Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 69: Kaffee - und was dazu gehört ---------------------------------------- Cole Cole schlief nicht lange, genoss dafür beim Frühstücken den Sommer auf seiner Dachterrasse und verbrachte den Vormittag damit, seine Wohnung aufzuräumen, was ihn sogar seine Wäsche waschen ließ. Er hasste Hausarbeit und die meisten Kleidungsstücke gab er ohnehin lieber in die Reinigung, aber dennoch blieb genug übrig, dass er immer wieder selbst waschen musste. Und jedesmal, wenn er putzte verfluchte er sich dafür, dass er ein Loft mit dieser Größe geleistet hatte. Schließlich war es Zeit, seiner Arbeit nachzugehen. Er legte sich seinen Schutz an, den Antonin ihm gegeben hatte. Darüber zog er sich relativ normal an, schwarze Hose, ein Schwarzes Achselshirt und seine Lederjacke. Er würde heute nur mit seinen eigenen Leuten zu tun haben. Kein Grund also sich in förmliche Schale zu werfen. Gegen 15 Uhr kam er ins Lady-Dream. Er war vorher in seiner anderen Wohnung gewesen. Sie lag in einem Haus, zu dem man von seiner Tiefgarage auch gelangen konnte. Während er seine eigene Wohnung nur mit Zahlencode betreten konnte, waren die Wohnungsschlüssel in seiner Hosentasche nur die dieser zweiten Wohnung. Dort hatte er den täglichen Routinebesuch gemacht, die Blumen gegossen und war dann wieder gegangen. Hin und wieder musste er sich hier aufhalten, damit nicht auffiel, dass es nicht wirklich seine eigene Wohnung war. Hin und wieder brachte er auch einen mit, wenn dieser vorgab nicht nach Hause zu können. Aber er schlief nie hier. Er schlief nie außerhalb seiner oder Antonins Wohnung. Im Lady-Dream war es ruhig. Noch war niemand da, bis auf den Barkeeper und Ragnar, der seltsamerweise irgendwie immer vor ihm da war. "Sag mal schläfst du auch genug?", fragte ihn Cole und Ragnar lachte nur leise als Antwort. Seine Augen ruhten auf seinem Freund, der irgendetwas auszurechnen schien. "Hast du Lust die nächsten Tage irgendwas zu unternehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir mal wieder zur Möweninsel fahren könnten." Ragnar sah überrascht auf, doch dann lächelte er. "Das klingt gut", bestätigte er und nickte wissend. Die Möweninsel war ein Ort, den sie als Jugendliche hin und wieder besucht hatten. Ob die kleine Insel wirklich so hieß, wussten sie nicht, aber sie hatten sie so getauft. Dort waren sie hingegangen, wenn ihnen einmal alles zu viel geworden war, wenn sie eine Verschnaufpause brauchten. Dort hatten sie häufig über alles geredet, was ihnen wichtig war. Und vielleicht würde Cole dort erfahren, was Ragnar in Europa erlebt hatte. Cole blickte auf sein Handy, wartete auf eine SMS. "Wir müssen dann noch alles dicht machen", sprach er während er auf das Handy sah. Ragnar nickte. "Ich werde mich drum kümmern." Wie immer, wenn etwas Gefährlicheres, etwas Größeres anstand, sorgten sie dafür, dass nirgendwo andere Indizien zurückblieben. Denn wenn etwas schief gehen würde, dann sollten die Polizisten nicht die Möglichkeit haben, hier mehr Informationen zu sammeln. Und dass bei einem Eingriff durch die Polizei das Lady-Dream und auch die Wohnung durchsucht werden würden, war klar. Cole konnte man in dieser Hinsicht schon fast als Sicherheitsfanatiker sehen. Aber er wusste nun mal, was auf dem Spiel stand. Und er wollte nicht sein Leben lang in den Knast. Dafür fand er sich noch nicht alt genug. Vielleicht, wenn er über dreißig war.. Das Piepsen des Handys holte ihn aus den Gedanken zurück. Zufrieden lächelte er und löschte sie sofort wieder. Wie besprochen trudelten seine Leute so ein, dass um 20 Uhr alle da waren. Man traf sich im Büro. Cole musste ihnen nichts mehr erklären. Es war alles besprochen. Cole hatte alle angewiesen, die Handys auszuschalten. Am Hafen wäre es zu einfach, Nachrichten oder Telefonate aufzuzeichnen. Auch den Kanal des Walkie Talkies würden sie ständig wechseln müssen, mit einer bekannten Reihenfolge der Frequenzen. Es war letztlich alles geplant, durchdacht. Eigentlich würde nichts schief gehen können. Gar nichts. Sie erhielten alle ihre Ausrüstungsgegenstände, falls nötig. Dann wies Cole sie noch einmal darauf hin, dass im Falle eines Polizeieinsatzes nicht geschossen werden dürfe. "Keine Schusswechsel, keine unnötige Gewalt. Ihr wisst, wie ihr euch zurückziehen sollt und könnt." Tatsächlich hatte er allen nicht nur ihre Position, sondern auch ihren Fluchtweg gezeigt. Und niemand wusste, um was es in dieser Nacht ging, keiner kannte die Ware. So waren sie sicher, egal was geschehen würde. Es gab also keinen Grund zu riskieren, dass jemand erschossen wird. Und so stiegen sie schließlich in die Autos und fuhren los. JJ und Simon in einem Auto, das sie weiter vom Peer weg abstellten. Sie würden den weitesten Weg zu Fuß zurücklegen müssen, aber das lag daran, dass sie sich als erstes zurückziehen würden. Die meisten kamen in zwei Vans, und kaum waren sie ausgestiegen begaben sie sich auf ihre Positionen, die die Überwachungsleute beziehen mussten. Am eigentlichen Containerplatz waren nur Ragnar, JJ und Cole zusammen mit Simon, der später zu ihnen stieß. Nun hieß es warten. Cole zündete sich eine Zigarette an. Um 21 Uhr 15 erreichten die LKWs den Treffpunkt. JJ kam seiner Aufgabe nach. Und wieder wurde gewartet. Bald würden die Container kommen. Bald... Er hörte immer wieder Ragnar Kontakt zu den anderen aufnehmen, sich immer wieder bestätigen lassend, dass alles in Ordnung war. Cole sah auf die Uhr. 22 Uhr. Nun würde nichts mehr schief gehen. Jetzt nicht mehr. Und so entspannte er sich, schloss einen Moment die Augen. Und als sei das das Signal gewesen, kamen die Kräne plötzlich in Bewegung und drei rote Container fuhren auf sie zu. Er nickte Simon zu, der JJ mitnahm. Sie wurden nicht mehr gebraucht. Sie konnten nach Hause fahren. Zumal JJ seit kurzem eine kleine Tochter hatte und seine Frau ihm die Hölle heiß machte, wenn er zu spät nach Hause kam. Es dauerte noch 20 Minuten, bis die Container auf den LKWs standen. Cole ging schließlich zu einem der Container hin, öffnete eine Luke und holte zwei Koffer heraus. Einen reichte er Ragnar, der ihn in sein Auto legte. Dann ging Cole zu seinem eigenen Wagen und legte den Koffer rein. Ragnar hob das Funkgerät. "Ihr könnt abhauen", verkündete er. Gawain Gawain lehnte neben JJ an der Wand in Coles Büro und nahm das Walkie Talkie ruhig entgegen. Letzte Anweisungen wurden gegeben und dann waren sie auch schon unterwegs. Und ab diesem Moment wurde Kaugummi die einzige Möglichkeit ihn vor nervösen Gesten abzuhalten. Etwas, das nicht auffallen konnte, da er sowieso den Großteil seiner Zeit mit einem Kaugummi im Mund herum lief. Sie kamen am Hafen an und er begab sich auf seine Position. Von wo aus er im Sichtkontakt zu den anderen stand, soweit das durch die Winkelungen des Hafens überhaupt möglich war. Dem Container hinter sich warf er nur einen flüchtigen Blick zu, war aber dankbar für das Gefühl der Sicherheit, das jener ihm gab. Ja, wenn alles glatt lief würde er sich ebenfalls abführen lassen müssen, aber grundsätzlich wusste er bei seiner Einheit wenigstens woran er war. Und wenn alles schlecht lief, müsste er sich überlegen wie es weitergehen sollte. Sehr schnell überlegen. Aber diesmal ging er vom besten Fall aus, denn es gab eigentlich nichts, das sie nicht bedacht hatten. Captain Horlocker war nicht umsonst der Leiter ihrer neuen Einheit, denn dieser Mann war eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Bekannt wurde er durch einen spektakulären Fall in Washington als er einen Menschenhändlerring hochgehen ließ. Man könnte diesen Mann als eine Art Vorbild für ihn bezeichnen. Sein Talkie ging an und er bestätigte Ragnar das auf seiner Position alles in Ordnung war bevor er sich ein weiteres Mal umsah und dem nächsten Kerl ein Daumen hoch Zeichen gab. Welches jener erwiderte und Gawain damit klarmachte, dass seine Leute tatsächlich noch nicht entdeckt worden waren. Als er schließlich das Geräusch von den Kränen hörte, musste er trocken schlucken. Gleich würde der Zugriff erfolgen, denn sie würden genau solange warten, bis die Übergabe komplett war und sich die Ware komplett in der Hand der irischen Organisation befinden würde. Inzwischen konnte er sich das schnellere Kauen auch nicht mehr verkneifen. Aber wen wunderte es? Das hier war sein erster Undercovereinsatz, der mit einem groß geplanten Zugriff enden würde, und es lag nur in seinem eigenen Interesse, dass gut und vor allem lebend hinter sich zu bringen. Als sich das Talkie ein weiteres Mal meldete, trommelte er mit den Fingern an einen nahen Container, ganz so als ob er eine Melodie nachspielen wollte und danach ging alles ganz schnell. Von einem der bisher unbenutzten Kräne schaltete sich der Scheinwerfer ein und während die Jungs von Peer 27 verhinderten, dass über diesen Weg jemand abhaute, übernahmen ihre beiden Scharfschützen so gut als möglich die Reifen der jeweiligen Fahrzeuge. Im Nachhinein sollte Gawain erfahren, dass Coles Fahrzeug zu jenen gehörte, auf das sie gute Sicht gehabt hatten. Im Hintergrund hörte er die Lautsprecher. "Hier spricht die Polizei! Verhalten Sie sich ruhig und legen die Hände hinter den Kopf! ... ", weiter konnte er nicht mehr zuhören, denn aus dem Container hinter ihm sprangen zwei Leute seiner Einheit. Ganz in schwarz mit Schutzwesten und der Polizeiaufschrift. Zudem ihr Logo mit dem verschnörkelten USF, was für Undercover Special Forces stand. Etwas, das auch nur intern bekannt war. Offiziell stand es für United Special Forces. Ganz automatisch ging der Griff zu seinen Waffen, doch als er auch schon angebrüllt wurde, diese fallen zu lassen, tat er genau das. Wenn auch offensichtlich widerwillig. Weitere Leute seiner Einheit waren scheinbar aus anderen der hier gelagerten Container gesprungen und hielten so viele Leute auf, wie möglich. Hin und wieder wurden Warnschüsse in die Luft abgegeben und Befehle gebrüllt. Während er zu Boden gedrückt und nach weiteren Waffen durchsucht wurde, war Captain Horlocker ebenfalls von Peer 27 herüber gekommen und zum LKW Platz gegangen. Jene hatten noch versucht anzufahren, doch waren nicht weit gekommen, da der eine Kran, den sie für sich beschlagnahmt hatten, ihnen den Weg mit einem anderen Container versperrt hatte. Horlocker Die Zigarette aus den Mund nehmend, spuckte er auf den Boden bevor er sich umsah: "Ich will das hier niemand zu fest angefasst wird! Zerstört mir keine Beweismittel und keiner rührt auch nur irgendetwas an bevor ich nicht deutlichen Befehl dazu gegeben habe! Lest den Kerlen ihre Rechte lieber zweimal vor als einmal zu wenig. Schaut dass ihr immer euren Partner bei euch habt, denn ihr werdet Zeugen brauchen! Lasst sie nicht miteinander sprechen und durchsucht sie auf Waffen, als ob euer Leben davon abhängen würde... denn das tut es auch!", brüllte er und sah mit Zufriedenheit, dass seine Einheit genau so arbeitete wie er es erwartet hatte. Auch wenn es ihn ein wenig schockierte, dass es zu keinem wirklichen Schusswechsel gekommen war. Die Warnschüsse, die sie abgaben, um etwaige Flüchtende aufzuhalten, waren die einzigen Schüsse gewesen. Er warf einem der LKW's einen Blick zu und bemerkte den vorderen plattgeschossenen Reifen. Scharfschützen waren immer wieder eine Freude. Er griff zu seinem Unterfrequenzgerät und aktivierte es: "Catell! Wie sieht es aus? Ist jemand geflüchtet?" Er bekam kurze Klopfzeichen zurück und runzelte die Stirn. Was hieß hier sie wussten es nicht?! Aber das war erstmal egal, denn langsam aber sicher bekamen sie die Situation hier unter Kontrolle. "Sir, in dem einen Fahrzeug wurde ein Koffer gefunden", sprach ihn einer seiner Leute an und Horlocker warf dem entsprechenden Auto einen prüfenden Blick zu. "Ist das Tinsleys Auto?", er wartete gerade noch bis zum Nicken des Mannes und hielt dann darauf zu, dem gerade abgeführten und vermutlich zum zweiten Mal dessen Rechte vorgelesenen Mannes, der ihm entgegen kam ebenfalls einen abschätzenden Blick zuwerfend. Tinsley war ein Eisklotz, soviel war ihm klar. Umso deutlicher wurde, dass sie sich hier keine Fehler leisten durften. "Ruft unsere Kollegen. Die sollen zwei Polizeibusse schicken, um die Jungs hier abzuführen. Behaltet eure Umgebung gut im Auge!", er deutete auf den nächst besten. "Du da! Geh und hol mir den Koffer aus dem Auto und zieh um Gottes Willen Handschuhe an." Danach wandte er sich vom Auto ab und hielt doch auf einen der Container zu. "So, wer von euch möchte jetzt mal nachsehen und mir sagen, was uns eigentlich ins Netz gegangen ist?", fragte er und eine der beiden Frauen trat vor. Er nickte ihr zu und beobachtete gespannt, wie sie auf die Luke zuhielt, während er dem Kerl mit dem Koffer eine abwartende Handbewegung zukommen ließ. Gawain Gawain fand sich, zusammen mit drei anderen am Boden im Schneidersitz wieder. Nicht zu vergessen die Handschellen, für die er mehr als bösartige Blicke auf seine Kollegen warf und seinen Kaugummi schließlich genervt ausspuckte. Die beiden neben ihm waren blass, wirkten aber nicht in ihren Grundfesten erschüttert. Hierfür müsste man Cole wohl Respekt zollen, denn wenn jener irgendetwas gut hingebracht hatte, dann war es seine Leute einzuweisen. Ohne den Typen aus Chicago hätte Gawain wohl sehr, sehr lange im Undercovereinsatz bleiben müssen. "…Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was sie sagen kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.." Hin und wieder blitzen Kameras auf, die das Ganze noch in Bildern festhalten sollte, für den Fall der Fälle, dass sie sich mit Falschaussagen herumschlagen müssten. Im Grunde lief alles astrein und genau das machte Gawain nervös. Cole Cole blickte auf die Uhr und lächelte zufrieden. Dann gab er den LKW-Fahrern ein Zeichen, dass sie losfahren konnten. Es hatte alles geklappt. Die Ware war dort, wo sie sein sollte, der Rest war Formsache. Er spürte, wie sich die Anspannung langsam zu lösen begann und er musste an Antonin denken. Ob jener ihm schon eine E-Mail geschickt hatte? Anrufen konnte er ja nicht, denn Cole hatte sein Handy an einem sicheren Ort zurückgelassen. Das, das er dabei hatte, war ein 'Einweg-Handy', eines, das er kurzfristig gekauft hatte und das er weiterverkaufen würde, sobald er Zeit dafür hatte. Etwas, was er bei so großen Operationen immer tat. Als die Scheinwerfer angingen, schlenderte Cole gerade zu seinem Wagen. Er verharrte in der Bewegung, als er die Worte vernahm und sein Blick glitt zu Ragnar, der noch auf ihn hatte warten wollen. Ragnar lächelte, und so konnte er auch nicht anders als zu lächeln. Sie rührten sich nicht, sondern hoben gelassen ihre Hände, verschränkten diese hinter dem Kopf, wie es ihnen gesagt wurde, blickten den sehr nervös wirkenden Männern entgegen, die mit erhobenen Waffen auf sie zu kamen, als hätten sie Angst, der Leibhaftige würde ihnen gleich gegenübertreten, um ihnen ihre Seele aus dem Leib zu reißen. Er spürte, wie er den Lauf der Waffe auf den Rücken gehalten bekam, ließ sich gegen sein eigenes Auto drücken, folgte ohne Widerworte den Anweisungen des Beamten und ließ sich von dessen Kollegen widerstandslos durchsuchen, sich entwaffnen. "Das grenzt ja schon an sexuelle Belästigung", stellte er amüsiert fest, als er die Hand des Mannes an seinem Hintern spürte und an seinem Schritt. Noch immer zierte ein Lächeln seine Lippen. Der Mann zischte ihm ein. "Pass auf, dass ich dir nicht in den Arsch trete, Tinsley." ins Ohr. Cole schüttelte seufzend den Kopf, ließ sich die Handschellen anlegen und lauschte den Worten, die heruntergeleiert wurden, verbesserte den nervösen, jüngeren Polizisten an einer Stelle provokant, und ließ sich dann umdrehen, blickte dem Beamten mit seinen kühlen Augen direkt ins Gesicht. Noch immer war das Lächeln auf seinen Lippen nicht verschwunden. Seine Augen verließen das Gesicht des Polizisten und wanderten über das Szenario. Ragnar stand an dessen Auto, aus dem soeben auch ein Koffer gezogen wurde, genuso wie aus seinem Wagen. Der vorderste LKW stand etwa seltsam da, was ihm die Vermutung einbrachte, dass ein Reifen durchschossen worden war. Die Schüsse, die er vereinzelt gehört hatte, zeugten davon, dass sich seine Leute an die Abmachung gehalten hatten. Er konnte mehr als zufrieden sein. Es hatte alles geklappt. Und Cole stellte an dieser Stelle fest, dass er zu gerne bei diesem Deal die Polizei dabei haben hatte wollen. Sonst wäre die ganze Mühe, der ganze Stress ja umsonst gewesen. Es freute ihn schier ein wenig, dass irgendwer den Bullen gesteckt hatte, was passieren würde. Und dass die Polizei wirklich informiert war, das war nicht zu übersehen. Das hier war kein Routineeinsatz. Das war etwas Professionelles. Und nun würde es für ihn daran gehen, zu untersuchen, wer der Auslöser war, wer das verbockt hatte. Entweder Waynes Leute, oder jemand innerhalb seiner Leute, und da kam für ihn nur eine einzige Person in Frage. Und diese Person wurde gerade herangeführt, mit ein paar anderen hingesetzt. Cole beobachtete gelassen, wie einige seiner Leute hergebracht wurden. Nun, diese würden keine Probleme bekommen. Sie wussten schließlich nichts. Sie arbeiteten ganz offiziell für das Lady-Dream und wenn ihr geliebter Chef sie bat ihm zu helfen, waren sie die letzten, die der Bitte nicht nachkamen. Und um was es hier gegangen war, wussten sie einfach nicht. Sie waren nur missbraucht worden. Keine Ahnung, kein Widerstand gegen die Staatsgewalt, kein Verbrechen. Zufrieden stellte er fest, dass JJ und Simon nicht dabei waren. Dann war alles in Ordnung. Dann würde auch er selbst davon kommen. Und diese Tatsache ließ sein Lächeln auf seinen Lippen noch weiter bestehen. Als erneut jemand auf ihn zutrat und ihm seine Rechte rezitierte, rollte er genervt mit seinen Augen und sprach synchron mit. Wie oft musste er das denn heute noch hören? Doch schließlich kam der, der vorhin schon so resolut seine Leute kommandiert hatte auf ihn zu. Cole blickte ihn ruhig an, gelassen und kühl, auch wenn das Lächeln noch immer nicht weg war. Der Polizist musterte sein Auto. "Netter Wagen, nicht war? Können Sie sich sicher von ihrem Gehalt nicht leisten", stellte er fest, als er den musternden Blick des Einsatzleiters sah. Doch dieser reagierte nicht auf ihn. War ja auch nicht anders zu erwarten. Cole spielte seine Rolle, erfüllte das Klischee, das man bei der Polizei wohl von ihm hatte. Und jener spielte die seine. Cole beobachtete, wie sein Koffer aus dem Kofferraum genommen wurde, beobachtete, wie sein Wagen sorgfältig behandelt wurde. Zum Glück war er noch nicht ins Auto gestiegen und wollte losfahren, denn sonst hätte er sicher jetzt ein Loch in seinem Reifen. Als der Kommissar befahl nachzusehen, was ihnen ins Netz gegangen war streckte sich Cole leicht. Jetzt endlich würde es die Erklärung für sein Lächeln geben. Jetzt endlich würde er das Gesicht sehen, worauf er sich schon die ganze Zeit freute. Denn in den Koffern waren nur typisch südamerikanische Kaffeemaschinen drin. Ein kleiner Gag in dieser Show der Illusionen. Cole war schon immer von Zauberern fasziniert gewesen. Während man als Zuschauer optisch abgelenkt wurde, bekam man gar nicht mit, was eigentlich geschah, zudem man ohnehin nur sehen konnte, was man sehen wollte. Und genauso war auch dieser Deal aufgebaut worden. Doch er würde nichts dazu sagen, keinen Tipp geben, keine Information, die diesen Kommissar vor Augen halten würde, was für ein Stümper er war, vielleicht später oder morgen. Aber jetzt noch nicht. Jetzt würde er liebend gerne zusehen, wie die Polizisten dümmlich vor zwei Kaffeemaschinen standen und noch dümmlicher vor zwei Containern voll von Kaffee. Er selbst würde nichts dazu sagen. Gar nichts. Die Polizisten würden mindestens 5 Stunden brauchen, bis sie die Ladung in den Containern wirklich komplett durchsucht hatten. Und mindestens so lange würde er noch warten. Das einzige, was ihn an der Geschichte störte waren die 24 Stunden, die er mindestens nun darauf warten musste, wieder frei zu kommen. Was wenn Antonin anrief und sich sorgte? Nun, vielleicht würde er später Gelegenheit haben, sich zu melden. --------------- Zeitgleich stellte Simon den Wagen bei Costello auf den Hof, übergab diesem die Schlüssel. Das war die Aufgabe des Abends für ihn gewesen. Mehr nicht. Müde fuhr er mit dem Taxi nach Hause. Cole hatte ihm gesagt, dass das die wichtigste Aufgabe war, und er hatte nicht nachgefragt. Je weniger er wusste, desto sicherer lebte es sich. Nun, der Job war erledigt. Horlocker "Sir, hier ist Kaffee", meldete die Polizistin und Horlocker verdrehte die Augen. "Durchsuchen. Und du da, mach den Koffer auf." Er sah dabei zu, wie eine Kaffeemaschine ans Tageslicht kam und nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie achtlos wegschnippste. Auch der zweite Koffer, welcher im Wagen von diesem Ragnar sichergestellt wurde, enthielt nur eine Kaffeemaschine. Zu diesem Zeitpunkt entschied der Captain für sich, dass es Zeit für die nächste Zigarette war. Gawain Gawain währenddessen sah zu Boden als er zum zweiten Mal seine Rechte erklärt bekam und versuchte sein Gefühlschaos unter Kontrolle zu bekommen. Kaffeemaschinen?! Was zum Henker? Doch selbst als die beiden Polizeibusse ankamen und auch einige Drogenhunde mit am Einsatzort erschienen, ließ man sie noch nicht einsteigen. Er hörte wie Horlocker mit einem der New Yorker Polizisten ein kurzes Streitgespräch führte und sie sich darauf einigten, abzuwarten, was bei der Durchsuchung herauskommen würde. Doch Gawain begann zu diesem Zeitpunkt bereits zu ahnen, dass er einem Anfängerfehler unterlaufen war. Er hatte die erste sich bietende Option genutzt und mit jeder Stunde, die verstrich, wurde er sich der Schlinge um seinen Hals bewusster. Im Grunde führten innerhalb der irischen Organisation alle Wege zu ihm und er war sich sicher, dass dieser Mikael möglicherweise zugeben würde, darüber gesprochen zu haben. Und vor allen Dingen mit wem. Scheiße! Horlocker Horlocker nahm die immer unruhiger werdende Aura seiner Leute nur zu deutlich wahr. Während er sich selbst nicht um die Festgenommenen kümmerte, sondern seinen Blick stur auf die LKWs gerichtet ließ, vernahm er doch das leise raunen und die Ungläubigkeit. Und er konnte das gut nachvollziehen. Horlocker war angepisst genug, um einen Besen samt Stiel verspeisen zu können, doch das würde nichts bringen. Wenn einem dreißig Jahre Polizeidienst irgendetwas beibrachten, dann, dass es Tage gab, an denen man verlor, und im Gegensatz zu seinem durchwegs jungem Team sah er hier nur höchstens eine vergeudete Woche. Etwas mehr wenn man Hunter bedachte. Normalerweise bezahlte die Polizei mit einem solchen Fehlschlag mit viel, viel mehr Einbußen. Es gab ihm nur umso deutlicher zu verstehen, wie wichtig ihre neue Einheit war. Sie waren schnell und kompromisslos einsatzfähig und der Verlust bei einer solchen Aktion wie hier war minimal. Wohingegen der Gewinn bei einer geglückten geradezu astronomisch war. Was natürlich nicht bedeutete, dass er sich darüber freute. Nein, ganz im Gegenteil biss er seine Zähne immer fester zusammen und gab immer knurriger werdende Befehle. Er konnte und durfte seinem Team jetzt nicht erzählen, dass sie ihre Taufe soeben zumindest was den Einsatz betraf bestanden hatten. Dafür war die Enttäuschung darüber viel zu sehr präsent. Weshalb er einem der jüngsten einen scharfen Blick zuwerfen musste, als dieser jenen Ragnar zu deutlich wieder auf die Beine zerrte. Was auf einen Handwink von ihm auch mit allen passierte. "So meine Herren. Wir nehmen Sie jetzt mit auf die Wache und werden die Frachtpapiere kontrollieren. Es sieht so aus als wäre hier alles sauber, aber noch wird man wohl ein paar Dinge klären müssen." Hier verkniff er es sich mit aller Gewalt zu Hunter zu sehen. Jener müsste entscheiden, ob er Tinsley für den Mord drankriegen wollte oder nicht. Vermutlich bliebe diesem eh nichts anderes mehr übrig als auszusteigen. "In der Wache steht jedem von Ihnen ein Anruf zu, sowie das Recht auf einen Anwalt. Wenn Sie sich keinen leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Wenn Sie weiterhin so gut kooperieren, haben wir das ganze bald hinter uns." Damit wandte er sich ab. Allerdings nicht bevor er einen letzten Blick auf Tinsley geworfen hatte. Jetzt hatte sich dessen dämliches Lächeln endlich erklärt, aber noch war da der Mord, der Tinsleys Kopf sehr schnell wieder in die Schlinge ziehen könnte. Gawain Gawain ließ sich mit hochzerren und stolperte kurz, folgte den anderen dann in einen der Polizeibusse und setzte sich schweigend auf den ihm zugewiesenen Platz. Was sollte er tun? Was zum Henker sollte er nur tun? Nicht nur, dass die Leute aus seiner Einheit zu Recht tierisch angepisst wären, da gab es auch noch die Kleinigkeit mit seinem eigenen Leben. Wie viel hatte er verraten? Könnte er einfach so weitermachen wie bisher? Nun, er müsste wohl auf Horlocker warten. Und auf ein Gespräch mit diesem. Tief seufzend ließ er den Kopf zurück zur Rückenlehne gleiten und schloss geschlagen die Augen. Was für ein Reinfall... was für ein unglaublicher, scheiß Reinfall! An der Polizeiwache angekommen, kamen sie alle zusammen in eine der großen Auffangzellen. Dort befanden sich außer ihnen nur ein schlafender, nach Alkohol stinkender Penner und zwei Halbstarke, die so aussahen als ob sie sich miteinander oder mit jemand anderem geprügelt hätten. Abermals seufzend ließ er sich auf die nächste Bank nieder und harrte der Dinge, die da noch kommen mochten. Wie zum Beispiel die einzelne Überprüfung der Personalien, den versprochenen Anruf oder dem Wunsch nach einem Anwalt. Abermals schloss er die Augen, ganz so als könnte er so der harschen Realität entkommen und rieb sich über die Schläfen. Das war eine Katastrophe und die Stimmung in der Wache war ziemlich mies, etwas, das sich seiner Meinung nach auch auf die junge Einheit umwälzen würde. Von Horlockers Gedankengängen ahnte er nichts. Antonin Um zwei Uhr morgens hielt er es nicht mehr aus und rief Cole an. Aber das Ergebnis war das gleiche, wie bei seinen vorherigen beiden SMS. Nämlich gar keines, da Cole nicht ranging. Genervt legte Antonin sein Handy neben sich aufs Bett und stand auf, begann nur in Shorts bekleidet im Gästezimmer auf und ab zu gehen, Verwünschungen aussprechend und böse Blicke zu dem kleinen Gerät werfend. Er war lange Antwortzeiten gewöhnt, hielt er selbst doch eher wenig davon, immer sofort zu antworten. Aber dass Cole gar nicht an sein Handy ging… es machte ihn nervös. Ganz besonders da dieser ihn sozusagen in der E-mail gebeten hatte, heute Abend an ihn zu denken. Nein, gestern Abend, schließlich war nun Montag früh. Was an und für sich auch kein Problem darstellen würde, denn er hatte Cole vertraut. Bis ihn unter den gesendeten SMS diejenigen aufgefallen waren, die er selbst an jenen geschickt hatte. Und damit fiel ein weiterer Baustein in seinem Kopf an seinen rechtmäßigen Platz. Er erinnerte sich daran, mehr als in Rage gewesen zu sein, als Cole zu einem potentiell gefährlichen Treffen ohne ihn gefahren war. Er glaubte sich sogar zu erinnern, dass dies der Grund dafür gewesen war, Cole ein Veilchen zu verpassen und dass sie sich gegenseitig in dieser Situation ziemlich angegangen hatten. Was nur bedeuten konnte, dass er Cole zwar viel zutraute, es ihm aber zu jeder Zeit lieber gewesen war, dabei zu sein. Und darum schien ihn das Ausbleiben von einer Antwort auch an eine Klippe zu schicken. Kurzentschlossen trat er zum Schrank, um ihn zu öffnen, nur um ihn dann gleich wieder zu schließen. Was genau brächte es ihm oder Cole, wenn er jetzt ohne jeden Peil nach New York fliegen würde? Außer Ärger, weil er es getan hätte? Selbst wenn Cole etwas passiert wäre - und alleine der Gedanke daran tat ihm fast körperlich weh - dann könnte er nichts ausrichten. Ohne den Rest seiner Erinnerungen war er wertlos was jeglichen Personenschutz betraf. Vermutlich sogar was den Schutz seiner eigenen Person betraf. Genervt raufte er sich die Haare und trat wieder auf das Bett zu, das Handy wieder aufnehmend und nochmals versuchend den anderen zu erreichen. Was ein weiteres Mal nicht zu dem gewünschten Ergebnis führte und ihn damit fast wahnsinnig machte. "Du elender Scheißkerl", murmelte er düster. "Wenn dir was passiert ist, grabe ich dich eigenhändig wieder aus und bringe dich nochmal um." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)