Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 2: Die Prüfung ---------------------- Antonin Und auch wenn er in jener Nacht noch bestimmt zwei Stunden einfach so in seinem Hausflur verbracht hatte, so saß er doch drei Nächte später völlig entspannt in einem Ledersessel in einem der besseren Strip Clubs. Seinen Gegenüber mehr aus den Augenwinkeln betrachtend, angeblich total in den Anblick eines der leichtbekleideten Mädchen versunken. Jake saß einige Meter entfernt mit anderen Kerlen zusammen und ließ sich irgendeinen Sprudel schmecken, der ihn vermutlich viel zu teuer käme, während Luke immer noch das Haus hüten musste. Armes Bürschchen. "Also jetzt mal die Karten auf den Tisch", wandte sein Gesprächspartner das Wort schließlich wieder an ihn. "Diese CI-4 wie du es nennst, ist also eine bewusstseinserweiternde Droge, die sich so schnell zersetzt, dass sie nach 12 Stunden nicht mehr im Blut nachweisbar ist?" Antonin nickte nur und griff nach seinem Glas mit Wodka. "Die Kurzzeitnebenwirkungen sind ein wenig härter als die von zum Beispiel X-tasy", murmelte er schließlich gerade laut genug, um die Musik zu übertönen. "Für Langzeitwirkungen befindet sich das Produkt noch nicht lang genug bei den Testpersonen." "Und wer sagtest du, stellt das her?", hinterfragte der Mann, der selbst in diesem abgedunkelten Raum mit Sonnenbrille saß. Dazu natürlich der schwarze Anzug, der bei solchen Typen ja nie fehlen durfte, und die beiden Gorillas im Hintergrund. Antonin war bis über alle Maßen amüsiert. "Ich sagte gar nichts dazu", antwortete er schließlich, nachdem er sein Glas zuprostend erhoben hatte und den Inhalt in einem Zug leerte. "Mein Kopf gefällt mir nämlich ganz gut an meinem Hals." "Ts...", gab der Kerl, den hier alle nur Don nannten, verächtlich von sich und überschlug die Beine. "Du bist nicht so dumm wie du aussiehst, Junge. Aber du solltest es nicht übertreiben. Drogen bekommt man überall, das alleine macht dein Leben nicht wertvoll genug." Antonin grinste breit und füllte sich aus der Wodkaflasche nach. "Ich nehme diesen Hinweis dankend an, Don. Aber dieses Zeug schickt die Kunden auf einen Trip, von dem sie nicht mehr runter wollen. Zwei Pillen für eine Technoparty ist das Minimum, das sie für den durchgehenden Kick ausgeben müssen. Und ich habe mir sagen lassen, dass es ziemlich süchtig macht." "Einer meiner Leute wird sich nächste Woche bei dir melden. Wir wollen uns selbst davon überzeugen, ob das so alles der Wahrheit entspricht. Solange ist dein Hals nur in der Schlinge. Ob ich ihn wieder rausnehme oder zuziehe, bleibt der Ware überlassen, mit der wir selbst einige Tests durchführen werden." Damit war er entlassen, bedankte sich fürs Gespräch und schlenderte dann an die Bar. Man durfte nach solchen Aktionen nie sofort gehen, denn das bedeutete Angst und Erleichterung darüber, dass man noch lebte. Zudem Jake, dem gerade eine vollbusige Blondine auf dem Schoss herumtanzte, auch ganz gut amüsiert aussah. "Wodka pur", bestellte er und lehnte sich schließlich mit dem Rücken zum Tresen, den Kopf in den Nacken gelegt, an die Decke starrend. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass die Jungs auch genügend herstellen könnten, um diesen Don auch zufrieden zu stellen. Tests.. ja sicher doch. Cole Das "Lady-Dream" erstrahlte mit blinkenden Leuchtreklamen, Musik und vielversprechenden 'Schaufenster'-bildern. Auf dem Parkplatz standen die dicken Autos jener, die sich mit ihrem Geld den Arsch abwischen konnten, jenen Männern, die diese Welt lenkten und steuerten. Anwälte, Richter, Firmenchefs... Das "Lady-Dream" war eines der angesagtesten Nachtclubs der Gegend. Im Keller befand sich eine Diskothek, schallisoliert, groß genug und mit den besten DJs, so dass dort unten jedes Wochenende ab Donnerstag die Hölle los war. Im Parterre gab es den Stripclub, und oben waren Räume für Firmentreffen mit 'weiblicher' Bedienung und andere 'Hinterzimmer'. Sicher, die Mädchen hier durften nicht betatscht werden, sofern sie das selbst nicht wollten, aber wenn sie es wollten, durften sie gerne ihr Taschengeld aufpolieren. JJ und Simon waren noch immer damit beschäftigt die Toiletten zu reinigen. Vier Wochen Dream-Dienst bedeutete nichts anderes, als hier den Deppen vom Dienst zu spielen. Eine Ehre, der sie leider schon zu oft zum Opfer gefallen waren. Aber in einer Stunde würden sie endlich frei haben. Und dann war man ja am rechten Ort, um sich seines Frustes zu entledigen. In der Regel brummte das Geschäft hier und der Laden war brechend voll. So voll mit 'normalen' Menschen, dass diese nicht mitbekamen, wie unter der Oberfläche noch ganz andere Dinge abliefen: Drogenhandel, Waffenhandel, Schmuggel, Mordaufträge, Machtkämpfe - New Yorks Schattenseite. Und das Ganze war in der Hand der irischen Organisation und diente dieser nicht selten als Treffpunkt für Geschäftliches. Der Boss persönlich hatte die Leitung und würde diese wohl auch nie hergeben, wahrscheinlich. Wie so oft betrat Cole das Etablissement durch die Hintertür, einen Koffer in der Hand. Er betrat die Bar, nickte hie und da ein paar Personen zu, wechselte ein paar Worte mit einem der Wachmänner, die dafür sorgten, dass die Männer ihre Finger bei sich hielten. Lucy, die gute Seele der Damen hier, die den Zickenkrieg und andere Sorgen gerne glättete, trat auf ihn zu und küsste ihn auf seine Wange, so dass er wusste, dass sich dort nun ein roter Lippenstiftabdruck befinden musste. "Hey Cole, du warst zu lange nicht mehr hier", begann sie ihr traditionelles Spiel, das sie jedes Mal spielten, wenn er hier war. "Aber heute gehörst du mir, nicht wahr, und wage es ja nicht, mich wieder abblitzen zu lassen." Sie hatte sich an ihn geschmiegt und strich ihm sanft über seine Wange den Hals hinab über den Oberkörper in Zonen, die keine Frau berühren durfte. "Sorry Lucy, aber ich bin mit der Arbeit verheiratet..." Er schob sie weg und lächelte sie an. "Aber deine Versuche werden besser." Er nickte anerkennend mit dem Kopf und grinste, als Lucy zu lachen begann. "Mach dir nen schönen Abend...", lächelte sie und schien schon ein neues Opfer erspäht zu haben, zu dem sie sich auch gleich aufmachte. Cole wischte sich den Lippenstift ab und seufzte. Warum konnte sie wenigstens das nicht unterlassen... Er blickte sich kurz um und erspähte auch schon den, den er gesucht hatte. Er trat an den Tisch heran, an dem Don noch immer saß. Der Mann, der ihm gegenüber saß und offensichtlich ein einfacher Dealer war, erhielt einen Blick, der ihn ohne zu zögern aufstehen und weggehen ließ. Auch Don stand schnell auf und reichte ihm für seinen Geschmack zu ehrfürchtig die Hand. "Don", sagte er gleichgültig und nickte, bevor er sich setzte den Koffer hinstellte und der Bedienung mitteilte, dass er einen 'Green Gras' wolle, den er auch wenige Minuten später erhielt. "Das Übliche", sagte er knapp und musterte Don, der sich schnell seine Sonnenbrille abnahm. Warum waren diese Affen eigentlich immer so ... so proletenhaft und ließen ihre Position so übertrieben idiotisch heraushängen. Cole konnte das nicht nachvollziehen. "Irgendwelche Neuigkeiten?" Cole war kein Mann der großen Worte, er kam immer direkt zur Sache und besonders, wenn er seine Geschäftspartner nicht wirklich mochte. Don war einer jenen hochgekommenen Parasiten, die durch einen Glücksgriff an Ansehen gekommen waren und nun das Gefühl hatten, die Könige der Straße zu sein. Was diese Leute nicht mitbekamen war meistens, dass ihnen an den Stuhlbeinen schon längst gesägt wurde. Auch Don war in Verruf gekommen. Gepanschtes Zeug, das einigen Kunden den letzten Schuss verabreicht hatte. Er sollte aufpassen. Vielleicht war es auch der Grund, weshalb er sich an Cole gewandt hatte. Aber das bezweifelte er. Er glaubte nicht, dass Don bewusst war, dass er in der Schusslinie stand. Unter dem Tisch wurden die Koffer ausgetauscht. "Der Kleine dort drüben, der Wodka", Don deutete zu Antonin und Cole folgte seinem Fingerzeig. "Der hat nen neuen Stoff. Es scheint gutes Zeug zu sein. Nächste Woche teste ich." Coles Miene verriet keine Emotion. Stattdessen trank er aus, stand er auf und nahm seinen neuen Koffer. Cole trat auf den Russen zu. "Ich würde hier an deiner Stelle nicht lange bleiben. JJ und Simon sind sicher erfreut, dich hier zu sehen, wenn sie gleich von der Arbeit kommen, denn dann können sie ihren Frust an dir auslassen, schließlich bist du der Grund dafür." Er klopfte dem anderen auf die Schulter. "Lustig, dass man sich sieht, und du darfst deinen Kopf sogar behalten." Kurz zögerte er. Eine neue Droge? "Möchtest du mich vielleicht ein Stück begleiten? Ich könnte dich auch bei deiner Mami abliefern." Musternd fixierten seine grünen Augen die bläulich-grauen des anderen. Antonin Antonin mochte die Musik hier nicht und wenn man es genau nahm, mochte er nicht einmal den Wodka. Es war einfach nicht seine Marke. Er verglich das häufig mit Zigarren, auch wenn Jake behauptete, er wäre verrückt. Aber jemandem mit einer ganz bestimmten Zigarrensorte konnte man auch nicht einfach eine billige aus dem Supermarkt unterjubeln. So ähnlich war das mit dem Zeug, das sie einem hier als puren Wodka vertickern wollten. Er nahm gerade das neue Glas zur Hand, als er aus den Augenwinkeln jene Person sah, die er namentlich nicht benennen, auf den er aber gut noch so fünfzig bis sechzig Jahre hätte verzichten können. "Hey!", beugte er sich zum Barkeeper. "Das hier zählt doch nicht unmittelbar zum Hafen, oder?" Jener sah ihn nur an als ob er ein weiterer besoffener Irrer wäre, der dumme Fragen stellte. "Sicher doch und wenn’s nächste Schiff vorbei schippert, kauf ich dir ne Karte." Na toll, das war ja nun nicht sehr aussagekräftig, aber er war der Annahme verfallen, sich außerhalb des 'Hoheitsgebiets' dieses verfluchten Bastards zu befinden. Aber er schien ebenfalls in Kontakt mit Don. Kam nur ihm die Stadt auf einmal so klein vor, oder was lief hier gerade ab? Er gab Jake ein Zeichen, welcher kurz darauf zielstrebig auf ihn zukam und warf ihm die Autoschlüssel zu. "Bring ihn weg, Jake." "Kommst du klar?" Antonin nickte und sah seinem Kumpel nach, wie jener sich nach draußen begab, um sein Auto umzuparken. Im schlechtesten Fall erzählte dieser Don von ihrem Deal, was bedeutete, dass er ein Problem bekäme, wenn jene die Drogen tatsächlich in unmittelbarer Umgebung fänden. Oder den Testbericht in seinem Handschuhfach. Tatsächlich dauerte es dann keine drei Minuten mehr, bis er angesprochen wurde und er sich auf dessen Schulterklopfen hin zu diesem Kerl umdrehte. Das Wodkaglas in der Hand behaltend. Notfalls würde es Bekanntschaft mit dem Kopf des Arschlochs machen. Sofort zierte wieder jenes nichtssagende Lächeln seine Lippen, das auch Don schon hibbelig hatte werden lassen. Etwas Besseres gab es nicht. Seine Art Leute unaufmerksam werden zu lassen war die einfachste, aber dennoch effektivste der Welt. Dons beiden Gorillas waren nie in freier Schussbahn zu ihm gestanden, ohne eben ihren Boss in der Linie zu haben und Don selbst war in diesem beschissenen Anzug niemals schneller als er selbst, wenns ums Ziehen einer Knarre ging. Den Blick des anderen Mannes erwidernd stellte er mehr als nur etwas erleichtert fest, dass der Blick heute nicht genau jenes Fünkchen enthielt, das ihn in die Knie gehen ließ. "Der Grund für ihren Frust sind Aufmerksamkeitsdefizite und zwei zu groß geratene Egos", gab er zurück und hob das Glas an, um es zu leeren. "Nen kleinen Spaziergang, huh?", hinterfragte er und biss sich ganz offensichtlich unentschlossen auf die Unterlippe, bevor er mit den Schultern zuckte. "Darf ich meinen Kopf dabei auch noch behalten? Ich hab zwar gehört, dass es jemanden gab, der noch kopflos an seiner Kompanie vorbeirannte, aber als Testobjekt würde ich mich nicht freiwillig melden...", murmelte Antonin, warf Geld auf die Theke und stieß sich dann von selbiger ab. Wenn der Typ da ihm diesmal wirklich an den Kragen wollte, könnte er es eh nicht ändern. Aber CI-4 würde er mit ins Grab nehmen. Cole Besonders erfreut schien der andere nicht zu sein. Offenbar hatte er den Eindruck hinterlassen, den er hatte hinterlassen wollen. In seiner Position galt es allen aufstrebenden Keimen gleich einmal die Triebe zu stutzen, bevor sie sich wie Unkraut verbreiteten und einem letztendlich die Luft zum Atmen nahmen. Aus dem Lächeln des anderen wurde er nicht recht schlau. Schutz? Unsicherheit? Wie auch immer.. Dass jener sich nicht anmerken lassen wollte, was in ihm vorging, war in Coles Augen ein Pluspunkt. Nur wenn man seine Mimik im Griff hatte, konnte man es hier zu etwas bringen. "Zumal du gar keine Kompanie hast...", stellte Cole fest, ohne wirklich die Frage des anderen zu beantworten, und lächelte kurz. Dann wandte er sich ab und lief zielstrebig durch den Club auf den Ausgang zu, nickte den Türstehern kurz zu und stieg die wenigen Stufen der Freitreppe, die protzig zum Eingang des Clubs führte, hinab. Bei seinem Wagen angekommen öffnete er den Kofferraum, legte den Koffer zu einer Sporttasche und einem größeren Beutel dazu, und ging zur Fahrertür. "Einsteigen", sagte er knapp und kurz darauf waren sie auf der Straße. "Du panscht also auch mit Drogen herum", stellte er fest. "Und du möchtest groß rauskommen. Interessante Sache." Sein Ton war etwas belustigt und es schien fast, als würde Cole mehr mit sich als dem anderen reden. "Ich hoffe du hast entweder etwas in petto, was dir eine gute Stellung ermöglicht, oder du kennst die Regeln in diesem Haifischbecken." Wieder eher eine Feststellung als eine Frage, dann schwieg er. Kurz darauf läutete sein Handy. Cole ergriff es und lauschte, klappte es wieder zu und schlug Richtung Industriegebiet ein. Dort parkte er seinen Wagen so, dass man an ihm mit einem anderen Wagen nicht vorbeikommen würde. Vor ihnen befand sich ein kleiner 'Platz', der auf zwei Seiten von Lagerhallen umschlossen war, wodurch der Platz sozusagen als Durchfahrt diente. Cole stieg aus, deutete mit einem Wink mit seinem Kinn an, dass Antonin ihm folgen sollte. "Keine Sorge, dir wird nichts geschehen, wenn du tust, was ich dir sage", sagte er fast schon ironisch. Dann ging er zum Kofferraum, öffnete diesen und blickte einen Moment nachdenkend hinein. Plötzlich blickte er auf, als von der anderen Seite der Durchfahrt ein Auto auf sie zukam. Die Limousine blieb in einigem Abstand stehen und schaltete das Licht aus. Ein kurzes triumphierendes Lächeln erschien auf Coles Gesicht, was aber schon wieder verschwunden war, bevor er Antonin ansah. "Hör zu, nimm den Beutel - er reichte ihm eine weiße Tüte, die deutlich spürbar Stoff enthielt - geh zur Beifahrerseite, und gib dem Typen das Zeug. Wenn er dich fragt, wo JJ sei, sagst du, dass er heute Dream-Dienst hat. Wenn er dich fragt, wer du bist, dann sagst du ihm deinen Namen und sagst, dass du für Cole arbeitest. Hast du mich verstanden?" Eindringlich bohrten sich seine Augen in die des anderen, lesend. Er ging hier im Moment ein großes Risiko ein, aber das zeigte er nicht durch seine Mimik. Gefahr war etwas, was er gerne roch. "Und geh unbedingt zur Beifahrerseite", wiederholte er. Antonin Was war er? Ne abgerichtete Töle? So kam Antonin sich zumindest vor, als er neben dem teuren Fahrzeug zum Stehen kam und dem Kerl dabei zusah wie dieser einen Koffer in den Kofferraum stellte. Und dann ständig dieses heiß-kalt Gefasel. Lächeln hier - unterschwellige Morddrohung da. Es passte Antonin so überhaupt nicht, wie der Abend schon wieder seine Möglichkeiten zum Eingreifen und Ausbremsen zu übersteigen schien. So blieben am Schluss nur noch Instinkte und er mochte es nicht, sich nur auf diese verlassen zu müssen. Seufzend folgte er dem nächsten Befehl und ließ sich in das, zugegebenermaßen angenehme Leder sinken. Als er die Worte seines 'Gastgebers' vernahm, warf er diesem einen schnellen Seitenblick zu. Also hatte Don das ganze natürlich gleich weitergetratscht? Antonin hätte auf seinen ersten Eindruck von dem Typen hören sollen... wirklich. "Panschen", wiederholte er ohne jede Wertung. "Wenn man es so sehen will." Seine Augen folgten der Straße und versuchten Wegepunkte auszumachen. Würde das hier nur ne kleine Spazierfahrt werden, oder hatte der Typ ein bestimmtes Ziel? Ganz geheuer war ihm die Sache nicht mehr, vor allem da dieser Penner über Don zu stehen schien - jetzt wo er so darüber nachdachte. Und das bedeutete dann auch, dass dessen Versprechen, die Schlinge um Antonins Hals noch nicht zuzuziehen, nichts mehr wert war. War es er, der solche Situationen heraufbeschwörte, oder landete er da tatsächlich nur immer zufällig? "Blutgeruch lässt sich auch in Salzwasser mit Pisse überdecken", murmelte er auf die neuerlichen Worte seines seltsamen Fahrers. Er hasste es, diesen nicht einschätzen zu können. Er hasste es, jetzt hier in dessen Karre zu sitzen, und er hasste sich selbst langsam dafür, sich keine andere Stadt ausgesucht zu haben. Doch dann seufzte er so gut wie lautlos und machte es sich bequem. Kein Grund wegen einer erst mal ausweglosen Situation auf Komfort zu verzichten. Doch als sie schließlich an den Lagerhallen hielten, fiel das seichte Lächeln kurz aus Antonins Gesicht. Nur einen Augenblick, gerade lange genug, um zu beschließen sich nicht einfach wie einen tollwütigen Hund abknallen zu lassen. Wie gewünscht stieg er aus und lauschte auf die unheilbringenden Worte. Ihm würde schon nichts passieren? Da kam der Gedanke an den Hund doch schon wieder zutage und er verzog die Lippen unwillig, zeigte ansonsten jedoch keinen offiziellen Widerwillen. Der Typ hatte ihn schon mal fast abgeknallt, das reichte erst mal. Wortlos nahm er den Beutel und musterte diesen kurz bevor er wieder aufsah. Als wolle er sagen: "Und jetzt?" - was ihm auch sofort erklärt wurde. Zur Beifahrerseite gehen, das Zeug übergeben, seinen Namen sagen und für JJ eine Ausrede abliefern. Kein Problem soweit. Sofern die Typen da nicht beschließen sollten, ihn sofort abzuknallen natürlich. Ob er verstanden hatte? Er erwiderte den Blick kurz und hob eine Augenbraue. "Beifahrerseite, Beutel rein, für diesen JJ eine Geschichte auftischen, falls nötig, umdrehen und wieder herkommen. Die paar Meter kann ich mir das merken." Sah er vielleicht aus wie ein Primat oder was?! Verdammt, verdammt, wenn das kein Aufstieg war? Vom Hund zum Paketdienst. Was genau veranlasste diesen Cole dazu, ihn jetzt für diesen Mist zu missbrauchen? Konnte der seinen Arsch nicht selbst zu dieser Übergabe schwingen? Man, wie er begann den Kerl zu hassen der sich selbst so toll vorkam und ihn behandelte wie ein kleines, ungezogenes Kind. Soviel älter sah der miese Penner gar nicht aus! Den Beutel fester umgreifend machte er sich auf den Weg - zur Beifahrerseite - wo auch gleich darauf das Fenster runter gelassen wurde und leider bekam das Drehbuch genau hier eine Änderung. Noch bevor er sein Paket freundlich lächelnd überreichen konnte, kam auch schon die harsche Frage, welches Arschgesicht er denn sei und dass JJ erwartet worden wäre! Cole Ein loses Mundwerk, offenbar keine Angst, aber dennoch fühlte er sich unwohl in seiner Situation. Nun ja, Cole würde es wahrscheinlich auch nicht anders gehen. Zumindest hatte er eine gesunde Einstellung. Vielleicht würde dieser Test ja positiv ausgehen. Er würde es gleich sehen. Cole blickte dem anderen kurz hinterher, zog seine Handschuhe an, nahm eine Waffe aus dem Kofferraum, dann begab er sich in den Schatten, der durch die Lagerhalle in einem breiten Band die Trasse entlanglief, wissend dass der Gang des Russen die Aufmerksamkeit des Fahrers von ihm ablenken würde. Mit Genugtuung stellte er fest, dass der Fahrer des Wagens, wie üblich sein Fahrerfenster heruntergelassen hatte, denn normalerweise ging man ja nicht ans Beifahrerfenster. Und so trat er aus dem Schatten heraus, an das offene Fenster und noch bevor Antonin zu irgendeiner Erklärung ansetzen konnte, sackte der Fahrer schon in sich zusammen, von einer Kugel direkt in den Kopf getroffen worden. Blut spritzte, vor allem in Richtung Beifahrerseite. Dann ging Cole um den Wagen, nahm Antonin die Tüte ab, ergriff zwei Päckchen weißen Pulvers, blickte kurz in den Wagen, in dem das Blut des Toten ziemlich verteilt worden war und entschloss sich dann die Drogen ins Handschuhfach zu bugsieren, da dort am wenigsten Blut klebte. Dann warf er die Waffe neben den Wagen und blickte den Russen an. "Sorry für die Kleidung", sagte er und blickte an diesem herab, der teilweise auch ein wenig abbekommen hatte. "Kannst mir ja ne Rechnung schicken." Dann ging er zu seinem Wagen zurück. "Komm, ich bring dich nach Hause." Keine Antworten, keine Erklärungen, keine Rechtfertigungen. Spätestens am nächsten Morgen würde der Kleine sicher aus dem Fernsehen erfahren, dass er soeben Zeuge am Mord des zweiten Bürgermeisters geworden war. Ein Mord mit der Waffe eines asiatischen Stadtteilführers, der wegen eines Techtelmechtels mit der Frau des zweiten Bürgermeisters, kein Alibi haben wird. Ein Mord, bei dem Drogen entdeckt wurden, die aus einem Deal der gleichen asiatischen Gruppierung stammte. Und ein Mord, für den der Russe ihn sicher nicht verpfeifen konnte, denn immerhin waren dessen Fingerabdrücke an der weißen Tüte. Cole liebte es, wenn ein Plan funktionierte. Antonin Gerade als er augenrollend zu der ihm genannten Erklärung ansetzen wollte, ging schon wieder alles ganz schnell. Etwas, das mit diesem Cole-Typen immer im Doppelpack anzutanzen schien. Mit Überraschung in den Augen sah er den nur schlecht erkennbaren Mann in sich zusammensacken und gleich darauf stieg ihm der altbekannte, leicht metallische Geruch in die Nase. Blut. Blinzelnd betrachtete er die Gestalt, ließ sich den Beutel ohne Widerstand abnehmen und griff dann nach seinem Hemdbund und trat ein Stück zurück in einen etwas besser beleuchteten Lichtkegel. "What the fuck!", fluchte er da auch schon und versuchte mit aller Kraft sein Adrenalin unter Kontrolle zu bekommen. Es würde ihm jetzt nichts helfen, sich mit Cole auf eine Schießerei einzulassen. Ungläubig wandte er den Kopf und sah dem Penner dabei zu, wie er im Handschuhfach des Fahrzeuges herumhantierte. "Man, das war ein neues Hemd! Die Rechnung kommt aber postwendend!", grummelte er und sah immer mal wieder ungläubig zwischen seinem Hemd, diesem Penner und dem Auto mit der Leiche hin und her. Zumindest bis er den Stoff losließ und in Gedanken abspielte, was der Mistkerl da gerade abgezogen hatte. Was waren seine Möglichkeiten? Er könnte sich übertrieben geschockt zeigen und nen deutlicheren Ausraster bekommen und danach seine Leiche vermutlich gleich neben dem Schlitten wiederfinden. Er könnte ein wenig gelassener reagieren und versuchen Antworten zu bekommen. Oder er könnte einfach die Fresse halten, sich sein Hemd ersetzen lassen und dadurch den Deal mit Don nicht gefährden. Oder.. er könnte den Penner doch erschießen. Ein Gedanke der immer verlockender wurde, je länger er darüber nachdachte. Dieser Cole-Typ, wenn er denn wirklich so hieß, wusste wo er wohnte, und das passte ihm so ehrlich gesagt spätestens jetzt ganz und gar nicht mehr. Wie lange würde es dauern, bis er in seiner unnachahmlichen Art nicht doch wieder über irgendwelche Linien trampelte, bis jener ihm dann wirklich eine Kugel in den Kopf schoss? Aber da blieb es fraglich, wie schnell Antonin an seine Waffen käme. Wie viel Reaktionszeit er Cole zugestehen sollte. Ob er sich selbst das noch zutraute, so in vollen Gedankengängen? Langsam begann er, auf das Auto zuzugehen, und schließlich wurde sein Atem tiefer, langsamer und seine Augen wichen nicht einen Moment von dem, dessen Augen es schafften, ihn in Panik zu versetzten. Sie nahmen jede kleine Muskelbewegung desjenigen auf, der ihm gerade bewiesen hatte, dass Antonins Eindruck von dem Kerl, ihn nicht betrogen hatte. Und er hasste sich selbst dafür, dass er das so schnell hatte einschätzen können. Russland ließ sich nicht verdrängen, was den einzigen Grund dafür darstellte, dass er blöd genug war, sich doch wieder auf dem Beifahrerplatz nieder zu lassen. Allerdings schwieg er inzwischen, relativ uncharakteristisch. Die einzige Tätigkeit, die er vollführte, war den kleinen Spiegel der Sonnenblende herunter zu klappen und zu überprüfen, ob er auch Blut im Gesicht hatte. Cole Die erste Äußerung bezüglich der postwendenden Rechnung stempelte Cole unter 'Schockzustand' ab, und dann kam ein langes Schweigen. Sehr erholsam. Endlich mal jemand, der schwieg. Es zeugte von Intelligenz, von einer Person, die intelligent genug war, darüber nachzudenken, was die einzig sinnvolle Möglichkeit war, die er in so einer Situation hatte. Einige schrien hysterisch, weinten und zitterten. Viele versuchten ihm Vorwürfe zu machen, wofür sie bald darauf ihr Leben ließen. Manche übergaben sich und waren danach zu nichts mehr zu gebrauchen. Manche machten Witze und Cole wusste, dass sie zu Hause weinen würden. Manche zückten selbst die Waffe, als ob sie ihr Leben schützen müssten - was sie dann auch wirklich mussten und nie schafften. Die wenigsten schwiegen. Antonin hatte die Prüfung bestanden. Jetzt würde es unter Umständen interessant werden, was jener aus seiner Chance tun würde. Cole warf den Beutel in den Kofferraum, stieg in seinen Wagen und achtete beim Verlassen des Ortes genau wie bei der Hinfahrt darauf, nur auf Asphalt zu fahren, damit die Polizei nicht seinen Reifenabdruck erhalten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)