Dunkle Nacht von SamanthaGallin ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Eine einsame Seele, einsam und verloren, streifte durch die Nacht. Oh, wie gerne würde sie ihr folgen, aber es war bei Strafe verboten und außerdem war sie ja auch keine unbeherrschte Neugeborene, die allein ihren Trieben ausgeliefert war. Also riss sie sich seufzend zusammen. Und warf nur noch einen sehnsuchtsvollen Blick auf die Gestalt, welche sie nicht einmal bemerkt hatte. Was für ein unbeschreibliches Glück dieser dumme Mensch doch hatte ausgerechnet in dieser Stadt zu wohnen; der Stadt, in der es mehr Vampire gab als irgendwo sonst auf der ganzen Welt und dennoch gleichzeitig die, für Menschen, Sicherste war... Nirgendwo starben über so viele Jahrhunderte hinweg weniger Menschen durch Vampir angriffe, als hier - zumindest unter den Einwohnern. Dies war tiefste Ironie und dennoch funktionierte das System. Besser als sonst irgendwo, denn niemand wagte es hier, sich dem Gesetz der großen Meister Volterras zu wiedersetzen und sie wusste auch wie viel davon ihr eigener Verdienst war … und der ihres Bruders. Ein hinreißendes und dennoch unendlich grausames Lächeln spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider. Bei dem Gedanken an den Spaß der letzten drei Jahrhunderte. Schnell lief sie weiter, in die Richtung, in die sie eigentlich wollte. Dunkel hob er sich hervor, ein kleiner halbverfallener Platz in einer Seitengasse, nichts und niemand lebte hier, seit fast einhundert Jahren. Noch dunkler erhob sich ein schlichter Brunnen auf dem Platz, ein Überrest einer längst vergangenen Zeit, nicht der ihren, aber... Sie liebte ihn, nicht wissend warum und doch kam sie wieder und wieder hier her, wenn sie Ruhe und Stille suchte. Dann saß sie auf dem Rand und blicke in das Wasser. So auch heute, alten Gedanken nachhängen - Gedanken so alt wie sie selbst. Gedanken und auch der einen oder anderen verwaschenen Erinnerung. Die Nacht war dunkel, weder Mond noch Sterne zierte der Himmel, aber das war bedeutungslos, sie brauchte kein Licht, sie sah alles, auch das perfekte Spiegelbild auf der anderen Seite der Dunkelheit; ein Gesicht, das sie in und auswendig kannte - es veränderte sich ja auch nie. Sie war nicht unglücklich, nein das nicht, aber eine tiefe Unruhe hatte sie erfasst, und sie verstand einfach nicht, woher sie kam. Den ganzen Tag schon hatte sie es nicht ausblenden können, war unstet von einem Raum zum nächsten gewandert und hatte rastlos die endlos verstreichenden Sekunden gezählt. Gewöhnlich fand sie in dem Zustand irgendjemanden, mit dem sie sich in einer kleinen, sehr kleinen aber umso amüsanteren, Auseinandersetzung abreagieren konnte, doch heute war einfach niemand passendes da gewesen. Also saß sie hier und schaute ins Wasser und tat, was sie nur selten tat grübeln, schauen und … genießen. Hier fühlte sie sich fast geborgen. Im Osten dämmerte es schon zum Tag. Sie wusste, sie musste gehen, sie konnte nicht hier bleiben, nicht ohne ihren Umhang. Mit einem Seufzen löste sie sich und blickte in die Gasse, durch die sie wieder zurück musste, etwa hundert Meter hinter ihr stand Alec. Er war endlich wieder da! Sie würde es nie laut zugeben, doch sie hatte ihn vermisst. Und wie zu einer Salzsäule erstarrt stand er da mit unbewegter Miene. Er löste sich erst, als sie direkt vor ihm stand. "Guten Morgen!" Sein Lächeln war wundervoll und seine Umarmung wärmte mehr als jedes Feuer es je könnte. Sie liebte auch ihn, auch er gab ihr Ruhe, doch anders als ihr Brunnen kam er zu ihr, wenn sie ihn brauche, ihn musste sie nicht erst suchen. Er wartete immer auf sie. Sie lächelte ebenso hinreißend und mehr brauchte sie nicht. Und manch trüber Gedanke der Nacht wurde einfach hinweggefegt. Jetzt fühlte sie sich wirklich geborgen an der Seite ihres Zwillings. Still kehrten die beiden in ihre Welt zurück, während im Osten die Sonne ihre ersten Strahlen über die Stadt ergoss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)