One day I'll fly away von Lilli_chan (Die Hoffnung stirbt zuletzt!) ================================================================================ Hoffnung auf einen besseren Morgen ---------------------------------- Kapitel 2- Hoffnung auf einen besseren Morgen …Er gab ihr Mut ihr Schicksal zu ertragen und Hoffnung, dass vielleicht in einem anderen Leben alles besser laufen möge. Er hatte die Furcht vor den Unbekannten in Ailanas Augen gesehen und nun wollte er ihr in seinen letzten Lebensminuten Hoffnung spenden. Hoffnung?!… Ailana verlor sich vollkommen in den Augen ihres Gegenübers. Sein Blick begegnete ihren mit so viel Wärme und Zuversicht. Wie gerne würde sie an eine Zukunft glauben in der sie noch länger als bloße 10 Minute lebte. Wieso nur hatte es in den letzten Jahren keinen Menschen gegeben der ihr solch eine Hoffnung geschenkt hatte? Hätte es nur damals jemanden gegeben der ihr Mut gemacht hätte, die beschwerliche Reise über die vereisten Pässe anzutreten. Aber… sie hatte doch damals richtig gehandelt, oder? Es wäre doch purer Selbstmord gewesen, im Winter bei eisiger Kälte über die verschneiten Berge zu wandern. Es gab keine Garantie, dass man diesen Tage und wochenlangen Marsch über die Gipfel überlebte. Selbst wenn man die hohen Gefilden überwand, war unklar was auf der anderen Seite des Gebirges auf einen wartete. Auch der Sommer war keine Alternative. Durch die Wärme war der Schnee nicht mehr fest, sondern nachgiebig, so dass man häufig bis zu den Knien und noch weiter einsank. Eine Reise durch den Schnee, somit noch beschwerlicher. Hinzu kam auch die erhöhte Gefahr von Lawinen durch das Tauwetter, die den ein oder anderer überlebenden schon mit sich in den Tod rissen. Demnach blieb nur der Winter, als einzige Möglichkeit zur Flucht und die Chancen diese Reise zu überleben standen so gut wie gen Null. Andererseits hätte sie wenigstens den Versuch unternehmen müssen ihr Leben zu retten. Aber stattdessen verkroch sie sich in dieser modrigen und feuchten Höhle und hatte lausig auf ihren Tod gewartet. Wie jämmerlich sie doch war! Hätte sie nur mehr Mut gehabt – Verdammt! Aber was nütze es nun über nie getane Entscheidungen nachzudenken. Es würde nichts, aber absolut gar nicht an ihrem jähen Tod ändern. Aber war es nicht grausam, dass dieser Mann ihr solch ein Gefühl der Hoffnung vermitteln wollte? War es nicht sogar herzlos, dass dieser Mann ihr einen Blick schenkte der ihr sagte: Gib niemals auf!? Wie gerne würde sie Hoffen. Wie gerne würde sie auch nur jeden noch so kleinen Strohalm ergreifen, der auch nur die kleinste Chance beherbergte, dass sie weiter Leben durfte. Ja verdammt, sie wollte Leben! So gerne wollte sie weiter Leben und doch war dieser Wunsch so unglaublich Hoffnungslos! Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich. Geplagt von den Gedanken ihres eigenes Todes, über die Ungerechtigkeit gegenüber ihres Volkes, bis hin zu einer Zukunft die sie nie haben würde. Sie spürte wie sich ihr Herz schmerzlich zusammen zog, spürte die Sehnsucht nach längst vergangener Freude, fühlte ihren zittrigen Körper und die Angst die durch ihre Adern floss. Durch Tränen verschleierten Augen sah sie den Mann unerbittert weiterhin an. Ihre Umgebung verschwamm dabei zunehmend, da ihre Tränen einfach nicht versiegen wollten. Aber Ailana wollte nicht schwach sein, sie musste in dieser Lage stark bleiben! Ihre Feinde durften sich an ihrer Angst nicht ergötzen, diese Genugtuung wollte sie ihnen nicht geben. Daher versuchte sie sich weiter zu beruhigen, versuchte ihre Tränen im Zaum zu halten, sie weg zu blinzeln. Tatsächlich verschwand ihr Tränenschleier vor ihren Augen allmählich und nur noch wenige Augenschläge später konnte sie ihre Umwelt wieder völlig klar betrachten. Doch genau in diesen Moment als der Schleier sich vor ihren Augen lichtetet, da wünschte sie diesen sogleich wieder herbei. Schockiert, benommen von ihrem Gefühlschaos und doch gleichzeitig hellwach beobachtete sie, wie die untote Wache neben dem knienden Mann einen silbrigen Dolch aus seinen Gürtel zog. Bei dem Anblick dieser so kleinen und doch gleichzeitig so tödlichen Waffe, brach erneut ein Gefühlschaos in Ailana aus. »Nein! Wieso nur? Wieso nur sind sie so grausam?!« Bei diesen Gedanken holte der untote Ritter mit der kurzen Klinge weit aus, nur um gleich darauf die tödliche Waffe blitzschnell auf den wehrlosen Mann nieder sausen zu lassen. »Er darf nicht sterben, nicht er auch noch!« Geschockt beobachtete Ailana diese Szene. Jede Faser ihres Körpers war bis zum äußersten gespannt, die Hände trotz der Fesseln zu Fäusten geballt. »Bitte nicht!« Ihre Gedanken ergaben keinen logischen Sinn mehr. »Bitte, Bitte …« Während die Klinge dem Halse des Mannes unaufhaltsam näher kam! »Nein! Nein! Nein!« Just in diesen Moment blieb für Ailana die Zeit förmlich stehen, wie ein Stillleben hätte sie alles um sich herum nun betrachten können, doch ihre Augen hatten ihren Fokus ausschließlich nur auf die Waffe des Untoten gerichtet. In dieser Sekunde hörte sie nicht das Winseln der Menschen um sie herum, hörte nicht die Fremdesprache welche die Untoten untereinander verwendeten. Jegliche Geräusche um sie herum waren verstummt, auch spürte sie nicht die kühle Luft des Tages auf ihrer Haut und auch nicht den Schmerz in ihren Herzen. In diesen Moment hatte sie das Gefühl, als wenn die Welt den Atem anhalten würde! Alles um sie herum war wie erstarrt, selbst sogar der Dunst der über das Lang zog war unbewegt. Nichts rührte sich mehr! Auch der Untote vor ihr war wie zu Eis erstarrt. In seiner verfaulten Hand hielt er den Dolch bereit zum zustechen, nur ein Elle von der Kehle des Mannes entfernt. Doch seine Waffe rührte sich nicht, sie war erstarrt, wie alles um sie herum. Dennoch konnte Ailana den Blick von der Klinge nicht abwenden. Zu groß war die Angst die Zeit könnte sich wieder in Bewegung setzten. Doch es geschah nicht! Es rührte sich … überhaupt nichts mehr! Verwunderung und Irritation überkamen Ailana. Hatte sie das alles bloß geträumt, würde sie gleich aus ihren Alptraum erwachen? Fast hätte sie erleichtert tief Luft geholt. Fast hätte sie wirklich geglaubt, dass jeden Augenblick sich die Zeit wieder zurück dreht, all das Leid wieder vergangen macht und ihr altes Leben wieder zurück bringt, als die Sonne dieses Tote Land noch erwärmt hatte. Eine Vergangene Zeit in der sie noch Familie und Freunde hatte. »Familie…« Bei diesen Gedanken schluckte Ailana schwer. Schon viel zu lange hatten sie diese Geschehnisse bis in die hinterste Ecke ihrer Seele verbannt, zu schmerzhaft waren die Erinnerungen an diesen unverheißungsvollen Tag. »…der Tag der alles veränderte…« »…wie ruhig er begonnen hatte…« *Rückblende* Ailana saß über einen hölzernen Tisch gebeugt. Sie war vertieft in ein Buch und murmelte leise vor sich hin. Ihre rechte Hand ruhte auf der Tischplatte, während ihr Zeigefinger ausgestreckt war. Sie ahmte jeden Buchstaben mit ihren Finger nach, den sie lass. Seit ein paar Monaten hatte sich ihr Vater zum Ziel gesetzt seinen drei Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen. Wer in dieser Welt Lesen, Schreiben und Rechnen konnte, aus dem konnte noch etwas werden. So sagte ihr Vater. Blieb man jedoch ungebildet, so hatte man fast keine andere Möglichkeit als wohlmöglich Bauer oder ein anderes beschwerliches Handwerk auszuüben, um überhaupt über die Runden zu kommen. Ailana konnte mit guten Gewissen behaupten, dass ihr Vater gebildet war. Weshalb er dennoch nur ein einfacher Bauer geworden war, konnte sie nie nachvollziehen. Jedenfalls schien ihre große Schwester – Liranda, denselben Weg wie ihre Mutter einzuschlagen. Sie hatte keinerlei Interesse daran des Lesens und Schreibens mächtig zu werden. Nein, sie hatte bei weiten andere Interessen. So kreiste in ihren kleinen Hübschen Kopf nur ein Gedanke- Vermählung. Liranda war gerade 20 Jahre jung geworden und schon seit vier Jahren im besten Alter um zu heiraten. Seit über einem Jahr macht ihr ein sehr attraktiver junger Mann aus dem Nachbardorf, der noch keine 25 Jahre war, den Hof. Vor genau einer Woche hatte dieser bei Lirandas Vater um die Hand seiner ältesten Tochter angehalten. Jedoch zog Lirandas Verehrer trübsinnig von dannen, da ihr Vater zwei Wochen Bedenkzeit haben wollte. Und genau heute sprang ihre große Schwester wie ein kleines Mädchen vor dem Haus herum und strahlte bis über beide Ohren. Liranda hatte den Segen ihres Vaters für die Vermählung – er hatte zugestimmt. Gewiss ihr Vater hätte gewollt, dass sich ein Mann besseren Standes für seine Tochter interessiert, doch er konnte vergeblich warten. Da der Stand seiner Familie alles andere als hoch war. Jedenfalls konnte Ailana die Euphorie ihrer Schwester nicht nachempfinden. Wie konnte man ein Hausfrauendasein gegen Bildung (und Freiheit) bevorzugen? Sie hatte sich geschworen mehr aus ihren Leben zu machen, als eine bloße Frau eines Bauern zu werden. Mehr nämlich, war Lirandas Verehrer auch nicht. Ein bloßer Bauer – ehrliche aber harte Arbeit. Nein! Ailana wollte eine gebildete junge Frau sein. Des Lesen und Schreibens mächtig sein. Das konnte sie im Übrigen schon recht gut, denn sie übte beinahe täglich. Zum Leidwesen ihrer Mutter, der es lieber gewesen wäre sie würde mehr im Haushalt mithelfen. Nichts destotrotz, hatte ihr Vater versprochen in den kalten Wintermonaten ihr ein wenig Allgemeinbildung näher zu bringen. Sie freute sich schon ungemein darauf ihr Bildung zu erweitern und neben dem so angeblich wichtigen Wissen des täglichen Bauern Daseins, wirklich Interessante Dinge zu erfahren. Sie kannte sich gut mit Pflanzen aus und sie wusste auch wann, wo welche Kräuter, Gräser und Beeren wuchsen. Sie wusste wie und wann sie das Saatgut aussähen musste – eben die wichtigen Dinge um auf dem Land zu überleben. Doch von wirklich wichtigen und interessanten Dingen – so fand sie, hatte sie keine Ahnung. Nicht von Geschichte, Politik. Sie hätte noch nicht mal näher auf der Landkarte bestimmen können wo sie genau lebte. Eine Traurige Tatsache wie sie fand. Eine zierliche Frau betrat den kleinen Kochraum. Sie trug pechschwarze Haare und hatte ihre lange Haarpracht zu einem strengen Zopf zusammen gebunden. Ihre Haut war blass und bildete einen starken Kontrast zu ihren Haaren. Sie runzelte besorgt die Stirn, als sie Ailana über die Bücher gebeugt sah. Doch ihre Besorgnis verflog sogleich, als ihr Blick zum Eisenbeschlagenen Ofen fiel. Verärgert stemmte sie eine Hand in ihre Hüfte. „Ailana, du solltest doch das Feuer schüren und was sehe ich? Nichts!“ Dabei deutet sie mit der anderen Hand auf den Ofen der immer noch kein Feuer trug. Angesprochene blickte auf und sah in die anklagenden Augen ihrer sonst so liebevollen Mutter. Ja der Ofen, genau! Sie erinnerte sich, doch als sie den Raum betrat und sich um das Feuer kümmern wollte, da hatte sie ihr Buch auf den Tisch erblickt. Und … nun ja… jetzt saß sie hier und übte das Lesen und dabei hatte sie vollkommen die Zeit und das Feuer vergessen… „Oh ja, das Feuer. Ich wollte nur kurz etwas Lesen… und dabei scheint mir die Zeit wohl davon geeilt zu sein. Ich war so vertieft… denn wisst ihr Mutter, das mit den Lesen und schreiben funktioniert schon wunderb…“, setzte Ailana zum Schluss euphorisch an und wollte ihrer Mutter stolz ihren Erfolg mitteilen. „Es reicht Ailana. Du vergisst jedwegliche Aufgabe die ich dir erteile. Dein kleiner Bruder ist mir sogar schon eine größere Hilfe als du.“, sagte ihre Mutter tadelnd. „Du bist doch kein Kind mehr. Schon in zwei Jahren kannst auch du dich vermählen.“, Ihre Mutter seufzte bedrückt, ihre Wut war verfolgen. „Sei doch vernünftig. Einige junge Burschen haben bereits ein Auge auf dich geworfen. Und dein zukünftiger Ehemann will eine Frau die mit anpacken zu weis und niemanden der ihnen ein paar Buchstaben vorlesen kann. … Sie wollen eine gute Hausfrau.“ Sie machte eine kurze Pause und wand schließlich ihren Blick von dem mittlerweile traurigen Gesicht ihrer Tochter ab und schaute zum Ofen. „Eine Hausfrau die den Ofen schürt“, ihr Blick wanderte weiter zum ungesäuberten Geschirr, „das Essen vorbereitet und die Hühner füttert.“ Die schwarzhaarige Frau seufzte abermals, ehe sie zum Eisenofen ging. Sie beugte sich hinunter und nahm einige Holzscheite die neben den kleinen Ofen gestapelt waren und legte sie in die kleine Öffnung des Ofens. Schließlich entnahm sie aus einem Korb neben den Holzscheiten ein wenig trockenes Stroh und zündete dieses an einer‚ Kerze an. Sie legte das brennende Stroh in die Öffnung des Ofens auf die Holzscheite. Sie ließ die Flammen nicht aus den Augen, während sie in unregelmäßigen Abständen immer wieder trockenes Stroh nachlegte, um die Flammen zu erhalten. Ailana blickte ihre Mutter trübsinnig an. Es war offensichtlich was ihre Mutter von der Idee ihres Vaters hielt, seinen Kindern Bildung näher zu bringen. Ihr Vater pflegte bei diesem leidigen Thema immer zu sagen „Es werden andere Zeiten kommen, in denen man Wissen und Bildung brauchen wird.“ Es war seine Standardantwort, wenn ihre Mutter ihm sein Vorhaben ausreden wollte. Von welchen anderen Zeiten er sprach konnte Ailana sich damals bei weitem nicht denken. Sie hatte ihn auch nie darauf angesprochen. Wichtig war nur, dass sie ihren Wissensdurst befriedigen konnte. „Ailana!“ Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen. Ihre Mutter blickte sie mit ihren dunklen Augen besorgt an. „fütterst du bitte die Hühner.“ Es war keine Bitte, es war vielmehr eine Aufforderung. „Ja, ich werde das sogleich erledigen.“ Nein, ihre Mutter würde niemals verstehen das ihr Lesen und Schreiben überaus wichtig war. Seufzend klappte sie ihr Buch aufgrund dieser Tatsache zu. Schnellen Schrittes hatte sie das einfache Holzhaus verlassen. Dieses war umgeben von einigen Bäumen, die im Sommer den Bewohner des Hauses einen angenehmen Schatten spendete. Sogleich dahinter erstreckte sich ein dichter Wald und hinter diesen erblickte man ein mächtiges Gebirge. Von ihren Haus jedoch aus, konnte man diese riesigen Berge nicht erkennen. Zu hoch und zu dicht bewachsen war der Wald. Dennoch wusste Ailana aber genau in welcher Himmelsrichtung das Gebirge lag. Sie kannte sich sowieso ziemlich gut in ihren Wald aus. Als kleines Kind war sie oft herum gewandert und hätte sich das ein oder andere male auch verlaufen. Doch sie war nicht auf den Kopf gefallen. So kletterte sie auf einem Baum um von dort einen bessern Überblick über ihre Lage zu bekommen. Es dauerte damals nicht lange und sie kannte sich in einen gewissen Radius um ihr Haus besten aus. Ein grinsen stahl sich auf Ailanas Gesicht, oh hatte ihre Mutter sie damals ausgeschimpft als sie gesehen hatte das Ailana an Bäumen hinauf kletterte. ‚Wie ein Junge‘, hatte ihre Mutter gesagt. Nun, vielleicht wäre es ja wirklich besser gewesen wenn aus ihr ein Junge geworden wäre. Sie seufzte. Männer haben so viele Freiheiten mehr. Von einer Frau erwartet man, dass sie alsbald heiratet und Kinder bekommt. Doch genau dieser Gedanke behagte Ailana nicht. Sie würde so gerne herum wandern, fremde Städte und Länder sehen. Vielleicht per Schiff über den Ozean und bis zum Rande der Welt. Bei diesen Gedanken überschlug sich ihr Herz fast vor Aufregung. Welch kühne Idee. Nur leider unmöglich. Unmöglich aufgrund ihres Geschlechts. Seufzend ging sie an ihrem Haus vorbei, hinein in den dichten Wald. Die Hühner, die durfte sie bei ihren Hirngespinsten nicht vergessen, sonst brach noch ein Donnerwetter los! »Hühner… Wald… Schreie…» *Rückblende Ende* Nur für einen Augenschlag war sie versunken gewesen in ihrer Vergangenheit. Eine Bewegung, so dachte sie hatte sie aus ihren Gedanken geholt. Doch noch immer war alles um sie herum erstarrt. Ihr Blick immer noch auf die Klinge gerichtet, die nur noch eine Elle breit vom wehrlosen Mann entfernt war. Die Szene vor ihr machte ihrer furchtbaren Angst. Ihr Körper fühlte sich seltsam schwer an, fast so als hätte sie Blei in ihren Füßen, Armen – einfach überall. Ihre Augen wollten sie nicht von der tödlichen Spitze der Klinge lösen. Zu groß war die Angst sie könnte weiter davon schnellen, wenn sie ihren Blick von dem Messer löste. …Doch… was war das? Hatte sie sich das nur eingebildete, bewegte sich die Klinge wieder? Nein, ihre Augen täuschten sie sicherlich nur … oder nicht? Ihr Herz begann von neuen wie wild zu schlagen. Es durfte nicht sein… …Der Dolch er … …rührte sich wieder. Er bewegte sich fast kaum wahrnehmbar, aber dennoch unaufhaltsam weiter. Beinahe so langsam, so dass es für das bloße Auge fast nicht zu erkennen war. Die Zeit schien nicht länger verharren zu wollen. Die Starre bröckelte allmählich dahin. Ailana musste bitter feststellen, dass sie die Klinge des Untoten nur mit Hilfe ihres Blickes leider nicht in einer starre fixieren konnte. So schritt die Klinge unbarmherzig weiter auf den Mann zu. Erst so langsam, dass Ailana glaubte ihre Augen würden ihr einen Streich spielen, doch beschleunigte sich die Geschwindigkeit des Messers fast jeden Augenblick. Aber sie wollte diesen, ihr doch eigentlich unbekannten Mann helfen. Es sollten nicht noch mehr unschuldige ihr Leben lassen müssen! Nur einen Augenschlag lang glitt ihr Blick von der Waffe des Untoten in die Augen ihres Leidensgenossen vor ihr. Als sich ihre Augen trafen, da setzte ihr rasendes Herze einen Moment aus. Unfassbarkeit machte sich in ihr breit. Wie nur konnten seine Augen so eine Ausgeglichenheit ausstrahlen? Wieso hatte sein Gesicht einen unglaublich erleichterten Gesichtsausdruck? Er… hatte den Verstand verloren! Eindeutig! Seine Lippen formten ein fast nicht erkennbares Lächeln, worauf nur ein ebenso kurzes nicken folgte. Das Pfeifen des Windes durch die morschen Baumkronen Nicken? Er … nickte …Er nickte ihr zu? »Was zum…« Doch plötzlich zog sie erschrocken die Luft zwischen ihren Zähnen ein. Es war völlig abwegig und ergab keinen logisch Sinn, auf die Frage des Warums. Aber, er war nicht verrückt geworden und auch war er nicht mehr im Geiste abwesend, genau in diesen Moment war der Mann vor ihr bei klarem Verstand. Sein Lächeln und das Nicken, lediglich eine Geste für …. Sie, die ihr nur eins vermittelten sollte: Es ist in Ordnung! Winseln von Menschen Diese Erkenntnis erschlug sie förmlich. Doch sie begriff, auf eine merkwürdige Art und Weise ergab das alles einen Sinn. Es war in Ordnung, dass er hier sterben würde. Ailana sollte sich über ihn keine Gedanken machen. Sie sollte Hoffnung haben, Hoffnung auf einen besseren Morgen. Seine Augen signalisierten ihr eine Gewissheit, die ihr sagte, dass sie dieses Martyrium heute überleben würde. Doch diese Erkenntnis verwirrte sie. Kühler Nordwind der durch ihre Haare wehte »…Aber warum ich?« Klirrende Rüstungen Ein Augenblick, keine gefühlte Sekunde. Ein Meer von Lauten Da waren sie wieder all die Geräusche und der tiefe Schmerz in ihrer Seele, der sie erbarmungslos in das hier und jetzt zurück beförderte. All die schrecklichen Gefühle spürte sie wieder, die ihre keinen klaren Gedanken fassen ließen. Sie atmete die muffelige Luft und schmeckte den Dunst des grauen Nebels. Da wusste sie - Die Zeit hatte sie wieder eingeholt. Die Welt hatte begonnen sich wieder weiter zu drehen. Vergessen war der Moment der Gewissheit nicht als Baumschmuck zu enden. Verschwunden war das Lächeln des Mannes, stattdessen schien er nun wieder weit entfernt zu sein. Mit einer unglaublichen Schnelligkeit verging nun die Zeit für sie. Der Dolch welcher noch vor wenigen Augenblicken zu seinem Ziel schwebte raste nun wie ein Blitz schnell und unerbittert auf den Hals des Mannes nieder. Heraneilen einer Gestalt am Horizont. Jegliches Gefühl war mit entsetzlicher Unbarmherzigkeit zurückgekehrt. Sie spürte den tiefen Kloß der ihr die Kehle zuschnürte und ihr das Atem schwer machte. Angst durchzog ihren ganzen Körper, eine unangenehme Gänsehaut macht sich in ihr breit. Die Geräusche hallten wie das Echo in den Bergen in ihren Kopf wieder. Ein wirres durcheinander immer wiederholender Geräusche. Sie konnte keinen einzigen Ton klar vernehmen, konnte so keinen klaren Gedanken mehr fassen. Doch trotz der vielen Eindrücke um sie herum könnte sie ihren Blick immer noch nicht von dem entsetzlichen Schauspiel vor ihr abwenden, welches ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ… Galoppieren von Hufen in der Ferne … und ihren Atem stocken ließen. Peitschenhiebe die, die Luft durchtrennen Die silbrige Klinge durchfuhr den Hals des Mannes, ein horizontaler schmaler Schnitt durchzog seine Kehle. Kaum einen Augenschlag später floss sein dunkelroter Lebenssaft in Strömen aus seiner Wunde. Pferde wirren Ein erstickendes und röchelndes Geräusch konnte man vernehmen, ehe der Mann seinen Körper nicht länger kontrollieren konnte, dieser nach vorne zusammen sackte und schließlich seitlich umfiel. Rufe in fremder Sprache Seine Augen glitten in die Leere, während sich eine gewaltige Blutlache um den toten Körper ausbreitete. Knirschen von Sand unter Kufen,… Er war Tod. Noch ein Opfer von so vielen die heute sterben mussten… … als ein Untoter Ritter sein Pferd aus vollen Galopp zum stehen brachte. Benommen blickte Ailana auf die am Boden liegende Gestalt. Sie konnte ihren Blick immer noch nicht von seinen Augen abwenden. Seine Pupillen blickten in das Nichts. Sie hätte eigentlich den Drang danach haben sollen laut zu schreien, aufzustehen und davon zu laufen, so weit sie ihre Füße tragen mochten. Doch sie konnte nichts dergleichen unternehmen, denn sie fühlte sich plötzlich so leer. Sie spürte keine Angst, keine Kälte, keine Trauer. Ihr ganzer Körper fühlte sich taub an. In ihren Ohren hörte sie nur das Rauschen ihres eigenen Blutes, welches alle anderen Geräusche um sie herum fast komplett überdeckte. Sie war wie in Trance, wie Paralysiert, weit weit weg… Die Untote Wache die so eben den Mann die Kehle aufgeschlitzt hatte, wischte seine Klinge an einen alten Lumpen sauber. Fragend schauten nun auch die restlichen Untoten zu den eben eingetroffenen, ebenfalls Untoten Ritter. Dieser war soeben von seinem Pferd abgestiegen und schritt allmählich auf die beiden ersten Wachen zu. Der untote Ritter trug eine hochrangigere Rüstung, als die Wachen die hier draußen die lästige Aufgabe des Menschen töten übernommen hatten. Der Ritter kam neben der Leiche des Mannes zum stehen, er betrachtete sie nur kurz und schien verärgert zu sein, als er sich wieder seinen Kameraden zuwandte. Seine Rüstung knarrte und klirrte bei jeder seiner Bewegung. Ein langes Schwert zierte seine rechte Seite. Haare fehlten ihm völlig, genauso wie Ohren und seine Nase. Stattdessen zierte ihn dort ein angedeutetes Nasenbein welches eher einem ovalen Loch glich. Seine teilweise verweste Haut wies einen gräulichen Ton auf. Er stampfte ärgerlich mit seinem knochigen Fuß auf. „Ihr Nichtsnutze, könnt ihr denn gar nichts richtig machen?!“ Die Wachen schauten immer noch verdutzt drein, soweit sichtbare Gefühlsregungen bei einen untoten Gesichtern überhaupt möglich waren. „Doch Herr, wir töten diesen Abschaum so wie uns befohlen“, sagte die Wache, während er dabei seine knochigen Hände hob um den aufbrausenden Ritter möglichst zu besänftigen. „Befohlen, wer hat DAS befohlen?“ Dabei deutete der kahlköpfige mit seinen skelettenden Zeigefinger auf die Bäume und die dort hängenden Menschen, während seine dunkle Stimme sich vor Zorn fast überschlug. Doch er ließ die beiden gar nicht erst zu Wort kommen. Er stieß die Luft zwischen seinen verfaulten Zähnen aus, um sein innerstes zu beruhigen und setze schließlich ruhig fort. „Wie dem auch sei! Soll sich ein anderer mit diesem Thema beschäftigen, ich werde meine Ewigkeit jedenfalls nicht mit solchen Unsinn erfüllen!“ Sein Blick glitt noch einmal über die Leiche des Mannes, ehe sich sein Augenmerk auf die noch lebenden Menschen richtet. Er Überschlug ihre Zahl und verzog abermals ärgerlich sein Gesicht. „Etwa 30 Menschen. Hmm… nicht gerade viel, aber besser als nichts.“ „Herr“, sprach eine Wache ihn zögerlich an. „ hat man uns falsche Befehle erteilt?“ „Wie es scheint!“, stieß er immer noch wütend hervor. „Dieser Abschaum sollte nach Unterstadt gebracht werden. Man fand Händler die eine Hohen Betrag an Gold für Sklaven, Gladiatoren und Versuchsobjekten zahlen. 30 dieser Menschen sind nicht unbedingt viel, aber sollten zur Deckung der ersten Nachfrage vorerst reichen.“ Erklärte der Ritter sachlich und setzte schließlich nach einer kurzen Pause fort. „Bringt dieses Ungeziefer nach Unterstadt und zwar jeden einzelnen lebendig! Ich dulde keine weiteren blutigen Spiele an meiner Ware, wenn nur ein EINZIGER auf den Wege nach Unterstadt sein Leben lässt, kommt ihr für den Schaden auf! Habt ihr Verstanden?!“ Die Wachen nickten eilig. Sie hatten verstanden und sie wussten das mir ihren Herrn nicht zu Spaßen war und vor allem nicht, wenn es sich hierbei um Gold handelte. Egal wer auch immer ihnen diese falschen Befehle erteilt hatte, würde wohl bald sein untotes Leben aushauchen. Der untote Ritter schwang sich wieder zurück auf sein Pferd. „Hurtet euch gefälligst, die Händler warten nicht ewig!“ Damit wandt er sein Ross um und galoppierte mit derselben Geschwindigkeit mit der er gekommen war zurück in die Hauptstadt der Untoten, nach Unterstadt. Hurtet euch… Das ließen sich die Wachen nicht zweimal sagen, schnell erteilte sie Befehle zum Aufbruch an die restlichen untoten Wachen. Das nächste was Ailana wieder vernahm waren hektische Rufe um sie herum, doch sie verstand diese eigenartige Sprache nicht und eigentlich interessierte es sie herzlich wenig. Streng genommen war ihr gerade so ziemlich alles egal. Sie fühlte sich immer noch leer, so unglaublich leer und müde von allem. Genauso leer wie die toten Augen des Mannes vor ihr, die sie immer noch fixierte. Doch plötzlich durchzuckte ein Schmerz ihren Körper. Sie spürte wie sie vom Boden hochgezogen und auf ihre Beine gestellt wurde. Erst jetzt bemerkte sie, das sie am ganzen Körper etwas Zitterte, ihre Knie fühlten sich unglaublich wackelig an, als würden sie jeden Moment nachgeben. Sie schaute sich um, wer ihr diesen Schmerz zubereitet hatte und schaute nur einen Augenblick einer der Untoten Wachen fauliges Gesicht. Sie drehte angewidert ihren Kopf weg als ihr der übel riechende Geruch des Untoten in die Nase stieg. Dieser hatte die am Boden hockende Ailana unsanft an ihren Oberarm gepackt und sie aufgestellt. Sie war jung und scheinbar noch tüchtig genug, die würde von selbst laufen können, dachte sich der Untote. Damit sollte er Recht behalten. Der Untote entfernte sich von Ailana genauso schnell wie er gekommen war. Sie richtete noch eine weile ihren Blick auf ihn, nur um auch sicher zu gehen, dass er ihr nicht noch einmal zu nahe kommen würde. Während sie nur langsam misstrauisch ihren Blick von der Wache abwand, glitten ihren Augen über ihre Umgebung. Es war ein regelrechter Aufruhr! Überall liefen untote Wachen herum, zerrten die am Boden kauerten Menschen auf. Dann und wann beobachtete Ailana wie scheinbar sehr schwache Geschöpfe aus der Reihe gezogen und unsanft in eine umfunktionierte Holzkarre, welche einen Käfig sehr nahe kam gesperrten wurden. Einige dieser armen Menschen rührten sich schon gar nicht mehr, wahrscheinlich würden sie nicht mehr lange leben. »Dann haben sie es endlich hinter sich gebracht« Hinter sich gebracht? Dachte sie wirklich schon so? Wenn sie es sich recht überdachte hatte sie Glück gehabt … oder nicht? Immerhin wäre sie doch nun an der Reihe gewesen. Sie hätte an den Baum dort hängen müssen oder in ihren eigenen Blut. War es also gut oder schlecht, dass sie noch nicht tot war? Gut oder schlecht?! Sie kam ins grübeln während sie den hektischen treiben um sie herum misstrauisch beäugte. War sie froh, dass sie noch lebte? Sie horchte kurz in sich … »...?« … Nichts! Da war nichts mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)