, womöglich kommt er auch mit einem Taxi hierher und ich möchte eher nicht erklären, warum wir uns hier unterhalten und nicht drinnen." Er nickte Ragnar zu. "Wir sehen uns", verabschiedete er sich und trat aus dem kleinen Imbiss, um zurück zu Coles Auto zu schlendern. So ganz wusste er noch nichts mit den Informationen anzufangen, doch eines war sicher, er würde weiter graben. Tiefer und tiefer, bis er einen Punkt fand, mit dem er notfalls arbeiten konnte. Noch war ihm nicht klar was das für ein Notfall sein könnte, doch es war immer besser einen Plan zu haben. Eine Ausweichmöglichkeit, die einen vom vorgezeichneten und erwarteten Weg führte und damit vom Radar der Gegenpartei verschwinden ließ. Das schloss den Radar seines Freundes momentan noch mit ein. Es war momentan besser nichts davon zu erzählen, denn er konnte sich Coles Reaktion ansatzweise vorstellen. Oder zumindest glaubte er, das tun zu können. Was Antonin jedoch nicht davon abhielt, sondern ihn vielmehr anstachelte, vorsichtig und gewieft zu handeln. Es war sowieso an der Zeit wieder ein wenig mehr in die Tatsache zu investieren, dass er ein Guard mit einem sehr wertvollen Ziel war. Und im Grunde gab es sowieso nichts Besseres um ihn zu beschäftigen bis sein Labor fertig war. Naja, außer im Lady Dream Kisten zu schleppen vielleicht und so viel Spaß das hin und wieder auch brachte, es war nicht das, was er sich für sein Leben vorstellte. Das Auto startend, schlängelte er sich wieder in den Verkehr und beschloss nach Hause zu fahren. Dort könnte er sich auch in aller Ruhe überlegen, wie er wieder an Ausrüstung herankäme, denn Cole hatte mit seiner 'kleinen' Sprengung dem Großteil seiner Sachen ebenfalls pulverisiert. Das war dann nicht nur eine Frage der Beschaffungsmöglichkeiten, sondern auch des Geldes. Wovon er momentan sowieso nur genügend besaß, um sich ein ganz normales Leben leisten zu können. Vielleicht sähe es anders aus wenn dieser Patentstreit endlich einmal in die ein oder andere Richtung tendierte. Doch so... ja, Antonin hatte jede Menge zum Nachdenken und wenn es nicht gerade um ein Arschloch wie Costello im Zusammenhang mit Cole gegangen wäre, fände er diese Ablenkung sehr vorteilhaft für seinen Gemütszustand. Ragnar Dass Antonin nicht begeistert von den Dingen war, die er ihm erzählte, war Ragnar klar gewesen. Ob er lieber nichts gesagt hätte? Brachte er Cole damit in Schwierigkeiten, weil er Antonin dazu verhalf, Informationen zu sammeln, die dieser sicher gegen Costello verwenden würde? Andererseits wünschte er sich für Cole nichts sehnlicher, als dass er dieses Arschloch endlich los wurde. Und vielleicht war Antonin dieser Situation gewachsen. Aber wenn nicht, wäre er in großer Gefahr, und auch die Beziehung zu Cole wäre in großer Gefahr. "Ich habe dir das gerne erzählt, Antonin", sagte er daher zu ihm. "Aber eines muss dir klar sein. Wenn du etwas gegen Costello unternimmst, musst du dir sehr sicher in allem sein. Denn du gefährdest dadurch dein und Coles Leben und zusätzlich noch eure Beziehung." Nun blickte er dem anderen hinterher und aß sein Sandwich zuende. Noch bevor er die Straße überquerte, um wieder ins Dream zu gehen, musste er sich beeilen, um aufs Klo zu rennen und sich zu übergeben. Morgen war er noch einmal beim Arzt. Vielleicht könnte er ihm sagen, was er dagegen tun konnte. Den Rest des Nachmittages verbrachte er damit, Organisatorisches zu erledigen. Es galt potentielle Kunden für die neue Lieferung anzurufen und Dealer zu versorgen. Er machte diesen Job gerne, auch wenn es ihm lieber wäre, wenn es andere 'Waren' wären, mit denen er zu tun hatte. Sein Studium in BWL war eigentlich wirklich aus Interesse gewesen und er hatte sogar einige zusätzliche Qualifikationen wie Internationales Management und Transnationale Kooperation dazu erworben. Eigentlich war es schade, dass er sein Wissen nicht sinnvoller nutzte. Als Cole anrief, dass es spät bei ihm werden würde, dass er dafür sorgen sollte, dass das Lady-Dream aber sicher war, nahm er die Gelegenheit wahr, ihn zu fragen, ob es ok wäre, wenn er abends noch was erledigte. Als Cole ihm freigab, fragte er nicht nach. Vielleicht hätte Nathan dann auch Zeit und sie könnten sich mal zu einer vernünftigen Zeit sehen. Auf dem Weg zur ersten Wohnung schrieb er diesem gleich noch eine SMS. Nathan! Ich habe heute Abend frei bekommen. Wenn du Zeit und Lust hast, könnten wir etwas unternehmen oder so… Kannst mich ja anrufen, wenn du soweit wärst. Ich muss jetzt ohnehin erstmal Wohnungen ansehen ;) Ein Kuss zwischen diene Schulterblätter, dort wo du so weiche Haut hast... Ragnar Die Frau, die ihn in der ersten Wohnung begrüßte stellte sich als biedere ältere Dame heraus, die offensichtlich davon ausging, dass man genauso kleinkariert und frustriert sein musste, wie sie, wenn man hier einzog, denn die Liste an Dingen, die man nicht durfte (zum Beispiel nach 22 Uhr auf dem Balkon sitzen), war immens und kaum nachvollziehbar. Die Wohnung an sich war zwar wirklich toll, aber angesichts dessen, dass eben jene Frau unter ihm wohnen würde, von vornherein gestorben. Als sie fragte, was er arbeite und er ihr wahrheitsgemäß antwortete, er sei in einem Nachtclub angestellt, hob sie nur eine Augenbraue und strich ihn gedanklich wahrscheinlich schon von der Liste. Die zweite Wohnung, eben jene, die er so unglaublich schön gefunden hatte, war in einem Altbau unweit von Manhattan im East Village. Der Weg zu Nathan wäre wohl auch zu Fuß möglich, wenn man sich ein wenig bewegen wollte. Die Wohnung war im obersten Stockwerk und durch die Dachschräge relativ klein, aber der Schnitt war phantastisch und wenn man eintrat schien es, als hätte die Wohnung einen ganz eigenen Charakter, ein ganz eigenes Flair. Er würde eine schöne Küche, ein Wohnzimmer, ein gepflegtes Bad und ein weiteres Zimmer haben, mehr Platz also, als in seiner bisherigen Ein-Zimmer-Wohnung. Zudem hätte er einen Balkon, der ziemlich groß war, und von dem aus man in die begrünten Hinterhöfe blicken konnte. Ein Manko war allerdings, dass es keinen Aufzug gab. Der Umzug wäre sicher ziemlich anstrengend, aber Cole und Antonin würden ihm sicher helfen. Die Vermieterin war eine junge Frau, die als Maklerin engagiert war. Dadurch, dass die Wohnung in einem Topzustand war und die Lage natürlich sehr attraktiv, war die Miete recht hoch. Die Kaution und der Marklerpreis würden ihm wohl einiges wegfressen, aber wenn er ehrlich war, hatte er sich schon in die Wohnung verliebt. Er gab der Frau seine Unterlagen, erklärte ihr, dass er Interesse hatte und bat sie, sich so bald wie möglich zu melden, wenn sie wüsste, ob er die Wohnung haben dürfe. Sie versprach es mit den Eigentümern abzusprechen und sich zu melden. Bald darauf war er auf dem Weg zum Sunshine-Cinema, einem der älteren aber dafür umso schöneren Kinos in New York Manhattan. Bevor er in die U-Bahn einstieg, schickte er Nathan noch eine SMS, dass er in ca. 20 Minuten da sein würde. Kapitel 102: Italienisches Essen und Schießübungen -------------------------------------------------- Nathan Der einzige Lichtblick an diesem Tag, schienen Ragnars SMS zu sein. Es war einer jener ganz seltenen Tage, an denen alles schief ging. Seine wohl wirklich unfähige 'Telefontussi', um einmal Blair zu zitieren, hatte zwei Termine zusammengelegt und er war erstmal dagestanden und hatte sich entschuldigen müssen. Elisas Wagen schien in der Mittagspause beschlossen zu haben, seinen Geist aufzugeben, und wer musste ihren Termin übernehmen? Richtig, schon wieder er. Als ob er auch nur den Hauch einer Ahnung von einer romantischen Freilichtbühne für Gedicht-Lesungen hätte! Sein Kaffee war vor lauter umdisponieren kalt geworden und als Stevens ihn aus dem Savoy anrief, um ihm mitzuteilen, dass die letzte Lieferung nicht alle Getränke beinhaltet hatte, konnte ihn schon nichts mehr erschüttern. Was war los mit all den Menschen um ihn herum? War es denn wirklich zu viel verlangt, die Arbeit die man weiterdelegierte auch korrekt auszuführen? Offensichtlich schon. Nathan war irgendwann gegen 15 Uhr soweit, seinen Kopf solange gegen die nächstbeste Wand zu schlagen, bis alles wieder gut war und sie ihm einen langen, erholsamen Urlaub in einer Gummizelle spendieren würden. Unfähiges Pack! Umso erfreuter war er von Ragnars SMS und ohne dessen Wissen, rettete sie einer Person den Job. Er schrieb zurück, dass er nichts gegen einen Kinobesuch einzuwenden hätte und schlug ein eher älteres vor. Ragnar hatte ihm mal erzählt, dass er den Flair der älteren Kinos mochte und warum auch nicht? Und rein aus stillem Protest heraus verließ er sein Büro um Punkt 18 Uhr. Sollte die Welt heute doch hinter ihm untergehen, als ob er gerade noch einen feuchten Kehricht darum geben würde. Ein wenig müde gähnend fuhr er nach Hause und sinnierte darüber, wann er eigentlich das letzte Mal eine Woche Urlaub hatte? Letztes Jahr irgendwann? Vielleicht war es wirklich an der Zeit seinen Geduldsvorrat wieder ein wenig aufzufüllen, auch wenn die Befürchtung zurückblieb, dass er keine Firma mehr besitzen würde, zu der er zurückkehren könnte, wenn er von jetzt auf gleich wirklich ein paar freie Tage einforderte. Sich duschend und umziehend, setzte er sich danach noch für zwei Stücke an sein Klavier und spielte sich den Frust von der Seele. Genau aus diesem Grund stand das gute Stück nämlich überhaupt noch hier. Um ihn aus seinen eher schlechten Launen wieder heraus zu holen. Was besonders für ein weiteres Treffen mit Ragnar wichtig war. So stand er zur verabredeten Zeit vorm Kino, durch die letzte SMS wissend, dass jener pünktlich käme und studierte das Programm. Also im Grunde lief hier nichts für das er wirklich unbedingt ins Kino müsste. Ob sie nicht doch lieber etwas essen gehen sollten? Hungrig genug wäre er inzwischen auf alle Fälle. Er lehnte sich gegen einen der runden Säulen, die kommende Filme anpriesen, und lächelte, als er Ragnar schließlich auf sich zukommen sah. Schnell stieß er sich ab und zog jenen an sich, um ihn zu umarmen, bevor er auch nur einen Ton sagte. "Oh Gott, bitte sag mir, dass dein Tag heute besser war als meiner", murmelte er und hauchte einen Kuss gegen die Schläfe des anderen. "Mein Magen rebelliert und nicht nur der... kann ich dich statt Kino auch von einem Restaurant überzeugen?", fragte er und war sehr erleichtert als Ragnar zustimmte. Er setzte sogar den Italiener durch, denn irgendwie war ihm heute wirklich nach Pasta mit möglichst dicker Käsesoße. Nathan überließ es Ragnar, ob jener ein Restaurant kannte in das er wollte, oder ob jener es ihm überlassen wollte. "Dann kannst du auch sofort meine Neugierde nach deinen Besichtigungen stillen. Am besten bei einer leckeren Vorspeise und du solltest schnell sprechen, wenn es viel zu erzählen ist, denn du musst als Nachtisch herhalten", grinste er frech und wartete dann auf die Restaurantwahl ab. Ragnar Voll überschwänglicher Freude musste er sich zusammenreißen, nicht die letzten Meter auf Nathan zu schneller zu werden. Aber er riss sich am Riemen und wurde nur schneller, als der andere auf ihn zusteuerte und ihn in eine Umarmung zog, die er zu gerne erwiderte. Sanft küsste er ihn am Hals, dort wo er hinkam und blickte den anderen dann lächelnd an. "Klingt, als hättest du einen wahren Scheißtag gehabt. Ich hoffe es ist nichts Schlimmes passiert?" Er blickte Nathan fragend an. "Mein Tag war so lala. Es bahnt sich ein wenig Ärger an. Aber das wäre jetzt zu kompliziert, das zu erklären. Könnte nur sein, dass die nächste Zeit ein wenig heißer wird." Ein wenig Sorge um Nathan schlich sich in seinen Blick ein. Jener schien wirklich ziemlich angespannt zu sein. "Nein, das ist kein Problem. Wir kommen sicher auch irgendwann ins Kino. Und ich habe heute auch noch nichts gegessen, was ich in mir behalten hätte, daher habe ich auch Hunger." Kurz blickte er sich um, ging in Gedanken die möglichen Italiener durch, die er kannte. "Also ich kenne eine Osteria, zu der wir allerdings wohl ein wenig fahren müssten. Aber dort gibt es letztlich das beste Essen." Nathan war einverstanden und bald darauf saßen sie im Auto, wobei Ragnar Nathan lotste. Der Italiener war in einem Eckhaus, vor dem ein kleiner Platz war. Es war warm genug, dass man noch draußen sitzen konnte, doch es war voll, so dass Ragnar reinging und zielstrebig auf den Inhaber des Hauses zuging. "Ciao Flavio! C'è un posto libero per noi due?", fragte er ihn, der ihn freudig begrüßte. "Ciao Ragnar, ma sicuro. Per i due uomini, così bella, abbiamo sempre qualcosa di gratuito. Tollerata appena un po '." Gleich darauf wurde ihnen ein kleines Glas Prosecco von Flavio eingeschenkt, den Ragnar schon seit geraumer Zeit kannte, und sie standen gemeinsam vor dem Restaurant und wartete, dass der versprochene Tisch frei werden würde. "Ich hoffe es stört dich nicht, dass wir kurz warten müssen. Aber glaube mir, es lohnt sich. Sie haben tolle Pizza und verschiedene Wochengerichte an Spaghetti, die sie komplett selbst herstellen. Es wird dir schmecken." Er lächelte den anderen Mann an und es dauerte tatsächlich nicht lange, bis sie sich hinsetzen konnten. Ihr Tisch war direkt vor dem Fenster des Restaurants und man konnte sich auf das mit Kissen ausgelegte Fensterbrett setzen. Der Tisch war breit genug, dass sie sich nebeneinander setzen konnten und Ragnar zog Nathan zielstrebig zu sich auf die Bank, um sich gleich darauf an ihn zu kuscheln. Nähe, er war ein Berührungsjunkie... Sie bestellten gleich eine Flasche Wasser und einen Vino rosso dela casa, den man hier als Flasche auf den Tisch gestellt bekam. Ein Strich markierte, bis wohin zuletzt getrunken wurde und wenn man fertig war, wurde wieder ein Strich gezogen, und die getrunkene Menge berechnet. Dadurch dass die Bedienung italienischer Herkunft war und das Ambiente im italienischen Stil gehalten wurde, fühlte er sich hier so wohl, wie er sich damals in Italien auch wohl gefühlt hatte. Und das bisschen Italienisch aufzufrischen, das er beherrschte, tat auch immer wieder gut. Ragnar angelte nach der Karte, die aus einem Blatt bestand. Vorder und Rückseite waren bedruckt. "Wenn du dir mit mir eine Pizza teilst, wäre das toll, ansonsten muss ich die Hälfte einpacken, denn die Pizza ist viel zu groß für eine Person." Ragnar deutete auf den Zusatz unter der Karte, wo geschrieben stand: 'Falls die Pizza aus unerklärlichen Gründen jemandem zu groß sein sollte, kann man sie gerne mit jemandem teilen.' "Aber das würde mich nicht stören, dann habe ich mein Mittagessen für morgen..." Nachdem sie sich entschieden und bestellt hatten, blickte Ragnar seinen Freund an und erzählte ihm von den beiden Wohnungen, die er gesehen hatte. Er versuchte so neutral wie möglich zu klingen, schließlich hatte er ja die Wohnungen von Ragnars Vater nicht gesehen und hatte versprochen sie mit in die engere Wahl zu nehmen. Aber er würde sie nur nehmen, wenn er keine andere Wohnung finden würde. "Da fällt mir ein, dass ich jetzt vor lauter Aufregung vergessen habe, mir etwas zum Anziehen mitzunehmen. Vielleicht fahren wir später doch nochmal kurz zu mir..." Eigentlich wäre es ihm nicht so recht, wenn Nathan seine Wohnung sehen würde, aber warum eigentlich auch nicht. So schlimm war sie nun auch wieder nicht. Sie war halt eng und wirkte dadurch immer unaufgeräumt. Nathan Oha, Ragnar sprach Italienisch? Zwar verstand Nathan bis auf die Begrüßung kein Wort, aber es hörte sich irgendwie angenehm und fließend an. Das Glas dankend nehmend schüttelte er den Kopf. "Nein, das stört mich keineswegs. Du bist mir eine angenehme Gesellschaft." Er lächelte und prostete seinem Gegenüber zu, bevor er einen prüfenden Schluck nahm. Er machte eigentlich einen großen Bogen um sämtlichen Alkohol mit Sprudel, aber ein Glas würde ihn schon nicht umbringen. "Und ich hoffe die Speisen halten was du versprichst, bis auf das Frühstück bin ich heute noch nicht mal zu einem Kaffee gekommen." Er erwiderte das Lächeln und ließ sich dann auch anstandslos neben Ragnar auf die Fensterbank ziehen. Die Nähe störte ihn keineswegs, sondern breitete wieder einmal ihre beruhigende Wirkung über ihm aus, so dass er sich bald ein wenig entspannt strecken und bequemer hinsetzen konnte. Er schielte mit in Ragnars Karte und schüttelte bedauernd den Kopf. "Tut mir leid, ich fürchte du hast dein Mittagessen, mir steht der Sinn mehr nach der Pasta. Wobei es sein könnte, dass ich deine restliche Pizza trotzdem noch verdrücke", murmelte er und entschied sich für Tortellini Quattro Formaggi mit einem Bruscetta als Vorspeise. Als Ragnar nach ihrer Bestellung von seinen Besichtigungen erzählte, drehte er sich ihm zu und schob zwischendurch seine Hand in dessen Nacken, um ihn zu sich zu ziehen und sanft zu küssen. "Sorry, das musste jetzt sein. Erzähl bitte weiter", entschuldigte er sich lächelnd und musste den Kopf über jene biedere Frau schütteln. Was es nicht für seltsame Gestalten gab. "Und ich dachte immer, solche Hausdrachen gäbe es nur in Filmen", gestand er und trank einen Schluck von dem wirklichen guten Wein. "Die nimmst du besser nicht, das klingt ja nach einem wahren Alptraum. Wobei sich die zweite nicht schlecht anhört. Hat die auch eine Klimaanlage? Du wirst in den Sommermonaten sonst im Dachgeschoss zerfließen, soviel kann ich dir zwitschern. Sascha und ich sind in unserer Pseudostudentenzeit in so ner Bude gewesen. Wobei die natürlich bestimmt nicht so schön war wie die, die du dir angesehen hast. Aber wir haben zu dieser Zeit eine gewissen Abneigung gegen Kleidung und Decken entwickelt." Er musste bei dieser Erinnerung leise lachen und machte sich dann über seine Vorspeise her, die gerade gebracht wurde. "Willst du eines?", bot er Ragnar an und merkte wie sich sein Magen mehr als empört zurückmeldete. Vermutlich wäre ihm schlecht, wenn er sich das alles jetzt in Rekordgeschwindigkeit reinschichtete, aber es half nichts. Sein Magen meinte, das müsste so sein, und wer wäre er, um zu widersprechen? Ebenso gierig musterte er dann seine Nudeln als sie kamen und konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht wie ein hungriger Wolf darüber her zu fallen, sondern noch ordnungsgemäß einen guten Appetit zu wünschen und in einer gemäßigten Zeit zuzulangen. "Oh... die sind wirklich gut!", murmelte er erstaunt und lächelte bis über beide Ohren. Man sah es ihm bestimmt nicht an, aber Essen war eine seiner Leidenschaften. Eine, die ihn zum Hassobjekt von Sascha und Blair machte, da er offenbar ein schwarzes Loch als Magen besaß, das kein Fett im Körper ansetzen ließ. "Du könntest auch was von mir anziehen, wenn du willst. Hast du denn deine Tabletten dabei?", fragte er und sah den anderen aufmerksam an, bevor er die Hand ausstreckte und kurz über die weichen Haare strich. "Kann ich dich nicht zu mir ins Büro stellen? Das wäre sogar besser bezahlt als die Wärmflasche und würde verhindern, dass ich zu schlechte Laune bekomme." Er grinste, wurde dann jedoch ernst und legte die Gabel kurz weg. "Ich weiß, dass du gesagt hast, dass es kompliziert ist, aber ich möchte, dass du auf dich aufpasst. Gerade wenn es gefährlicher wird. In Ordnung? Ich hätte anders keine ruhige Sekunde mehr. Hab ich jetzt wohl auch schon nicht mehr...", setzte er fast ein wenig zu sich selbst nuschelnd noch dran und seufzte dann. "Versprich mir einfach, dass du auf dich aufpasst, ja?" Ragnar Es war angenehm zu wissen, dass es in der 'normalen Welt' genauso stressig war, wie in seiner. Nicht, dass er es jemals bezweifelt hätte, aber dennoch beruhigte es ihn immer wieder, das zu wissen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Welten war wohl die Gefahr: bei der einen lief man Gefahr, am Burnout-Syndrom zu leiden, in der anderen, einer Kugel zu begegnen. Aber Nathan wird wohl ein wenig Stress in seiner Arbeit bis zu einem gewissen Grad mögen. Schließlich schien ihn der Beruf zu erfüllen. Sicher kam es immer darauf an, welche Art von Stress es war, positiver oder negativer. Ragnar hatte sich eine Pizza con salame piccante bestellt und wohl wissend nichts weiter dazu bestellt. Vielleicht nachher noch ein Tiramisu, mal sehen. Als Nathan ihn in seiner Erzählung einfach so küsste spürte Ragnar, wie er verlegen wurde. Meine Güte, wie schaffte es Nathan mit so süßen Kleinigkeiten - nein es waren keine Kleinigkeiten - mit so süßen Gesten sein Herz nur so zum Flattern zu bringen. Er lächelte und wusste gar nicht so recht, was er sagen sollte, geschweige denn, wo er aufgehört hatte zu erzählen und so ruderte er ein wenig, als er weitersprach. "Nein diese Drachen sind real existent und ich werde die Wohnung bestimmt nicht nehmen, zumal sie hundert pro ohnehin nicht zusagen würde. Und ja, die andere Wohnung hat eine Klimaanlage. Sie ist wirklich toll renoviert und sie hat ein eigens Durchlüftungssystem. Wahrscheinlich hat der Inhaber wirklich dort selbst einmal gewohnt, sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht." Ragnars Augen begannen zu leuchten, ohne dass er das wollte. Ja, die Wohnung hatte ihn wirklich überzeugt. Das Schlafzimmer würde ohnehin Nordseite sein, so dass es dort wahrscheinlich länger kühler blieb. "Aber erst einmal abwarten, was geschieht. Vielleicht sagen beide ab. Sie wissen ja, wo ich arbeite." Er seufzte. Irgendwie machte ihm das das erste Mal wirklich bewusst Sorge. "Du hast mit Sascha in einer WG gewohnt?", neugierig blickte er den anderen an, als seine Pizza hingestellt wurde, die weit über den Tellerrand hinaushing. Kurz ein wenig überfordert, begann er sich dann doch irgendwie durchzuarbeiten. "Lass es dir schmecken", wünschte er dem anderen noch und schenkte sich noch einen Schluck Wein ein. Er lächelte, als Nathan ihm versicherte, dass es ihm schmeckte. Es war gut gewesen, dass sie hierher gekommen waren und nicht ins Kino gegangen sind. Letztlich hatten sie sich noch viel zu viel mitzuteilen, als dass sie wirklich Zeit für Kino hatten, oder? Als Fabio vorbeikam und fragte, ob es ihnen schmeckte, bestätigte Ragnar mit einem "Grazie Il cibo è fantastico!" Mit dem Angebot, etwas von Nathan anzuziehen, das er gerne annehmen würde, erinnerte ihn Nathan aber auch an etwas viel Wichtigeres. "Scheiße", murmelte er und blickte auf die Uhr. "Ich habe sie heute Abend noch nicht genommen." Es war erst zwei Stunden überfällig und so zog er das Tütchen, das er immer in der Arbeit dabei hatte aus der Tasche, um die Tabletten zu nehmen. "Die für morgen Früh habe ich nicht dabei", gestand er. "Aber wenn du möchtest, kann ich auch alleine nachher heimgehen und ich komm dann zu dir nach." Seine Augen schlossen sich einen Moment, als er die streichelnde Hand an seinem Haar spürte. Und wieder schaffte es Nathan, ihn aus dem Konzept zu bringen. "Du machst mich ganz verlegen, wenn du so etwas sagst...", murmelte er und blickte den anderen dennoch lächelnd an. Doch der Blick des anderen wurde mit einem Mal ernst, weshalb auch Ragnars Lächeln verblasste. Kurz schwieg er, als er Nathans Bitte hörte. "Ich verspreche dir, auf mich auf zu passen", sagte er dann und blickte Nathan ernst an. "Ich bin eigentlich so gut wie nie bei wirklich gefährlichen Aktionen dabei. Die Stimmung ist nur angespannt im Moment. Es gibt wieder Revier-Streitigkeiten, wegen derer sich einige gerade ziemlich die Köpfe einschlagen. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Cole passt eigentlich immer sehr gut darauf auf, dass uns nichts geschieht. Er hat mich noch nie in wirklich große Gefahr gebracht." Nathan Genüsslich eine Gabel voll Nudeln kauend betrachtete er einen ein wenig verlegen wirkenden Ragnar und fand den Anblick anbetungswürdig. Ob er die Drohung mit dem Büro wahr machen sollte? Jener würde sich da bestimmt sehr gut machen. Und als er wieder jenes so schöne Leuchten in den Augen sah, lächelte er ein wenig nachsichtig, den Bissen herunterschluckend, bevor er neu ansetzte. "Nimm sie, wenn du sie bekommst. Ich habe es dir gestern schon gesagt, du musst dich wohlfühlen und wenn deine Traumwohnung eine Dachgeschosswohnung ist, dann ist dem so. "Und nicht jeder Mensch in dieser Stadt hat Vorurteile gegen die Arbeit in einem Club. Das hier ist und bleibt New York und kein ödes Vorkaff. Ein bisschen optimistischer, wenn ich bitten darf." Er zwinkerte Ragnar zu. "Zudem sie ziemlich dumm wären, dich nicht als Mieter zu wollen. Ich an ihrer Stelle würde noch so viel mehr wollen..." Er lachte und schnappte sich einen weiteren Bissen, schon überlegend, ob da noch ein Stück Pizza danach auch noch Platz hätte, denn Ragnars Blick zu jener war fast ein bisschen verzweifelt gewesen. "Mhh", nickte er und ein schelmischer Glanz schlich sich in seine Augen. "Wir sind zusammen aufgewachsen und haben irgendwann beschlossen, dass Hollywood nicht unser Pflaster ist. Er war viel zu ernsthaft für diese Stadt und ich mochte die Schwulenszene nicht. Jaja…" Er hob die Hand um etwaige Einwürfe zu unterbinden. "Man könnte jetzt meinen, dass dieser Grund zu seinem immens am Boden verliert, aber ich habe es diesen Leuten zu verdanken, dass ich mich heute als normalen Menschen bezeichnen kann. Wer die Schwulen in Hollywood noch nicht gesehen hat, der hat noch gar nichts aus der Szene gesehen. Ich erinnere mich noch gut, wie wir zum ersten Mal in so nem Club waren und ich genauso schnell rückwärts wieder raus wie reinmarschiert bin. Damals dachte ich nur: 'Lieber Gott, lass mich nicht so werden'." Er schüttelte den Kopf bei der Erinnerung an diese aufgetakelten Männer. Wie alles in Hollywood musste auch diese Szene sich ständig gegenseitig übertrumpfen und höchst offiziell herumtucken. Nein, aber nein danke. "Aber wie dem auch sei, wir haben uns dann zwischen DC und New York für letzteres entschieden und während Sascha tatsächlich studiert hat, hab ich nur so ne Art Managementschule gemacht. 'Wie lerne ich Arbeiten effizient an andere zu verteilen?' und so unsinniges Zeug. Wir wollten natürlich furchtbar unabhängig sein und wohnten in einer ziemlichen Bruchbude. Wo wir auch auf Blair trafen und er meinte, dass man uns nicht alleine lassen konnte. Noch mehr Fragen?" Er grinste. "Ich erzähle gern über diese Zeit, sie war ziemlich chaotisch aber doch sehr lustig." Als der Italiener wieder vorbeikam, bekam er eine weitere Kostprobe von Ragnars Fähigkeiten und lobte ihn dann. "Ich habe keine Ahnung, wovon ihr sprecht, aber es klingt angenehm", gestand er und sah dann dabei zu wie Ragnar seine Tabletten nachträglich zu sich nahm. "Blödsinn. Ich fahre dich, aber erwarte nicht dass ich mit zu dir komme. Nichts gegen deine Wohngegend und ja, möglicherweise habe ich Vorurteile, aber ich möchte meinen Wagen da eher ungern alleine stehen lassen. Ich hänge an ihm", erklärte er und nahm die Erklärung des anderen mit einem Kopfnicken hin. Mehr wollte er über diese Dinge auch nicht wissen. Wo kein Kläger, da kein Richter und er wollte weder zum einen noch zum anderen mutieren. Nicht wenn er stattdessen noch viel mehr so angenehme Abende haben könnte. Nachdem er sich tatsächlich noch ein Stück von der Pizza von Ragnar erschnorrt hatte, bezahlten sie und wurden nicht eher losgelassen, bis die beiden Männer irgendetwas ausgehandelt zu haben schienen. Was, wurde Nathan klar, als er das kleine Paket sah. Oder, er dachte zumindest dass es ihm klar war, denn was außer Nachtisch sollte es schon sein? Und wie versprochen fuhr er Ragnar zu sich und wartete im Auto auf ihn, schnell noch zwei Telefonate erledigend, die er sich für morgen aufgehoben hatte, sich jetzt aber doch wieder in der Lage fühlte, sie zu führen. Tatsächlich wurde er haargenau fertig und so verging nicht mehr besonders viel Zeit, bis sie bei ihm in der Wohnung standen. Wobei Nathan sich ein wenig aufstöhnend über den Magen rieb. "Ich wusste, ich hätte nicht so viel in mich reinstopfen sollen", beschwerte er sich und runzelte dann die Stirn. "Das letzte Mal haben wir den Film abgebrochen. Ich glaube ich habe hier noch irgendwo ein Video von vorher erwähnter Bruchbude und uns damaligen Chaoten... wenn es dich interessiert? Ansonsten schauen wir das Lama weiter. Ich befürchte nämlich, ich werde mich nicht mehr bewegen können, sobald ich einmal sitze", murmelte er und wehrte sich auch ganz vehement gegen einen Nachtisch der Sorte, die mit Nahrung in Verbindung stand. Er ließ Ragnar den Film aussuchen und zog jenen zu sich, um endlich ein wenig mehr Körperkontakt zu haben und ihn zu küssen. Tatsächlich entspannte ihn der restliche Abend mehr als er es selbst für möglich geglaubt hatte. Selbst wenn sie doch einmal wieder eine Weile schwiegen, unterhielten sie sich irgendwie mit ihren Gesten weiter und das faszinierte Nathan ungemein. Ragnar "Wirklich? Das hätte ich nicht gedacht." Ragnar lachte leicht, als er die Ausführungen des anderen hinsichtlich Hollywoods hörte. Er strahlte den anderen an, während er sich vorstellte, wie die beiden wohl gemeinsam gelebt hatten. Ob Nathan sich stark verändert hatte zu damals? Er konnte es sich nicht vorstellen. Sicher hatte er schon damals diesen unglaublichen Blick in den Augen. Er stahl sich einen Kuss, dann aß er weiter. "Oh, ich habe ihm nur gesagt, dass das Essen sehr gut ist", Ragnar lächelte entschuldigend. "Ich war ein halbes Jahr in Florenz. Ich hatte nie große Probleme, Sprachen zu lernen und teilweise kommt es mir vor, als hätte ich mehr Sprachen gelernt, als wirklich etwas für mein Studium zu tun." Er grinste leicht. Dass Nathan nicht zu ihm in die Wohnung kommen wollte, war ihm recht. Und letztlich verstand er auch den Grund dafür. Die Bronx war wirklich kein Wohnviertel, in dem man seinen SLK stehen lassen sollte. "Che deve realmente non lo sono. Tu ci hai portato abbastanza tanto un dono." Ragnar seufzte. Doch Flavio schüttelte den Kopf, legte Ragnar die Hand auf die Schulter und drückte ihm mit der anderen das Tiramisu in die Hand. "Per un buon amico fare tutto. E sono lieto di vedervi così felice di vedere. Un piccolo dolce, non male." Ragnar lächelte. Er hatte das Bezahlen übernommen, schließlich hatte er es Nathan angekündigt, das bald mal zu tun. Aber Flavio, der ihnen den Wein nicht berechnet hatte, schien ihn heute mit Großzügigkeiten überhäufen zu wollen. "Quindi vi ringrazio di cuore. Ci vediamo presto. Ciao!" Sie verabschiedeten sich und nachdem Ragnar sich eine Tasche gepackt hatte und die Tabletten geholt hatte fuhren sie zu Nathan nach Hause. Dort entschied er sich für das Lama. "Den Film mit Sascha und Blair würde ich gerne einmal mit den beiden zusammen ansehen, wenn das möglich ist. Dann erfahre ich vielleicht noch ein paar interessante Dinge aus deinem Leben..", begründete er seine Entscheidung und kuschelte sich an Nathan, ein wenig von dem Tiramisu naschend, das er dann aber doch bald in den Kühlschrank stellte, weil er einfach auch nicht mehr konnte. Als der Film endete krabbelte er auf Nathans Schoß. "Ich weiß, dass du dich kaum rühren kannst", schnurrte er, die Hände dem anderen um die Schultern legend und ihn zärtlich küssend. "Aber du musst dich ja gar nicht viel bewegen..." Noch einmal küsste er den anderen, bevor er von seinem Schoß rutschte und ihm die Hose öffnete. Mit einem schelmischen Grinsen im Blick, sah er zu Nathan hoch. Als sie im Bett lagen war es eigentlich noch gar nicht spät, zumindest nicht für Ragnars Verhältnisse. Dennoch war er müde und schlief bald zufrieden ein. Er bat den anderen, ihn Frühs mit aufzuwecken, denn er musste gegen 10 beim Arzt sein. Cole Als Cole an diesem Abend, nein eher in dieser Nacht, ins Lady-Dream kam, spürte er sich so ausgelaugt, wie schon seit Tagen nicht mehr. Er war angespannt, und die Aura, die um ihn lag, war schon lange nicht mehr so destruktiv. Alles in ihm schien sich verhärtet zu haben und in ihm schrie etwas massiv danach, Sex haben zu wollen, um wenigstens ein wenig runterkommen zu können. Doch das musste warten. Jetzt musste er erst einmal weiterarbeiten. An seinem Schreibtisch angekommen, fuhr er seinen Rechner hoch und musste überrascht feststellen, dass Ragnar offenbar nach einer Wohnung suchte. Kurz zuckte ein Lächeln über seine Mundwinkel. Er musste wohl bald anfangen sich zu überlegen, wer von den Leuten hier Ragnars Posten übernahm. Ob JJ in Frage kam? Mal sehen. Schnell öffnete er sein Postfach und wartete ab, bis die Mails heruntergeladen waren. In der Zwischenzeit ging er zur Minibar und schenkte sich einen Whiskey ein, den ersten schnell kippte, den zweiten mit zum Schreibtisch nehmend. Seine Augen glitten über seine Mails, öffneten die eine oder die andere, bis er schließlich eine eigene Mail verfasste und abschickte. Dann lehnte er sich zurück und trank in langsamen Zügen den Whiskey. Der Tag war einfach nur Scheiße gewesen. Er hatte nicht auf Costellos Anspielung hinsichtlich eines 'Freundes' reagiert. Dennoch war er sich mittlerweile sicher, dass jener Bescheid wusste, oder ahnte, dass es da jemanden in seinem Leben gab. Und Cole nervte das. Für ihn bedeutete es letztlich, dass Costello ein weiteres Druckmittel gegen ihn hatte. Er musste also spuren. Und nun wurde von ihm verlangt, einen sicheren Bandenkrieg so zu lenken, dass sie als Sieger daraus hervorgehen würden. Das hieß: intrigieren, täuschen, lügen, töten. Hätte Costello diese Andeutung nicht gemacht, hätte er sich vielleicht geweigert. Aber er kannte den anderen Mann gut genug, dass er wusste, dass er kein Problem haben würde, Antonin etwas anzutun, oder antun zu lassen. Und das durfte er in keinem Fall riskieren. Costello durfte Antonin niemals begegnen. Niemals. Und so hatte er sich in die Arbeit gestürzt. Hatte begonnen zu intrigieren, zu täuschen, zu lügen und zu töten. Wobei er letzteres anderen überließ. Die Kunst eines Bandenkrieges war es, die anderen Parteien sich gegenseitig ausschalten zu lassen. Und im Moment tobte das Chaos. Cole hatte eben, bevor er ins Arbeitszimmer gegangen war, die Türsteher angewiesen scharf zu kontrollieren, keinen eines anderen Clans einzulassen und überhaupt die Augen wachsam offen zu halten. Es wurde gefährlich. Ragnar hatte er vorhin informiert und ihm frei gegeben. Sollte er sich lieber aus dem Schussfeld begeben. Sollte er lieber den Abend mit Nathan verbringen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er in einer Stunde am Hafen sein müsste. In der Zwischenzeit griff er zu seinem Handy und überlegte, ob er Antonin anrufen sollte, doch er entschied sich für eine SMS. Hey Sunshine! Ich bin heute leider ziemlich mit Arbeit vollgedröhnt worden und muss gleich nochmal zum Hafen. Ich fürchte es wird heute sehr spät. Warte nicht auf mich, ich freu mich dann schon, wenn ich mich zu dir ins Bett kuscheln kann =) Ein Kuss auf die Nasenspitze, Cole Er sollte ihm keine Sorgen machen, sonst käme jener wohl noch auf den Gedanken ihn schützen zu müssen. Es ärgerte ihn, dass er so dachte, aber letztlich wollte er ihn nur beschützen. Auch wenn Antonin gut auf sich aufpassen konnte, mit Costello sollte er sich lieber nicht anlegen. Am Hafen klappte zumindest alles. Die Ware war zwischengelagert und würde innerhalb der nächsten Tage verkauft werden. Es war bereits 2:30 und Cole spürte mehr als deutlich, dass er sich noch abreagieren musste. Als er um 4 Uhr in seine Wohnung zurückkehrte, ging er direkt unter die Dusche. Er stank nach Zigaretten, Alkohol, Schweiß und ein paar Joints, die er heute wirklich bitter nötig gehabt hatte. Außerdem fühlte er sich auf befremdliche Art und Weise schmutzig, so dass er nicht einfach so ins Bett gehen wollte. Etwas nüchterner und ohne den Gestank um sich herum legte er sich schließlich zu Antonin, kuschelte sich etwas an ihn und hasste dieses Gefühl, dass alles sich um ihn drehte, wenn er die Augen zumachte. Er hätte nicht mehr ins Savoy gehen sollen, aber er wollte auch nicht, geladen wie er war, zu Antonin heimkommen. Er hatte nicht gewollt, dass jener mitbekam, wie aufgewühlt er letztlich war. Antonin Antonin glaubte das Fellknäul verrückt gemacht zu haben, als jener es aufgab ihm beim Auf- und Ablaufen zuzusehen und sich stattdessen demonstrativ mit dem Rücken zu ihm setzte. "Pff... ich brauche deine Aufmerksamkeit nicht, weißt du", murmelte er in Richtung der Katze und begann abermals seinen kleinen Rundgang durch die Wohnung. Von wegen es würde nicht lange dauern! Von wegen er könnte Cole dann abholen! Er sah jetzt so ungefähr zum hundertsten Mal auf die Uhr und trotzdem passierte nichts! Absolut gar nichts! Keine SMS, kein Anruf und auch kein heimkommender Cole. Er würde ihn zwingen, die Platte fürs Herz wieder zu tragen und wenn es das letzte war das er täte. Die aufgewühlten Augen verengend sah er ein weiteres Mal auf die Uhr und begann die wüstesten Verwünschungen gegen Costello auszusprechen, die ihm einfallen wollten. Und das waren jede Menge, immerhin hatte er ein paar Jahre mit 'ach so harten' Kerlen in der russischen Pampa verbrachte. Da bekam man schon einen ausgeprägten Wortschatz an Beleidigungen zusammen. Aaargh! Sollte Cole doch bleiben wo der Pfeffer wächst, er würde sich jetzt mal ein wenig die Beine vertreten. Mit dessen Wagen... oder nein, lieber doch nicht. Besser mit dem Falcon, soviel Verstand blieb ihm dann doch zurück. Sich bewaffnend, verließ er die Wohnung kurz darauf und fuhr er mit der U-Bahn zu seiner Wohnung, wo er ersteinmal zweifelnd die Häuserwand hinauf sah. Bräuchte er irgendwas von da oben? Seinen MP3 Player vielleicht? Ja, das war gut. Es dauerte nicht lange das Gerät zu finden, doch sich für eine Playlist von seinem Rechner zu entscheiden war schon schwieriger. Allerdings... war Michael Jackson nicht vor kurzem gestorben? Durch den ganzen Stress hatte er das gar nicht mitverfolgen können. Er würde sich die Trauerfeier wohl mal im Netz ansehen müssen, denn jenen Mann hatte er als Künstler wirklich bewundert, weshalb er sich rein aus nostalgischen Gründen für sämtliche Michael Jackson Lieder entschied. Das erledigt wissend, formte sich langsam aber sicher ein Plan in seinem Kopf. Zwar wusste er noch nicht ganz, ob er das schon wieder mental ausstehen könnte, aber wenn Cole an seiner Kindheit nicht zerbrochen war, dann würde er so einen Besuch auch noch überleben. Sein geliebtes Auto auf dem Highway in deutlich überhöhter Geschwindigkeit dahinjagen lassend, fand er sich bald bei der Auffahrt zum Schrottplatz wieder. Und Nicholas Haus, dem er einen skeptischen Blick zuwarf als er ausstieg und die Autotür hinter sich zuwarf. Es sah alles so normal aus, aber was hätte Antonin auch anderes erwarten sollen? Vielleicht ein Schild auf dem stand, dass der Inhaber umgebracht worden war? Nein, wohl eher nicht. Sich die Stöpsel ins Ohr steckend und die Musik aufdrehend hielt er auf die Werkstatt zu, in die er sich recht flott zutritt verschaffte. Gleiches galt für den Raum, der gerade sowieso nicht mehr verschließbar zu sein schien. Die Augenbraue hebend, wippte er mit dem Kopf im Takt und sah sich in dieser Ruine um. "Verfluchter Cole, da hast du wirklich ganze Arbeit geleistet", grollte er und hob probeweise mal ein übrig gebliebenes Stück vom Tisch auf um es dann achtlos weg zu werfen. Damit war wirklich seine gesamte Ausrüstung drauf gegangen, einschließlich jeglichen Sendern, Peilgeräten, Nachtsichtgeräten und ähnlichem Schnickschnack. Ob der gute Mann eine Ahnung hatte, was für Werte er da mal eben in die Luft gesprengt hatte? "The way you make me feel...", sang er leise mit und verzog ein wenig spöttisch die Lippen. Ja, das Lied passte wirklich mal wie die Faust aufs Auge. Aber noch war nicht aller Tage Abend, weshalb Antonin sich zur Verbindungstür zwischen Werkstatt und Familienhaus begab und auch jene in kürzester Zeit geknackt hatte. Kurz ein wenig schwer schluckend, konzentrierte er sich für ein paar Sekunden auf die Stimme, die ihn beschallte, und trat dann ein. Antonin wusste sehr genau wo Nicholas seine Verstecke im Haus hatte, aber es kam ihm schon fast wie Leichenfledderung vor. Oder wie eine Trophäe, die er sich als Mörder mitnehmen würde. Serienmörder Marakow. Nein, das war kein besonders angenehmer Klang. Auch hier wirkte alles so als ob die Familie nur kurz außer Haus wäre und jede Minute zurückkommen würde. Fast glaubte er manchmal Nicholas Schritte von oben zu hören, oder dessen halbironische halb belustigte Stimme hinter sich zu vernehmen. Ob er langsam paranoid wurde? Obwohl es nicht nötig war schlich er sich durchs Haus und wühlte sich alsbald durch die Verstecke, um immerhin mit ein wenig Ausbeute wieder bei seinem Auto zu stoppen. Na, war doch besser gegangen als gedacht. Dass er nur von ein wenig herumschleichen völlig verschwitzt war und sein Herz schneller als normal schlug, ignorierte Antonin komplett. Und immerhin könnte er seine Magnum jetzt gegen eine weitere Eagle tauschen. Genau das gleiche Modell wie seine eigene, was schonmal sehr angenehm war, da diese nicht mehr hergestellt wurden. Dazu mehrere Packungen mit Patronen, die ihm auch langsam aber sicher ausgingen und als besonderes Schmankerl oben drauf gab‘s noch ein spezielles Fernglas. Das könnte er früher oder später sehr gut gebrauchen. Doch jetzt... sein Blick wandte sich von den Waffen ab zum Schrottplatz hin - jetzt würde er üben. Und genau das tat er. Ziehen, entsichern, zielen. Ziehen, entsichern, zielen. Aus allen möglichen und unmöglichen Lagen und Situationen heraus. Hin und wieder waren seine Bewegungen sogar fast tanzend. Noch etwas, das er in Russland lernen 'durfte'. Knarren konnten ziemlich anregend sein, auf ihre eigene Art und Weise. Natürlich nur in Händen von Personen, die mit ihnen umgehen konnten und die wussten, sie so einzusetzen. Das war etwas gewesen, auf das Antonin sich hin und wieder eingelassen hatte in Ermanglung eines besseren Hobbys. In diesen Dingen hatte man nicht scheu sein dürfen. Als er sich davon überzeugt hatte, dass seine Grundpeilung und seine Reaktionszeit gut genug war, ging er dazu über, in kurzer Reihenfolge Schüsse abzugeben und wie immer war er mit sich zufrieden. Man hatte ihn nicht umsonst Falcon genannt. Seine Zielpeilung war 1A. Ursprünglich sollte es ein Adler werden, aber wenn man schon bei Raubvögeln war, hatte er auf den Namen seiner Mutter bestanden. Verbindung zur Heimat und so... Angenehm erschöpft zum Auto zurückkehrend, fand er Coles SMS vor und prüfte die Uhrzeit. Oje... besser er beeilte sich, nicht dass Cole doch noch vor ihm heimkommen würde. So war es dann bereits 2 Uhr, als er nach einer Dusche ins Bett kroch und fast sofort einschlief. Irgendwo am Rande bekam er noch mit, dass sein Freund sich irgendwann zu ihm legte, doch er war zu müde, um wirklich noch darauf zu reagieren. Er könnte ihm auch morgen noch den Kopf waschen... Kapitel 103: Rüstung -------------------- Ragnar Zweimal in eineinhalb Wochen. Nur zweimal hatte er es geschafft, bei Nathan zu übernachten. Dadurch, dass Cole so viel Stress hatte, blieb der ganze restliche Scheiß an ihm hängen. Eigentlich kein Problem, aber eigentlich hatte er früher auch niemanden gehabt, bei dem er nachts lieber schlafen würde, als in seiner Wohnung. Zumindest telefonierten sie jeden Tag und schrieben sich SMS, aber das ersetzte keinen warmen Körper neben ihm, keine Küsse, keine Zärtlichkeiten, keinen Sex. Aber er wusste, dass es wichtig war, für alle Beteiligten. Und so arbeitete er, wissend dass Cole ihn auch besser bezahlen würde. Er hatte ihn darum gebeten und jener hatte ihm daraufhin nicht nur die Lohnerhöhung versprochen, sondern ihm auch noch das Geld überwiesen, das er seit einiger Zeit - wie er erklärte - zur Seite gelegt hatte, seit Ragnar das letzte Angebot einer Lohnerhöhung ausgeschlagen hatte. Die Kaution würde also kein Problem mehr darstellen. Nur leider meldete sich die Maklerin nicht mehr. Immerhin hatten sie es geschafft, sich die Wohnungen von Nathans Vater anzusehen. Und Ragnar musste zugeben, dass sie beide verdammt schön waren. Aber in die andere Wohnung hatte er sich verliebt. Auch er selbst sah sich noch halbherzig drei Wohnungen an, insgeheim aber darauf wartend, dass jene junge Frau anrief, und ihm mitteilte, dass er die Wohnung haben könne. An diesem Morgen verließ ihn die Geduld und er rief bei jener Frau an. Diese tat so als wüsste sie nicht mehr, wer er war und entschuldigte sich, dass die Wohnung schon anderweitig vermietet sei. Hallo Loch, hier bin ich... Ragnars Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Besonders, da ihm die Frau mitgeteilt hatte, dass sie nicht an Menschen mit schwereren Krankheiten vermieteten. Gut, so direkt hatte sie es nicht gesagt, aber sie hatte es angedeutet. Das hatte man nun davon, wenn man ehrlich war und mit offenen Karten spielte. Der Tag war düster. Und nun kamen auch wieder die Werte der Untersuchung hinzu, die er eigentlich die ganze Zeit gut verdrängt zu haben glaubte. Die Viruslast war noch ein wenig gestiegen, aber nur geringfügig. Es wurde nun überlegt, ob man auf andere Präparate umstieg, wobei so eine Umstellung nicht ganz unproblematisch wäre und wohl mit einem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt verbunden wäre. Ragnar hatte noch mit niemandem darüber gesprochen, letztlich auch mit sich selbst noch nicht. Als er nach dem Telefonat sich von der Kloschüssel wieder aufrichtete, schrieb er Nathan eine SMS. Hey ShirKhan! Leider hat das mit der Wohnung nicht geklappt. Der Tag heute ist jetzt schon für die Mülltonne. Heute Abend werde ich keine Zeit haben, aber ich würde dich gerne morgen sehen. Wir müssen ein paar Dinge besprechen, zwecks Wohnung und so... Ich küsse dich Ragnar Morgen würde er sich den Abend frei nehmen. Heute Abend würde hoffentlich soweit alles gut über die Bühne gehen, dass es auch ein Morgen gab, und dann würde er morgen Abend nur mit Nathan verbringen. Cole Cole wachte gegen 11 Uhr davon auf, dass seine Handy wiederholt klingelte. Beim ersten Mal hatte er es nicht gehört, beim zweiten Mal hatte er es ignoriert, beim dritten Mal quälte er sich endlich aus dem Bett und ging dran. Dafür war er gleich darauf hellwach. "Ja, ist gut", erklärte er und legte wieder auf. Dann stand er auf, ging ins Bad und machte sich frisch. Er musste sich beeilen, aber für einen Kaffee würde es reichen. Er hörte mehr, als dass er es sah, dass wohl auch Antonin aufgestanden war. Jener schien gestern Nacht so tief geschlafen zu haben, dass er kaum auf ihn reagiert hatte. Gut so, denn er ahnte, dass jener wohl nicht so begeistern war, dass er ihn letztlich versetzt hatte. Aber es ging nicht anders. Er ließ nicht nur für sich, sondern auch für den anderen einen Kaffee durchlaufen. Als dieser kam, reichte er ihm diesen gleich und küsste ihn kurz. "Entschuldige, dass ich mich gestern erst so spät gemeldet habe, aber im Moment geht alles ein wenig drunter und drüber." Dann drehte er sich auch schon wieder, um zu seinem Laptop zu gehen und ihn hochzufahren. Er musste nach seinen Mails schauen. Der Plan, den er gestern eingeleitet hatte, könnte funktionieren. Entscheidend war, dass er jetzt sorgfältig arbeitete. Antonin Verdammt nochmal, wollte nicht endlich jemand dieses Dreckstelefon ausschalten?! Grummelnd drehte er sich im Bett herum, nur um inne zu halten, als er ein vertrautes Ziehen in den Armen spürte. Muskelkater war nicht das, worauf er gehofft hatte, aber es war auch nicht gänzlich unerwartet. Schwer gähnend setzte Antonin sich im Bett auf und rieb sich erstmal den Schlaf aus den Augen. War das gerade schon wieder Costellos Klingelton gewesen? Leise vor sich hinfluchend schwang er sich aus dem Bett und hielt erstmal auf die Terrasse zu. Bevor er heute irgendetwas tun würde, bräuchte er erst einmal eine Zigarette und ein wenig Frischluft. Dann würde vielleicht auch wieder dieses rasende Gefühl verschwinden, das sich wie ein Wurm durch seine Gedärme zwängte und nach Blut verlangte. Gut, das war vielleicht übertrieben. Aber nicht viel! Sich selbst dankbar seiend für seine Voraussicht hier eine Schachtel deponiert zu haben, zündete er sich eine an und versuchte ein wenig Klarheit in seine Gedanken zu bekommen. Und in seinen Zeitplan, von dem er bis vor wenigen Sekunden noch nicht einmal etwas geahnt hatte. Da war seine Baustelle, seine Termine bei seinem Doc, ein Termin im Krankenhaus, um sich einmal von oben bis unten durchchecken zu lassen, um danach wieder ernsthaftes Training aufnehmen zu können, und bei Tayra müsste er sich auch melden. Aber egal... im Grunde müsste sich alles um seine Sitzungen und den Krankenhausbesuch herumschieben lassen, denn das waren die beiden wichtigsten Dinge. Das eine würde ihn psychisch wieder auf die Beine stellen und das andere würde es ihm erlaubten, auch physisch wieder in Form zu kommen. So ein kleiner Messerkampf durfte ihn nicht nach so kurzer Zeit in die Knie zwingen. Dazu kam noch das Problem mit seiner Ausrüstung, aber da ahnte er schon, an wen er sich wenden könnte. Ganz blind war er schließlich auch nicht durch New York gelaufen. Gerade zu der Zeit nicht, als er sich eine Organisation ausgesucht hatte, der er CI-4 anbieten wollte. Ein Besuch in einem Zeitungsarchiv war ebenfalls in Kürze einmal angebracht. Es sollte ja keiner behaupten, dass er seinen Job nicht tun könnte, wenn er wollte. Es ließ sich schlecht schlafen, wenn man dafür verprügelt wurde, insofern war er auch in jenen Stunden sehr aufmerksam gewesen. Hauptproblem an der ganzen Geschichte dürfte es sein, Cole nichts davon mitbekommen zu lassen. Antonin drückte seine Zigarette aus und hielt nun selbst aufs Bad zu, um sich kurz zu duschen und bereit für den Tag zu machen. Sich danach ein wenig erfrischter fühlend, auch wenn er meinte jeden Muskel im Schulterbereich spüren zu können, tapste er auf Cole zu und bekam dankenswerterweise sofort einen Kaffee in die Hand gedrückt. Zusammen mit einem Kuss. Eigentlich der perfekt Start in den Tag, wenn man es genau nahm. "Hm..", gab er von sich, als er die Entschuldigung seines Freundes hörte. "Du könntest mir in Zukunft vielleicht nur eine SMS schreiben, dass ich nicht Abholdienst spielen muss. Dann kann ich meinen Tag auch planen", gab er schließlich nach einigen Schlucken von seinem schwarzen Gold von sich und lehnte sich an die Küchenzeile, den anderen Mann beobachtend. "Ich möchte, dass du die Platte fürs Herz wieder trägst", schnitt er dann das für ihn momentan wichtigste Thema an. "Und das ist im Grunde keine Bitte. Ich würde, wenn nötig, bis aufs Blut mit dir darüber streiten", bekannte er und stellte die inzwischen leere Tasse zurück auf die Zeile. "Heute wird‘s bei mir wohl recht spät. Billy hat mir gestern Bescheid gesagt, dass heute wieder ein Rennen ist und ich habe mich bereit erklärt, notfalls einzuspringen, wenn ihr Partner immernoch Probleme mit seiner Schulter hat." Damit war er so nahe an der Wahrheit, dass es schon fast keine Lüge mehr war. Es war vielmehr so, dass er einen elementaren Teil verschwieg. Ja, das war gut und würde eventuell auch in der nächsten Zeit seine Abwesenheit erklären, wenn Cole wirklich danach fragen sollte. Cole "Werde ich", antwortete Cole knapp und ging zum Kühlschrank, um sich darin kurz umzublicken. Ob Antonin sauer war, weil er sich deshalb nicht mehr gemeldet hatte? Er nahm einen Joghurt heraus. Als er die Bitte des anderen hinsichtlich der Platte hörte, hielt er in seiner Bewegung kurz inne, Antonin ansehend. "Das hatte ich ohnehin vor", erklärte er und musste kurz lächeln. "Und darüber müssen wir uns wirklich nicht streiten." Er begann den Joghurt zu löffeln und hörte den Erklärungen zu, weshalb es bei Antonin abends spät werden würde. "Ich werde in der nächsten Zeit auch sehr viel zu tun haben. Ich bin also erleichtert, wenn ich weiß, dass du auch zu tun hast. Fühlst du dich denn fit genug, wieder damit anzufangen?" Insgeheim gefiel es ihm nicht so sehr, dass Antonin wieder fuhr. Aber er wäre der letzte gewesen, ihm dabei irgendwelche Vorschriften zu machen. Er schmiss den Joghurtbecher weg und trank noch einen Schluck von seinem Kaffee, bevor er auf Antonin zuging und ihm eine Hand an die Wange legte, das Kinn leicht anhob um ihn zu küssen. "Pass bitte auf dich auf und riskiere nicht zu viel, ok?", bat er ihn. "Du kannst mir ja dann auch eine SMS schicken, wenn du weißt, ob du fahren musst oder nicht." Erneut küsste er seinen Freund, schmeckte den Kaffee und die Zigaretten. Antonin rauchte wieder ziemlich viel. Aber er würde nichts dazu sagen. Seine Finger begannen über den Oberkörper des anderen zu streicheln, glitten schließlich unter das Shirt und streichelten über die weiche Haut, bis seine Küsse schließlich fordernder wurden. Ja, er könnte Sex jetzt gut gebrauchen. Besseren Sex als der, den er letzte Nacht gehabt hatte... Cole kam der Bitte Antonins nach und so lief er die ganze nächste Woche mit eben jener Metallplatte herum. Und es sollte sich herausstellen, dass er sie brauchen konnte. Cole lud die gesamte Arbeit, die das Dream und die Lieferung betraf, auf Ragnar ab. Er hatte dafür nun nicht auch noch Nerven. Er selbst war die gesamte Woche damit beschäftigt, Informationen zu sammeln, hier und da seine Beziehungen spielen zu lassen und letztlich zu verursachen, dass sich zwei gegnerische Parteien schier komplett ausradierten. Natürlich fädelte er es so ein, dass es keine Verbindung zu ihm gab. Nun war mittlerweile nur noch ein Clan übrig, mit dem er sich um jenes Territorium streiten musste. Die Presse war fast jeden Tag voll mit Meldungen über Schießereien am Hafen und in der Bronx. Sie berichteten aber auch von einer gesprengten Lagerhalle, der Auslöser für ein Massaker. Letztlich hatte er bei diesen beiden davon profitiert, dass es Hitzköpfe waren. Das würde bei dem anderen nicht funktionieren. Costello stattete ihm hin und wieder einen Besuch ab und hielt ihm tatsächlich ein Foto von ihm und Antonin unter die Nase, das jenen Kuss im Auto zeigte. Also waren sie da beobachtet worden. Cole reagierte nicht darauf. Sollte Costello denken was er wollte, er würde ihm in keinem Fall etwas bestätigen. Dennoch ackerte er wie ein Pferd, damit Costello zufrieden sein würde. Abends ging er nun wieder regelmäßig ins Savoy. Er wollte nicht so angespannt sein, wenn er Antonin begegnete. Antonin... Jener war gut mit seinem Labor beschäftigt und schien auch wieder häufiger in der Rennfahr-Szene unterwegs zu sein. Cole hatte dadurch kein schlechtes Gewissen, aber dennoch vermisste er ihn irgendwie unglaublich. Sie sahen sich in der Früh, und selbst da nur selten, weil Antonin manchmal schon früher wieder weg war, oder Cole. Anfangs verdrängte er das Gefühl noch, später kam es ihm mehr und mehr so vor, als lebten sie mehr aneinander vorbei, als dass sie miteinander lebten. Aber darüber sollte er wohl nicht nachdenken. Er genoss es, sich an Antonin zu kuscheln, wenn er müde und meist sehr sehr spät nach Hause kam. Sex hatten sie nur noch selten. Aber Antonin schien ohnehin nicht die gleichen Empfindungen zu haben, er schien kein Problem damit zu haben, dass sie wenig Zeit füreinander hatten. Wer wäre er also, wenn er da etwas sagen würde. War das jetzt schon jenes aneinander vorbei leben, wie es alte Ehepaare hatten? Hieß das, ihre Beziehung war schon tot? Cole verdrängte diesen Gedanken so gut es ging, fragte Antonin immer wieder, was er so machte, und versuchte in der wenigen Zeit, die sie füreinander hatten, so nah wie möglich an ihm zu sein. Sie hatten einfach beide verdammt viel zu tun. Und meistens war er es doch, der nicht zu Hause war. Nach eineinhalb Wochen stellte sich heraus, dass jener übriggebliebene Clan sich rüstete. Offenbar war Cole durchschaut. Cole fluchte darüber, er mochte es nicht, aber diesmal war er gezwungen, seine Jungs zusammenzutrommeln und die 'Gegner' zu einem Treffen einzuladen. Offenbar konnte es diesmal nicht mehr friedlich gehen. Es war am Morgen davor, als er vor dem Spiegel stand und sich ansah. Sollte er Antonin fragen, ob er mitkäme, oder nicht? Er würde einen guten Schützen brauchen, aber eigentlich war er froh, dass jener sich keiner solchen Gefahr mehr ausgab. Cole wusste nicht, was richtig war. Und so nahm er schließlich seinen Kaffee, setzte sich auf die Terrasse. Es war sehr früh. Er hatte kaum zwei Stunden geschlafen, weil er keine Ruhe gefunden hatte. Er war heute auch nicht im Savoy gewesen, wahrscheinlich lag es daran. Wann dieser Scheiß wieder zuende wäre? Und was sich Costello dann einfallen lassen würde, um Cole zu benutzen? Seine Wut diesem Mann gegenüber wuchs momentan von Minute zu Minute. Wann würde er ihn endlich in Ruhe lassen... Antonin Müde blinzelnd schaffte er es die Augen gerade lange genug offen zu halten, um die Uhrzeit von seinem ergriffenen Handy abzulesen, bevor er es wieder neben das Bett gleiten ließ und sich zurück ins Kissen schmiegte. Das war langsam nicht mehr normal mit Coles Schlafzeiten, wenn man da überhaupt noch von Schlaf sprechen wollte. Vielmehr kam es Antonin wie kurze Ruhestunden vor. Oder schlief Cole hin und wieder im Laufe des Tages? Nein, dann hätte er jenen hin und wieder mal gesehen. Wobei er selbst den Mund gar nicht aufreißen dürfte, seit jenem Abend an dem er angeblich eventuell ein Rennen mitfahren wollte, schienen seine Tage nicht mehr genug Stunden zu besitzen. Tatsächlich war er dort gewesen, am Haupttreffpunkt der Fahrerszene, allerdings nicht um Billy einen Gefallen zu tun, sondern um an JD heranzukommen. Es gab kaum jemanden, der seine Nase in mehr illegalen Dingen stecken hatte als dieser Mann. Wollte man Informationen, ging man zu ihm. Jener war es auch, der ihm erzählte, dass zur Zeit ein Krieg der eher brutalen Art tobte. In den folgenden Treffen erfuhr Antonin nach und nach wie die Organisationen eigentlich aufgebaut waren, beziehungsweise was eine Organisation eigentlich ausmachte. Dass es in irgendeiner Stadtteil immer krachte und wenn es keine internen Probleme waren, dann waren es Probleme mit anderen Clans oder der Polizei. Tatsächlich prophezeite JD, der eigentlich Jarek Duncan hieß, ein zweites Mexico, wenn es so weitergehen würde wie es momentan lief. Was Antonin dazu brachte, sich näher mit dem Geschehen dort zu befassen, ebenso wie mit den aktuellen Tageszeitungen. Und während in Mexico ein unglaublich gewalttätiger Drogenkrieg tobte, der an seinem momentanen Höhepunkt 18 Polizisten zu Tode gefoltert und dann irgendwo ablegen ließ, spitzten sich die Dinge auch hier in New York zu. Täglich versuchte eine Schlagzeile die andere zu übertrumpfen und täglich war JD mehr davon überzeugt, um welche beiden Organisationen es sich im Grunde am Schluss noch drehen würde. Und die Zeit gab ihm recht. Was Antonin dazu brachte fast in sorgenvolle Schweißausbrüche auszubrechen und den Wunsch hervorholte, Cole in der Wohnung einzusperren und nie wieder raus zu lassen. Es war ein eiskaltes Gefühl, das sich wie ein Messer in seinem Magen ausbreitete, ganz besonders wenn er wieder lesen durfte, wie sich ganze Clans offenbar gegenseitig ausrotteten. Er wurde immer unsicherer, ob er Cole nicht darauf ansprechen sollte. Aber irgendwie wirkte jener momentan sehr unnahbar auf ihn und wenn der Gestank, den sein Freund mit sich trug, wenn er früh morgens heim kam, für irgendetwas stand, dann wohl für Zigarettenrauch, Schweiß und Sex. Ja, natürlich duschte der andere sich immer sofort, aber man durfte nicht vergessen, dass er dafür am Bett vorbei musste. Antonin konnte das akzeptieren, aber es machte es ihm schwer, Dinge anzusprechen. Wenn es Cole so dringend brauchte, dann musste es doch einen Grund geben, oder? Lag es daran, dass sie selbst momentan nicht so häufig miteinander schliefen? Aber wann denn? Zudem Antonin selbst eher wenig Lust hatte, direkt nach einem anderen Kerl die zweite Geige zu spielen und daher die meiste Zeit einfach versuchte einzuschlafen während Cole unter der Dusche stand. Ein Besuch im Krankenhaus kostete ihn über einen halben Tag und danach glaubte er zu wissen wie sich Versuchskaninchen wohl fühlen mussten. Aber immerhin: Abgesehen von den neuen Schnittwunden war er so gesund wie eh und je. Vor zwei Tagen hatte er sogar die Ergebnisse seiner Bluttests bekommen und wusste nun wieder mit absoluter Sicherheit, kein HIV zu haben. Natürlich war er davon ausgegangen, aber gerade nachdem er von Ragnar erfahren hatte, wollte er sich lieber selbst nochmal davon überzeugen, denn jener hätte wohl auch nicht gedacht, dass er es hatte. Seitdem verbrachte er täglich zwei Stunden im Fitnessstudio, darum bemüht seine Muskulatur möglichst gleichmäßig wieder aufzubauen. Früh morgens stand er auf, um wieder laufen zu gehen, inzwischen auch schon seit drei Tagen wieder mit leichten Gewichten. Für Zielübungen fuhr er zum Schrottplatz und die wenige restliche Zeit hatte er in simple Nachforschungen und seine Therapie gesteckt. Letzteres lief erstaunlich gut, inzwischen bestand sein Doc nicht einmal mehr auf die Beruhigungsmittel. Zwar hatte ihm dieser auf den Kopf zugesagt, dass Antonin seinen Kopf gerade mit anderen Dingen zupumpen würde, aber er war nicht davon ausgegangen, dass dies potentiell etwas Schlechtes für den Verlauf seiner 'Heilung' sein musste. Wie auch? Wenn man sich über Costello informierte, stolperte man früher oder später auch über Cole. Und wann immer Antonin doch wieder Stimmungsschwankungen bekam und merkte, dass er jetzt eigentlich Nähe und Zärtlichkeit oder aber eine zünftige Schlägerei gut vertragen konnte, dachte er daran, was sein Freund schon alles mitgemacht hatte und riss sich wieder am Riemen. So konnte er auch die eine oder andere Stunde im Zeitungsarchiv der New York Times verbringen und die eine oder andere Information herausziehen. Antonin wusste, dass Costello Padraige hieß und zwei Kinder hatte. Dessen Frau trat als Aushängeschild für eine Pharmaziefirma auf, gegen die ein paar Verfahren liefen oder gelaufen waren. Warum nur wunderte ihn das kein Stück? Wirklich interessant waren die Meldungen, die in der Zeit um den Todestag von Coles Familie verstrickt waren und die Clanbildungen der folgenden Jahre. Zusammen mit dem, was Cole ihm erzählt hatte, und mit dem, was er von Ragnar wusste, ließ sich da ein nicht unbedingt angenehmes Bild basteln. Eines, an dem er nach wie vor noch arbeitete, insbesondere momentan an den Clanpolitiken und ihren Auswirkungen. JD selbst hatte ihm geraten, sich in nächster Zeit von bestimmten Gebieten fern zu halten und Antonins Augen waren zu Eis erstarrt als er bestimmte Namen hörte, denn sie gehörten eindeutig zu jenem Stadtteil, das dem Lady Dreams angehörte... und dem Hafen. Verfluchter Cole! Soviel Blut floss schon durch die Straßen und der erzählte ihm nichts davon, dass er ein elementarer Bestandteil davon war?! Über diese Gedanken wach geworden hievte Antonin sich aus dem Bett und tapste nur in Shorts bekleidet durch das Zimmer, bis er Cole auf der Terrasse ausmachen konnte. Und obwohl er eigentlich nicht unbedingt glücklich mit dessen Verschwiegenheit war, konnte gerade er ihm wohl nichts vorwerfen, oder? Zudem irgendwas an dem Bild, das sein Freund gerade abgab, ein Übermaß an Wärme und Zärtlichkeit für diesen Menschen sich in seinem Inneren ausbreiten ließ. Kurz seufzend begab er sich ebenfalls auf die Terrasse und ging Wortlos vor Cole in die Hocke, die Arme auf dessen Beinen verschränkend und den Kopf darauf ablegend sah er zu jenem hoch. "Du machst dich kaputt, wenn du so weitermachst", murmelte er und schloss seine noch ein wenig müden Augen. "Willst du nicht nochmal mit ins Bett kommen? Bevor ich dich mit Fragen nach eurem kleinen 'Scharmützel' überhäufe, mit dem die Zeitungen voll sind? So früh stünde mir der Sinn eigentlich nach anderen Dingen...", er öffnete seine Augen wieder und richtete sich auf, um sich schließlich selbst auf Coles Schoß zu setzen und dessen Gesicht zwischen seine Hände zu nehmen. "Ich mache mir Sorgen um dich, gerade wenn ich dich so sehe", meinte er leise und beugte sich vor, um seinem Freund einen sanften Kuss zu geben. "Und wenn ich so darüber nachdenke war ich wohl selbst ein wenig zu eingespannt, wenn mir das erst jetzt auffällt." Er lehnte seinen Kopf an den des anderen und seufzte. "Selbst wenn du es noch so gerne hättest, du bist keine Maschine, die nur mit 2 bis 4 Stunden Schlaf am Tag auskommt und dann durcharbeitet bis sie sich nachts ein wenig Sex und andere Dinge gönnt." Cole Cole blickte über die Schulter, als er Antonin kommen hörte. Er war in Gedanken gewesen, ging in Gedanken den Treffpunkt durch. Es war eigentlich neutrales Gebiet, und gerade deswegen mussten sie vorbereitet sein. Sie durften sich keinen Fehler erlauben, durften nicht so töricht sein, viele Menschenleben zu vergeuden. Costello hatte ihm gestern ein Fax geschickt, zwei Fotos; das eine, das jener ihm abgenommen hatte, das er wiederhaben wollte. Ein Foto von seinen Eltern. Das andere jenes, das von ihm und Antonin aufgenommen worden war. Ihm war schlecht geworden und er hatte sich übergeben müssen. Dabei aß er so gut wie gar nichts momentan, ohne dass er es merkte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, während seine Augen über Antonins Körper glitten. Er vermisste ihn unglaublich, so sehr, dass es schmerzte. Seine Augen folgten dem anderen, wie er sich vor ihn hockte, ihn von unten hinauf ansah. Sanft strich Coles Hand über den Kopf des anderen, über seine Wange. Seine Augen wurden warm. Er musste ihn schützen, koste es was es wolle. Als Antonin zu sprechen begann konnte Cole den Blick nicht mehr erwidern. Seine Hand senkte sich, zog sich von Antonin zurück. Seine Augen ruhten auf seinen Händen. Wie so oft, wenn er nachdenklich war und sich einer Wahrheit gegenüber sah, ließ er seine Zunge an seine Oberlippe stoßen. Dann blickte er Antonin wieder an. "Ich weiß nicht, ob ich dir antworten werde können", murmelte er leise. Doch Antonin schien das nicht zu stören, denn er setzte sich auf seinen Schoß. Er lauschte den Worten und ließ den Kuss zu, deutlich spürend, dass alles in ihm dem Wunsch nachkommen wollte, mit Antonin tatsächlich noch einmal ins Bett zu gehen. Ja, er wollte auch Sex. Aber würde er runterkommen können? Würde er sich wirklich... Was dachte er da eigentlich? Hatten sie wirklich zuletzt so wenig Zeit miteinander verbracht, dass er sich Sorgen machte, bei Antonin nicht entspannen zu können? Und die Worte des anderen zeigten ihm, wie sehr Antonin ihn durchschaute. "Wir sind beide eingespannt, du damit, dein neues Leben aufzubauen, und ich damit, mein altes zu erhalten." Er lächelte traurig. "Ich weiß, dass es so nicht weitergeht. Aber es ist ja hoffentlich heute vorbei. Heute Abend wird der ganze Scheiß ein Ende haben, versprochen." Er hatte die Augen geschlossen und lehnte seinen Kopf auch an den des anderen. Sacht hob er das Kinn und fing die Lippen des anderen ein, um ihn zärtlich zu küssen und es fühlte sich fast so an, als müsste er vorsichtig kosten, weil er viel zu lange diesen Geschmack nicht mehr hatte genießen können. Kurz setzte er ab, dann küsste er Antonin erneut, ein wenig leidenschaftlicher. Seine Finger hoben sich und legten sich auf die Hüfte des anderen, um seine Haut zu erkunden. Gott, er hatte viel viel viel zu lange darauf verzichtet, aber wenn er aus dem Lady-Dream kam, wollte er seinen Frust nicht an Antonin auslassen, und wenn er aus dem Savoy kam, wollte er Antonin nicht mehr wecken. Und irgendwie käme er sich auch schlecht vor, wenn er ihn danach noch verführen würde. Aber mehr als deutlich spürte er wieder, dass Antonin nun mal durch nichts zu ersetzen war. Und wieso sollte er nicht jetzt ein wenig entspannen und genießen, so kurz vor dem Showdown. Er löste den Kuss und blickte Antonin warm an. "Ich denke ich würde gerne mit dir zurück ins Bett gehen und wieder ein wenig mehr zum Menschen werden", raunte er und seine Augen zuckten zwischen denen des anderen und dessen Mund hin und her. "Und danach darfst du Fragen stellen." Ihr Sex war ungewöhnlich zärtlich, sie ließen sich Zeit mit dem Vorspiel, obwohl Cole deutlich merkte, wie unglaublich gierig er nach dem anderen war. Während sie miteinander schliefen, ließen sie sich Zeit, tauschten viele Zärtlichkeiten aus und Cole schien es fast so, als wollte er diesen Moment so weit wie nur irgendwie möglich in die Länge ziehen, als hätte er Angst vor dem, was danach kam. Als sie schließlich nebeneinander lagen und Cole Antonin in seine Arme geschlossen hatte, spürte er wieder die Entspannung, die er im Savoy vergeblich gesucht hatte. "Wir stecken mächtig in der Scheiße, mein Sonnenschein", murmelte er mit geschlossenen Augen und küsste Antonin auf die Stirn. Antonin Er konnte gar nicht sagen wie sehr er die streichelnden Hände auf seiner Haut genoss. So konnte er das auch, ohne dass er wusste, dass Cole nur kurze Zeit vorher mit einem anderen geschlafen hatte. Doch die Worte, dass jener nicht wusste, ob er ihm antworten können würde, gefielen ihm weniger. Auch wenn das wohl zu erwarten gewesen war, denn ein wenig ihrer vorher so innigen Vertrautheit war wohl in den letzten zwei Wochen abgebröckelt. Kein Wunder eigentlich, sie beide gehörten nicht zu den beständigsten Menschen und waren zudem auch Profis sich unsinniges Zeug einzureden. Cole noch mehr als er selbst, wenn es um Gefühle ging. Ob sie das waren? Eingespannt ihre Leben zu erhalten oder aufzubauen? Irgendwie war es ja bei beiden eher letzteres, auch wenn sein Freund davon nichts ahnte. Noch nicht. Natürlich würde Antonin es ihm früher oder später sagen, aber er wollte keinen möglichen Sturm riskieren, ohne etwas in der Hand zu haben um es zu rechtfertigen. Aber das Gefühl nagte und solange er sich nicht sicher war, wirklich nichts Wichtiges zu übersehen, würde er weder aufgeben zu graben, noch Cole davon berichten. So leid ihm das gerade auch tat. Gerade jetzt, wo sie sich endlich wieder ein wenig annäherten. Und heute Abend würde es ein Ende haben? Ja, diese Auseinandersetzung vielleicht, aber er war nicht mehr auf beiden Augen blind. JD hatte ihm nicht nur diese Welt ein Stück weit eröffnet, sondern auch die möglichen Auswirkungen einer gewinnenden Seite erklärt. Und Antonin hatte für sich selbst erkannt, dass Costello wohl gierig auf mehr Macht und Stellung und damit auch 'Grund' war. Damit würde heute Nacht überhaupt nichts enden, außer Cole ginge drauf. Doch von diesem Gedanken wurde er abgelenkt, als er erst sanft und dann leidenschaftlicher geküsst wurde. Nur zu gern hörte er, dass Cole auf seinen Vorschlag mit dem Bett einging und zog ihn auch sofort hoch und mit sich. Das mit den Fragen schob er erstmal ganz weit aus seinem Bewusstsein. Viel wichtiger waren die zärtlichen Berührungen, das fast neu erkundende Vorspiel und der langsame, intensive Sex. Gott, es hatte ihm wirklich gefehlt. Warum hatte er nicht schon früher 'darauf bestanden'? Aber Antonin wusste die Antwort, ebenso wie er wusste warum es sich jetzt umso besser anfühlte. Er würde sich selbst nicht mit den Gedanken an andere Kerle beschmutzen. Er gestand das Cole zu, würde sich da aber nicht reinziehen lassen. Selbst nicht, wenn er dafür längere Zeit auf das hier verzichten musste. Auch wenn es sich wie eine Art nach Hause kommen anfühlte, als Cole ihn in den Arm nahm und Antonin sich so nahe wie möglich an ihn schmiegte. So sollte es sein. Ohne das Damoklesschwert, das ständig über Cole oder ihm oder noch schlimmer über ihnen beiden hing. Aber er würde den Schwachpunkt schon noch finden und dann mit der Gnadenlosigkeit eines Mörders ausnutzen. Jeder besaß so etwas, absolut jeder. Auch ein Costello. Das war die Hoffnung, an die Antonin sich fast schon verzweifelt krallte und die Karte nach der er dieses Spiel zu spielen gedachte. Er öffnete die Augen als er Coles Worte vernahm und schloss sie nur kurz, den sanften Kuss an seiner Stirn genießend. "Hm... wann tun wir das nicht?", nuschelte er gegen die warme Haut von Coles Brust, wo er auch einen Kuss zurückließ, bevor er ein wenig abrückte, um seinem Freund ins Gesicht zu sehen. "Was will er diesmal? Das ausgerechnet euer und der andere Clan noch übrig sind in dieser Blutschlacht ist ja wohl kaum Zufall. Sollst du ganz New York für ihn erobern?", spie er dann aus und setzte sich auf, zu Cole hinunter sehend. "Ich hab mich ein bisschen schlau gemacht, da ich bisher ein wenig zu blauäugig durch die Gegend gelaufen bin was diese Organisationen und das Drumherum betrifft. Manch einer sagt ein zweites Mexico vorher. Und während dieser Bastard sicher in weiß Gott wo sitzt, schickt er dich raus, um das zu 'regeln', richtig?", knurrte er. "Wie lang soll das so gehen, Cole? Bis du dich wirklich zu Tode geschuftet hast, oder bis dich doch eine Kugel trifft?" Cole Cole blickte Antonin erstaunt an, als dieser davon sprach, sich informiert zu haben, dann schloss er die Augen wieder und lauschte den wütenden Worten des anderen. Ein Arm legte sich über seine Stirn. Er war zwar momentan entspannt, aber die Anspannung kroch gerade siegessicher in ihn zurück. "Ich weiß nicht, wonach er strebt. Ich kenne sein Ziel nicht. Ich bin nur der Idiot, der die schmutzige Wäsche waschen darf und auch die anderen niederen Dienste übernimmt. Aber ich habe keine andere Wahl, ich muss das tun, was er von mir verlangt." Genervt richtete sich Cole ein wenig auf. Er war nicht wütend auf Antonin, sondern nur auf diese Situation. Kurz atmete er tief durch, dann blickte er seinen Freund an. "Er weiß von dir. Und er hat mir mehr als deutlich gemacht, was geschieht, wenn ich nicht das tue, was er von mir verlangt. Und solange ich das mache, wird nichts Schlimmes geschehen. Ich habe gelernt auf mich aufzupassen. Ich mache das nicht erst seit gestern und habe schon so einige Scheiße gesehen. Heute Abend wird es spannend und danach wird es zwar dauern, bis sich alles wieder normalisiert hat, aber dann haben wir erst einmal wieder Ruhe. Er will einfach nur sein Stück Kuchen vergrößern, wenn es schon einmal die Möglichkeit gibt, neu zu verteilen." Cole strich sich übers Gesicht. Er könnte kotzen, wenn er sich so reden hörte. Hatte er Costello gerade in Schutz genommen? "Ich bringe das heute hinter mich, und dann werden wir endlich wieder mehr Zeit füreinander haben. Ich würde gerne einmal mit dir irgendwohin fahren, was hältst du davon? Nur wir beide, irgendwo, wo wir alleine sind, wo wir einfach nur alleine sind." Er blickte Antonin mit einem bittenden Blick an. Ja, das war letztlich das, was er am dringendsten brauchte. Er wollte weg von hier, weit weg, mit Antonin an seiner Seite, um einfach einmal alles andere zu vergessen. All diesen Mist, das Blut, den Tod, die Gewalt, den Krieg, den Terror. Und am liebsten wäre es ihm, er würde nie wieder zurückkehren müssen. "Wenn das heute Abend vorbei ist, müssen sich ein paar Dinge ändern. Ragnar soll sich endlich etwas suchen, was seinen Kompetenzen entspricht. Und ich werde sehen, dass ich ein wenig Verantwortung abgebe. Dann habe ich mehr Zeit für uns. Du fehlst mir so sehr..." Cole blickte erneut auf seine Hände. Ja, Antonin fehlte ihm. Das hatte er eben wieder einmal mehr als deutlich gespürt. Doch er wartete nicht darauf, dass Antonin etwas erwidern könnte, sondern stand auf und ging ins Bad, um sich unter die Dusche zu stellen. Er würde fit sein müssen heute. Heute würde es wieder einmal soweit sein, dass er sein Leben verteidigen musste. Und Antonin hatte ganz recht zu fragen, was danach käme. Ein neues Mexiko? Er hoffte, dass es nicht so weit käme, nicht solange er es verhindern könnte. Und wenn er dabei von einer Kugel getroffen wurde, dann wäre es endlich gänzlich vorbei. Dann wären Ragnar und Antonin frei, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Sie hätten keine Verpflichtungen mehr ihm gegenüber und dieser beschissenen Welt der Organisationen gegenüber. War er wieder an jenem Punkt, an dem ihm alles egal war? Würde es ihn nicht stören heute zu gehen, sich von der Bühne zu verabschieden? Nein, er hatte gerade eben noch einmal den besten Sex gehabt, den er haben konnte. Einzig hinsichtlich einer Sache würde er sich Vorwürfe machen müssen. Er hatte Antonin nie gesagt, was er für ihn empfand. Er trocknete sich ab und zog sich seine Short an, bevor er zum Kleiderschrank ging und seine Sachen zweckmäßig heraussuchte. Er würde heute eine Schutzweste tragen. Darunter die zwei Halfter mit seinen Revolvern. Es würde heute mehr als blutig werden. Aber er hatte zumindest dafür gesorgt, dass die Polizisten nicht zwischen die Fronten gerieten, indem er sie auf eine falsche Fährte gelockt hatte. Antonin Da saß er nun, wie bestellt und nicht abgeholt. Gerade als er Cole eigentlich sagen wollte, wie sehr er ihn ebenfalls vermisste. Etwas, das ihm zwar erst jetzt irgendwie aufging, ihn aber dafür umso heftiger traf. Antonin wollte Cole sagen, dass er nur zu gerne mit ihm wegfahren würde. Und wenn es nur ein paar Tage wären. Gott, wie ihm die Sehnsucht danach gerade das Herz zerschnitt... Aber warum, warum musste Cole so tun, als würde es wirklich hiernach aufhören? Was das Selbstschutz? Niemand gab seinen mehr als fähigen Wachhund ab. Niemand. Und Costello wusste von ihm? Hm... kurz schien es in seinen Augen zu stürmen. Konnte man das über kurz oder lang nicht sogar zu einem Vorteil herausarbeiten? Antonin beschlosss das abzuwarten, machte sich aber deshalb nicht mehr Sorgen als sowieso schon. Es war klar gewesen, dass das früher oder später passieren musste, weshalb er den ganzen Stress ja auch nur auf sich nahm. Hätte dieses Arschloch die Füße stillgehalten und Cole einfach so vor sich hin wursteln lassen, wäre es nur ein nagender Gedanke gewesen. Jetzt war es Realität und Antonin war dabei sich zu rüsten. Irgendwann würde dieser Penner nicht mal mehr spüren was ihn da treffen würde. Kurzentschlossen sprang er vom Bett auf und zog sich an. Er würde zwar auch ganz gern duschen, aber wenn er Cole davon überzeugen wollte, dass er mitkommen würde, dann müsste er jenen vor vollendete Tatsachen stellen. Zumindest ging er davon aus. Es wunderte ihn sowieso, dass jener seine neu ansetzenden Muskeln noch nicht bemerkt hatte, aber vielleicht dachte er ja das käme von der Arbeit an der Baustelle? Er zuckte mit den Schultern und schlüpfte in eine schwarze Jeans, bevor er in eine weiter hinten im Schrank ein wenig versteckt stehende Tasche griff. Dort zog er eine etwas erweiterte Form seiner Herzplatte hervor. Man machte es an der Seite mit Verschlüssen zu und damit waren von vorne wie von hinten die überlebenswichtigen Organe geschützt. Festgemacht wurde sie wie auch die einzelne Platte. Stavros sei Dank hatte Antonin seine Ausrüstung wieder ein wenig tauglich 'feilen' können. Auch wenn er diesem jetzt eine übertriebene Ladung Blue Wonder schuldete, wenn es wieder in Produktion ginge. Darüber kam ein fein gearbeitetes schwarzes T-Shirt über dem er seine Waffenholster befestigte. Inzwischen mit einem anderen System. Eines, bei dem er schneller ziehen konnte und damit auch besser im Gleichgewicht für ein schnelles Zielen war. Daran hatte er einige Stunden getüftelt und war noch immer nicht ganz zufrieden, aber es war besser als vorher. Die eine Waffe war ein Stück nach unten versetzt unter seiner linken Schulter, während die rechte am Gürtel hing, zwischen Schritt und Hosentasche. Nicht unauffällig, aber effizient. Er lud beide Eagles nochmal durch und steckte sich noch einige extra Patronen in die innere Jackentasche. Damit war er ganz in Schwarz gekleidet. Eigentlich ein Unding bei den Temperaturen, aber dagegen war er ja gefeit und im Dunkeln wäre er so gut wie nicht zu erkennen. Er wurde gerade fertig als er die Dusche ausgehen hörte und hielt auf die Küche zu, um sich selbst eine Tasse von dem inzwischen lauwarmen Kaffee einzuschenken. Von der er auch gerade trank als Cole auf ihn zutrat. Wo Antonin sich auch mehr als zufrieden zeigte, als er die Weste erahnte. Sehr gut, immerhin war der Mann lernfähig. "Glaub bloß nicht, dass ich dich alleine gehen lassen", murrte er mehr als dass er es knurrte. "Dein Leben ist das meinige und das werden sich heute ein paar Menschen hinter die Ohren zu schreiben haben. Ganz egal was ich davon halten mag." Seine Augen funkelten auf, fast als erwarte er Gegenwind, auf den er innerlich vorbereitet war. Er würde nicht weichen und wenn er Cole verfolgen müsste. Doch dann wurde sein Gesichtsausdruck kurz sanft. "Zudem wir uns so nicht gegenseitig vermissen müssen. Wenn es heute ein Ende hat, dann muss ich mich danach wenigstens nicht umbringen." Cole Cole wuschelte sich durch seine Haare, damit sie trockneten. Er sollte unbedingt zum Friseur, sie waren bereits viel zu lang geworden. Aber Antonin schien es vorhin gefallen zu haben, und auch in den Nächten hatte er häufig die Hand des anderen in seinen Haaren gespürt. Als er in die Küche trat, sah er zwei entschlossene Augen und einen ausgerüsteten Antonin. Seine Augen glitten musternd über den Körper, der in dieser Montur noch trainierter wirkte, als er das ohnehin schon tat. Cole hatte mitbekommen, dass Antonin in der Früh wieder laufen ging. Und ihm war klar gewesen, dass jener wieder mehr für seinen Körper tat. Auch vorhin im Bett hatte er es deutlich gespürt. Aber er sagte nichts dazu. Es war Antonin Sache und wenn er sich damit besser fühlte, sollte er es tun. Er mochte Antonins Körper so oder so. Ruhig wartete er darauf, die Erklärung des anderen zu hören, die Cole letztlich schon klar war. Und er war insgeheim froh, dass Antonin ihm die Entscheidung abnahm. Hatte er ihm nicht letztlich deswegen alles gesagt. Wenn er nicht wollen würde, dass jener mitkam, hätte er ihm vorhin auf der Terrasse wohl nicht an sich herankommen lassen, und er hätte ihm auch nicht erzählt, was ihn beschäftigte. Doch der letzte Satz des anderen, ließ ihn kritisch blicken. "Ich nehme dich gerne mit", meinte er dann zögerlich und trat auf ihn zu, um ihn in die Augen zu blicken. "Hör zu, Antonin, wir werden da heute Abend einfach unseren Arsch herausholen und dafür sorgen, dass so wenig von unseren Leuten dabei draufgehen, wie möglich - dich und mich eingeschlossen." Sanft küsste er den anderen. "Und heute wird sich niemand von uns beiden umbringen."Er sah den anderen streng an. "Zumal es das letzte wäre, was ich mir nach meinem Tod wünschen würde. Auch wenn ich draufgehe, sollst du weiterleben." Noch einmal küsste er den anderen. Dann ging er ins Wohnzimmer, seinen Waffenschrank öffnend und seine Tasche, die darin lag, wieder einmal füllend. Kapitel 104: Krieg ------------------ Cole Als sie später im Lady-Dream ankamen, war Ragnar bereits dabei, die Leute zu koordinieren. Es waren einige da - teilweise auch bekannte Söldner, die sich anheuern ließen, um auf die Pauke hauen zu dürfen. Das Dream würde heute geschlossen sein. Dafür gab es ein Zentrum für die Organisation ab. Cole war für alle Eventualitäten gerüstet. Heute Abend durfte nichts schief gehen. Aber er hatte alles Menschenmögliche getan, damit dem auch so sein würde. Anders als erwartet kam auch Costello kurzzeitig vorbei. Schnell lotste er diesen in sein Arbeitszimmer, damit er Antonin nicht sehen würde. Costello sollte nicht wissen, dass er hier und dabei war. Cole hatte Angst, dass er dann dafür sorgen würde, dass Antonin den Tag nicht überlebte. Er traute ihm alles zu. Costello wollte allerdings nur sehen, dass es voranging. Zudem gab er ihm Anweisung, nach dem Kampf heute Abend für morgen gleich ein Treffen der übrig gebliebenen Clanoberhäupter zu organisieren. Sie dürften dann keine Zeit verlieren. Cole hörte ihm nur halbherzig zu, darauf hoffend, dass Antonin nicht zu ihnen käme, dass er bliebe, wo er war. Und offenbar hatte jener seine stummen Gebete erhört, denn Costello war schließlich früher weg, als erhofft. Und nun war es an der Zeit, mit Antonin die Gegebenheiten des Viertels anzusehen, damit jener ihm vielleicht ein paar Tipps geben könnte, wo Schwachstellen sein würden. Und so holte er ihn und Ragnar zu sich ins Büro, wo sie gemeinsam sich mit den örtlichen Gegebenheiten auseinandersetzten. In zwei Stunden war das Treffen vereinbart. Die Diskussion, die er mit Ragnar führen musste, was dessen Aufenthaltspunkt betraf, gestaltete sich heftiger als geplant. Jener zeigte sich ungewöhnlich stur und uneinsichtig. Aber Cole fand, dass es für ihn besser war, wenn er hier im Dream bliebe, um alles zu koordinieren, falls etwas schief laufen würde. Ragnars Künste, was den Computer betraf hatte ihm nicht erst einmal den Arsch gerettet. Noch zwei Stunden. Antonin Antonin seufzte, nickte dann jedoch entschlossen. "Na schön. Kein 'was wäre wenn' also. Wir gehen rein, ziehen das Ding durch und gehen wieder raus." Er erwiderte den Kuss und verhinderte sogar, dass Cole sich zurückzog, um ihn nochmal zu vertiefen. Es war eine Art letzte Versicherung der Dinge, die sie beide nicht aussprachen, aber wohl ahnten. Egal was da heute passieren würde, es wäre vielleicht dieser Kuss, an den er sich als letztes erinnerte, bevor die Lichter womöglich ein letztes Mal ausgingen. "Das Leben ist kein Wunschkonzert, Cole", murmelte er gegen die Lippen des anderen. "Das solltest du am besten wissen." Im Lady Dream fiel Antonin ein Stück zurück, um sich mit Simon zu unterhalten und wie zufällig die ihm fremden Gesichter zu mustern. Ein paar davon gehörten zu der Sorte extrahart, während er andere nicht direkt einschätzen konnte und jene alleine dadurch nach oben stufte. Antonin hoffte, dass Cole wusste was er tat, so auf den ersten Blick wirkte kaum jemand der Fremden besonders vertrauenerweckend. Andererseits war das wohl kaum ihr Job. Er seufzte unhörbar und nickte zu etwas, das Simon gerade erwähnte und als JJ noch dazu kam übersah er Costello, da er zwar von den beiden gedeckt stand, aber selbst auch nicht mehr wirklich in den Raum hineinsah. Es war eine seltsame Stimmung. Vielleicht noch am ehesten mit einem bald bevorstehendem Gewitter vergleichbar, dann heizte sich die Luft auch immer wie elektrisch auf und alles schien nur auf den erlösenden Donnerschlag zu warten. Und wenn er sich so umsah, würde das vielleicht ein gewaltiger Schlag werden, da blieb nur noch zu hoffen, dass der Regen danach auch die nachgesagte bereinigende Wirkung hatte. "Ich bin froh, dass du heute hier bist", murmelte Simon, was Antonin dazu brachte, jenen ein wenig überrascht anzusehen. Selbst JJ, der ja ein sehr guter Freund von Simon war, hob eine Augenbraue und so sprach jener schnell weiter. "Es steht mir nicht zu sowas zu sagen, aber du bist nicht wirklich oft im Dreams, warst aber bei einigen Deals dabei und hast dich umgesehen wie ein Raubtier auf Beutejagd. Ich hoffe einfach, dass deine Anwesenheit sowas wie ein Good-luck-Charme ist, weil bisher ist nie was passiert, wenn du dabei warst." Antonin lächelte ein wenig traurig. "Das liegt nicht an mir, sondern an der ausgezeichneten Planung. Aber wenn ich so ein Omen bin, dann hätte ich nichts dagegen einzuwenden." Er ließ seinen Blick abermals durch den Raum schweifen. "Aber auf Beutejagd bin ich wohl tatsächlich..." Letzteres murmelte er mehr zu sich selbst und ließ sich dann von JJ gerne ein Glas Wasser geben, bevor er zu Cole gerufen wurde. Wie schon häufiger davor versetzte er sich gedanklich zu den Gegebenheiten vor Ort, hinterfragte manche Stellungen und die Fähigkeiten der Leute, die dort platziert wurden und tauschte sich am Schluss gegen jemanden, den er nicht kannte aus. Es war ihm einfach wohler, wenn keiner, mit dem er zuvor nicht mal gesprochen hatte, bei so einer Aktion so nahe an Cole dran wäre. Ansonsten gab es nicht viel zu beanstanden, nur noch ein paar Gedankenspielereien wie man das Maximale herausholen konnte und das war‘s. Ihm fiel dabei höchstens auf, wie vergeudet Coles Talent bei so einem Monster wie Costello war. Würde jener ganz oben stehen, hätte er vielleicht sogar mehr Freizeit. Wobei das natürlich sehr egoistisches Denken war, sich aber durch das Wissen darum nicht abstellen ließ. Antonin hielt sich selbst bei Laune, indem er an ihren Urlaub dachte, von dem er tief im Innersten ahnte, dass es so schnell nichts werden würde. Trotzdem war es etwas, an dem er sich festhalten konnte, wenn ihn zu düstere Gedanken überrollten. Auch Ragnar gab seine Ideen dazu und Antonin musste die meiste Zeit zustimmend nicken. Im Grunde war er für diese Planungen überflüssig, aber er fand es gut, sich seine Position selbst raussuchen zu können, daher würde er das lieber nicht erwähnen. Das Gespräch, fast schon Streit, der dann zwischen den beiden Männern folgte ließ ihn erstaunt an seinem Wasser nippen. Er mischte sich nicht ein, war jedoch auf Coles Seite. Sollte Ragnar doch so ungefährlich wie möglich durch die Sache rutschen. Nathan würde es ihnen danken, so wie er es ihnen danken würde, wenn er an dessen Stelle wäre und er Cole hier im Dreams wissen könnte. Konnte es sein, dass es nicht nur die kleinen Kommentare waren, sondern dass Ragnar wirklich nicht mehr viel auf sein Leben gab? Antonin empfand das als pure Dummheit, abermals etwas, das er niemals aussprechen würde. Es stand ihm als gesunden Menschen garantiert nicht zu, so etwas zu einem wohl todkranken zu sagen. Doch schließlich platzte ihm doch der Kragen: "Himmel, Arsch und Zwirn! Wenn ich wüsste, dass es Cole mehr bringt, wenn ich hier am Rechner vergammle, dann würde ich es tun! Können wir wenigstens so tun, als gingen wir in uns, um eine gewisse Konzentration aufzubauen? Weil wir nicht draufgehen wollen?!", giftete er und wandte sich ab. "Ich brauch ‚nen Drink..", grollte er beim hinausgehen unbewusst auf Russisch und hielt auf die Bar zu. Er war schon länger nicht mehr so 'frech' gewesen. Fast musste er, trotz seiner aufwallenden Gefühle lächeln, als er an die verschiedenen Zeitpunkte zurückdachte, als Cole und er deswegen zusammengerückt waren. Sogar bei ihrem allerersten Treffen hatte Antonin ausgesprochen was ihm im Kopf herumging. Wann hatte er eigentlich damit aufgehört und dachte so viel nach, bevor er den Mund aufmachte? Er hielt zwar auf die Bar zu, entschied sich dann aber gegen Alkohol. Würde nur seiner Therapie schaden... Und so suchte er sich wirklich ein ruhigeres Eckchen und rauchte in aller Ruhe eine. Er konnte es wirklich nicht leiden so kurz vor etwas Größerem noch durch Streitigkeiten zu gehen. Es lenkte ihn ab. Würde ihn vielleicht mitten im Geschehen darüber nachdenken lassen, ob es nicht doch besser gewesen wäre, Ragnar mit raus zu nehmen. Hätte jener nicht einfach ja und Amen sagen können? Selbst er hielt sich an die Befehle, die in diesem Zusammenhang von Cole kamen, und er hatte es ernst gemeint. Wenn er dessen Leben am besten schützen könnte, indem er auf der anderen Seite der Erdkugel war, dann würde er sich sofort in den nächsten Flieger setzen. Keiner konnte auch nur ahnen wie erleichtert er war, als sie sich endlich in Bewegung setzten. Das war immer das schlimmste für ihn gewesen: Das ewige Herumsitzen und Warten. Es gab einem zu viel Zeit über sinnlose Dinge nachzudenken und sich Sorgen zu machen. So war es nicht schwer, wieder in seine Masken zu finden, sprich sein leichtes Lächeln um den Mundwinkel herum. Doch seine Augen könnten heute niemanden täuschen. Alarmbereitschaft wäre ein zu kleines Wort, um zu erklären, was sie alles ausdrückten. Aber das ließ sich nun nicht ändern. Als letzte Tätigkeit bevor er ausstieg, stellte er sein Handy auf lautlos und schob es in die Gesäßtasche seiner Hose. Zeit für ein wenig Action. Cole Überrascht blickte Cole Antonin hinterher. Dass er seine Stimme in dieser Art und Weise erhob, war schon lange nicht mehr vorgekommen. Aber es zauberte augenblicklich ein Lächeln auf seine Lippen. Er mochte Antonins impulsive Art. Wann hatte es eigentlich aufgehört, dass jener sein Herz auf der Zunge trug? Er blickte zu Ragnar. "Wo er recht hat..." Cole zuckte mit den Schultern, war aber zufrieden als er sehen musste, dass Ragnar nachgab. "Und Nathan wäre bestimmt nicht begeistert, wenn du dich ins Schussfeld begibst." Er nahm das Seufzen des anderen wahr. "Ich möchte, dass du über kurz oder lang, dich hier ganz zurückziehst, Ragnar", erklärte er seinem besten Freund. "Du solltest dein Leben noch einmal so richtig leben und nicht einfach nur auf einen schnellen Tod hoffen." Cole zog Ragnar in eine Umarmung und küsste ihn auf die Stirn. "Und ich kenne da jemanden, der das genauso sieht und der dabei sein möchte, wenn du lebst." Seine Augen suchten die des anderen. "Und mit deiner Qualifikation bekommst du auch einen Job, bei dem du genug Kohle verdienen wirst." Ragnar schwieg, innerlich einen Kampf austragend. Er wusste, dass Cole recht hatte, doch so ganz konnte er sich nicht damit anfreunden. Er hatte Verpflichtungen, Cole gegenüber. Er wollte ihn hier nicht allein lassen, auch wenn er nicht mehr alleine war. Doch er sagte nichts, ließ sich noch einen Kuss geben. "Ich hacke mich wieder in diesen chinesischen Satelliten ein und beobachte euch. Du hast den Knopf im Ohr und gibst die Infos weiter." Cole nickte. "Ich danke dir, Ragnar." Sie hatten alles bedacht, was man bedenken musste. Ein Teil der Truppe war bereits früher aufgebrochen, um zu Fuß sich dem Gebiet zu nähern. Es sollte nachher so aussehen, als ob sie wenige wären. Lex, das stellvertretende Oberhaupt des Sundancer-Clans, würde sich ohnehin nicht auf ein Gespräch einlassen. Er war ein Psychopath in Coles Augen, jemand der dem Wahnsinn sehr nahe kam. Aber er würde ca. 10 Minuten schinden müssen, bevor es losgehen sollte. Er würde wieder einmal sein Verhandlungsgeschick benötigen. Ob es klappte, konnte er bei Lex allerdings nie sagen. Cole überlegte, ob er Antonin nicht noch einmal 'alleine' sprechen wollte, aber er entschied, dass er sich nicht noch einmal verabschieden musste. Letztlich hatten sie heute Früh alles gesagt, was es zu sagen gegeben hatte. Alles bis auf eines. Aber musste er diese bedeutsamen Worte Antonin wirklich sagen? Das Gebiet, in dem sie sich trafen, war eine alte verfallene Straße nahe des Hafens, in der nur noch Obdachlose hausten. Man traf sich für solche Dinge immer auf neutralem Gebiet, damit niemand einen Vorteil hatte. Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass man einen anderen Clan nicht in deren Gebiet angriff. Wer es dennoch tat, hatte keinen Anspruch mehr, nicht auch im eigenen Gebiet angegriffen zu werden. Meistens endete so etwas darin, dass die zentralen Gebäude gesprengt wurden. Es war bereits 21.30 Uhr. Noch war es relativ hell und es war schwül-warm. Cole mochte das nicht und hoffte, dass es bald zu gewittern beginnen würde. Die Schwüle drückt auf die Nerven und würde provozieren, dass unbedacht gehandelt wurde. Als sie vorfuhren, waren die anderen schon da. Gut, es sollte alles so aussehen, als hätten diese einen Vorteil. Cole überprüfte, ob alles dort saß, wo es war, dann stieg er aus. Die Autos waren quer zu den anderen gestellt, so dass sie dahinter Schutz suchen konnten, wenn es soweit war. Cole stieg aus, schaltete sein Handy an. "Ragnar, bist du soweit?" – „Sie haben einige Leute auf den Dächern. Ich weiß nicht, ob Scharfschützen dabei sind“, bekam er als Antwort. Cole blickte zu Mikael, einem der Söldner und nickte ihm zu. Er hatte eigentlich keine Scharfschützen haben wollen, aber wenn die anderen damit spielten, hatte er ein paar Leute, die diese liebend gerne ausschalteten. Scharfschützen waren in der Regel sehr unbeweglich. Cole zog seine Handschuhe an, dann ging er vor seinen Wagen. Zeit schinden - noch 8 Minuten. Als er an Antonin vorbei ging, blickte er ihn einen Moment an, kurz überlegend, ob er ihn nicht noch einmal küssen sollte. Aber er schalt sich für deinen dummen Gedanken. Es würde nichts bringen, nur Verwirrung stiften, für alle Beteiligten. "Cole!", hörte er Lex schreien. "Beweg deinen Arsch hierher, du Bastard!" Cole knurrte. "Du hast ja wieder eine sehr blumige Umgangsform, Gesetzeshüter!" Cole beobachtete die Aufstellung der anderen. Seine Hand glitt zu seiner Tasche. Die Rauchbomben würden ihnen weitere 3 Minuten geben, in denen sie sich zurückziehen würden können, falls es zu Problemen in der obligatorischen Verhandlungsphase kam. "Ich gehe alleine", erklärte er den um ihn stehenden. "Jeder weiß, was er zu tun hat. Mein Leben liegt in eurem Schuss, vergesst das nicht." Er war sich der Loyalität seiner Mitarbeiter bewusst. Und auch die Söldner, mit denen er schon öfters gearbeitet hatte, vertrauten ihm. Es sollte nichts schief gehen... Dann lief er los. In der Mitte zwischen den Parteien traf er auf Lex, der ihn mit jenem irren Blick bereits erwartete. Er kannte Lex schon sehr sehr lange. Aber dass er so abgedreht war, hatte sich erst in den letzten Jahren entwickelt. Cole vermutete eine wahnsinnige Kombination aus Gewalt, Sex, Alkohol und vor allem Drogen. Ruhig blickte er dem Mann entgegen, der ihn seinerseits musterte. "Eine friedliche Lösung kommt nicht in Frage, Lex?", sagte er schließlich ruhig. Dieser lachte und schüttelte den Kopf. "Du kennst doch unsere Bosse, Cole. Ihnen geht nichts über ein Massaker, bei dem sie nicht dabei sein müssen." Cole lächelte. "Eigentlich eine ziemlich unfaire Sache. Und wir dürfen unseren Kopf für ihren Wahnsinn hinhalten." Lex blickte ihn unwillig an. "Lass es uns hinter uns bringen. Ich bin müde." Cole wusste, welche Art der Müdigkeit das war, er hatte sie auch erlebt und auch diesmal hatte er das gleiche Gefühl, wie sein Gegenüber. "Ich weiß", murmelte er. "Bringen wir es hinter uns." Interessant an dieser Müdigkeit war nur, dass man immer allzu deutlich spürte, dass man weiterleben wollte, wenn man in tödlicher Gefahr war. Lex nickte ihm zu. Und dann passierte etwas, das so nicht geplant war. Jemand feuerte einen Schuss ab. An Lex Gesichtsausdruck sah er, dass auch er es nicht so geplant hatte. Cole taumelte zurück. Der Schuss hatte ihn in den linken Arm getroffen. "Halt", schrie Lex und hob die Arme. Es gab Regeln in diesem Krieg, und die oberste war gerade gebrochen worden. Doch die Anweisung kam zu spät. Cole zückte die Rauchbomben und aktivierte sie. Er musste sich in Sicherheit bringen. Seinen linken Arm spürte er nicht mehr. Kaum hatte sich der gesamte Rauch ausgebreitete, brach das Inferno über ihnen ein. Im Schutz des Rauches bahnte sich Cole seinen Weg zu ihren Wagen. Ein Glück, dass er an diese Eventualität gedacht hatte, denn sonst wäre er jetzt nicht mehr. Antonin Ihm war überhaupt kein bisschen wohl, dabei zusehen zu müssen, wie Cole auf diesen anderen Penner zuging und damit für Gott und die Welt in freier Schussbahn stand. War das eine Regel? Wenn ja, dann war sie beschissen. Wer kam auch solche beschissenen Ideen? Wer würde es austüfteln, die Köpfe beider Seiten in freie Zielbahn zu stellen? Kopfschüttelnd ruhten seine Augen auf den beiden Männern, nur immer mal kurz abweichend, um die Lage zu überprüfen. Tatsächlich gefiel Antonin die ganze Straße nicht. Viele Ecken wirkten hier unübersichtlicher als auf dem Plan und die Häuserdächer boten sich ja gerade für Scharfschützen an. Hätte er das gewusst, würde er selbst da oben sitzen. Schneller als mit einem einzigen guten Schützen, ließen sich Leute gar nicht dezimieren. Noch sah das Gespräch relativ harmlos aus, aber das mochte nichts heißen. Ein weiteres Mal kochte die pure, kalte Wut auf diesen Costello in ihm hoch. Wo war dieser Bastard in Momenten wie diesen? Warum musste sein Freund jetzt da vorne auf dem Präsentierteller stehen? Warum nicht dieses abartige Arschloch? Unruhig zuckten Antonins Finger zu seinen Waffenholstern, um den Verschluss zu lösen. Ob es wohl vorbei wäre, wenn man diese Lex so schnell als möglich beseitigte? Ab wann durfte man schießen? Antonin schluckte hart, um seine sich trocken anfühlende Kehle wieder zu befeuchten, bevor alles in ihm gefror. Von einer Sekunde zur anderen schien jeder noch so kleine Muskel zu erstarren und er fühlte sich nicht einmal mehr zu einem Blinzeln fähig. Diese verfickten Arschlöcher hatten auf Cole geschossen! Er gab einen knurrenden Laut von sich, jedes kleine Zucken seines Freundes beobachtend, das Zurücktaumeln sehend, die Blutspritzer aus dem Arm. Nur noch verzerrt drang die andere Stimme an sein Ohr, die irgendwas von Halt schrie. Doch für Antonin gab es kein Halten mehr. Dieses unwürdige Gewürm hatte sein Lebensrecht verwirkt. Jede weitere Sekunde, die sie atmen dürften, war gestohlene Zeit. Als der Rauch sich ausbreitete, zog er beide Waffen und wartete ab. Zwar hörte er um sich herum schon Schüsse, doch er behielt die Stelle im Auge, aus der er Coles Auftauchen hier vermuten würde. Tatsächlich lag diese Schätzung nicht weit von der Wahrheit weg und sobald er auch nur den Schatten seines Partners erkannte, sprang er auf und zog jenen, wohl vom Rauch garantiert ein wenig blind gewordenen, zu sich hinter die Fahrzeuge. Ohne weiter nachzudenken, löste er seinen Gürtel, zog die beiden Waffenholster ab und legte eine Art Schlinge um Coles Oberarm. Das tat er ohne sich von diesem verschrecken zu lassen, denn dass der Idiot gleich wieder losspringen würde, war Antonin mehr als klar. Aber so ein Schuss gehörte abgebunden, wenn auch nicht ganz, damit der Arm noch halbwegs durchblutet wäre. Er führte das in zügigen Bewegungen aus, versuchte etwaige Schmerzlaute zu ignorieren - was inmitten einer Schießerei nicht weiter schwer war - und trat dann wieder einen Schritt zurück. "Lange wird das nicht halten", murmelte er und langte zum Boden, um seine beiden Waffen aus den fallengelassenen Holstern zu nehmen. Zeit um sich dafür zu revanchieren, dass irgendwelche Bastarde es wagten, sein Ziel zu verletzen. Antonin bekam selbst nur am Rande mit, dass er seine Sorge um Cole, seine Angst um diesen mit aller Macht beiseiteschob. Genau wie alle anderen Gefühle, die gerade nur hinderlich sein würden. Mit einem letzten Blick auf das Blut, das es von Cole an den Händen trug, schob er sich entlang den Fahrzeugen nach außen. Er würde näher ran müssen, um jene zu erledigen, die kein Fischfutter waren, und er hatte vor das auch zu tun. Cole Cole wehrte sich nicht, als Antonin ihn hinter den Wagen zog. Erst jetzt setzte langsam der Schmerz ein. "Ein Glück, dass der Schütze nicht zielen kann", murmelte er noch immer nicht wieder ganz bei Sinnen. Sonst hätte er das Herz getroffen." Dass eben das das Ziel dieser Aktion gewesen war, war ihm gerade nicht so bewusst. "Ich hoffe die anderen sind in Position… Argh… pass auf…" Um sie herum brach ein Krieg aus, dessen Lautstärke kaum zu übertreffen war. Als Antonin fertig war, blickte er ihn an. Am liebsten hätte er ihn geküsst, ihn genommen und nach Hause gebracht, oder besser noch: weit weit weg gebracht. Aber das ging jetzt nicht. "Antonin", sagte er mit einem Mal, als dieser sich schon bereit machte, in den Krieg einzusteigen. Als sein Freund ihn ansah, erwiderte Cole den Blick einen Moment. Sollte er es sagen? Nein, es würde nur ablenken. Es gehörte hier einfach nicht her. "... pass auf dich auf. und kümmer dich um Lex. Er ist der Schlüssel. Haben wir ihn, ist alles andere vorbei." Dass es gleich bedeutend damit war, dass es andersherum genauso vorbei wäre, wenn Cole sterben würde, sagte er natürlich nicht. Er versuchte ein Lächeln, dann hörte er ein Klopfen im Ohr. "Ragnar?" Er lauschte den Worten, die ein paar interessante Details preisgaben. "Danke dir, funk die drei Strantins an und gib ihnen Bescheid. Dann kümmer dich um die Zwillinge." Kurz blickte er sich um. Er konnte noch immer seinen linken Arm nicht bewegen. Ob irgendwas durchtrennt war? "Ragnar hat gesehen, dass sie sich von den Autos zurückziehen. Ich fürchte, dann sollten wir das auch machen. Sieht so aus, als würden sie die in die Luft jagen. Also alle Mann weg von den Autos. Wir bekommen gleich Rückendeckung." Und in der Tat begann mit einem Mal eine Salve loszugehen, mit deren Hilfe sie sich zurückziehen konnten. "Ihr zwei kümmert euch darum, dass wir B2 Einnehmen können..." Jeder der Anwesenden und für ihn Arbeitenden hatte eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, eine bestimmte Position auszufüllen. Und nun lief diese Aufgabenverteilung, wie ein Dominoeffekt bedingte eines das andere. Eigentlich war Cole dafür da, mitzugehen, aber der Arm ließ ihn zweifeln, ob er es tun konnte. Als eine Explosion seine Vermutung bestätigte ruckte sein Arm automatisch in einer Schutzreaktion nach oben. Der Schmerz, der darauf folgte, war enorm. Cole keuchte und lehnte sich an die Wand. "Duncan, du musst für mich einspringen", erklärte er einem der bei ihm stehenden. "Du weißt, was du zu tun hast?" Als jener nickte, war Cole zufrieden. Das Blut strömte mittlerweile wieder seinen Arm hinab. Kurzerhand packte er seine unbrauchbare Hand und steckte sie sich in die Jackentasche. Dann würde man das Blut nicht so sehen. Er entsicherte mühsam seine Waffe und machte sich auf den Weg, Duncans Job zu übernehmen. Einfach nur ein Stockwerk höher beginnen zu säubern. Wo war Antonin eigentlich gerade? Irgendwie hatte er ihn aus den Augen verloren. Antonin Antonin, der sich bis zum letzten Auto entlang bewegte, bekam fast ein wenig zu spät mit, dass sie sich zurückziehen sollten und merkte selbst, dass er nicht mehr schnell genug wäre. Er warf sich hinter dem nächsten Müllcontainer auf den Boden und fluchte herzzerreißend, als jener durch die Detonation über ihn drüber rollte. Aber immerhin war er unverletzt. Den Dreck und Staub, den er in den Mund bekommen hatte, ausspuckend, robbte er sich schon wieder weiter, noch bevor sich die Sicht wieder aufklären konnte und hechtete auf den nächsten Hauseingang zu. Es gab keine Haustüre mehr und so stand er alsbald schnell atmend im dem heruntergekommenen Gebäude. Wo genau war jetzt wohl seine Position? Skeptisch sicherte er die nächstbesten Türen und überlegte. Hier wieder bei der Tür rauszulaufen wäre keine besonders gute Idee, vermutlich war er gerade genau zwischen den Parteien. Ob er nach oben sollte? Antonin war gerade dabei, den Fuß auf den Treppenansatz zu stellen, als ihm am Ende des Ganges ein seltsames Brett auffiel. Und obwohl der Krieg draußen mit aller Macht weitertobte, wenn die Geräusche ein Hinweis darauf waren, so wandte er sich doch um und hielt auf seine Entdeckung zu. Nach ein wenig zerren und rütteln stand er abermals vor eine Treppe. Wenn man das noch so nennen wollte. Allerdings führte diese nach unten und als diese Erkenntnis ihren Weg durch seine Gedanken machte, glomm ein triumphierender Funke in seinen Augen auf. So heruntergekommen wie hier alles war, müsste man so doch ebenfalls seinen Weg auf die 'andere Seite' machen können, oder? Ohne weiter zu zögern sicherte er seine Waffen wieder und steckte sie sich locker in den Hosenbund, bevor er ein paar vorsichtige Schritte hinunter in die kühle Dunkelheit tätigte. Das Brett hinter sich wieder festziehend stand er in wenigen Sekunden in absoluter Schwärze, umhüllt von modrig, schimmeligen Geruch. Gut das er selbst der Mann war, vor dem man sich in solchen Situationen fürchten musste, sonst könnte man hier schon eine gewisse Paranoia bekommen. Besonders wenn man den heftigen Unterschied bedachte. Raus aus der hellen, schwülen Hitze mit ihrem laut tobenden Krieg, hinein in diese vergammelte Dunkelheit, in der die einzigen Geräusche sein eigener Atem und die knirschenden Steine unter seinen Füßen waren. Sich vorsichtig tiefer tastend, stellte Antonin bald fest, dass es keine absolute Dunkelheit war, die ihn umhüllte. Es gab sie, die minimalen Lichtquellen, die durch Löcher nicht nur ein wenig Luft, sondern auch Licht in diese Kellerräume ließen. Gerade genug, um nicht völlig blind tastend hier durch taumeln zu müssen. Doch bald stieß er an die erste Wand und jetzt blieb zu hoffen, dass sich seine Theorie bestätigte. Die Wand abtastend und dabei immer mal wieder angeekelt das Gesicht verziehend wenn er feuchte, weichere Stellen berührte, von denen er lieber nicht wissen wollte, was sie darstellten, hangelte er sich entlang, bis er ganz im Eck tatsächlich eine Art Durchbruch fand. Bingo! In den nächsten Kellerraum musste er sich durch eine Art Tunneldurchgang robben, in dem man wirklich nicht klaustrophobisch veranlagt sein dürfte. Selbst Antonin merkte wie ihm der Schweiß auf der Stirn stand und die leise Erleichterung, als er dort hindurch war. Auch wenn er mit einem furchtbar bestialischen Gestank belohnt wurde. Verdammte Scheiße! Lagerten die hier ihre Toten oder was roch hier so verwest? Er beschloss, dass man nicht immer alles wissen musste, und durchquerte auch diesen Raum so gut es eben ging. Immer mal wieder gegen leere Regale stoßend und schließlich tatsächlich auf etwas tretend, das ihn fast kotzen ließ. Leichen ja, Menschen nein. Die armen Viecher. Zeit hier raus zu kommen! Der Übergang in den nächsten Raum war ein wenig leichter, es gab eine Stahltür, die er mit etwas Kraftaufwand aufzog. Hier kam er tatsächlich in einer Art Raum zu stehen, den er auch als Kellerraum identifizieren würde. Und das Beste: Es gab eine Art Schacht, der nach einer kleinen Biegung wohl entweder an einem Fenster enden würde. Oder an einem Ausgang, der früher mal durch ein Fenster gekennzeichnet gewesen wäre. Sich ein letztes Mal mit dem Ärmel den Schweiß, Dreck und auch Staub aus dem Gesicht und Augen wischend, suchte er sich einen Eimer, der stabil genug aussah, um ihn auch tragen zu können und stellte ihn unter den Schacht. Ein letztes Mal tiefdurchatmend, dachte er kurz an Cole zurück. Und an dessen Worte. Wäre Lex erledigt, wäre die ganze Auseinandersetzung erledigt. Nun, Coles Worte in seinem Ohr habend, brauchte er zwei Anläufe, um hoch genug zu springen, um sich an dem Schacht festhalten und hochhangeln zu können. Fast sofort traten die lauten Schüsse wieder an seine Ohren und wenn ihn nicht alles täuschte waren sie sehr nah. Mit nicht unerhebliche Kraftanstrengung, schließlich gab es hier nichts, um sich festzuhalten, außer seinen Körper fest gegen die Schachtwände zu pressen, kam er höher und höher, bis der Ausgang tatsächlich genau über ihm war. Sich verrenkend zog er sein Handy aus der Tasche und hob es kurz über seinen Kopf, schnell drei Bilder machend und sich wieder zurückziehen. Erstmal sehen, wie die Situation da oben wäre. Nach dem ganzen Aufwand wollte er seinen Kopf nicht unbedingt sofort weggeschossen bekommen. Cole Langsam setzte Cole Fuß vor Fuß. Er hatte seinen Revolver im Anschlag, seine unbewegliche Hand in der Jackentasche verstaut. Er war mittlerweile im Stockwerk höher und lauschte nun, soweit es der Lärm von draußen zuließ, was um ihn herum geschah. Zum Glück war er nicht alleine und Steve schien durch seine Anwesenheit beruhigter zu sein. Eigentlich lustig. Steve war normalerweise einer von denen, die in der Schule wohl wegen Hyperaktivität aufgefallen wären. Nie konnte jener stillstehen oder stillsitzen, ständig musste er sich bewegen. Und soweit er wusste, machte er auch enorm viel Sport. Aber jetzt wirkte er ruhiger und konzentrierte als jemals zuvor in seinem Leben, und zwar seit dem Moment, an dem er Duncan abgelöst hatte. Steve hatte ihn fast angestrahlt, während er ihm mitteilte, dass er auf ihn aufpassen würde. Coles Augen fixierten Steve, der nickte. Cole machte eine Bewegung nach links und Steve folgte seinem Befehl, sich in eine bestimmte Position zu bringen. Cole trat gegen ein Stück Holz, das auf dem Boden lag und kickte es so vor die Tür. Keine Sekunde später hörte man, wie in dem Raum sich etwas bewegte und Schüsse abgegeben wurden, unpräzise Schüsse, wilde Schüsse und viele Schüsse. Der Schütze schien panische Angst zu haben. Schließlich hörte man, dass das Magazin leer war. Cole drehte sich zur Seite und schoss einmal. Der Mensch, der dort gestanden hatte, knickte ein und kam ächzend am Boden zum liegen. Es war eine junge Frau. Cole stutzte, er hatte sie bewusst nur am Knie getroffen. Einen Moment blickte er in ihre wilden Augen, doch als sie bereits wieder begann, an ihrer Jacke herzunesteln, hob er erneut die Waffe. Dann entschloss er sich, weiterzugehen. Steve folgte ihm. Und so arbeiteten sie sich langsam aber sicher weiter in Richtung 'gegnerische Front' durch. Um sie herum hörte man viele Schießereien. Wo Antonin nur war? Er hatte ihn seit der Explosion nicht mehr gesehen. Cole versuchte den Gedanken an seinen Freund zurückzudrängen, aber immer wieder drang jener zu seinem Bewusstsein durch. Als es in seinem Ohr klopfte, lauschte er Ragnars Lagebericht, der ganz gut klang, bevor er ihn bat, ihm Bescheid zu geben, falls er Antonin sehen würde. Ob jener hinter Lex her war? Hoffentlich war er vorsichtig... Einen Moment schwankte er und musste sich an der Wand abstützen. Er fing einen besorgten Blick von Steve ein, sagte diesem aber mit seinem Blick, dass er sich keine Gedanken machen sollte. Mittlerweile war ein dunkler Fleck der sich auf der schwarzen Jeans ausbreitete. Er verlor zu viel Blut. Er musste so bald wie möglich zum Arzt. "Ragnar, kannst du Raphael sagen, dass ich seine Hilfe brauche? Er soll zum Hafen kommen. Das ist die nächste Verbindung. Und ich brauche Blut." Er hörte, dass Ragnar panisch wurde, auch wenn dieser nichts sagte. Er konnte förmlich spüren, wie die Sorge Ragnar das Herz zerquetschte. "Ich werde mich drum kümmern, Cole", erwiderte Ragnar tonlos. "Danke." Dann war Ragnar nicht mehr in der Leitung. "Steve, wir müssen einen Stock höher, dann können wir in das nächste Gebäude." Steve nickte und bestand darauf, vorne weg zu gehen. Es ging sehr schnell. Cole reagierte nur intuitiv. Sie hatten nicht mehr an die Frau gedacht, als sie zurückgelaufen waren. An die Frau, die Cole verschont hatte. Und diese hatte sich in Position gebracht, mit dem Wissen, jeden töten zu wollen, der der Tür zu nahe kam. Der Schuss traf diesmal besser als gezielt. Steve ging vor ihm zu Boden, währen Cole vorsprang und mit einem schnellen Schuss die junge Frau ausradierte. Schnell ging er zu Steve, kniete sich neben ihn und maß seinen Puls: nichts. Cole rüttelte an Steve, sprach ihn an, doch es kam keine Reaktion. In der Wut, die ihn überströmte, griff er zu seinem Revolver und schoss auf die bereits tote Frau. In ihm herrschte ein Sturm. Dieser Krieg war nicht zu rechtfertigen. Und die Opfer, die er forderte waren vergeudete Lebenskraft. Als Ragnar anklopfte, saß Cole mit Steve auf dem Schoss da und wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. Er wusste nicht so recht, was er hier überhaupt tat. "Die Zwillinge kommen gut voran. Und auch Duncan macht seine Sache gut. Die anderen werden nach und nach immer mehr eingeschlossen und umzingelt. Der Westflügel scheint gesäubert. - Cole?" "Steve ist tot." Schweigen. "Halt noch ein wenig aus Cole. Es wird bald vorbei sein. Deine Leute sind super." Cole schloss einen Moment die Augen, sich gegen die Wand lehnend. "Konzentriere dich, Cole. Du darfst jetzt nicht deine Konzentration aufgeben, lass dich nicht ablenken." Cole senkte den Kopf. Er spürte sich in diesem Moment so unglaublich schwach, so unglaublich verflucht schwach. Und wo war eigentlich Antonin? Antonin Langsam aber sicher begannen seine Muskeln sich zu beschweren. Es wurde mühsam, sich die drei Bilder auf dem Handy anzusehen, aber noch hielt Antonin es aus, ohne auf pure Willenskraft zurückgreifen zu müssen. Aber immerhin war das, was er sah, der heimliche Wunsch eines jeden Profikillers. Lex stand in einer Reichweite, die er schaffen würde, in einem Winkel der schwierig aber nicht unmöglich war. Leider würde er nicht besonders viel Zeit zum Zielen haben. Zum einen, weil seine Muskeln demnächst zu zittern anfangen würden, und zum anderen, weil dieses Arschloch nicht alleine da stand. Wie lange würde man einen Kopf aus einem Loch schon übersehen? Die Antwort brauchte Antonin sich nicht einmal geben. Wenn er schnell schoss, könnte er noch zwei oder drei andere mitnehmen. Immer vorausgesetzt, er würde Lex direkt beim ersten Mal tödlich treffen. Doch in solchen Dingen besaß er ein fast unmöglich großes Vertrauen in sich selbst. Ein letztes Mal die Augen schließend, dachte er kurz an Cole und dessen Wunde. Eigentlich hätte jener direkt zum Arzt müssen, aber so etwas vorzuschlagen war sinnlos und hätte seinen Freund am Ende nur noch mehr aufgeregt. Ob dieser wenigstens ab und zu die Schlaufe nachzog? Aber daran durfte er jetzt eigentlich gar nicht denken, jetzt galt es ein Leben auszuradieren und damit andere am Leben zu halten. Die plötzlich ruhig gewordenen Augen wieder öffnend, hangelte Antonin sich von seiner Position frei und weiter nach oben. Das würde, wenn er das überlebte, morgen trotz allem Training einen saftigen Muskelkater geben. Vorsichtig hob er seine Hände über den Rand des Schachtes und zog sich ein Stück weit nach. Noch sah niemand in seine Richtung, was ihn seine Bauchmuskeln abermals anspannen ließ. Er würde Lex einen Doppelschuss verpassen, um der Vorsicht willen. Dadurch konnte er aber nur mit der einen Waffe wirklich gut zielen, die andere war dann mehr für den Schaden da. Die Beine gegen die Schachtwände spreizend, um sich mehr Halt zu geben, hob er beide Arme an und nahm sein Opfer ins Visier. Dummerweise zitterte gerade seine bessere, rechte Hand schon bedenklich vor Kraftanstrengung, doch es musste gehen. Antonin zählte von drei Rückwärts und drückte beide Waffen ab, sich danach sofort die nächstbesten Ziele für die nächsten Kugeln suchend, waren seine Schüsse immernoch nicht wahl- oder ziellos, aber sie kamen rapide. Schuss, Rückstoß, Neuausrichtung, Schuss. Bis überhaupt einer der Männer realisierte, dass sie beschossen wurden und woher die Schüsse kamen, war Lex mit schockgeweiteten Augen in die Knie gegangen. Die Hand an der Halsschlagader würde diesem nichts mehr bringen, denn die Lunge war ebenfalls getroffen. Fast meinte Antonin durch den Lärm hindurch dessen letzte Röchelversuche zu hören und es setzte einen gewaltigen Staudamm an Befriedigung in ihm frei. Genau wie die anderen drei, die entweder mit schmerzerfüllten Lauten zurücktaumelten und direkt umkippten. Doch genug war genug, seine Position wurde zu gefährlich. Die Arme zu sich ziehend, schluckte Antonin einmal hart und entspannte seine Beine. Was zur Folge hatte, dass er geradewegs nach unten, in die Dunkelheit sauste und mit einem dumpfen Geräusch im Keller aufkam. Er versuchte sich so gut es ging abzurollen, konnte einen schmerzerfüllten Laut jedoch nicht unterdrücken. Vermutlich hatte er sich gerade mit seiner Ninjaturtleaktion seine Schulter verrenkt. Aber das war immernoch harmloser als die letzten Male, wo er noch immer angeschossen worden war. Im höchstmöglichen Tempo ertastete und zwängte er sich seinen Weg zurück durch die dunkle Kellerlandschaft und als er das Brett schließlich wieder zur Seite wuchten konnte, spürte er wie sein Adrenalin langsam nachließ. Und damit kam die Sorge um Cole. Ohne den Hauseingang noch groß zu sichern, griff er zu seinem Handy und drückte die einzige Schnellwahltaste, die er eingespeichert hatte: Die seines Partners. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor, bis dieser auch endlich mal ranging. Sekunden, die sich wie Stunden hinzogen und ihm allen Platz für mögliche Geschehnisse einräumten. Was wenn Cole getötet worden war? Oder so schwer verletzt war, dass er nicht mehr rangehen konnte? Was wenn Cole in irgendeiner Ecke lag und verblutet? Was wenn... in dem Moment ging der andere ran und Antonin spürte wie ihm ein riesen Felsbrocken vom Herz gehoben wurde. "Gott sei Dank, du lebst! Lex ist erledigt, wo bist du?", überfiel er ihn sofort und machte sich in dem Moment auf den Weg als er die Beschreibung hatte. Ohne Rücksicht auf Verluste oder auf die eigene Sicherheit. Zu lange war die Zeit gewesen, die er sein Ziel gerade in so einer Situation alleine gelassen hatte. Ohne zu zögern betrat er das Gebäude und lief die Treppe in großen Schritten nach oben. Er ging einfach mal davon aus, dass hier aufgeräumt worden war und wenn nicht, dann würde er das tun. Antonin hatte keine Geduld mehr für Vorsicht oder sinnvolles Vorgehen. Er wollte nur noch zu Cole. Den er auch genau der Beschreibung nach ausmachen konnte, mit einem offensichtlich Toten auf dem Schoß, in den Armen. Und in diesem kurzen Moment fand Antonins Hass auf Costello ein neues Höchstmaß. Eine weitere Rekordgrenze wurde gesprengt und wenn er nicht so unglaublich erleichtert über Coles Anblick gewesen wäre, könnte er nicht sagen, was er in diesem Moment wohl alles getan hätte. Vielleicht sogar ins nächstbeste Auto steigen und zu einer Harakirisituation fahren. Mit einem Kopfschütteln riss Antonin sich aus seinem momentanen Stupor und hielt auf seinen Freund zu. "Cole... wir müssen hier raus. Du brauchst dringend einen Arzt" - und eine Umarmung - aber in diesem Fall musste er sich wohl an die Verordnung halten. Antonin würde es später gut machen und seinen Freund von vorne bis hinten ein wenig betüdeln und verwöhnen. Danach stand ihm der Sinn und sein Freund könnte es brauchen, dessen Augen verrieten ihn… Cole Cole strich Steve die Haare aus der Stirn. "Du bist ein Idiot, Cole. Du hättest auf ihn aufpassen müssen", schalt er sich in Gedanken. "Und du hättest keine Gnade zeigen dürfen." War er so weich geworden? Früher hätte er nicht eine Sekunde gezögert, diese Frau umzubringen, nicht eine Millisekunde. Sie war der Gegner und sie dankte ihm sein Mitleid nicht, wie man sah. Was hatte ihn nur geritten, sie zu verschonen. Cole ahnte die Antwort, die hinter seinen Fragen stand. Eine bittere Wahrheit, die tiefgründiger lag. Dort nämlich, wo der Grund dieser Situation lag. Wieder einmal hatte Costello es geschafft, ihm vor Augen zu führen, dass es keinen Platz für Gnade gab und dass nur die Erfüllung seiner Pflicht das Wahre war. Aber nie hatte diese augenscheinliche Tatsache auch so unglaublich nach einer Lüge geschrien. Es war nicht diese Aufgabe, den Clan komplett auszulöschen, die er hätte befolgen sollen, sondern er hätte einfach niemals mit dergleichen Dingen anfangen sollen. Er hätte sich niemals von Costello so weit bringen lassen dürfen, nicht in Frage zu stellen, was richtig und was falsch war. Und er hätte sich niemals zu diesem Schoßhund erziehen lassen dürfen. Aber hatte er jemals wirklich eine Wahl gehabt? Außer seinem Tod? "Cole, die anderen ziehen sich zurück, irgendwas ist geschehen, aber ich kann nichts erkennen. Ich glaube sie sind in R7… Oh, sie tragen gerade eine Leiche weg... Es könnte Lex sein. Die Autos stehen offenbar wirklich in der Halle, wie wir schon vermutet haben. Soll ich die anderen anfunken?" Cole musste lächeln. "Lass sie entkommen. Sie werden uns nichts mehr tun. Pfeif die anderen zurück. Ich..." Cole hörte ein Klopfen. Ob er rangehen sollte? Wer war das? Costello am Ende? "Ich möchte, dass du die anderen zum Treffpunkt schickst, sie sollen die Toten mitnehmen. Dasselbe Prozedere wie immer. Sie sollen sich beeilen, die Bullen werden sich wohl bald wieder reintrauen." Ragnar schnaubte. "Und du? Wer kümmert sich um dich? Wo ist Antonin?" "Er hat grad dafür gesorgt, dass es nicht ewig sich hinzieht und noch mehr Leute sterben. Er wird sicher gleich kommen." Ragnar schwieg einen Moment. "Raphael weiß Bescheid. Du fährst auf direktem Weg dorthin! "Ist gut" Cole wechselte den 'Kanal'. "Hm?", fragte er und war erleichtert, als er die polternde Stimme seines Freundes hörte. Wenigstens einer, der sich freute, dass er lebte. "Ich bin im zweiten Stock auf D4 im Gang, wenn du dir Treppe hinaufgehst." Kurz zögerte er, dann drückte er Antonin weg, bevor er ein "Beeil dich" flüsterte. Cole versuchte sich zu bewegen, aber der tote Körper auf seinem Schoß bewegte sich nicht und er war zu schwach. Als er Schritte hörte, hob er seinen Revolver. Auch wenn er wusste, dass es letztlich vorbei war, war er vorsichtig. Als er Antonin sah, war er erleichtert. Ein Lächeln umspielte kurz seine Lippen. "Hilf mir...", murmelte er, ohne auf die Worte des anderen zu reagieren. "Wir müssen Steve hier raus bringen..." Er wartete bis Antonin den Leichnam angehoben hatte, dann nahm er seine langsam wiederkehrenden Kräfte zusammen und richtete sich mühsam auf. Wieder hörte er Schritte und Duncan dicht gefolgt von Simon traten in den Gang. "Nehmt Steve mit...", wies Cole sie an, sich aufrichtend, seine Fassade wieder aufrichtend. Antonin durfte ihn geschwächt sehen. Niemand sonst. "Antonin, bring mich zum Hafen. Raphael wartet schon auf mich..." Sie hatten ihre eigentlichen Autos ein Stück weiter Weg geparkt. Wissend, dass ihre anderen Autos unter Beschuss kommen würden. Nun steigen sie in einen der Wagen und Antonin fuhr ihn zum Hafen. Sie sprachen nicht, wussten sie doch voneinander, was der andere dachte. Cole hatte die Wut in Antonins Augen gesehen. Und er wusste, auf wen jener wütend war, er lernte diese Wut mehr und mehr kennen. Auf dem Weg zum Auto war ihm immer schwindeliger geworden. Er hatte verdammt viel Blut verloren. Noch nie hatte er so eine schlimme Verletzung gehabt. Aber Raphael wartete schon auf sie. Der Arzt fluchte in der für ihn typischen Art vor sich hin, als er Coles Arm untersuchte. Sie hatten die Weste abgenommen, sein Shirt aufgeschnitten. "Ihr seid doch alles miteinander Vollidioten. Und du bist der größte, Cole", murmelte Raphael in einer Tour. Er zog die Kugel raus, stoppte die Blutung einigermaßen und legte ihm die Bluttransfusion. "Wir müssen zu mir. Ich muss da einiges reparieren. Eigentlich müsste da ein besserer Chirurg ran, als ich es bin. Es ist einiges kaputt gegangen. Vielleicht wird er seine Hand nie wieder so wie vorher bewegen können." Raphael schien nur noch mit Antonin zu sprechen. Cole rührte sich nicht. Ärzte hatten immer die Angewohnheit vom Schlimmsten auszugehen und hinterher zu sagen, es sei ein Wunder gewesen. Coles Gedanken waren fern von dem hier und jetzt. Sie waren in dem, was als nächstes auf ihn zukommen würde. Das Chaos, bis New Yorks Unterwelt sich neu organisiert hatte. Und dann musste er ein paar Dinge endlich angehen, vor denen er bisher immer zu viel Angst gehabt hatte. Die Wahrheit, die hinter Costello stand. Kapitel 105: Geständnis ----------------------- Ragnar Ragnar nahm die Kopfhörer ab und loggte sich aus dem Satellit aus. Einen Moment schloss er die Augen und horchte in sich. Das Blut rauschte noch immer schnell durch seine Venen, sein Herz schlug unnatürlich laut und schnell. Dabei hatte er sich vorhin doch so ruhig gefühlt. Es war fast erschreckend, wie ruhig er gewesen war. Obwohl sein verkrampfter Magen ihn gerade eines besseren belehrte. Von Cole zu hören, dass er Raphael brauchte, war beängstigend gewesen. Aber jetzt schien alles in Ordnung zu sein. Ihre Leute waren weg von dort. Er hatte beobachtet, wie sie in die Wagen gestiegen waren, nachdem er sie angefunkt hatte. Cole und Antonin waren auch dabei gewesen. Und nun? Was sollte er nun tun? Die bekannte Melodie verriet ihm, dass sein Rechner sich runterfuhr. Ragnar stand auf und streckte seine steif gewordenen, angespannten Glieder. Kurz tigerte er auf und ab. Sollte er zu Raphael fahren? Cole kam allein zurecht und Antonin war bei ihm... Sollte er nach Hause fahren? Nein, lieber nicht. Nathan... Konnte er? Sollte er? Er griff zu seinem Handy und schrieb eine Sms: Antonin, gib mir bitte kurz Bescheid, wenn du Neuigkeiten wegen Cole hast. Wenn du etwas brauchst, habe keine Scheu mich anzurufen. Danke für alles! Ragnar Dann nahm er die Autoschlüssel von Coles Wagen und fuhr zu Nathan. Er rief vorher nicht an. Er wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er seine Stimme hörte. Und es kam ihm leichter vor, lieber bei Nathan zu sein, wenn seine Emotionen ihn überwältigen würden, als wenn er den anderen nur am Telefon hatte. Also riss er sich zusammen und fuhr schließlich nachdem Nathan ihn hereingelassen hatte, den Aufzug hinauf. Er konnte nur hoffen, dass jener alleine war und dass er nicht ungelegen kam. Als er aus dem Aufzug stieg und Nathan sah, biss er sich auf die Unterlippe. Wortlos trat er auf den Mann zu und umarmte ihn, seinen Kopf auf dessen Schultern ablegend. Und dann spürte er, wie er lautlos weinen musste. Er hasste sich dafür, dass er so unglaublich nah am Wasser gebaut war, und dass er jedesmal, wenn ihn etwas sehr angestrengt hatte, weinen musste. Aber in den Armen des anderen kurz diesen Emotionen nachzugeben, war gut. "Keine Sorge, es ist zum Glück nichts Schlimmes geschehen...", murmelte er schließlich, als er sich wieder ein wenig gefangen hatte. "Ich.. es war nur alles ein wenig viel..." Er strich Nathan sanft über den Rücken. Er wusste mittlerweile, dass er sich nicht dafür entschuldigen musste, dass er ihn mal wieder 'benutzte', auch wenn ihm der Dank auf der Zunge lag. Antonin Antonin hasste es. Er hasste es Cole so zu sehen. Er hasste diesen ganzen Krieg und er hasste Costello. Gerade bekam der junge Russe das Gefühl alles und jeden zu hassen - bis auf jenen Mann, dem er gerade die Leiche vom Schoss zog. Er betrachtete den schnell kühler werdenden Mann nur mit einem flüchtigen Blick, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Cole richtete. Steve hier rausbringen? Wen kümmerte Steve? Der war schon unterwegs zu einem hoffentlich besseren Leben. Doch bevor er Gedanken dieser Art äußern konnte, tauchten zwei weitere Männer im Gang auf, denen Cole diese Aufgabe auch gleich aufs Auge drückte. Und auch wenn Antonin innerlich grollte, als er sah für was sein Freund seine Kraftreserven anstrenge - für eine gerade, starke Position - so konnte er es ihm auch nicht wirklich verdenken. Er nickte auf die 'Anweisung' seinen Freund zum Hafen zu bringen und stütze ihn, wann immer keiner in der Nähe war, so gut es ging. Natürlich machte er sich Gedanken und natürlich schlug sein Herz und es ging ihm über vor Sorge, doch Antonin schluckte das alles erstmal runter. Er war kein Arzt und es war jetzt wichtiger das Fahrzeug konzentriert und vor allen Dingen schnell durch den Verkehr zu lenken. Wenigstens waren sie nicht weit vom Hafen weggewesen, einer der wenigen Lichtblicke an diesen beschissenen Tag. Trotzdem warf er hin und wieder Seitenblick zu dem Mann neben sich und was er sah gefiel ihm gar nicht. Ganz und gar nicht. Kaum dass der Wagen stand, sprang er auch schon heraus und lief darum herum, um Cole heraus zu helfen und ihn dorthin zu bringen, wo Raphael gut arbeiten konnte. Nervös tigerte Antonin hinter diesem auf und ab und zuckte hin und wieder sogar zusammen, als jener vor sich hinfluchte. Am schlimmsten war für Antonin wohl die Bluttransfusion. Er hätte Cole doch sofort da rausholen sollen. Notfalls indem er ihn bewusstlos schlug. Doch 'hätte, wäre, wenn' half diesem jetzt auch nicht weiter und so trat Antonin doch ein Stück näher heran und beobachtete wie das Blut seinen Weg in den Körper seines Freundes fand. Er nickte als Raphael erklärte, dass sie noch zu ihm müssten, sich darüber ärgernd, dass er sich niemals um Kontakte in dieser Richtung gekümmert hatte. Aber wer hatte auch einen guten Chirurgen auf seiner 'Schweigeliste', wenn man nicht höher in der Rangliste stand? "Bitte tun Sie einfach Ihr bestes", bat er, automatisch in die höflichere Anrede verfallend. Gemeinsam gelang es ihnen auch Cole, der momentan kaum ansprechbar zu sein schien, tatsächlich so stabil wie möglich zu Raphael zu bringen. Dort ließ Antonin sich dann auch an der nächstbesten Wand herabsinken und schloss erschöpft die Augen. Zwar wäre es ihm lieber bei dem anderen zu bleiben, aber so wie er heute im Dreck herumgekrochen war, wollte er lieber nichts riskieren. Gott, waren die letzten Stunden anstrengend gewesen. Es war kaum noch vorstellbar, dass sie beide heute Morgen noch so zärtlich zueinander gewesen waren, jetzt wo sie wieder mehrere Menschenleben auf dem Gewissen hatten. Jetzt wo Cole vielleicht mit einer bewegungsunfähigen Hand zu kämpfen hätte. Nach einigen Minuten rappelte er sich auf und hielt auf die Patiententoilette zu, wo er sich erstmal ein wenig frisch machte und den Dreck von den Händen und Gesicht wusch. Ob er mit Cole über seine Nachforschungen sprechen sollte? Jener musste doch erkennen wie sinnlos das alles war. Cole hatte nicht einmal was von diesem Blutbad, außer vielleicht noch mehr Arbeit und noch mehr Gefahr, der er sich ständig aussetzen musste. "Verdammte Scheiße...", murmelte er und ließ den Kopf hängen, sich mit beiden Händen am Waschbecken abstützend. Was für eine beschissene Situation das alles doch war. Und gerade als Antonin mit sich haderte, ob er sich hier in der Abgeschiedenheit der Toiletten ein wenig Schwäche erlauben sollte oder nicht, spürte er sein Handy vibrieren. Es hervorziehend, überflog er Ragnars Nachricht und machte sich daran zu tippen. Seine Menschlichkeit müsste noch ein wenig warten. Er wird‘s überleben. Seine Hand bereitet dem Doc noch Sorgen, das muss man abwarten. Keine Sorge, ich kümmere mich um ihn und lasse NIEMANDEN, der ihn aufregen könnte, auch nur in seine Nähe. Ehrenwort. Versuch dich zu entspannen. Wenigstens einer von uns sollte sich für den Rest ein wenig besaufen. Gruß Antonin Nathan In seinem Milchreis herumstochernd sah er sich, wie so häufig die letzten Tage, die Nachrichten an. Gerade wurde eine Übertragung aus einem Nachrichtenhubschrauber gezeigt. Es waren Bilder, die ihm den Appetit verdarben und so stellte Nathan die kleine Schüssel beiseite und lehnte sich tiefer in seine Couch hinein. Angefangen sich für diese Dinge zu interessieren hatte er nach seinem Besuch im Lady Dream, und augenscheinlich hatte er sich eine explosive Zeit für ein solche Interesse ausgesucht. Ständig gab es Berichte von Schießereien, von richtigen Massakern und die momentanen Bilder schienen so eine Art Höhepunkt des Konfliktes aufzuzeigen. Ausgebrannte Fahrzeuge mit Einschusslöchern, Blutlachen und aufsteigender Rauch. Man musste sich ins Gedächtnis zurückrufen das hier ein Teil von New York gezeigt wurde, einer Großstadt Amerikas und kein Krisenherd in einem anderen, gebeutelten Land. Es war grausam und furchtbar. Aber das waren solche Bilder im Grunde immer. Es machte sie diesmal nur schlimmer, da er immer darauf wartete Ragnars Leiche zu entdecken. Oder einen Anruf von Cole zu erhalten, das er sich lieber setzen sollte. Ragnars SMS, die er hin und wieder erhielt, beruhigten ihn und er beantwortete sie so, dass jener sich nicht auch noch Gedanken darüber machte, dass er - Nathan - sich Sorgen machte. Ob er Ragnar wirklich da rausholen könnte, wie Cole es offenbar wollte? Und nicht nur dieser, wie Nathan wieder mal bemerkte, als er dem Bericht der Reporterin folgte. Die Polizei schien scheinbar einem falschen Hinweis gefolgt zu sein und erst am tatsächlichen Schauplatz aufgetaucht zu sein, als alles schon vorbei war. Für was bezahlten Steuerzahler wie er es war eigentlich so viel? Obwohl... Was könnten die schon ausrichten, außer noch mehr Leichen zu fabrizieren? Es war frustrierend und Nathan mochte dieses unbehagliche Gefühl in seinem Inneren überhaupt nicht. Es ließ ihn nervös werden. Inzwischen hatte er sich sogar eine Art Life-ticker an seinem Rechner installiert, der immer mit neuen Nachrichten aufpoppte. Er wusste immernoch nicht, ob er verärgert über die Zeitverschwendung, oder erleichtert sein sollte, wenn es nur Berichte über Börsenkurse oder Sportereignisse waren. Als es klingelte sah er überrascht auf und schaltete den Fernseher ab, bevor er aufstand und den Türöffner betätigte. Die Wohnungstür öffnend, wartete er bis der Aufzug hoch kam und ein erleichtertes Lächeln umspielte seine Lippen als er Ragnar erkannte. Jenes fiel ihm jedoch sehr schnell aus dem Gesicht als jener ihn wortlos umarmte und kurz darauf zu zittern begann. Es war jenes Zittern, das immer mit einem leichten Weinkrampf einherging. Abermals spürte Nathan Sorge in sich. Sorge um diesen wundervollen Mann in seinen Armen, der gerade einfach nur fertig mit Gott und der Welt zu sein schien. Ob etwas passiert war? Ob Ragnar tatsächlich in diesem Kampfgebiet gewesen war? Ob seinem besten Freund etwas passiert war? Oder ob es am Ende mit seiner Krankheit zu tun hatte? Was immer es auch war, gerade dirigierte er den Mann erstmal zu sich in den Flur und schloss die Türe hinter ihnen, bevor er ihn wieder in den Arm nahm und über den Rücken strich. "Schh. ist ja gut", murmelte er und hob eine Hand, um sanft über Ragnars Kopf, durch dessen Haar zu streicheln. "Bist du verletzt? Ist dir was passiert?", fragte er dann doch und war erleichtert über die Antwort, die nach einiger Zeit kam. Als das Zittern und Erbeben des anderen Körpers auch langsam nachließ. "Ok... das erleichtert mich", murmelte er und küsste den anderen auf die Wange, bevor er ihn mit sich ins Wohnzimmer zog und sanft aber nachdrücklich auf die Couch drückte. "Warte kurz", murmelte er und ging in die Küche, um einen Kakao zu machen, in den er einen guten Schuss Brandy gab. Diesen nahm er mit sich, stellte ihn vor Ragnar auf den Wohnzimmertisch und setzte sich dann zu seinem Freund, um ihn wieder in die Arme zu ziehen. "Willst du darüber sprechen?", sein doch etwas sorgenvoller Blick ruhte auf der zusammengesackt wirkenden Gestalt und er seufzte leise. Ragnar musste mehr mitmachen als gut für diesen war, soviel stand ohne den Hauch eines Zweifels fest. Ragnar Die Umarmung des anderen tat so gut, diese Wärme, die ihn umhüllte, schien die Kälte, die eben noch von ihm Besitz ergriffen hatte, auszulöschen. Der Kuss, den er auf die Wange erhielt, die Erleichterung, die der andere aussprach, es tat einfach gut, dass es jemanden gab, bei dem er sich anlehnen konnte. Und so ließ er sich bereitwillig ins Wohnzimmer ziehen und auf die Couch setzen, ein wenig unzufrieden schauend, als Nathan noch einmal verschwand. Doch sein Handy lenkte ihn ab. Er las die Nachricht, sich darüber freuend, dass es Cole den Umständen entsprechend gut ging und dass Antonin auf ihn aufpassen würde, sich darüber Sorgen machend, dass es seinen Arm offenbar wirklich schlimmer erwischt hatte, als gedacht. Als Nathan zurückkehrte und Ragnar den dampfenden Kakao vor sich stehen sah, musste er lächeln, ergriff ihn und lehnte sich in die Umarmung des anderen, einen Moment die Augen schließend und tief durchatmend. Als er die Frage des anderen hörte schwieg er einen Moment. Er zog die Beine an, stellte die Tasse Kakao auf die Knie und beobachtete, wie der Dampf sich in Luft auflöste, bevor er einen Schluck nahm und den Brandy nun erst entdeckte. Es wärmte ihn und das war gut so. "Diese ganze Scheiße, die in den letzten wie Wochen abgelaufen ist, sind völlig unnötige Streitereien, die ein einziger Mensch provoziert, um mächtiger und mächtiger zu werden. Aber anstatt sich selbst die Hände schmutzig zu machen, schickt er Cole vor. Du musst wissen, dass Cole früh seine ganze Familie verloren hat und von diesem Mann sozusagen 'aufgezogen' wurde. Er hat ihm gelehrt, ihm zu gehorchen, indem er ihn letztlich erpresst hat und ihn permanent belogen hat. Das jetzt genauer auszuführen wäre zu schwierig. Jedenfalls hat dieses ganze Theater letztlich wieder einmal Cole austragen dürfen. Nur diesmal ist er dabei ziemlich heftig verletzt worden. Zum Glück nicht tödlich, aber doch ziemlich. Ich könnte kotzen und diese Wut über diesen Mann wächst von Minute zu Minute." Ragnar blickte Nathan hin und wieder an. "Ich war nicht vor Ort, habe die Sache aus dem Hintergrund heraus gesteuert. Ich bin nicht ganz ungeschickt was das Haken von Spionagesatelliten betrifft und agiere so meist außerhalb der Schusslinie. Zumal Cole mich ohnehin nie zu so etwas mitgenommen hat. Er wollte nie, dass ich in Gefahr gerate. Dafür hat er sich dann immer in die vorderste Front gestellt, der Idiot..." Er seufzte und trank noch einen Schluck Kakao. "Antonin hat mir grad geschrieben, dass es ihm gut geht, aber dass seine Hand vielleicht darunter leiden wird. Er hat einen Schuss in den Oberarm abbekommen." Er schüttelte leicht den Kopf, sein Blick glitt in Gedanken weit weg. "Ich wünschte, ich könnte dafür sorgen, dass Cole untertaucht und sich irgendwo ein schönes Leben aufbaut." Ragnar seufzte und blickte Nathan wieder an. "Ich rede wirres Zeug, wahrscheinlich hast du kaum etwas verstanden, aber frag, wenn du etwas wissen möchtest." Er lächelte entschuldigend, dann beugte er sich zu Nathan, um ihm einen Kuss zu geben. "Ich bin so froh, dass du nichts mit all diesem zu tun hast." Nathan Ohne Ragnar zu unterbrechen hörte Nathan ihm zu, streichelte währenddessen ununterbrochen über dessen Oberarm und drückte ihn hin und wieder, so als wollte er ihm sagen, dass er nicht alleine war. Und es war seltsam, obwohl er eigentlich etwas dagegen haben sollte, solche Dinge in seinem Wohnzimmer zu hören, zu sehen und wohl auch einen Teil davon sitzen zu haben, war er einfach nur erleichtert, dass Ragnar trotz alledem überhaupt noch hier sitzen konnte. Er wartete bis jener geendet hatte, setzte sich ein Stück auf und drehte den anderen ein Stück, so dass er ihm ins Gesicht blicken konnte. "Ich kann nicht behaupten alles verstanden zu haben, vielleicht will ich das auch gar nicht, aber ich bin sehr froh, dass Cole dich zu so etwas nicht mitnimmt. Wirklich sehr, sehr froh." Er beugte sich vor, um dem anderen einen zärtlichen Kuss zu geben. "Ich verstehe deine Sorge um Cole, aber ich bin sicher, Antonin wird gut auf ihn aufpassen und dich auf dem Laufenden halten. Und ich werde auch gar nicht näher darauf eingehen, dass du dich in Spionagesatelliten einhacken kannst, denn das ist momentan unerheblich, in Ordnung?" Er hob eine Hand um sie an Ragnars Wange zu legen. "Es freut mich, dass du hierhergekommen bist und ich höre dir gern zu und versuche dir dadurch ein wenig Balast abzunehmen, aber nimm es mir nicht übel, wenn ich nicht zu sehr hinterfrage. Ich fühle mich ganz wohl in meiner heilen Welt und wenn ich sie mit dir teilen kann, wann immer du her kommst, dann bin ich auch froh, dass ich kein Teil deiner Welt bin", murmelte er und beugte sich abermals vor, um Ragnar zu küssen. "Bleibst du heute Nacht hier?", fragte Nathan, nachdem er den Kuss gelöst hatte und in die schönen, langsam wieder wärmer werdenden braunen Augen seines Gegenübers blickte. "Wenn du willst nehme ich mir morgen frei bis du in die Arbeit musst und wir unternehmen etwas, das dich ein wenig ablenkt. Du siehst aus als könntest du es gebrauchen", schlug er schließlich vor und löste sich von dem anderen, um aufzustehen. Er hielt ihm die Hand hin und half Ragnar dabei aufzustehen, um ihn dann, nachdem er ihm die Tasse abgenommen hatte, mit sich in Richtung Bad zu ziehen. "Du gönnst dir jetzt eine lange, heiße Dusche oder ein Bad, ganz was dir lieber ist und ich schaue mal, was meine Küche noch hergibt. Bei dem ganzen Stress hast du garantiert nicht daran gedacht", erklärte er und küsste Ragnar nochmal, bevor er jenen ins Bad entließ. "Ein Bademantel hängt da, ich bringe dir dann Kleidung runter, die dir passen sollte." Damit wandte er sich ab und lief ein Stockwerk höher, um seinen Schrank zu inspizieren. Ein weißes Shirt, Boxershorts und eine bequeme Jogginghose waren schnell ausgemacht. Optional noch Socken dazu nehmend legte er das ganze vors Badezimmer und ging dann in die Küche. Nathan traute sich selbst nicht ganz über den Weg, was den Anblick eines nackten Ragnars betraf, weshalb er das Zimmer nicht betrat. Erstmal gehörte der Mann ordentlich versorgt, danach konnte man immernoch sehen, ob jener nach so einem Tag überhaupt Lust auf mehr hatte. Nathan entschied sich für Käse-Schinkennudeln und warf die Nudeln in das bald kochende Wasser, die restlichen Zutaten heraussuchend und sich damit auch gut ablenkend. Im Grunde lief bei Ragnar momentan nicht wirklich viel rund. Die Wohnung, die jener unbedingt hatte haben wollen und nicht bekam, dann dieser 'Krieg', die Verletzung seines Freundes und noch die sich erhöhende Virenlast. Alles in allem war es schon fast bewundernswert, dass jener das alles halbwegs wegsteckte und nicht viel häufiger mal zusammenbrach. Wobei man das kurze Weinen auch nicht als wirklichen Zusammenbruch werten konnte oder sollte. Kurz in seinen Bewegungen inne haltend schloss Nathan die Augen und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Wie sollte er Ragnar helfen? Wie konnte er es? Ragnar Nathan wollte kein Teil seiner Welt werden. Ja, das war auch gut so. Und Ragnar würde alles dafür tun, dass es auch nie so weit kommen würde. Niemals würde er Nathan in Kontakt mit dieser Welt bringen. Als er ihn damals im Lady-Dream gesehen hatte, war es im Nachhinein betrachtet, gar nicht die Tatsache, dass jener sehen konnte, wo er arbeitete, was ihn so schockiert hatte, sondern die Tatsache, dass jener an einem solchen Ort auftauchte. Nathan sollte keinen Schnittpunkt mit dem Untergrund haben. Er war ihm dankbar für das Zuhören, aber er war ihm genauso dankbar, dass jener ihn nicht bat, tiefer in seine Welt eindringen zu wollen. Ragnar würde alles dafür tun, das zu vermeiden. Als Nathan ihn ansprach, ob er heute Nacht hier bleiben würde, nickte Ragnar nur und erwiderte den Blick. "Du musst dir nicht frei nehmen, außer du möchtest es unbedingt. Ich muss morgen ohnehin etwas früher hin. Ich denke Cole wird morgen nicht arbeiten können. Und du hast in letzter Zeit sowieso schon so viel Zeit in mich investiert..." Ragnar hatte seine Meinung gesagt. Wenn Nathan dennoch später in die Arbeit gehen würde, würde er sich nicht wehren, aber Nathan sollte wissen, dass er für ihn seine Arbeit nicht vernachlässigen sollte. Die Hand des anderen ergreifend, ließ er sich hochziehen und ins Bad manövrieren. Ja, eine Dusche wäre nicht verkehrt. Ragnar ließ sich das heiße Wasser über das Gesicht laufen. Langsam aber sicher entspannte er sich und wurde wieder ruhiger. Er wusste noch nicht genau, wer außer Steve noch gestorben war, aber es gab noch weitere Tote unter ihren Leuten. Morgen würde ein großes Aufräumen stattfinden und das Hacken um die Plätze 2 - unendlich. Dass Costello damit letztlich zum Oberhaupt der Stadt aufgestiegen war, war klar. Niemand würde sich ihnen in nächster Zeit in den Weg stellen können, kein anderer hatte die Möglichkeiten, wie sie. Er stellte die Dusche ab und trocknete sich ab. Er öffnete die Tür und sah die Klamotten am Boden liegen, zog die Short und die Jogginghose an, das Hemd zog er erst drüber, als er sich die Haare ganz getrocknet hatte. In der Wohnung roch es bereits nach warmem Essen. Nudeln? Schinken? Hm... Ragnar lächelte, räumte im Bad soweit alles wieder auf, dass es nicht so benutzt aussah, und ging schließlich in die Küche, um auf Nathan zuzugehen. Der andere Mann sah besorgt aus, ein wenig nachdenklich. Es war sicher verdammt viel für ihn. Viele Infos, viele Dinge, die er nie hatte erfahren wollen, von denen er gehofft hatte, sein Leben lang verschont zu bleiben. Ob es nicht vielleicht doch zu viel war für Nathan? Wenn sich jener überfordert fühlen würde, so wusste Ragnar, dass er ihm nicht böse wäre, wenn er sich trennen würde. Sie führten letztlich niemals eine Beziehung, in der er den Anspruch auf eine gewisse Festigkeit erheben durfte. Dafür war sein Leben zu krass, zu unvorhersehbar und zu gefährlich. Niemals würde er es Nathan verdenken können, wenn es ihm zu viel werden würde. Und bis dahin würde er genießen und versuchen, dem anderen so viel wie möglich zurück zu geben. "Es riecht gut", seufzte er und wartete bis Nathan mit dem, was er gerade tat fertig war, um sich zu ihm zu beugen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Dann schaute er ihm weiter zu, was jener tat. "Danke für die Klamotten, sie passen ganz gut." Er reichte Nathan das Salz, als dieser danach zu suchen schien. "Ich habe heute Nachmittag übrigens noch einmal nach Wohnungen im Internet gesucht. Weißt du, was mich wirklich wütend gemacht hat. Die Wohnung, von der ich dir erzählt habe und die ich nicht bekommen habe, steht noch einmal neu drinnen. Offensichtlich hatte die Vermieterin ein Problem mit meinem Beruf. Ich hätte kotzen können, als ich das gesehen habe." Er seufzte. Dann nahm er seine Portion, die Nathan ihm in die Hand drückte und gemeinsam gingen sie zum Ecktisch. "Vielleicht sollte ich die Leute in Zukunft einfach anlügen. Offenbar wollen sie angelogen werden." Er knurrte noch immer vor sich hin. "Aber am besten gibt es kein nächstes Mal. Ich denke ich werde die kleinere von den Wohnungen deines Vaters nehmen, wenn ich darf. Ich fand sie auch unglaublich schön und so charmant irgendwie." Er lächelte und nahm einen Bissen von den Nudeln. "Das tut gut", murmelte er. "Meine Ma hat auch oft Schinkennudeln gemacht. Irgendwann koch ich mal für dich. Ich kann das recht gut, wenn ich mir die Zeit dazu nehme." Nathan Er lächelte, als er Ragnars Kommentar hörte und sah auf, seinen Blick über den Mann schweifen lassend. Ein wenig waren die Kleidungsstücke wohl zu lang, aber es sah irgendwie charmant aus. Sich den Kuss geben lassend, beugte er sich ein Stück weiter vor und atmete den frischen Geruch tief ein. "Mhh... jetzt riechst du ein wenig nach mir", schmunzelte er und wandte sich dann wieder den Nudeln zu, die er inzwischen schon in der Pfanne hatte. "Ja, so passen sie gut, aber es sieht auch irgendwie niedlich aus. Ganz so als müsstest du noch ein paar Zentimeter wachsen." Er nickte dankend, als Ragnar ihm das Salz reichte und streute eine Prise über die Pfanne, dem anderen zuhörend. Doch schließlich sah er überrascht auf. "Die Wohnung ist immernoch zu haben?", er runzelte die Stirn. "Das ist frech, wobei - deine Wahrheitsliebe in allen Ehren - du könntest deine Situation schon ein wenig umschreiben. Was geht es die Leute an, wo genau du arbeitest? Es reicht vollkommen, zu sagen, dass du der Manager eines Nachtclubs für die gehobene Gesellschaft bist. Denn zahlungskräftige Kunden habt ihr ja ständig vor eurem Laden stehen, habe ich mir sagen lassen. Wenn mich nicht alles täuscht, wollte mich ein Richter mal mit dorthin nehmen, für dessen Tochter wir den Geburtstag geplant haben." Er schüttelte den Kopf leicht. Da plante dieser alte Mann den großen Tag für sein jüngstes Kind und wollte andere Leute in einen Stripclub schleppen. Unglaublich. Schließlich die Portion auf zwei Teller aufteilend, reichte er Ragnar den seinen, stellte die Platten aus und ging mit diesem hinüber zum Tisch. "Lass es dir schmecken", gab er noch von sich bevor er probierte und den neuen Entschluss seines Freundes hörte. "Ganz charmant reicht nicht", bestimmte er schließlich. "Ich hab‘s dir gesagt, in solchen Dingen darf man keinen Kompromiss eingehen. 'My home is my castle' - das Sprichwort hat schon seinen Sinn." Nachdenklich legte er die Gabel beiseite und sah den anderen an. "Man könnte probieren, die Wohnung über die Agentur anzumieten. Oder aber wir versuchen heraus zu bekommen, wer hinter dieser Maklerin steht und wir schauen mal, ob der Name halbwegs bekannt ist. Wenn er das ist, sprechen wir den Besitzer direkt an und werfen ein wenig Gesellschaftspolitik in die Waage. Oder wir fragen gleich, ob sie zum Verkauf steht, drücken den Preis und du zahlst sie ab." Er hielt inne und lächelte. "Möglichkeiten gibt es genug, solange sie noch leer steht, man darf nicht immer gleich auf die zweitbeste Möglichkeit zurückgreifen und wenn gar nichts klappt, stünde dir die Chance ja immernoch offen. Es ist ja nicht so als ob sich die Wohnungen meines Vaters plötzlich in Luft auflösen." Nathan lächelte und beugte sich ein wenig über das Ecke, durch Ragnars Haare wuschelnd. "Und wenn eine der Möglichkeiten klappt, dann darfst du nicht nur kochen, dann bestehe ich darauf. Das wäre dann mein kaum zu bezahlendes Honorar für besondere Dienstleistung außerhalb meiner Bürozeit." Er grinste frech. "Aber freut mich, dass es dir schmeckt, wobei man hier natürlich nicht viel falsch machen kann." Die Gabel wieder aufnehmend begann er nun ebenfalls zu essen, nur kurz an den stehengebliebenen Milchreis denkend. Nun, wenn er ihn noch in den Kühlschrank tat, würde er ihn wohl auch morgen noch essen können. "Du könntest natürlich auch hier einziehen, dann könnte ich mir die Haushälterin sparen und hätte einen Kochsklaven für den Sommer und eine Wärmflasche für den Winter", griff Nathan das Thema wieder auf und lachte dann. "Du siehst, es gibt unendlich viele Möglichkeiten, man darf da keinen Tunnelblick entwickeln. Gerade nicht, wenn es um einen selbst geht." Er stand auf, um seinen Teller zur Anrichte zu bringen und holte eine Flasche Wasser und zwei Gläser, die er mit zurück zum Tisch nahm. "Ich hätte noch, inzwischen bestimmt lauwarmen Milchreis anzubieten, wenn du Lust auf Nachtisch hast. Irgendwie haben meine Gelüste darauf nur lange genug gehalten, bis das dumme Ding fertig war." Ragnar Die Worte Nathans hinsichtlich ‚My home is my castle‘ stimmten Ragnar nachdenklich. Bisher hatte er immer genommen, was er halt bekommen hatte, aber im Moment hatte er so große Lust, sich eine schöne Wohnung zu suchen, so dass er sich vielleicht wirklich nicht mit dem zweitbesten zufrieden geben sollte. Als er das Angebot des anderen hörte, die Wohnung anzumieten blickte er ihn irritiert an. „Ich denke ich werde die Maklerin noch einmal selbst kontaktieren oder wirklich die eigentlichen Besitzer ansprechen. Wer das ist, ist für mich recht leicht herauszufinden. Ihren Computer habe ich leicht geknackt. Mir fällt schon was ein, wie ich die Wohnung bekomme. Und zur Not besetze ich sie einfach.“ Er grinste den anderen frech an. „Aber du hast recht. Ich sollte nicht aufgeben. Allerdings habe ich nicht freiwillig gesagt, wo ich arbeite. Sie wollte meinen Lohnzettel sehen. Und wenn jemand sich informiert, was das ‚Lady-Dream‘ ist, dann hätte ich nicht viel verschweigen müssen. Ich dachte ich bin von vornherein ehrlich und sage es gleich, bevor man es hinten herum herausfindet.“ Er seufzte tief. „Das war wohl die falsche Entscheidung.“ Er aß weiter. „Und was das Essen betrifft: Es sind die kleinen und scheinbar einfachen Dinge, die gelingen müssen.“ Er zwinkerte dem anderen zu und nahm noch einen Bissen. Langsam aber sicher kehrte seine Ruhe wieder zurück. Eine Ruhe, die nichts mit dem emotionalen Tief zu tun hatte, in das er für gewöhnlich nach solchen Einsätzen stürzte. Nathan tat ihm gut. Und er war froh, dass er hierhergekommen ist. „Ich? Dein Kochsklave? Und wovon träumst du nachts?“ Ragnar musste lachen. So süß der Vorschlag bei ihm einzuziehen auch war, aber Ragnar bezweifelte, dass es wirklich sinnvoll war. Wie lange waren sie jetzt zusammen 2 Monate? Da zog man einfach nicht zusammen. Dafür kannten sie sich noch viel zu wenig. Und auch wenn es immer wie ein ‚nach-Hause-Kommen‘ war, wenn er herkam, so stand eine gemeinsame Wohnung außer Frage. Daher ging er auch weiter nicht auf den Vorschlag ein. „Das mit der Wärmflasche ließe ich mir ja noch eingehen…“ Er schob den nun leeren Teller von sich. „Ich werde schon die richtige Lösung für mich finden. Ich merke nur gerade, dass ich ungeduldig bin.“ Er lächelte und strich sich die Haare aus der Stirn. Als Nathan mit dem Wasser zurückkam blickte er auf die Uhr. Es war schon sehr spät. Er trank ein Glas, weil er schon geraume Weile ziemlichen Durst hatte. „Lass uns ins Bett gehen. Ich bin hundemüde…“, beschloss er und stieß bei Nathan auf keinen Widerstand. Und so stand er auf und merkte sogleich, dass sein Magen sich zu verkrampfen begann. Er keuchte auf, und hielt sich den Bauch mit der einen Hand, während er sich mit der anderen kurz abstützte. „Wow..“, keuchte er. „Offenbar war das heute auch zu viel Aufregung für meinen Magen.“ Als sich der Krampf wieder entspannte richtete sich Ragnar wieder auf. Schlecht war ihm seltsamerweise nicht. Ragnar ging in Richtung Küchentür und auf dem Weg dorthin änderte es sich schlagartig. „Scheiße...“, murmelte er und eilte sich, ins Bad zu kommen. Er hasste es, und am meisten hasste er es, wenn es vor anderen Menschen passierte. Nachdem er sich übergeben hatte, wusch er sich das Gesicht und putzte sich die Zähne. Kein Wunder, dass er momentan Probleme hatte, sein Gewicht zu halten, wenn er sich immer wieder übergeben musste. Sein Arzt hatte gesagt, er sollte sich einen konstanten Essrhythmus angewöhnen, aber das schaffte er nicht. Er aß zu oft, nur wenn es ihm in den Sinn kam. Aber vielleicht sollte er sich das einfach abverlangen. Einen Moment blickte er sich im Spiegel an. Er hatte schon ein beschissenes Leben. Aber zum Glück, gab es einen leuchtend hellen Punkt darin, der es ihm mittlerweile erträglicher werden ließ: Nathan. Hoffentlich überforderte er diesen nicht. Als er schließlich das Bad wieder verließ traute er sich kaum, dem anderen ins Gesicht zu sehen. „Es lag bestimmt nicht an deinen Kochkünsten“, murmelte er. „Ich habe momentan ein zu wenig stets Leben. Es wird Zeit, dass es wieder ruhiger wird, vielleicht schaffe ich es dann endlich zu gewohnten Zeiten zu essen.“ Als sie schließlich im Bett lagen, überlegte Ragnar kurz, ob er Lust auf Sex hatte. Aber im Moment hatte er einfach nur das Bedürfnis zu kuscheln. Und so schlief er ziemlich schnell ein, als er an den anderen gekuschelt dalag. Morgen würden sie gemeinsam aufwachen. Und dann ließ sich einiges nachholen. Nathan Sorgenvoll umwölbte sich Nathans Stirn, als er Ragnar hinterher sah, wie jener ins Bad stürzte. Wenn er das so sah, dann glaubte er, dass auch solche Dinge dem Magen des anderen nicht gut taten. Ob da nicht auch gesundheitlich wirklich ein geregelter Tagesablauf ohne Mord und Todschlag besser wäre? Könnte er das in den wohl noch folgenden Diskussionen um dieses Thema als Argument bringen? Nathan beschloss noch am nächsten Tag seinen Arzt zu konsultieren und sich ein paar mehr Informationen geben zu lassen. Ganz davon zu schweigen, dass es ihm selbst dann auch besser gehen würde. Je besser es Ragnar ging, desto weniger Sorgen müsste er sich machen. Es tat so im Nachhinein schon ein wenig weh.. Herzschmerz der eher seltenen Art war das wohl, aber welcher schwule Mann wollte seinen Freund völlig fertig mit den Nerven und weinend im Gang stehen haben? Natürlich niemand, denn Menschen seines Kalibers hatten sowieso das Bedürfnis, die wichtigen Personen in ihrem Leben beschützt und behütet zu wissen. Also in einem Zustand, der sich völlig gegensätzlich zu dem befand, in dem Ragnar sich herumhangelte. Unruhig tigerte er in seiner Küche herum, bis er sich selbst ein Glas Wasser einschenkte und dann einen Tee aufgoss. Vielleicht würde das dem Magen seines Freundes ganz gut tun. Als jener die Küche wieder betrat nickte er. "Mach dir keine Sorgen um meine Reaktion. Wenn du dich übergeben musst, dann ist das so. Ich habe dir einen Tee gemacht, den wir mit nach oben nehmen können. Vielleicht beruhigt der deinen Magen ja ein wenig und wenn nicht, schmeckt er kalt auch noch ganz gut wenn wir nachts Durst bekommen sollten." Ruhig lächelte er Ragnar an. "Trotzdem solltest du deine Mahlzeiten nicht aus dem Blickfeld verlieren. Gerade du kannst dir das nicht wirklich leisten, befürchte ich." Er seufzte und trat auf Ragnar zu, um ihm einen sanften Kuss zu geben. "Lass uns nach oben gehen", murmelte er und goss den Tee noch um, bevor er dem anderen Mann folgte und das Tablett auf dem Nachtkästchen abstellte. Zufrieden nahm er Ragnar in den Arm und lauschte bald dessen ruhiger und tiefer werdenden Atemzügen, dabei immer mal wieder gedankenverloren über dessen Haut streichelnd. Es sah so aus, als müsste er doch über seinen Schatten springen und Cole mal anrufen. Nathan könnte dessen Hilfe gut gebrauchen und vor allem dessen 'Vorarbeit an der Front'. Er hatte fest vor den Mann an dessen Worte, die er im Lady Dream sagte, festzunageln. Ragnar sollte da raus, nicht einmal wegen Nathan, sondern weil Ragnar kein besonders hartes Herz zu haben schien. Das im Zusammenhang mit der Krankheit machte das Ganze als Situation absolut untragbar. Nathan könnte in Zukunft gut darauf verzichten, diesen unglaublich strahlenden Mann so fertig mit den Nerven zu erleben. Es tat ihm selbst irgendwo weh und dazu kam die Angst, dass dessen wunderschönen Augen eines Tages nur noch dumpf in die Welt blicken würden, ohne das Glänzen, das sie so anziehend machte. Unbewusst drückte Nathan den Schlafenden ein Stück näher zu sich und atmete dessen Geruch tief ein. Über solche Grübeleien sollte er noch geraume Zeit wachbleiben, bis ihn der Schlaf endlich überkam. Cole Die Narkose, die ihm Raphael ohne sein Wissen verabreichte, ließ ihn schnell einschlafen. Es war ein traumloser, sehr tiefer Schlaf, während der Arzt an seinem Patienten herumdokterte. Und auch wenn die Narkose nur für 2 Stunden vorgesehen war, dauerte es drei, bis Cole langsam wieder aufwachte. Einen Moment überlegte er, ob er nicht wirklich einfach weiterschlafen sollte, doch da saß jemand neben ihm. Noch waren seine Augen trübe, aber er wusste genau, wer da bei ihm war. Sein Finger zuckte, tastend nach dem anderen. "Antonin", flüsterte er und ein Lächeln trat auf seine Lippen. Er schloss die Augen wieder, weil das Licht ihn anstrengte. "Du warst vorhin so besorgt... Mach dir keine Sorgen. Ich ... " Er verstummte. Irgendwie hatte er das dringende Bedürfnis sich mitzuteilen, aber er schaffte es nicht so recht. Er spürte, dass Antonin seine tastende Hand umschlossen hatte und versuchte sie zu drücken. Die Narkose wirkte noch gewaltig nach, denn so richtig Kraft konnte er nicht aufwenden. Und das nervte ihn. Schließlich öffnete er wieder die Augen und brachte viel Kraft auf, um sich leicht aufzurichten. Sein Blick glitt zu seinem linken Arm, der einbandagiert war und in einer stützenden Schiene lag, so dass der Arm in einem fixen Winkel auf seiner Brust lag. Damit würde er wohl nun die nächste Zeit herumrennen dürfen. In seinem anderen Arm war eine Infusion gelegt. Er ließ den Kopf wieder sinken. "Ich brauche was zu trinken", sagte er schließlich mit fester gewordener Stimme und drehte den Kopf wieder zu Antonin. "Wasser oder so." Seinem Wunsch folgend brachte ihm Antonin ein Glas. Das kühle Nass tat gut und erfrischte ihn von innen heraus. "Hat Raphael gesagt, wann ich wieder gehen kann? Ich möchte nach Hause." Noch bevor Antonin etwas sagen konnte, betrat Raphael das Zimmer. "Ist er endlich...", begann er und schien erst jetzt Cole anzusehen. "Ah, wunderbar." Raphael trat ans Bett und betrachtete die Infusion, den fragenden Blick von Cole nicht beachtend. Erst als er den Puls und den Blutdruck gemessen hatte sprach er weiter. "Du hast mal wieder verdammtes Glück gehabt, Cole. Ich weiß nicht, wie viele Schutzengel du hast, aber ich denke, sie könnten jetzt einen guten Urlaub vertragen. Die Kugel hatte einen Hauptnerv und ein paar Sehnen durchtrennt und du wirst das nächste halbe Jahr Schwierigkeiten haben, die Hand richtig zu gebrauchen. Aber die Sehnen werden innerhalb der nächsten 4 Wochen zusammenwachsen, solange musst du auch die Schlinge tragen, und die Nerven finden sich wie gesagt innerhalb des nächsten halben Jahres wieder. Es ist dabei aber nicht auszuschließen, dass es noch weitere Monate dauern kann, bis du die Hand wieder wirklich uneingeschränkt bewegen kannst. Man kann letztlich auch nicht ausschließen, dass sie nie wieder vollständig heilt. Aber im Großen und Ganzen hast du verdammt viel Glück gehabt. Aus dem Winkel wäre ein Schuss ein bisschen weiter recht tödlich gewesen - trotz Schutzweste. Seit wann trägst du die eigentlich?" Raphael grinste leicht und zwinkerte Antonin zu. "Du kannst ihn nach Hause bringen, auch wenn ich ihn noch gerne einen Tag da behalten würde, aber Cole macht das ohnehin nie mit. Wenn was ist, rufst du mich an." Raphael nickte Antonin zu und blickte Cole noch einmal kurz an. "Danke", sagte dieser und der Arzt schien überrascht zu sein. "Nimm dir ein wenig Urlaub, Cole." Damit verabschiedete er sich. Wissend, dass er sogar mal ganz offiziell gehen durfte, richtete sich Cole auf und verzog kurz das Gesicht, als sein Arm sich bewegte. Diese Schlinge würde ihn ganz schön blockieren in nächster Zeit. Er blickte Antonin an, streckte seine gesunde Hand aus und ergriff dessen Arm, um ihn leicht zu drücken. "Danke, dass du Lex erledigt hast", sagte er und sah seinen Freund an. "Es hat wahrscheinlich etliche weitere Tote erspart." Er wusste, dass so etwas immer nur ein schwacher Trost war. Dann stand er auf und trat auf Antonin zu, um ihm einen sanften Kuss geben zu können. "Bring mich nach Hause, mein Schutzengel." Er lächelte. Kaum saßen sie im Auto, als Coles Handy klingelte und ihm mitteilte, dass es Costello war, der ihn zu sprechen wünschte. Erst jetzt sah er, dass es bereits einige Male geläutet hatte. Einen Moment überlegte er, ob er überhaupt rangehen sollte, doch dann nahm er ab, hielt sich das Handy ans Ohr und murmelte ein "Hm?". Er schloss die Augen, sich darauf konzentrierend, ruhig zu bleiben. Costello bedankte sich für seinen Einsatz und wollte ihn am nächsten Tag bei sich sehen. "Daraus wird nichts. Ich bin außer Gefecht gesetzt und werde morgen nirgendwo erscheinen. Du kannst deinen Müll selbst beseitigen." Damit legte er auf und schaltete das Handy auf lautlos, wissend, dass er sicher noch ein paar Mal anrufen würde. Noch nie war er so froh, dass Costello nicht wusste, wo er wohnte. Antonin Um sich selbst irgendwie bei Laune zu halten, tigerte Antonin den Gang auf und ab bis man ihm sagte, dass er zu Cole dürfte. Sich einen Stuhl schnappend, stellte er diesen zu Coles Bett und nickte auf die Worte, dass sein Freund eigentlich bald aufwachen sollte. Vorsichtig strich er dem schlafenden eine Strähne aus der Stirn und betrachtete den Stützverband. Dazu hatte er sich bereits Gedanken gemacht. Auf die Entfernung, bei klarer Sicht dürfte jemand, der zu so einem Blutbad mitgenommen wurde, gar nicht verfehlen. Die beiden Männer hatten weder groß rumgezappelt noch war die Sonne ungünstig für die andere Seite gestanden. War das wirklich nur ein lucky hit gewesen? Abgesehen davon, dass Cole ihm zu blass vorkam, wirkte dieser momentan wirklich friedlich. So ergab sich Antonin in den Betrachtungen jenes Mannes und wachte über seinen Schlaf. Vermutlich wäre es nicht nötig, gerade hier nicht, aber es ließ ihn sich besser fühlen. So konnte er sich wenigstens vorgaukeln, eine Beschäftigung zu haben, die nicht nur darin bestand darauf zu warten, dass die Narkose nachließ. Einzig das ständige Handyklingeln brachte ihn an den Rand des Wahnsinns. Nicht weil es klingelte, sondern weil es jener bestimmte Klingelton war, der ihm die Haare im Nacken zu Berge stehen ließ. Dieses saudumme Arschloch würde jetzt einfach mal die Beine still halten müssen. Cole würde heute und die nächsten Tage nirgendwo hingehen, wenn es nach ihm ging. Als Coles Augenlider schließlich flackerten und dieser sich rührte, warf Antonin einen erleichterten Blick auf die Uhr. Wenn der Doc zwei Stunden sagte, brauchte dieser sture Bock hier natürlich drei. Kurz huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er Coles Worte vernahm. Verdammt, wie sehr er diesen Menschen liebte. "Sei froh, dass ich mir Sorgen mache", nuschelte er und griff nach der Hand, um sie sanft zu umschließen und mit dem Daumen über den Handrücken zu streicheln. "Du solltest lieber liegen bl... ", setzte er an, gab es dann jedoch auf. Was sollte er gegen Windmühlen pusten? Immerhin ließ jener sich selbst wieder zurücksinken und bat nach Wasser. Dessen Hand ein Stück anhebend gab er einen Kuss auf die Haut und erhob sich, um das Gewünschte zu besorgen. Es war zwar nur ein weißer Plastikbecher, aber besser als nichts. Cole schien das auch egal zu sein, denn er trank anstandslos. Am liebsten hätte Antonin... argh er wusste selbst nicht was er am liebsten hätte. Vermutlich wollte er Cole einfach einpacken und zu einem Kurort schleppen. Am besten am anderen Ende der Welt. Nur sie beide und fähiges Pflegepersonal, das immer mal einen Blick auf den Arm haben könnte. Er schüttelte den Kopf auf die Fragen seines Freundes und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als der Arzt ins Zimmer kam und ihnen erklärte, was überhaupt los war. Antonin lächelte nur leicht auf die Anmerkung mit der Schutzweste hin, sparte sich seine Konzentration dann jedoch für den Rest auf. Antonin ergriff die ausgestreckte Hand, als der Doc gegangen war und trat nur zu gerne näher an Cole heran. "Nichts zu danken. Du weißt, dass ich immer versuchen würde, diejenigen auszulöschen, die du aus dem Weg brauchst", murmelte er und schloss die Augen bei dem Kuss kurz. Es tat so gut, gerade wo er sich solche Sorgen gemacht hatte. Der Blutverlust und die nutzlos herabhängende Hand hatten ihn schon ein wenig in Panik versetzt. Vielleicht könnte er sich heute Nacht damit auseinandersetzen. Wenn Cole schlief. Denn diesmal würde er die Stütze sein und bleiben – ohne jeden Zweifel. "Dann lass uns mal los." Er erwiderte das Lächeln und behielt den anderen genau im Auge, ob jener vielleicht auf dem Weg ins Auto schwanken würde. Doch sie konnten ohne Probleme losfahren, auch wenn dieser beschissene Klingelton schon wieder erklang! Die Hände fester ums Lenkrad pressend, so dass die Knöchel schon weiß wurden, sagte Antonin nichts, als der andere ranging. Einzig Coles Antwort erleichterte ihn. Es war das einzig Vernünftige, was der andere in seinen Augen in diesem Moment tun konnte. Raphael hatte schließlich mehr als einmal betont, dass dieser ruhig zu halten wäre. Sie kamen ohne Probleme in der Tiefgarage an und fuhren mit dem Aufzug nach oben. Dort zog Antonin die Tür auf und schloss sie hinter ihnen wieder, bevor er es nicht mehr aushielt und auf seinen Partner zutrat. Mit einer Hand umarmte er ihn von hinten, darauf achtend, den Arm nicht zu berühren, seinen Arm locker um dessen Hüfte legend, seinen Kopf in dessen Nacken abstützend. "Es wird immer knapper... ich dachte diesmal wirklich, der Blutverlust erledigt dich", murmelte er und seufzte. Cole Einen Moment betrachtete er das Display, bis sich der Bildschirmschoner einschaltete und bald darauf die Tastensperre. Dann steckte er das Handy weg. Er sah, dass Antonins Miene sich verfinster hatte, spürte, dass jener angespannt war. Aber er sagte nichts. Darüber würden sich sicher bald sprechen. Aber nicht jetzt, nicht heute. Er wollte nur nach Hause. Und Antonin schien es genauso zu sehen, denn er sagte nichts, sondern fuhr ihn einfach nur heim. Als er die Umarmung erhielt, schloss Cole die Augen und legte seine gesunde Hand auf die des anderen, um sie an sich zu drücken. Als er die Worte hörte, sog er langsam Luft ein und wieder aus, dann lockerte er seine Hand, um sich in der Umarmung zu drehen und Antonin anzusehen. Kurz schwieg er, die sturmgrauen Augen betrachtend, dann küsste er Antonin, erst zärtlich, dann leidenschaftlicher. Als er den Kuss löste, hielt er noch einen Moment die Augen geschlossen. "Ich liebe dich, Antonin", flüsterte er leise, dann öffnete er die Augen und sah den anderen an. Er spürte, dass sein Herz ungewöhnlich hart gegen seine Brust schlug. Ein wenig war er selbst über seine Worte überrascht. Aber als er dort gesessen hatte, nicht wusste, wo Antonin war, hatte er die größte Sorge gehabt, dass er Antonin nicht mehr sehen würde und ihm so niemals sagen könnte, was er für ihn empfand. Er schluckte, spürte, wie er unsicher war, doch wieso? Er wusste doch, dass er mit diesen Gefühlen nicht alleine war. Und so lächelte er nun leicht. Eigentlich war es gar nicht so schwer gewesen, es zu sagen. "Und es wird nicht knapper. Das ganze hier darf nicht mehr so weitergehen. Und daher müssen wir uns die Zeit nehmen, um zu beratschlagen, wie es weiter geht. So wie es ist, darf es nicht weiterlaufen. Ich werde Ragnar noch rausziehen und dann muss ich mir überlegen, was geschieht. Und ich denke, ich kann mit deiner Unterstützung rechnen." Er hob seine Hand und strich Antonin über die Schläfe hinab über die Wange. Dann küsste er ihn noch einmal kurz. "Wir schaffen das schon. Aber heute will ich noch nicht darüber reden. Ich möchte jetzt einfach nur ins Bett und schlafen. Und dich neben mir wissen." Noch ein sanfter Kuss, dann löste er sich und ging in die Küche, eine Flasche Wasser auf die Arbeitsplatte stellend. Es war ätzend, wenn man nur eine Hand hatte, ein wirkliches Handicap. Doch irgendwie schaffte er es die Flasche zu öffnen und ein Glas einzuschenken. Dann griff er in die Hosentasche, um die Schmerztabletten herauszuziehen, die ihm Raphael noch in die Hand gedrückt hatte. Es würde eine harte Zeit werden, bis er die Schlinge wieder los sein würde, eine verdammt harte Zeit. Er schluckte die Schmerztablette, trank weitere zwei Gläser Wasser hinterher. Als sie schließlich ins Bett gingen, legte sich Cole auf den Rücken, Antonin in seinem Arm haltend. "Erzähl mir, wie du Lex erledigt hast. Er ist ein Psychopath, aber er hat mir gesagt, dass er nicht mehr weiter möchte. Ich glaube er wird dir dankbar sein. Ich kenn ihn schon lange. Er ist letztlich durch die Gewalt wahnsinnig geworden, obwohl er als Jugendlicher ein wirklich angenehmer Mensch gewesen war." Cole lauschte den Ausführungen des anderen. Antonin war ein wirklicher Profi. Auch wenn jener so tat, als sei das nicht weiter schwierig gewesen und er hätte nur Glück gehabt, diesen Tunnel gefunden zu haben, so wusste Cole doch, dass jener tiefstapelte. Er streichelte Antonin sanft über dessen Arm. "Ich habe derweil Steve umgebracht…", murmelte er schließlich, erzählend, was ihn belastete. "Ich hätte keine Gnade haben dürfen, oder zumindest diese Frau entwaffnen müssen...", beendete er seine Ausführung. "Aber dadurch ist mir klar geworden, dass ich es nicht mehr möchte. Ich möchte nicht mehr gezwungen sein, einen Menschen zu töten, um selbst sicher zu sein. Ich kann nicht mehr." Antonin Zufrieden brummend bemerkte er Coles Hand an seiner und schloss kurz die Augen. Wie er nur jemals auf den anderen verzichten sollte? Es ging nicht. Es ging einfach nicht. Selbst so eine kleine Berührung beruhigte ihn ungemein und ließ ihn seine rohe, ungebändigte Wut auf Costello zumindest zeitweise vergessen. Als sein Freund sich in der Umarmung drehte, öffnete er seine Augen wieder, um jenem ins Gesicht und in die Augen sehen zu können. Den Kuss nur zu gerne erwidernd, schmiegte er sich an den anderen, so gut es eben mit dem Arm möglich war und seufzte als Cole ihn wieder löste. Mehr, bitte? Das schöne, markante Gesicht seines Freundes betrachtend musste er heftig schlucken und etwas ungläubig blinzeln als er das Liebesgeständnis hörte. Er hatte es doch gehört, oder?! Oh bitte, wer auch immer da oben auf ihn aufpasste, er durfte sich das jetzt nicht eingebildet haben! Doch eine einfache Erwiderung dieser Worte kam Antonin gar nicht in den Sinn, stattdessen streckte er sich ein wenig und gab Cole einen sanften Kuss als dieser lächelte. Oh Gott! Bei allem was heilig ist, er hatte es sich nicht eingebildet. Ganz sicher nicht. Sein Herz schlug schließlich nicht ganz umsonst gerade so heftig, oder? Cole liebte ihn. Der Mensch, der nicht wusste, was Liebe eigentlich ist, der ihm so oft gesagt hatte, dass er sich in dieser Hinsicht nicht ausdrücken konnte und alleine dadurch erkennen ließ, dass er Gefühle für ihn besaß, hatte ihm gerade gesagt, dass er ihn liebte. Nur langsam drangen die Worte des anderen zu ihm durch und er nickte ganz automatisch. Natürlich durfte der andere mit seiner Unterstützung rechnen. Egal bei was. Antonin würde sich wohl momentan auch ein Tütü anziehen und durch einen brennenden Reifen springen wenn es sein müsste. Doch dann versuchte er die gehörten aber nicht identifizierbaren Worte nachträglich zu erkennen und er hob eine Augenbraue. Doch bevor er etwas sagen konnte, fühlte er die streichelnde Hand, in die er sich ganz automatisch lehnte, sowie den Kuss und wurde dadurch von einem Kommentar in dieser Richtung abgelenkt. "Es gäbe keinen Ort wo ich lieber wäre", murmelte er und sah dabei zu, wie Cole sich mit der Wasserflasche abmühte. "Allerdings muss ich zuerst unter die Dusche", erklärte er und machte sich auch sofort auf den Weg. Die Klamotten dort unachtsam ins nächstbeste Eck pfeffernd, ließ er das Wasser eine Weile einfach so über seinen Körper rieseln, nach und nach seine meckernden Muskeln wieder spürend. Aber wen interessierten solche Kleinigkeiten wenn einem gerade der Mann seines Lebens ein Liebesgeständnis gemacht hatte. Nur.. wie reagierte man auf sowas? Würde Cole nicht denken, er würde es nur erwidern, weil er es gesagt hatte, wenn er ihm jetzt sagte, dass er ihn auch liebte? Oder wusste Cole es im Endeffekt nicht schon? So wie Antonin es im Grunde gewusst hatte? Tief, tief unten in seiner Seele? Durfte und sollte so etwas eigentlich so schwer sein? Und war daran überhaupt etwas schwer? Antonin wusch sich dann so schnell als möglich, sich nur notdürftig abtrockend und in frische Shorts steigend, um zurück zu Cole zu können. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie nebeneinander im Bett lagen, eng aneinander geschmiegt und Antonin erzählte auf Coles Wunsch hin, wie er diesen Lex ausgeschaltet hatte. Es war keine berauschende oder spannende Geschichte, im Grunde war es nur Glück gewesen, dass die Keller wirklich miteinander verbunden waren und Lex dort stand, wo er Schacht endete. Doch als sein Freund davon sprach, Steve umgebracht zu haben, richtete er sich ein Stück auf und suchte Coles Blick. "Du hast ihn nicht umgebracht", widersprach er, nachdem er eine Weile überlegt hatte. "Steve hatte eine Waffe, du hattest eine Waffe und sie hatte eine Waffe. Ihr habt beide entschieden - jeder für sich - die Frau am Leben zu lassen. Du kannst dir nicht für alles und jeden immer die Schuld aufladen. Du bist auch nur ein Mensch. Genau wie Steve nur ein Mensch war." Er beugte sich herab, um den anderen zu küssen, bevor er sich wieder in seine vorherige Position zurücklegte. "Aber ich kann es gut nachvollziehen, dass du nicht mehr willst und nicht mehr kannst. Daher werden wir wohl in Zukunft unsere Energien darauf verwenden, ein anderes Leben möglich zu machen, ja? Und wer weiß...", er hob die Hand, um über Coles Haut zu streicheln, imaginäre Figuren und Buchstaben mit den Fingerkuppen in das warme Fleisch zu zeichnen, "vielleicht haben wir wirklich irgendwann einmal das große Glück, ein stinklangweiliges Leben führen zu können. Gemeinsam." Er lächelte und seufzte leise. "Manchmal werden Träume wahr, das wurde mir erst heute wieder bewiesen." Cole Antonins Worte hinsichtlich Steves Tod beruhigte ihn ein wenig. Dennoch nagte das Gefühl der Schuld ein wenig an ihm. Eine Schuld, die aber nicht nur mit dieser Aktion zu tun hatte, sondern die tiefer begründet lag. Nämlich darin, dass er schon viel früher aufhören hätte sollen. Und ihm war es wenig begreiflich, wie er es geschafft hatte, nicht genauso wahnsinnig zu werden, wie es Lex zuletzt gewesen war. Sanft erwiderte er den Kuss des anderen. Er lächelte, als er Antonins Worte hörte. "Ja das werden wir", antwortete er und drückte Antonin leicht an sich, um seine Worte zu unterstreichen. "Ein langweiliges Leben mit dir klingt paradiesisch." Er grinste, doch das Grinsen wurde zu einem sanften Lächeln, als er die letzten Worte des anderen hörte. Natürlich wusste er sofort, von welchem Traum Antonin da sprach. Und wieder spürte er sein verräterisches Herz hart gegen seine Brust schlagen. Was hatte ihn nur geritten, so etwas zu sagen, in dieser Situation, nach so einem Tag. Aber wahrscheinlich war es wirklich gerade deshalb jetzt und hier richtig gewesen. Und Cole war mehr als dankbar, dass Antonin sich nicht in der Pflicht gesehen hatte, ihm die gleichen Worte zuteilwerden zu lassen. Er wusste ohnehin, dass Antonin ihn liebte. Das bewies er ihm an jedem Tag, mit jedem Wort, jedem Blick, jeder Geste. Dafür bedurfte es keiner Worte. Und dennoch hatte Cole das Bedürfnis gehabt, sie auszusprechen. Und das war auch nicht falsch gewesen. "Hund oder Katze im Vorgarten?", fragte er unvermittelt und drehte sich leicht, so dass er Antonin besser sehen konnte. "Ich werde aber keine Gartenzwerge dulden und ich werde keine amerikanische Flagge im Vorgarten hissen, mein Schatzilein." Er grinste leicht und küsste Antonin sanft. "Und im Ehevertrag steht, dass du mindestens fünfmal die Woche mit mir schlafen musst, sonst habe ich das Recht, die Ehe für gescheitert zu erklären." Er lachte leise bei der Vorstellung. "Und wenn ich abends von der Arbeit komme, erwarte ich das warme Essen auf dem Tisch." Langsam wurde er wieder ernster. "Es ist seltsam sich so etwas vorzustellen. Und ich kann mir im Moment noch gar nicht wirklich vorstellen, wie so ein Leben wirklich aussehen könnte." Gedankenversunken küsste er Antonin auf die Stirn, blieb so liegen, um ihn immer wieder sanfte Küsse auf die Stirn zu geben. "Aber wir werden einen Ort finden, wo wir in Ruhe leben können. Da bin ich mir sicher." Antonin "Paradiesisch, hm?", murmelte er mit inzwischen wieder geschlossenen Augen. "Und wenn wir alt und gebrechlich sind, ziehen wir nach Silicon Valley und beschäftigen uns den ganzen Tag mit Kartenspielen und Lästereien über die Nachbarn." Als Cole sich plötzlich bewegte, öffnete er die Augen wieder und sah seinen Freund an. "Hunde, wie Mehrzahl. Mindestens zwei", kam dann wie aus der Pistole geschossen. "Und das Fellknäul bekommt das Haus", fuhr er fort und lächelte dann. Ein Lächeln, das beständig breiter wurde, bis er schließlich lachte. "Keine Gartenzwerge? Komm schon Cole, nicht einmal den, der den Mantel aufhält und sich entblößt?", fragte er und schüttelte dann den Kopf. "Nein, keine Flagge im Garten. Höchstens eine Piratenflagge auf dem Hausdach. Dann können wir uns immer ganz wichtig vorkommen, wenn wir in den nächsten Supermarkt laufen und ihn 'ausplündern'." Er schwieg kurz, den Ausführungen des anderen folgend, das Lächeln beibehaltend. Es tat gut nach so einem Tag zu lächeln und ein wenig zu albern. Wobei es ihm durchaus ernst war, das war das große Ziel auf das er hinarbeiten wollte. Vielleicht.. vielleicht in noch ferner Zukunft würden sie es gemeinsam schaffen, diese Spielerei Wirklichkeit werden zu lassen. Und es würde ihn kaum etwas glücklicher machen, als ein Leben zu führen, bei dem das Aufregendste vielleicht mal ein Streit um die Hausfarbe wäre. Oder ein verlorenes Spiel seiner Lieblingsmannschaft. Schon komisch dass man sich nach etwas sehnte, wovon tausende von anderen gerne ausbrechen würden, um etwas zu erleben. Doch so war es nunmal und Antonin fand es gut so. Es gab zumindest in seinem Leben nichts mehr, das Adrenalin beinhaltete, das er unbedingt einmal erleben wollte, außer vielleicht eine Fahrt in der größten Achterbahn der Welt. "Für einen Ehevertrag müsstest du eine Hochzeit mit Elvis ausrichten, vergiss das nicht, Hase." Frech streckte er Cole die Zunge raus, hob dann jedoch die Hand, um über das Gesicht seines Freundes zu streicheln. "Wobei du dafür sicherlich keinen Vertrag mit mir eingehen müsstest. Du weißt doch, dass ich verrückt nach dir bin. Und das mit dem Essen bekommen wir hin, schließlich hätte ich mein Labor im Keller und würde deshalb nie zu spät aus der Arbeit kommen." Er grinste. "Du müsstest dann aber auch Essen, mein Freund der wenigen Mahlzeiten. Sonst käme das Nudelholz und der Haussegen würde schief hängen. Vielleicht würde ich dich auch bei den Hunden im Garten schlafen lassen für ein, zwei Nächte", philosophierte er und musste bei dem Gedanken abermals lachen. Doch das Lachen verebbte bei Coles nächsten Worten und sein Gesichtsausdruck wurde weicher. "Meine Mum hat mir häufig gepredigt, dass es keinen Palast braucht, um königlich zu leben. Ich habe lange Zeit nicht verstanden was sie damit meinte, aber ich denke, ich kann ihren Worten jetzt besser folgen. Schlussendlich liegt es an uns, ob wir wirklich darauf hinarbeiten können und wie weit wir kommen." Die zärtlichen Küsse genießend schloss er seine Augen wieder und kuschelte sich näher an seinen Partner. "Ja, das werden wir. Die Welt ist groß, da wird es schon ein Fleckchen für uns geben. Und für das Fellknäul." Er schwieg kurz. "Und die beiden Hunde." Er drehte sich ein wenig, bis er bequem am anderen lag, ohne diesen zu stören oder den Arm zu belasten. "Egal was da auch noch kommen mag, vergiss nicht dass du nicht mehr alleine bist. Dieser Trotzkopf an deiner Seite kann dir inzwischen wieder einiges abnehmen." Und sobald er das Gefühl hatte, dass es Cole gesundheitlich nicht schaden würde, würde er diesem von seinen Nachforschungen erzählen. Und von den ein bis zwei Vermutungen, die er inzwischen hatte und die ihm schon nicht gefielen, Cole aber ganz schön erschüttern könnten… Die Welt war manchmal wirklich ungerecht, da blieb es einem wirklich nur von so einem Paradies zu träumen. Cole „Piratenflagge klingt gut. Aber Gartenzwerg, nein, bloß nicht. Auch nicht den, der mit nem Messer im Rücken auf dem Boden liegt.“ Cole schüttelte entschieden den Kopf. „Aber zwei Hunde? Warum wundert es mich nicht, dass du Hunde magst…“ Er seufzte theatralisch. „Mal sehen, was sich da machen lässt. Solange es keine Trethupen sind. Und Corleone hat oberste Priorität!“ Er küsste Antonin sanft auf die Nasenspitze. „Stimmt da war ja noch was…“, murmelte Cole. „Ich hatte Elvis ganz vergessen.“ Er lächelte und schloss die Augen, als er die streichelnde Hand spürte, als er die Erläuterungen hinsichtlich ihrer Mahlzeiten hörte. „So wenig esse ich jetzt auch nicht“, widersprach Cole, spürte aber an Antonins Blick, dass er darüber lieber nicht diskutieren sollte. Er merkte, dass er in letzter Zeit wieder abgenommen hatte. Seine 70 kg waren bei der Körpergröße eindeutig zu wenig. Aber ihm verging nun mal immer der Appetit, wenn er so viel Stress hatte. „Wenn ich mit dir ruhig wohne, dann weiß ich, dass ich wieder mehr auf die Rippen bekomme. Der Stress schlägt mir immer ein wenig auf den Magen. Aber wenn es wieder ruhiger ist, oder sagen wir, wenn es endlich wirklich ruhig ist, dann ändert sich das auch wieder.“ Er lächelte Antonin an. „Versprochen. Du musst mich also nicht in die Hundehütte verbannen, oder mir das Nudelholz über die Birne ziehen.“ Er schmunzelte und lauschte den Erläuterungen hinsichtlich Antonins Mutter. „Deine Mutter ist eine tolle Frau, habe ich das schon einmal erwähnt. Ich würde sie gerne einmal persönlich kennenlernen. Und ich muss ihr recht geben. Falls wir es jemals schaffen sollten, hier raus zu kommen, finden wir einen Platz, an dem wir glücklich sein können. Da bin ich mir sicher. Und bis dahin müssen wir noch viel zu tun haben, mein kleiner Trotzkopf.“ Er küsste Antonin liebevoll. „Und jetzt lass uns schlafen. Ich muss unbedingt schlafen.“ Es sollte noch ein bisschen dauern, bis er endlich einschlief. Aber dafür war sein Schlaf so ruhig, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht, weil er endlich klar sah, was er tun wollte. Kapitel 106: Recherche ---------------------- Antonin So wie er es aus der ganzen letzten Zeit gewohnt war, erwachte Antonin auch an diesem Morgen lange bevor ein Wecker klingeln konnte. Zudem sie dieses Mal auch gar keinen gestellt hatten, wenn ihn nicht alles täuschte. Sich den Schlaf aus den Augen blinzelnd, fühlte er sich sofort hellwach - auch eine Eigenschaft, die zutage trat seitdem er an dem 'Fall Arschloch Deluxe aka Costello' arbeitete. Da blieb einfach nicht viel Zeit zum Schlafen oder um morgens vor sich hin zu träumen. Den gestrigen Tag Stück für Stück rekapitulierend wünschte er sich eigentlich nichts weiter, als sich wieder an Cole zu schmiegen und weiter zu schlafen. Den ganzen Mist einfach mal draußen zu lassen, aber so einfach ginge das nicht. Antonin hatte gestern, ganz kurz vorm Einschlafen noch beschlossen Cole in seine Nachforschungen einzuweihen, aber dafür bräuchte er noch eine letzte Bestätigung. Ein letzter Alleingang, bevor er seinen Partner einweihen würde. Ob jener sehr sauer wäre, weil er im Grunde hinter dessen Rücken in dessen Vergangenheit stocherte? Nun, das blieb abzuwarten, aber die Konfrontation damit war unausweichlich. Weshalb er auch Ergebnisse vorzeigen wollte, die das ganze wenigstens halbwegs legitimierten. War das überhaupt ein Wort? Antonin fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und schlich sich so langsam und leise wie möglich aus dem Bett. Er würde bei sich duschen, da er dort auch die Dinge lagerte, die er heute brauchen würde. Sich schnell die erstbesten Klamotten überwerfend, schlich er sich aus dem Schlafzimmer, suchte sich einen Zettel und Stift zusammen und schrieb eine Nachricht an Cole, die er ihm an den Kühlschrank heftete. Guten Morgen, ich hoffe deine Schmerzen halten sich in Grenzen. Es tut mir leid, dass ich nicht da sein kann, aber ich erkläre dir alles, wenn ich heute nach Hause komme. Du würdest mich sehr erleichtern, wenn du Costellos Ruf heute nicht folgst, sondern versuchst, dich ein wenig zu erholen. Ich beeile mich auch - Versprochen! Deine Mafioso Katze habe ich gefüttert, lass dich von seinem Gebettel also nicht veralbern! (Warum hat jemand wie du, seine Katze eigentlich nach 'dem Paten' benannt? Habe ich mich schon häufiger gefragt, bin aber nie dazu gekommen zu fragen. Fellknäul ist eh der passendere Name. ;o) ) Ich hab dir Schmerztabletten hingelegt. Aber sei vorsichtig mit ihnen, eine sollte vollkommen reichen, um dich durch den Tag zu bringen, wenn du dich nicht unnötig (!) anstrengst. Eine Karaffe mit frischem Wasser steht im Kühlschrank, so ist es kühl und du musst keine Flasche aufmachen. Dort findest du auch ein paar Vollkornschnitten, falls du doch etwas herunterbringen können solltest. Aber die nicht sofort essen, kaltes Brot ist nicht gut für den Magen. Du bist und bleibst mein Leben Cole - was vielleicht meine Art und Weise ist, dir zu sagen und zu erwidern, was du mir gestern zuteilwerden hast lassen. Aber keine Sorge, ich mache momentan nur ungefährliche Dinge. Kuss Antonin Das erledigt wissend, fuhr er in seine Wohnung, um zu duschen und sein Aussehen zu verändern. Es war schon unglaublich was alleine eine Brille bewirkte. Dazu die Augenbrauen dunkler gemacht und mit ein paar Kunstgriffen einige dunkle Haarsträhnen in die Haare geclipt und schon sahen die deutlich dunkler aus. Sein Auto ließ er stehen, es war viel zu auffällig und besaß einen zu großen Wiedererkennungswert. Seine erste Station war ein Mann, den er bei einem der Rennen kennengelernt hatte. Jener hatte versprochen, ihm einen Autopsiebericht zu besorgen. Den von Coles Familie. Und danach würde er dieser Pharmacy Firma einen Besuch abstatten. Ob offiziell oder ob er sich einschleichen müsste, das hing dann wohl von den örtlichen Begebenheiten ab. Aber gemacht werden musste es, denn die ganze Sache mit der Familie stank ganz furchtbar zum Himmel. Das Problem waren die Beweise und je länger so etwas zurück lag, desto schlechter waren sie wieder aufzutreiben. Aber Bluthund blieb Hund und diese Tiere besaßen ja bekanntlich unglaublich gute Nasen. Antonin würde hinter dieses ganze Chaos blicken können, früher oder später. Punkt und Satzende. Cole Es waren wohl die Nachwirkungen der Narkose, die dafür sorgten, dass Cole tief und fest schlief. Und irgendwie war es auch einfach die Ruhe, die innere Ruhe, die er nun besaß, wissend, was er zu tun hatte. Er merkte nicht, wie Antonin sich aus seinen Armen löste, hörte nicht, wie jener aufstand und sich anzog. Und er merkte auch nicht, wie jener schließlich die Wohnung verließ. Umso erstaunter war er als er schließlich aufwachte und Antonin nicht neben sich fand. Schmerzvoll verzog er das Gesicht, als er sich ruckartig aufsetzen wollte und dabei vergaß, dass sein Arm für solcherlei Bewegungen nicht mehr da war. „Verfluchte Scheiße.“ Er wartete einen Moment, bis der Schmerz nachließ, dann stand er langsam auf. Als er am Spiegel vorbeikam sah er die Schiene das erste Mal so richtig. Mit dem Ding würde er ziemlich bewegungsunfähig sein. Mal sehen, wie lange er sie wirklich tragen musste und ob er sie wirklich immer tragen sollte. Der Schmerz, den die Schulter ausstrahlte durchdrang seien ganzen Körper unterschwellig. Er konnte nicht sagen, dass es ein unerträglicher Schmerz war, aber es war in jedem Fall ein permanenter. Seine Augen glitten wieder durch den Raum. „Antonin?“, fragte er, erhielt aber keine Antwort. Cole ging ins Bad und sah sich um. Nichts. Einen Moment verweilte sein Blick wieder im Spiegel auf seinem Gesicht. Er hatte Antonin gestern gesagt, dass er ihn liebte. Im Moment kam ihm das so unfassbar vor. Wie hatte er sich dazu hinreißen lassen, so große Worte zu benutzen? Worte, deren Bedeutung er eigentlich gar nicht abschätzen konnte, die er eigentlich nicht kennen konnte. War dieses Gefühl in ihm wirklich Liebe? Vielleicht nicht im herkömmlichen Sinne, schließlich führten sie keine ‚normale‘ Beziehung, aber zumindest etwas hinreichend Ähnliches. Eine ‚special edition‘ ala Cole vielleicht. Würde in seinem Leben jemals etwas ‚Normales‘ existieren? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Und auch ihre Träumereien, bei denen er wohl auch im Delirium gewesen sein musste, waren so weit von der Realität entfernt, wie nur irgendetwas sein konnte. Es war letztlich Schwachsinn jemals den Gedanken zu haben, etwas könnte sich in seinem beschissenen Leben zu etwas Positivem verändern. Und selbst wenn er es jemals schaffen würde, sich Costello zu entwinden, und das hatte er vor, so würde er seine Vergangenheit sicher nie, nie, niemals wirklich ablegen können. Es war vollkommen absurd zu glauben, dass er irgendwann einmal ein ‚guter Bürger‘ sein könnte, hirnrissig. Cole verließ das Bad und ging in die Küche, wo er nun den Zettel fand und ihn überflog. Er musste lächeln. Dieser Gesundheitsfanatiker dachte wirklich an alles. Cole warf den Schmerztabletten einen flüchtigen Blick zu. Eigentlich waren seine Schmerzen nicht unerträglich und auch wenn Raphael gesagt hat, dass er eine nehmen soll, auch wenn der Schmerz erträglich war, damit er sich nicht einen Schmerz antrainierte, würde er erst eine nehmen, wenn es schlimmer werden würde. Cole ging zum Kühlschrank und stellte die Brote heraus und goss sich ein Glas Wasser ein. Antonin war wirklich der perfekte Hausmann. Ob er sich noch einmal von ihm in Schürze vernaschen lassen sollte? Bevor er aß ging er noch einmal ins Bad und duschte sich soweit es ging ein wenig ab. Die Haare konnte er sich nicht waschen, was ihn tierisch nervte, aber zumindest fühlte er sich ein wenig frischer. In nächster Zeit würde er wohl öfters Antonins Hilfe beanspruchen müssen. Er zog sich an, zumindest eine Hose, dann nahm er sich ein Brot und aß es - er hatte sogar einmal wirklich Hunger. Dann griff er zu seinem Handy. Sonnenschein! Corleone heißt so, weil ich schon immer von dem Film fasziniert war. Außerdem hat sich Corleone (der im Film) geweigert, alles zu tun, und ich hoffe, dass ich bald die gleiche Stärke erlange, wie der Pate, und mich weigern kann, weiter zu machen… Ich hoffe wirklich, dass du nichts Gefährliches machst, auch wenn ich schon ahne, was du tust. Pass auf dich auf – er ist gefährlich. Das Lady-Dream bleibt heute offiziell geschlossen, und ich werde wohl auch die Füße stillhalten. Mach dir also keine Sorgen. Bis später! Cole Anschließend schickte er an all seine Leute eine SMS, dass sie heute frei hatten und die freie Zeit genießen sollten. An Ragnar schrieb er eine eigene Sms, dass er ihn sehen wollte. Er musste ihm erklären, dass es zu heiß wurde. Ragnar durfte nicht noch im Schussfeld sein, wenn es losgehen würde. Schließlich rief er Costello an, der bereits wieder mehrfach angerufen hatte. „Hör zu“, sagte er ohne den anderen groß zu begrüßen. „Ich bin verletzt und werde so bald nicht einsatzfähig sein.“ Doch jener schien ihm gar nicht zuzuhören. „Cole, du kommst heute um 15 Uhr zu mir. Es muss für neue Ordnung gesorgt werden. Und dazu musst du da sein. Schließlich bist du es, der den Krieg gestern beendet hat. Die Gemeinschaft möchte von dir wissen, wie es weitergeht, nicht von mir. Du bist die wichtige Person, damit es nicht noch mehr Blutvergießen gibt. Seit wann bist du so verbohrt, mein Sohn, dass du nicht mehr erkennst, was richtig und wichtig ist? Ist es wegen ihm? Setzt er dir Flausen in den Kopf? Du darfst nicht vergessen, dass er letztlich keine Ahnung hat, was das hier wirklich alles bedeutet. Er ist keiner von uns. Und er kann sicher auch nicht nachvollziehen, wie wichtig das hier ist, um endlich wieder Friede zu haben. Und du darfst nicht vergessen, dass du Verantwortung trägst, damit nicht wieder so etwas geschieht, wie es mit deinen Eltern geschehen ist. Du willst doch nicht, dass du ihnen Schande bereitest. Das willst du doch nicht, oder? Also sei ein guter Sohn und komm später zu mir.“ Cole war verstummt. Diese Stimme, dieser Unterton. Wieso konnte er sich so schwer nur dagegen wehren? Was hatte dieser Mann an sich, dass er ihm nicht widersprechen konnte? Er wusste es nicht, aber er schaffte es immer und immer wieder. „Er hat damit nichts zu tun“, presste er hervor mit sich selbst ringend. „Gar nichts. Ich brauche nur einfach Ruhe.“ Kurz schwieg er. „Es ist vorerst das letzte Mal, dass ich komme. Und danach muss ich mich erholen. Ich bin dir sicher nichts wert, wenn ich nur noch einen Arm habe.“ Cole schloss die Augen und sog langsam Luft ein. „Du bist mir doch immer viel wert, Cole, das weißt du doch. Du bist für mich ein Sohn.“ Cole drückte Costello weg. Er hasste es, wenn jener so etwas sagte. Er hasste es abgrundtief. Ragnar Als sein Handy frühs läutete, um ihn an seine Medikamente zu erinnern, fühlte sich Ragnar ungewöhnlich wach. Wie lange hatte er geschlafen? Vier Stunden? Vielleicht fünf? Wie dem auch sei. Er stand auf und nahm die Tabletten, die er sich eingepackt hatte. Dann stieg er die Treppen hinunter und ging in die Küche, wo er sich etwas zu trinken einschenkte. Mit dem Glas Wasser in der Hand setzte er sich auf den Balkon und genoss die Ruhe der Früh. Sicher, man hörte die Straßengeräusche. New York schlief nie und schon gar nicht um 6.30 in der Früh, wenn die Stadt unschuldig beginnt, sich in Bewegung zu setzen, sich mit redlicher Arbeit zu beschäftigen. Aber diese Geräusche waren auch so vertraut, so gewohnt, so dass man sich wohl fühlte. Stille empfand Ragnar eher bedrohlich. Er trank einen Schluck und dachte über den vergangenen Tag nach. Er war für so etwas einfach nicht geschaffen, er merkte das immer und immer wieder. Aber genauso sehr, wie er stets den Wunsch verspürte, davon nichts mehr wissen zu wollen, so sehr hatte er auch das Gefühl von Cole gebraucht zu werden. Letztlich hatten sie eine Freundschaft, in der jeder vom anderen profitierte. Cole beschützte Ragnar und half ihm mit seiner Situation zurecht zu kommen, und Ragnar half Cole, nicht wahnsinnig zu werden. Aber war er überhaupt noch wichtig? Brauchte Cole ihn wirklich noch? War Antonin nicht schon längst an seine Stelle gerückt und hatte seinen Posten übernommen, Cole davor zu schützen, den Verstand zu verlieren? Schließlich hatte jener etwas geschafft, was Ragnar nie geschafft hatte. Er hatte ihn dazu gebracht, Liebe zu empfinden. Wozu brauchte Cole ihn dann noch? Ragnar fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare und seufzte. Vielleicht war es jetzt an der Zeit endlich eigenständiger zu werden, aufzuhören, von Cole abhängig zu sein. Ob er das schaffen könnte? Aber er wollte weiter für Cole da sein, sie waren doch Freunde. Würde ihre Freundschaft weiter bestehen können, wenn sie nicht mehr in derselben Welt unterwegs waren? Schließlich hatte sich Ragnar doch nur deshalb in dieses Milieu begeben. Und was sollte er in der ‚heilen‘ Welt schon tun? Sollte er einem normalen Beruf nachgehen? Ein normales Leben leben? Konnte er das überhaupt noch? War sein Name nicht in diversen Polizeiakten vermerkt? Würde er jemals einen Beruf finden, der es ihm ermöglichte, glücklich zu leben? Ragnar wusste, dass er sich an einem Scheidepunkt seines Lebens befand. Und er würde sich jetzt entscheiden müssen, wie er den Rest seines Lebens verbringen wollte. Und einen nicht unerheblichen Teil dieser Diskussion in seinem Inneren spielten zwei Menschen, die ihm wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Auf der einen Seite Cole, sein bester Freund, sein Beschützer. Und auf der andren Seite jener Mann, der ihn indirekt dazu brachte, sich darüber überhaupt Gedanken zu machen: Nathan. Sein Freund zeigte ihm letztlich, dass das Leben, das er führte und niemals in Frage gestellt hatte, nicht das einzige ist, was es gab. Sicher, er war intelligent genug, dass er immer gewusst hatte, dass er auch ein ‚normales‘ Leben führen könnte, aber er hatte es nie in Erwägung gezogen, solange Cole ihn gebracht hatte. Aber jetzt war einiges anders. Jetzt gab es jemand anderen in seinem Leben, jemand der ihn sicher nicht zwang, sich von Costellos Welt abzuwenden, der es ihm aber indirekt mitteilte, dass es nicht nötig war, in einem Loch zu hausen und jeden Tag das Leben zu riskieren. Ragnar trank das Glas Wasser aus. Er konnte keine eindeutige Entscheidung treffen. Im Moment konnte er auch Cole nicht alleine lassen. Nicht solange dieser ihm nicht sagte, dass er ihn nicht mehr brauchte. Ragnar stellte das Glas wieder in die Küche in die Spülmaschine und kehrte zurück in das Schlafzimmer. Nathan war so unglaublich hübsch. Ragnar lächelte. Er hatte wirklich das Beste, was man sich wünschen konnte. Einen Freund, der nicht nur unglaublich gut aussah, sondern auch einfach ein unglaublich wunderbarer Mensch war, und einen besten Freund, der immer für ihn da war und ihn beschützte. Und jetzt galt es die Gewichtung umzuorientieren. Nathan musste einen größeren Stellenwert einnehmen, denn auch bei Cole hatte sich die Gewichtung verändert. Antonin hatte einen nicht unerheblichen Teil Ragnar abgenommen, und so würde wohl auch Nathan einen erheblichen Teil Cole abnehmen. Und dennoch würde ihre Freundschaft weiterhin immer bestehen. Das war klar. Ragnar kuschelte sich an Nathan und küsste ihn sanft. Dann schloss er die Augen. Die Zeit wird zeigen, was geschah. Als sein Handy ihm die SMS von Cole übermittelt hatte, wachte Ragnar wieder auf. Er las und schrieb ihm, gegen 13 Uhr bei ihm zu sein. Dann blickte er Nathan an. Es war viel zu spät eigentlich. Ob Nathan tatsächlich sich heute Vormittag wieder einmal frei nahm? Er sollte jenem wirklich mehr entgegenkommen, so dass er nicht stets gezwungen war, sein Leben nach ihm auszurichten. Sacht küsste er Nathan, der sich zu regen begonnen hatte. „Morgen, du schöner Mann“, flüsterte er gegen die Lippen. „Es ist bereits 11 Uhr und ich fürchte, ich bin nicht gut für deinen Tagesrhythmus. Aber vielleicht wird sich das bald ändern. Dennoch sollten wir wohl jetzt aufstehen, auch wenn ich zu gerne über dich herfallen würde.“ Costello Costello fluchte vor sich hin. "Dieser Idiot entgleitet mir", knurrte er schließlich und seufzte. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. "Herein", rief er und ging hinter seinen Schreibtisch. Einer seiner Leute kam herein und überreichte ihm einen Zettel. Costello überflog die Nachricht und knurrte erneut. Irgendwie hatte er das untrügliche Gefühl, dass gerade etwas ganz anders lief, als er sich das vorstellte. Und er hasste dieses Gefühl. Er mochte es nicht, wenn etwas nicht so lief, wie er es wollte. Und daher musste er handeln. Und er wusste bereits, wo er ansetzen musste. Es gab eine Person, die bewirkte, dass es nicht so lief, wie er es wollte: dieser kleine dreckige Russe, der Cole zu manipulieren begann. Costello griff nach dem Foto, das von den beiden durch Zufall aufgenommen worden war. Ob Cole diesen Kerl liebte? Hatte er nicht immer dafür gesorgt, jenem klar zu machen, dass so etwas für ihn nicht existierte? Wie schaffte es dieser Mann nur so einen Einfluss auf Cole zu erhalten? Wie auch immer: er musste weg. Sei es, dass er ihn töten ließ, oder einen Keil zwischen die beiden Trieb. Aber erst einmal brauchte er mehr Informationen. "Kane, hier ist Costello. Ich schicke dir ein Foto von einem Freund von Cole. Ich möchte alles über ihn wissen, was es zu wissen gibt." Er wartete gar nicht auf eine Antwort. Schließlich machte Kane stets das, was man von ihm verlangte. Und so sendete er dem Privatdetektiv das Bild, das geschossen worden war und auf dem Antonin gut zu sehen war. Antonin Ruhig atmend saß er in seinem Mietwagen und blätterte durch die Akten, die ihm sein Freund zugespielt hatte. Dafür dass er dem jetzt sein Auto für ein Rennen überließ, stand hier erstaunlich wenig Hilfreiches. Was aber auch daran liegen mochte, dass er kein Arzt war und seine Kenntnisse in diesem Kauderwelsch an Fachwörtern kaum weiterhalfen. Ob er mal seinen Doc fragen sollte? Oder seinen tatsächlichen Arzt? Nein.. aber er könnte eventuell Raphael den Bericht geben, nachdem er die Namen entfernt hätte. Ja, das war ein guter Plan. Schnell machte er im nächstgelegenen Copyshop eine Kopie jeden Berichts, die Gott sei Dank ohne Fotos waren, da sein Kumpel schon genügend Probleme hatte, überhaupt an das Geschriebene heran zu kommen. Dann löschte er jeden einzelnen Namen mit schwarzem Filzstift und heftete alles zusammen. Schon praktisch solche Shops. Antonin fuhr gerade bei Raphaels Praxis vor, als er Coles SMS bekam. Zufrieden und erleichtert steckte er sein Handy wieder weg, sehr glücklich über Coles Reaktion und betrat das Gebäude, um nach dem Arzt zu fragen. Jener kam auch kurz darauf mit seiner recht imposanten Gestalt um die Ecke und hob eine Augenbraue als er ihn sah. Antonin konnte die kleinen Zahnrädchen schon richtig rotieren hören. Ob Cole wieder Mist gebaut hätte und schon wieder Hilfe bräuchte oder ob Antonin sich jetzt auch noch verletzt hatte, damit auch wirklich alle als Invaliden herumrennen würden? Solche und ähnliche Fragen könnten Raphael wohl ohne Probleme durch den Kopf gehen, so wie er den Arzt kennengelernt hatte. "Hallo Doc, könnten wir uns unter vier Augen unterhalten?", begrüßte er ihn, so wie er alle seine Ärzte begrüßte. Im Grunde war dieses 'Doc' so eine Art Respektbezeichnung, denn das was Antonin in seinem bisherigen Leben schon von Ärzten erlebt hatte, ließ sie in seinen Augen eher wie Horrorchirurgen erscheinen. Da war dieses Doc eher noch ein harmloser Kosename. Raphael schien zwar ein wenig erstaunt, führte ihn dann aber in ein Zimmer, das wohl dessen Büro oder Sprechzimmer oder sowas in der Art war. "Ich habe hier Autopsieberichte und ich würde mir wünschen, dass sie mir jemand übersetzt. Meine Kenntnisse in diesem Bereich sind arg beschränkt und für mich sind das alles unverständliche Hieroglyphen. Allerdings kann ich nicht wirklich verraten um wen es geht." Fragend sah er den großen Mann vor sich an und hoffte auf dessen Mitarbeit. Nathan Noch ein wenig schläfrig drehte Nathan sich auf die andere Seite und versuchte dem unausweichlichen noch einmal zu entgehen. Vermutlich war es für seine Verhältnisse schon recht spät zum Aufstehen, was aber nichts daran änderte, dass sein Bett gerade sehr bequem war. Doch Ragnars Worte ließen ihn seine müden Augen öffnen und lächeln, als er sofort in den dunklen Augen seines Freundes versinken konnte. "Mh ja, wenn ich das so sehe ist das durchaus ein schöner Morgen", murmelte er und hob die Arme, um Ragnar über sich zu ziehen und zu küssen. "Zerbrich du dir mal nicht meinen Kopf, gerade wenn ich es doch sehr angenehm finde so aufzuwachen. Meine Arbeit rennt mir nur selten davon", beruhigte Nathan den anderen Mann und lächelte dann. "Und was das über mich herfallen betrifft, was genau hindert dich daran?" Doch es sollte eine rhetorische Frage bleiben, da er Ragnar gar keine Zeit zum Antworten gab, bevor er ihn in den nächsten Kuss zog, der nur kurz liebevoll blieb, bevor er leidenschaftlicher wurde. Tatsächlich brauchte es gar nicht mehr, um den anderen davon zu überzeugen, dass sie soviel Zeit durchaus noch besaßen und Nathan ließ beim Vorspiel gar nicht großartig zu das Ragnar zum nachdenken kam. Wenigstens dort sollte der Mann sich fallen lassen können und Nathan war ein schneller Schüler wenn es um die Reaktionen des anderen ging. Er wusste inzwischen sehr genau wie und wo er Ragnar berühren musste, um ihn wahnsinnig zu machen. Doch auch der tatsächliche Sex war ausfüllend, befriedigend und als Start in den Tag einfach fantastisch. Sie duschten danach gemeinsam um, wie Nathan es lachend nannte: Zeit zu sparen und aufzuholen. Das Frühstück blieb bei leichter Kost, da er sich immernoch Gedanken um den Magen des anderen machte, und er bestand auf Tee anstatt Kaffee. Und als sie sich dann gemeinsam fertig machten und anschickten die Wohnung zu verlassen, zog er Ragnar nochmal an sich und betrachtete sein schönes Gesicht eine Weile ruhig, bevor er ihn sanft auf die Stirn küsste. "Melde dich heute Abend bitte oder komm am besten nochmal vorbei. Ganz wie du willst, aber ich möchte wissen, dass es dir gut geht, ja?", bat Nathan ihn und strich ihm über die Wange und durch die Haare. "Und es ist mir vollkommen gleichgültig zu welcher Uhrzeit das ist. Also mach dir darüber keine Gedanken. Hier hast du auch meine Karte, für den Fall der Fälle, dass es dir einfällt, mich mal im Büro zu besuchen oder anzurufen. Die erste Nummer ist meine direkte Durchwahl, die zweite zu meiner Assistentin. Die Adresse steht auch drauf." Er gab Ragnar die Geschäftskarte von XIred und schmunzelte. "Frag ich nicht nach dem Namen, wenn ich so darüber nachdenke, glaube ich, dass wir ordentlich bekifft waren, als wir uns das ausdachten." Er schüttelte den Kopf und hielt Ragnar die Tür auf, als sein Handy klingelte. Nathan deutete dem anderen an, den Aufzug zu rufen, während er ran ging und dann eine ganze Weile zuhörte, bevor er antwortete und in den sich öffnenden Aufzug trat. "Ich habe ihr mehr als einmal gesagt, dass dieser Star ein Wunschtraum bleiben wird. Warum sollte er auf die Geburtstagsfeier von einer sechzehnjährigen erscheinen? Wo mir auch auffällt, dass ich schon wieder so einen Fall übernehmen musste, willst du mir damit irgendetwas sagen Elisa?" Er verdrehte die Augen, als er die Antwort hörte. "Ich hab den Planer gerade nicht hier, aber ich bin jetzt sowieso auf dem Weg ins Büro, dann können wir das dort besprechen. Doch ich denke wir bringen sie noch irgendwo unter, notfalls schieben wir diese andere Verleihung aus dem Programm. Ich bin von denen sowieso nicht begeistert. Der Organisator ist ein furchtbar anstrengender Mensch... ja ist gut, bis gleich", verabschiedete er sich und sah seinen Freund fragend an. "Soll ich dich noch irgendwo absetzen?" Als dieser verneinte verabschiedete er sich mit einem Kuss. "Denk dran dich zu melden", erinnerte er nochmal und fuhr dann noch eine Etage tiefer zu den Tiefgaragen. Es würde ein arbeitsreicher Tage werden, doch das war in Ordnung, schließlich konnte er das abhaben und die wenige Zeit, die er mit Ragnar hatte, war ihm wichtiger als pünktlich im Büro zu sitzen und das übliche Chaos über sich hereinbrechen zu haben. Kane Auf seiner nicht angezündeten Zigarre herumkauend betrachtete er das Bild, das ihm Costello per Email geschickt hatte. Sein fast schon fotografisches Gedächtnis war sofort angesprungen und brüllte ihm den Namen der Person lautstark entgegen. Ein Freund von Cole also, ja? Jener hatte sich vor einiger Zeit nichts anmerken lassen, dass er den Mann kannte, doch wenn er sich das Bild so betrachtete könnte man fast mehr vermuten. Aber das mochte auch daran liegen, dass er sich mit zu vielen Ehebruchgeschichten herumschlagen musste. Jetzt blieb nur die Frage wieviel er Costello von seinem Wissen um den Mann mitgeben wollte und ob er Cole davon berichten sollte? Beide waren gute zahlende Kundschaft und beide waren gefährlich. Vermutlich wäre es das Beste zweigleisig zu fahren, aber wie sollte er Costello erklären, dass er die Informationen schon besaß? Dann müsste er zugeben, bereits in Coles Auftrag geforscht zu haben, oder? Schwierig, schwierig. Ein wenig fahrig biss Kane das Endstück seiner Zigarre ab und spuckte es in den Abfalleimer, bevor er zu einem Streichholz griff und sie entzündete. Vor sich hin paffend beobachtete er wie der Rauch durch das in dunkelrot getauchte Zimmer wobberte. Im Grunde war es ein Job wie jeder andere auch und so müsste er das auch sehen. Er hing an seinem Leben, deswegen würde er die Infos ausspucken, so wie man das von ihm erwartete. Allerdings würde er noch eine Information ausspucken und zwar die an Cole. Ja, so würde er es machen. Kurzentschlossen griff er auf seine Datenbank zurück und suchte sich alles nötig für die Email an Costello heraus. Jenem begegnete er selten von Angesicht zu Angesicht und das war auch gut so. Ihm war Cole schon nicht immer ganz koscher vorgekommen. Sir, anbei wie gewünscht die Informationen zu diesem Mann dessen Name Antonin Mikael Marakow ist. Cole hat mich vor einiger Zeit über einen Mann aus dessen Umfeld Nachforschungen anstellen lassen, deshalb die kurze Zeit, die es brauchte, um das Gewünschte zusammenzustellen. Die Kontonummer für diesen Transfer ist am Ende der Email angegeben. Alles also wie immer, ich wünsche noch einen erfolgreichen Tag. Kane Selbst Costello hatte sich an seine Art gewöhnt, weshalb er sich auch dort nicht großartig verstellen oder sich einen der Höflichkeit halber abbrechen musste. Tolle neue Welt der Technik. Auch das wäre von Angesicht zu Angesicht nicht so einfach gewesen. Die Anhänge enthielten den Lebenslauf des Mannes, welchen er hatte, weil Cole ja mehr Informationen über das Abbleiben der Ausgebildeten von diesem Milenkof haben wollte. Kane machte sich häufiger lieber zuviel als zuwenig Arbeit und jetzt kam es ihm wieder zugute. Natürlich ließ er auch nicht aus, dass er zwar kein wirkliches psychologisches Profil erstellen konnte, da er dafür zu wenig Daten besaß, doch dass er den Mann für gefährlich hielt. Wie alle, die aus dieser Mörderschmiede in Russland herauskamen. Kane erwähnte die Bezeichnung des Bluthundes und was ihre Aufgabe war, wenn sie aus ihrem Ausbildungslager kamen. Ebenso die Tatsache, dass Antonin wohl der einzige war, der eine ganz spezielle Ausbildung überlebt hatte. Er erwähnte den Namen des Ausbilders, welcher jedoch wohl in der Zwischenzeit verstorben war. Dazu kam dann noch der Schulbereich. Dieser Marakow schien in Chemie ein recht schlaues Köpfchen zu sein. Mitgeschickt wurden auch die Bilder dessen Mord er inzwischen nicht mehr eindeutig Milenkof oder Marakow zuordnen konnte und den Bericht über die Art von Visitenkarten, die so eine Art Markenzeichen dieser lebenden Schutzschilder waren. Sprich er schickte Costello alles, was er besaß. Das war immer besser mit diesem Mann, der so viel von einer Schlange hatte. In der einen Minute lag er ruhig sonnend auf einem Stein und in der nächsten schlugen sie ihre Giftzähne in das Fleisch des nächstbesten. Doch er griff auch zu seinem Handy und schickte eine Nachricht an Cole: Cole, werte die folgende Information als Zeichen unserer langjährigen - für mich sehr einträchtigen - Freundschaft: das große C wollte Informationen über deinen Freund Marakow. Er hat sie bekommen. Alle. Hals und Beinbruch. Kane Und damit waren seine guten Taten bis ins nächste Jahrhundert erfüllt. Fall erledigt und abgeschlossen. Raphael Erstaunt hob Raphael die Augenbrauen. Was wollte denn Coles Anhang hier? Ob es Cole schlechter ging? Ob er wieder unvernünftig war? Ob er einen Rat bräuchte? Nun, wie dem auch sei. Er würde es gleich herausfinden. Er nickte nur und deutete Antonin an, ihm zu folgen. Dann führte er ihn in sein Arbeitszimmer. Dort deutete er ihm, sich zu setzen. "Womit kann ich dir helfen?", fragte er und blickte den anderen aufmerksam an. Als Antonin sich erklärte, blickte Raphael einen Moment skeptisch die ihm gereichten Papiere an, ohne sich zu bewegen. "Hm", machte er dann. Du gibst mir Autopsieberichte, von denen ich ausgehen kann, dass du sie nicht auf legalen Weg erhalten hast, und bittest mich, sie zu übersetzen? Sehr gewagt, denn ich habe nicht die Lizenz, mich zu solcherlei Untersuchungsergebnissen zu äußern." Er zögerte noch einen Moment, dann griff er zu. "Aber andererseits wollte ich schon immer mal so etwas anschauen..." Er grinste leicht und lehnte sich zurück, nachdem er die Papiere ergriffen hatte. Einige Zeit blätterte er sie durch, spielte dabei mit seinen Fingern an seiner Unterlippe herum und runzelte manchmal die Stirn, ein anderes Mal den Kopf schüttelnd. "Hm", sagte er dann. "Also wenn mich nicht alles täuscht, geht es hier um eine Person, die beiseite geschafft wurde. Sicher, er ist völlig durchlöchert gewesen, aber dennoch sind die Blut und Leberwerte seltsam. Auch die Niere scheint Ungleichmäßigkeiten aufzuweisen. Den Ultraschallbildern nach zu urteilen scheint er Krebs im Anfangsstadium gehabt zu haben. Allerdings ist die Konzentration von diversen Mitteln im Blut zu hoch, als dass das alles hier wirklich natürlich war. Ich würde sagen, der gute Mann hat in letzter Zeit häufig Medikamente geschluckt, die er als Testperson mehr oder weniger wissentlich zu sich genommen hat. Ich könnte es nicht beschwören, dazu sind zu wenige Untersuchungen gemacht worden, aber alles deutet für mich darauf hin, dass das Versuchskaninchen hier aus dem Weg musste, weil das Präparat fehlerhaft war. Es könnte ein Antibiotikum gewesen sein, oder auch eine Impfung oder etwas in der Art. Eigentlich dachte ich, so etwas gibt es in Amerika nicht mehr, seit man in Mexiko testen kann, aber offenbar habe ich mich getäuscht." Raphael blickte wieder auf und sah Antonin an, ihm die Papiere wieder reichen. "Ich hoffe, Cole hat mit der Sache nichts zu tun, denn Menschenversuche sind eine üble Sache und man bekommt lebenslang, wenn es einem nachgewiesen wird." Fragend blickte Raphael Antonin an. "Was auch immer es ist, es ist höchst kriminell und letztlich abartig." Ragnar Erstaunt nahm Ragnar die Karte und betrachtete sie. Dass der Name seltsam war, und ihm nicht viel sagte bemerkte er nicht, denn die Geste des anderen zog viel mehr seine Aufmerksamkeit auf sich. Nathan schien sich wirklich verdammt große Sorgen zu machen, und am liebsten hätte er ihn jetzt geküsst und ihn umarmt und ihm gesagt, dass er bald mit dem ganzen hier aufhören würde, aber das Handy des anderen vereitelte seinen Plan. Und so lauschte er den Worten, die der andere in sein Telefon sprach, während er sich überlegte, ob er auch einmal so eine Art von Stress haben würde... Als sie sich verabschiedeten nickte Ragnar. "Ich melde mich bei dir, sobald ich kann." Dann drehte er sich um und lief zu Coles Auto, um dieses zu seinem Besitzer zurück zu bringen, nachdem er sich bei sich kurz umgezogen hatte. Als er aus dem Fahrstuhl stieg und Coles Tür offen fand, betrat er die Wohnung des anderen. "Cole?", fragte er und fand ihn im Schlafzimmer vor, den Arm in der Schlinge. "Hilf mir, mir die Haare zu waschen und mich anzuziehen", bat ihn Cole, was Ragnar gerne tat. "Wir geht es dem Arm?", fragte er, während er wartete, bis Cole sich vor das Waschbecken im Bad gesetzt hatte, damit er anfangen konnte. Er war beruhigt zu hören, dass der Schmerz erträglich war. "Du nimmst hoffentlich trotzdem Schmerztabletten", fragte er, wissend, dass Cole davon wenig hielt. "Wenn nämlich nicht, gewöhnt sich dein Körper zu viel Schmerzen an und du kannst nicht mehr unterscheiden, was wirklich weh tut und was nicht..." Cole verdrehte die Augen. "Ich werf gleich eine Tablette ein, bevor wir zu Costello fahren." Ragnar hielt in der Bewegung inne, blickte Cole fragend an, bevor sich sein Gesichtsausdruck verdüsterte und er Coles Haare auswusch, das von Cole gewünschte Hemd aus dem Schrank nahm und ihm über den Kopf zog. "Warum gehst du heute zu ihm? Du musst dich schonen. Und dieser Mann nimmt keine Rücksicht auf deine Gesundheit. Dem bist du scheißegal und ,obwohl er nur auf dir herumtrampelt, kann er mit dir machen, was er will. Ich verstehe nicht, wieso du das alles mit dir machen lässt." Ragnar spürte Wut in sich aufkeimen. Doch Coles Blick verriet ihm schon, was er wissen musste. "Ich komm mit, aber du lässt dich nicht dazu überreden, irgendetwas Gefährliches zu machen." Cole Genervt zuckte seine Augenbraue. „Halt mir keine Moralspredigten, Ragnar“, knurrte er und stand auf, als jener ansatzweise fertig war, seine Haare abzutrocknen. Ohne den anderen anzusehen blickte er in den Spiegel und frisierte seine Haare, wie er es brauchte. Ragnar beobachtete ihn schweigend. Schließlich ließ er sich von diesem ein Hemd anziehen, sich dabei helfend, den Arm kurz aus der Schlinge zu nehmen. „Diese verfluchte Scheiße“, knurrte Cole vor sich hin. Die Schmerzen waren größer als erwartet und sein Arm unbrauchbarer als gedacht. Allerdings wusste er nicht genau, worauf sich sein Fluchen wirklich bezog - auf den Arm oder auf Costello. „Ragnar“, abrupt drehte sich Cole zu dem Angesprochenen um. „Ich..“ Cole brach ab, blickte seinen besten Freund nur an. Er strich sich nervös durch die Haare, die nun wieder etwas zerzaust aussahen. „Ich denke es wäre an der Zeit, dass du endlich aufhörst…“ Doch Ragnar, der auf ihn zugetreten war, hielt ihm den Finger auf die Lippen. „Das weiß ich selbst. Mach dir keinen Kopf. Aber solange die Sache mit Costello nicht geklärt ist, wirst du mich nicht los. Also halt die Klappe und mach dich fertig. Wir müssen los.“ Ragnar küsste Cole sacht und ging zur Tür, um seine Jacke zu nehmen. So lang sich der Sommer auch hingezogen hat, so schnell war er nun herbstlicher geworden. Ragnar fuhr sie gemeinsam zu Costellos Villa, als das Handy eine SMS ankündigte. Cole las und legte die Stirn in Falten. „Scheiße“, knurrte er und schloss einen Moment die Augen. Wie konnte dieser Arsch es nur wagen… Aber Cole wusste selbst, dass Kane letztlich nur sich selbst und dem Geld verpflichtet war. Aber immerhin hatte er ihn gewarnt. „Costello hat Kane damit beauftragt, alles über Antonin herauszufinden, was dieser natürlich schon gemacht hat und ihm zugeschickt hat. Costello wird also wissen, wer und vor allem was Antonin ist“, erklärte er Ragnar und nestelte dabei an seinem Handy rum. Antonin! Costello weiß, wer und was du bist. Er hat einen Privatdetektiv beauftragt, alles über dich herauszufinden. Und nun hat er alle Informationen, zu deiner Ausbildung, deinem Werdegang in Amerika etc. Sei vorsichtig, was du machst!!! Ich bin auf dem Weg zu ihm. Er will eine neue Ordnung in New York herstellen… Nervös kaute Cole auf der Unterlippe herum. Dass Costello nun so viel über Antonin wusste, war ein nicht kalkulierbares Risiko geworden. Denn was wird er aus diesen Informationen machen? Wie wird er sie verwenden? Und dass Costello sie verwenden wird, davon war auszugehen. Costello Costello blickte von den Unterlagen auf, die er sich in Ruhe durchgesehen hatte. Ein Bluthund - interessant. Cole hatte also tatsächlich einen persönlichen Bodyguard, der nicht nur ein perfekter Kämpfer war, sondern auch noch sein Geliebter geworden ist. Wenn das mal keine Mischung ist, die alles in Gefahr bringen konnte. Wenn es wirklich wahr ist, dass in letzter Zeit viel recherchiert worden ist, was ihn und seine Firma betraf, dann konnte es ziemlich ungemütlich werden. Besonders wenn dieser Antonin tatsächlich jemand war, der etwas von Chemie verstand. Nervös tippte Costello mit dem Bleistift auf dem Papier herum. Wenn der Mann, der im Zeitungsarchiv in letzter Zeit Informationen zu den Vorkommnissen von damals gesammelt hat, wirklich dieser Marakow war, dann war das kein gutes Zeichen. Es galt, einen Plan zu schmieden. Und er hatte schon eine Ahnung, welcher das sein konnte. Vielleicht würde er dann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Mal sehen. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, dann griff er zum Telefon und erledigte ein paar Anrufe. Es sollte alles vorbereitet sein, wenn es nachher losging. Kapitel 107: Entführung ----------------------- Antonin Seine Brille abnehmend und damit herumspielend wartete Antonin, bis der Doc endlich fertig mit dem lesen war. Lizenz? Wen wollte der Kerl verarschen? Als ob er sich darüber Gedanken machen müsste, für so etwas eine verdammte Lizenz zu besitzen, wenn er Leuten wie Cole Kugeln in regelmäßigen Abständen aus dem Leib zauberte. Aber dessen erste Worte bestätigten seinen Verdacht, den er seit dem Besuch auf dem Friedhof hatte. Das Ganze war einfach zu seltsam in der Ausführung, um bei Unbeteiligten wie er es war nicht sofort Blut zu wittern. Und sei die Spur noch so alt. Doch das mit dem Krebs war seltsam. Aber nur bis ihm einfiel, welche Art der Firma auf Costellos Frau angemeldet war, schließlich wusste er besser als jeder andere, dass es hundert und ein Mittelchen da draußen gab, die Krebs erregen konnten. Unter anderem war das ein Grund für die Sicherheitsstufe seines eigenen Labors gewesen. Schon Dämpfe konnten unter Umständen sehr gefährlich für den menschlichen Körper und dessen Organe sein. "Sie wären überrascht, was es noch alles in Amerika gibt Doc", murmelte Antonin ein wenig abwesend, da er sich in Gedanken schon überlegte, ob er wirklich alles für ein Eindringen in diese Firma dabei hatte. Was zuerst nur ein Gedankengang gewesen war, wurde spätestens jetzt zur Pflichtkür. Doch dann hob er skeptisch erst die eine und dann die anderen Augenbraue. "Ich habe natürlich keine Ahnung, wie gut Sie Cole kennen, daher übergehe ich diese Frage der Höflichkeit halber. Vorallem da Sie mir gerade einen großen Gefallen getan haben. Aber wenn Sie das wirklich von ihm denken, sollten Sie sich überlegen, ob Sie ihn noch weiter verarzten wollen." Er erhob sich und schnappte sich die Unterlagen. "Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag und möchte noch einmal meinen Dank aussprechen. Für heute und für das letzte Mal." Er nickte dem Arzt zu und verließ die Praxis, um zu seinem Mietwagen zurück zu laufen. Dort beschloss er, dass er im Grunde alles für einen möglichen Einbruch dabei hatte, und fuhr los. Zwar hörte er das Piepsen seines Handys, kam jedoch erst zum Lesen als er in der Nähe des Firmengeländes hielt. Antonin war weniger überrascht vom Inhalt als Cole möglicherweise glauben mochte. In dieser Hinsicht war er keineswegs mit einer rosa Brille durch die Welt gelaufen, schließlich war es immer eine Möglichkeit gewesen. Ein wirklich guter Schnüffler brachte so gut wie alles ans Tageslicht, da durfte man keinen Illusionen verfallen. Aber seine Mimik verfinsterte sich, als er die letzten beiden Sätzen der SMS las. Auch das hätte ihm im Endeffekt klar sein können, doch Antonin wollte nicht wahrhaben, dass Cole immernoch sofort sprang, wenn Costello pfiff. Übel nehmen konnte er es seinem Freund aber auch nicht, wusste er doch am eigenen Leib wie sowas war und ablief. Einen tiefen Seufzer aus seiner Kehle entlassend überlegte er ein paar Minuten, bevor er antwortete. Drache, sag mir nicht, dass dich das wirklich überrascht. Ich rechne schon geraume Weile damit und halte mir den Rücken frei so gut ich es eben kann. Ich heiße es nicht gut, dass du zu ihm fährst bevor ich mit dir sprechen konnte, aber das lässt sich jetzt wohl nicht mehr ändern. Dummerweise traue ich mich nicht das ganze per SMS oder Email an dich zu senden, denn ich möchte dir gegenüberstehen, um gegebenenfalls unschöne Dinge verhindern zu können. ABER: Wenn ich sage, dass du ihm nicht trauen sollst, dann geht das viel weiter und tiefer als du denkst. Ich weiß, dass du ihm nicht über den Weg traust, aber du sollst und musst weitergehen, um auf dich aufzupassen, wenn ich es selbst schon nicht tun kann. Ich wiederhole mich: Traue ihm nicht einmal bis zu seiner eigenen Nasenspitze! Wenn du dort aus irgendwelchen Gründen nicht mehr rauskommst, schau, dass du mir irgendwas zusenden kannst. Selbst wenn es nur ein aufgelegter Anruf oder ein Buchstabe ist. Ich finde dich und bin inzwischen bereit, höchst unmoralische Wege zu gehen, wenn es nötig sein sollte und das solltest du auch sein. In Liebe, Antonin. Mehr konnte er Cole wirklich nicht sagen, es war zu dumm! Grummelnd schickte er die SMS ab und stellte sein Handy auf lautlos. Er war sich sicher, nicht verfolgt worden zu sein. An der nächsten Straßenecke lehnte er sich an die Wand und begann ganz gemütlich eine zu rauchen und in einer mitgebrachten Zeitung herum zu blättern. Unfassbar wie Menschen ihr ganzes Leben lang mit einer Brille durchs die Welt hechten konnten, ihn störte das dumme Gestell jetzt schon auf der Nase. Doch von hier hatte er einen guten Blick auf den Haupteingang an dem, wie nicht anders zu erwarten ein recht gelangweilter Pförtner in seinem Häuschen saß. Der Zaun war für jemanden wie ihn mehr zur Zierde, als zum Schutz. So wäre es zumindest bei Nacht, doch wenn er etwas rausfinden wollte, müsste er tagsüber rein. Gerade wenn er gegebenenfalls eine fähige Geisel bräuchte. Hm... wie es Cole wohl bei Costello erging? Wenn dieser Bastard auch nur einen falschen Handgriff tätigte, war dessen Zeit abgelaufen. Obwohl, sie war sowieso abgelaufen. Der Kerl lebte nur noch auf gestohlener Zeit. Ein fast schon bösartiges Grinsen huschte über sein Gesicht. Ja, solche Gedanken hoben seine Laune momentan wirklich beträchtlich und Antonin sah es inzwischen auch nicht mehr ein, mit fairen Waffen zu spielen. Nicht nachdem sein Verdacht sich so gut wie bestätigt hatte und er nur noch die passenden Beweise dazu bräuchte. Er wusste sehr gut, wie man mit gezinkten, dreckigen Karten spielte, und Costello forderte ihn geradezu heraus das auch zu tun. Obwohl er mit diesem Teil seiner Seele eigentlich abgeschlossen hatte, war Antonin jetzt fast dankbar diese kaltblütige Seite ebenfalls zu besitzen. Es würde die kommenden Geschehnisse erleichtern, selbst wenn es Cole gegen den Strich gehen könnte. Zu dumm dass er sozusagen immernoch dem Befehl folgen musste, sich nicht an Familienmitgliedern zu vergreifen, sonst hätte er sich mal die lieben Kinderleins vorgenommen, um ein 'kleines' Druckmittel zu besitzen. Aber es macht wenig Sinn über die Möglichkeiten nachzudenken, die ihm nicht gestattet waren. Weshalb er gemütlich zum Haupttor schlenderte und die Telefonauskunft anrief, um sich die Nummer der Zentrale dieser Firma geben zu lassen. Dort ließ er sich von einer freundlichen Dame mit dem Pförtner verbinden, nuschelte einen Namen mit einem Doktor davor und bat ihn kurz auf dem Parkplatz nach einem Fahrzeug zu sehen. Ein Kollege behauptete jemanden gesehen zu haben, der dagegen gefahren war und er wollte, dass der Mann nachsah. Tatsächlich machte sich der Kerl gemütlich auf den Weg und Antonin nutzte die kurze Zeitspanne, um an der Schranke vorbei zu schleichen und dem zurückkehrenden Pförter ein Stück weiter sogar freundlich zuzunicken. Dieser sah zwar kurz ein wenig verwirrt drein, erwiderte den stummen Gruß dann jedoch und ließ ihn ziehen. Diese Menschen waren so berechenbar und so furchtbar gelangweilt von ihrem Beruf. Kurz den Kopf schüttelnd, zündete er sich an einer Nebentür die nächste Zigarette an und hoffte auf einen Glückstreffer. Es brauchte drei Zigaretten doch dann ging die Tür auf und Antonin schnippte die Kippe weg, bedankte sich bei dem 'Kollegen', da es ihm nun erspart bliebe seine Karte schon wieder heraus zu holen. Dieser lächelte nur und bevor die Tür zuschwang konnte Antonin noch sehen wie jener sich selbst eine anzündete. Jaja, die Sucht. Im Gebäude galt es erstmal sich zu orientieren, doch er fragte sich schnell durch, sich als Neuling des Technikbereiches ausgebend, wurde ihm auch stets sehr freundlich weiter geholfen. Die waren wohl alle noch nie auf Costello getroffen und lebten noch in ihrer friedlichen Scheinwelt. Beneidenswert, wirklich. Als ihm ein Mann im weißen Kittel über den Weg lief, dem alle höflich Platz machten, folgte er diesem möglichst unauffällig bis der Kerl sich eine Sicherheitstür mit seiner Karte und einem Code aufmachte. Sich die Zahlenkombination merkend, hielt Antonin die Tür fest, bevor sie einrasten konnte und lächelte den überraschten Mann freundlich an, bevor er ihn mit zwei gezielten Schlägen gegen Hals und Kopf ausschaltete. "Tut mir leid", er warf einen kurzen Blick auf die Karte. "Mister Gundoli, aber es geht nicht anders. Nehmen Sie ein Aspirin gegen die Kopfschmerzen", murmelte er und zog dem Kerl den Mantel aus, bevor er ihn hinter einen Tisch zog, um ihn vor Blicken zu verstecken. "Ich hoffe Ihre Sicherheitsstufe ist hoch genug", merkte Antonin noch an, ganz als ob der bewusstlose Mann ihn verstehen könnte und sah sich dann erstmal im Raum um, während er sich den Doktorkittel zurecht zupfte. Schien so eine Art Testlabor zu sein, also für sein Vorhaben gänzlich uninteressant. Naja, wieviel Glück konnte ein einzelner schon haben? Ein aufmerksamer Blick zur Decke und in die Ecken gab keine Sicherheitskameras preis aber das war nicht weiter verwunderlich. Bei Chem-Dyne war es ähnlich, denn die guten in den oberen Etagen hatten Angst, dass jemand mit etwas mehr Verständnis die Bänder hacken und neue Formeln klauen könnte. Da sahen die mal, was sie von ihrer Paranoia hatten. Im Grunde war das hier bisher mehr eine Art Spaziergang mit nur leicht erhöhtem Adrenalin. Das würde sich wohl spätestens morgen ändern, denn wenn Costello wirklich so ein gewiefter Fuchs war, dann wüsste dieser, wohin es Antonin früher oder später ziehen würde. "Der früher Vogel fängt den Wurm", nuschelte er, bevor er die neu erbeutete Karte durch den Schlitz zog und die Zahlenkombi eingab. Ganz brav leuchtete die grüne Lampe auf und gab ihm den Weg frei. Sehr schön. So, wo ging es hier in den Keller? Es dauerte fast 45 Minuten doch schließlich stand er im kühlen Archivbereich und betete, dass seine Karte hierfür ausreichte. Und abermals schien ihm die Glücksgötting wohlgesonnen zu sein, denn auch diese Tür sprang anstandslos auf. Langsam wurde Antonin das schon fast unheimlich. Zuviel Glück versprach immer jede Menge Pech in kommenden Zeiten. "So ihr blöden Kästen, verratet mir mal euer Ablagesystem und sagt mir wo ich Robert Tinsley finde, ja?", fragte er in den weitläufigen Raum mit den vom Boden bis zur Decke gestapelten Kisten hinein. Natürlich bekam er keine Antwort und so verging abermals eine gute Stunde bis er endlich fündig wurde. Den Pappkasten herausziehend und sich mit ihm auf den Boden setzend überflog er die Daten zu Coles Vater und runzelte die Stirn. Hier gab es sogar eine verfluchte Einverständniserklärung! Was war das denn?! Vor sich hin grummelnd überflog er die Berichte und wollte die ganze Aktion schon als total sinnlose Zeitverschwendung werten, als ihm ein Wort ins Auge sprang. Nitrofuran. Das war ein Begriff, der ihm geläufig war und ihm ansatzweise recht geben würde. Doch Tinsley würde sich das Zeug doch nicht auch freiwillig gespritzt haben lassen. Oder doch? Die dämlichen Akten spuckten dazu nichts mehr aus und im Grunde schien das Mittel auch nur ein Vermerk für eine andere Akte zu sein. Nur, wo könnte diese dämliche Akte sein? Wenn es sie überhaupt noch gab… Es war an der Zeit, es heraus zu finden. Den Pappkarton zurückstellend, schob er sich die Akte in den Gürtel und unter den Pullover. Mitnehmen würde er das Zeug trotzdem. Egal ob dieser Mann sein Einverständnis gegeben hatte oder nicht, Antonin war sich sicher, dass Cole auch davon keine Ahnung hatte und es würde ihm auch so helfen, seine Argumentationskette zu untermauern. Trotzdem war an eine Aufgabe noch nicht zu denken. Kurz blitzte es in den sturmgrauen Augen auf: Zeit für eine Geiselnahme. Cole Cole lauschte den Motorengeräuschen, die gleichmäßig verkündeten, dass sie wohl einen Highway entlangfuhren. Er war noch immer benommen, hatte unerträgliche Schmerzen in der Schulter und kam nur langsam wieder gänzlich zu sich. Was, verdammte Scheiße, war geschehen? Cole erinnerte sich an seine Ankunft bei Costello, der ihn unheimlich freundlich empfing, seine Sorge wegen des Armes verkündete und auch sonst so tat, als sei Cole sein ein und alles. Nicht, dass er sich davon noch einlullen ließ, dafür kannte er Costello mittlerweile gut genug. Cole wusste, dass er etwas tun musste, wenn Costello so 'nett' war. Und was das war, wusste er auch schon. Er würde die Verhandlungen leiten, würde eine neue Ordnung in Manhattan, Brooklyn und weiten Teilen Queens herstellen. Als sein Handy piepste waren gerade die Clanoberhäupter eingetroffen. Cole überflog Antonins Nachricht. Jener schien wirklich besorgt zu sein. Cole spürte Unruhe in ihm aufkommen. Was hatte sein Freund über Costello herausgefunden? Später würden sie darüber reden und Klarheit haben. Und dann würde sich zeigen, was weiter zu tun war. Doch zu diesem später sollte es gar nicht erst kommen. Die Verhandlungen waren langwierig und nervraubend. Besonders da ein Clan gar nicht erschienen war. Sie waren nun zu viert, Costello eingeschlossen, doch eigentlich hätte noch ein weiterer Clan bei den Verhandlungen anwesend sein müssen. Cole beunruhigte das umso mehr. Gerade dieser Clan war einer derjenigen, die man nur ins Boot holte, weil sie unglaublich viel Waffengewalt besaßen. Sich mit ihnen anzulegen wäre absoluter Schwachsinn, daher versuchte man stets mit ihnen zu kooperieren. Aber heute waren sie nicht da. Cole wertete das als schlechtes Zeichen, konnte aber nicht einschätzen, ob es im Zusammenhang mit Costello stand oder nicht. Jener gab vor, nichts zu wissen. Aber sein Misstrauen war bereits geweckt. Tatsächlich stellte sich dieser Fakt als Dreh und Angelpunkt des ganzen Tages heraus. Denn es war jener Clan, in dessen Händen er sich nun befand. Es war bereits Abend, als die Verhandlungen ein Ende fanden und Cole beschloss, sich zu verabschieden. Er war bereits mit Ragnar auf dem Heimweg, als auf seinen Wagen geschossen wurde, er blockiert wurde und ihre Fahrt jäh an einem anderen Auto endete. Augenblicklich zog ihn jemand aus dem Wagen, noch bevor er irgendwie reagieren konnte. Man schlug ihn nieder und verfrachtete ihn in einen Transporter. und nun saß er da, lauschend, ob er hören konnte, wie viele andere Personen da waren, wo er sich befand, ob er irgendwelche Infos bekam. Die Bilder das 'Unfalls' gingen durch seinen Kopf. Er sah Ragnar über dem Lenkrad auf dem Airbag liegen, offenbar bewusstlos. Ob er mit dabei war, hier im Wagen? Ob ihm etwas geschehen war? Cole wurde übel bei dem Gedanken, dass ihm etwas passiert war. Ausgerechnet jetzt, wo jener die Möglichkeit gehabt hätte, auszusteigen. Als der Wagen hielt, hörte er das erste Mal Stimmen. "Schläft er noch? Hat er sich immer noch nicht gerührt?", fragte jemand, den Cole als Douglas erkannte. "Ich glaube er hat sich schon gerührt, schien etwas heftig gewesen zu sein, der Schlag." Die Türen öffneten sich und Cole wurde hochgehoben. Er schrie auf, als man ihm an der Schulter packen wollte. "Dann lauf selber, du Arschloch…", wurde er angeknurrt, als man von ihm abließ. Cole knurrte. Der Schmerz hatte ihm Tränen in die Augen getrieben, was man zum Glück aber nicht sah, weil er irgendetwas um die Augen gebunden bekommen hatte. Vorsichtig tastete er sich vor, ließ sich aus dem Wagen gleiten und richtete sich auf, leicht schwankend, noch immer benommen. Jemand trat an ihn heran. "Mach nichts unüberlegtes Cole. Sonst bist du wirklich tot. Du kannst von Glück sagen, dass dich der Boss lebend will, ich hätte den Auftrag, dich zu töten, gerne befolgt." Cole reagierte auf Douglas Worte nicht. Schließlich wurde er in ein Gebäude geführt, wohl eine Lagerraum, da es hallte, und er durfte sich auf einen Stuhl setzen, noch immer blind. Ragnar Ragnar spürte eine Hand, die ihn am Arm packte, und wie er kurz darauf aus dem Auto gezogen wurde. "Hallo", fragte eine Stimme. "Sind Sie wach? Wie geht es Ihnen? Hallo?!" Er wurde an den Wangen getätschelt und jemand schien über ihn gebeugt zu sein. Langsam öffnete er flackernd die Augen. Eine junge Frau und ein junger Mann knieten neben ihm. Ragnar spürte, dass ihm Blut über die Stirn floss. "Wir haben einen Krankenwagen gerufen. Er wird gleich da sein", redete die Frau auf ihn ein. Ragnar schloss wieder die Augen. Was war geschehen? Er spürte, dass er massive Kopfschmerzen hatte. Langsam, sehr langsam kamen seine Erinnerungen wieder. Cole. Ragnar versuchte sich aufzurichten. "Wo ist Cole?", fragte er und wurde panisch. Der Mann versuchte ihn festzuhalten. "Da war niemand sonst", erklärte die Frau. "Niemand.." Ragnar entwand sich den Händen des Mannes, blickte ihn bösartig an. "Lassen Sie mich los... Und seien sie vorsichtig. Ich bin HIV positiv!" Dann richtete er sich auf so gut es ging. Er blickte sich um, nun in Ruhe gelassen, weil sowohl Mann als auch Frau zurückgewichen waren, als hätte er die Pest. Das Auto war Schrott, sonst war nichts zu sehen. "Mein Handy." Kraftlos begann Ragnar zu suchen und die Frau half ihm. Die Sirenen kündigten den nahenden Krankenwagen an. Zitternd öffnete er das Telefonbuch und wählte Antonins Nummer. Als jener ranging stammelte Ragnar drauf los. Er musste sich mitteilen, solange er noch konnte, das Gefühl von Schmerz und Schwindel nahm jede Sekunde zu. Die Sanitäter waren bereits ausgestiegen. "Antonin, Cole ist entführt worden. Wir hatten einen Unfall. Sie haben ihn mitgenommen - wahrscheinlich. Ich werde gleich ins Krankenhaus gebracht. Ich denke es war Costello, der jemanden das hat durchführen lassen... Ich... Entschuldige, ich erinner mich noch nicht genau... " Ihm wurde das Handy abgenommen. "Er wird Sie wieder anrufen...", sagte der Sanitäter ins Handy und legte auf. Ragnar konnte sich nicht mehr wehren, schließlich sackte er zusammen und war wieder bewusstlos. Antonin Antonin trocknete sich die Haare mit einem Handtuch, als er zurück ins Wohnzimmer ging, dabei einen Blick auf die Akten werfend, die er dort abgelegt hatte. Inzwischen hatte er sie mehrmals gelesen, doch es wurde nicht klarer. Warum war Coles Vater für diese Mittelchen missbraucht worden? Denn dass es so war, das stand inzwischen völlig außer Frage. Bevor ihn ein Gefühl des Ekels vor sich selbst gepackt und unter die Dusche gezwungen hatte, war er mit seinen Gedanken bei Cole gewesen. Ein kurzer Blick auf sein Handy verriet, dass er immernoch keine Reaktion von seinem Freund erhalten hatte. War das noch normal? Aber was war heutzutage noch normal? Er hatte heute eine völlig unbeteiligte, unschuldige Frau mit einer Waffe bedroht, bis sie ihn mit zu einem Raum nahm und ihm die Kombination für den dort befindlichen Safe nannte. Ganz davon zu schweigen, dass er das zierliche Ding dann ebenfalls ausknocken musste, da er sonst wohl kaum unbehelligt vom Geländer gekommen wäre. Im Nachhinein war es trotzdem fast zu leicht gewesen, oder lag es daran, dass er bisher noch nie gegen Zivilisten agieren musste? Doch die panischen, ängstlich geweiteten Augen der Frau würden ihn wohl noch eine Weile heimsuchen. Antonin hasste solche Augen, denn sie ließen ihn noch mehr als Monster fühlen als das im Normalzustand schon der Fall war. Andererseits ging es um Cole, für den er ja, wie er selbst immer wieder betonte, wirklich alles tun würde. Insofern war das Ganze in seinen Augen ja fast schon wieder gerechtfertigt. Und warum zum Henker meldete sich dieser Penner nicht?! Als hätte irgendwas oder irgendjemand seine Sorgen erhört, begann sein Handy zu klingeln. Mit irritierter Mimik ging er ran, nachdem er Ragnars Nummer erkannte. Eine Mimik, die schon bei den ersten Worten zu Stein erstarrte. Was..? Wie..? Wer..? Gut, die letzte Frage musste er sich nicht wirklich stellen, oder? Das wäre ein zu großer Zufall. Er stand bestimmt gute zehn Minuten vollkommen reglos im Raum, das Handy noch ans Ohr haltend, einfach ins Nichts starrend. Bis ihm ein furchtbar kläglicher Laut über die Lippen rutschte, der ein wenig Ähnlichkeit mit Coles Namen haben mochte. Und als hätte sein Gehirn nur auf irgendeine Reaktion seines Körpers gewartet, begann es seine Arbeit wieder aufzunehmen. Logisch. Er müsste jetzt logisch denken. Aber wie zum Henker sollte er das tun, wenn es sich so anfühlte, als würde ihm jemand die Bauchhöhle aufschneiden und seine Gedärme mit einer brennenden Zange herauspulen? Antonin wurde schlecht und seine Sicht verschwamm, während ihm das Handy kraftlos aus der Hand fiel und auf dem Boden aufprallte. Bis der schiere Unglaube und Schmerz mit einem Lidschlag aus seinen Augen verschwand. Dort hatte nichts anderes als kalte Wut und brennender Zorn mehr Platz. "Du saublödes Arschloch hast ja keine Ahnung was du da heraufbeschwörst", grollte er und beugte sich ganze mechanisch zum Boden, um sein Telefon aufzuheben. Eines nach dem anderen. Ein Schritt auf dem nächsten. Die kopflosen Idioten waren die ersten, die starben, und solange er nicht sicher wusste, ob Cole Tod war, würde er das Spiel nicht als verloren bekannt geben. Trotzdem stand eines fest: Wenn Costello ihm Cole wirklich für immer genommen haben sollte, würde jener sich nicht mehr lange daran erfreuen können. So wahr er hier stand, so wahr würde dessen Tod sein, und wenn es Antonins mit einschloss. Mit ein wenig abgehackt wirkenden Schritten setzte er sich an Coles Laptop und googelte nach Krankenhäusern in einem bestimmten Bezirk, die er dann nach und nach anrief, bis ihm eines bestätigte, dass ein Mann mit seiner Beschreibung gerade eingeliefert worden war. Antonin setzte die Frau über den Virus den Ragnar in sich trug in Kenntnis und hoffte, dass sie dessen normalen Hausarzt herausbekommen würden. Die Medikamente würden wohl weiterhin verabreicht werden müssen. Danach musste er scharf nachdenken. Er hatte keine Ahnung wie Nathans Nachname war oder wo er wohnte, von dessen Telefonnummer ganz zu schweigen. Was er aber wusste, war das er der Besitzer des Savoys war. Diese Tatsache war irgendwann mal in ein Gespräch mit eingeflossen und wie so häufig hatte er sich auch diese Kleinigkeit gemerkt. Ein Anruf bei der Telefonauskunft, ließ ihn zu einem Mann durchstellen, der ihm eine Telefonnummer gab, unter der Nathan wohl zu erreichen wäre. Er bedankte sich und wählte die neue Nummer unter der tatsächlich ein gewisser Nathan Gardner ran ging. "Nathan, hier ist Antonin. Ragnar hatte einen Autounfall. Ich weiß nicht wie es ihm geht, aber er befindet sich im Marx Krankenhaus in der 57'ten. Das liegt im Süden der Stadt. Fahr zu ihm und nimm ein wenig Kleingeld mit, ich denke sie stellen weniger Fragen, wenn die Kosten direkt beglichen werden können. Viel Glück." Damit legte er auch auf, bevor der Mann etwas erwidern konnte. Antonin hatte nicht noch mehr Kraft, um sich auf anderes als auf Cole zu konzentrieren. Ein wenig blind starrte er in den Bildschirm. Was sollte er jetzt tun? Was nur? Es befand sich kein Sender an Coles Leib und so gut wie jeder könnte ihn an jedem Fleck in dieser Stadt haben. Und weiß Gott was mit ihm anstellen... abermals verschwamm seine Sicht, doch auch diesmal wollten keine Tränen aus seinen Augenwinkeln laufen. Es kam ihm selbst so vor als würde er momentan ein Organ nach dem nächsten beanspruchen und ruinieren ohne überhaupt etwas zu tun. Erst sein Magen, jetzt die Augen.. was würde folgen? Sein Herz? Dieser Schmerz durfte nicht bis dorthin gelangen, denn dann würde er dumme Dinge tun. Dinge, die Cole gefährden könnten. Aber was wenn er an dieser Misere die Schuld trug? Hatte Ragnar ihm nicht mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass Antonin alles gefährden könnte? Einschließlich Coles Leben. "Du verdammter Bastard." Man konnte diese Laute kaum Sprechen nennen und Antonin war kurz davor seinen Emotionen nachzugeben und den Laptop wutentbrannt vom Tisch zu werfen, als ihm das Icon mit der Verbindung zu Coles Emailprogramm auffiel. Ob er da..? Noch bevor er zuende gedacht hatte, startete sich das Programm auf einen Klick hin auch schon, und nach einigem Wühlen durch die Absender der erhaltenen Mails, stieß er auf die letzte von Costello. Antonin hatte da gerade eher wenig Bedenken in den Privatdingen von Cole herumzuschnüffeln, da ging es gerade um soviel mehr als ein bisschen Privatsphäre. In der Email befanden sich zwei Bilder. Eines von Cole und ihm selbst und eines von Coles Familie. Abermals begann Antonin in wildem Russisch zu fluchen, bevor er entschlossen auf den Antwortbutton drückte: Schaffen Sie Ihre Familie von den Straßen, Oberhaupt. Alles was Ihnen Leid zufügen wird ist ab jetzt in unmittelbarer Gefahr. Sehen Sie es als eine Erhöhung meines Spaßes, dass ich Ihnen diese Warnung überhaupt zukommen lasse. Lieben Sie ihre kleine Tochter, Costello? Lieben Sie sie, solange es noch möglich ist. Ich bin ein Mann der Rache und ich bin besser als Sie es sich vorstellen können. Es dachte schon einmal jemand, dass es mich stoppen würde - mich kontrollieren lassen könnte - wenn man mir das wegnimmt, was mir am wichtigsten ist. Dieser Versuch ist furchtbar schiefgelaufen. Bisher werden nur Sie sterben, doch sollte Cole sterben oder gar schon Tod sein, wird sich bald nichts mehr auf dieser Erde befinden, was auch nur ein einziges Gen von Ihnen in sich trägt. Und Sie werden lange genug leben, um den Schmerz des Verlustes kennenzulernen. Bleiben Sie ruhig in Ihrer Villa. Heuern Sie sich Bodyguards an. Schalten sie Videokameras auf ihrem Grund und installieren sie Selbstschussanlagen: Es wird Sie nicht retten! Und nicht vergessen... schaffen Sie ihre Kinder weg, Ihrer Frau war ich heute schon sehr, sehr nahe. Sollten sie im Laufe der Zeit das Bedürfnis verspüren, zu verhandeln (in Wahrheit werden Sie natürlich denken, sie seien furchtbar gewieft und können mich in eine Falle locken), dann finden Sie meine Handynummer am Ende der Email. Coles Guard Sich zurücklehnend schickte er die Nachricht ab, das Handy schon wieder in der Hand haltend, um eine Nummer zu wählen: "Stavros? Gib mir mal Clarissa." Diesmal würde er sich nicht mit der Puppe herumschlagen, er bräuchte die Puppenspielerin, um an die Ausrüstung heranzukommen, die ihm vorschwebte. Danach würde er sie SIM Karten austauschen und wieder die einlegen, die absolut sicher war. Damit würde ihn kaum jemand aufspüren können. Während Stavros sich auf den Weg zu Clarissa machte, überlegte Antonin bereits, wen er als erstes ausschalten würde. Was würde Costello klar machen, dass er keinesfalls scherzte? Was würde diesem Arschloch klar machen, dass es besser, wäre Cole wieder herauszurücken? Dass es das war, was er wollte, hatte er in der Email nicht nochmal extra erwähnt. Es war mehr als eindeutig in seinen Augen. Und als er die leicht näselnde Stimme der wohl gerissensten Russin hörte, die er bisher kennenlernen durfte, schlich sich ein kaltes Lächeln in sein Gesicht. Oh ja, der einzige, der aus Erzählungen eine Ahnung besaß, zu was er eigentlich fähig war, war Cole. Costello sollte ihn lieber nicht unterschätzen… das würde den Spaß der Jagd verringern. Und Spaß müsste es machen. Spaß war das einzige, das er sich erlauben konnte, ohne eine Waffe zu nehmen, sie sich an den Kopf zu setzen und abzudrücken. Ohne Cole war sein Leben kein Leben mehr. Es war die Hölle. Nathan Nathan starrte fassungslos auf sein Telefon, bevor er den Hörer zurücklegte und seinen letzten Klienten des Tages wieder ansah. Er blinzelte noch ein, zweimal bevor er sich erhob. "Es tut mir leid, aber ich muss das hier jetzt unterbrechen. Es hat einen familiären Notfall gegeben. Wenden Sie sich bitte bei weiteren Fragen an meine Partnerin oder lassen Sie sich einen neuen Termin geben." Das brachte er gerade noch so heraus, bevor er sich sein Jackett schnappte und mit großen Schritten aus seinem Büro draußen war. Seiner Assistentin bellte er noch zu, dass sie bis auf weiteres alle Termine verschieben oder absagen sollte, bevor er aus seiner Kanzlei draußen war und den Aufzug rief. Zufälligerweise wusste er recht genau, wo sich dieses Krankenhaus befand, denn es war in einer der besseren Gegenden. In einem Stadtteil recht weit außerhalb, wo sich hauptsächlich Nobelvillen befanden. Seine Mutter hatte dort einmal einen Eingriff vornehmen lassen. Doch er verließ das Gebäude nicht sofort, fuhr nur in den vierten Stock, um die dort befindliche Bank zu betreten. Dort wurde er ohne weiteres Federlesens zu seinem Berater durchgelassen und verlangte eine größere Auszahlung, in Bar. Es blieb abzuwarten, ob das Krankenhaus sich darauf einlassen würde, aber er wollte Antonins Ratschlag folgen und das Geld zumindest mitnehmen. Wenn die lieber einen Check haben wollten, sollten sie den bekommen. Eingezahlt wäre das Geld ja schließlich genauso schnell wie abgehoben. Mit ein paar bissigen Kommentaren drängte er den Mann zur Eile und konnte schlussendlich die Bank und das Gebäude im Eiltempo verlassen. Auf dem Weg zum Krankenhaus malte er sich alle möglichen Horrorszenarien aus und sein Herz wurde schwer. Verflucht nochmal, warum? Warum jetzt? Warum Ragnar? Und war das wirklich 'nur' ein Autounfall? Warum wurde ihm dann nicht mehr erzählt am Telefon? Vielleicht weil Antonin selbst nichts wusste? Fragen über Fragen und er würde frühestens am Krankenhaus Antworten darauf erhalten. Nathan trat das Gaspedal durch. Sollten sie ihm doch einen Strafzettel schicken, darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Weshalb er sein Fahrzeug auch im Halteverbot parkte, als er vor dem Gebäude vorfuhr und sofort raussprang, an die Rezeption hin. "Guten Tag, mein... Bruder wurde hier eingeliefert. Er hatte einen Autounfall, es kann noch gar nicht solange her gewesen sein. Sein Name ist Ragnar." Im letzten Moment hatte er sich doch für eine Lüge entschieden. Amerika war noch nicht soweit, homosexuelle Beziehungen auch als gültig genug zu werten, um zum Patienten vorgelassen zu werden. Die ältere Dame nickte und begann in ihrem Computer herum zu tippen, etwas, das Nathan endlos vorkam. Unruhig auf dem Tresen mit den Fingern herumtrommelnd sah er auf als ihn die Frau wieder ansprach. "Ja, ein junger Mann ungefähr Mitte zwanzig wurde vor wenigen Minuten eingeliefert. Vorher rief deswegen schon einmal jemand an. Hat Ihr Bruder AIDS?", fragte sie und Nathan nickte heftig. "Das ist er! Wie geht es ihm? Kann ich zu ihm?" Die Frau lächelte ihn beruhigend an, nicht dass Nathan das in seiner Situation irgendetwas brachte, doch was sollte sie schon machen? "Er wird gerade in der Notaufnahme untersucht, da können Sie momentan nicht zu ihm. Haben Sie seine Versicherungskarte dabei? Wissen Sie wer sein Hausarzt ist?" Gott, woher sollte er das wissen? Warum hatte er Ragnar nicht danach gefragt? Völlig fahrig strich Nathan sich durch seine Haare und schüttelte den Kopf. "Ich muss beides verneinen." Es klang gequält. "Aber ich übernehme alle Kosten, wenn es sein muss auch bar. Sagen Sie mir nur, wie es ihm geht, ja?" Cole Es dauerte einige Zeit bis Cole wieder angesprochen wurde. Währenddessen ruhte er sich aus. Er war auf einen Stuhl gesetzt worden und noch immer waren seine Augen verbunden. Es roch nach alter Farbe, Öl und vor allem nach Fisch. Sicher war er am Hafen in einer der Hallen, die dem Kortuna-Clan gehörten. Cole war über sich selbst erstaunt, dass er eigentlich ziemlich ruhig blieb. Er wusste, dass sein Leben an einem seidenen Faden hing. Es wunderte ihn eigentlich, dass er überhaupt noch lebte. Welcher andere Clan machte sich eigentlich die Mühe, einen Gegenspieler am Leben zu lassen und ihn nur zu entführen? Irgendwie machte das Ganze noch keinen rechten Sinn. Während er dasaß und sich versuchte auszuruhen und seine Schulter so wenig wie möglich zu bewegen, konzentrierte er sich auf sein Umfeld. Es waren 5 Leute um ihn. Die meisten beschäftigten sich still mit irgendwas, einer – Douglas – schritt nervös auf und ab und schien ungeduldig darauf zu warten, den Befehl zu erhalten, ihn endlich abknallen zu dürfen. Hin und wieder ging ein Telefon und es wurde leise gesprochen. Cole war nicht so ganz klar, ob es eine weitere Person in einem separaten Raum war, die telefonierte, oder einer von den um ihn Anwesenden. Als Douglas Handy läutete hielt dieser endlich in seiner Bewegung inne. Er wies zwei Mitarbeiter an, das Tor zu öffnen und bald darauf fuhr ein Wagen ein, eine Limo, wenn Cole sich nicht täuschte. Er hörte, wie Leute aussteigen, wobei er nun die Übersicht verlor, wie viele Menschen da waren. Leise wurde miteinander gesprochen, so dass Cole nichts verstehen konnte. Dann trat jemand zu ihm, dicht gefolgt von zwei weiteren Personen. Jemand nestelte an seiner Augenbinde herum und kurz darauf konnte er wieder sehen. Langsam gewöhnten sich seine Augen nur an das nun ungewohnte Licht und er musste ein paar Mal blinzeln, bevor er sein Augenmerk auf die drei Personen vor ihm richten konnte. „Cole“, begrüßte ihn Harki Kortuna, einer der Zwillingsbrüder, die den Clan leiteten. Cole blickte ihn schweigend an. „Ist schon seltsam, dass dein Shugardaddy möchte, dass du aus dem Weg geräumt wirst und uns freie Verfügungsgewalt über dich lässt. Warst du unartig? Hast du deinen Papa geärgert?“ Cole hob eine Augenbraue, legte den Kopf schief und blickte nun von Harki, dem Idioten, zu seinem Zwillingsbruder Sander. „Ich weiß nicht, was dein Bruder so alles nimmt, aber ich glaube nicht, dass wir so weiterkommen“, murrte Cole und schüttelte verwundert lachend den Kopf. „Da magst du Recht haben“, antwortete der Angesprochene. „Aber er hat in einem Punkt wohl nicht ganz unrecht. Es ist seltsam, dass Costello dich uns auf dem Präsentierteller überreicht. Und auch wenn wir dich eigentlich einfach nur töten wollten, angesichts der Dinge, die wir gehört haben, wollten wir dich zu den Anschuldigungen erst zu Wort kommen lassen.“ „Anschuldigungen?“, fragte Cole überrascht. „Gegen mich?“ Sander nickte. „Costello hat uns darüber in Kenntnis gesetzte, dass heute ein Rat einberufen wurde, du uns aber nicht mit eingeladen hast. Daher sollten wir davon ausgehen, dass du unser rechtmäßiges Gebiet unterschlagen wolltest.“ Cole lachte und schüttelte erneut den Kopf. Costello war ein Arschloch und im Moment spürte Cole, dass ihm alles Scheiß egal war, solange er nur diesen Aasgeier in die Finger bekommen würde. „Hör zu, Sander“, begann er. „Niemand unterschlägt euer Gebiet. Wir haben auf euch gewartet, aber offenbar war das vorher schon alles so geplant.“ Cole blickte Sander ruhig an. Sie blickten sich einige Zeit in die Augen. „Chef, sie werden doch nicht die Worte dieses Bastards für richtig nehmen“, zischte Douglas neben ihnen. „Doch genau das gedenke ich zu tun. Denn irgendwas stinkt hier gewaltig bis zum Himmel. Ich kenne Cole schon zu lange, als dass das, was uns gesagt wurde, stimmen könnte.“ Sander drehte sich Cole zu. „Und jetzt unterhalten wir uns mal…“ Cole nickte und wirkte entspannter denn je. Er hatte die leise Ahnung, dass hier gerade alles so lief, wie es Costello gerade nicht haben wollte. Kapitel 108: Standpauke ----------------------- Costello Costello lief nervös umher. Immer wieder blickte er auf sein Telefon, doch es läuterte nicht, wie abgesprochen. Eigentlich hätte Douglas doch längst anrufen sollen. Wieso hatte er sich noch nicht gemeldet und ihm ausgerichtet, dass er den Job erledigt hatte? Ob etwas dazwischen gekommen war? Wieder sah er auf sein Handy und erschrak, als im selben Moment eine SMS eintraf. Flüchtig las er und begann schließlich laut zu fluchen. Wie konnte es sein, dass die Kortuna-Jungs davon Wind bekommen hatten? Aber er hätte es sich ja eigentlich denken können. In diesem Milieu sickerte immer irgendwo etwas durch. Und manchmal hatte das auch sein Gutes. Aber diesmal war es unschön. Costello stellte sich ans Fenster und blickte heraus. Wenn Cole noch nicht tot war, könnte es unschön werden. Besonders angesichts der Tatsache, dass dieser Antonin offensichtlich ins Labor eingebrochen war. Noch war nicht abzuschätzen, was er dabei herausgefunden hat, aber letztlich schien jener genau dort anzusetzen, wo es ihn am meisten verletzen würde. Dieser Bluthund war wirklich gut, besser als er je gedacht hätte. Ihn zu unterschätzen könnte gefährlich werden. Der Laut, der ertönte wenn eine Mail eintraf, weckte ihn aus seinen Gedanken. Er setzte sich an den Schreibtisch und währen er las wurde sein Gesicht finsterer und finsterer. Teilweise war die Reaktion wie erwartet, aber dass er seine Kinder ansprach, ließ ihn vorsichtig werden. Er drückte auf den Button ‚Antworten‘ und tippte eine Nachricht ein. Ich habe damit nichts zu tun. Der Koruna-Clan hat ihn mitgenommen. Sicher ist er am Hafen in einer der Hallen. Melden Sie sich, wenn Sie etwas wissen. Ich bin gerade ratlos, wie ich Cole da rausholen kann. Anschließend rief er einen seiner Bediensteten und wies an, Frau und Kinder für ein längeres Wochenende auf das Landhaus zu fahren Ragnar Ragnar hatte von dem was folgte nichts mitbekommen. Er schlief, tief und fest den Schlaf des Gerechten. Erst im Krankenhaus, nach seinen Untersuchungen und als es ruhig um ihn im Zimmer wurde, fiel er in einen sanfteren Schlaf. Als er schließlich ganz aufwachte, rief er sofort nach einem Arzt, um die Entlassung bittend. Doch dieser drückte ihn mit Nachdruck zurück in die Kissen. „Sie haben eine heftige Gehirnerschütterung. Und sie haben einen Streifschuss abbekommen. Auch die Platzwunder an der Stirn ist nicht zu verachten“, wurde ihm erklärt und Ragnar knurrte leise. „Hören Sie, mein bester Freund ist in Gefahr und wenn ich nicht gleich etwas unternehmen kann, ist er schneller tot, als Sie Amen sagen können.“ Doch der Arzt blieb unbeeindruckt, versorgte ihn und bald darauf erklärte er ihm, dass er ein paar persönliche Daten bräuchte. Mittlerweile war er wieder allein. Der Arzt hat alle Daten aufgenommen und nun lag er im Bett und machte die Augen zu, um ein wenig dösen zu können. Die Platzwunde an der Stirn, so war ihm berichtet worden, war zumindest mit 5 Stichen genäht worden. Sein Schädel brummte noch immer und auch wenn er spürte, dass er kraftlos war, so gab es doch einen Gedanken, der stets überwog: Nathan Ob er sich schon große Sorgen machte? Ob er enttäuscht wäre, wenn er sich heute nicht melden würde? Ragnar war unruhig, aber er hatte hier keinerlei Möglichkeiten sich zu rühren. Sein Handy und die anderen persönlichen Dinge waren in der Jacke im Schrank und noch fühlte er sich nicht danach, aufzustehen. Als er eine ihm mittlerweile wohl vertraute Stimme hörte. „Nathan?“, flüsterte er sprachlos und lauschte, wie jener von jemandem erklärte bekam, wie es Ragnar ging. Unruhig wartete er, bis sich Nathans Schritte näherten. Eigentlich wusste er gar nicht so recht, was er jenem sagen sollte. Er würde ihm sicher Vorwürfe machen, oder? Ragnar biss auf der Unterlippe herum. Wie hatte jener eigentlich erfahren, wo er war? Über Antonin? Aber wie das? Nathan wird es ihm sicher gleich erklären… Scheu blickte er in die strahlenden, im Moment etwas dunkleren und vor allem besorgten Augen seines Freundes. Der Arzt war mit hereingekommen und Nathan zögerte, auf ihn zuzutreten. Wahrscheinlich war es besser, wenn sie nicht als Pärchen identifiziert werden würden. „Sie scheinen ja zur Vernunft gekommen zu sein. Kurz hatte ich Angst, sie würden abhauen, sobald Sie Gelegenheit hätten.“ Der Arzt trat an Ragnar heran und begann seinen Puls und seinen Blutdruck zu messen. Ragnar verfluchte ihn innerlich. Er wollte gerade einfach allein mit Nathan sein. Doch er ließ es ruhig über sich ergehen. Und es dauerte ja auch nicht lang, bis er dem Arzt mitgeteilt hatte, dass er sich gut fühle. Dann waren sie schließlich allein. „Hey“, murmelte Ragnar und seine Augen hingen noch immer an den Blauen. „Antonin hat die Bescheid gegeben oder? Es tut mir leid, dass du dir wahrscheinlich ziemliche Sorgen gemacht hast. Ich dachte nicht, dass so etwas passieren könnte.“ Sollte er alles erzählen? Er wusste es nicht so genau. Vor allem wusste er nicht, was dieses ‚alles‘ genau war. Nathan Als er endlich aufgefordert wurde, einem Arzt zu folgen, kam es Nathan so vor, als ob es ewig gedauert hätte. Ewig und drei Tage. Er folgte dem Mann einen Gang entlang und wurde auf dem Weg zum Zimmer über Ragnars Gesundheitszustand aufgeklärt. Platzwunde an der Stirn, die 5 Stichen genäht worden war, dazu kam die Gehirnerschütterung und ein Streifschuss. Er spürte wie er blass wurde und der mitfühlende Blick des Arztes brachte ihm da auch nichts. "Ich danke Ihnen, Doktor. Kann ich nun zu ihm? Ist er bei Bewusstsein?" Immernoch klang seine Stimme sorgenvoll, aber das brauchte ja nun auch wirklich niemanden zu wundern. Der Arzt bestätigte, dass Ragnar zumindest schon einmal wach gewesen war und öffnete die Zimmertür vor der sie stehen geblieben waren. Sofort heftete sein Blick sich auf die Gestalt die dort im Bett lag. Noch bevor Ragnar aus der Notaufnahme gekommen war, hatte Nathan auf ein Einzelzimmer für diesen bestanden. Seine Kreditkarte, oder vielmehr die Farbe seiner Kreditkarte hatte diese Tür sehr schnell für ihn geöffnet. Oder eher für Ragnar. Nathan schluckte, um seine trockene Kehle zu benetzen, und versuchte den durchaus ein wenig blassen Mann, der irgendwie auf einmal so winzig in dem Bett wirkte, mit dem strahlenden Mann in Verbindung zu bringen, in den er verliebt war. Und das fiel ihm erstaunlich schwer. Dieses Mal hatte jener offensichtlich Glück gehabt, aber was wäre nächstes Mal? Er erkannte den ein wenig vorsichtigen Blick und zwang sich zu einem Lächeln, von dem er hoffte, dass es beruhigend war, aber noch trat er nicht näher. Obwohl alles in ihm danach schrie, sich selbst davon zu vergewissern, dass es Ragnar den Umständen entsprechend gut ging. Die Worte des Arztes ließen Nathan aufsehen und stirnrunzelnd zu diesem blicken. "Hier wird niemand irgendwohin gehen", erklärte er schließlich und schoss Ragnar einen kurzen Blick zu, dass dieser ihm jetzt besser nicht widersprechen sollte. Der Doktor nickte nur und untersuchte seinen Freund nochmal, bevor sie endlich alleine waren. Fast ein wenig vorsichtig trat er näher an das Bett heran, nach dem Besucherstuhl greifend und sich setzend nickte er schließlich. "Ja, er hat angerufen und mir die Adresse des Krankenhauses gegeben, weil du einen Autounfall hattest", murmelte er und griff nach Ragnars Hand, um sie zu umfassen. "Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht und der Bericht des Doktors macht es nicht besser. Die denken hier ich wäre dein Bruder. Ich hielt es für das beste, sonst hätte man mich wohl kaum informiert und zu dir gelassen", erklärte er und drückte den warmen Handrücken, auf den er bis jetzt gestarrt hatte und hob den Blick. Fast war so etwas wie Verzweiflung in seinen Augen zu lesen. "Ich bin dir hoffnungslos verfallen Ragnar, aber ich weiß bei aller Verliebtheit nicht, ob ich dich hier wirklich durchhalte. Irgendwie bezweifel ich, dass du auch nur den Hauch einer Ahnung hast, wie ich mich die letzte Stunde da draußen auf dem Gang gefühlt habe." Er stockte, löste seine Hand von Ragnars und hob sie, um diesem ganz vorsichtig ein paar Haare aus der Stirn zu streicheln. "Deine Krankheit ist das eine, aber wie soll ich damit klarkommen, wenn dich wirklich jemand erschießt? Und diesmal hätte ich ja noch das zweifelhafte Glück gehabt, wenigstens zu wissen, was passiert ist, aber was, wenn du irgendwann in der nächsten Gasse erschossen wirst? Was wenn ich mich ewig fragen müsste, was mit dir passiert ist?" Seine Stimme war leise und seine Verzweiflung schwang stellenweise mit, aber trotzdem war sie ruhig und blieb in einer Tonart. "Es steht mir nicht zu, aber ich würde mir wünschen, dass du da aussteigst. Amerika ist so groß, es muss nicht New York sein, um weiterhin in diesem Land zu leben." Wenn möglich wurde sein Blick noch ein wenig eindringlicher. "Was aber genau das ist, was ich von dir möchte, Ragnar. Ich möchte irgendwann einmal das Gefühl haben, mit dir zu leben, und ich spreche nicht unbedingt von einer gemeinsamen Wohnung." Abermals ergriff er die Hand des anderen Mannes. "Es tut mir leid, wenn ich dich damit überrumple, aber ich befürchte, wenn ich das jetzt nicht ausgesprochen hätte, hätte mich meine elende Logik wieder eingeholt. Aber ich halte Gefühlsdinge nicht für etwas, das man immer mit Logik steuern kann. Sonst würde ich die Zeit, die wir uns kennen, auch für zu kurz für diese Art der Gefühle halten. Aber sie sind nun einmal da und ich möchte es im Grunde auch nicht ändern." Antonin Gerade als er sein Telefonat beendet hatte, ploppte das Zeichen für eine neue E-mail auf. Mit gehobener Augenbraue las er die wenigen Worte und schüttelte den Kopf. Das würde Costellos Kopf auch nicht mehr aus der Schlinge ziehen. Als ob ein so mächtiger Mann wie Costello wirklich ruhig sitzen bleiben würde, wenn man ihm seinen besten Mann unter der Nase wegschnappte. Außer natürlich es war so gewollt. "Elendes Arschloch", fluchte er düster und klappte den Laptop zu. Antonin würde sich auf seiner Fahrt zu Clarissa darüber Gedanken machen, wie er weiter vorgehen wollte. Denn selbst wenn dieses Arschloch log, so hatte er ihm doch einen Namen genannt, mit dem er eventuell arbeiten könnte. Eventuell weil er dafür zu einhundert Prozent Ragnars Hilfe bräuchte, er aber verständlicherweise momentan keine Ahnung besaß, wie es diesem überhaupt ging. Verdammte Situation. Aber solange auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass Cole noch lebte, dürfte er dem Wahnsinn, der an seinen Toren und Mauern klopfte, keinen Einlass gewähren. Schwer seufzend erhob er sich aus dem Stuhl und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Eine schwarze Stoffhose, die jedoch aus sehr widerstandsfähigem Material bestand, ein dunkelblaues Hemd und dazu ein schwarzes Jackett. So würde es schwer sein, ihn in der Dunkelheit zu erkennen, und trotzdem wäre er für jedwede Verhandlungen präsentabel und würde nicht gleich als waffenfuchtelnder Dummkopf abgeschrieben werden. Kurz leuchtete etwas in seinen Augen auf. "Viel besser wäre es mich als Psychophaten einzustufen. Als gefährlichen obendrein", murmelte er und warf sich einen letzten Blick zu, bevor er das Fellknäul versorgte, seine Waffen zusammen mit den Akten in eine schwarze Sporttasche warf und sich auf den Weg machte. Doch als er schon kurz davor war, den Aufzug zu rufen, entschied er sich um und klingelte bei Coles Nachbarin. Diese zeigte sich zwar erstaunt, war jedoch sofort bereit, sich um die Katze zu kümmern. Antonin bedankte sich mit einem charmanten Lächeln und setzte seinen Weg dann doch fort. Es sollte zwei weitere Stunden dauern, bevor er den Wagen auf dem Krankenhausparkplatz abstellte und sich, zusammen mit seiner Tasche, auf den Weg zur Rezeption machte. Dort gab er sich als Ragnars Bruder aus und wurde skeptisch angesehen. Aha, also hatte Nathan tatsächlich was im Kopf, wie? Abermals packte er sein bestes Schwiegermutterlächeln aus: "Unsere Eltern haben uns adoptiert, was erklärt, warum wir uns nicht ähnlich sehen. Dann ist Nathan also schon hier? Ist er bei Ragnar? Kann ich zu ihm? Geht es ihm gut?", die Sorge in seiner Stimme musste er sogar nur bis zu einem gewissen Punkt spielen und es schien zu helfen, denn die Frau entspannte sich und erklärte ihm den Weg. Und nicht nur das, bevor er loskonnte las sie am Computer extra noch einmal nach, was Ragnar fehlte. Antonin zeigte sich genügend geschockt und machte sich auf den Weg. Der arme Kerl musste in letzter Zeit auch wirklich einiges mitmachen. Unter anderem auch wegen ihm, etwas das Antonin nicht wenig wurmte und ihm auch ein schlechtes Gewissen bereiten würde, wenn er Gefühle dieser Art momentan zulassen würde. Was er aber nicht tat. Weshalb er auch ein Lächeln auf den Lippen trug, als er nach kurzem Anklopfen in das Einzelzimmer trat. "Verzeiht die späte Störung, aber ich befürchte ich brauche ein paar Informationen", begrüßte er die beiden so einträchtig da sitzenden und musterte Ragnar kurz. "Du siehst aus wie durch die Mangel gedreht und wieder ausgekotzt", beteuerte er und stellte die schwarze Reisetasche am Fußende des Bettes ab. "Es ist so", fuhr er im herzlichsten Plauderton fort und schloss beide Männer in sein fast schon strahlendes Lächeln mit ein. Zumindest bevor er ganz kurz inne hielt und sich Nathan zuwandte: "Du hörst jetzt am besten mal kurz weg", beschied er ihm und lächelte dann sofort wieder. "Also es ist so, dass Cole wohl tatsächlich entführt wurde. Ich persönlich gehe davon, dass deine erste Annahme stimmt und das Ganze von Costello angeleiert wurde. Woraufhin ich so freundlich war ihm eine E-mail zu schicken, in der ich ihm seinen Tod voraussagte und ihm empfahl, seine Familie von den Straßen zu holen. Der gute Mann hat mir geantwortet, dass ein Clan namens... hm wie hießen die nochmal?", er öffnete seine Tasche und holte die ausgedruckte Email hervor, um sie Ragnar zu reichen, nachdem er einen kurzen Blick darauf geworfen hatte. "Also ein sogenannter Kortuna Clan hätte Cole in den Händen und er, der große Obermacker, könnte nichts ausrichten." Und obwohl es unmöglich erschien, verbreiterte Antonins Lächeln sich ein weiteres Mal. So stark, dass es fast schon wieder krampfhaft wirkte. Was es eventuell auch sein mochte... "Und jetzt bin ich ein bisschen ratlos. Ich meine, natürlich möchte ich losgehen und Costello vom Angesicht dieser Welt pusten, aber andererseits sollte Cole diese Ehre gebühren. Vor allem wenn man bedenkt, was dieses feine Oberhaupt mit seinem Dad abgezogen hat. Aber ich greife vorneweg, das kann dir Cole selbst erzählen, wenn er will." Es klang, als ob Antonin nicht den minimalsten Zweifel daran hätte, dass Cole irgendwann fähig wäre, das zu tun. Was nicht unbedingt daran lag, dass Antonin das wirklich glaubte, als daran, dass er sich das selbst einreden musste, um weiterhin zu funktionieren. Um weiterhin tun zu können was getan werden musste. Denn alleine der Gedanke an Cole schmerzte. Es schmerzte so stark, dass ihm nur die Wahl zwischen Weinen und Lachen blieb. Er entschied sich für letzteres, denn 'lachend geht die Welt zugrunde'. Aber Antonin würde ein paar Menschen mit sich reißen. Soviel stand fest. "Nun, wie du dir denken kannst, scheitert der schöne Plan, Costello von Cole umbringen zu lassen eben an diesem. Ohne Cole, keine Rache für dessen Familie. Also habe ich mich natürlich gefragt wie ich an Cole herankommen könnte, oder vielmehr an diesen komischen Clan. Ich brauche einen Kontakt und wer könnte so einen für mich haben oder herstellen, wenn nicht du, Ragnar?" Er sah auf seine Uhr. "Und es wäre ein bisschen eilig, denn der Trottel hat seine Schmerzmittel nicht genommen." Abermals blickte er auf und umfasste diesmal wieder beide Männer und sah nicht mehr nur Ragnar an. "Übrigens kannst du dich hier in aller Ruhe erholen. Ein paar sehr fähige meiner Landesmänner haben sich bereit erklärt, hier ein bisschen aufzupassen. Ich bin mir sicher, dass Cole mir die Hölle auf Erden bereitet, wenn ich jetzt noch zulasse, dass dir auch etwas passiert. Gerade nachdem ich Costello fast schon öffentlich bedroht habe." Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte auf den angeschossenen Mann herab. "Du kannst mir doch helfen, oder?" Ragnar Der Blick, den Nathan ihm zuwarf war eindeutig, Ragnar senkte den Blick und spürte, wie ihm unwohl wurde. Als er seine Hand ergriffen fühlte, blickte er Nathan wieder an. Die Erklärung, Nathan sei hier als sein Bruder hergekommen, nahm er nickend zur Kenntnis, allerdings ließ ihn der anklagende Unterton in Nathans Stimme hinsichtlich der Sorgen, die er zur Sprache brachte, schlucken. Als Nathan ihn schließlich wieder ansah ging ihm diese unerwartete Verzweiflung durch und durch. Er spürte, wie in ihm etwas zu zittern begann. Er hätte in diesem Moment wohl dem Teufel seine Seele verkauft, wenn er nur garantiert bekommen würde, dass Nathan nie wieder so verzweifelt sein musste. Und die Worte des anderen machten dieses Zittern in ihm nicht besser. Automatisch schloss sich Ragnars Hand um die des anderen, hielt sie fest, als hätte er Angst, Nathan könnte ihm sagen, dass er genug habe. Dass Nathan ihm letztlich gerade seine Liebe gestand, worüber Ragnar ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht hatte, war etwas, was er gar nicht richtig genießen konnte. Sein Inneres verkrampfte sich. Sie waren erst so kurz zusammen und er hatte seine Gefühle für Nathan noch gar nicht so klar definiert. Er wusste, dass Nathan ihm viel bedeutete, dass er seine Anwesenheit genoss und er ihm unglaublich viel gab. Und er wusste, dass ihr Sex nicht nur auf reine Befriedigung hinauslief, sondern dass da noch viel mehr dahinter war, etwas wesentlich Tiefergehendes. Und er wusste, dass er Nathan viel bedeutete. Schließlich hatte jener sich nicht von ihm abgewandt, obwohl er wusste, womit er unter anderem sein Geld verdiente. Aber dass Nathan so viel für ihn empfand, damit hatte er sich noch nicht gerechnet, noch nicht gewagt daran zu denken. Und umso schlechter fühlte er sich, dass er heute mitgegangen war, dass er sich in diese Gefahr gebracht hatte, ohne darüber nachzudenken, was Nathan dazu sagen wird. Die sanfte Berührung an seiner Stirn, als Nathan ihm die Haare aus dem Gesicht strich, ließ ihn nun nicht nur innerlich erzittern. Die nun folgenden Fragen rührten in seinen Eingeweiden herum. Doch das Fazit, das Nathan zog, ließ ihn Nathan unruhig ansehen. Konnte es sein, dass dieser unglaublicher Mann ihm gerade erst seine Liebe gestand, dann ihm klar machte, dass es ihm zu viel wurde und nun ihn bat aufzuhören? Und das, obwohl er ihn auch einfach verlassen hätte können. Ragnar schluckte. „Ich bin froh, dass du deiner Logik keinen Platz gelassen hast“, sagte er etwas atemlos, leise. Er hatte Mühe seine Stimme ruhig zu halten. „Und ja, du überrumpelst mich. Nicht aber mit deiner Bitte, denn ich habe schon geraume Weile den gleichen Wunsch und eigentlich hatte dieser Tag heute friedlich über die Bühne gehen sollen und damit dieses Kapitel in meinem Leben beenden sollen. Dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist, war nicht das, was ich gedacht hätte. Cole hätte mich heute schon nicht mehr dabei haben wollen, aber ich wollte ihn nicht allein lassen. Und auch wenn ich was abbekommen habe, so bin ich doch froh, dass ich bei ihm noch war und dass ich Antonin verständigen konnte. Aber ich verspreche dir, dass das die letzte gefährliche Aktion war, in die ich mich gebracht habe.“ Ragnar hob die Hand des anderen und küsste sie sanft, hielt sie sich an die Wange und schloss einen Moment die Augen. „Ich habe lange gehofft, dass mein Leben bald zuende ist. Aber du hast mir neues Licht in mein Dunkel gebracht, Nathan. Und ich kann mir mittlerweile nichts Schöneres vorstellen, als mit dir zu leben. Und irgendwie werden wir das schon hinbekommen, dass ich ein Leben mit dir in Ruhe führen kann.“ Er holte tief Luft und sah Nathan an. „Ich kann mir im Übrigen wohl doch ein wenig vorstellen, wie du dich gefühlt haben könntest. Und daher werde ich dich nie wieder in so eine Situation bringen. Das verspreche ich dir. Ich könnte es nämlich nicht noch einmal ertragen, dich noch einmal so zu sehen.“ Ragnar hob die Hand und strich Nathan durchs Haar. Er liebte diese Haare. Seine Finger glitten über das Gesicht, die Schläfe hinunter den markanten Unterkiefer entlang zum Kinn des anderen. Dann versuchte er sich zu dem anderen zu beugen, um ihn zu küssen, doch irgendwie fiel ihm das sehr schwer, so dass er Nathan mit sanfter Gewalt näher zu sich zog, um ihn küssen zu können. „Entschuldige, dass du das hier durchmachen musstest. Es tut mir leid“, wisperte er gegen die Lippen des anderen. Als Antonin das Zimmer betrat blickte Ragnar erstaunt auf. Das Lächeln, das der Mann trug wirkte so falsch, so aufgesetzt irgendwie bedrohlich. Doch Ragnar kannte diese Art des Lächelns. Es war ein Lächeln der Verzweiflung, das man aufsetzte, um den Verstand nicht zu verlieren und zusammenzubrechen. Er selbst hatte wohl schon des Öfteren auf eine ähnliche Art und Weise gelächelt. Besonders als er das Ergebnis des Test erhalten hatte. Noch bevor er etwas sagen konnte, begann Antonin zu sprechen. „So fühle ich mich auch ein wenig…“, murmelte Ragnar hinsichtlich des Kommentars, hörte aber weiter aufmerksam zu, die Hand seines Freundes weiterhin haltend. Das, was er zu hören bekam, erstaunte Ragnar nur bedingt. Er war sich zum einen sicher, dass es Costello war, der seine Finger im Spiel hatte, und genauso erstaunte ihn nicht, dass Antonin zu allem bereit war, Cole da rauszuholen. Die Andeutungen, die Antonin hinsichtlich Coles Vater machte, ließ ihn kurz die Stirn runzeln. Ob Antonin da mehr herausgefunden hatte? Dann konnte man nur hoffen, dass Cole die Wahrheit vertragen würde. Aber eigentlich musste er sich darüber keinen Sorgen machen. Antonin war ja für Cole da. „Ich werde dir helfen. Der Kortuna-Clan wird von den Zwillingen Harki und Sander Kortuna geleitet. Ihre rechte Hand ist Douglas. Harki ist ein mit waffenherumfuchtelnder Vollidiot und Douglas ein machtgieriges Arschloch, dem ich keinen Zentimeter über den Weg trauen würde, aber Sander ist der denkende Kopf der Organisation, dessen Position niemand in Frage stellt. Der Clan gilt als einer der mächtigsten hier, weil er letztlich den Waffenhandel im großen Rahmen in New York beherrscht. Das was Cole teilweise an Waffenhandel macht, sind Peanuts im Gegensatz dazu. Daher traut sich niemand an sie heran. Allerdings verstehen sich die Kortunas mit Costello nicht. Und wir haben uns heute schon gewundert, weshalb sie nicht da waren. Aber mittlerweile weiß ich, denke ich, die Antwort. Costello wird sie nicht eingeladen haben, um hinterher erzählen zu können, dass Cole sie nicht dabei haben hatte wollen. Wahrscheinlich hat er die Kortunas auf ihn angesetzt, ihnen weiß machend, er sei eine Gefahr für die Zwillinge. Vielleicht wollte er damit erreichen, dass er Cole loswird und dass du gleichzeitig in dem Clan aufräumst. Costello weiß was du bist und er wäre nicht er selbst, wenn er nicht versuchen würde, das auszunutzen.“ Ragnar überlegte kurz. „Sie regieren über einen großen Teil des südlichen Hafens, dort liegt auch ihre Zentrale. Ich habe die Telefonnummer von Sander.“ Ragnar deutete auf sein Handy, das bei seinen persönlichen Sachen auf dem Tisch des Zimmers lag. Antonin reichte ihm das Handy und Ragnar gab ihm die Nummer. „Ich weiß, dass Cole entführt wurde. Er ist nicht erschossen worden. Wenn die Kortunas ihn wirklich töten wollten, hätten sie es gleich gemacht. Weshalb sie es nicht getan haben, weiß ich natürlich nicht. Aber ich weiß, dass Sander Costello nicht über den Weg traut. Vielleicht spielt er das Spiel, das Costello für ihn vorbereitet hatte, nicht mit.“ Cole Stille erfüllte den Raum nachdem der leblose Körper zu Boden gesackt war. Cole blickte in das Gesicht seines Gegenübers. Der so typische Geruch von Schusswaffen, Kugeln und Blut erfüllte den Raum. Ob er jemals vergessen könnte, dass es diese Welt gab? Könnte Antonins und sein Traum wirklich jemals in Erfüllung gehen? Coles Blick ruhte noch immer in den Augen Sanders. „Ich hoffe nur, dass du dein Wort hältst, Cole“, sprach dieser ihn nun wieder an. „Ich habe gerade meinen besten Mann erschossen. Wenn sich das alles hier doch als Irrtum herausstellt, dann ist dein Leben auch verwirkt.“ Cole nickte ruhig. „Das weiß ich, aber ich weiß auch, dass soeben derjenige erschossen wurde, der an deinem Stuhl begonnen hatte zu sägen.“ Cole warf Douglas einen kurzen Blick zu. Blut floss aus dessen Mund, die Augen wirkten seltsam erschrocken. Cole war ehrlich gewesen. Er hatte Sander alles erzählt, alles, was er zu den Dingen wusste, die heute und in der jüngsten Vergangenheit geschehen waren. Er konnte keine Halbwahrheiten riskieren. Würde Sander misstrauisch werden, wäre er tot gewesen. Und daher erklärte er ihm, was Costello ihm von dessen Plänen verraten hatte, erzählte sogar von Antonin und ihm selbst. Gemeinsam kamen sie auf den Grund, weshalb Costello gewollte hatte, dass Sander Cole tötete. Und auch wenn Sander das Gefühl hatte, dass er ihm nur schwer glauben konnte, was Antonin war, schien er ihm zu vertrauen. Offensichtlich war es so extrem, dass man es einfach nur als wahr empfinden konnte. Nun und zuletzt hatte sich eines immer mehr herauskristallisiert: Bei Kortunas gab es jemanden, der gegen den Clan arbeitete. Und der war leicht gefunden. Gefunden und ausgeschaltet. „Und nun geht es daran, zu beschließen, was nun geschieht.“ Sander hob herausfordernd die Augenbraue. „Vorschläge?“ Cole lächelte leicht. „Hör zu, Sander. Ich versichere dir, dass ich mich komplett aus der Szene verabschiede und euch meinen Einzugsbereich überlasse, wenn ihr mir dafür helft, Costello auszulöschen. Aber zuerst möchte ich Antonin anrufen. Ich habe Angst, dass er Dummheiten begeht.“ Sander nickte langsam. Dann blickte er seinen Bruder an, der schweigend daneben gesessen hatte und fast ein wenig enttäuscht ausgesehen hatte, als Sander Douglas erschossen hatte, als hätte er es selbst gerne getan. So wenig IQ dieser Mann auch hatte, aber er war zum einen seinem Bruder vollkommen ergeben, und zum anderen absolut skrupellos. Cole bewegte sich vorsichtig. Der Schmerz in seiner Schulter hatte zwar nachgelassen, war letztlich aber noch immer unerträglich. Aber er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Jetzt galt es, Pläne zu schmieden, wie man weiterhin vorgehen wollte. „Ich glaube es wäre gut, wenn Antonin da ist. Und dann locken wir Costello in eine Falle.“ Costello Noch immer nichts, kein Anzeichen von Antonin, keine Nachrichten von Cole. Costello wurde minütlich nervöser. Langsam aber sicher sollte doch etwas geschehen. Ob Antonin wirklich sich erst um Cole kümmern würde? Wahrscheinlich und so war es ja auch geplant. Wenn er wirklich erst hierher kommen würde, wäre es fatal. Schließlich würde Douglas dafür sorgen, dass sowohl Antonin als auch Cole morgen früh nicht mehr aufwachen werden - so lautete der Deal. Costello griff zu seinem Handy, schrieb eine Nachricht und schickte sie an die Nummer, die ihm per Mail zugeschickt wurde. "Antonin, ich werde auch zum Hafen fahren und Cole dort herausholen. Haben Sie schon Neuigkeiten? Costello" Ein Spiel weiterzuspielen war wichtig. Er bezweifelte zwar, dass Antonin sich davon wirklich täuschen lassen würde, aber wenn er eine Reaktion erhielte, würde er vielleicht Neuigkeiten erhalten, was los war. Ansonsten konnte er nicht viel tun. Die Sicherheitsvorkehrungen an seinem Haus waren getroffen, die Wachen verdoppelt worden. Hier würde man nicht so leicht eindringen können. Da wäre es wahrscheinlich einfacher, in die Hochsicherheitsstrafanstalt der amerikanischen Bundesregierung in Colorado einzudringen. Nathan Nathan spürte wie Ragnar erzitterte, wie dessen ganzer Körper sich nicht ganz zwischen kompletter Anspannung und absoluter Erledigung entscheiden zu können schien. Und dessen Augen.. die Augen, die einen guten Teil seiner eigenen Verzweiflung spiegelten. Gott, er könnte es wirklich nicht ertragen, wenn Ragnar ihm jetzt entrissen werden würde. Das Schlimme daran war nur, dass aller Wohlstand hierbei gar nichts brachte. Es brachte ihm keinen Vorteil irgendeiner Art, er müsste sich einzig und alleine auf das Einsehen des anderen verlassen und obwohl er kein besonders gläubiger Mensch war, schickte er ein Stoßgebet hoch. Zu wem auch immer, wenn es ihm nur weiterhelfen würde. Als Ragnar zu sprechen begann, hatte er fast ein wenig Mühe, jenen zu verstehen, doch es ging. Auch wenn ihm diese leise, atemlose Stimme abermals ein eher schmerzhaftes Herzklopfen bescherte. Das Geständnis dass der andere selbst schon aussteigen wollte, beruhigte diese Art des Herzklopfens jedoch sofort. Ein wenig erstaunt aber auch erleichtert lauschte er den Worten des anderen und schloss die Augen kurz, als Ragnar seine Handinnenfläche küsste und sie dann an seine Wange legte. "Darüber bin ich auch froh, schließlich hat er mir auch Bescheid gesagt", murmelte er dann und öffnete die Augen wieder einen Spalt. "Und dass du den Wunsch bereits von selbst hast, erleichtert mich. So sehr, dass mir die passenden Worte dafür fehlen." Ein leichtes Lächeln schlich sich bei ihm ein. Eines, das man nur als liebevoll bezeichnen konnte. "Versprich nichts, was du nicht halten kannst. Auch wenn ich natürlich hoffe, dass sich alles in Wohlgefallen auflöst, so ahne selbst ich als Unbeteiligter, dass das alles nicht so leicht werden wird." Die sanften Berührungen genießend ließ er sich nur zu gern näher ziehen und küssen. Sollte doch ein Arzt kommen und sie auffliegen lassen, es war ihm in diesem Moment unglaublich egal, solange er nur diesen Kuss genießen konnte. "Hör auf dich zu entschuldigen", wisperte er zurück und küsste Ragnar abermals sanft. "Du tust mir den größten Gefallen, wenn du wieder gesund wirst und deine Worte wahr machst." Abermals strich er über das weiche Haar seines Freundes und so konnten sie noch eine Weile Zärtlichkeiten austauschen, bevor die Tür aufschwang und Antonin preisgab. Ohne seine Hand von Ragnars zu lösen, ließ er sich ein wenig in seinen Stuhl zurücksinken und betrachtete das Schauspiel, das sich ihm bot. Nathan, der Antonin bisher erst einmal gesehen hatte, wunderte sich über dessen Lächeln, kam jedoch anhand der Wortwahl bald dahinter, dass der Mann kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehen musste. Hatte Ragnar nicht erwähnt, dass Cole und Antonin zusammen waren? Und jetzt war Cole entführt worden? Diese Welt war wirklich nicht die seine und er versuchte so gut es ging auf Durchzug zu schalten und damit dem Ratschlag des anderen Mannes zu folgen. Je weniger er davon wusste, desto besser. Antonin Antonin machte sich sofort mentale Notizen zu diesen Personen, sich noch dazu durchringen könnend, dankbar zu nicken. Gut dass Ragnar wach und ansprechend war, diese Informationen waren wirklich dringend benötigt, auch wenn es vor Nathan stattfand. Doch der starrte fast ein wenig abwesend auf Ragnar und schien sich an seinen Vorschlag zu halten. Besser so für diesen. Wenn Antonin könnte, würde er sofort mit dem Mann tauschen und zusammen mit Cole ein sowas von langweiliges Leben führen, dass andere schon beim Gedanken daran gähnen müssten. Genau so ein Leben wollte er und er wusste, dass es ihn erfüllen würde. "Verständlich dass sich da niemand rantraut. Nicht einmal die ganz dummen laufen mit einer Handfeuerwaffe gegen eine Panzerfaust", murmelte Antonin und runzelte die Stirn. Wenn die Cole wirklich umgebracht hatten, würde er sie wohl laufen lassen müssen, denn in seinen Augen waren sie nur ausführendes Organ. Der Schuldige blieb nach wie vor Costello, auch wenn es ihn wurmen würde. Aber er sah sein Leben schon an Costello drauf gehen, da konnte er davor nicht noch riskieren, an einem Clan, der bis unter die Zähne bewaffnet war, zu sterben, bevor er sich um das Oberarschloch gekümmert hätte. Aber noch gab es ja die minimale Chance einer anderen Möglichkeit, eine an die Antonin sich mit aller Macht klammerte. Doch dann schüttelte er den Kopf. "Nein.. nein, das weiß Costello nicht. Abgesehen von Cole weiß das niemand." Diesmal war sein Lächeln für einen kurzen Bruchteil ehrlich. "Was ich bin und was ich kann, das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Aber womöglich wäre sein Plan aufgegangen, wenn ich von Anfang an davon überzeugt gewesen wäre, dass Cole tot ist." Er gab Ragnar das Handy und tippte die Nummer gleichzeitig in sein Handy ein. Doch noch bevor er wählen konnte, bekam er eine SMS. Hm.. diese Nummer besaßen seit jeher nur Nicholas, Cole und nun auch Costello. Er speicherte Sanders Nummer schnell ein und begann die eingetroffene Nachricht zu lesen. Natürlich.. Costello würde jetzt zum Hafen fahren und Cole rausholen. Und in der Hölle war Jahrmarkt. Kurz verächtlich schnaubend, trat er zum zweiten Besucherstuhl und ließ sich darauf nieder, bevor er die andere Nummer anwählen ließ. Wo auch alsbald jemand ranging, in einer Art und Weise, die ihm von Cole nicht unbekannt war. "Sander Kortuna, nehme ich an?", fragte er in seinem besten Plaudertonfall. "Mein Name ist Antonin Marakow und wenn ich Costellos Worte für bare Münze nehme, dann habt ihr Cole in eurer Gewalt und er kann leider, leider nichts dagegen tun. Findest du das gut, Sander? Dass der Kerl rumrennt und erzählt, ihr würdet ohne irgendwelche Kriegserklärungen einfach die Spitzenmänner der anderen Clans einkassieren? Man mag sich gar nicht vorstellen was passiert, wenn er das auch den anderen Oberhäuptern erzählt, richtig? Aber wie dem auch sei..,", und hier legte er eine kleine Kunstpause ein. "Mir ist euer Clanscheiß vollkommen gleichgültig. Mir ist es auch egal, dass der ach so mächtige Costello seinen besten Mann da nicht rausholen kann, aber sich angeblich auf dem Weg zum Hafen befindet, um es doch zu tun. Ich möchte nur wissen, ob Cole noch lebt und wenn ja, dann möchte ich einen Beweis, genug Informationen mit denen ihr etwas anfangen könnt als Bezahlung habe ich euch ja gerade gegeben." Er sparte es sich - wenn auch nur sehr schwer - zu drohen was passieren würde, wenn Cole nicht mehr lebte. Es wäre in diesem Moment eher hinderlich für die Sache. So wie er das gerade anging, konnte sich dieser Sanders denken, was für ein Spiel Costello vermutlich spielte und würde vielleicht anfangen zu denken, bevor er ihm eine Lüge erzählte. Wobei Antonin natürlich mit aller Macht darauf hoffte, dass Cole noch lebte und dass man ihn mit ihm sprechen lassen würde. Kurz schloss er die Augen, tief durchatmend. Sein ganzer Körper fühlte sich immernoch an als würde er unter Storm stehen und noch immer kostete es ihn immense Willenskraft, sich nicht von irgendeinem Dach zu stürzen. Es war wirklich seltsam, aber offenbar redete man sich wirklich lange genug ein, dass das Leben des Zieles auch das eigene war. Und ZACK schon war es tatsächlich so. Ohne Cole war aber so oder so kein wirkliches Leben mehr vorstellbar, höchstens ein Überleben und das war ihm zu wenig. Viel, viel zu wenig. "Costello hat übrigens noch keine Antwort von mir erhalten, etwas das du zu deinem Nutzen drehen könntest, wenn du vorhättest, neues Gebiet unter deine Fittiche zu bekommen", fügte er schließlich noch an und beschloss dann abzuwarten. Mehr konnte er nicht geben, denn mehr hatte er nicht mehr. Cole Gerade als er die Hand nach dem Handy ausstrecken wollte, das Sander im reichte, begann dieses zu vibrieren. Sander zog die Hand zurück und blickte darauf, stirnrunzelnd. Dann ging er ran und lauschte. Nach einem anfänglich verwirrten Blick schlich sich nach und nach ein Grinsen auf die Lippen des anderen Mannes und sein Körper entspannte sich. "Wenn ich nicht wüsste, dass es so etwas nicht gibt, würde ich sagen, dass Cole und du metaphysisch miteinander verbunden seid und euch fantastisch auf die Kunst der Gedankenübertragung versteht", sagte er und nun war es an Cole irritiert zu schauen. "Cole, das ist der Mann deiner Wünsche. Er bietet mir gerade an, Infos über Costello zu bekommen, wenn ich ihm versichere, dass du noch lebst." Noch bevor Cole die Hand ausstrecken konnte, reichte ihm Sander das Telefon mit dem Kommentar. "Moment, ich geb ihn dir." "Antonin?", fragte Cole und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ein Lächeln, das von Erleichterung sprach. "Ich bin froh dich zu hören, und mach dir keine Sorgen, mir geht es gut - ok die Schulter schmerzt, aber ansonsten ist alles in Ordnung." Cole hatte sich ein wenig gedreht und sprach leise und ruhig. Sein Blick war zwar auf den Boden gesenkt, aber er hatte die Augen geschlossen, genießend zu wissen, dass es Antonin gut ging. "Frag ihn woher er die Nummer hat", wurde ihm von Sander zugeraunt und Cole öffnete wieder die Augen. "Ragnar hat dir die Nummer gegeben, oder? Geht es ihm gut?" Als Antonin es nach kurzem Zögern bejahte, nickte Cole. "Hör zu, Sander hat durchschaut, dass Costello ein falsches Spiel spielt und wir haben uns zusammen getan, um dem ganzen ein Ende zu setzen. Ich wollte dich auch gerade anrufen, und dich fragen, ob du dabei bist. Ich glaube wir müssen uns ohnehin noch unterhalten und dann gemeinsam überlegen, was wir tun. Kann ich dich irgendwo abholen lassen, oder kommst du selbst in den Hafen?" Cole blickte Sander fragend an. Dieser signalisierte ihm, dass er ihn entweder abholen lassen kann, oder er zur East Oriole Street kommen solle. "Ist gut, dann holen sie dich ab und wir sehen uns gleich", fügte er noch hinzu und gab Sander schließlich sein Handy zurück. "Dir ist klar, dass wenn Costello stirbt, sich hier einiges ändern wird. Ich möchte noch ein paar Dinge klar stellen. Ich werde weg sein, keine Frage, aber ich möchte, dass meine Leute unangetastet bleiben. Sie werden die Wahl bekommen, was sie tun wollen, aber wenn sie sich zurückziehen, muss ihnen das auch gewährt werden. Ich möchte nicht, dass ihr sie überrollt und zwingt." Sander nickte. "Das sollte kein Problem sein." Kurz schwieg jener. "Ich weiß nicht genau, ob ich dich beneiden soll. Aber ich werde keine Fragen stellen, wie es zu deinem Entschluss kommt, aufzuhören. Ich kann mir denken, dass es mit der Person zu tun hat, die ich gleich kennenlernen werde. Aber ich weiß nicht, ob ich auch irgendwann mal soweit bin. Noch ist es eigentlich ein ganz angenehmes Leben für mich." Cole lachte leicht. "Du bist ja auch nicht dein Leben lang dazu gezwungen worden, indem man die Märchen erzählt hat", knurrte er leise. Es dauerte eine Weile, bis sie verständigt wurden, dass Antonin eingetroffen war. Cole ging mit Sander und dessen Bruder jenem entgegen. Als sich ihre Blicke trafen, wusste Cole, wie sehr die Geschichte an Antonin genagt haben musste. Aber er war genauso erleichtert, dass jener noch keine Dummheiten angestellt hatte. Schließlich hatte Antonin nicht davon ausgehen können, dass er noch lebte. Und Cole wusste, was jener getan hätte, wenn er bei dem Telefonat gerade erfahren hätte, dass er gestorben wäre. "Antonin, das sind Sander und Harki, die Oberhäupter des Koruna-Clans. Sie werden uns helfen das zu beenden, was beendet werden muss. Aber vorher wäre es wahrscheinlich ratsam, wenn wir uns unter vier Augen unterhalten." Er lächelte leicht, dann blickte er Sander an, der ihn kritisch musterte und kurz zögerte. "Gut", murmelte dieser schließlich und deutete kurz darauf auf einen Raum. "Ihr könnt da rein gehen. Aber wir sollten nicht mehr lange warten." Antonin Antonin runzelte die Stirn. Metaphysisch verbunden? Gedankenübertragung? Hatte er am Ende doch den trotteligen der beiden dran? Aber das klang fast so als ob... und tatsächlich wurde das Telefon mit einigem Gemurmel weitergereicht und wenn er nicht bereits sitzen würde, hätte er es spätestens jetzt tun müssen. Für einen kurzen Moment schien alle Anspannung aus seinem Körper zu weichen und er seufzte erleichtert auf. "Mach dir keine Sorgen, sagt er. Haben die dir zu fest über den Schädel gehauen?", brummte er ins Telefon, musste dann jedoch lächeln. "Du wirst eine ungefähre Idee haben wie erleichtert ich mich gerade fühle." Zwar besaß Antonin nicht den Hauch einer Ahnung, warum es Cole gut ging und warum man ihn sofort 'durchgestellt' hatte, aber er wusste, dass sich dessen Stimme anders anhören würde, wenn da ein Kerl mit einer Waffe dahinter stehen würde. Vermutlich hätte sein Freund auch sonst irgendetwas untergebracht, das Antonin einen Hinweis geben würde, so aber vertraute er auf das, was Cole ihm sagte und bestätigte schließlich auch, von wem er die Nummer hatte. "Er wurde ein wenig durch die Mangel gedreht, aber seine bessere Hälfte wird schon auf ihn aufpassen", bestätigte er ebenfalls den Gesundheitszustand von Ragnar. Danach erhielt er auch den Grund, weshalb es Cole nicht schlechter als vorher auch schon zu gehen schien. "Die sollen mich abholen, ich bin im Marx Krankenhaus und werde draußen warten", entgegnete er und beendete das Telefonat dann. Mit deutlich mehr oder vielmehr ehrlicherer Energie erhob er sich vom Stuhl und ergriff seine Reisetasche wieder. Ragnar schenkte er ein Lächeln. "Mach dir keine Sorgen mehr um Cole, sieht so aus als wäre dieser Sander tatsächlich ein recht schlaues Kerlchen und hat durchschaut, was Costello da treibt. Ich melde mich sobald ich mehr weiß oder der ganze Affenzirkus vorbei ist." Diesmal warf er Nathan einen schnellen Blick zu: "Ich hoffe für dich, dass der gute Mann hier vernünftiger als Cole ist, was die eigene Gesundheit betrifft. Pass gut drauf auf, dass er sich erholt und keine Dummheiten macht." Danach winkte er beiden noch einmal zu und verließ das Gebäude, um auf den Leihwagen zuzugehen. Dort räumte er einige Dinge aus dem Kofferraum in die Tasche und überprüfte seine beiden Eagles nochmal, bevor er sich gut sichtbar hinstellte und auf seinen Abholdienst wartete. Die Fahrt verlief schweigend und Antonin gab sich redliche Mühe, eine gelassene, selbstsichere Aura um sich herum aufzubauen. Gerade würde er viel darum geben hierin die gleichen Fähigkeiten wie Cole zu besitzen, denn nach seinem Lächeln war ihm jetzt einfach nicht mehr zumute. Als sie ankamen, schnappte er sich seine Tasche, strich die Art Anzug, den er trug, ein Stück gerade und stieg aus. Er wurde in eine Halle geführt, wobei er für den Sachverhalt der Situation erstaunlich wenig Aufmerksamkeit auf die Gegebenheiten lenkte, sondern vielmehr seinen Blick sofort auf Coles Gestalt heftete. Und in dem Moment als sich ihre Blicke trafen, begann sein Herz im Eiltempo zu schlagen und abermals wünschte er sich einen Stuhl. Irgendwo in seinem Kopf schien ein ganzes Stimmgewirr loszugehen. Lauter leisere und lautere Stimmchen, die ihm Coles Namen vorbeteten und ihm versicherten, dass sein Freund und Partner dort wirklich stand. Lebendig. Doch auch in dessen Augen nahm er Erleichterung wahr. War Cole davon ausgegangen, dass er sich sofort die Knarre an den Kopf hob? Nein, nein.. er hatte Costello nicht belogen. Er war ein Mann der Rache und schließlich müsste er seinem Freund im nächsten Leben ja auch irgendwas berichten können. Als er bei den dreien ankam, wurden ihm die anderen beiden vorgestellt, was er mit einem Nicken und einem nicht unbedingt vertrauensseeligen Blick zur Kenntnis nahm. Man durfte nicht vergessen, dass diese Männer Cole entführt hatten. Wer wusste schon, wann sie sich das nächste Mal umentschieden? "Solange sie nur nicht zuviel beenden", murmelte er und nickte dann auf den Vorschlag hin. Dass Sander das nicht ganz gefiel, konnte er sich schon denken, aber es gab einen Pluspunkt, dass er es ihnen dann doch gestattete. "Ja, wir haben nicht viel Zeit", bestätigte Antonin, schließlich doch zu seinem für diese Situation typischen Lächeln zurückfindend. "Schließlich habe ich Costello bereits darüber informiert, dass er sterben wird." Seine Stimme klang ein wenig träge durch den Akzent, der diesmal deutlicher durchschien, doch als er sich Cole zuwandte klang er wieder wie immer. "Komm, ich hab wenig Zeit, um viel zu erzählen." Ungefragt ging er voraus und kaum, dass Cole die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, ließ er die Tasche zu Boden gleiten und zog den anderen Mann an sich und in einen hitzigen Kuss. Er brauchte das jetzt dringender als jemals zuvor. Die Versicherung, dass der Mann hier vor ihm tatsächlich aus Fleisch und Blut bestand, atmete und das dessen Herz noch schlug. Es war keine sexuelle Begierde, die ihn antrieb, sondern eine viel tiefer gehende Sehnsucht. "Mach mir nie wieder so eine scheiß Angst!", fauchte er dann schon fast und funkelte Cole kurz an. Natürlich wusste er wie sinnlos es war, jetzt auf diesen sauer zu sein, es war vielmehr ein Ausdruck seiner Sorge um ihn und ein Zeichen für die Emotionen, die er die ganze Zeit unterdrückt hatte und noch immer nicht ganz loslassen durfte. Vor ihnen lag noch eine Menge Arbeit. Doch zuerst... Er löste sich von Cole und beugte sich zu der Tasche, eine Wasserflasche und zwei Tabletten herausnehmend. "Das sind nicht die von Raphael sondern von mir. Normalerweise würde ich dir davon keine geben, aber da du die anderen ja unangetastet zuhause gelassen hast..." Auffordernd streckte er Cole beides hin und sah sich nach einem Stuhl um. "Setz dich, ich habe nicht besonders viel Gutes zu berichten", erklärte er dann und zog einige Akten aus der Tasche, die er dem anderen reichte, nachdem er die Tabletten genommen hatte. "Ich habe mich die letzten Wochen über Costello informiert. Ab ungefähr zwei Monate bevor deine Familie getötet wurde und ich bin auf Dinge gestoßen, über die ich mit dir in aller Ruhe sprechen wollte. Leider hab ich den wirklichen Beweis für meine Theorien erst heute erhalten, als ich in dessen Pharmacyfirma eingedrungen bin.." Und damit begann Antonin seine Ergebnisse vor Cole auszubreiten. Seine Vermutung darüber, dass Costello die Mörder seiner Familie schon lange beiseite schaffen hatte lassen. Dass diese im Grunde nur ausführendes Organ gewesen waren. Die Berichte über Costello, den Machtwahn, dem dieser erlegen war und das was er über Coles Vater in Erfahrung gebracht hatte. Dass diesem krebsfördernde Mittel gespritzt worden waren, wohl um Dinge zu testen, dass die Einverständnisverklärung von Robert Tinsley jedoch nie soweit ging und dass er bereits Krebs gehabt hatte. Sprich er ließ nichts aus und verschönte auch nichts. In dieser ganzen Zeit ließ er Cole nicht eine Sekunde aus den Augen. Er erzählte auch, was er bisher getan hatte und wie er auf Sander gekommen war, dass er Costello eine Email zukommen hatte lassen und am Schluss, um das ganze wenigstens ein klein wenig wieder ins hier und jetzt, in die Gegenwart zu ziehen, erwähnte er auch, dass Coles Nachbarin sich um das Fellknäul kümmern würde. Cole Ohne Widerstand ließ sich Cole küssen, erwiderte vielmehr den Kuss mit der gleichen Sehnsucht, die Antonin in den Kuss hineinlegte. Den Schmerz, den er in seinem Arm spürte, durch die Bewegung, ignorierte er. Die darauffolgenden drohenden Worte nahm Cole mit einem ruhigen Blick auf. "Das habe ich auch nicht vor", murmelte er und küsste Antonin noch einmal. Als Antonin die Tabletten herausholte und Raphael erwähnte fiel Cole etwas ein. "Apropos", meinte er und schraubte sich umständlich die Wasserflasche auf. "Raphael hat mir eine SMS geschickt, die recht panisch klang. Ich soll dir sagen, dass du das - was auch immer es ist - in einen komplett falschen Hals bekommen hättest und er das nicht in Bezug auf mich gesagt hätte." Cole blickte Antonin fragend an. "Ich gehe davon aus, dass du weißt, was damit gemeint ist." Er nahm die Tabletten in den Mund und schluckte. Dann setze er sich, wie es ihm angeraten wurde. Es war keine Überraschung gewesen, dass Antonin sich an Costellos Fersen geheftet hatte, allerdings erstaunte Cole der Rest. "Costello hat ein Chemielabor?", fragte er ungläubig. "Davon weiß ich ja gar nichts." Doch die nun folgenden Einzelheiten waren noch erschreckender als erwartete. Coles Blick wurde von Wort zu Wort kühler. Konnte das wirklich sein? - Aber es gab keinen Grund zu zweifeln. Als Antonin endete wusste Cole nicht so recht, was er sagen, denken, fühlen sollte. Er hatte zwischendrin dem Blick des anderen nicht standhalten können. Zu heftig waren die Dinge, die er zu hören bekam. Und auch jetzt war sein Blick gesenkt. In seinem Kopf schwirrte es. Er konnte nicht sagen, dass er Antonin misstraute, dass er es nicht glaubte, gar nicht. Das Verwunderliche war, dass er nicht ein Wort anzweifelte. Hatte er es schon immer geahnt, dass da etwas so Großes im Argen lag? Hatte er tief im Inneren schon immer geahnt, dass es etwas in der Art gewesen war? Aber wieso hatte er nie nach Klarheit verlangt? Wieso hatte er Costello nie gezwungen, ihm die Wahrheit zu sagen? Weil jener ihn mit dieser Psychoscheiße konfrontierte? Weil jener nun mal doch so eine Art Vater für ihn war? Weil er Halt gebraucht hatte? Cole wusste es nicht so ganz. Aber ihm war klar, dass er jetzt nicht mehr die Augen verschließen konnte. Denn jetzt war die Wahrheit da und stand im Raum und war nicht mehr wegzudenken. Und jetzt musste er handeln. Doch der Hass, den er wohl hätte spüren müssen, war nicht da. Er fand ihn nicht. Er empfand nicht den Hass, den er seinen Eltern doch schuldig war. Und anstatt dass er das Gefühl hatte, Costello sofort beseitigen zu wollen, spürte er viel mehr nur den Wunsch, dass das ganze hier einfach nur ein Ende haben würde. Er wollte hier weg, gemeinsam mit Antonin weggehen. Er wollte ein ruhiges Leben, ohne Mord und Gewalt, ohne eine Vergangenheit des Grauens. Und dies verwirrte ihn. Wieso empfand er jetzt nicht, wie er es eigentlich sollte, um genug Kraft zu haben, um zu beenden, was beendet gehört. Verzweifelt blickte er endlich auf. "Danke", begann er zögernd. "Danke, dass du das alles herausgefunden hast." Noch einmal schwieg er kurz. "Es ist seltsam, aber ich habe gar nicht das Bedürfnis, Costello umzubringen, auch wenn er es verdient hätte. Ich..." Cole verstummte und senkte den Blick wieder. Er fühlte sich so furchtbar leer an, so ausgelaugt und kraftlos. Wo war mit einem Mal seine ganze Kraft? "Ich möchte nicht mehr töten, Antonin. Ich kann nicht mehr. Gibt es denn keine andere Möglichkeit?" Seine Finger spielten unruhig werdend miteinander. "Können wir es denn nicht irgendwie anders lösen?" Antonin Zu der Sache mit dem Doc gab Antonin nur einen Laut von sich, den man als ungläubig oder abwertend deuten könnte. "Dieser Mann sollte lernen, sich besser auszudrücken. Aber ja, ich weiß was gemeint ist. Danke für die Information." Die ganze Sache hatte er eigentlich schon wieder vergessen gehabt. Sie war nicht wirklich wichtig und wenn der Arzt Cole weiterhin zusammenflicken würde, war es ihm egal, was dessen persönliche Meinung zu irgendwelchen Dingen war. Im Grunde war es ihm völlig gleichgültig. Antonin beobachtete seinen Freund genau und wusste nicht so ganz, was er von dessen Mimik zu halten hatte, vor allem da jener den Großteil der Zeit den Kopf gesenkt hielt. Seit wann denn das? Seit wann gab Cole mit solchen Gesten zu verstehen, dass etwas ganz furchtbar an ihm nagte? Selbst zu ihren heftigsten Zeiten hatte sich sein Freund diese Blöße nie gegeben und jetzt saß er hier, mit seinem kaputten Arm und gesenktem Kopf und ließ die ganze Wahrheit einfach so über sich ergehen? Ein unwilliger Muskel zuckte in Antonins Gesicht und er musste die Hand heben und über die Haut fahren um ihn wieder zu beruhigen. Wo blieb die Reaktion? Wo blieb der Unglaube? Der Hass? Die erwartete Kurzschlussreaktion? Der Frust darüber, dass Antonin das hinter seinem Rücken erledigt hatte? Wo zum Henker, wo?! Und als Cole endlich aufsah, traf ihn dessen Verzweiflung mit voller Breiseite. Etwas, das ihm fast die Luft abschnürte, aber immerhin endlich eine Gefühlsregung darstellte. Doch dass sein Partner sich bedankte, brachte Antonin schon wieder zum wanken. Auch hier hatte er mit einer anderen Reaktion gerechnet und als Cole weitersprach, wollte er ihn nehmen und schütteln bis sich die Gehirnzellen wieder am richtigen Fleck befanden! Antonin kam sich gerade vor als stünde er mitten im Wald, mit dem Befehl den ganzen zu roden und abzuholzen, ohne dass man ihm eine Axt mitgegeben hätte. "Du möchtest ihn nicht mehr töten?", wiederholte er ruhig und blinzelte ein paar Mal überdeutlich. "Was zum…" Er ließ seinen Blick über die gebrochene Gestalt gleiten und seine Augen verdüsterten sich. Cole hatte nicht zu brechen! Nicht jetzt und überhaupt schonmal gar nie! Aber ganz besonders jetzt nicht, wo sie kurz davor standen, das Oberarschloch zu erledigen und dann endlich ihre Ruhe hätten. Er atmete tief durch und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, bevor er anfing zu sprechen. "Gut, ich kann das ein klein wenig nachvollziehen. Ich wollte Nicholas auch nicht töten, du bist schwer verletzt, du hast einen Unfall hinter dir und wurdest hier sicherlich auch nicht besonders gut behandelt. Ich kann gut verstehen, wenn du dich lieber aus der Sache heraushalten möchtest und selbst nicht mehr töten willst. Ist vielleicht auch besser mit deinem Arm." Kurz schwieg er nach diesen durchaus ruhig und freundlich dahin gesagten Worten, ein paar Schritte von Cole zurücktretend, ein Stück näher zur Tür rückend gab er seinem Freund keine Warnung auf die Lautstärke, die sich gleich darauf auf ihn niederprasseln sollte: "Bist du von allen guten und bösen Geistern dieser Welt verlassen worden?! Eine andere Lösung?", höhnte er und seine Stimme überschlug sich fast vor freigelassener Empörung. "Spinnst du?! Als ob ich auch nur eine Sekunde lang ruhen würde, bevor ich dessen Leiche nicht mit eigenen Augen gesehen habe! Von mir aus bleib hier sitzen und bedauere dich selbst! Vor dieser verschissenen Tür stehen zwei Clanoberhäupter, die den Kerl aus dem Weg haben wollen und die mehr Feuerkraft im linken Zeh haben, als du im ganzen Dreams versteckt hast! Und da sitzt du hier und erzählst mir etwas von anderen Lösungen?!" Antonin gab sich keine Mühe seine Stimme runter zu fahren, nein, jetzt wo er den Griff um seine Emotionen verlor, konnte er es gar nicht mehr stoppen. "Nicht nur dass der Penner deine Familie auf dem Gewissen hat und uns beide aus dem Weg räumen wollte, nein als ob das nicht reichen würde liegt Ragnar wegen SEINEN Anordnungen im Krankenhaus. Und hast du schonmal drüber nachgedacht, warum dich bei dem letzten Kampf jemand aus DIESER Entfernung mit DIESER Sicht nicht tödlich getroffen hat?! HAST DU DAS?! Nun, ich habe darüber nachgedacht und noch über viel mehr! Der Kerl hat dich dein Leben lang manipuliert und ausgenutzt und obwohl du nach wie vor alles getan hast, was er verlangt hat, OBWOHL du mir versprochen hast, heute zuhause zu bleiben, sitzt du jetzt hier und hast es einzig und alleine einem schlauen Köpfchen zu verdanken, dass du noch lebst! Bleib ruhig hier sitzen und bemitleide dich selbst, ICH werde diesen Abschaum von der Erde pusten und wenn es das letzte ist, was ich tue!" Damit wollte er sich eigentlich schon umdrehen und die Tür aufreißen, hielt dann aber doch nochmal inne und atmete tief durch. "Cole.. ich liebe dich wirklich, aber gerade bin ich kurz davor, dich hier einsperren zu lassen und erst zu holen, wenn alles vorbei ist." Cole Erschrocken blickte Cole auf, als er angeschrien wurde. Einen Moment verfinsterte sich seine Mine und seine gesamte Gestik ging auf Abwehrhaltung, sein Sturkopf war geweckt. Doch nur so lange, bis der Inhalt der Worte, der anklagenden aber wahren Worte zu ihm durchdrang. Und die wichtigste Wahrheit, die zu ihm durchdrang war die, die Costello jahrelang geblockt hatte: Dieser 'Penner' - um bei Antonins Wortwahl zu bleiben - hatte seine Familie auf dem Gewissen. Und war es nicht Costello selbst, der ihm immer eingetrichtert hatte, dass er an seine Familie denken musste? Und dann war da noch Ragnar. Ja, ihm gegenüber würde es auch nicht gerecht sein, wenn Cole jetzt den Schwanz einzog. Wie hatte er eigentlich auf diese dämlichen Gedanken kommen können, dass es auch ohne Gewalt zuende gehen könnte? Was hatte ihn geritten? Aber diese Frage war leicht zu beantworten. Er war verdammt müde und er hatte absolut keine Kraft mehr. Aber wer war er, wenn er deswegen jetzt schlapp machte? Er war Cole, oder etwa nicht? Cole, der es nicht kannte, Schwäche zu zeigen. Und wieso in Dreiteufelsnamen musste er jetzt das Gefühl haben, etwas nicht zu schaffen? Jetzt, wo es darauf ankam? Mitleid? Empfand er das wirklich für sich? Dieses elendige Selbstmitleid, das er anderen immer anlastete, das er eigentlich verfluchte? Irgendwie offenbar schon. In Gedanken versunken saß Cole da, war letztlich schon mit seinen Gedanken dabei, sich zu überlegen, wie er vorgehen sollte, als er die letzten Worte des anderen hörte. Überrascht blickte er auf und sah, dass Antonin zur Tür getreten war. Und ohne recht zu hören, was Antonin noch sagte, außer dass er ihn liebte, stand er auf und griff nach dem Handgelenk des anderen, ihn in der selben Bewegung zu sich ziehend. Der Schmerz in seiner Schulter durch die plötzliche Bewegung ließ ihn kurz zischend Luft einsaugen. "Entschuldige, ich bin ein Idiot", sagte er mit fester Stimme. "Ich weiß nicht, was gerade in mich gefahren ist. Du hast vollkommen recht. Und ich werde dich bestimmt nicht alleine gehen lassen, auch wenn ich wohl ein Handicape habe." Er blickte Antonin mit ruhigen Augen an. Ja, da war sie wieder die Entschlossenheit, die er eigentlich schon gestern Abend gehabt hatte. Und auch die Stärke meldete sich langsam aber sicher zurück. "Lass uns das Arschloch beseitigen. Und dann werden wir endlich nur noch Zeit für uns haben." Er küsste Antonin spielerisch, als die Tür aufging. "Habt ihr beiden...", Sander räusperte sich. "Und ich hatte doch recht. Harki schuldet mir 100 Dollar", murmelte er. "Kommt jetzt, ihr zwei Idioten. Wir müssen los. Ich habe gerade Infos bekommen, dass Costello sich in seinem Haus verschanzt hat. Offenbar erwartet er uns. Meine Leute freuen sich schon darauf, ein Haus zu kapern." Sander grinste leicht und Cole blickte ihn leicht grinsend an. "Na dann wollen wir mal die Ratten ausräuchern." Das Leuchten, das in seinen Augen funkelte, spiegelte seinen Tatendrang wieder. Er war wirklich ein Idiot gewesen. Ob es der Einfluss war, die Psychoshow, die Costello bei ihm immer abgezogen hatte, die ihn kurzzeitig hat zweifeln lassen? Wahrscheinlich. Aber nun würde er nicht zögern abzudrücken. Das war er seiner Familie schuldig. Das war er Rachel, seiner Schwester, Julian, seinem Bruder, Marie, seiner Mutter und allen voran Ronald Tinsley, seinem Vater, schuldig. Und das, was er sich seit jenem Tag gewünscht hatte, war nun endlich möglich. Jetzt würde er seine Rache erhalten. Als sie ihm Auto saßen, lehnte Cole seinen Kopf ans Fenster und blickte hinaus. Die Schmerztabletten wirkten langsam und er fühlte sich schon besser, dennoch wusste er, dass er sich nur eingeschränkt würde bewegen können. Nachher würde er dafür sorgen, dass er jemanden bei sich hatte, der ihm seinen linken Arm ersetzte. Antonin würde er nicht damit behelligen. Jener war so wichtig, dass er ihm keinen Klotz ans Bein hängen wollte. Und jetzt starrte er erst einmal hinaus. Er ging noch einmal die vielen Informationen durch, die Antonin ihm mitgeteilt hatte. Erst jetzt wurde es ihm so recht bewusst, was dieser alles herausgefunden hatte. Erst jetzt realisierte er, was er all die Jahre auch verdrängt hatte. Denn alle Ungereimtheiten ergaben mit einem Mal seinen Sinn. Er legte Antonin, der neben ihm saß, seinen Arm um die Schultern und zog ihn zu sich, um ihn zu küssen. "Danke", wisperte er. "Danke, dass du so ein wunderbarer Hitzkopf bist." Er lächelte leicht, dann stoppte das Auto. Während Sander seinen Leuten erklärte, was in der Zwischenzeit seine Leute hinsichtlich der Wachen und Abwehranlagen herausgefunden hatten, ließ sich Cole seine Waffe geben. Er lud sie und entsicherte sie gleich. Später würde er dafür keine Zeit haben. Als Sander endete ging er zu ihm. "Ich brauche einen linken Arm", erklärte er und sah ihn an. "Nimm David dort drüben. Er bewundert dich und wird dich beschützen." Cole hob die Augenbrauen. "Einer deiner Leute bewundert mich? Wie komm ich denn zu dieser zweifelhaften Ehre?" Sander zuckte mit den Schultern. "Viele in NY bewundern dich, weil du eigentlich immer einer der wenigen warst, die es geschafft haben, dass alles relativ friedlich verläuft. Und du bist immer ehrlich." Sander lächelte Cole zu. "Viel Erfolg. Wenn wir ihn erwischen, werden wir auf dich warten. Meine Leute wissen Bescheid." Cole nickte. Antonin Als Cole so abrupt aufstand, war Antonin auf wirklich alles gefasst. Von einem Brüllkonzert bis hin zu einem Schlag, doch das jener nach ihm griff, um sich selbst als Idioten zu bezeichnen, nun damit hatte er sicher nicht gerechnet. Vermutlich sah er gerade ein wenig so aus wie ein Fisch, den man aus dem Wasser zog und an Land warf. Es kam ja sehr selten vor, doch diesmal stand ihm der Mund vor lauter Überraschung offen. Wann würde dieser Mann endlich aufhören ihn ständig zu Überraschen? Hoffentlich nie… Und da war auch wieder der Ausdruck in den Augen, welchen er sich vorher schon erhofft hatte. Jener, der verkündete, dass das jetzt durchgezogen werden würde, komme was da wolle. Gott, es war so furchtbar unpassend aber am liebsten hätte Antonin seinen Freund gerade besprungen und zum nächsten Bett gezerrt. Oder in Ermanglung dessen eben an den nächsten Tisch oder Stuhl. Ein leichtes Lächeln bahnte sich den Weg auf seine Lippen. "Aber immerhin bist du mein Idiot. Und ich nehme dich diesmal haarklein beim Wort", verkündete er und ließ sich dann nur zu gerne in den Kuss ziehen. Küsse von Cole waren immer toll. Küsse mit Cole nachdem er ihn angebrüllt hatte waren absolut heiß. Das sollte er sich unbedingt merken. Unwillig verengte er die Augen als Sander plötzlich in der Tür stand und funkelte ihn an. Wie konnte der Kerl es wagen jetzt zu stören?! Andererseits konnte Antonin sich sehr gut vorstellen wie und vor allem warum Sander das konnte. Verdammte, ungerechte Welt. "Und es war so offensichtlich, du hättest mehr wetten sollen", grummelte er und griff nach seiner Reisetasche, um den beiden nach draußen zu folgen. Ihm persönlich war es in diesem Moment sowas von egal, dass sie 'erwischt' worden waren und so wie es aussah war das zu diesem Zeitpunkt auch nichts Störendes für diesen Kerl. Sehr gut, ein weiterer Pluspunkt auf der Liste für den Sandmann. Hm, wo kamen seine dummen Sprüche auf einmal wieder her? Wenn Antonin lange und scharf nachdenken musste, würde ihm nicht mehr einfallen, wann er begonnen hatte, so ernsthaft mit anderen Leuten umzugehen und ihnen sogar Respekt zu erweisen. Darüber sollte er beizeiten mal in aller Ruhe nachdenken. Ruhe, die sie jetzt nicht besaßen und er sich auch im Auto nicht nehmen wollte. Dort kramte er nämlich in seiner Tasche herum, bis er die Platte in den Händen hielt. Er selbst hatte die gleiche Konstruktion wie beim letzten Kampf bereits unter dem Hemd an. Danach holte er zwei recht bekannte Ohrenstöpsel heraus und reichte eines davon an Cole weiter. "Ich hab dir ein kabelloses besorgt, du solltest also nicht zuviele Selbstgespräche führen." Er grinste kurz frech. "Sobald ich meines aktiviere, haben wir uns gegenseitig dauernd im Ohr", setzte er erklärend hinzu und deutete dann auf die Platte. "Ich lege sie dir an, wenn wir aussteigen und pass auf deinen Arm auf. Die Tabletten sind wirkliche Hämmer, aber das bedeutet nicht, dass sie die Wunde heilen. Mach es also nicht schlimmer als es bereits ist!" Zwar sprach er leise aber bestimmend. Man hatte ihm Cole heute schonmal weggenommen und er hatte nichts dagegen tun, ja es nicht einmal erahnen können. Das würde ihm nicht noch einmal passieren, gerade nicht, wenn sein Beschützerinstinkt ganz oben auf der Oberfläche trieb und seinen Tribut forderte. Ein Tribut, der die Sicherheit seines Partner darstellte. Einem Partner, dem er vorher seine Liebe verbal gestanden hatte, wie ihm gerade mal so auffiel. Oh toll, es brauchte also nur eine Entführung, um seine Gefühle in Worte fassen zu können? Skeptisch hob er eine Augenbraue, seufzte dann jedoch und ließ sich von Cole aus seinen Gedanken reißen, als jener ihn zu sich zog und ihn küsste. "Einer von uns muss es ja sein", murmelte er gegen Coles Lippen und hauchte noch einen weiteren Kuss auf diese als der Wagen hielt. Antonin wartete gerade lange genug bis Sander und Cole fertig gesprochen hatten, bevor er dessen Hemd, ungeachtet sämtlicher Zuschauer anhob und die Platte in wenigen aber effizienten Handgriffen befestigte. Dabei darauf achtend, den Arm möglichst wenig zu berühren oder zu bewegen. Dann warf er diesem David, der näher gekommen war, als er seinen Namen gehört hatte, einen prüfenden Blick zu: "Weniger bewundern und mehr schießen lautet die Devise. Autogramme kann er momentan sowieso keine geben." Dann wandte er sich von beiden ab und griff ein letztes Mal in seine Tasche, um einige größere Waffenteile heraus zu nehmen, die er mit wenigen Griffen zusammensetzte und durchlud. "Hey Cole, muss er eigentlich noch an einem Stück sein, oder reicht es wenn er noch atmet?", fragte er dann völlig ruhig und befestigte ein Lederband, um sich das Maschinengewehr locker, um die Schulter hängen zu können. Etwaige Blicke ignorierte er gekonnt. Sollten die Leute hier machen was sie wollten, er war kein Teamspieler. Zudem er auch gar nicht als ein solcher ausgebildet worden war. Sobald er das Gerät aktivierte, hätte er ständigen Kontakt zu Cole, das müsste an Teamplay reichen. Cole Cole ließ sich bereitwillig die Metallplatte anlegen und kontrollierte dann noch einmal seinen Stecker im Ohr. Seine Augen ruhten die ganze Zeit auf dem Mann vor ihm, den er am liebsten hinter die nächste Ecke gezerrt und vernascht hätte. Aber dieser Tatendrang, der für diese Gefühle zuständig war, musste jetzt auf andere Dinge konzentriert werden. Und wenn das hier vorbei war, dann würden sie es nachholen, stundenlang, tagelang, monatelang, jahrelang. Denn genug, das stand für Cole fest, würde er von Antonin nie bekommen können. David nickte irritiert über Antonins Kommentar und blickte dann vorsichtshalber Cole an, der diesem ruhig entgegensah. "Du musst nur meine linke Seite ersetzen", meinte er und lächelte kurz. Dann wendete er sich wieder Antonin zu, der seine Waffen lud. "Es wäre gut, wenn er noch hören könnte, was ich ihm zu sagen habe", antwortete Cole auf Antonins Frage und lächelte kurz. "Das ist alles." Kurz zögerte, dann trat er noch einmal näher an den anderen heran, so dass dieser gezwungen war, ihn anzusehen. "Hör gut zu, Antonin", sagte er leise und eindringlich. "Du passt dort drinnen noch mehr auf dich auf, als ohnehin schon, denn ich habe vor, so schnell wie möglich mit dir am Strand zu liegen und Cocktails mit kleinen Schirmchen zu schlürfen, hast du mich verstanden?" Kurz blickte er ihn nur ruhig an, dann küsste er ihn noch einmal sanft. "Wir sehen uns später und hören uns unterwegs." Dann drehte er sich David zu. "Komm, ich weiß, wo ich rein möchte." Kapitel 109: Das Ende --------------------- Cole Es war recht laut gewesen, als sie durch das Tor in das Grundstück eingedrungen waren. Doch sie hatten sich auch nicht bemüht, leise zu sein. Schließlich lenkten sie die Sicherheitskräfte Costellos auf sich, um die anderen, die hinten herum in das Grundstück eindrangen, zu schützen. Dass Costello über ihr Eindringen die Polizei verständigte, war völlig unwahrscheinlich. Doch besonders schnell kamen sie nicht voran. Langsam kämpften sie sich vor. Costello hatte mehr Männer, als Cole sich hatte vorstellen wollen. Offenbar hatte jener einiges mehr vor ihm verheimlicht, als er ohnehin schon geahnt hatte. Aber gut. Es wird ihm nichts nutzen. Als sie schließlich nahe genug am Gebäude dran waren, versprach Sander Feuerschutz, so dass David und Cole nach einem kurzen Spurt die Eingangstür erreichten. Hier drinnen kannte Cole sich aus. Aber er wusste nur ungefähr, welche Sicherheitsmaßnahmen hier ergriffen worden waren. Und so schlichen sie sich vorsichtig in Richtung Büro, wo er Costello vermutete. "Antonin", fragte er schließlich. "Wo bist du gerade?" Die Geräusche in seinem Ohr irritierten ihn ein wenig. Antonin Er sah den beiden Gruppen nach, das Haus - vielmehr die Festung - vor sich musternd. Cocktails mit Schirmchen? Ein schöner Gedanke und ein Versprechen, das schon ausstand, seitdem sie sich das erste Mal nahe gekommen waren. Sie waren zwar am Strand gewesen, aber sich gemütlich irgendwo hinsetzen, um Cocktails trinken zu können... nun das war ein Traum, auf den es sich hinzuarbeiten lohnte. Jetzt sollte er seine Aufmerksamkeit jedoch auf die Aufgabe richten, die vor ihm lag. Für jemanden wie Costello gab es ein sehr passendes Lied: Es war einst ein König, mit großer Macht der hat über Gott und den Teufel gelacht er hatte sein Volk gequält und beraubt bei Hofe da hat er sich sicher geglaubt doch dann kam der Pöbel mit Sense und Axt und hat seinen Herren den Gar ausgemacht aber der König, der größte Tyrann der war wie die Ratte, die schwimmen kann die Ratten verlassen das sinkende Schiff und der, den die harte Strafe dann trifft der war nicht schnell genug, um zu fliehn man sieht die Ratten in Sicherheit ziehn Antonin fand das für die Situation sehr passend und er war sich sicher, dass Costello zu den schwimmenden Ratten gehören würde. Wie magisch wurde sein Blick vom Meer angezogen, das sich hinter der Villa erstreckte. Na, wie würde jemand von Costellos Kaliber wohl aus einem Haus verschwinden, das unter Beschuss stand? Über die Kanalisation? Nein, sicher nicht. Die Melodie des Liedes leise vor sich hinsummend hielt er auf das nächstbeste Fahrzeug zu und zeigte sich zufrieden als der Schlüssel noch steckte. Sehr nachlässig diese Kortunajungs, aber ihm kam es gerade recht. Es dauerte nur wenige Minuten bis er am Strand zum stehen kam und sich, vorbei an drei weiteren Villen, den Weg durch den Sand vorwärts mühte. Es war nie ein Spaß, durch nassen Sand laufen zu müssen, und jetzt stand ihm sogar noch eine Kletterpartie über schroffes Felsgestein bevor. Aber alleine dass es dieses Gestein hier gab, sollte ihm eigentlich recht geben. Oben angekommen warf er einen abschätzenden Blick auf seine leicht aufgeschürften Hände und verfluchte den Zustand, dass er nicht an Handschuhe gedacht hatte. Aber tatsächlich hatte er von hier oben einen guten Ausblick auf ein nettes kleines Boot und ein Gitter, das einen Tunnel versprach. Also würde die Ratte dort aus dem Haus raus kommen und sich mit dem Boot verdrücken, ja? Aber nicht mit ihm. Antonin war kurz davor zu kichern, bevor er sich an den Abstieg machte und schließlich, wieder am Boden angekommen, auch das Gerät einschaltete, das die Kommunikation zwischen Cole und ihm ermöglichen würde. Wenn er sich täuschte und Costello nicht abhauen würde, dann müsste er den Tunnel für sich selbst nutzen, um ins Haus zu gelangen. Doch aus dem Gerät drangen nur entfernt die Geräusche von Schusswechseln und hin und wieder Coles Atem. Etwas, das Antonin als sehr beruhigend empfand. Kurz überlegte er das Boot zu sabotieren, ließ es dann aber sein. Das könnte ihnen noch gut weiterhelfen, wenn es an ihnen war, sich schnell zu verdrücken. So drückte er sich links neben dem Tunnel in den Schatten und wartete. Und obwohl Cole ihm nichts Gegenteiliges durchgab, begann er sich nach einiger Zeit zu fragen, ob ihm seine geschulte Spürnase diesmal nicht einen Streich gespielt hatte. Doch dann quietschte das Eisengitter leise, als es beiseitegeschoben wurde und Costello sowie zwei seiner Leute traten hindurch. Antonin erkannte das Oberarschloch sofort wieder und zog seine Eagle mit einem U unheilverkündendem Lächeln. Wie so häufig, wurde sein Herzschlag ruhiger und während er das eine Auge schloss, konnte er sich diesmal alle Zeit der Welt zum zielen lassen. Noch mehr Spaß würde es nur noch als Scharfschütze machen. Und ja, diesmal bezeichnete Antonin das Ganze tatsächlich irgendwie als Spaß, denn dieser Bastard war nicht nur für Coles körperliche Schmerzen zuständig. Nein, dieses Monster hätte seinen geliebten Freund fast so weit gehabt, tatsächlich daran zu glauben, dass er keine Liebe empfinden könnte. Dass er es vielleicht auch gar nicht verdient hätte. Und so empfand Antonin keine Unze an Mitgefühl für den Kerl. Er zielte, drückte ab und zielte schon wieder ohne sich überhaupt zu versichern, dass der Bodyguard von Costello umfiel. Innerhalb weniger Sekunden hatte er beide erledigt und hob gerade ein drittes Mal an um den herumgefahrenen Costello eine Kugel in den Leib zu jagen, als er Coles Stimme hörte. Fast ein wenig unwillig zischte er und drückte dann aber doch ab, bevor das Arschloch seine Waffe gegen ihn richten konnte. Ein glatter Schuss durch die Hand, wie er zufrieden bemerkte und auch die beiden anderen Männer rührten sich nicht mehr. Bei hellerem Licht wäre zum Geruch nach Schießpulver und Blut wohl auch noch der Anblick von Gehirn im Sand gekommen. Kurz, Antonin war dankbar für die relativ schlechten Sichtverhältnisse und trat fast gelassen auf den aufheulenden Costello zu, um ihn die Knarre an den Kopf zu halten und dessen Waffe mit dem Fuß ins Wasser zu kicken. "Ich bin bei Costello", antwortete er schließlich und beugte sich herab, um den Mann - der Schmerzen offenbar nicht gewöhnt war - zu durchsuchen und von Waffen zu befreien. "Und du solltest dich beeilen, wenn du möchtest, dass er dich noch versteht. Es gibt einen Fluchtgang hier runter zu seinem Privatstrand", erklärte er noch und trat zurück, um seine Waffe abermals zu heben. "Hey, Mister Costello! Ich wusste gar nicht, dass das hier zum Hafen gehört. Wollten Sie nicht los, um Cole aus den Händen der Kortunabrüder zu befreien?", murmelte er schließlich und drückte ein weiteres Mal ab. Diesmal hatte er auf das Knie des Mannes gezielt. "Cole, hab ich schon erwähnt, dass du dich beeilen solltest?" Cole "Antonin", Cole spürte, wie er unruhig wurde. "Pass auf dich auf. Und lass mir was übrig. Ich versuche den Gang zu finden. Ich ahne schon, wo er ist." Er deutete David an, dass er ihm folgen sollte. Zumindest bis zum Eingang des Tunnels würde er ihn mitnehmen. Wer weiß, was Costello auf dem Weg dorthin noch vorbereitet hatte. Er spürte wie in ihm alles zitterte und gleichzeitig jubilierte. Cole konnte nicht abschätzen, was auf ihn zukam, wie er reagieren würde. Aber er spürte, dass es wichtig war, nicht länger zu warten. Es würde eine entscheidende Wende in seinem Leben bedeuten. Und angesichts der Tatsache, dass Antonin ihn weiterhin begleiten würde, konnte es danach doch nur besser werden, oder? Sie erreichten wenige Minuten später das Arbeitszimmer des Mannes, der ihn hier so oft angewiesen hatte, ihm zu gehorchen. Hier in diesem Zimmer hatte Cole so manche Erniedrigung über sich ergehen lassen müssen. Er blickte sich um, aber der Raum war leer. Plötzlich zog der Tresor seine Aufmerksamkeit auf sich. Er stand offen. Kurzentschlossen trat er heran. Es war ein großer Tresor, der hinter einem Wandteppich verborgen gewesen war. Cole hatte ihn noch nie offen gesehen. Nur einmal hatte er überhaupt gemerkt, dass dort ein Tresor war, weil Costello ihn geschlossen hatte, als er eintrat. Sollte er darin noch ein paar Antworten auf seine Fragen finden? Er öffnete die schwere Tür weiter und blickte hinein. Das Geld, das ungeordnet in einigen wenigen Bündeln dort noch lag schien größtenteils eingesammelt worden zu sein. Daneben lagen einige Waffen, Drogen und Baupläne, wahrscheinlich von Grundstücken, die ihm gehörten. Ferner fand Cole darin eine Aktenablage, von der jedoch auch einiges verschwunden zu sein schien. "Antonin", sprach er schließlich und blickte nachdenklich. "Costello hat in seinem Büro einiges mitgehen lassen. Schau mal, ob du irgendwo eine Aktentasche findest. Ich vermute, er hat auch alles, was mich betrifft mitgenommen. Und ich möchte diese Sachen haben. Unbedingt. Wenn er sie nicht bei sich hat, dann hat er sie wohl im Boot. Warte, bis ich bei dir bin. Ich komm jetzt zu euch." Cole entfernte sich von dem Tresor und sah David an, der an der Tür Wache gestanden war. "Den Rest mach ich alleine. Danke für deine Unterstützung, David." Jener nickte und Cole drehte sich, um zu jener Tür zu gehen, die er noch nie durchschreiten hatte dürfen. Hinter der Tür blickte er in einen dunklen Gang, dem er ohne weiteres folgte. Er spürte, dass er entschlossener denn je war, dem ganzen endlich ein Ende zu setzen. Er wollte endlich seine Ruhe haben, endlich sein eigenes Leben führen, endlich aufhören dem Geschwätz Costellos zu folgen. Und dafür müsste er wohl nur diesem Weg folgen, zu Antonin und Costello gelangen und sich dann endlich befreien. Steinerne, gewendelte Stufen führten schließlich hinab und bald war anhand der Kälte spürbar, dass es unter die Erde ging. Die Wand verwandelte sich in massives Gestein. Als die Treppe schließlich vor einer schweren Holztür aufhörte, spürte, dass Coles Aufregung enorm gewachsen war. Sein Herz schlug bis zum Hals, er spürte, dass er fror und gleichzeitig schwitzte. Die Angst, die er auch verspürte, nagte an seiner Willensstärke. Jahrelang war auf ihn eingeredet worden, und heute würde der Tag sein, an dem er die psychischen Fesseln durchbrechen musste. Er öffnete die Tür und hörte bereits die Stimme Costellos. "Cole, endlich", sagte jener und Cole nahm ein leichtes, ungewohntes Zittern in der Stimme dieses Mannes wahr. "Pfeiff deinen Freund hier zurück. Er scheint den Verstand verloren zu haben. Aber das ist ja kein Wunder. Ich wette er ist nur auf mich angesetzt worden. Die Gefühle, die er dir vorspielt, sind einzig und allein da, um an mich heranzukommen. Und dann wird er dir den Mord an mir anlasten. Du wirst ihm doch nicht trauen, Cole, das wirst du doch nicht. Dieser Mann spielt doch nur mit dir. Du weißt, dass es anders nicht sein kann. Erinnere dich daran, was ich alles für dich getan habe, was ich dich gelehrt habe." Cole war an Antonin herangetreten und blickte nun auf den Costello herunter, der ihm so fremd, so verhasst vorkam. Leicht schüttelte er den Kopf, sich wundernd über diesen riesigen Blödsinn, den Costello in der Agonie seines Schicksals von sich gab. Cole war beruhigt, dass nichts in ihm in diesem Moment daran zweifelte, dass Costello hier einfach nur unglaublich große Scheiße redete. Nun sah er Antonin an. Kurz schwieg er, während er diese sturmgrauen Augen betrachtete. "Zeit es endlich zuende zu bringen", wisperte er dann und lächelte. Dann drehte er sich Costello zu und kniete sich zu ihm, um ihm direkt ins Gesicht zu sehen. "Ich habe nichts vergessen, was du mir gelehrt hast", sagte er und wunderte sich über die kalte Ruhe, die er selbst gerade ausstrahlte. "»Stärke, Kraft, ein eigener Wille, Eigenständigkeit und Zorn auf die Mörder meiner Eltern«" Er lachte leicht. "Aber die Dinge haben sich geändert, Costello." Er legte den Kopf leicht schief und war erstaunt, wie schnell Costello zu begreifen schien, denn dessen Gesicht wurde blass, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, ungläubig starrte er Cole an. "Aber bedenke doch", stammelte Costello. "Hätten deine Eltern das gewollt?" Cole zischte. "Lass meine Eltern aus dem Spiel, du Arschloch." Seine Augen verdüsterten sich und der blanke Hass, den er vorhin vermisst hatte, trat mit einem Mal zu Tage, überrollte ihn fast und ließ ihn selbst erzittern. Doch das wollte er nicht. Daher richtete er sich wieder auf, blickte Antonin kurz an. "Antonin, kannst du die Unterlagen aus dem Boot holen? Geld müsste auch hier irgendwo sein. Bevor ich die Unterlagen nicht habe, kann ich ihn nicht erschießen." Beim letzten Wort wimmerte Costello auf. "Denk doch an meine kleine Tochter. Sie wird ihren Vater verlieren. Möchtest du, dass sie das gleiche durchmacht, was du durchmachen musste?" Cole schluckte, erneut glomm Wut auf. "Halt das Maul", presste er hervor. "Halt dein elendiges Schandmaul." Er funkelte Costello zornig an. "Sie wird nicht das gleiche durchmachen, wie ich, denn im Gegensatz zu meinen Eltern war ihr Vater ein noch größeres Arschloch, als man es sich vorstellen kann. Und diese Wahrheit wird sie irgendwann erkennen." Seine Augen glitten zu Antonin, der mit einem Aktenkoffer zurückkehrte. Cole hob die Waffe und blickte Costello in die entsetzten Augen. "Weißt du Costello, ich habe mir vorgenommen, Mitleid zu empfinden, aber selbst das kann ich nicht so recht. Also bleibt es leider bei dem Zorn gegen den Mörder meiner Familie. Und ich denke, dieser Zorn wird verschwinden, wenn du verschwunden bist." Und damit drückte er ab, um zu beenden, was endlich beendet hatte werden müssen. Antonin Den beiden Leichen einen flüchtigen Blick zuwerfend, sah es nicht so aus, als hätte einer von ihnen einen Aktenkoffer mit sich herumgetragen. Aber immerhin schwieg Costello, auch wenn er immer mal wieder heftiger atmete. Ganz so als hätte er irgendwelche Schmerzen. Kurz erlaubte Antonin sich ein Lächeln, auch wenn es ein müdes, ein wenig abgestumpftes war. Er war sich jetzt schon bewusst, dass es hiernach wieder eine Weile dauern würde, bis er mit sich selbst vereinbart hätte, dass er sich so gehen hat lassen. Aber noch war dieser Zeitpunkt nicht gekommen, also beobachtete er den knienden Mann, als Cole durch den Gang kam. Costello hatte seinen Freund in der gleichen Minute erblickt und begann auch schon sinnloses Zeug auszuspucken. Natürlich hatte Antonin den Verstand verloren, aber das war schon eine Weile her und nichts, was Cole mit wenigen Worten wieder richten könnte. So schnaubte er nur abfällig und musterte seinen Freund. Nach dieser Sache würde er ihn ins Bett legen und eine ganze Weile verhätscheln, auch wenn sie Raphael wohl noch einmal einen Besuch abstatten würden müssen. Von 'ruhig halten', war hier momentan nichts zu sehen. Dann hörte er wie Costello seine Gefühle für Cole durch den Dreck zog und so gut wie jeder seiner Muskeln zog sich, einer Sprungfeder nicht unähnlich zusammen. Wie konnte er es wagen? WIE KONNTE DIESES ARSCHLOCH... Zischend atmete er ein und stieß die Luft dann genervt wieder aus. Ruhig bleiben, lautete die Devise jetzt. Cole war bei Nicholas ruhig geblieben, Antonin würde hier ruhig bleiben, auch wenn sein Opfer auf die eigene Art und Weise ein wenig Würde bewahrt hatte. Ein Wort, das Costello nicht zu kennen schien. Ein Blick zu seinem Freund versicherte ihm, dass nichts von diesen Worten an irgendetwas gekratzt hatte, außer vielleicht an der spröden, kühlen Fassade, die jener um sich herum aufgebaut hatte. Er wusste das Cole momentan schon auf Reserve fuhr, ahnte die verschiedenen Gefühle, die in dessen Augen immer mal wieder an die Oberfläche traten. Das hier war nicht leicht, aber nötig. Antonin lauschte dem Gespräch, den fast schon einer Sekte würdigen Worten. Er sah die großen und kleineren Reaktionen und er spürte den Hass, den Cole plötzlich ausstrahlte. Verständlicher Hass, selbst sein Finger zuckte unruhig am Abzug. Am liebsten... doch dann nickte er und wandte sich dem Boot zu, um dem Wunsch seines Partners Folge zu leisten. Jener hatte die Situation im Griff, Costello war unbewaffnet und angeschossen. Da würde nichts mehr ungewolltes passieren. Er kletterte auf das Schnellboot, das viel von einer Miniyacht hatte und ging unter Deck, durch die wirklich winzige Küche bis er zu dem einzigen anderen Raum kam. Ein Raum, der wohl ein Schlafzimmer darstellte. Dort auf dem Bett befand sich auch der wohl gesuchte Aktenkoffer, diesen greifend wollte er sich schon wieder auf dem Weg nach oben machen, als ihm ein zweiter Koffer auffiel. Jener war schnell geöffnet und hier fand er keine Dokumente, aber dafür andere lohnende Dinge. Schnell zog er den Bezug eines Kopfkissens ab und packte so viel wie ging um, bevor er einen Knoten in den provisorischen Beutel machte und ihn sich an den Gürtel hängte. Den Pullover so gut es ging drüber ziehend, öffnete er eines der runden Fenster und warf den silbernen Koffer raus. Danach dauerte es nicht mehr lange bis er zurück bei Cole war. Was auch immer die beiden gesprochen hatten, jetzt war wieder jene Entschlossenheit in dessen Auftreten und Gestik zu sehen, die Antonin am anderen so vertraut war. Und so furchtbar geliebt. In wenigen Schritten war er bei seinem Freund, als der dröhnende Schuss übers Meer hinweg verhallt war. Obwohl er noch auf dessen Arm achtete, zog er ihn an sich und umarmte ihn schweigend. Es gab gerade nicht sehr vieles, das er sagen konnte, und er hoffte, dass Cole aus dieser Umarmung ein wenig neue Kraft zog. Sie würden darüber sprechen. Ja, er würde verlangen, dass Cole sich das alles von der Seele sprach, aber nicht jetzt. Jetzt wollte er diesem Mann nur nahe sein, ihm zeigen, dass er dort auch immer bleiben würde. Genau soweit weg, dass er mit einem Schritt bei ihm wäre, wann immer der andere ihn brauchen würde. Er vergrub sein Gesicht im Nacken des anderen und fuhr ihm mit der freien Hand über den Rücken: "Sie sind bestimmt sehr stolz auf dich", murmelte er dann und löste sich ein Stück, um Cole sanft zu küssen. "Aber jetzt müssen wir hier wohl weg und ich weiß nicht, was du mit Sander ausgemacht hast." Er ließ den Aktenkoffer kurz fallen und legte die nun freie Hand an Coles Wange, dessen Blick im trüben Licht suchend. "Wir haben es bald geschafft, Cole. Du musst nicht mehr lange durchhalten." Cole Die Umarmung, in der sich Cole wiederfand, nachdem er wie es ihm schien eine ganze Weile nur Costellos Leiche angesehen hatte, tat gut. Cole schluckte hart und ließ sich gegen den anderen sinken, lehnte sich an Antonin, mit einem mal wieder so erschöpft. Ja, irgendetwas war gerade von ihm abgefallen. Und nun spürte er, wie er wieder erschöpft war. Aber die Arme, die ihn hielten, taten unglaublich gut. Sie waren so warm und so bekannt. Und es dauerte nicht lange, bis er sich wieder ein wenig mehr aufrichtete und Antonin wieder entlastet. Er lauschte den Worten des anderen, blickte ihn ruhig nickend an, als jener sich löste und erwiderte den sanften Kuss. "Ja, das wären sie", murmelte er. Aber im Moment konnte er nicht so recht darüber nachdenken, was das, was gerade geschehen war, wirklich bedeutete. Die Konsequenzen, die das alles haben würde, die Folgen, das was auf ihn zukam. Im Moment fühlte sich sein Hirn so leer an. Sie sollten wohl wirklich erstmal weg. Mit leicht zitternder Hand ergriff er die Hand des anderen. "Lass uns zu ihm gehen", murmelte er und drehte sich um, Antonin mit sich ziehend. "Ich denke er wird oben aufgeräumt haben und David wird ihm gesagt haben, wo ich hin bin." Es war irgendwie seltsam. Mit jedem Schritt, den er ging, fühlte er sich freier, aber dennoch war er nicht so recht fähig wirklich zu denken. Als sie in das Arbeitszimmer zurückkehrten, stand Sander mit seinem Bruder und den anderen schon da. Cole lächelte matt. "Costello ist tot", erklärte er und es kam ihm irgendwie so unwirklich vor, als er es aussprach. Er schluckte, spürte, wie er schwankte. "Ich.. ich habe ihn getötet." Er musste sich zusammenreißen und so streckte er sich leicht, schloss kurz die Augen und versuchte wieder stärker zu wirken. "Wir haben eine Abmachung Sander. In zwei Tagen darfst du zu mir ins Lady-Dream kommen, dann übergebe ich es dir. Aber bis dahin habe ich Zeit, mich um meine Leute zu kümmern." Sander nickte und musterte ihn besorgt, dann drehte er sich zu Antonin. "Geht heim und schlaft euch gut aus. Ich melde mich dann." Als sie in seiner Wohnung ankamen, schien es ihm, als käme er von einer Weltreise zurück. Sie hatten nicht gesprochen, als sie nach Hause gefahren waren. Antonin war gefahren, während Cole sich die Situation vor Augen geführt hatte. Es war nun alles anders. Aber was das ‚Anders‘ nun bedeutete, konnte er noch immer nicht abschätzen. Den Koffer hatte er sich geben lassen und hielt ihn nun umklammert auf seinem Schoß. Nun setzte er sich auf sein Sofa und legte den Koffer auf seine Knie. Corleone kam zu ihm und schmuste ihn an und Cole streichelte ihn einen Moment, dann blickte er Antonin an. "Dann wollen wir mal schauen, was er mir so alles vorenthalten hat." Er lächelte trübe und öffnete den Koffer, für dessen Zahlenkombination er den Geburtstag der Tochter wählte und damit Glück hatte. Im Koffer kamen ein paar Akten zum Vorschein, Teilweise Akten über Projekte. Offenbar versuchte er die Firma seiner Frau zu vergrößern. Zu unters fand Cole, wonach er gesucht hatte. Eine Akte, die den Namen 'Cole' trug. Vorsichtig öffnete er sie und dort fand er zwei mittlerweile recht mitgenommene Fotos, die er so oft hatte ansehen müssen. Eines, das seine Familie glücklich zeigte. Und eines, vom 'Tatort', die Leichen seiner Eltern. Dann fand er noch weitere Bilder, vor allem von seiner Mutter. Cole runzelte die Stirn, wollte aber weiter nicht darüber nachdenken. Schließlich war noch ein Sammelsurium an Dokumenten, die alle Cole betrafen. Seine Geburtsurkunde, seine Zeugnisse, Fotos von ihm, als er jünger war. Ferner befand sich noch eine ziemlich lange Liste an 'Einsätzen' darin, die sogar sehr aktuell war. Sogar sein Einsatz in LA war darin verzeichnet und die Morde, die er in jüngster Vergangenheit begangen hatte. Dazu hin und wieder einige Zeitungsartikel, die dazu erschienen waren. Zuletzt fand er noch ein kleines Buch. Cole erkannte es sofort. Es war das Tagebuch, das seine Mutter über ihre Kinder geführt hatte. Darin hatte sie immer mal wieder geschrieben, wenn etwas geschehen war. Cole blätterte es ein wenig durch. Er musste lächeln, als er über eine Seite quer drüber las. Ja, seine Mutter hatte sogar aufgeschrieben, welche Worte, ihre Kinder nicht gleich völlig richtig hatten aussprechen können. Es wirkte unglaublich surreal, diese Dinge nun zu besitzen. Vorsichtig hob er die gesamte Akte heraus und stellte den Koffer zur Seite. "Ich glaube ich bin jetzt zu müde, mir das noch einmal alles genau anzusehen", meinte er und sah Antonin an. "Lass uns schlafen gehen. Morgen werden wir weitersehen." Als sie im Bett lagen ließ sich Cole in den Arm nehmen. Er merkte, dass er seinen Arm momentan gar nicht spürte, oder zumindest nur wenig. Diese Tabletten schienen wirklich unglaublich stark zu sein. Aber das konnte ihm gerade nur gut tun. Er würde schlafen können. "Danke, dass du ihn gefunden hast, bevor er hatte türmen können", sprach er leise in die Dunkelheit. "Ich bin froh, dass es nun endlich alles vorbei ist, auch wenn ich noch nicht recht weiß, wie es jetzt weitergeht." Er küsste Antonin sanft auf sie Stirn. "Und danke, dass du bei mir bist. Ohne dich hätte ich das alles gar nicht geschafft..." Antonin Sacht über Coles Haut streichend, drückte er ihn leicht an sich. "Wir werden es auf uns zukommen lassen, jetzt musste du erstmal wieder auf die Beine kommen und den Arm auch wirklich mal ruhig halten", antwortete er ebenso leise. "Ja, ohne mich wärst du ein hoffnungsloser Fall", neckte er dann jedoch. "Schlaf jetzt, Cole, morgen ist auch noch ein Tag." Doch im Gegensatz zu seinem Freund lag Antonin noch eine ganze Weile wach und dachte nach, spielte in Gedanken den Tag noch einmal durch. Er hatte vorher noch versucht bei Ragnar anzurufen, doch bereits nach einem Klingeln war Nathan dran gegangen. Der hatte ihm erzählt das Ragnar schlief, er ihm aber ausrichten würde, dass es Cole gut ging, sobald er aufwachen würde. Darüber hatte Antonin lächeln müssen. Es schien, als würde man den Mann wohl kaum vom Krankenbett wegbekommen. Schön dass Coles bester Freund so jemanden für sich gefunden hatte. Zum einen für Ragnar selbst natürlich, aber zum anderen auch, weil sein eigener Freund sonst nie zur Ruhe kommen würde. Solange es diesem nicht gut ginge, würde Cole auch nicht wirklich entspannen. So gut kannte er dann beide doch inzwischen. Es war eine tolle Freundschaft. Eine, auf die er inzwischen fast schon neidisch blickte, da er so etwas nicht mehr besaß, vielleicht auch nie besessen hatte. Doch damit würde er sich zur gegebenen Zeit auseinandersetzen, jetzt besaßen erst einmal andere Dinge eine höhere Priorität. Antonin nahm sich vor, wie ein Adler über den Gesundheitszustand jenes sturen Menschen zu sorgen, der gerade an ihn geschmiegt schlief. Diese dämliche Übergabe hin, diese Übergabe her. Und dann blieb da noch das 'kleine Problem' mit der Psyche zu beachten. Diesmal dürfte Cole nicht einfach nur schlucken und verdrängen, sondern müsste darüber sprechen. Aber vielleicht war jener schon auf einem guten Weg. Auf einem Weg, der nicht nur von Verdrängung geprägt wurde, schließlich hatte er Antonin schon soviel erzählt und ihm sein Vertrauen geschenkt. Solche und ähnliche Gedanken waren ihm durch den Kopf gegangen, als er den anderen über diesen Aktenkoffer gebeugt sitzen sah. Er hatte nicht gefragt, da dies erstmal die Privatsache von Cole war. Jener musste jetzt jede Menge Gedanken und Gefühle bewältigen und Antonin wäre hier, um ihm zu helfen, ließ seinem Freund jedoch die Ruhe, die jener bräuchte, um ein wenig Klarschiff in seinem Inneren zu machen. Kapitel 110: Aller Neuanfang ist schwer --------------------------------------- Antonin Über diese und ähnliche Gedanken war er schließlich doch eingeschlafen. Trotzdem wachte er ziemlich früh wieder auf, auch wenn er eine Weile einfach liegen blieb. Antonin konnte nicht genau bestimmen was es war, aber für einen kurzen Moment fühlte er sich einfach nur glücklich. Vielleicht weil Costello als drohender, schwarzer Schatten am Horizont verschwunden war. Vielleicht aber auch, weil er es so sehr genoss, Cole so nahe bei sich zu wissen, dessen Wärme an sich zu spüren und ihm beim Schlafen zuzusehen. Vorsichtig hauchte er ein paar Küsse auf die freiliegende Haut und schob sich dann aus dem Bett. Einen kurzen Blick in Richtung Bad werfend, beschloss er das auf später zu verschieben. Vielleicht mit Cole zusammen, da jener mit seinem Arm bestimmt Hilfe in Anspruch nehmen müsste. Und es gab da noch was, was er ganz gerne erst einmal alleine näher unter die Lupe nehmen wollte. So tapste er, nur in Shorts bekleidet, zur Garderobe und holte den Kissenüberzug samt Inhalt vom Haken, an welchem er das Ding gestern Nacht getan hatte. Damit hielt er erst einmal auf die Terrasse zu und öffnete sein Bündel dann, kaum dass er sich in den Liegestuhl gesetzt hatte. Das Fellknäul war ihm gefolgt und Antonin wusste, dass jener jetzt gerne etwas zu futtern haben wollte. Schwer seufzend erhob er sich also wieder und erledigte das, bevor er den Beutel entknotete und hineingriff. Schlussendlich war er damit auch noch zum Dieb geworden, aber Costello würde das Zeug kaum noch brauchen - wie er ein wenig gehässig bemerkte. Am Schluss belief sich seine 'Beute' auf Diamanten, Smaragde und anderen noch nicht geschliffene Edelsteine. Ein Vermögen auf den richtigen Märkten, denn teilweise waren da doch ein paar größere Steinchen dabei. Zwar hatte Antonin keine Ahnung, wie viel Geld Cole besaß, aber er hatte nicht vor, auf ein Labor zu verzichten. Selbst wenn sie beschließen würden, auf eine Berghütte zu ziehen. Was ein reizvoller Gedankengang war, wie er bemerkte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und vorsichtig ließ er die Steine zurück in ihre kleinen schwarzen Beutelchen gleiten, bevor er alles wieder in das Kopfkissen packte. Er würde Cole davon erzählen, aber jetzt würde er diesem erst einmal ein Kaffee machen, ihm die richtigen Tabletten raussuchen und dann würden sie weitersehen. So stand er auch in der Küche, als Cole sich endlich einmal rührte. Antonin hörte es mehr aus Zufall, als dass er wirklich darauf geachtet hatte. Die Kaffeekanne beiseite stellend, ging er zu seinem Freund ins Schlafzimmer und krabbelte neben diesen aufs Bett, bevor der aufstehen konnte, um ihn zu küssen. "Guten Morgen, Drache", murmelte er gegen dessen Lippen. "Was macht dein Arm? Hast du schlimme Schmerzen? Sollen wir noch einmal zu Raphael fahren?" Er wusste, dass es nicht unbedingt angenehm war, so direkt nach dem Aufwachen mit Fragen überfallen zu werden, aber er wollte nicht, dass es Cole schlecht ging. Suchend blickte er in die Augen seines Freundes und küsste ihn abermals. Irgendwann müsste er sich wohl doch mal ein T-Shirt bedrucken lassen, auf dem Oberglucke stehen würde. Aber es ging immerhin um seinen Freund und dieser müsste bzw. musste lernen, damit zu leben. Wenn er das nicht schon längst getan hatte… Cole "Hm", knurrte Cole und versuchte sich zu drehen, um dem Wortschwall des anderen zu entkommen. "Ngh", keuchte er sogleich auf, als er feststellte, dass es keine gute Idee war, sich auf die linke Seite drehen zu wollen. Die Schulter schmerzte wieder. Cole biss die Zähne aufeinander und drehte sich Antonin wieder zu. "Wie wäre es erstmal mit noch einem Kuss, bevor mein Hirn wieder bereit ist, mehr als an Schlaf zu denken?", wisperte er schlaftrunken und spürte kurz darauf die Lippen des anderen auf den seinigen. Sein Körper fühlte sich an, als sei er noch weit im Jenseits im Land der Träume. "Hm", schnurrte er. "Schon besser. Er schloss die Augen und entspannte sich wieder, sich ins Kissen zurücklehnend. Er spürte, dass ihm ein wenig schwindelig war. Und sein Kreislauf schien beschlossen zu haben, sich in die linke kleine Zehe zu verabschieden. "Seit wann bist du wach, kleiner Wirbelwind?", murmelte er und seufzte. "Dem Arm geht es soweit ganz ok. Ich habe gut geschlafen, dank deiner Hämmer, die du mir da verabreicht hast. Tief und traumlos. Zu Raphael zu fahren ist wahrscheinlich nicht verkehrt, aber ich muss erstmal wach werden und dann duschen. Und ich brauche was zu essen..." Hm, wahrscheinlich war ihm deswegen schlecht und schwindelig. Er konnte sich gar nicht erinnern, wann er das letzte Mal gegessen hatte. Hatte er gestern überhaupt etwas zu sich genommen? Gestern.. Ja, das war ein ereignisreicher Tag gewesen. Und so ganz hatte er noch nicht realisiert, was geschehen war. Aber dafür würde er die nächsten Tage Zeit haben. Als sie sich geduscht hatten, beschloss Cole, dass sie gemeinsam frühstücken gehen sollten. Er hatte ziemlichen Hunger auf alles und nichts und in einem Cafe würde er alles erhalten, was er wollte. Und tatsächlich aß er so viel wie schon lange nicht mehr. Sie saßen an einem kleinen Tisch und ließen es sich schmecken. "Ich möchte nachher auch zu Ragnar", erklärte er schließlich, als er spürte, dass er die Ruhe haben würde, nun über wichtige Dinge sprechen zu können. "Aber erst gehen wir zu Raphael, versprochen. Wir haben jetzt bis morgen einiges zu tun, und dann müssen wir uns überlegen, was wir in Zukunft tun wollen. Irgendwie fühlt sich dieses neue Gefühl von Freiheit so an, als ob ich ein wenig über dem Nichts schweben würde. Und ich weiß noch nicht so recht, ob ich das Gefühl mag oder nicht. Ich meine, wir haben zwar beide auch einen "unbeschriebenen" Namen, aber eigentlich habe ich noch keine Sekunde darüber nachgedacht, was wirklich sein wird, wenn ich keine dieser 'Verpflichtungen' mehr habe. Ich dachte nicht, dass es jemals so weit kommen würde. Ich habe es nicht für möglich gehalten..." Seine Augen ruhten in denen seines Freundes. Cole griff zu seinem Milchkaffee und trank einen Schluck, wobei fast nur noch Milchschaum übrig war. Er griff zum Löffel und löffelte den restlichen Milchschaum aus der Tasse. Er liebte das. "Ich glaube, wir haben ein paar Dinge zu beachten. Und vor allem müssen wir einiges organisieren." Coles Aufmerksamkeit wurde auf die Kellnerin gezogen, als diese bei Ihnen nachfragte, ob sie noch etwas wollten. "Danke, aber wir zahlen dann", antwortete Cole und legte den Löffel wieder auf die Untertasse, damit die junge Frau abräumen konnte. Antonin "Schon lange du Faulpelz", antwortete er und grinste kurz. Da war es wieder gewesen. Das Gefühl, glücklich zu sein. War das jetzt ein Vorgeschmack, ein Vorbote oder einfach nur Wunschdenken? Antonin hoffte auf eine der ersten beiden Vorschläge und brummte dann. "Wachwerden, duschen und etwas zu essen. Ja, das sind Dinge, die ich dir erlauben kann." Tatsächlich half er Cole so gut er es eben vermochte, und als sie im Cafe ankamen, gönnte Antonin sich Spiegeleier und Speck. Da hatte ihn der Geruch vom Nachbartisch ganz scharf drauf werden lassen und das, obwohl er solche Dinge nicht unbedingt zum Frühstück vorzog. Er nickte auf Coles geäußerten Wunsch hin. Das war ihm sowieso klar gewesen. "Ich habe gestern noch einmal angerufen, um Bescheid zu geben, dass es dir gut geht. Nathan ist ran gegangen und wollte es ihm ausrichten", erzählte und lächelte zufrieden, als der andere erklärte, dass sie erst zu Raphael fahren würden. Das war wichtig, besonders nach der gestrigen Aktion. Antonin wusste nicht, wem genau er es nicht verzeihen würde, wenn der Arm so bleiben würde, daher mussten allerspätestens ab jetzt alle Anweisungen des Arztes befolgt werden. Doch dann sah er von seinem Teller auf, direkt in Coles Gesicht. "Im Nichts schweben, hm?", nuschelte er und spülte diesen Gedanken erst einmal mit einem großen Schluck von seinem Wasser hinunter. "Ich denke man muss das endgültig angestrebte Ziel vor Augen haben und sich dann langsam hinarbeiten", dachte er dann laut und ließ seinen Blick ein wenig schweifen. "Namen sind Schall und Rauch. Neue aus dem Boden zu stampfen ist mit den richtigen Kontakten nicht schwer. Im Grunde ist überhaupt nichts schwer, daran zu kommen, wenn man nicht von irgendwelchen Irren verfolgt wird." Er stockte und suchte abermals den Blick seines Freundes. "Vielleicht sollten wir oberflächliche Fragen beantworten und uns tiefer vorwühlen. Und dann aus diesen Antworten das ziehen, was möglich ist und womit man gut leben könnte. Fragen wie: Will man in Amerika bleiben? Und dann tiefer rein in die Materie: Will man in New York bleiben? Und noch tiefer: Will man die Wohnungen behalten?" Er lächelte, doch kurz huschte ein nervöses Flackern durch seine Augen. Cole würde doch weiterhin mit ihm zusammenleben wollen, oder? Und wollte er so etwas wirklich in einem Cafe besprechen? Antonin zahlte, als die Frau mit der Rechnung kam und sie beschlossen, zu Raphael zu fahren, der sich Cole noch einmal ansehen sollte. Oder besser gesagt dessen Arm. Ein wenig nachdenklich hatte Antonin den Blick auf die Straße gerichtet und trommelte auf dem Lenkrad seines Autos herum. Sein Freund schien noch gar nicht wirklich umrissen zu haben, dass sein Auto durch den Unfall nun ziemlicher Schrott war. "Ich habe Costello bestohlen", durchbrach er ihr Schweigen dann doch ziemlich abrupt. "Auf dem Boot war noch ein zweiter Koffer. Das Bargeld liegt jetzt bei den Fischen, aber Edelsteine in einem Wert von weiß der Geier wieviel liegen jetzt bei dir in der Wohnung." Er warf einen kurzen Seitenblick zu Cole hinüber. "Sie sind ungeschliffen, noch im Rohzustand und damit eigentlich nicht mehr zurück zu verfolgen wenn man sie einmal verarbeitet hat. Ich empfinde das nur als fair. Zudem ich nicht einsehe, in eine Baracke zu ziehen." Er kam ins Stocken. "Wobei es mich nicht einmal so sehr stören würde, wenn du auch da wärst, aber im Grunde bin ich ein mittelloser Mensch und wenn wir hier tatsächlich weggehen, dann bin ich ein mittel- und arbeitsloser Chemiker, den kaum jemand einstellen wird. Weil sie alle befürchten, dass ich auch sie mit Patentstreiten belegen würde. Soweit habe ich natürlich nicht gedacht, als ich sie genommen habe, aber so im Nachhinein..." Er bremste als eine Ampel rot zeigte und ließ den Blick auf die Ampel gerichtet. "Ich habe emotional nicht soviel verloren wie du Cole und ich bin dankbar darum, aber die letzten Monate haben mich meines Gedächtnisses, meines Arbeitsplatzes, meines Bruders und meiner besten Freundin beraubt. Mein Geld steckt in einem Labor, das ich wohl nie in Betrieb nehmen werde, und meine ganze Hoffnung, die ich noch in dieses Leben stecke, sitzt momentan neben mir. Ich kann das Gefühl mit dem im Nichts schweben sehr gut nachvollziehen und ich halte es wirklich nur für fair, wenn Costello uns durch diese 'Gabe' einen runden Neuanfang ermöglicht. Wo oder wie auch immer." Cole Cole antwortete erst einmal nichts auf die Dinge, die Antonin aussprach. Ja, Antonin sah schon viel klarer als er selbst. Und die Gedanken, die jener äußerte waren wichtige Anhaltspunkte. Das angestrebte Ziel? Nun das würde ein ruhiges Zusammenleben mit Antonin bedeuten. In Amerika bleiben? Sicher, an etwas anderes hatte er nie gedacht. In New York? Nicht unbedingt. Aber so nah, dass er Ragnar besuchen konnte, wann immer er Zeit dafür hatte. Die Wohnung behalten? Sie war zwar ein Rückzugsort von Costello gewesen, aber dennoch mit ihm verwoben. Also würde er kein Problem damit haben, sie herzugeben... Ein seltsamer Gedanke. Er hätte öfters träumen sollen. Dann würde er jetzt nicht so orientierungslos sein. Wenn er vorher schon davon geträumt hätte, wie ein Leben ohne Costello sein könnte, dann wüsste er jetzt genau, was er zu tun hatte. Coles Augen blickten in weite Ferne aus dem Seitenfensters des Wagens von Antonin. Dass sein Wagen Schrott war, versuchte er momentan erfolgreich zu verdrängen. Als Antonin die Stille durchbrach, blickte Cole ihn irritiert an. "Bestohlen?", fragte er und lauschte den Erklärungen. Seine Augenbrauen hoben sich langsam. Er schluckte. Als Antonin halten musste blickte er seinen Freund ruhig an. "Rohdiamanten? Mit einem enormen Wert? Na das nenn ich mal ein gewaltiges Erbe." Er hob seine Hand und strich Antonin über die Wange. "Ich glaube wir haben beide verdammt viel Scheiße durchgemacht", sagte er schließlich. "Und ich habe absolut keine Skrupel mir von dem Arschloch mein neues Leben finanzieren zu lassen. Mach dir da mal keine Gedanken, mein süßer mittel- und arbeitsloser Chemiker." Cole lächelte und beugte sich hinüber zu Antonin. "Also lass uns die anderen Dinge hinter uns bringen und heute Abend gemeinsam von unserer Zukunft träumen, ok?" Er küsste den anderen sanft. "Und denk nicht eine Sekunde darüber nach, dass ich nicht bei dir wohnen wollte, kleiner Hitzkopf." Erneut küsste er den anderen, diesmal intensiver. Hinter ihnen hupte jemand. Cole grinste leicht in den Kuss, bevor er Antonin aus diesem wieder entließ. Raphael umsorgte die Verletzung. Die Narbe war zum Glück nicht noch einmal aufgegangen. Dafür war der Arm gut genug geschient gewesen. Als sie später im Krankenhaus auftauchten, stellten sie fest, dass Ragnar schon wieder entlassen worden war. Cole konnte sich in etwa vorstellen, was für einen Radau jener veranstaltet haben musste. Er rief ihn kurzerhand an und war froh zu hören, dass er erst einmal bei Nathan untergekommen war. Er berichtete ihm kurz, dass das Lady Dream am folgenden Tag an den Kortuna-Clan übergehen würde. Ragnar schien zufrieden. Vielleicht, weil er jetzt wirklich gezwungen war, sich etwas anderes zu suchen. Sie verabredeten sich für die nächsten Tage locker. Als Cole mit Antonin ins Lady-Dream kam, waren ein paar Mitarbeiter da. Mittlerweile war die Presse voll mit den Nachrichten darüber, dass einer der größten Mafiabosse getötet worden war. Cole hatte bereits genaue Vorstellungen davon, wie er seine Leute behandeln würde. Er verabredete sich für später mit allen, und die nächsten zwei Stunden war er damit beschäftigt, das Konto des Lady-Dream leerzuräumen und seinen Mitarbeitern eine Abfindung zu zahlen. Dann traf er sie alle, um ihnen zu erklären, was geschehen war. Nun, zum Teil. Wichtiger war das, wie es weitergehen würde. Und da ließ er es allen offen, wie sie es handhaben wollten. Dass das Dream geschlossen werden würde, war abzusehen. Dies geregelt wissend, ließ er das Dream von seinen Leuten noch 'waffen- und drogenrein' machen und schließlich fuhren sie gemeinsam nach Hause. Der Notar würde ihm morgen die Schenkungsurkunde zukommen lassen. Das Kapitel würde geschlossen werden. Jetzt galt es, sich die Zukunft auszumalen. Sie besorgten sich unterwegs etwas zu essen und saßen bald darauf auf dem Sofa. "Ich könnte mir ein kleines Haus vorstellen, am Stadtrand einer kleineren Stadt, die aber nicht zu weit von New York weg sein sollte. Schließlich will ich Ragnar ab und zu besuchen. Ich könnte mir vorstellen, mein Referendariat nachzuholen. Vielleicht darf ich wirklich irgendwann einmal als Anwalt arbeiten, wobei ich nicht so recht daran glaube. Mal sehen. Im Garten wäre ein jedem Fall Platz für einen Hund. Und ein Labor wird auch irgendwo drin sein." Er nahm einen Bissen seiner gebratenen Nudeln mit Hühnchen. "Hast du schon eine Idee, wie wir die Steine loswerden? Zunächst wird mein Geld schon eine Weile reichen. Ich war fleißig, was das Zurücklegen betrifft." Antonin "Wir werden nicht mehr träumen, Cole", raunte er gegen die Lippen des anderen, dessen Atem auf seinem Gesicht spürend. "Es ist Zukunftsplanung, die wir da betreiben. Unsere Zukunft." Er erwiderte den Kuss ohne zu zögern, war doch gerade ein riesiger Stein von seiner zweifelsgeplagten Seele gerutscht, als Cole ihm versicherte, dass sich auch weiterhin zusammen leben würden. Es mochte vielleicht aus einer Not heraus entstanden sein, aber inzwischen wollte Antonin das nicht mehr aufgeben. Nicht für alles Geld der Welt. Auch wenn eine Baracke doch nicht so wirklich viel Anreiz bot. Das mit dem süß überging er, genauso wie er es im Savoy übergangen hatte. Er würde schon nochmal ein Wort finden, das in seinen Augen auf Cole passte. Auch wenn ihm der Drache hin und wieder rausrutschte, so war das noch nicht genau das, nachdem er hin und wieder suchte. Und es war im Grunde auch nicht so wichtig. Als er das Hupen hörte, grollte er unzufrieden und blitze Cole an: "Ich hoffe dein Doc gibt dir gute Rückmeldungen, da ich auf Sex bestehe, sobald es ohne Probleme wieder möglich ist." Er legte den Gang ein und fuhr los. "Sehr viel, intensiven Sex..." Er ließ sich von Raphael genau sagen, wann sein Freund die Schmerzmittel nehmen sollte, und versprach dafür zu sorgen. Genau wie er dafür sorgen würde, dass der Arm genau die Behandlung bekam, die er brauchte. Als das Gespräch beendet war, schien Cole gerade mit Ragnar telefoniert zu haben. Jener hatte nur die Augen verdreht, als Antonin darauf bestand, ganz genau zu wissen wie sich der Krankheitsverlauf im normalen Fall zeigen sollte. Im Lady Dream ließ Antonin seinen Freund schalten und walten, sich selbst noch einmal umsehend. Irgendwie mochte er die alte Lady, wie er den Laden im Stillen für sich selbst nannte. Hier war er Cole zum zweiten Mal begegnet und hatte seine Nase in seine Szene gesteckt, für die er nicht bereit gewesen war. Er war es immernoch nicht und damit nicht unbedingt traurig, das hinter sich zu lassen. Die Aufräumaktion hatte schon fast witzige Elemente, aber trotzdem lag so etwas wie Unruhe in der Luft. Natürlich, diese Menschen hier hätten Cole ihr Leben anvertraut und jetzt war von heute auf morgen alles anders. Vielleicht traf es diese Menschen, die ja selbst scheinbar nicht einfach nur raus wollten aus diesem Milieu, härter als ihn selbst. Aber wirklich darauf wetten wollte Antonin auch nicht. Er konnte nur hoffen, dass der Kortunaclan diejenigen gut aufnahm, die gerne bei dieser Tätigkeit bleiben wollten. "Aber nicht zu klein", murmelte er mit geschlossenen Augen, den Kopf an die Rücklehne des Sofas gelehnt. "Wir sind zwei zusammenlebende Männer und würden im Kleinstadtdschungel einfach nur austicken und einen Massenmord begehen. Zudem ich mir kein kleines Haus vorstelle, sondern ein normal großes, mit einem Garten, in dem genug Platz für einen Hundezwinger für zwei Hunde ist. Der Zwinger ist wichtig, weil sie nicht ins Haus dürfen. Corleone zuliebe. Und natürlich wirst du Anwalt. Dann kannst du auch immer so einen schicken Aktenkoffer mit dir herumtragen und heimkommen und mir die ganzen spannenden und geheimen Sachen erzählen. Und mein Labor ist vielleicht in oder unter einer Scheune oder einem Geräteschuppen, der daneben steht." Er hatte ziemlich geschlungen und fühlte sich momentan ein wenig übersatt, doch es wurde besser, je mehr er sprach. Ein Augenlid öffnend sah er zu Cole hinüber. "Vielleicht solltest du ja Banker werden, mein kleines Sparschweinchen." Er grinste und begann zu lachen, als er den Gesichtsausdruck seines Freundes sah. Er musste lachen, bis er fast keine Luft mehr bekam und sich nach vorne beugen musste, um wieder zu Atem zu kommen. "Keine Sorge, das Zeug werden wir prima bei der gerissensten Frau in ganz New York los. Stavros Puppenspielerin, Clarissa. Ich schulde ihr sowieso noch etwas. Soll sie sich einen größeren Anteil von den Dingern nehmen. Ich wage zu behaupten, dass wir mit den Steinchen auch in einer Villa am Strand leben könnten." Er rief sie noch am gleichen Abend an, um sich zu vergewissern und eine Übergabe zu planen. Antonin wusste, dass er ihr vertrauen konnte, auch wenn es Cole nicht ganz schmeckte, dass er das Gespräch auf Russisch führen musste. Aber diese Schlange sprach nicht in Englisch über solche Dinge und normalerweise sollte man ihr wirklich nicht 5 Meter über den Weg trauen. Außer man hieß Antonin Marakow und hatte irgendwie Muttergefühle in ihr geweckt. Sie hatte ihm, durch Stavros, soviel geholfen, als er nach New York gekommen war und sie tat es auch diesmal wieder. Einschließlich der Eröffnung eines Nummernkontos mit Geheimzahl und Schlüssel. Es gab keinen Namen, der zu ihm oder dem Geld führen würde, und Antonin war sich sicher, dass niemand nach den Steinen suchen würde. An solche Mengen an Rohsteinchen kam man nicht über sehr legale Wege heran, ohne auf sich Aufmerksam zu machen. Nach dem Gespräch sorgte er dafür, dass Cole seine Mittel einnahm und meinte dann, dass er sich schonmal hinlegen würde. Er vermutete, dass Cole noch in jener Akte lesen wollte, und gab ihm damit eine Gelegenheit und Zeit dazu. Doch als sein Freund dann zu ihm ins Bett kam, lächelte er. Jener durfte den Arm nicht bewegen und war deshalb sehr eingeschränkt, was jedoch nicht hieß, dass Antonin ihn nicht verwöhnen konnte. Etwas, das er am heutigen Tag nur zu gerne tat und wohl auch in Zukunft nicht darauf verzichten müsste. Cole "Leisten könnten wir uns viel, aber ich möchte nicht auffallen. Und eine zu kleine Stadt kommt bestimmt nicht in Frage. Ich möchte ja hin und wieder in die Clubs und ich möchte auch nicht ständig dumm angemacht werden, weil ich schwul bin. Garten ist gut und das mit den Hunden überlasse ich komplett dir." Cole lächelte Antonin an. "Wieso muss dein Labor unter der Scheune sein? Da kann man doch sicher etwas Eigenes bauen. Und wenn du deine Schmerztabletten entwickelt hast, dann sind wir ohnehin finanziell aus dem Schneider." Skeptisch hob Cole eine Augenbraue. "Banker?" Er schüttelte den Kopf. "Niemals." Als Antonin zu lachen begann musste er unwillkürlich mitlachen. Es war so unglaublich befreiend, endlich einmal unbeschwert lachen zu können, dass es schien, als würden sie nicht mehr aufhören können, einfach mal zu lachen. Ja, so langsam realisierte er, dass das hier die Wirklichkeit war, dass ihre Träume bald keine Träume mehr sein würden, dass es real sein würde. Als Antonin seinen Anruf getätigt hatte, nahm Cole ihm zuliebe die Medikamente, obwohl er momentan eigentlich keine großen Schmerzen hatte. Dann ging dieser ins Bett. "Ich komm gleich nach", murmelte Cole und griff zu jenem Aktenkoffer, in dem er gestern nur oberflächlich herumgekramt hatte. Er hatte ein paar Fragen, eine furchtbare Ahnung. Und er wollte sich bestätigt wissen, dass diese Ahnung nicht stimmte. Einige Zeit ging er die Akten durch, suchte zusammen, was er seinem Bekannten bei der Presse aushändigen wird. Sicher wäre es gut, wenn die Öffentlichkeit ein bisschen mehr über das Arschloch Costello erfuhr. Auch darüber, dass er Menschenversuche gemacht hatte. Und vielleicht wüssten dann auch endlich seine Kinder, wer ihr Vater gewesen war. Dabei achtete er darauf, dass nichts im Zusammenhang zu ihm stehen würde. Schließlich griff er nach dem Tagebuch und las darin. Es war seltsam, so etwas zu lesen. Aber eines las er zwischen den Zeilen deutlich heraus. Auch wenn seine Mutter sich mehr als häufig über ihren Vater und ihre Lebenssituation beklagte, sie liebte sie. Sie liebte nicht nur ihre Kinder, sondern sie hat auch seinen Vater geliebt. Es war einzig die Last, die sie zu tragen hatte, die sie hin und wieder ausflippen ließ. Mittlerweile wusste Cole, wie leicht es geschah, dass einem alles zu viel wurde, auch wenn er wohl noch mehr Stärke geerbt hatte, als sie gehabt hatte. Und eines las er noch heraus. Costello war in seiner Familie verhasst gewesen. Die Gründe lagen teilweise offen auf der Hand: Costello hatte seinen Vater versklavt, und wie er mittlerweile wusste, kaputt gemacht. Und offensichtlich hatte Costello seiner Mutter nachgestellt, was diese jedoch stets abgeblockt zu haben schien. Cole war erleichtert und beruhigt. Er klappte das Tagebuch zu und legte es zurück in den Koffer. Als er ins Bett kroch, erwarteten ihn die Arme seines Lebensgefährten und ein Lächeln. Cole schmuste sich an Antonin, küsste ihn zärtlich, bis dieser leidenschaftlicher wurde. Cole verfluchte seinen Arm, zu gerne hätte er sich besser bewegen können, doch Antonin drückte ihn entschlossen zurück ins Kissen. Nun gut, dann würde er nur genießen. Hoffentlich dauerte es mit dem Arm nicht so lange, wie befürchtet... Gegen Mittag des nächsten Tages trafen sie sich mit den Kortuna-Brüdern und regelten die letzten Dinge. Ein paar seiner Leute wollten für diese weiterarbeiten, andere waren nur gekommen, um Cole zu verabschieden. Cole hasste solche Szenen und daher versuchte er so bald wie möglich wieder zu gehen, aber seine Angestellten schienen andere Pläne zu haben und so feierten sie schließlich gemeinsam ein kleines Fest bei jenem Italiener, den Cole so mochte. Dadurch, dass man sich sparte, ständig den Abschied zu erwähnen, war es wie ein kleines Firmenfest und die Stimmung war ausgelassen. Und so unangenehm es ihm anfangs gewesen war, dass dieser Trubel veranstaltet wurde, desto mehr gefiel es ihm mit der Zeit, nochmal alle in einer vollkommen unbeschwerten Situation zu erleben. Er hatte ja auch einiges für seine Leute getan. "Na, Chef", fragte ihn Ragnar, der später dazu gestoßen war. Offenbar hatte er Nathan nur schwer davon überzeugen können, dass er gehen durfte. "Jetzt wird alles doch so, wie wir früher auf der Möweninsel es uns erträumt haben. Nur, dass du jemanden an deiner Seite hast und dich nicht als Überlebenskünstler durch Montanas Berge kämpfst..." Er grinste Cole an und umarmte ihn kurz. "Egal wo ihr hingeht, ihr müsst ein großes Gästebett bereitstellen, denn ich werde euch oft besuchen. Das gleiche gilt natürlich auch für mich." Cole lächelte. "Hm, was meinst du Antonin, ob wir das einrichten können? Eigentlich wäre doch im Hundezwinger auch Platz genug, oder?" Ragnar wollte Cole schon für diese Frechheit in die Seite knuffen, aber er hielt rechtzeitig inne. "Dein Glück, dass du ein Invalide bist", knurrte er gespielt eingeschnappt. Nathan Nathan war zuerst nicht begeistert davon, dass Ragnar unbedingt zu dieser Verabschiedung gehen wollte, aber schlussendlich verstand er ihn. Allerdings bestand er darauf, dass jener mit einem Taxi hin und auch wieder zurückfahren sollte. Mit Gehirnerschütterungen war einfach nicht zu spaßen. Daraufhin hatte Ragnar es irgendwie geschafft ihn davon zu überzeugen, dass er ja mitkommen könnte, um sich selbst zu vergewissern, dass er sich nicht überanstrengen würde. Im Grunde, wollte Nathan das nicht unbedingt, schließlich war ein paar mal zu häufig in seiner Gegenwart über die Ermordung von Menschen gesprochen worden. Aber andererseits, würde so etwas wohl kaum passieren, wenn Ragnar ihn mitnehmen wollte. Alleine dadurch sollte er schon wissen, dass es ungefährlich für ihn war. Und das war es auch bisher. Eigentlich kam es Nathan sogar schrecklich normal vor, wie sie hier alle saßen und irgendwie auch feierten. Er warf einen Blick zu den drei Männern, die da gerade so einträchtig miteinander sprachen. Cole, der seinen Arm in einer Schlinge tragen musste aber dafür relativ gelöst aussah. Antonin, der ihn freundlich begrüßt und gar nichts durchscheinen hatte lassen, dass er in Nathans Gegenwart ziemlich heftige Sachen gesagt hatte. Und natürlich Ragnar, der wirklich alles dafür getan hatte, aus dem Krankenhaus heraus zu kommen. Seltsamerweise auch noch als er ihm sagte, dass es Cole gut ging. Aber immerhin, ließ dieser zu, dass Nathan sich um ihn kümmerte, und verstand, dass er ihn momentan nicht alleine wissen wollte. Sie hatten sich noch eine ganze Weile unterhalten, darüber, dass Ragnar das mit der Wohnung noch einmal in Angriff nehmen sollte. Darüber, was jener aus seinem Leben machen wollen würde, auch wenn da noch nicht wirklich viel dabei herumgekommen war. Aber es war ein Anfang und wie weithin bekannt war: Aller Anfang ist schwer. Dennoch machte Nathan sich darüber nicht die meisten Gedanken, schließlich würde er Ragnar unterstützen wie und worin auch immer dieser das bräuchte. An ihm nagte vielmehr, dass das schwarze Loch, in das sein Freund scheinbar hin und wieder fiel, tiefer und dunkler war als angenommen. Was Nathan im Krankenhaus gehört hatte, dass Ragnar eigentlich kaum noch einen Grund in seinem Leben gesehen hatte, das ließ ihn unruhig werden. Hoffentlich ließ sich das dauerhaft und nicht nur kurzfristig ändern. Sich selbst aus dieser Art der Gedanken reißend, stand er schließlich auf und ging zu den dreien hinüber. "Ich dachte nicht, dass ich das einmal sagen würde, aber es ist schön dich zu sehen, Cole", begrüßte er den Mann lächelnd und warf Ragnar kurz einen prüfenden Blick zu. Noch sah es nicht so aus, als wäre jener sehr angestrengt oder wäre von Kopfschmerzen geplagt. Epilog: ~ Epilog ~ ------------------ Die Zeit vergeht... Cole Wenn Cole an dieses Fest zurückdachte, musste er immer lächeln. Es war ein schönes Fest gewesen. Wie eine Feier von normalen Leuten, die einen Geburtstag oder ein anderes besonderes Ereignis feierten, ohne Sorgen, ohne Probleme. Und sie hatten sich wirklich gut unterhalten, waren ausgelassen gewesen. Und umso wehmütiger war er gewesen, als das Fest dem Ende zuging. Denn es war gleichzeitig eine Verabschiedung von einem Lebensabschnitt, der ihn stark geprägt hatte, der ihn ausgemacht hatte, der ihn letztlich in gewisser Weise zu der Person gemacht hatte, die er war. Und so einen großen Schritt zu machen war notwendig gewesen, keine Frage, aber es war dennoch ein großer Schritt, der erst einmal bewerkstelligt werden musste. Irgendein schlauer Kopf hatte einmal gesagt: Wenn etwas anders wird, muss es nicht gleich auch besser werden. Aber damit etwas besser wird, muss es erst einmal anders werden. Nun und alles war besser, als dieses Leben weiterzuführen, das von Costello, von Hass, Gewalt, Waffen und Drogen bestimmt gewesen war. Und es konnte doch nur ein schönes Leben werden, wenn Antonin mit ihm in dieses neue Leben startete. Cole saß auf der Terrasse und wippte in der Hollywoodschaukel. Er hatte die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet und die Krawatte gelockert. Seine Schuhe hatte er auch abgestreift und kurz legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Es war ein warmer Junitag. Die Sonne ging gerade unter und erfüllte das Licht im Garten des Hauses mit einem zarten lachsrosa. Türsteher, der Hund, auf dessen Namen Cole bestanden hatte, weil dieser seinen Lieblingsplatz an der Verandatür hatte, lag in der Sonne an seinem Stammplatz, Corleone fixierte ihn immer wieder mit seinen kühlen Augen. Er traute den Hunden nicht, doch da diese Respekt vor ihm hatten, akzeptierte er ihre Existenz. Cole trank einen Schluck aus dem Bier, das er in der Hand hielt. Noch ein Tag Arbeit, dann hätte er Wochenende. Die Arbeit in der Kanzlei war anstrengend, aber es machte ihm unerwarteterweise unglaublich viel Spaß. Wohl, weil er einen Chef hatte, der ihn mochte und der mit seiner direkten Art kein Problem hatte. Dafür dass er nur der Referendar war, bekam er viel Verantwortung zugeschustert und Cole fühlte sich bald als wichtiger Teil der Kanzlei, was von allen begrüßt zu werden schien. Aber in einer kleineren Stadt war das wohl auch einfach immer so. Machte man seine Arbeit zufriedenstellend, wurde man leichter in das große Ganze integriert, als in einer Großstadt. Ein langer Schluck aus der Bierflasche und er stellte diese auf den Tisch, zu dem er sich ein wenig hinstrecken musste. Dann lehnte er sich wieder zurück. Türsteher hatte den Kopf gehoben und blickte ihn fragend an. „Wir warten noch auf Antonin“, erklärte er dem Hund. „Er wird gleich kommen, da bin ich mir sicher.“ Türsteher schien als hätte er begriffen und setzte sich nun auf, um sich zu strecken und durch den Garten hinüber zur Garage zu tapsen, um zu sehen, ob der Wagen des anderen schon zu sehen sein würde. Cole hätte nie gedacht, dass er sich daran gewöhnen könnte, Hunde zu haben, aber er mochte die beiden Rabauken erstaunlich gerne. Und es war zum Ritual geworden, dass sie den Feierabend mit einem gemütlichen Spaziergang begannen, wenn er rechtzeitig aus der Kanzlei kam und Antonin auch Zeit dafür hatte. Cole richtete sich nun auf, und nahm die Bierflasche, um nun das Fliegengitter der Verandatür aufzudrücken und die Küche des Hauses zu betreten. Dort stellte er die Flasche ab und ging ins Wohnzimmer und in den Flur, um die Treppe hinauf in den ersten Stock zu laufen. Im Schlafzimmer entledigte er sich seiner Klamotten und ging ins Bad, um sich zu duschen. Sein Arm war von der Schlinge seit nunmehr schon 3 Monaten befreit. Dennoch spürte er noch deutliche Einschränkungen, auch wenn Raphael zufrieden mit dem Heilprozess war. Zumindest war er nicht bei jedem Handgriff auf Hilfe angewiesen, wie in den ersten Wochen, in denen sie damit beschäftigt gewesen waren, ihre Wohnungen zu verkaufen, ein neues Haus zu finden und zu kaufen und sich eine neue Existenz aufzubauen. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie soweit alles unter Dach und Fach gehabt hatten. In der Zwischenzeit hatte er noch beobachten können, wie eine neue Ordnung in New York aufgebaut wurde, wie seine Leute woanders Arbeit fanden und er wirklich Abschied nehmen konnte von dieser Welt. Und er hatte sehen können, wie Ragnar nun auch sein eigenes Leben begann zu leben. Mittlerweile arbeitete er in einer Consulting-Firma, die andere Firmen beriet. Es war ein stressiger Job, aber offenbar vertrugen sich dadurch Nathans und Ragnars Lebensweisen bestens. Die beiden schienen sich wirklich gesucht und gefunden zu haben. So oft es ging sahen sie sich, besuchten sich. Er brauchte etwa 2 Stunden nach New York hinein, eine Strecke, die man gerne fuhr, um Freunde zu treffen. Gut, so ganz hatte er sich noch nicht von dieser Vergangenheit lösen können. Das hatte er auch nicht erwartet, schließlich war sie zu lange Teil seiner Selbst gewesen. Und so kam es hin und wieder vor, dass ihn seine Träume daran erinnerten, was er getan hatte, wie er gelebt hatte, wer er gewesen war. Und dann war da noch die Sache mit Gawain Hunter gewesen, die er erst vor 6 Wochen hatte zuende bringen können. Er musste zugeben, dass er sehr überrascht gewesen war, wie gut die Polizei über seine neue Identität Bescheid gewusst hatte. Er hatte es offenbar nicht geschafft, unterzutauchen, ohne dass diese es durchschaut hatten. Und offenbar wurde er regelmäßig überprüft. Als Horlocker ihn anrief, wäre er beinahe aus den Latschen gekippt. Doch als dieser ihm ein Angebot machte, das er nicht hätte abschlagen können, hatte ihn für eine Woche sein altes Leben noch einmal eingeholt gehabt. Er hatte keine Wahl gehabt. Entweder half er der Polizei, den außer Kontrolle geratenen Hunter wieder einzufangen, oder sie ließen ihn nicht in Ruhe sein Leben leben. Und so hatte er einwilligen müssen, Lockvogel zu spielen, um Gawain außer Gefecht zu setzen. Es hatte jenen sein Leben gekostet, dafür hatte Cole die Freiheit erlangt, in Ruhe leben zu dürfen, wenn er denn von nun an sich an das Gesetz hielte. Es war eine harte Verhandlung mit dem Captain gewesen, aber sie hatte sich letztlich gelohnt. Cole strich sich übers Gesicht. Zumindest hatte der Arm ihn nicht mehr behindert, als er vor zwei Monaten das Arbeiten anfangen durfte. Durch die Steine, die Antonin gewinnbringend verkauft hatte, waren sie finanziell komplett unabhängig. Dennoch arbeiteten sie beide, das was ihnen Spaß machte. Ein Leben ohne ‚Action‘ konnten sie sich beide nicht vorstellen. Und auch wenn sie es anfangs genossen hatten, auch einfach mal den ganzen Tag nichts zu tun, hatten sie sich doch gerne damit befasst, sich ein Haus auszusuchen und ihr neues Leben zu beginnen. Auch dass Antonin wieder angefangen hatte zu trainieren und dass Cole begonnen hatte, hin und wieder ins Fitnessstudio zu gehen, zeigte ihnen, dass sie es brauchten, in Bewegung zu bleiben. Zwar hatte er es erstaunlich schnell geschafft, sein früheres Leben hinter sich zu lassen, aber dennoch würde er wohl nie die Füße stillhalten können. Den Wagen, den er sich geleistet hatte, war zwar nicht wieder sein Advanced aber ein ebenso schicker Wagen. Er liebte diese Autos einfach zu sehr, als dass er darauf hatte verzichten wollen. Diesmal war es aber auch ein Brite. Ein Bentley Continental GT. Nicht ganz so schnittig, aber dennoch extravagant. Cole zog sich eine kurze Hose und ein Achselshirt. Das würde passen, wenn sie gleich gemeinsam spazieren gehen würden. Dann ging er wieder hinunter, um noch einmal auf die Veranda zu gehen, und dort auf Antonin zu warten. Die SMS, die er vorhin bekommen hatte, ließ ihn wissen, dass er jeden Augenblick kommen würde. Etwas, das sich auch nicht geändert hatte, war ihre beiderseitige Freude am Weggehen. So oft es ihnen möglich war, besuchten sie den ein oder anderen Club in der Nähe und auch ins Savoy kamen sie hin und wieder. Gut, es hatte sich schon etwas verändert. Es war eine andere Motivation, die sie dorthin trieb. Cole wollte nicht mehr dorthin, um sich jemanden aufzureißen, auch wenn er gerne mit anderen flirtete, so wusste er doch, dass es nur einen gab, der ihn wirklich befriedigte. Seine Beziehung zu Antonin war erfüllend. Es war erstaunlich, wie gut sie miteinander harmonisierten. Sicher gab es gerade was die Geschichte mit seinen Arm betraf immer wieder kleinere Auseinandersetzungen, aber Cole musste immer wieder zu seiner Schande einsehen, dass es Antonin mehr und mehr schaffte, seinen Sturkopf durchzusetzen. Immer wieder fiel ihm auf, wie schwer es ihm fiel, sich gegen ihn durchzusetzen. Aber zum Glück kam es noch nicht so oft vor, dass sich Cole wirklich Sorgen machte. Als er das unverkennbare Geräusch Antonins Wagens hörte lächelte er, hörte wie nun beide Hunde durch den Garten spurteten, um vor Freude bellend die Ankunft seines Lebensgefährten zu feiern. Cole trat die wenigen Stufen die Veranda herunter, um mit einem Pfiff die Hunde soweit unter Kontrolle zu bringen, dass Antonin den Garten auch betreten konnte, wobei die Zurückhaltung der Hunde auch nur so lange dauerte, bis jener wirklich im Garten war, denn nun forderten sie vehement von ihrem Besitzer, begrüßt zu werden. Antonin Eilig zog er sich den Laborkittel aus und zog sich um. Obwohl er Cole eine SMS geschrieben hatte, war er nochmal in ein Gespräch mit seiner Chemikantin versunken. Was die Arbeit betraf lagen sie wirklich absolut auf einer Wellenlänge und Antonin war mehr als zufrieden damit, sie eingestellt zu haben. Sein Patentstreit zog sich immernoch hin und laut seinen Anwälten konnte das auch noch gut und gerne ein paar Jahre dauern. Inzwischen war er fast soweit, das ganze einfach hinzuwerfen, denn es wäre eigentlich ein wichtiger Fortschritt, dass diese Umhüllung endlich auf den freien Markt käme. Aber so ganz hatte er sich eben doch noch nicht dazu hinreißen lassen können. Sein elender Sturkopf eben. Auf dem Parkplatz vor seinem eigenen kleinen aber hochtechnischen Labor warf er noch einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass er doch recht gut in der Zeit lag. Also kramte er die Zigarettenschachtel aus der Tasche und lehnte sich gegen sein neues Auto. Ein X6 BMW in schwarz. Antonin hatte als sie tatsächlich umgezogen waren auf sein geliebtes Auto verzichtet und es Billy überlassen. Stattdessen besaß er nun diesen Jeep. Wenigstens einer sollte praktisch denken und da er ja sowieso den Großteil der Zeit für die Einkäufe zuständig war und auch hin und wieder recht weite Strecken zu Konferenzen und Zusammentreffen fahren musste, war ihm Bequemlichkeit dann doch lieber gewesen. Zudem seine beiden Racker Türsteher und Einbrecher im hinteren, abgegitterten Teil gut mitfahren konnten. Noch immer musste er das Gesicht verziehen, wenn er an die Namensgebung seiner beiden Collies dachte. Ursprünglich hätte er an sowas wie Charlie und Sam gedacht, aber nachdem Cole ja unbedingt den Namen Türsteher durchboxen musste, sollte der andere wenigstens einen ähnlich passenden Namen erhalten. Gott, was war er dankbar dafür, dass die beiden schnell lernten. Genau wie er selbst. Inzwischen fuhr er wirklich sehr gerne mit den beiden zum Hundetraining und musste nur noch pfeifen. Diese Namen zu rufen… nein, gar nicht dran denken. Genüsslich inhalierend, sah er sich um. Inzwischen war es früher Sommer und wirklich schon ganz angenehm warm. Unfassbar, dass sie es wirklich so weit geschafft hatten. Und das obwohl Cole für diesen Horlocker nochmal Köder spielen musste. Antonin war davon nicht sehr begeistert gewesen und das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Fast hätte es deswegen nochmal einen riesigen Krach zwischen ihnen gegeben, doch als Cole ihm klarmachte, dass es kaum anders gehen würde, hatte er nachgegeben. Zähneknirschend, aber er hatte es getan. Und er würde kaum vergessen, wie es dann gewesen war, wie sie dann zum ersten Mal gemeinsam in ihrem Haus standen in der festen unumstößlichen Gewissheit, dass niemand mehr an ihrer Tür auftauchen würde, um sie zu verhaften. Dass sie jetzt wirklich ein normales, langweiliges Leben führen konnten. Gut, eigentlich war es gar nicht so langweilig. Antonin hatte mit seinem Labor hier ganz schön zu kämpfen gehabt. Die hatten ihm doch glatt unterstellt, er würde hier mit Viren und sowas herum hantieren. Doch schlussendlich hatte er das Gebäude umbauen dürfen und als Kathrin eines Tages an seiner Tür klopfte und um einen Job fragte, war er so perplex gewesen, dass er einfach ja gesagt hatte. Einfach so! Ohne Referenzen oder ähnliches. Er dankte heute noch allen möglichen und unmöglichen Mächten, dass Kathrin so eine fähige Person war. Hin und wieder kam sie sogar mit zu ihnen, um mit ihnen Abend zu essen. Sie störte Antonins und Coles Lebensweise keineswegs und war wohl mitunter auch dafür verantwortlich, dass zumindest Antonin sich irgendwie immer mehr in so eine Art gesellschaftliches Leben fügte. Wenn auch nur sehr langsam und in sehr kleinen Schritten, schließlich genoss er die Zeit mit seinem Lebensgefährten sehr. Gerade ihre Spaziergänge mit den beiden Rackern, wenn sie einfach nur mal schweigend nebeneinander herliefen, kam ihm immernoch so unwirklich vor. Die ausgerauchte Kippe wegwerfend, stieg er ins Auto und fuhr los. Er würde nicht lange nach Hause brauchen und dann würde nicht nur Cole auf ihn warten, sondern auch eine Katze, zwei Hunde und eben ein so schöner Spaziergang. Vermutlich würde er danach kochen. Vielleicht auch Cole. Das käme ganz darauf an wie k.o. der Gute heute nach seinem Arbeitstag war. Antonin hatte es da als sein eigener Boss schon besser, da er kommen und gehen konnte, wie es ihm gefiel. Auch etwas, woran sie sich beide hatten gewöhnen müssen, denn manchmal fiel ihm mitten in der Nacht ein, dass er jetzt sofort ins Labor musste. Beim ersten Mal war Cole aus allen Wolken gefallen und hatte wohl, in alter Angewohnheit, sofort etwas Schlimmeres vermutet. Antonin hatte da weder die Lust noch die Zeit zum langen diskutieren gehabt und seinen Freund einfach mit eingepackt. Dieser hatte sich wohl irgendwann tödlich gelangweilt, weil wenn er mal arbeitete, dann arbeitete er. Dann brachte ihn kaum etwas aus seiner Welt an Formeln und Versuchen und seitdem ließ er ihn auch ohne zu Murren fahren, wenn es ihm denn mal spontan einfiel. Den Blinker setztend, bog er in die nächste Straße, daran zurückdenkend, wie er seine Mutter vor ein paar Wochen am Bahnhof abgeholt hatte. Sie hatte ihn unbedingt besuchen wollen und selbst wenn Cole es nie zugegeben hatte, Antonin wusste, dass jener ein wenig nervös gewesen war. Völlig grundlos wie sich im Nachhinein herausstellte. Cole war sofort als Familienmitglied akzeptiert worden und war seitdem ebenfalls auf der Liste der Personen, die sich schlaue Ratschläge von seiner Mum anhören durften. Wie man das Haus noch verschönern konnte, was im Kühlschrank fehlte, dass Cole mehr Gewicht vertragen würde und so weiter und so fort. Im Gegenzug dafür bekam der gute nun ebenfalls kleine Patscher auf den Kopf, wenn er alles aufgegessen hatte und wurde aus einem riesigen Fundus an schlauen Sprüchen beraten. Ob er wollte oder nicht. Wäre es irgendjemand anderes gewesen, als der Mann, den er so sehr liebte, Antonin wäre vor Eifersucht die Wände hochgegangen. Aber so gönnte er seinem Partner jedes noch so kleines Tröpfchen Zuneigung und Liebe, die seine Mum so gerne im Überfluss verteilte, und auch wenn jener zuerst gar nicht recht zu wissen schien, wie er darauf reagieren sollte, schien er sie ebenso schnell ins Herz geschlossen zu haben. Auch wenn er auf die Anspielungen auf sein Sexleben gut hätte verzichten können. Da hatten sich dann wieder wirklich zwei gefunden, die kein Blatt vor den Mund nahmen. Als seine Mum wieder gefahren war, schien Cole fast so traurig wie er selbst zu sein. Doch sie hatten versprochen, dass sie sich nun gegenseitig häufiger sehen würden. Etwas, worüber Antonin sehr froh war. Vor allem jetzt, wo seine Mum außerhalb aller Gefahrenzonen war, überlegte er sogar schon, ob er sie nicht irgendwie auch in diese Stadt holen konnte. Vielleicht würde er Cole heute Abend noch fragen, was der davon hielt. Schließlich die Auffahrt zu ihrem Haus hochfahrend, betätigte er die Automatik der Garage, konnte jedoch das Freudengebell seiner beiden Racker schon vernehmen. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen und Antonin bereute selbst jetzt keinen einzigen der überteuerten Dollar die er für die beiden beim Züchter zurückgelassen hatte. Sie brachten ihm so unglaublich viel Freude und solange das Fellknäul der Chef im Haus war, bereiteten sie auch Cole keine Kopfschmerzen. Das tat dann wohl schon der Arm der immernoch nicht ganz verheilt war. Vielleicht würde er es nie sein, etwas, das Antonin hoffte, das nicht passieren würde. Doch sein Freund schien sich damit zu arrangieren und wenn sie ausgingen, was sie immernoch recht häufig taten, dann schränkte es ihn auch dort kaum noch ein. Oder nicht mehr als sonst. Gott, wie er diesen Mann liebte. Alleine beim Gedanken daran, trat ein Lächeln auf seine Züge und als er in den Garten kam und versuchte seine beiden Racker irgendwie zu beruhigen, huschte sein Blick dann jedoch sofort zu dem einen Menschen, der ihm wichtiger als alles andere war. "Ist gut jetzt!", rief er die beiden zur Ruhe, etwas das nur bedingt klappte, aber es war ja auch sooo furchtbar so lange von ihm getrennt zu sein. Er lachte leise, tätschelte die beiden nochmal und hielt dann auf Cole zu, um ihm die Arme um die Hüften zu legen und sich einen Kuss abzuholen. "Hallo schöner Mann", murmelte er und lächelte. "Wie war dein Tag?" Cole "Richter Smith hat die Vertagung der Verhandlungen anerkannt. Die neuen Beweismittel, die aufgetaucht sind, haben den Staatsanwalt ganz schön ins Rudern gebracht. Ich denke wir haben den armen Kerl da bald raus. Ansonsten war es anstrengend." Cole lächelte Antonin an. Er hatte seine Arme auch um den anderen gelegt und zog ihn nun noch einmal für seinen sanften Kuss zu sich. "Und jetzt geht es mir gut. Wollen wir gleich los? Man könnte meinen, die beiden hätten noch nie vor die Tür gedurft, dabei war Kristy heute Nachmittag da gewesen." Kristy war das Mädchen aus der Nachbarschaft, die einige Tage immer sich immer am Zaun herumgedruckst hatte, bevor sie Antonin gefragt hatte, ob sie die Hunde streicheln durfte. Nach und nach war sie so oft da gewesen und hatte mit den Hunden gespielt, dass sie ihr irgendwann erlaubt hatten, mit den Hunden spazieren zu gehen, wenn sie nachmittags nicht zu Hause waren, weil sie beide arbeiten mussten. Sie durfte die beiden allerdings nur an der Leine führen. Und in ihrer Zuverlässigkeit hatte sie es sich angewöhnt, immer eine Nachricht auf den Verandatisch zu legen, damit sie Bescheid wussten, dass sie mit Türsteher und Einbrecher unterwegs gewesen war. "Wie lief‘s bei dir im Labor?", fragte er nun seinen Freund, der zum Zwinger gelaufen war, um die Leinen zu holen. Auch wenn sie die beiden ohne Probleme frei laufen lassen konnten, nahmen sie sie immer mit. Man konnte ja nie wissen. Cole war froh, dass die beiden Hunde so gut erzogen waren. Das war etwas, wovor er Angst gehabt hatte. Denn es gab in seinen Augen nichts Schlimmeres als ein unerzogener Mistköter. Wenig später befanden sie sich auf dem ihnen so bekannten Weg. Sie mussten nicht lange auf der Straße laufen, um auf einen Weg zu gelangen, der neben einem kleinen Fluss entlang führte, und der sich durch einen wunderschönen Wiesengrund erstreckte. Dort ließen sie die beiden Hunde laufen. Cole legte Antonin seien Arm um die Schultern. Man kannte sie in der Gegend und man akzeptierte sie als schwules Pärchen. Es war wohl Coles Ausstrahlung und Antonins Höflichkeit zu verdanken, dass sie sich mit all ihren Nachbarn gut verstanden. Wie jeder andere auch, wurden sie zum BBQ eingeladen und man unterhielt sich über den Zaun hinweg über wichtige Ereignisse der Weltgeschichte. "Deine Mum hat übrigens angerufen. Sie hat dir aufs Band gesprochen, dass du sie gefälligst häufiger anrufen sollst. Und sie findet überhaupt, dass du ihr bei ihr zu Hause Skype einrichten und dir selbst auch eine Skypeadresse anschaffen solltest. Ihre Freundin scheint damit mit ihren Kindern zu kommunizieren. Und offenbar gefällt ihr der Gedanke, dass sie dich dann auch im Labor erreichen kann." Cole grinste als er das Gesicht seines Freundes nach dieser Information sah. Die Zeit mit Antonins Mutter neulich war wie im Fluge vergangen. Sie hatten sich vom ersten Augenblick an gut verstanden und sie schien ihn genauso ins Herz geschlossen zu haben, wie er sie. Ihr Humor vertrug sich miteinander, wovon Antonin leider nicht so begeistert war, da er sich dadurch nicht selten in ihm peinliche Situationen wiederfand. Aber Cole wusste, dass er sich freute, dass er sich mit seiner Mutter so gut verstand. Diese 'Beziehung' zu Antonins Mutter war etwas, das Cole auf eine fremde Art und Weise berührte. Es war, als hätte er dadurch etwas geschenkt bekommen, was er schon lange vermisst und sich gewünscht hatte. Und seine Mutter mochte es ihm verzeihen, aber Antonins Mutter war nun wie seine eigene für ihn. Und so hatte er es auch für sehr schade empfunden, als sie wieder zurück nach Hause gefahren war. "Ragnar hat mir eine SMS geschickt und gefragt, ob wir am Samstag ins Savoy kommen wollen. Er meinte er würde sich aber auch über eine Einladung zum Grillen freuen, wenn denn das Wetter halten würde. Wie schaut es mit deiner Wochenendplanung aus?" Er blickte seinen Freund fragend an. Wie so oft fiel ihm dieses glückliche Blau auf. Ja, das war etwas, was er mit Stolz sagen konnte. Er hatte Antonin glücklich gemacht. Und dieses Glück absorbierte er genüsslich, um ebensoviel davon auszustrahlen. Und immer wenn er das Gefühl hatte, Antonin auf der Stelle sagen zu müssen, wie sehr er ihn liebte, beugte er sich zu ihm, um ihn sanft zu küssen. Das kam in letzter Zeit recht häufig vor, manchmal sogar an den unpassendsten Orten zu den unpassendsten Zeitpunkten. Aber das war Cole mittlerweile egal. Nichts konnte ihn davon abhalten, diesen Gefühlen nachzugeben. Und mit diesem Gefühl kam auch immer wieder der Gedanke in ihm hoch, dass er etwas tun wollte, was ihre Beziehung verewigen würde. Doch ein leises Stimmchen in ihm wies ihn immer wieder zurecht, dass er das erstens nicht brauchte, um zu wissen, dass sie für immer glücklich wären, und dass es zum anderen gesetzlich nicht möglich war. Also beließ er es dabei, sein Glück einfach so zu genießen. Antonin "Und wieder ist jemand dank eurer Hilfe ein Stück näher an seiner wohlverdienten Freiheit", schmunzelte er und ließ sich nur zu gerne nochmal küssen. Einen Blick zu seinen beiden Rackern werfend, musste er leise lachen. "Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie eher Kirsty ausführen als anders herum. Ich hole eben die Leinen." Das erledigt fanden sie sich kurz darauf auf dem Weg. "Es läuft momentan alles ein bisschen zäh und ich habe die Befürchtung, dass es bis zur Vorführung der nächsten Ergebnisse nicht mehr ausreicht, um alles hinzubiegen, und dann geht der Auftrag wohl nicht an mich." Er zuckte mit den Schultern. Natürlich wäre es schön, einen Auftrag von der Heimatschutzbehörde zu bekommen, gerade im Hinblick auf die geldlichen Mittel, aber andererseits war Antonin ungern anderen Rechenschaft schuldig. Er hatte sich dafür angemeldet, um seinen Stand im Gegenzug zu den anderen Firmen auf dem Markt besser einschätzen zu können. "Kathrin ist darüber unglücklicher als ich. Vielleicht hat sie auf eine Gehaltserhöhung gehofft." Er grinste und schmiegte sich näher an seinen Freund, als sie die Hunde schließlich laufen lassen konnten. Bei der Erwähnung seiner Mutter und ihrer neuesten Idee verzog er das Gesicht. "Für Zuhause lasse ich mir das ja eingehen, aber nicht im Labor. Nein unter gar keinen Umständen", wehrte er sich gegen diese Idee und seufzte, bevor er Cole spielerisch in die Seite boxte. "Du grins nicht so! Ich werde ihr schon verklickern, dass es viel praktischer wäre, wenn sie dich in der Kanzlei erreichen würde. Im Grunde bist du jetzt sowieso ihr Lieblingssohn, da ihr den gleichen seltsamen Humor habt." Alleine beim Gedanken daran musste er die Augen verdrehen. Gegen diese beiden Menschen war einfach kein Kraut gewachsen. Oder zumindest keines, das ihm in irgendeiner Art und Weise weitergeholfen hätte, sich gegen sie zu wehren. Doch dann wurde er nachdenklicher. "Ich habe mir überlegt sie vielleicht zu uns zu holen. Nicht ins Haus, das würde ich auf Dauer nicht ertragen. Aber vielleicht in die Stadt? Ich hätte sie wirklich gern viel, viel näher um mich." Er warf einen Seitenblick zu Cole und lächelte. "Auch wenn ihr beide mich wahnsinnig macht, so wäre es doch schön, euch beide an einem Fleck zu haben. Ich vermisse sie ziemlich, weißt du?" Er löste sich kurz von Cole um Türsteher den Stock abzunehmen, den dieser ihm gebracht hatte, lobte diesen und warf das Stück Holz von sich. Worum sich beide Hunde erst einmal ein wenig stritten, als sie fast gleichzeitig dort ankamen. "Grillen? Die beiden können ständig her kommen, um zu grillen. Lass uns lieber zu ihnen fahren, dann können sie uns auch über Nacht beherbergen und Kirsty kann Freudentränen darüber vergießen, sich um alles kümmern zu dürfen. Einschließlich dem Fellknäul." Er grinste. "Ich bin mir sicher, ihr Vater schleicht sich mit her. Wirklich, ich bin immer wieder darüber fasziniert, wie fest ihre Mutter die Familie im Griff hat. 'Wir schaffen uns keine Tölen an!'", äffte er sie nach. "Dabei bin ich mir sicher, dass Kirsty und ihr Dad perfekte Hundeeltern wären." Er unterbrach sich selbst, als er Coles Blick auffing und erwiderte den folgenden Kuss nur zu gern. Sich eng an seinen Partner schmiegend, schlich sich ein schelmisches Grinsen in seine Mimik: "Hey, Mister Tinsley, weißt du eigentlich, dass wir schon ungehörig lange nicht mehr nachgesehen haben, ob der Darkroom im Savoy noch steht?", murmelte er gegen dessen Lippen und holte sich einen weiteren Kuss ab. Auch das war eine Änderung, die sich langsam aber sicher breit machte. Je wohler und vor allem sicherer Antonin sich fühlte, desto mehr Energie und Zeit fand er für andere Dinge. Und unter anderem hatte er ein durchaus neues Interesse an ihrem Sexualleben entdeckt, weshalb er inzwischen recht gern herumexperimentierte und in Cole einen durchaus passenden Partner dafür gefunden hatte. Vermutlich würde er nie zu einem Vorzeigeschwulen mutieren, da er es immernoch nicht genoss, mit anderen zu flirten, aber er war durchaus lockerer geworden. Ein wenig. Er würde vermutlich immernoch jeden töten, der Cole auf andere als rein sexuelle Art zu nahe kommen wollte, aber er hatte gelernt seine Eifersucht umzuleiten. Denn dass er eifersüchtig war, stand völlig außer Frage. Aber nie so sehr, dass er begann, seinen Partner einzuengen, oder gar versuchte, ihn zu kontrollieren. Nein, ihre Streitigkeiten, wenn sie denn mal auftraten, hatten ganz unterschiedliche Gründe. Meistens waren es sogar Kleinigkeiten und Antonin schob es irgendwie darauf, dass sie beide es einfach nicht gewohnt waren, so lange ohne immensen psychischen und physischen Stress auszukommen. Zum Beispiel machte es Antonin wahnsinnig, wenn Cole, in seinen Augen, unverantwortlich mit dessen Arm umging. Oder dass er so lange an einem Ernährungsplan herumfeilen hatte müssen, bis es dem gnädigen Herren auch endlich passte. Kleinigkeiten eben, die noch vor einigen Monaten nicht einmal einen zweiten Blick oder Gedanken wert gewesen waren. Aber es endete bisher nicht in einem großen Krach. Sie fauchten sich schonmal an, aber die meiste Zeit blieb es bei einer Argumentation. Bei dem ihm wirklich wichtigen Dingen, wie zum Beispiel Coles Arm, war er bisher wohl als der zufriedenere aus den Streitigkeiten gegangen. Aber das war - und er würde das niemals laut aussprechen - Gott sei Dank nicht immer der Fall. Schließlich stand er unglaublich darauf, wenn sein Freund diesen ganz speziellen Blick bekam, der ihm sagte: 'Bis hierher und nicht weiter'. Etwas, das schon so manches Mal im Bett geendet hatte, oder wo auch immer sie sich gerade befanden. Bis auf die Küche! Sein größter Triumph, denn diese war und blieb absolut jungfräulich. Jawohl. Sich schließlich von Cole lösend, lächelte er diesen offen an und zog ihn dann mit sich. Türsteher und Einbrecher - verflucht seien diese Namen! - trotteten artig voraus oder hinterher. Je nachdem ob sie was Spannendes fanden, mit dem sie sich kurz beschäftigten. Ob er sie heute Abend schon wieder bürsten müsste? Das war das einzige Problem mit den langen Haaren. Und die regelmäßigen Waschgänge, die sie nicht erfreuten und Antonin hinterher meistens ebenso nass war, wie die beiden Hunde. Sacht lehnte er seinen Kopf an die Schulter des anderen, eine Geste, die er häufiger machte, wenn sie gemeinsam spazieren gingen, bevor er ihn wieder hob und tief seufzte. "Und was meine Wochenendplanung im Allgemeinen betrifft: Ich bin frei wie ein Vogel. Keine BBQ's, keine wichtigen Footballspiele, keine dringenden Laborergebnisse. Ich bin sozusagen ganz dein." Cole "Ihr werdet es schon schaffen. Ist es bei solchen Sachen dem Kunden wirklich so wichtig, dass du das vollendete Produkt präsentierst? Ich würde versuchen ihm zu zeigen, dass ihr qualitativ hochwertige Arbeit liefert, die seinen Ansprüchen gerecht wird. Muss es dafür wirklich schon ganz fertig sein? Ich denke nicht. Also würde ich mich noch nicht geschlagen geben, selbst wenn ihr nicht fertig werden solltet." Das Licht in dieser 'Stunde Null', wie Cole für sich die blaue Stunde bezeichnete, in der die Sonne zwar nicht mehr zu sehen war, aber dennoch genügend Licht da war, war an diesem Abend irgendwie besonders schön. Zufriedenheit, so könnte man dieses Leben wohl bezeichnen. Und diese Spaziergänge am Abend, an denen man entweder nur die Zweisamkeit genoss, oder eben die Ereignisse des Tages besprach, waren für Cole sehr wichtig geworden. "Nein, das halte ich für überhaupt keine gute Idee, mein Liebster." Cole schüttelte den Kopf und grinste. „So gerne ich deine Mutter auch habe, aber ich denke auch, dass die Telefonnummer reicht. Und ich bin sicher nicht ihr Lieblingssohn, mein Herr. Sie liebt dich abgöttisch, auch wenn ich froh bin, dass wir uns auch gut verstehen." Cole drückte Antonin kurz an sich. Der arme hatte so einige Sticheleien ertragen müssen. Und besonders über Safer Sex und Sexpraktiken mit seiner Mutter zu reden, hatte ihm nicht wirklich geschmeckt. Ein gefundenes Fressen für Cole. Als Antonin weitersprach, blickte er ihn überrascht an. "Hm, das klingt doch gut. Ich denke sie würde keine Probleme haben, sich hier einzufinden und angesichts der Tatsache, dass sie nicht jünger wird, ist es wohl keine schlechte Idee, sie nahe bei sich zu haben, falls sie einmal Hilfe braucht. Aber letztlich muss sie das auch wollen. Sie hat dort ihren Freundeskreis, mehr oder weniger. Und da sie dich auch vermisst, könnte ich mir schon vorstellen, dass sie von der Idee angetan sein könnte. Solange sie dann nicht jeden Tag kontrolliert, ob ich aufgegessen habe, ist mir das durchaus recht." Er grinste leicht und küsste Antonin auf die Schläfe. Dann sah er zu, wie Türsteher und Einbrecher um den Stock tobten. "Stimmt Kristy wird sich freuen. Ihre Mutter ist wirklich eine alte Wetterhexe und ein Kontrollfreak per excellence." Cole schüttelte den Kopf. "Es kommt mir vor, als würde Kristy immer jegliche Anspannung verlieren, wenn sie unseren Garten betritt." Er hatte nur einmal mitbekommen, wie Kristys Mutter hinter ihr her geschimpft hatte. Er war gerade die Straße hochgelaufen, als die Kleine aus dem Haus floh. Es war ihr unglaublich unangenehm gewesen, doch Cole hatte ihr zu Verstehen gegeben, dass es ihr nicht peinlich sein musste. Coles rechter Arm drückte Antonin sacht an ihn. Mit dem linken konnte er noch nicht viel Kraft aufwenden, weshalb er ihn mit diesem nur locker umfasste. Seine Augenbraue hob sich, als er seinen Nachnamen hörte und ein Schmunzeln legte sich um seine Lippen. "Wo Sie recht haben, Mr. Marakow, haben Sie recht." Verspielt küsste er den anderen. Seit sie dieses sorglosere Leben führten war ihr Sex noch erfüllender geworden. Es war nun nicht mehr allein dazu da, sich einen Moment Sorglosigkeit zu ermöglichen, sondern es war letztlich zu einem Ausdruck ihrer Liebe geworden. Und die Vertrautheit, die zwischen ihnen herrschte, sorgte dafür, dass sie alles Mögliche ausprobierten. Wobei er Antonin gerne selbst überließ, was jener wollte. Er würde ihm niemals etwas vorschreiben. Dafür machte er aber alles mit, was dieser wollte. Und als jener Anstalten machte, einmal selbst den wirklich aktiven Part zu übernehmen, hatte er sich auch dagegen nicht gewehrt. Wieso auch? Auch wenn Antonin sehr überrascht war, auf keinen Widerstand zu stoßen. Gut, so oft ließ er es auch nicht zu, dass Antonin das Ruder in die Hand nahm. Aber was war ansonsten dagegen einzuwenden? Seine Hand wanderte zu dessen Hintern und sanft massierte er diesen, während er Antonin noch immer küsste. "Ich denke wir sollten uns beeilen nach Hause zu kommen", raunte er gegen die Lippen des anderen und seine Augen leuchteten. Ihr Sexleben war alles andere als eingefahren. Und das war etwas, was für ihn unglaublich wichtig war. Aber es stimmte einfach zwischen ihnen. Und das taten sie nun auch. Eine Weile gingen sie ihren Gedanken nach, bis Antonin seine Wochenendplanungen ausbreitete. Cole lächelte. "Frei zu sein ist wirklich ein Luxus. Und dich mein eigen nennen zu dürfen ist ein wirkliches Paradies", überlegte er schmunzelnd. "Ich könnte mir vorstellen, dass wir am Samstagvormittag schon in die Stadt fahren. Ich wollte eh schon lange mal wieder shoppen gehen. Ich habe nichts mehr zum anziehen." Er musste schon grinsen, während er das sagte. Denn eigentlich platzte sein Kleiderschrank aus allen Nähten, aber das alte Zeug zog er nun mal ungerne an und schon gar nicht in die Arbeit. Und er konnte auch nicht ständig mit denselben Anzügen dort aufkreuzen. Wenn er in einem Punkt wirklich eitel war, dann waren das seine Klamotten. "Und danach treffen wir uns mit Ragnar und Nathan, gehen schön essen und gehen dann ins Savoy. Und am Sonntag schlafen wir aus und fahren dann gemütlich zurück. Ist das ok?" Cole öffnete die Gartentür. Antonin würde sich jetzt um die Hunde kümmern und Cole würde anfangen zu kochen. "Was hast du für heute Abend zum Essen geplant? Ich fang dann schon mal an..." Mittlerweile machte er das sogar ganz gerne. Es war eine beruhigende Aufgabe, bei der man seine Gedanken ein wenig frei lassen konnte, während man vor sich hin werkelte. Cole würde sich jetzt nicht als Koch bezeichnen, aber er ging Antonin gerne zur Hand. Und da jener sich ja auf die Fahne geschrieben hatte, dass Cole sich gesund ernährte und genug aß, umging er dabei auch den Zoff, wenn es mal wieder um dieses leidige Thema ging. Dabei hatte er im letzten halben Jahr ordentlich zugenommen - für seine Verhältnisse. Er wollte ja nicht irgendwann eine Kugel vor sich herschieben. Aber sich da mit Antonin anzulegen war keine gute Sache, wie er immer wieder feststellen durfte, wenn er dann doch mal nichts aß, weil er zu viel Stress gehabt hatte, oder irgendwas in sich hineingeschlungen hatte, weil er in Eile gewesen war. Antonin Antonin lächelte beim Gedanken daran, dass seine Mum täglich ihren Kopf bei ihnen reinstecken würde, um zu überprüfen, ob Cole aufgegessen hätte. "Ja, sie wird nicht jünger", stimmte er zu und überlegte wieviel Zeit mit ihr ihm eigentlich entgangen war. Wieviel Zeit ihm einfach so geraubt worden war. Und nicht nur Zeit. Von seiner Berufswahl, dem Alter, in dem man sich austobte, oder einfach einmal Freizeit ganz zu schweigen. Doch das war jetzt egal, schließlich war ihm dadurch eine Person wie Cole an die Seite gestellt worden. Im Nachhinein sah es also so aus, als hätte sich alles irgendwie zu einem guten Ende, nein vielmehr zu einem Neuanfang gefügt. "Ich werde ihr den Vorschlag einfach mal unterbreiten. Wenn sie nein sagt, kann ich mich immernoch darüber informieren, wie dieses Skypedings funktionieren könnte." Wenn ihn nicht alles täuschte, war das so eine Art Internettelefon, aber wer brauchte so etwas wenn er Handys und Emails besaß? Ein wenig Schulterzuckend nickte er dann nur. Ja, Kirstys Mutter war ein richtiger Hausdrachen. Gut dass das Mädchen nicht nach ihr zu kommen schien, denn sie war ein ruhiges, liebes Ding. Weshalb Antonin auch der Annahme verfallen war, das die Hunde sie ausführten und nicht anders herum. Allerdings waren sie, trotz der Namen, sehr empfindliche Hunde, die vermutlich eher bei ihm oder Cole Blödsinn versuchen würden als bei Kirsty. Spielerisch nahm er Coles Unterlippe zwischen die Zähne, als jener ihm da schon wieder Bilder in den Kopf setzte, die nichts mit der Versorgung der Hunde oder dem Abendessen zu tun hatten. Doch seine fast blauen Augen funkelten und er drängte sich ein Stück näher an seinen Freund. "Dann lass uns gehen", raunte er und küsste ihn nochmal, bevor sie weitergingen. Um diese Tages- und Jahreszeit war es hier unglaublich angenehm und erholsam. Nicht dass Antonin unbedingt Erholung brauchte. Für ihn war seine Arbeit schließlich nur selten etwas, das ihn wirklich erledigte. Doch aus diesen Gedanken wurde er gerissen als sein Freund behauptete, er hätte zu wenig anzuziehen. Himmel! Jede Frau wäre neidisch auf die Ausmaße, die dessen Kleiderschrank annahmen. Doch darüber machte er sich höchstens mal im Spaß ein wenig lustig. Sollte Cole sich doch so viele Klamotten kaufen wie er wollte, wenn es ihm denn Freude machte. Zudem es Antonin ja auch zugutekam, denn so konnte er sich immer mit dem absolut heißesten Kerl weit und breit zeigen. Dieser Gedanke zauberte ein belustigtes Lächeln auf seine Lippen. "Also erst stundenlang durch die Läden laufen, danach mit den beiden stressgeplagtesten Menschen auf diesem Planeten Essen gehen und danach die gequälten Beine noch zum Feiern tragen? Ja, klingt gut." Er zwinkerte seinem Freund gutgelaunt zu und pfiff nach Einbrecher, der gerade so aussah, als wollte er sich davonschleichen. Antonin machte sich keine Gedanken, dass Cole diese Worte missverstehen könnte. Zudem er ja wirklich sehr geduldig war, während Cole sich zum hundertsten Mal in eine Umzugskabine begab. Vorausgesetzt es gab einen Stuhl, denn dann konnte er die Show auch relativ gut genießen. Manchmal fragte er sich, ob er selbst wohl zu selten neue Kleidung kaufte, fand es dann jedoch im Rahmen und passend. Er war eben nicht so wie Cole was diese Dinge betraf. Seinem Partner in den Garten folgend runzelte er die Stirn. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Fisch, wenn mich nicht alles täuscht. Schau mal auf den Plan, der am Kühlschrank hängt, da steht es drauf." Damit schnappte er sich seine beiden Racker jeweils am Halsband und begann damit, sie zu bürsten und anschließend zu füttern. Sie durften noch im Garten herumlaufen, da Antonin sie immer erst in den Zwinger tat, wenn sie selbst ins Bett gingen. Zwar war dieser wirklich geräumig, aber er kam sich einfach schlecht vor, die beiden einzusperren. Das erledigt trat er nun ebenfalls ins Haus und guckte Cole kurz über die Schulter. "Ich bin nur eben Duschen." Diesmal einen genaueren Blick über die Dinge werfend, die bereits vom anderen bearbeitet wurden, begann er zu grinsen. Hier lag nichts, das man sofort verarbeiten musste. Und so umarmte er den anderen von hinten und hauchte ihm einen Kuss in den Nacken, während seine Hände unter das T-Shirt glitten, um über die Bauchdecke des anderen zu streicheln. "Kann ich dich davon überzeugen, noch eine Dusche zu nehmen?", fragte er und musste auch weiter gar nicht besonders viel sagen. Es war ein ganzes Stück später, nach der höchst anregenden Dusche, dem Abendessen, dem Versorgen der Hunde und einem alten Film, als Antonin an Cole gekuschelt im Bett lag und sich einfach nur glücklich fühlte. Das kam immer mal wieder vor. Dann bekam er hin und wieder sogar Angst, vor Glück einfach platzen zu müssen. Manchmal, wenn Cole ihn relativ unerwartet oder unpassend zur Situation ganz sanft ansah und ihn dann küsste, das waren die Momente, an denen er die Zeit anhalten wollte. Oder sie verlangsamen. Jede Sekunde dieses neuen Lebens erschien ihm so unglaublich wertvoll und wichtig. Leicht lächelnd, hauchte er dem anderen einen Kuss auf die freie Haut. "Ich liebe dich, Cole", murmelte er und schloss dann die Augen. Manchmal überkam es ihn einfach und dann mussten diese Worte raus. Es fiel ihm leichter in der Dunkelheit der Nacht, aber hin und wieder klappte es auch am helllichten Tag, mit einem hellwachen Cole. Es war die Wahrheit und er könnte es auch zu jeder vollen Minute sagen, aber irgendwie hatte Antonin Angst, dass sich diese Worte abnutzen würden. Und trotzdem... manchmal musste er es ihm einfach sagen. Es ging gar nicht anders. Aber jetzt würde er sich erstmal auf ihr Wochenende in der Großstadt freuen. Ein paar Tage nur mit Cole - und dem anderen Pärchen - aber das zählte nicht. Keine Tiere und keine Nachbarn, die unangemeldet mit Kuchen vor der Tür standen. Und nicht zu vergessen, ein Darkroom, auf den er sich mehr als freute. --------------------------------- Ich danke euch ganz herzlich, dass ihr Blood Deal zuende gelesen habt. =) Ich hoffe es hat euch gefallen! Was hat euch besonders gut gefallen? Welche Charaktere mögt ihr am liebsten? Wie fandet ihr die einzelnen Geschichten? Was sind eure Lieblingsstellen? So, nun hoffe ich, dass ihr die Geschichte genossen habt und vielleicht sogar weiter empfehlt. Ich danke euch für eure Lesetreue! Amber Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)