Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 105: Geständnis ----------------------- Ragnar Ragnar nahm die Kopfhörer ab und loggte sich aus dem Satellit aus. Einen Moment schloss er die Augen und horchte in sich. Das Blut rauschte noch immer schnell durch seine Venen, sein Herz schlug unnatürlich laut und schnell. Dabei hatte er sich vorhin doch so ruhig gefühlt. Es war fast erschreckend, wie ruhig er gewesen war. Obwohl sein verkrampfter Magen ihn gerade eines besseren belehrte. Von Cole zu hören, dass er Raphael brauchte, war beängstigend gewesen. Aber jetzt schien alles in Ordnung zu sein. Ihre Leute waren weg von dort. Er hatte beobachtet, wie sie in die Wagen gestiegen waren, nachdem er sie angefunkt hatte. Cole und Antonin waren auch dabei gewesen. Und nun? Was sollte er nun tun? Die bekannte Melodie verriet ihm, dass sein Rechner sich runterfuhr. Ragnar stand auf und streckte seine steif gewordenen, angespannten Glieder. Kurz tigerte er auf und ab. Sollte er zu Raphael fahren? Cole kam allein zurecht und Antonin war bei ihm... Sollte er nach Hause fahren? Nein, lieber nicht. Nathan... Konnte er? Sollte er? Er griff zu seinem Handy und schrieb eine Sms: Antonin, gib mir bitte kurz Bescheid, wenn du Neuigkeiten wegen Cole hast. Wenn du etwas brauchst, habe keine Scheu mich anzurufen. Danke für alles! Ragnar Dann nahm er die Autoschlüssel von Coles Wagen und fuhr zu Nathan. Er rief vorher nicht an. Er wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er seine Stimme hörte. Und es kam ihm leichter vor, lieber bei Nathan zu sein, wenn seine Emotionen ihn überwältigen würden, als wenn er den anderen nur am Telefon hatte. Also riss er sich zusammen und fuhr schließlich nachdem Nathan ihn hereingelassen hatte, den Aufzug hinauf. Er konnte nur hoffen, dass jener alleine war und dass er nicht ungelegen kam. Als er aus dem Aufzug stieg und Nathan sah, biss er sich auf die Unterlippe. Wortlos trat er auf den Mann zu und umarmte ihn, seinen Kopf auf dessen Schultern ablegend. Und dann spürte er, wie er lautlos weinen musste. Er hasste sich dafür, dass er so unglaublich nah am Wasser gebaut war, und dass er jedesmal, wenn ihn etwas sehr angestrengt hatte, weinen musste. Aber in den Armen des anderen kurz diesen Emotionen nachzugeben, war gut. "Keine Sorge, es ist zum Glück nichts Schlimmes geschehen...", murmelte er schließlich, als er sich wieder ein wenig gefangen hatte. "Ich.. es war nur alles ein wenig viel..." Er strich Nathan sanft über den Rücken. Er wusste mittlerweile, dass er sich nicht dafür entschuldigen musste, dass er ihn mal wieder 'benutzte', auch wenn ihm der Dank auf der Zunge lag. Antonin Antonin hasste es. Er hasste es Cole so zu sehen. Er hasste diesen ganzen Krieg und er hasste Costello. Gerade bekam der junge Russe das Gefühl alles und jeden zu hassen - bis auf jenen Mann, dem er gerade die Leiche vom Schoss zog. Er betrachtete den schnell kühler werdenden Mann nur mit einem flüchtigen Blick, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Cole richtete. Steve hier rausbringen? Wen kümmerte Steve? Der war schon unterwegs zu einem hoffentlich besseren Leben. Doch bevor er Gedanken dieser Art äußern konnte, tauchten zwei weitere Männer im Gang auf, denen Cole diese Aufgabe auch gleich aufs Auge drückte. Und auch wenn Antonin innerlich grollte, als er sah für was sein Freund seine Kraftreserven anstrenge - für eine gerade, starke Position - so konnte er es ihm auch nicht wirklich verdenken. Er nickte auf die 'Anweisung' seinen Freund zum Hafen zu bringen und stütze ihn, wann immer keiner in der Nähe war, so gut es ging. Natürlich machte er sich Gedanken und natürlich schlug sein Herz und es ging ihm über vor Sorge, doch Antonin schluckte das alles erstmal runter. Er war kein Arzt und es war jetzt wichtiger das Fahrzeug konzentriert und vor allen Dingen schnell durch den Verkehr zu lenken. Wenigstens waren sie nicht weit vom Hafen weggewesen, einer der wenigen Lichtblicke an diesen beschissenen Tag. Trotzdem warf er hin und wieder Seitenblick zu dem Mann neben sich und was er sah gefiel ihm gar nicht. Ganz und gar nicht. Kaum dass der Wagen stand, sprang er auch schon heraus und lief darum herum, um Cole heraus zu helfen und ihn dorthin zu bringen, wo Raphael gut arbeiten konnte. Nervös tigerte Antonin hinter diesem auf und ab und zuckte hin und wieder sogar zusammen, als jener vor sich hinfluchte. Am schlimmsten war für Antonin wohl die Bluttransfusion. Er hätte Cole doch sofort da rausholen sollen. Notfalls indem er ihn bewusstlos schlug. Doch 'hätte, wäre, wenn' half diesem jetzt auch nicht weiter und so trat Antonin doch ein Stück näher heran und beobachtete wie das Blut seinen Weg in den Körper seines Freundes fand. Er nickte als Raphael erklärte, dass sie noch zu ihm müssten, sich darüber ärgernd, dass er sich niemals um Kontakte in dieser Richtung gekümmert hatte. Aber wer hatte auch einen guten Chirurgen auf seiner 'Schweigeliste', wenn man nicht höher in der Rangliste stand? "Bitte tun Sie einfach Ihr bestes", bat er, automatisch in die höflichere Anrede verfallend. Gemeinsam gelang es ihnen auch Cole, der momentan kaum ansprechbar zu sein schien, tatsächlich so stabil wie möglich zu Raphael zu bringen. Dort ließ Antonin sich dann auch an der nächstbesten Wand herabsinken und schloss erschöpft die Augen. Zwar wäre es ihm lieber bei dem anderen zu bleiben, aber so wie er heute im Dreck herumgekrochen war, wollte er lieber nichts riskieren. Gott, waren die letzten Stunden anstrengend gewesen. Es war kaum noch vorstellbar, dass sie beide heute Morgen noch so zärtlich zueinander gewesen waren, jetzt wo sie wieder mehrere Menschenleben auf dem Gewissen hatten. Jetzt wo Cole vielleicht mit einer bewegungsunfähigen Hand zu kämpfen hätte. Nach einigen Minuten rappelte er sich auf und hielt auf die Patiententoilette zu, wo er sich erstmal ein wenig frisch machte und den Dreck von den Händen und Gesicht wusch. Ob er mit Cole über seine Nachforschungen sprechen sollte? Jener musste doch erkennen wie sinnlos das alles war. Cole hatte nicht einmal was von diesem Blutbad, außer vielleicht noch mehr Arbeit und noch mehr Gefahr, der er sich ständig aussetzen musste. "Verdammte Scheiße...", murmelte er und ließ den Kopf hängen, sich mit beiden Händen am Waschbecken abstützend. Was für eine beschissene Situation das alles doch war. Und gerade als Antonin mit sich haderte, ob er sich hier in der Abgeschiedenheit der Toiletten ein wenig Schwäche erlauben sollte oder nicht, spürte er sein Handy vibrieren. Es hervorziehend, überflog er Ragnars Nachricht und machte sich daran zu tippen. Seine Menschlichkeit müsste noch ein wenig warten. Er wird‘s überleben. Seine Hand bereitet dem Doc noch Sorgen, das muss man abwarten. Keine Sorge, ich kümmere mich um ihn und lasse NIEMANDEN, der ihn aufregen könnte, auch nur in seine Nähe. Ehrenwort. Versuch dich zu entspannen. Wenigstens einer von uns sollte sich für den Rest ein wenig besaufen. Gruß Antonin Nathan In seinem Milchreis herumstochernd sah er sich, wie so häufig die letzten Tage, die Nachrichten an. Gerade wurde eine Übertragung aus einem Nachrichtenhubschrauber gezeigt. Es waren Bilder, die ihm den Appetit verdarben und so stellte Nathan die kleine Schüssel beiseite und lehnte sich tiefer in seine Couch hinein. Angefangen sich für diese Dinge zu interessieren hatte er nach seinem Besuch im Lady Dream, und augenscheinlich hatte er sich eine explosive Zeit für ein solche Interesse ausgesucht. Ständig gab es Berichte von Schießereien, von richtigen Massakern und die momentanen Bilder schienen so eine Art Höhepunkt des Konfliktes aufzuzeigen. Ausgebrannte Fahrzeuge mit Einschusslöchern, Blutlachen und aufsteigender Rauch. Man musste sich ins Gedächtnis zurückrufen das hier ein Teil von New York gezeigt wurde, einer Großstadt Amerikas und kein Krisenherd in einem anderen, gebeutelten Land. Es war grausam und furchtbar. Aber das waren solche Bilder im Grunde immer. Es machte sie diesmal nur schlimmer, da er immer darauf wartete Ragnars Leiche zu entdecken. Oder einen Anruf von Cole zu erhalten, das er sich lieber setzen sollte. Ragnars SMS, die er hin und wieder erhielt, beruhigten ihn und er beantwortete sie so, dass jener sich nicht auch noch Gedanken darüber machte, dass er - Nathan - sich Sorgen machte. Ob er Ragnar wirklich da rausholen könnte, wie Cole es offenbar wollte? Und nicht nur dieser, wie Nathan wieder mal bemerkte, als er dem Bericht der Reporterin folgte. Die Polizei schien scheinbar einem falschen Hinweis gefolgt zu sein und erst am tatsächlichen Schauplatz aufgetaucht zu sein, als alles schon vorbei war. Für was bezahlten Steuerzahler wie er es war eigentlich so viel? Obwohl... Was könnten die schon ausrichten, außer noch mehr Leichen zu fabrizieren? Es war frustrierend und Nathan mochte dieses unbehagliche Gefühl in seinem Inneren überhaupt nicht. Es ließ ihn nervös werden. Inzwischen hatte er sich sogar eine Art Life-ticker an seinem Rechner installiert, der immer mit neuen Nachrichten aufpoppte. Er wusste immernoch nicht, ob er verärgert über die Zeitverschwendung, oder erleichtert sein sollte, wenn es nur Berichte über Börsenkurse oder Sportereignisse waren. Als es klingelte sah er überrascht auf und schaltete den Fernseher ab, bevor er aufstand und den Türöffner betätigte. Die Wohnungstür öffnend, wartete er bis der Aufzug hoch kam und ein erleichtertes Lächeln umspielte seine Lippen als er Ragnar erkannte. Jenes fiel ihm jedoch sehr schnell aus dem Gesicht als jener ihn wortlos umarmte und kurz darauf zu zittern begann. Es war jenes Zittern, das immer mit einem leichten Weinkrampf einherging. Abermals spürte Nathan Sorge in sich. Sorge um diesen wundervollen Mann in seinen Armen, der gerade einfach nur fertig mit Gott und der Welt zu sein schien. Ob etwas passiert war? Ob Ragnar tatsächlich in diesem Kampfgebiet gewesen war? Ob seinem besten Freund etwas passiert war? Oder ob es am Ende mit seiner Krankheit zu tun hatte? Was immer es auch war, gerade dirigierte er den Mann erstmal zu sich in den Flur und schloss die Türe hinter ihnen, bevor er ihn wieder in den Arm nahm und über den Rücken strich. "Schh. ist ja gut", murmelte er und hob eine Hand, um sanft über Ragnars Kopf, durch dessen Haar zu streicheln. "Bist du verletzt? Ist dir was passiert?", fragte er dann doch und war erleichtert über die Antwort, die nach einiger Zeit kam. Als das Zittern und Erbeben des anderen Körpers auch langsam nachließ. "Ok... das erleichtert mich", murmelte er und küsste den anderen auf die Wange, bevor er ihn mit sich ins Wohnzimmer zog und sanft aber nachdrücklich auf die Couch drückte. "Warte kurz", murmelte er und ging in die Küche, um einen Kakao zu machen, in den er einen guten Schuss Brandy gab. Diesen nahm er mit sich, stellte ihn vor Ragnar auf den Wohnzimmertisch und setzte sich dann zu seinem Freund, um ihn wieder in die Arme zu ziehen. "Willst du darüber sprechen?", sein doch etwas sorgenvoller Blick ruhte auf der zusammengesackt wirkenden Gestalt und er seufzte leise. Ragnar musste mehr mitmachen als gut für diesen war, soviel stand ohne den Hauch eines Zweifels fest. Ragnar Die Umarmung des anderen tat so gut, diese Wärme, die ihn umhüllte, schien die Kälte, die eben noch von ihm Besitz ergriffen hatte, auszulöschen. Der Kuss, den er auf die Wange erhielt, die Erleichterung, die der andere aussprach, es tat einfach gut, dass es jemanden gab, bei dem er sich anlehnen konnte. Und so ließ er sich bereitwillig ins Wohnzimmer ziehen und auf die Couch setzen, ein wenig unzufrieden schauend, als Nathan noch einmal verschwand. Doch sein Handy lenkte ihn ab. Er las die Nachricht, sich darüber freuend, dass es Cole den Umständen entsprechend gut ging und dass Antonin auf ihn aufpassen würde, sich darüber Sorgen machend, dass es seinen Arm offenbar wirklich schlimmer erwischt hatte, als gedacht. Als Nathan zurückkehrte und Ragnar den dampfenden Kakao vor sich stehen sah, musste er lächeln, ergriff ihn und lehnte sich in die Umarmung des anderen, einen Moment die Augen schließend und tief durchatmend. Als er die Frage des anderen hörte schwieg er einen Moment. Er zog die Beine an, stellte die Tasse Kakao auf die Knie und beobachtete, wie der Dampf sich in Luft auflöste, bevor er einen Schluck nahm und den Brandy nun erst entdeckte. Es wärmte ihn und das war gut so. "Diese ganze Scheiße, die in den letzten wie Wochen abgelaufen ist, sind völlig unnötige Streitereien, die ein einziger Mensch provoziert, um mächtiger und mächtiger zu werden. Aber anstatt sich selbst die Hände schmutzig zu machen, schickt er Cole vor. Du musst wissen, dass Cole früh seine ganze Familie verloren hat und von diesem Mann sozusagen 'aufgezogen' wurde. Er hat ihm gelehrt, ihm zu gehorchen, indem er ihn letztlich erpresst hat und ihn permanent belogen hat. Das jetzt genauer auszuführen wäre zu schwierig. Jedenfalls hat dieses ganze Theater letztlich wieder einmal Cole austragen dürfen. Nur diesmal ist er dabei ziemlich heftig verletzt worden. Zum Glück nicht tödlich, aber doch ziemlich. Ich könnte kotzen und diese Wut über diesen Mann wächst von Minute zu Minute." Ragnar blickte Nathan hin und wieder an. "Ich war nicht vor Ort, habe die Sache aus dem Hintergrund heraus gesteuert. Ich bin nicht ganz ungeschickt was das Haken von Spionagesatelliten betrifft und agiere so meist außerhalb der Schusslinie. Zumal Cole mich ohnehin nie zu so etwas mitgenommen hat. Er wollte nie, dass ich in Gefahr gerate. Dafür hat er sich dann immer in die vorderste Front gestellt, der Idiot..." Er seufzte und trank noch einen Schluck Kakao. "Antonin hat mir grad geschrieben, dass es ihm gut geht, aber dass seine Hand vielleicht darunter leiden wird. Er hat einen Schuss in den Oberarm abbekommen." Er schüttelte leicht den Kopf, sein Blick glitt in Gedanken weit weg. "Ich wünschte, ich könnte dafür sorgen, dass Cole untertaucht und sich irgendwo ein schönes Leben aufbaut." Ragnar seufzte und blickte Nathan wieder an. "Ich rede wirres Zeug, wahrscheinlich hast du kaum etwas verstanden, aber frag, wenn du etwas wissen möchtest." Er lächelte entschuldigend, dann beugte er sich zu Nathan, um ihm einen Kuss zu geben. "Ich bin so froh, dass du nichts mit all diesem zu tun hast." Nathan Ohne Ragnar zu unterbrechen hörte Nathan ihm zu, streichelte währenddessen ununterbrochen über dessen Oberarm und drückte ihn hin und wieder, so als wollte er ihm sagen, dass er nicht alleine war. Und es war seltsam, obwohl er eigentlich etwas dagegen haben sollte, solche Dinge in seinem Wohnzimmer zu hören, zu sehen und wohl auch einen Teil davon sitzen zu haben, war er einfach nur erleichtert, dass Ragnar trotz alledem überhaupt noch hier sitzen konnte. Er wartete bis jener geendet hatte, setzte sich ein Stück auf und drehte den anderen ein Stück, so dass er ihm ins Gesicht blicken konnte. "Ich kann nicht behaupten alles verstanden zu haben, vielleicht will ich das auch gar nicht, aber ich bin sehr froh, dass Cole dich zu so etwas nicht mitnimmt. Wirklich sehr, sehr froh." Er beugte sich vor, um dem anderen einen zärtlichen Kuss zu geben. "Ich verstehe deine Sorge um Cole, aber ich bin sicher, Antonin wird gut auf ihn aufpassen und dich auf dem Laufenden halten. Und ich werde auch gar nicht näher darauf eingehen, dass du dich in Spionagesatelliten einhacken kannst, denn das ist momentan unerheblich, in Ordnung?" Er hob eine Hand um sie an Ragnars Wange zu legen. "Es freut mich, dass du hierhergekommen bist und ich höre dir gern zu und versuche dir dadurch ein wenig Balast abzunehmen, aber nimm es mir nicht übel, wenn ich nicht zu sehr hinterfrage. Ich fühle mich ganz wohl in meiner heilen Welt und wenn ich sie mit dir teilen kann, wann immer du her kommst, dann bin ich auch froh, dass ich kein Teil deiner Welt bin", murmelte er und beugte sich abermals vor, um Ragnar zu küssen. "Bleibst du heute Nacht hier?", fragte Nathan, nachdem er den Kuss gelöst hatte und in die schönen, langsam wieder wärmer werdenden braunen Augen seines Gegenübers blickte. "Wenn du willst nehme ich mir morgen frei bis du in die Arbeit musst und wir unternehmen etwas, das dich ein wenig ablenkt. Du siehst aus als könntest du es gebrauchen", schlug er schließlich vor und löste sich von dem anderen, um aufzustehen. Er hielt ihm die Hand hin und half Ragnar dabei aufzustehen, um ihn dann, nachdem er ihm die Tasse abgenommen hatte, mit sich in Richtung Bad zu ziehen. "Du gönnst dir jetzt eine lange, heiße Dusche oder ein Bad, ganz was dir lieber ist und ich schaue mal, was meine Küche noch hergibt. Bei dem ganzen Stress hast du garantiert nicht daran gedacht", erklärte er und küsste Ragnar nochmal, bevor er jenen ins Bad entließ. "Ein Bademantel hängt da, ich bringe dir dann Kleidung runter, die dir passen sollte." Damit wandte er sich ab und lief ein Stockwerk höher, um seinen Schrank zu inspizieren. Ein weißes Shirt, Boxershorts und eine bequeme Jogginghose waren schnell ausgemacht. Optional noch Socken dazu nehmend legte er das ganze vors Badezimmer und ging dann in die Küche. Nathan traute sich selbst nicht ganz über den Weg, was den Anblick eines nackten Ragnars betraf, weshalb er das Zimmer nicht betrat. Erstmal gehörte der Mann ordentlich versorgt, danach konnte man immernoch sehen, ob jener nach so einem Tag überhaupt Lust auf mehr hatte. Nathan entschied sich für Käse-Schinkennudeln und warf die Nudeln in das bald kochende Wasser, die restlichen Zutaten heraussuchend und sich damit auch gut ablenkend. Im Grunde lief bei Ragnar momentan nicht wirklich viel rund. Die Wohnung, die jener unbedingt hatte haben wollen und nicht bekam, dann dieser 'Krieg', die Verletzung seines Freundes und noch die sich erhöhende Virenlast. Alles in allem war es schon fast bewundernswert, dass jener das alles halbwegs wegsteckte und nicht viel häufiger mal zusammenbrach. Wobei man das kurze Weinen auch nicht als wirklichen Zusammenbruch werten konnte oder sollte. Kurz in seinen Bewegungen inne haltend schloss Nathan die Augen und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Wie sollte er Ragnar helfen? Wie konnte er es? Ragnar Nathan wollte kein Teil seiner Welt werden. Ja, das war auch gut so. Und Ragnar würde alles dafür tun, dass es auch nie so weit kommen würde. Niemals würde er Nathan in Kontakt mit dieser Welt bringen. Als er ihn damals im Lady-Dream gesehen hatte, war es im Nachhinein betrachtet, gar nicht die Tatsache, dass jener sehen konnte, wo er arbeitete, was ihn so schockiert hatte, sondern die Tatsache, dass jener an einem solchen Ort auftauchte. Nathan sollte keinen Schnittpunkt mit dem Untergrund haben. Er war ihm dankbar für das Zuhören, aber er war ihm genauso dankbar, dass jener ihn nicht bat, tiefer in seine Welt eindringen zu wollen. Ragnar würde alles dafür tun, das zu vermeiden. Als Nathan ihn ansprach, ob er heute Nacht hier bleiben würde, nickte Ragnar nur und erwiderte den Blick. "Du musst dir nicht frei nehmen, außer du möchtest es unbedingt. Ich muss morgen ohnehin etwas früher hin. Ich denke Cole wird morgen nicht arbeiten können. Und du hast in letzter Zeit sowieso schon so viel Zeit in mich investiert..." Ragnar hatte seine Meinung gesagt. Wenn Nathan dennoch später in die Arbeit gehen würde, würde er sich nicht wehren, aber Nathan sollte wissen, dass er für ihn seine Arbeit nicht vernachlässigen sollte. Die Hand des anderen ergreifend, ließ er sich hochziehen und ins Bad manövrieren. Ja, eine Dusche wäre nicht verkehrt. Ragnar ließ sich das heiße Wasser über das Gesicht laufen. Langsam aber sicher entspannte er sich und wurde wieder ruhiger. Er wusste noch nicht genau, wer außer Steve noch gestorben war, aber es gab noch weitere Tote unter ihren Leuten. Morgen würde ein großes Aufräumen stattfinden und das Hacken um die Plätze 2 - unendlich. Dass Costello damit letztlich zum Oberhaupt der Stadt aufgestiegen war, war klar. Niemand würde sich ihnen in nächster Zeit in den Weg stellen können, kein anderer hatte die Möglichkeiten, wie sie. Er stellte die Dusche ab und trocknete sich ab. Er öffnete die Tür und sah die Klamotten am Boden liegen, zog die Short und die Jogginghose an, das Hemd zog er erst drüber, als er sich die Haare ganz getrocknet hatte. In der Wohnung roch es bereits nach warmem Essen. Nudeln? Schinken? Hm... Ragnar lächelte, räumte im Bad soweit alles wieder auf, dass es nicht so benutzt aussah, und ging schließlich in die Küche, um auf Nathan zuzugehen. Der andere Mann sah besorgt aus, ein wenig nachdenklich. Es war sicher verdammt viel für ihn. Viele Infos, viele Dinge, die er nie hatte erfahren wollen, von denen er gehofft hatte, sein Leben lang verschont zu bleiben. Ob es nicht vielleicht doch zu viel war für Nathan? Wenn sich jener überfordert fühlen würde, so wusste Ragnar, dass er ihm nicht böse wäre, wenn er sich trennen würde. Sie führten letztlich niemals eine Beziehung, in der er den Anspruch auf eine gewisse Festigkeit erheben durfte. Dafür war sein Leben zu krass, zu unvorhersehbar und zu gefährlich. Niemals würde er es Nathan verdenken können, wenn es ihm zu viel werden würde. Und bis dahin würde er genießen und versuchen, dem anderen so viel wie möglich zurück zu geben. "Es riecht gut", seufzte er und wartete bis Nathan mit dem, was er gerade tat fertig war, um sich zu ihm zu beugen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Dann schaute er ihm weiter zu, was jener tat. "Danke für die Klamotten, sie passen ganz gut." Er reichte Nathan das Salz, als dieser danach zu suchen schien. "Ich habe heute Nachmittag übrigens noch einmal nach Wohnungen im Internet gesucht. Weißt du, was mich wirklich wütend gemacht hat. Die Wohnung, von der ich dir erzählt habe und die ich nicht bekommen habe, steht noch einmal neu drinnen. Offensichtlich hatte die Vermieterin ein Problem mit meinem Beruf. Ich hätte kotzen können, als ich das gesehen habe." Er seufzte. Dann nahm er seine Portion, die Nathan ihm in die Hand drückte und gemeinsam gingen sie zum Ecktisch. "Vielleicht sollte ich die Leute in Zukunft einfach anlügen. Offenbar wollen sie angelogen werden." Er knurrte noch immer vor sich hin. "Aber am besten gibt es kein nächstes Mal. Ich denke ich werde die kleinere von den Wohnungen deines Vaters nehmen, wenn ich darf. Ich fand sie auch unglaublich schön und so charmant irgendwie." Er lächelte und nahm einen Bissen von den Nudeln. "Das tut gut", murmelte er. "Meine Ma hat auch oft Schinkennudeln gemacht. Irgendwann koch ich mal für dich. Ich kann das recht gut, wenn ich mir die Zeit dazu nehme." Nathan Er lächelte, als er Ragnars Kommentar hörte und sah auf, seinen Blick über den Mann schweifen lassend. Ein wenig waren die Kleidungsstücke wohl zu lang, aber es sah irgendwie charmant aus. Sich den Kuss geben lassend, beugte er sich ein Stück weiter vor und atmete den frischen Geruch tief ein. "Mhh... jetzt riechst du ein wenig nach mir", schmunzelte er und wandte sich dann wieder den Nudeln zu, die er inzwischen schon in der Pfanne hatte. "Ja, so passen sie gut, aber es sieht auch irgendwie niedlich aus. Ganz so als müsstest du noch ein paar Zentimeter wachsen." Er nickte dankend, als Ragnar ihm das Salz reichte und streute eine Prise über die Pfanne, dem anderen zuhörend. Doch schließlich sah er überrascht auf. "Die Wohnung ist immernoch zu haben?", er runzelte die Stirn. "Das ist frech, wobei - deine Wahrheitsliebe in allen Ehren - du könntest deine Situation schon ein wenig umschreiben. Was geht es die Leute an, wo genau du arbeitest? Es reicht vollkommen, zu sagen, dass du der Manager eines Nachtclubs für die gehobene Gesellschaft bist. Denn zahlungskräftige Kunden habt ihr ja ständig vor eurem Laden stehen, habe ich mir sagen lassen. Wenn mich nicht alles täuscht, wollte mich ein Richter mal mit dorthin nehmen, für dessen Tochter wir den Geburtstag geplant haben." Er schüttelte den Kopf leicht. Da plante dieser alte Mann den großen Tag für sein jüngstes Kind und wollte andere Leute in einen Stripclub schleppen. Unglaublich. Schließlich die Portion auf zwei Teller aufteilend, reichte er Ragnar den seinen, stellte die Platten aus und ging mit diesem hinüber zum Tisch. "Lass es dir schmecken", gab er noch von sich bevor er probierte und den neuen Entschluss seines Freundes hörte. "Ganz charmant reicht nicht", bestimmte er schließlich. "Ich hab‘s dir gesagt, in solchen Dingen darf man keinen Kompromiss eingehen. 'My home is my castle' - das Sprichwort hat schon seinen Sinn." Nachdenklich legte er die Gabel beiseite und sah den anderen an. "Man könnte probieren, die Wohnung über die Agentur anzumieten. Oder aber wir versuchen heraus zu bekommen, wer hinter dieser Maklerin steht und wir schauen mal, ob der Name halbwegs bekannt ist. Wenn er das ist, sprechen wir den Besitzer direkt an und werfen ein wenig Gesellschaftspolitik in die Waage. Oder wir fragen gleich, ob sie zum Verkauf steht, drücken den Preis und du zahlst sie ab." Er hielt inne und lächelte. "Möglichkeiten gibt es genug, solange sie noch leer steht, man darf nicht immer gleich auf die zweitbeste Möglichkeit zurückgreifen und wenn gar nichts klappt, stünde dir die Chance ja immernoch offen. Es ist ja nicht so als ob sich die Wohnungen meines Vaters plötzlich in Luft auflösen." Nathan lächelte und beugte sich ein wenig über das Ecke, durch Ragnars Haare wuschelnd. "Und wenn eine der Möglichkeiten klappt, dann darfst du nicht nur kochen, dann bestehe ich darauf. Das wäre dann mein kaum zu bezahlendes Honorar für besondere Dienstleistung außerhalb meiner Bürozeit." Er grinste frech. "Aber freut mich, dass es dir schmeckt, wobei man hier natürlich nicht viel falsch machen kann." Die Gabel wieder aufnehmend begann er nun ebenfalls zu essen, nur kurz an den stehengebliebenen Milchreis denkend. Nun, wenn er ihn noch in den Kühlschrank tat, würde er ihn wohl auch morgen noch essen können. "Du könntest natürlich auch hier einziehen, dann könnte ich mir die Haushälterin sparen und hätte einen Kochsklaven für den Sommer und eine Wärmflasche für den Winter", griff Nathan das Thema wieder auf und lachte dann. "Du siehst, es gibt unendlich viele Möglichkeiten, man darf da keinen Tunnelblick entwickeln. Gerade nicht, wenn es um einen selbst geht." Er stand auf, um seinen Teller zur Anrichte zu bringen und holte eine Flasche Wasser und zwei Gläser, die er mit zurück zum Tisch nahm. "Ich hätte noch, inzwischen bestimmt lauwarmen Milchreis anzubieten, wenn du Lust auf Nachtisch hast. Irgendwie haben meine Gelüste darauf nur lange genug gehalten, bis das dumme Ding fertig war." Ragnar Die Worte Nathans hinsichtlich ‚My home is my castle‘ stimmten Ragnar nachdenklich. Bisher hatte er immer genommen, was er halt bekommen hatte, aber im Moment hatte er so große Lust, sich eine schöne Wohnung zu suchen, so dass er sich vielleicht wirklich nicht mit dem zweitbesten zufrieden geben sollte. Als er das Angebot des anderen hörte, die Wohnung anzumieten blickte er ihn irritiert an. „Ich denke ich werde die Maklerin noch einmal selbst kontaktieren oder wirklich die eigentlichen Besitzer ansprechen. Wer das ist, ist für mich recht leicht herauszufinden. Ihren Computer habe ich leicht geknackt. Mir fällt schon was ein, wie ich die Wohnung bekomme. Und zur Not besetze ich sie einfach.“ Er grinste den anderen frech an. „Aber du hast recht. Ich sollte nicht aufgeben. Allerdings habe ich nicht freiwillig gesagt, wo ich arbeite. Sie wollte meinen Lohnzettel sehen. Und wenn jemand sich informiert, was das ‚Lady-Dream‘ ist, dann hätte ich nicht viel verschweigen müssen. Ich dachte ich bin von vornherein ehrlich und sage es gleich, bevor man es hinten herum herausfindet.“ Er seufzte tief. „Das war wohl die falsche Entscheidung.“ Er aß weiter. „Und was das Essen betrifft: Es sind die kleinen und scheinbar einfachen Dinge, die gelingen müssen.“ Er zwinkerte dem anderen zu und nahm noch einen Bissen. Langsam aber sicher kehrte seine Ruhe wieder zurück. Eine Ruhe, die nichts mit dem emotionalen Tief zu tun hatte, in das er für gewöhnlich nach solchen Einsätzen stürzte. Nathan tat ihm gut. Und er war froh, dass er hierhergekommen ist. „Ich? Dein Kochsklave? Und wovon träumst du nachts?“ Ragnar musste lachen. So süß der Vorschlag bei ihm einzuziehen auch war, aber Ragnar bezweifelte, dass es wirklich sinnvoll war. Wie lange waren sie jetzt zusammen 2 Monate? Da zog man einfach nicht zusammen. Dafür kannten sie sich noch viel zu wenig. Und auch wenn es immer wie ein ‚nach-Hause-Kommen‘ war, wenn er herkam, so stand eine gemeinsame Wohnung außer Frage. Daher ging er auch weiter nicht auf den Vorschlag ein. „Das mit der Wärmflasche ließe ich mir ja noch eingehen…“ Er schob den nun leeren Teller von sich. „Ich werde schon die richtige Lösung für mich finden. Ich merke nur gerade, dass ich ungeduldig bin.“ Er lächelte und strich sich die Haare aus der Stirn. Als Nathan mit dem Wasser zurückkam blickte er auf die Uhr. Es war schon sehr spät. Er trank ein Glas, weil er schon geraume Weile ziemlichen Durst hatte. „Lass uns ins Bett gehen. Ich bin hundemüde…“, beschloss er und stieß bei Nathan auf keinen Widerstand. Und so stand er auf und merkte sogleich, dass sein Magen sich zu verkrampfen begann. Er keuchte auf, und hielt sich den Bauch mit der einen Hand, während er sich mit der anderen kurz abstützte. „Wow..“, keuchte er. „Offenbar war das heute auch zu viel Aufregung für meinen Magen.“ Als sich der Krampf wieder entspannte richtete sich Ragnar wieder auf. Schlecht war ihm seltsamerweise nicht. Ragnar ging in Richtung Küchentür und auf dem Weg dorthin änderte es sich schlagartig. „Scheiße...“, murmelte er und eilte sich, ins Bad zu kommen. Er hasste es, und am meisten hasste er es, wenn es vor anderen Menschen passierte. Nachdem er sich übergeben hatte, wusch er sich das Gesicht und putzte sich die Zähne. Kein Wunder, dass er momentan Probleme hatte, sein Gewicht zu halten, wenn er sich immer wieder übergeben musste. Sein Arzt hatte gesagt, er sollte sich einen konstanten Essrhythmus angewöhnen, aber das schaffte er nicht. Er aß zu oft, nur wenn es ihm in den Sinn kam. Aber vielleicht sollte er sich das einfach abverlangen. Einen Moment blickte er sich im Spiegel an. Er hatte schon ein beschissenes Leben. Aber zum Glück, gab es einen leuchtend hellen Punkt darin, der es ihm mittlerweile erträglicher werden ließ: Nathan. Hoffentlich überforderte er diesen nicht. Als er schließlich das Bad wieder verließ traute er sich kaum, dem anderen ins Gesicht zu sehen. „Es lag bestimmt nicht an deinen Kochkünsten“, murmelte er. „Ich habe momentan ein zu wenig stets Leben. Es wird Zeit, dass es wieder ruhiger wird, vielleicht schaffe ich es dann endlich zu gewohnten Zeiten zu essen.“ Als sie schließlich im Bett lagen, überlegte Ragnar kurz, ob er Lust auf Sex hatte. Aber im Moment hatte er einfach nur das Bedürfnis zu kuscheln. Und so schlief er ziemlich schnell ein, als er an den anderen gekuschelt dalag. Morgen würden sie gemeinsam aufwachen. Und dann ließ sich einiges nachholen. Nathan Sorgenvoll umwölbte sich Nathans Stirn, als er Ragnar hinterher sah, wie jener ins Bad stürzte. Wenn er das so sah, dann glaubte er, dass auch solche Dinge dem Magen des anderen nicht gut taten. Ob da nicht auch gesundheitlich wirklich ein geregelter Tagesablauf ohne Mord und Todschlag besser wäre? Könnte er das in den wohl noch folgenden Diskussionen um dieses Thema als Argument bringen? Nathan beschloss noch am nächsten Tag seinen Arzt zu konsultieren und sich ein paar mehr Informationen geben zu lassen. Ganz davon zu schweigen, dass es ihm selbst dann auch besser gehen würde. Je besser es Ragnar ging, desto weniger Sorgen müsste er sich machen. Es tat so im Nachhinein schon ein wenig weh.. Herzschmerz der eher seltenen Art war das wohl, aber welcher schwule Mann wollte seinen Freund völlig fertig mit den Nerven und weinend im Gang stehen haben? Natürlich niemand, denn Menschen seines Kalibers hatten sowieso das Bedürfnis, die wichtigen Personen in ihrem Leben beschützt und behütet zu wissen. Also in einem Zustand, der sich völlig gegensätzlich zu dem befand, in dem Ragnar sich herumhangelte. Unruhig tigerte er in seiner Küche herum, bis er sich selbst ein Glas Wasser einschenkte und dann einen Tee aufgoss. Vielleicht würde das dem Magen seines Freundes ganz gut tun. Als jener die Küche wieder betrat nickte er. "Mach dir keine Sorgen um meine Reaktion. Wenn du dich übergeben musst, dann ist das so. Ich habe dir einen Tee gemacht, den wir mit nach oben nehmen können. Vielleicht beruhigt der deinen Magen ja ein wenig und wenn nicht, schmeckt er kalt auch noch ganz gut wenn wir nachts Durst bekommen sollten." Ruhig lächelte er Ragnar an. "Trotzdem solltest du deine Mahlzeiten nicht aus dem Blickfeld verlieren. Gerade du kannst dir das nicht wirklich leisten, befürchte ich." Er seufzte und trat auf Ragnar zu, um ihm einen sanften Kuss zu geben. "Lass uns nach oben gehen", murmelte er und goss den Tee noch um, bevor er dem anderen Mann folgte und das Tablett auf dem Nachtkästchen abstellte. Zufrieden nahm er Ragnar in den Arm und lauschte bald dessen ruhiger und tiefer werdenden Atemzügen, dabei immer mal wieder gedankenverloren über dessen Haut streichelnd. Es sah so aus, als müsste er doch über seinen Schatten springen und Cole mal anrufen. Nathan könnte dessen Hilfe gut gebrauchen und vor allem dessen 'Vorarbeit an der Front'. Er hatte fest vor den Mann an dessen Worte, die er im Lady Dream sagte, festzunageln. Ragnar sollte da raus, nicht einmal wegen Nathan, sondern weil Ragnar kein besonders hartes Herz zu haben schien. Das im Zusammenhang mit der Krankheit machte das Ganze als Situation absolut untragbar. Nathan könnte in Zukunft gut darauf verzichten, diesen unglaublich strahlenden Mann so fertig mit den Nerven zu erleben. Es tat ihm selbst irgendwo weh und dazu kam die Angst, dass dessen wunderschönen Augen eines Tages nur noch dumpf in die Welt blicken würden, ohne das Glänzen, das sie so anziehend machte. Unbewusst drückte Nathan den Schlafenden ein Stück näher zu sich und atmete dessen Geruch tief ein. Über solche Grübeleien sollte er noch geraume Zeit wachbleiben, bis ihn der Schlaf endlich überkam. Cole Die Narkose, die ihm Raphael ohne sein Wissen verabreichte, ließ ihn schnell einschlafen. Es war ein traumloser, sehr tiefer Schlaf, während der Arzt an seinem Patienten herumdokterte. Und auch wenn die Narkose nur für 2 Stunden vorgesehen war, dauerte es drei, bis Cole langsam wieder aufwachte. Einen Moment überlegte er, ob er nicht wirklich einfach weiterschlafen sollte, doch da saß jemand neben ihm. Noch waren seine Augen trübe, aber er wusste genau, wer da bei ihm war. Sein Finger zuckte, tastend nach dem anderen. "Antonin", flüsterte er und ein Lächeln trat auf seine Lippen. Er schloss die Augen wieder, weil das Licht ihn anstrengte. "Du warst vorhin so besorgt... Mach dir keine Sorgen. Ich ... " Er verstummte. Irgendwie hatte er das dringende Bedürfnis sich mitzuteilen, aber er schaffte es nicht so recht. Er spürte, dass Antonin seine tastende Hand umschlossen hatte und versuchte sie zu drücken. Die Narkose wirkte noch gewaltig nach, denn so richtig Kraft konnte er nicht aufwenden. Und das nervte ihn. Schließlich öffnete er wieder die Augen und brachte viel Kraft auf, um sich leicht aufzurichten. Sein Blick glitt zu seinem linken Arm, der einbandagiert war und in einer stützenden Schiene lag, so dass der Arm in einem fixen Winkel auf seiner Brust lag. Damit würde er wohl nun die nächste Zeit herumrennen dürfen. In seinem anderen Arm war eine Infusion gelegt. Er ließ den Kopf wieder sinken. "Ich brauche was zu trinken", sagte er schließlich mit fester gewordener Stimme und drehte den Kopf wieder zu Antonin. "Wasser oder so." Seinem Wunsch folgend brachte ihm Antonin ein Glas. Das kühle Nass tat gut und erfrischte ihn von innen heraus. "Hat Raphael gesagt, wann ich wieder gehen kann? Ich möchte nach Hause." Noch bevor Antonin etwas sagen konnte, betrat Raphael das Zimmer. "Ist er endlich...", begann er und schien erst jetzt Cole anzusehen. "Ah, wunderbar." Raphael trat ans Bett und betrachtete die Infusion, den fragenden Blick von Cole nicht beachtend. Erst als er den Puls und den Blutdruck gemessen hatte sprach er weiter. "Du hast mal wieder verdammtes Glück gehabt, Cole. Ich weiß nicht, wie viele Schutzengel du hast, aber ich denke, sie könnten jetzt einen guten Urlaub vertragen. Die Kugel hatte einen Hauptnerv und ein paar Sehnen durchtrennt und du wirst das nächste halbe Jahr Schwierigkeiten haben, die Hand richtig zu gebrauchen. Aber die Sehnen werden innerhalb der nächsten 4 Wochen zusammenwachsen, solange musst du auch die Schlinge tragen, und die Nerven finden sich wie gesagt innerhalb des nächsten halben Jahres wieder. Es ist dabei aber nicht auszuschließen, dass es noch weitere Monate dauern kann, bis du die Hand wieder wirklich uneingeschränkt bewegen kannst. Man kann letztlich auch nicht ausschließen, dass sie nie wieder vollständig heilt. Aber im Großen und Ganzen hast du verdammt viel Glück gehabt. Aus dem Winkel wäre ein Schuss ein bisschen weiter recht tödlich gewesen - trotz Schutzweste. Seit wann trägst du die eigentlich?" Raphael grinste leicht und zwinkerte Antonin zu. "Du kannst ihn nach Hause bringen, auch wenn ich ihn noch gerne einen Tag da behalten würde, aber Cole macht das ohnehin nie mit. Wenn was ist, rufst du mich an." Raphael nickte Antonin zu und blickte Cole noch einmal kurz an. "Danke", sagte dieser und der Arzt schien überrascht zu sein. "Nimm dir ein wenig Urlaub, Cole." Damit verabschiedete er sich. Wissend, dass er sogar mal ganz offiziell gehen durfte, richtete sich Cole auf und verzog kurz das Gesicht, als sein Arm sich bewegte. Diese Schlinge würde ihn ganz schön blockieren in nächster Zeit. Er blickte Antonin an, streckte seine gesunde Hand aus und ergriff dessen Arm, um ihn leicht zu drücken. "Danke, dass du Lex erledigt hast", sagte er und sah seinen Freund an. "Es hat wahrscheinlich etliche weitere Tote erspart." Er wusste, dass so etwas immer nur ein schwacher Trost war. Dann stand er auf und trat auf Antonin zu, um ihm einen sanften Kuss geben zu können. "Bring mich nach Hause, mein Schutzengel." Er lächelte. Kaum saßen sie im Auto, als Coles Handy klingelte und ihm mitteilte, dass es Costello war, der ihn zu sprechen wünschte. Erst jetzt sah er, dass es bereits einige Male geläutet hatte. Einen Moment überlegte er, ob er überhaupt rangehen sollte, doch dann nahm er ab, hielt sich das Handy ans Ohr und murmelte ein "Hm?". Er schloss die Augen, sich darauf konzentrierend, ruhig zu bleiben. Costello bedankte sich für seinen Einsatz und wollte ihn am nächsten Tag bei sich sehen. "Daraus wird nichts. Ich bin außer Gefecht gesetzt und werde morgen nirgendwo erscheinen. Du kannst deinen Müll selbst beseitigen." Damit legte er auf und schaltete das Handy auf lautlos, wissend, dass er sicher noch ein paar Mal anrufen würde. Noch nie war er so froh, dass Costello nicht wusste, wo er wohnte. Antonin Um sich selbst irgendwie bei Laune zu halten, tigerte Antonin den Gang auf und ab bis man ihm sagte, dass er zu Cole dürfte. Sich einen Stuhl schnappend, stellte er diesen zu Coles Bett und nickte auf die Worte, dass sein Freund eigentlich bald aufwachen sollte. Vorsichtig strich er dem schlafenden eine Strähne aus der Stirn und betrachtete den Stützverband. Dazu hatte er sich bereits Gedanken gemacht. Auf die Entfernung, bei klarer Sicht dürfte jemand, der zu so einem Blutbad mitgenommen wurde, gar nicht verfehlen. Die beiden Männer hatten weder groß rumgezappelt noch war die Sonne ungünstig für die andere Seite gestanden. War das wirklich nur ein lucky hit gewesen? Abgesehen davon, dass Cole ihm zu blass vorkam, wirkte dieser momentan wirklich friedlich. So ergab sich Antonin in den Betrachtungen jenes Mannes und wachte über seinen Schlaf. Vermutlich wäre es nicht nötig, gerade hier nicht, aber es ließ ihn sich besser fühlen. So konnte er sich wenigstens vorgaukeln, eine Beschäftigung zu haben, die nicht nur darin bestand darauf zu warten, dass die Narkose nachließ. Einzig das ständige Handyklingeln brachte ihn an den Rand des Wahnsinns. Nicht weil es klingelte, sondern weil es jener bestimmte Klingelton war, der ihm die Haare im Nacken zu Berge stehen ließ. Dieses saudumme Arschloch würde jetzt einfach mal die Beine still halten müssen. Cole würde heute und die nächsten Tage nirgendwo hingehen, wenn es nach ihm ging. Als Coles Augenlider schließlich flackerten und dieser sich rührte, warf Antonin einen erleichterten Blick auf die Uhr. Wenn der Doc zwei Stunden sagte, brauchte dieser sture Bock hier natürlich drei. Kurz huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er Coles Worte vernahm. Verdammt, wie sehr er diesen Menschen liebte. "Sei froh, dass ich mir Sorgen mache", nuschelte er und griff nach der Hand, um sie sanft zu umschließen und mit dem Daumen über den Handrücken zu streicheln. "Du solltest lieber liegen bl... ", setzte er an, gab es dann jedoch auf. Was sollte er gegen Windmühlen pusten? Immerhin ließ jener sich selbst wieder zurücksinken und bat nach Wasser. Dessen Hand ein Stück anhebend gab er einen Kuss auf die Haut und erhob sich, um das Gewünschte zu besorgen. Es war zwar nur ein weißer Plastikbecher, aber besser als nichts. Cole schien das auch egal zu sein, denn er trank anstandslos. Am liebsten hätte Antonin... argh er wusste selbst nicht was er am liebsten hätte. Vermutlich wollte er Cole einfach einpacken und zu einem Kurort schleppen. Am besten am anderen Ende der Welt. Nur sie beide und fähiges Pflegepersonal, das immer mal einen Blick auf den Arm haben könnte. Er schüttelte den Kopf auf die Fragen seines Freundes und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als der Arzt ins Zimmer kam und ihnen erklärte, was überhaupt los war. Antonin lächelte nur leicht auf die Anmerkung mit der Schutzweste hin, sparte sich seine Konzentration dann jedoch für den Rest auf. Antonin ergriff die ausgestreckte Hand, als der Doc gegangen war und trat nur zu gerne näher an Cole heran. "Nichts zu danken. Du weißt, dass ich immer versuchen würde, diejenigen auszulöschen, die du aus dem Weg brauchst", murmelte er und schloss die Augen bei dem Kuss kurz. Es tat so gut, gerade wo er sich solche Sorgen gemacht hatte. Der Blutverlust und die nutzlos herabhängende Hand hatten ihn schon ein wenig in Panik versetzt. Vielleicht könnte er sich heute Nacht damit auseinandersetzen. Wenn Cole schlief. Denn diesmal würde er die Stütze sein und bleiben – ohne jeden Zweifel. "Dann lass uns mal los." Er erwiderte das Lächeln und behielt den anderen genau im Auge, ob jener vielleicht auf dem Weg ins Auto schwanken würde. Doch sie konnten ohne Probleme losfahren, auch wenn dieser beschissene Klingelton schon wieder erklang! Die Hände fester ums Lenkrad pressend, so dass die Knöchel schon weiß wurden, sagte Antonin nichts, als der andere ranging. Einzig Coles Antwort erleichterte ihn. Es war das einzig Vernünftige, was der andere in seinen Augen in diesem Moment tun konnte. Raphael hatte schließlich mehr als einmal betont, dass dieser ruhig zu halten wäre. Sie kamen ohne Probleme in der Tiefgarage an und fuhren mit dem Aufzug nach oben. Dort zog Antonin die Tür auf und schloss sie hinter ihnen wieder, bevor er es nicht mehr aushielt und auf seinen Partner zutrat. Mit einer Hand umarmte er ihn von hinten, darauf achtend, den Arm nicht zu berühren, seinen Arm locker um dessen Hüfte legend, seinen Kopf in dessen Nacken abstützend. "Es wird immer knapper... ich dachte diesmal wirklich, der Blutverlust erledigt dich", murmelte er und seufzte. Cole Einen Moment betrachtete er das Display, bis sich der Bildschirmschoner einschaltete und bald darauf die Tastensperre. Dann steckte er das Handy weg. Er sah, dass Antonins Miene sich verfinster hatte, spürte, dass jener angespannt war. Aber er sagte nichts. Darüber würden sich sicher bald sprechen. Aber nicht jetzt, nicht heute. Er wollte nur nach Hause. Und Antonin schien es genauso zu sehen, denn er sagte nichts, sondern fuhr ihn einfach nur heim. Als er die Umarmung erhielt, schloss Cole die Augen und legte seine gesunde Hand auf die des anderen, um sie an sich zu drücken. Als er die Worte hörte, sog er langsam Luft ein und wieder aus, dann lockerte er seine Hand, um sich in der Umarmung zu drehen und Antonin anzusehen. Kurz schwieg er, die sturmgrauen Augen betrachtend, dann küsste er Antonin, erst zärtlich, dann leidenschaftlicher. Als er den Kuss löste, hielt er noch einen Moment die Augen geschlossen. "Ich liebe dich, Antonin", flüsterte er leise, dann öffnete er die Augen und sah den anderen an. Er spürte, dass sein Herz ungewöhnlich hart gegen seine Brust schlug. Ein wenig war er selbst über seine Worte überrascht. Aber als er dort gesessen hatte, nicht wusste, wo Antonin war, hatte er die größte Sorge gehabt, dass er Antonin nicht mehr sehen würde und ihm so niemals sagen könnte, was er für ihn empfand. Er schluckte, spürte, wie er unsicher war, doch wieso? Er wusste doch, dass er mit diesen Gefühlen nicht alleine war. Und so lächelte er nun leicht. Eigentlich war es gar nicht so schwer gewesen, es zu sagen. "Und es wird nicht knapper. Das ganze hier darf nicht mehr so weitergehen. Und daher müssen wir uns die Zeit nehmen, um zu beratschlagen, wie es weiter geht. So wie es ist, darf es nicht weiterlaufen. Ich werde Ragnar noch rausziehen und dann muss ich mir überlegen, was geschieht. Und ich denke, ich kann mit deiner Unterstützung rechnen." Er hob seine Hand und strich Antonin über die Schläfe hinab über die Wange. Dann küsste er ihn noch einmal kurz. "Wir schaffen das schon. Aber heute will ich noch nicht darüber reden. Ich möchte jetzt einfach nur ins Bett und schlafen. Und dich neben mir wissen." Noch ein sanfter Kuss, dann löste er sich und ging in die Küche, eine Flasche Wasser auf die Arbeitsplatte stellend. Es war ätzend, wenn man nur eine Hand hatte, ein wirkliches Handicap. Doch irgendwie schaffte er es die Flasche zu öffnen und ein Glas einzuschenken. Dann griff er in die Hosentasche, um die Schmerztabletten herauszuziehen, die ihm Raphael noch in die Hand gedrückt hatte. Es würde eine harte Zeit werden, bis er die Schlinge wieder los sein würde, eine verdammt harte Zeit. Er schluckte die Schmerztablette, trank weitere zwei Gläser Wasser hinterher. Als sie schließlich ins Bett gingen, legte sich Cole auf den Rücken, Antonin in seinem Arm haltend. "Erzähl mir, wie du Lex erledigt hast. Er ist ein Psychopath, aber er hat mir gesagt, dass er nicht mehr weiter möchte. Ich glaube er wird dir dankbar sein. Ich kenn ihn schon lange. Er ist letztlich durch die Gewalt wahnsinnig geworden, obwohl er als Jugendlicher ein wirklich angenehmer Mensch gewesen war." Cole lauschte den Ausführungen des anderen. Antonin war ein wirklicher Profi. Auch wenn jener so tat, als sei das nicht weiter schwierig gewesen und er hätte nur Glück gehabt, diesen Tunnel gefunden zu haben, so wusste Cole doch, dass jener tiefstapelte. Er streichelte Antonin sanft über dessen Arm. "Ich habe derweil Steve umgebracht…", murmelte er schließlich, erzählend, was ihn belastete. "Ich hätte keine Gnade haben dürfen, oder zumindest diese Frau entwaffnen müssen...", beendete er seine Ausführung. "Aber dadurch ist mir klar geworden, dass ich es nicht mehr möchte. Ich möchte nicht mehr gezwungen sein, einen Menschen zu töten, um selbst sicher zu sein. Ich kann nicht mehr." Antonin Zufrieden brummend bemerkte er Coles Hand an seiner und schloss kurz die Augen. Wie er nur jemals auf den anderen verzichten sollte? Es ging nicht. Es ging einfach nicht. Selbst so eine kleine Berührung beruhigte ihn ungemein und ließ ihn seine rohe, ungebändigte Wut auf Costello zumindest zeitweise vergessen. Als sein Freund sich in der Umarmung drehte, öffnete er seine Augen wieder, um jenem ins Gesicht und in die Augen sehen zu können. Den Kuss nur zu gerne erwidernd, schmiegte er sich an den anderen, so gut es eben mit dem Arm möglich war und seufzte als Cole ihn wieder löste. Mehr, bitte? Das schöne, markante Gesicht seines Freundes betrachtend musste er heftig schlucken und etwas ungläubig blinzeln als er das Liebesgeständnis hörte. Er hatte es doch gehört, oder?! Oh bitte, wer auch immer da oben auf ihn aufpasste, er durfte sich das jetzt nicht eingebildet haben! Doch eine einfache Erwiderung dieser Worte kam Antonin gar nicht in den Sinn, stattdessen streckte er sich ein wenig und gab Cole einen sanften Kuss als dieser lächelte. Oh Gott! Bei allem was heilig ist, er hatte es sich nicht eingebildet. Ganz sicher nicht. Sein Herz schlug schließlich nicht ganz umsonst gerade so heftig, oder? Cole liebte ihn. Der Mensch, der nicht wusste, was Liebe eigentlich ist, der ihm so oft gesagt hatte, dass er sich in dieser Hinsicht nicht ausdrücken konnte und alleine dadurch erkennen ließ, dass er Gefühle für ihn besaß, hatte ihm gerade gesagt, dass er ihn liebte. Nur langsam drangen die Worte des anderen zu ihm durch und er nickte ganz automatisch. Natürlich durfte der andere mit seiner Unterstützung rechnen. Egal bei was. Antonin würde sich wohl momentan auch ein Tütü anziehen und durch einen brennenden Reifen springen wenn es sein müsste. Doch dann versuchte er die gehörten aber nicht identifizierbaren Worte nachträglich zu erkennen und er hob eine Augenbraue. Doch bevor er etwas sagen konnte, fühlte er die streichelnde Hand, in die er sich ganz automatisch lehnte, sowie den Kuss und wurde dadurch von einem Kommentar in dieser Richtung abgelenkt. "Es gäbe keinen Ort wo ich lieber wäre", murmelte er und sah dabei zu, wie Cole sich mit der Wasserflasche abmühte. "Allerdings muss ich zuerst unter die Dusche", erklärte er und machte sich auch sofort auf den Weg. Die Klamotten dort unachtsam ins nächstbeste Eck pfeffernd, ließ er das Wasser eine Weile einfach so über seinen Körper rieseln, nach und nach seine meckernden Muskeln wieder spürend. Aber wen interessierten solche Kleinigkeiten wenn einem gerade der Mann seines Lebens ein Liebesgeständnis gemacht hatte. Nur.. wie reagierte man auf sowas? Würde Cole nicht denken, er würde es nur erwidern, weil er es gesagt hatte, wenn er ihm jetzt sagte, dass er ihn auch liebte? Oder wusste Cole es im Endeffekt nicht schon? So wie Antonin es im Grunde gewusst hatte? Tief, tief unten in seiner Seele? Durfte und sollte so etwas eigentlich so schwer sein? Und war daran überhaupt etwas schwer? Antonin wusch sich dann so schnell als möglich, sich nur notdürftig abtrockend und in frische Shorts steigend, um zurück zu Cole zu können. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie nebeneinander im Bett lagen, eng aneinander geschmiegt und Antonin erzählte auf Coles Wunsch hin, wie er diesen Lex ausgeschaltet hatte. Es war keine berauschende oder spannende Geschichte, im Grunde war es nur Glück gewesen, dass die Keller wirklich miteinander verbunden waren und Lex dort stand, wo er Schacht endete. Doch als sein Freund davon sprach, Steve umgebracht zu haben, richtete er sich ein Stück auf und suchte Coles Blick. "Du hast ihn nicht umgebracht", widersprach er, nachdem er eine Weile überlegt hatte. "Steve hatte eine Waffe, du hattest eine Waffe und sie hatte eine Waffe. Ihr habt beide entschieden - jeder für sich - die Frau am Leben zu lassen. Du kannst dir nicht für alles und jeden immer die Schuld aufladen. Du bist auch nur ein Mensch. Genau wie Steve nur ein Mensch war." Er beugte sich herab, um den anderen zu küssen, bevor er sich wieder in seine vorherige Position zurücklegte. "Aber ich kann es gut nachvollziehen, dass du nicht mehr willst und nicht mehr kannst. Daher werden wir wohl in Zukunft unsere Energien darauf verwenden, ein anderes Leben möglich zu machen, ja? Und wer weiß...", er hob die Hand, um über Coles Haut zu streicheln, imaginäre Figuren und Buchstaben mit den Fingerkuppen in das warme Fleisch zu zeichnen, "vielleicht haben wir wirklich irgendwann einmal das große Glück, ein stinklangweiliges Leben führen zu können. Gemeinsam." Er lächelte und seufzte leise. "Manchmal werden Träume wahr, das wurde mir erst heute wieder bewiesen." Cole Antonins Worte hinsichtlich Steves Tod beruhigte ihn ein wenig. Dennoch nagte das Gefühl der Schuld ein wenig an ihm. Eine Schuld, die aber nicht nur mit dieser Aktion zu tun hatte, sondern die tiefer begründet lag. Nämlich darin, dass er schon viel früher aufhören hätte sollen. Und ihm war es wenig begreiflich, wie er es geschafft hatte, nicht genauso wahnsinnig zu werden, wie es Lex zuletzt gewesen war. Sanft erwiderte er den Kuss des anderen. Er lächelte, als er Antonins Worte hörte. "Ja das werden wir", antwortete er und drückte Antonin leicht an sich, um seine Worte zu unterstreichen. "Ein langweiliges Leben mit dir klingt paradiesisch." Er grinste, doch das Grinsen wurde zu einem sanften Lächeln, als er die letzten Worte des anderen hörte. Natürlich wusste er sofort, von welchem Traum Antonin da sprach. Und wieder spürte er sein verräterisches Herz hart gegen seine Brust schlagen. Was hatte ihn nur geritten, so etwas zu sagen, in dieser Situation, nach so einem Tag. Aber wahrscheinlich war es wirklich gerade deshalb jetzt und hier richtig gewesen. Und Cole war mehr als dankbar, dass Antonin sich nicht in der Pflicht gesehen hatte, ihm die gleichen Worte zuteilwerden zu lassen. Er wusste ohnehin, dass Antonin ihn liebte. Das bewies er ihm an jedem Tag, mit jedem Wort, jedem Blick, jeder Geste. Dafür bedurfte es keiner Worte. Und dennoch hatte Cole das Bedürfnis gehabt, sie auszusprechen. Und das war auch nicht falsch gewesen. "Hund oder Katze im Vorgarten?", fragte er unvermittelt und drehte sich leicht, so dass er Antonin besser sehen konnte. "Ich werde aber keine Gartenzwerge dulden und ich werde keine amerikanische Flagge im Vorgarten hissen, mein Schatzilein." Er grinste leicht und küsste Antonin sanft. "Und im Ehevertrag steht, dass du mindestens fünfmal die Woche mit mir schlafen musst, sonst habe ich das Recht, die Ehe für gescheitert zu erklären." Er lachte leise bei der Vorstellung. "Und wenn ich abends von der Arbeit komme, erwarte ich das warme Essen auf dem Tisch." Langsam wurde er wieder ernster. "Es ist seltsam sich so etwas vorzustellen. Und ich kann mir im Moment noch gar nicht wirklich vorstellen, wie so ein Leben wirklich aussehen könnte." Gedankenversunken küsste er Antonin auf die Stirn, blieb so liegen, um ihn immer wieder sanfte Küsse auf die Stirn zu geben. "Aber wir werden einen Ort finden, wo wir in Ruhe leben können. Da bin ich mir sicher." Antonin "Paradiesisch, hm?", murmelte er mit inzwischen wieder geschlossenen Augen. "Und wenn wir alt und gebrechlich sind, ziehen wir nach Silicon Valley und beschäftigen uns den ganzen Tag mit Kartenspielen und Lästereien über die Nachbarn." Als Cole sich plötzlich bewegte, öffnete er die Augen wieder und sah seinen Freund an. "Hunde, wie Mehrzahl. Mindestens zwei", kam dann wie aus der Pistole geschossen. "Und das Fellknäul bekommt das Haus", fuhr er fort und lächelte dann. Ein Lächeln, das beständig breiter wurde, bis er schließlich lachte. "Keine Gartenzwerge? Komm schon Cole, nicht einmal den, der den Mantel aufhält und sich entblößt?", fragte er und schüttelte dann den Kopf. "Nein, keine Flagge im Garten. Höchstens eine Piratenflagge auf dem Hausdach. Dann können wir uns immer ganz wichtig vorkommen, wenn wir in den nächsten Supermarkt laufen und ihn 'ausplündern'." Er schwieg kurz, den Ausführungen des anderen folgend, das Lächeln beibehaltend. Es tat gut nach so einem Tag zu lächeln und ein wenig zu albern. Wobei es ihm durchaus ernst war, das war das große Ziel auf das er hinarbeiten wollte. Vielleicht.. vielleicht in noch ferner Zukunft würden sie es gemeinsam schaffen, diese Spielerei Wirklichkeit werden zu lassen. Und es würde ihn kaum etwas glücklicher machen, als ein Leben zu führen, bei dem das Aufregendste vielleicht mal ein Streit um die Hausfarbe wäre. Oder ein verlorenes Spiel seiner Lieblingsmannschaft. Schon komisch dass man sich nach etwas sehnte, wovon tausende von anderen gerne ausbrechen würden, um etwas zu erleben. Doch so war es nunmal und Antonin fand es gut so. Es gab zumindest in seinem Leben nichts mehr, das Adrenalin beinhaltete, das er unbedingt einmal erleben wollte, außer vielleicht eine Fahrt in der größten Achterbahn der Welt. "Für einen Ehevertrag müsstest du eine Hochzeit mit Elvis ausrichten, vergiss das nicht, Hase." Frech streckte er Cole die Zunge raus, hob dann jedoch die Hand, um über das Gesicht seines Freundes zu streicheln. "Wobei du dafür sicherlich keinen Vertrag mit mir eingehen müsstest. Du weißt doch, dass ich verrückt nach dir bin. Und das mit dem Essen bekommen wir hin, schließlich hätte ich mein Labor im Keller und würde deshalb nie zu spät aus der Arbeit kommen." Er grinste. "Du müsstest dann aber auch Essen, mein Freund der wenigen Mahlzeiten. Sonst käme das Nudelholz und der Haussegen würde schief hängen. Vielleicht würde ich dich auch bei den Hunden im Garten schlafen lassen für ein, zwei Nächte", philosophierte er und musste bei dem Gedanken abermals lachen. Doch das Lachen verebbte bei Coles nächsten Worten und sein Gesichtsausdruck wurde weicher. "Meine Mum hat mir häufig gepredigt, dass es keinen Palast braucht, um königlich zu leben. Ich habe lange Zeit nicht verstanden was sie damit meinte, aber ich denke, ich kann ihren Worten jetzt besser folgen. Schlussendlich liegt es an uns, ob wir wirklich darauf hinarbeiten können und wie weit wir kommen." Die zärtlichen Küsse genießend schloss er seine Augen wieder und kuschelte sich näher an seinen Partner. "Ja, das werden wir. Die Welt ist groß, da wird es schon ein Fleckchen für uns geben. Und für das Fellknäul." Er schwieg kurz. "Und die beiden Hunde." Er drehte sich ein wenig, bis er bequem am anderen lag, ohne diesen zu stören oder den Arm zu belasten. "Egal was da auch noch kommen mag, vergiss nicht dass du nicht mehr alleine bist. Dieser Trotzkopf an deiner Seite kann dir inzwischen wieder einiges abnehmen." Und sobald er das Gefühl hatte, dass es Cole gesundheitlich nicht schaden würde, würde er diesem von seinen Nachforschungen erzählen. Und von den ein bis zwei Vermutungen, die er inzwischen hatte und die ihm schon nicht gefielen, Cole aber ganz schön erschüttern könnten… Die Welt war manchmal wirklich ungerecht, da blieb es einem wirklich nur von so einem Paradies zu träumen. Cole „Piratenflagge klingt gut. Aber Gartenzwerg, nein, bloß nicht. Auch nicht den, der mit nem Messer im Rücken auf dem Boden liegt.“ Cole schüttelte entschieden den Kopf. „Aber zwei Hunde? Warum wundert es mich nicht, dass du Hunde magst…“ Er seufzte theatralisch. „Mal sehen, was sich da machen lässt. Solange es keine Trethupen sind. Und Corleone hat oberste Priorität!“ Er küsste Antonin sanft auf die Nasenspitze. „Stimmt da war ja noch was…“, murmelte Cole. „Ich hatte Elvis ganz vergessen.“ Er lächelte und schloss die Augen, als er die streichelnde Hand spürte, als er die Erläuterungen hinsichtlich ihrer Mahlzeiten hörte. „So wenig esse ich jetzt auch nicht“, widersprach Cole, spürte aber an Antonins Blick, dass er darüber lieber nicht diskutieren sollte. Er merkte, dass er in letzter Zeit wieder abgenommen hatte. Seine 70 kg waren bei der Körpergröße eindeutig zu wenig. Aber ihm verging nun mal immer der Appetit, wenn er so viel Stress hatte. „Wenn ich mit dir ruhig wohne, dann weiß ich, dass ich wieder mehr auf die Rippen bekomme. Der Stress schlägt mir immer ein wenig auf den Magen. Aber wenn es wieder ruhiger ist, oder sagen wir, wenn es endlich wirklich ruhig ist, dann ändert sich das auch wieder.“ Er lächelte Antonin an. „Versprochen. Du musst mich also nicht in die Hundehütte verbannen, oder mir das Nudelholz über die Birne ziehen.“ Er schmunzelte und lauschte den Erläuterungen hinsichtlich Antonins Mutter. „Deine Mutter ist eine tolle Frau, habe ich das schon einmal erwähnt. Ich würde sie gerne einmal persönlich kennenlernen. Und ich muss ihr recht geben. Falls wir es jemals schaffen sollten, hier raus zu kommen, finden wir einen Platz, an dem wir glücklich sein können. Da bin ich mir sicher. Und bis dahin müssen wir noch viel zu tun haben, mein kleiner Trotzkopf.“ Er küsste Antonin liebevoll. „Und jetzt lass uns schlafen. Ich muss unbedingt schlafen.“ Es sollte noch ein bisschen dauern, bis er endlich einschlief. Aber dafür war sein Schlaf so ruhig, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht, weil er endlich klar sah, was er tun wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)