Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 45: Die Loslösung der Schwarzen Mamba --------------------------------------------- Antonin Und mochte es an der unchristlichen Uhrzeit oder an Coles Gegenwart liegen, aber diesmal fuhr Antonin nicht alptraumgeplagt hoch. Zumindest glaubte er das, als er Cole am nächsten Morgen herumhantieren hörte und ihn selbst damit langsam aber sicher aus einem wunderbaren Tiefschlaf beförderte. Welcher Geisteskranke wollte jetzt schon aufstehen? Dieser Mann war verrückt! So grummelte er und setzte sich halbblind gerade noch schnell genug auf um den anderen an der Hüfte zu fassen zu bekommen, ein Stück zu ihm zu ziehen und dessen Bauchnabel zu küssen bevor er sich wieder zurücksinken ließ. "Ich schwöre, das mit diesem Aufstehen muss sich ändern.", grollte er und blinzelte abermals ein wenig. War das noch dunkel draußen?! Warum war die Technik noch nicht weit genug, sich nach Hause in sein eigenes Bett zu beamen? "Kaffee...“, murmelte er noch bevor er gequält seufzend die Augen wieder zumachte. So schnell würde Cole ihn nicht mehr zu solchen Uhrzeiten zu ihm locken können, wenn er dafür nicht einmal eine halbe Nacht Schlaf bekam. Und natürlich war das gelogen und Blödsinn, aber es war laut innerer Uhr scheißfrüh und er nun mal kein Morgenmensch. Cole Als er früh morgens erwachte rang er kurzfristig mit sich, ob er noch liegenbleiben solle. Doch er hatte am vergangenen Abend zu wenig geschafft, und wenn er fertig werden wollte, konnte er sich das nicht erlauben... Und so küsste er Antonin sacht auf das Schlüsselbein, das sich ihm anbot und versuchte sich so vorsichtig wie möglich aus der Umarmung des anderen zu schälen. Doch leider weckte er ihn wohl doch auf, und kurz ließ er sich noch einmal zu diesem ziehen, bevor er sich wieder löste. Kurz blieb er an der Bettkannte sitzen und strich Antonin über die Stirn, das Haar. "Das mit dem Aufstehen wird sich ändern, wenn ich meine Prüfung beendet habe. Versprochen...", murmelte er leise. "Schlaf noch, Antonin, schlaf noch. Ich wecke dich nachher und mache dir Frühstück. Ich muss nur mein schlechtes Gewissen beruhigen." Vorsichtig beugte er sich hinunter und küsste den anderen auf dir Stirn. Dann ging er ins Bad und duschte, um seine Lebensgeister zu wecken. Er musste weiterarbeiten, durfte nicht riskieren, dass seine Prüfung verloren war, falls Costello beschließen sollte, dass er wieder nach Chicago müsse. Schließlich machte er sich Kaffee und saß wieder am Schreibtisch, zufrieden damit, dass Antonin tatsächlich noch einmal eingeschlafen war. Schließlich räumte er den Esstisch auf einer Seite zumindest frei und deckte den Tisch, noch einmal frischen Kaffee kochend, nachdem er sich erinnert hatte, wie gierig Antonin damals auf Kaffee gewesen war. Dann schob er die Brötchen in den Ofen und deckte den Tisch. Er hatte am vergangenen Abend noch für ein potentielles Frühstück eingekauft, in der Hoffnung Antonin würde bei ihm bleiben. Für Cole war das Frühstück seine Lieblingsmahlzeit. Interessant war nur, dass er nie frühstückte, wenn er alleine war. Schließlich schenkte er eine Tasse Kaffee ein und ging zum Bett, die Tasse auf den Nachttisch stellend. Sacht streichelte er Antonin über das Gesicht, beugte sich schließlich zu ihm. "Aufstehen, Schlafmütze", murmelte er und lächelte zufrieden, als er eine Reaktion sah. Dann stand er auf. "Beeil dich, dann können wir noch frühstücken, bevor ich ins Dream muss." Schließlich fanden sie sich wieder am Küchentisch. Coles Stimmung war getrübt, auch wenn ihre Vertrautheit keinen Einbruch erlitten hatte. Aber auf Coles Gemüt drückte die Tatsache, dass er nicht wusste, wann sie sich wiedersehen würden. Sollte er sich mit Antonin wirklich erst eine Woche später treffen? Time will tell... Antonin Antonin war nicht weiter schwer zu überreden, wieder weiter zu schlafen, auch wenn er das Ganze von seinem, zu Coles Kissen verlegte, so war es doch gleich wieder im Traumland. Kein Wunder eigentlich, in letzter Zeit nahm er seinen Körper ganz schön mit und gönnte ihm überhaupt keine akzeptablen Schlafzeiten mehr. Denn durch die ständig wechselnden Zeiten war er Schlaf, den er abbekam, zwar zeitlich ausreichend, aber nicht erholsam. Nochmal tief durchatmend nahm er sich nur noch ganz am Rande vor, im Duden nach Workaholic zu suchen und zu überprüfen, ob da als Definition nicht Cole drinstand. Und als er einige Zeit später von oh so süßem Kaffeeduft und einer wohltuenden Streicheleinheit geweckt wurde, konnte er nicht einmal mehr richtig brummelig sein. Trotzdem spähte er aus kleinen Augen zu dem Mann hoch, der ihm gerade ein Frühstück versprach und rappelte sich dadurch auch tatsächlich hoch. Wo sein erster Griff zum Kaffee ging und er sich mit viel Fantasie einbildete, dass er mit jedem Schluck mehr und mehr Lebensgeister in sich wieder wachrief. Einbildung war eben doch auch eine Bildung. Das erledigt wissend, tapste er ins Badezimmer und nahm sich vor das nächste Mal eine Zahnbürste mitzunehmen. So durfte das nicht mehr weitergehen. Das war wichtige Pflege! So gab‘s ein ähnliches Verfahren wie letztes Mal, auch wenn er sich die Dusche erstmal sparte und sich für zuhause aufhob. Sonst würde er sich in der bereits getragenen Unterwäsche so unwohl fühlen, dass er sich dann sowieso nochmal duschen müsste. Sich über diese Gedanken hinweg anziehend, nahm er die heißbegehrte Kaffeetasse mit sich und begab sich zum bereits gedeckten Küchentisch, wo es ihm ganz normal vorkam, sich zu Cole runter zu beugen und ihn in den Nacken zu küssen, bevor er sich setzte und eines der Brötchen anstarrte. Hatte er Hunger? Noch mit sich hadernd beschloss er sich erst mal weiter an den Kaffee zu halten. "Ich mag gar nicht daran denken, was ich heute alles zu tun habe", brummte er schließlich und hob den Blick weit genug, um Cole zu betrachten. Im Gegensatz zu gestern Abend kam ihm jener wieder viel offener vor. Entspannter... auch wenn da schon wieder jener altbekannte Funke dabei war, Besitz von den Augen zu ergreifen. Und irgendwie sah der andere auch ein wenig genervt aus? "Obwohl ich mir denke, dass dein Arbeitspensum meines wohl überschreitet", gab er dann noch zu und griff doch zu einem der Brötchen, bevor er ein eher seichtes Thema anschnitt und sie sich damit wohl gegenseitig über mögliche Seltsamkeiten hinweghalfen. Als er den Teller von sich schob, beschloss er, dass es Zeit wäre sich zu verabschieden. Zwar hätte er Coles Gegenwart gern noch ein wenig länger genossen, aber wie er erfahren hatte war ihre Zeit sowieso schon gestohlen und er wollte es dem anderen nicht noch komplizierter gestalten. Weswegen er sich auch erhob, zu Cole trat, der aufsah und sich abermals zu ihm herunter beugte, um ihn einen Kuss zu geben. Erst sollte es nur ein kurzer Abschiedskuss werden, den er sich selbst einfach zugestand, doch wie das letzte Mal auch schmeckten diese Lippen nach mehr und so vertiefte er das Ganze, bevor er sich löste und dem anderen in die Augen sah. "Damit du mich nicht vergisst", murmelte er und strich dem anderen nochmal sachte mit den Fingerspitzen über die Wangenknochen, bis hinunter zum Hals. "Halt dir ein paar Stunden frei, wenn du deine Prüfungen abgegeben hast." Irgendwie schaffte er es, so früh am Morgen sogar den Spagat zwischen Befehl und Bitte hinzubekommen. Weshalb er Cole abermals küsste und sich dann recht schnell verabschiedete. Der Rest des Tages verlief eher unspektakulär, bis er zu seiner Sitzung kam und dort erfuhr, dass es wohl gut wäre, wenn er mal ein paar Tage aus der Stadt rauskäme um sich nur mit sich selbst beschäftigen zu können. Weitab von Menschen, die ihn kannten und möglicherweise verurteilen würden. Am besten sollte er sich seine ganze Geschichte selbst erzählen oder aufschreiben. Und an und für sich war Antonin dem Ganzen nicht unaufgeschlossen, aber momentan passte ihm das so gar nicht in den Kram. Es lief doch alles bestens. Inzwischen zeigte er sich mit freien Unterarmen und bei Cole dachte er nicht einmal mehr an seine Narben. Waren das nicht erst mal genug Fortschritte? Er äußerte seine Bedenken und einigte sich auf den Kompromiss, sich eine Woche frei zu nehmen, sein Labor ein Labor sein zu lassen und sich wenigstens so selbst etwas zu gönnen. Er sollte ganz alleine Dinge unternehmen und seine Wirkung und Reaktionen darauf beschreiben. Sollte testen, wie weit er inzwischen gehen konnte. Auch ohne Beruhigungsmittel. Und damit setzte ihm sein Doc recht erfolgreich einige Flöhe ins Ohr, die ihn davon abhielten, recht viel an Cole zu denken, sondern sich vielmehr mit dem gekauften Stadtplaner zu beschäftigen. Er war noch nicht einmal bei der Freiheitsstatue gewesen, oder in einem der Vergnügungsparks von einer Stadtrundfahrt einmal ganz zu schweigen. Vielleicht hatte sein schlauer, wenn auch überteuerter Doc ja wirklich recht? Am besten wäre es, er würde mal mit seinen Vorgesetzten sprechen und erfragen wann es denen den recht wäre. Denn auch wenn er kommen und gehen konnte, wie er wollte solange er am Ende des Monats seinen Soll erfüllt hatte, so konnte er sich nicht einfach eine Woche freinehmen, nur weil er es gerade so wollte. Cole "Als ob ich dich so schnell vergessen könnte", brummelte Cole, nachdem sich hinter Antonin die Tür geschlossen hatte. "Du hast dich doch schon längst in mir niedergelassen." Er seufzte. Es war immer noch ein seltsames Gefühl, wenn Antonin so mit ihm umging, aber er wehrte ich nicht dagegen. Die Küsse, die Berührungen, die Zärtlichkeiten, das Versprechen, sich zu melden, sich Zeit zu nehmen, wenn es weniger stressig war... Fast, als wären sie richtig zusammen. Und doch wusste Cole nur zu gut, dass da zu viel ungeklärt und unausgesprochen war, dass da zu viele Umstände und äußere Einflussfaktoren bestanden, die dies widerlegten. Letztlich konnten sie nur an 'geheimen' Orten ihre Vertrautheit zelebrieren. Dort, und nirgendwo sonst. Und was war das für eine 'Beziehung', wenn man sie verstecken musste? Und noch viel entscheidender war, dass er sich nie einfach darauf einlassen konnte. Jedes Mal musste er sich wieder von neuem fallen lassen. Ob das so immer sein würde? Und würde Antonin akzeptieren, wenn es so wäre? Cole fiel mit einem Mal auf, dass er in seinen Überlegungen bereits das Wort 'Beziehung' verwendete. Konnte es sein, dass Antonin ihn tatsächlich schon auf einen 'Weg' geführt hatte? Cole wusste es nicht, wusste gar nichts mehr. Aber jetzt konnte er auch nicht darüber nachdenken. Er hatte andere wichtige Dinge zu tun. Und so fuhr er fort zu arbeiten, fuhr dann gegen 12 Uhr ins Lady-Dream und konnte letztlich für sich einen recht erfolgreichen Tag verbuchen, auch wenn er am Abend deutlicher denn je die Anspannung spürte, die er im Nacken sitzen hatte, von der Antonin ihn letzte Nacht doch eigentlich befreit hatte… Aber die Arbeit verhinderte zumindest, dass er über gestern Abend nachdachte, über die Erkenntnis, dass er sich teilweise viel zu sehr selbst im Weg stand, dass er lernen musste, Vertrauen zu haben, dass er sich dem anderen gegenüber öffnen könnte, ohne Angst haben zu müssen. Nein, darüber konnte er nicht nachdenken und deshalb würden diese Erkenntnisse auch bald wieder durch seine ihn ständig begleitende Kühle verschwunden sein. Zumindest zog er einen größeren Deal an Land, der eine Autoüberführung darstellte und der ihnen eine Verbindung nach Norfolk sicherte. Außerdem stand nächste Woche ein größerer Waffendeal wieder ins Haus. Langsam bräuchte er eine Sekretärin, oder besser einen gut aussehenden Sekretär, um sich das alles zu merken. Ob Antonin da mitspielen würde? Kurz lächelte er bei dem Gedanken, ihn als Sekretär hier zu haben. Eine seltsame Vorstellung. Pünktlich um 20.30 fuhr er los. Das Castello war ein Szenelokal, in dem die Schickeria New Yorks gerne verkehrte. Cole hatte dort etwas zu erledigen. Also warum nicht gleich einen kleinen Test durchführen, wenn sich jemand darum bemühte, ihn davon zu überzeugen, dass er für ihn arbeiten wollte. Cole hatte Gawain klare Anweisungen gegeben, zu welchem Tisch er kommen sollte. Und so saß er an dem vereinbarten Tisch, den er bestellt hatte und blickte auf die Karte. Nein, er hatte keinen Hunger. Sein Blick glitt durch den nicht sehr großen Raum. Von hier aus hatte er einen guten Überblick. Hoffentlich war Gawain pünktlich, sonst könnte es Probleme geben. Gawain Ruhig lenkte er den BMW durch die vollen Straßen. Gawain war pünktlich losgefahren und somit sehr gut in der Zeit. Wie immer also, denn selbst wenn es bei dem Treffen nicht um so etwas potentiell Wichtiges gehen würde, so konnte er Unpünktlichkeit nicht ausstehen. Genau wie so vieles andere, das er nicht ausstehen konnte und ihn damit auch nicht zu Everybodys Darling machte. Nicht einmal in seiner eigenen Abteilung. Aber das war in Ordnung, schließlich war er nicht bei einer Spezialeinheit, um gemocht zu werden, sondern um sehr gute Arbeit zu leisten. Und das war eine Tatsache die ihm niemand absprechen konnte, weshalb er es trotz seiner eher antisozialen Einstellung doch fertig brachte sich den benötigten Respekt zu verschaffen. Ein Grund, warum man es auch schnell aufgab, ihm einen Partner unterjubeln zu wollen. Gawain brauchte niemanden, der ihn ständig mit sinnlosen Fragen löcherte und sich selbst dann unvorbereitet in gefährliche Situationen begab. Nein, darauf konnte der Amerikaner mit der deutschen Mutter sehr gut verzichten Etwas das auch die höheren sehr bald begriffen hatten. Solange man Gawain Hunter nicht über die Schulter sah, bekam man auch die besten Ergebnisse vorgelegt. Wenn auch nicht immer ganz astrein, denn Zimperlichkeit kannte er nicht. Da war ihm schon der ein oder andere in die Faust oder in den Waffenlauf gefallen. Zu dumm aber auch. Doch jene Gedanken verblassten, als er sein Fahrzeug gekonnt in eine der wenigen Parklücken fuhr und sich aufmerksam umsehend ausstieg. Er hatte sich selbstverständlich über das Castello informiert und sich dementsprechend gekleidet. Ein ärmelloses schwarzes T-Shirt mit der übergeworfenen beigen Wildlederjacke, dazu eine gut sitzende dunkle Hose und fertig war der Kerl in dessen Haut er sein ein paar Tagen immer tiefer schlüpfte. Gawain Hunter, ein junger Mann, der gut kalkuliertem Risiko häufiger ins Gesicht lachte und sich an einen gewissen Standart gewöhnt hatte, den er beibehalten wollte. Ein Mann, dem kein Slang in die Wortwahl rutschte, der lieber beobachtete als sprach und dessen Blick aus den hellblauen, klaren Augen nicht flackerte. Dieser Mann nahm etwas in sein Blickfeld und würde erst abdrücken, wenn ein Treffer sicher wäre. Aber auch ein Mann, der sich unterordnen konnte, wenn es die Situation erfordern würde. Ja, auf dem Papier und bei ersten Tests auf der Straße war es ihm bisher nicht weiter schwer gefallen, das auch zu verkörpern. Vermutlich weil jene Art ihm auch irgendwo lag, auch wenn er eigentlich keine Probleme damit hatte, seinen Gegenüber so lange zu bequatschen, bis diesem nicht mehr klar war, wo sich oben und unten befand. Sein Gesichtsausdruck war ruhig, als er das Lokal betrat und sich nach dem beschriebenen Tisch umsah. Sein Zeitplan ging auf und durch seine eigenen Gedanken ein wenig getrödelt habend, war er nur wenige Minuten zu früh. Der Mann, den er schnell ausmachte und auf welchen er zuhielt, klassifizierte er für sich selbst als jemanden, der nicht um den heißen Brei herumreden würde. Jemand, der wusste was er suchte und wenn Gawain diesem Muster nicht entspräche, dann wäre diese Chance schneller vertan, als sie sich aufgetan hätte. Sich dies bewusst werdend, trat es zum ersten Mal klarer in den Vordergrund, dass er sich vielleicht gleich wirklich mit einem derjenigen unterhalten würde, die etwas zu sagen hätten. Einer derjenigen, die er selbst gerne von der Straße schaffen würde und mit etwas Glück und Ausdauer würde jener sich die Made selbst ins Fleisch lassen. An den Tisch tretend, begrüßte er den Mann mit einem Nicken und setzte sich. "Danke, dass Sie sich die Zeit hierfür nehmen. Ich bin Gawain, Gawain Hunter", stellte er sich vor und hielt dem Blick des Mannes so gut es eben ging stand. Damit konnten die Spiele beginnen, dachte er und rollte die imaginären Würfel los. Roulette war immer wieder spannend. Cole Der Mann, der auf ihn durch den Raum zusteuerte, wirkte im ersten Moment absolut arrogant auf ihn. Er schien perfekt hier in dieses Lokal zu passen. Und die Lederjacke signalisierte Cole, dass er entweder Geld hat, oder einmal Geld verdient hatte, das er dann in so etwas investierte, um danach wieder mittellos dazustellen. Beeindruckend an diesem Mann waren die Augen, die seine Selbstüberzeugung unterstrichen. Arroganz war potentiell kein Problem für Cole. Es gab zwei Arten von Arroganz. Die eine war Arroganz, die darauf basierte, dass man sich selbst überschätzte und dazu führte, dass man irgendwann ziemlich auf die Schnauze flog, oder es war Arroganz, die darauf basierte, dass man wirklich etwas drauf hatte. Bei letzterem wirkte man oft arroganter, als man wirklich war, denn wenn man wirklich etwas drauf hatte, dann musste man nicht mehr arrogant sein. Und so stellte sich diese Art der Arroganz häufig als 'Überzeugt von sich selbst sein' heraus. Nun, es würde sich herausstellen, zu welchem Typ dieser Mann zählte. Cole blickte ihn musternd an, ohne die Miene zu verziehen, die kühle abweisende Aura um sich herum aufgestellt. Selbst auf das Nicken reagierte er nicht, nicht auf die Begrüßung. Kurz legte er den Kopf schief und überlegte, ob ihm das Gesicht gefiel. Weiter schwieg er. Er testete gerne aus, wie schnell oder wie langsam jemand nervös wurde. Doch dieser Mann zeigte sich wenig beeindruckt. Gut so. Dann glitt sein Blick zu einem Tisch, an dem drei Herren und eine Frau saßen. "Sag mir, was du dort drüben am Tisch siehst." Ob jener erkennen würde, dass es sich um den Sicherheitsdienst handelte? Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Wenn alles so lief, wie er sich das vorgestellt hatte, dann würden sie nur eine halbe Stunde für den Smalltalk haben. Und wenn jener gleich nicht auf den Punkt kommen würde, dann wäre es sowieso schon vorbei. Cole fragte nicht, welche Erfahrungen jemand hatte, oder wie viele Deals er gehabt hatte oder so einen Scheiß. Leute logen. Cole testete lieber, was sie wirklich drauf hatten. Gawain Wenn er dieses Schweigenspielchen nicht schon selbst in Verhören durchgezogen hätte, wäre er vermutlich nervös geworden. So würde es ihn nur insofern nervös machen, dass er den kühl dreinblickenden Mann vor sich noch einige Stufen nach oben schieben müsste. Dessen Aura verbot einem geradezu eine falsche Bewegung zu tätigen oder ein falsches Wort von sich zu geben. Oder überhaupt ein weiteres Wort von sich zu geben, nach dem er nicht gefragt worden wäre. Hm, seine Vorgesetzten könnten ihm mal so einen Kerl hinstellen, dann müsste er sich seiner Partner nicht immer so mühsam wieder entledigen. Er folgte dem Blick und ließ die Szene auf sich wirken, bevor er die Nebentische ebenfalls ins Visier nahm, um sich seine erste Intuition bestätigen zu lassen. Und ja, er hatte sich nicht getäuscht. Zum einen wirkte die Frau nur auf den ersten Blick wirklich integriert, während man sofort erkannte, dass sie ein imaginäres 'dont touch, dont flirt' Schild trug. Was schon keinen Grund mehr für die Männer gäbe dort zu setzen, außer es wären befreundete Personen. Etwas, das man ebenfalls mit einem etwas intensiveren Blick ausschließen konnte. Zudem gab es eine Reihenfolge. Die gab es in solchen Lokalitäten immer. Damit es nicht so auffiel, würde immer nur einer der Aufpasser seinen Blick aufmerksamer durch das Lokal schweifen lassen. Dazu kam, dass sie alle keinen Alkohol tranken und mindestens bei zwei davon konnte man ein Holster erkennen. Ob das für eine Waffe oder ein Walkietalkie war, war uninteressant. Dieses Zusammenspielen seiner Gedanken dauerte gerade so lange, bis er seinen Blick von den anderen Tischen zurück zu dem Mann vor sich schweifen ließ. "Ich sehe für diese Art von Lokalität ausgebildete Aufpasser. Die neue Generation von Sicherheitsleuten, die den normalen Kunden oder Besucher nicht verunsichern oder gar auffallen sollen", antwortete er dann nach einer weiteren Sekunde. Er sprach nicht übermäßig schnell, verbat es sich, seine Neugierde und natürlich auch Nervosität zu zeigen. Denn natürlich war er nervös, jemand, der das an seiner Stelle nicht wäre, würde nicht lange überleben. Manchmal war ein nervöser Finger am Abzug sicherer als jede andere Reaktion. Und auch wenn ihm diese Art der 'Inspektion' nicht unbedingt gefiel, so wusste er doch recht genau, dass er momentan mit den Karten spielen musste, die er besaß. Seine Intelligenz, sein Wissen um seine Fähigkeiten und die Gabe, sich überall unauffällig einfügen zu können, sich anpassen zu können. Und hierfür hatte er, seiner Meinung nach, zu Recht entschieden, nicht zu duckmäuserisch zu erscheinen und dennoch zu tun was man von ihm verlangte. Die Frage wo sich seine Grenzen hierfür befanden, musste er sich noch nicht stellen - das würde er aus dem Augenblick heraus entscheiden wenn es sein müsste. Cole Cole nickte ruhig. Der Mann vor ihm hatte ein gutes Auge. Und er hatte in wenigen Sekunden umgesetzt, worum er ihn gebeteten hatte. Und das Wichtigste war, dass seine Beobachtung beendet war, ohne dass jemand merkte, dass er beobachtete. Gut, sie saßen auch ein wenig abseits, Cole würde von den Personen nicht gesehen werden können. "Schau dir bei Gelegenheit den größten von den drei Männern an, den rothaarigen." Cole wartete ruhig, bis der dunkelblonde Mann vor ihm getan hatte, worum er gebeten worden war. "Ich möchte, dass du in genau fünf Minuten hinübergehst, ihm dieses kleine Päckchen gibst." Cole blickte kurz zu einem kleinen Päckchen, das auf dem Tisch lag. "Sag nichts, einfach nur das Päckchen hergeben, keine Reaktion, wenn die anderen etwas sagen oder sonst irgendwas gemacht wird. Dann gehst du bitte raus, einmal ums Haus und wartest auf mich am Hintereingang. Wenn der Mann rauskommen sollte, dann halte ihn davon ab, wegzulaufen." Seine Augenbrauen hoben sich, fragend blickte er den anderen an, der ihm zu verstehen gab, dass er verstanden hatte. "Du hast jetzt noch 4 Minuten." Dann stand er auf und ging in Richtung Toiletten. Dort wartete er. Nun gab es drei Möglichkeiten. Entweder Russel würde das Paket auspacken und eine tote Ratte darin finden. Anschließend wird er dann wohl durch den Hinterausgang das Etablissement verlassen. Oder er wird das Paket erst hinten auspacken und dann zum Hinterausgang gehen. Oder seine Kollegen werden ihm das Paket auspacken und er würde bald arbeitslos sein. Nun, Cole hoffte auf ersteres. Russel war einer derer, die regelmäßig im Lady-Dream zugange waren. Und wissend, dass er für ein Sicherheitsunternehmen arbeitete, war Cole nicht sehr angetan davon gewesen, dass jener es war, der die Schlägerei angezettelt hatte. Also musste er die Konsequenzen tragen... Es dauerte genau 7 Minuten, als er den Mann durch die Schwingtür gehen sah, zum Hintereingang. Cole folgte ihm in Ruhe. Er schloss die Tür hinter sich zu. Draußen erblickte er bereits Russel, der gerade aufgehalten wurde. "Hallo Russel", lächelte Cole kühl. Der Mann erstarrte und drehte sich um. Cole sah gleich, dass dieser Mann einen lockeren Finger haben würde. Also mussten sie schneller sein. "Ich habe leider einige wirklich negative Dinge über dich gehört. Und ich muss sagen, dass mir das gar nicht gefallen hat." Russel erstarrte und dann kam jener Ausdruck auf sein Gesicht, den Cole schon häufiger bei Menschen gesehen hatte, die Angst hatten: Sie wurden bockig. Cole musste schmunzeln. Dieser Kiefer, der sich vorschob, der hochmütige Blick, die angespannten Muskeln: Dieser Mann war sich seiner Waffe bewusst. Cole hatte Antonins Metallplatte an. Ob Antonin ihn töten würde, wenn er ihm sagte, was er gerade tat? Wahrscheinlich... Dennoch würde er es ihm später sagen, oder morgen, je nachdem, wie lange das heute Abend dauern würde. Nun musste er sich aber auf den Mann vor ihm konzentrieren. "Ich weiß nicht, was diese Aktion soll", keifte Russel. Dann ging alles sehr schnell, aber für Cole vorhersehbar. Und so sackte der Körper des anderen bereits in sich zusammen, bevor Russels Schuss wirklich hatte treffen können. Cole trat auf Gawain zu, der schräg hinter Russel gestanden hatte. "Hilf mir", wies er den anderen an und nickte zu dem Körper. Gemeinsam lehnten sie den Körper an die Häuserwand, dann steckte Cole dem Mann etwas in die Tasche. Nun blickte er Gawain an. "Warum bist du hier?" Gawain Abermals folgte Gawain der Forderung und heftete seinen Blick kurz auf eben jenen rothaarigen Kerl. Allerdings fiel ihm nicht wirklich etwas auf, das die anderen da am Tisch nicht auch hätten. Keine Unregelmäßigkeit, die einem sofort ins Auge sprang, und auch keine nervösen Bewegungen. Was genau wollte der Mann jetzt von ihm? Nur leicht fragend hob er eine Augenbraue und stellte sich dem prüfenden Blick des anderen wieder. Wobei ihm wieder der Gedanke kam, dass die meisten höheren Verbrecher wohl auch verdammt gute Bullen abgegeben hätten. Zumindest jenen Mann hier vor sich würde er ohne Bedenken in ein Verhöhrzimmer lassen. Nachdem er ihm alle Waffen abgenommen hätte, denn besonders geduldig schien der Gute nicht zu sein und Gefangene zu verletzen war nunmal nicht drinnen. Was nun seine Aufgabe war, wurde schnell geklärt und Gawain spürte sich selbst nicken, bevor er alle möglichen Szenarien durchgespielt hatte. Aber was blieb ihm auch anderes übrig? Entweder er parierte jetzt, oder er ließ es bleiben und dürfte sich dann bei der nächsten Organisation versuchen. Er selbst zog es vor, direkt im ersten Spiel zu gewinnen, weshalb er dem Mann aus den Augenwinkeln folgte und dann seine Armbanduhr im Auge behielt. Auch wenn es ihn interessierte was sich da wohl in dem kleinen Paket befinden mochte, so war es nicht seine Aufgabe das jetzt zu überprüfen. Jetzt war sein Ziel nur, sich selbst erfolgreich einzuschleusen. Weshalb er nach den geforderten, verbleibenden vier Minuten auch aufstand, das Paket ergriff und damit auf den anderen Tisch zuhielt. Keine Reaktion zu zeigen war für ihn nicht weiter schwer. Schwierig wurde es vielmehr, wenn es anderweitig von ihm verlangt war, denn seine Emotionen gehörten weder der Polizei noch irgendwelchen Verbrechern. Sie gehörten nur ihm und er bewachte sie eifersüchtig. Wortlos stellte er dem Rothaarigen das kleine Paket vor die Nase, musterte den Mann dann nochmal aus der Nähe ein wenig genauer und wandte sich wieder ab um das Lokal zu verlassen. An der frischen Luft seufzte er kurz und hielt sich dann an der Wand entlang bis er das Gebäude umrundet hatte und am Hintereingang ankam. Wo es nur ein paar Minuten brauchte bis jener rothaarige Typ mehr oder minder herausstürzte. Er gab ein leicht zischendes Geräusch von sich, bevor er seine Jacke weit genug beiseiteschob, um den anderen seinen Waffenholster sehen zu lassen. Worte sparte er sich, noch überlegend, was jetzt von ihm wohl erwartet werden würde? Dass er den Kerl einfach so abknallte? Er hoffte nicht, denn er hatte keine Ahnung, wer der Mann war und selbst wenn er nicht ganz unschuldig sein konnte, so war er doch keinesfalls zur Polizei gegangen, um möglicherweise die eher harmloseren Fälle umzubringen. Kurzweilig wurde ihm diese Entscheidung abgenommen, als der andere Mann, sein Auftraggeber, nun ebenfalls durch die Hintertür heraus kam und sich in fast plauderndem Tonfall an den Mann Namens Russel wendete. Und Gawain hatte schon einiges in seinen 26 Jahren gesehen und erlebt, aber das hier glich mehr einem Film, als etwas, das man tatsächlich als Beschützer der normalen Bürger erleben wollte. Doch sein Atem ging ruhig und sein Blick ruhte auf eben jenem Russel. Konnte er doch kaum zulassen, dass ihm sein Eintritt in die Organisation erschossen werden würde. Die Karten in diesem Spiel lagen schlecht - für den Rothaarigen. Etwas, das sich auch durch das folgende 'Gespräch' nicht besserte. Entweder glaubte dieser Russel wirklich schneller ziehen und schießen zu können, oder er hoffte wirklich lebend davon zu kommen. Gedanken dieser Art schob er schnell beiseite, als Russel plötzlich mit seinem Arm zuckte und gleich darauf zwei Schüsse durch die Nacht peitschten. Kaum steckte man seine Nase für zehn Minuten in so eine Organisation, schon musste man zusehen wie Menschen erschossen wurden, ja? Gawain beschloss für sich selbst, sich baldmöglichst nach einer Kirchengemeinde umzusehen und musterte den nun liegenden Mann, bevor er aufgefordert wurde, zu helfen. Was er auch ohne zu murren tat, schließlich war das nicht seine erste Leiche. Gott sei Dank nicht. Denn damals hatte er sich die Seele aus dem Leib gereiert und damit den Tatort noch ein wenig unbrauchbarer gemacht. Die Spurensicherung war entzückt... Er sah dabei zu, wie Russel noch etwas in die Tasche gesteckt wurde und richtete dann seine Aufmerksamkeit wieder auf Cole. Die Sache ließ sich nicht mehr ungeschehen machen, also hätte es wenig Sinn sich deswegen jetzt schon den Kopf zu zerbrechen oder Schuldgefühle zu bekommen. "Ein Mann namens Stavros hat mir versichert, mir mit seinen Kontakten eventuell Arbeit verschaffen zu können." Er hielt den Blick ruhig und die hin und wieder zu der Leiche gleitenden Seitenblicke waren in jenem Fall pure Absicht. Niemand ohne entsprechende Ausbildung könnte sich so etwas lange entziehen, weshalb man zu manchen Verhören auch Bilder von Opfern an der Pinnwand hängen ließ. Alleine um die Reaktion der verdächtigen Person zu überprüfen. Gawain würde sich durch pure Nichtbeachtung mehr als verdächtig machen, wenn der Mann vor ihm auf so etwas achtete. "Ich halte mich für sowas" Er nickte zur Leiche. "Zwar nicht für einen Topkandidaten, aber ich bin ganz gut darin, Dinge zu tun, die man mir aufträgt. Solange es nicht in einem Bürojob endet." Er war ein bisschen Stolz auf sich selbst, seine Stimme noch so gut im Griff zu haben. Er war und blieb ein Agent einer Undercovereinheit und stand damit auf der Seite der Guten, da machte es ihm natürlich etwas aus, wenn vor ihm Menschen abgeknallt wurden, nur um dann neben der ausblutenden Leiche Smalltalk zu führen. Aber wie schon mal in einem der Seminare erwähnte worden war: Es zählt nicht das einzelne Korn, es zählt das Kornfeld. Er musste sich selbst nur häufig genug sagen das vielmehr Leute geschützt waren, wenn man das Übel an der Wurzel packte und nicht am eh schon verdorrenden Blatt. Blätter taten einem Baum nicht weh… Cole Cole beobachtete das Mienenspiel des anderen. Jener schien vollkommen ungerührt, emotionslos zu sein. Misstrauen kam in ihm auf. Dieser Mann war ihm zu cool. Sicher, er blickte immer wieder auf die Leiche, aber er wirkte nicht im Mindesten nervös oder emotional geputscht, was so eine Aktion eigentlich immer mit sich brachte. Hatte er schon einmal erlebt, dass bei so einer Aktion der andere nicht irgendwie sein Erstaunen, seine Angst oder seine Nervosität gezeigt hätte? Irgendeine Reaktion, die Menschlichkeit verriet. Denn nur, wenn seine Mitarbeiter auch Menschen waren, konnte man sich sicher sein, dass sie bei einem blieben. Das war eigentlich das gewesen, was ihn von Antonin überzeugt hat. Dieser hatte damals Emotionen gezeigt, die er aber schnell wieder im Griff gehabt hatte, die aber auch nicht von unberechenbarer Nervosität gezeugt hatten. Sicher, die Emotionen mussten kontrollierbar sein, aber sie mussten eben auch zu sehen sein. Aber dieser Mann vor ihm, dessen Name er sich nicht gemerkt hatte, oder doch: Hunter... Ob Nomen omen war? War er ein Jäger? Und was jagte er? Oder noch wichtiger, auf welcher Seite jagte er? Jedenfalls war ihm dieser Mann ein wenig zu abgebrüht. Und dafür, dass er so emotionslos reagierte, schienen die Worte, dass er sich für so etwas nicht als Topkandidaten sah, hinfällig. Und das bedeutete, dass er entweder schon für andere Organisationen gearbeitet hatte und dort viel erlebt hatte, oder dass er nicht auf ihrer Seite war. Cole schwieg eine ganze Weile zu den Worten des anderen, trat nur einen Schritt zurück, als die Blutlache sich so weit auszubreiten schien, dass er bald darin gestanden hätte. Die Polizei würde sicher früher oder später hier auftauchen. Aber er vermutete, dass sie noch mindestens 10 Minuten hatten. "Und warum bist du wirklich hier?" Cole fixierte den anderen eindringlicher. "Weißt du, Hunter, ich kenne dich nicht. Selbst deinen Vornamen habe ich vergessen. Ich weiß nur, was ich sehe, aber das hat mich noch nicht ganz überzeugt. Du sagst, du möchtest Arbeit. Das erklärt mir aber immer noch nicht ganz, wieso du bei mir anklopfst. Warum willst du bei mir Arbeit? Welche Arbeit möchtest du, außer dass du nicht Leute um die Ecke bringen willst? Welche Qualifikationen hast du? Welche Erwartungen hast du? Nach welchem Ziel bist du auf der Jagd?" Er lächelte kühl und seine Augen brachten sein absolutes Misstrauen zum Ausdruck. Es war nicht ganz befriedigend, wenn man auf die Frage, warum man hier sei, nur eine halbherzige Antwort bekam, die keine wirkliche Antwort auf die Frage war. Cole wog seinen Revolver in der Hand. Gleichzeitig mahnte er sich, nicht zu übertreiben. Sein Gegenüber aus der Reserve zu locken war sicher nicht verkehrt. Aber er durfte es nicht übertreiben. Wenn der Mann ihm gegenüber ihm indirekt eine gute Erklärung dafür lieferte, warum er so abgebrüht war, dann wäre er sicher keine ganz schlechte Ergänzung zu seinem Team. Aber dennoch würde er sich erst noch einmal beweisen müssen. So einfach ging es nicht. Und er wollte keine Angst erzeugen. Wenn sein Gegenüber Angst zeigen würde, dann wäre er ohnehin gleich draußen. Denn Cole wusste, dass Mitarbeiter, die nur an seiner Seite waren, weil sie vor ihm Angst hatten, schlechte und unzuverlässige Mitarbeiter waren. Seltsam, dass es bei Antonin so anders gelaufen war. Vielleicht weil die schönen Augen des Guards immer ehrlich zu ihm waren.. Cole schob Antonin erneut zur Seite. Wieso drängelte sich dieser ständig in sein Bewusstsein? Er musste sich auf etwas anderes konzentrieren. Auf den potentiellen neuen Mitarbeiter. Nun war er gespannt, wie jener antworten würde. Dann würde er weitersehen. Gawain Sah so aus als wäre seine Reaktion nicht die beste gewesen. Das Misstrauen aus diesen selbst im Halbdunklen durchdringenden Augen erschlug einen ja fast. Und die folgenden Worte bestätigten das nur noch. Gawain hoffte auf eine Assoziation mit seinem Namen und nicht mit seinem Beruf, auch wenn ihm das Herz plötzlich bis zum Hals schlug. Der Mann hatte gerade schon einen umgebracht, was sollte ihn davon abhalten daraus eben zwei Morde zu machen? Er seufzte und beschloss seinen Joker einzusetzen. Etwas, das er nicht gern oder vielmehr, etwas, das er im Grunde gar nicht tun wollte, aber es war eine Möglichkeit davon zu überzeugen, etwas zu sein, dass er eben nicht war. Er hob eine Hand, um sich kurz am Kinn zu kratzen und damit fiel ein Stück seiner Fassade von ihm ab, wie trocken gewordener Sand der sich noch feucht auf der Haut niedergelassen hatte. "Meine Erwartungen bestehen aus Erfahrung", fing er an und überlegte wie er das am besten formulieren sollte. Schlüpfte von einer Rolle zur nächsten ohne die charakteristischen Züge abzulegen. Seine Hintergrundgeschichte baute sich neu auf und würde nach seinen nächsten Worten auch dabei bleiben. "Mein Vater ist in Atlanta in diesem Geschäft eine nicht zu verachtende Konstante. Gale Hunter, auch bekannt als 'Kobra', war zumindest Zeit meines Lebens immer bis zu den Haarspitzen für eine der Organisationen dort tätig. Wenn man also von der Highschool absieht, ist die Drogenszene die einzige die ich kenne. Die einzige Arbeit die ich jemals gemacht habe", er steckte eine seiner Hände in die Jackentasche und versuchte sich entspannter hin zu stellen. "Natürlich bin ich ebenfalls dort eingestiegen, aber ich habe es ehrlich gesagt satt, nur immer der 'Kleine' zu sein. Mein eigentliches Ziel ist es also, meinen alten Herren in dem zu übertrumpfen, was er tut. Weshalb mich mein Weg auch nach New York gezogen hat. Die Stadt ist groß genug, um nicht nur 'Familienbetriebe' zu beherbergen." Und was ihn diese kleine Story gekostet hatte... Zwei Jahre hatte es gedauert, bevor die Einheit, in der er damals war, genügend Beweise gegen die Kobra hatte. Kobra deshalb, weil der Mann einen zusätzlichen Sinn für Ratten zu haben schien. Und schließlich war es Gawain gewesen, der ihn gestellt hatte. Alleine. Mann gegen Mann. Es war grausam und blutig, aber am Ende besaß er wackeligen Respekt des Mannes und damit eine Hintergrundgeschichte. Die Bezahlung dafür war die Freiheit. Es schmerzte Gawain immernoch, daran zu denken, wie er die ganzen Beweismittel beiseite geschafft hatte, und es war ein nicht unerhebliches Risiko gewesen. Doch bei einem ersten Testlauf hatte nicht nur Gale einen Sohn bestätigt, sondern auch die Männer um ihn herum. Inzwischen brachte man in Atlanta in bestimmten Kreisen den Namen Gawain Hunter automatisch mit der Kobra in Verbindung. Woher auch sein eigenes Tattoo am Oberarm stammte, zu dem Gale ihn mehr oder minder zwang. Aber er war um die Kobra herumgekommen und hatte sich für die Mamba entschieden. Eine schwarze Mamba. "Und ich habe nicht bei dir angeklopft, wenn man es genau nimmt", nahm er sich eine weitere Frage vor. "Dieser Russe hat mir nicht gesagt, zu wem er mich möglicherweise schicken würde. Wir sind auch nur über so eine komische Kapsel ins Gespräch gekommen, daher wusste ich auch nicht so wirklich, was mich heute erwartet." Er stockte kurz und diesmal huschte sein Blick ungewollterweise zu der immer größer werdenden Blutlache. "Mir ist so gut wie jede Arbeit recht, wenn es dabei eher unwahrscheinlich ist, dass ich täglich Leute umbringen muss." Er schluckte und wurde tatsächlich ein wenig grün um die Nase. Gawain konnte seine Kontrolle eine lange Zeit aufrecht erhalten, aber der Geruch vom Waffengebrauch und der von Blut wurden auf Dauer etwas viel. "Da ich mir dabei leider in schöner Regelmäßigkeit die Seele aus dem Leib kotze." Cole Cole lauschte den Worten aufmerksam und bemerkte, dass Hunter etwas zögerlich seine Geschichte vorbrachte. Das musste nichts Negatives bedeuten, und der Inhalt der Geschichte bestätigte, dass es nichts Negatives war. Denn wenn man über seine Herkunft redete, die sich dergleichen gestaltete, wie die dieses Mannes, würde er wahrscheinlich auch zögerlich sein. Also wollte sich dieser Mann selbständig machen, wollte ich von der Organisation seines Vaters lösen, um auch eigenen Füßen zu stehen. Eine interessante Geschichte. Cole konnte sie gut nachvollziehen, allerdings hatte ihn ein ähnlicher Versuch eine hübsche, feine Narbe verpasst. Gut, er hatte andere Beweggründe gehabt, aber letztlich wollte er sich auch von der Organisation lösen, wollte frei sein, eigenständig entscheiden dürfen, welche Verpflichtungen er sich auferlegte, wie er sein Leben führen wollte. Aber das war Vergangenheit. Er sollte nicht hier und jetzt darüber nachdenken. Coles Aufmerksamkeit widmete sich wieder jenem Mann vor ihm, als dieser weitersprach, als er begann ihm zu erklären, wie er sich seine Arbeit vorstellte. Stutzig wurde er nur, als er hörte, dass Stavros mit Blue Wonder zu tun hatte. Gut, Antonin hatte erzählt, dass er einen Tester hatte. Allerdings würde er Stavros nur so weit über den Weg trauen, wie seine Nasenspitze lang war. Er mochte den Kerl gar nicht, auch wenn Ragnar ihm versicherte, dass man mit ihm Geschäfte machen könne. "Komm morgen gegen 19 Uhr ins Lady-Dream und frag nach Ragnar", erklärte er nun ohne weiter auf das Gesagte des anderen einzugehen. "Und beeil dich hier wegzukommen. Die Bullen werden in ca. 5 Minuten hier sein." Kurz zögerte er noch. "Und eines sollte dir bewusst sein", fügte er dann noch hinzu und sah den anderen eindringlich an. "Deine Vergangenheit wird dich wieder einholen, verlass dich drauf. So etwas kann man nie gänzlich den Rücken kehren..." Er lächelte kurz. Dann drehte er sich und verließ den Hinterhof, einen potentiellen neuen Mitarbeiter und eine Leiche hinterlassend. Eine Leiche, bei der die Polizei Beweismaterial darüber finden würde, dass sie illegale Geschäfte mit Frauen aus Lateinamerika gemacht hatte, als Schieber seine Position missbraucht hatte und nicht nur einmal Frauen bis zum Tode missbraucht hatte. Es würde aussehen, als hätte sich jemand deswegen rächen wollen. Cole fuhr nach Hause. Er hatte heute keine Nerven mehr, um ins Lady-Dream zu fahren. Und so setzte er sich zu Hause an seinen Schreibtisch und fuhr fort zu arbeiten. Nur noch 4 Tage. hin und wieder ertappte er sich dabei, dass er überlegte, ob er sich bei Antonin melden solle. Aber weshalb? Sollte er ihm sagen, dass er sich in Lebensgefahr begeben hatte? Antonin würde wahrscheinlich herkommen und ihm den Kopf abreißen... Und so entschloss er sich dagegen. Überhaupt, warum überlegte er dauernd, ob er sich melden solle? Antonin könnte sich doch selbst auch einmal melden, oder? Und so arbeitete er gewissenhaft weiter. Er würde es noch schaffen können... Bestimmt könnte er es schaffen, dieses blöde Examen hinter sich zu bringen. Wofür sonst hat er die letzten Jahre so geackert... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)