Pieces von Loptr ================================================================================ Kapitel 1: Wutai Bastard ------------------------ Das Leben, schwer und manchmal nicht fair, aber dennoch hängen wir daran. Die Götter, unendlich weise und geduldig mit uns Menschen, ihren Abbildern. Der Lebensstrom, Geber und Nehmer des Lebens, Erschaffer unserer Welt... Bald werde ich mit ihnen allen vereint sein... Sehr bald. Der Schmerz kam in mein Bewusstsein zurück, das dumpf klingende Geräusch, als sich der kalte nackte Stahl weiter durch meinen Körper fraß. Blut ergoss sich aus der tiefen Wunde, quoll aus meinem Mund. Mein Leben war lang genug gewesen, zumindest schienen die Götter das zu meinen. Mein Blick wurde trüb, erfasste dennoch das befriedigte Grinsen meines Gegenübers. Sephiroth hatte mich übel erwischt, hatte mich überrascht... Ich hatte ihn nicht kommen gehört. Wieder ergab ich mich dem Brechreiz und spukte Blut hervor. Dann spürte ich den Ruck, als er die Klinge wieder aus meinem Körper zog, wie meine Eingeweide die Klinge wieder freigaben. Ein Keuchen entglitt meinen Lippen. Der Mann mir gegenüber kannte mich, kannte mich schon seit den Anfängen. Damals hatte er auf mich herabgesehen. Ich war noch jung, sehr jung, als ich ihm das erste Mal begegnet war. Ich hatte zu ihm aufgesehen, er war eine heroische Erscheinung gewesen voller Glanz und Stolz. Doch er hatte an Glanz verloren. Er hatte an Glanz verloren, als er Nibelheim abbrannte, durchdrehte, sie tötete. Dann waren sie gekommen, gekommen um ihn zur Strecke zu bringen. Sephiroth hatte mich überrascht, ich hatte mich nur umgedreht, hatte einen Schatten gesehen. Ich hatte mich bloß umgedreht und spürte den kalten Stahl des Langschwertes, wie es sich durch meinen Körper bohrte, meine Eingeweide zerriss und wie es meine Knochen knirschen ließ. Ich sah, wie er es mir mit dem eiskalten Lächeln in den Körper stieß. Schwer sackte mein Körper zu Boden. Warum war ich noch mal in diesen verdammten Tempel gegangen? Was wollte ich eigentlich dort? Die Kontrolle hatte ich verloren, die Kontrolle, die mir so wichtig war. Mein Körper tat nicht mehr das, was er sollte, nicht mehr das, was ich wollte... Ich spürte nur das Blut, dass langsam an meinem Hemd zu Trocknen begann, obwohl es noch immer aus der Wunde quoll. Zeit verging, rieselte wie Sand, zog sich zäh wie Kaugummi. Ich kann nicht sagen, wie lange ich schon so dasaß. Das Blut versiegte langsam, zäh, zäh wie Zeit. Mein Keuchen füllte den Raum, hallte von den kahlen Wänden wieder. Die Cetra hatten anscheinend nicht viel in ihre Bauwerke investiert, zumindest nicht in die Gestaltung des Eingangsbereichs. Nicht so wie die ShinRa, die ihr Geld nur daran setzte, ein gutes Bild, einen guten Eindruck, ein gutes Image zu hinterlassen. Wie war das am Besten möglich? Mit der impressiven zur Schaustellung der vorherrschenden Götter Midgars, der zur Schaustellung von Macht, Geld und Einfluß. Macht, Geld und Einfluß, die Dinge, die wir in Wutai nicht hatten. Die meine Eltern nicht hatten. Sie waren arm gewesen, nicht so wie ich. Ich hatte schnell viel Geld verdient, musste bei Gott nicht sparen. Die Einen badeten in Milch oder Champagner, die Anderen bauten riesige Häuser - ich brauchte nur meine Wohnung in Little Wutai und meinen Maserati. Mehr brauchte ich nicht zum Glücklichsein, obwohl... War ich hier jemals wirklich glücklich? Glücklich zu wissen, dass es anderen Wutainesen nicht so gut erging wie mir? Musste ich eigentlich ein schlechtes Gewissen haben? Schritte... Schritte hallten von den Wänden wieder... kamen auf mich zu. Mein Körper war schwach, zu schwach - meine Sinne vernebelt. Ich konnte nicht die Richtung bestimmen, die Richtung aus der sie kamen. Plötzlich ein paar gewechselte Worte, die an mein Ohr drangen. Ich kannte die Stimmen, aber wusste nicht woher. Ein Gesicht, ich konnte ein Gesicht sehen. Umrisse. Verzerrt. Diese Frisur... Ich kannte diese Frisur... Sie sah aus wie ein Chocobo... Und hatte auch die gleiche Farbe... Mein Blick war trüb, ich konnte mich nicht bewegen, ich war einfach nur hilflos.... Dies würde wohl doch mein Ende sein. Makoblaue Augen sahen mich an, verschwammen und ich hörte den hibbeligen Soldat, der wieder Mal die Füße nicht still halten konnte. Ich mochte ihn, sehr sogar. Zack war nicht wie die anderen Soldat, er hatte keine Vorurteile gegenüber das was ich war und das was ich tat. Aber auch er war gegangen... Vielleicht würde ich ihn bald wieder sehen... Die Schritte entfernten sich... ich war wieder allein. Wieder verging Zeit, schleichend, wie eine Katze. Dieses Mal vernahmen meine Ohren ein Rauschen, erst klang es wie ein Steinschlag, die Erde schien zu beben. Dann sah ich das Meer vor mir. Es war wie in meiner Erinnerung. Meine Heimat, mein Land. Ich dachte, ich hätte es vergessen, hätte vergessen wie salzige Luft schmeckt. Mein Atem wurde flacher, ruhiger. Dieser herrliche Anblick, mein zu Hause. Ich roch den Duft meiner Mutter, sah die dunkelbraunen Augen meines Vaters, hörte das Lachen meiner Schwester und schmeckte... mein Blut, dass wieder langsam meine Speiseröhre hochkroch. Dennoch trübte es nicht meinen Blick auf Wutai. Den Blick auf die kleinen Hütten, die Pfahlbauten am Wasser, am Steg. Die kleinen Fischerboote, die sanft im Wasser auf den Wogen schaukelten. Überwältigt von diesem wunderschönen Anblick, überkam mich ein Gefühl, dass ich schon Ewigkeiten nicht mehr gespürt hatte. Tränen, ich spürte Tränen, die heiß über meine Wangen kullerten. Ich hörte eine sanfte Stimme meinen Namen rufen, ihn richtig aussprechen, so wie es in Midgar, in der ShinRa niemand je tat. Wie Balsam legte sich die Stimme auf meine Seele und erinnerte mich an ein altes Gebet, dass ich mit meiner Schwester oft zu beten pflegte. Wie viel man in so ein Gebet legen konnte, Gefühl, Ehrfurcht... Ehrfurcht vor einem Wesen, dass größer und mächtiger nicht sein konnte. Leviathan. Leviathan, der seine Schuppen liebevoll über das Land Wutai legte. Aus dessen Schuppen die Wutainesen geboren wurden, die nach seinem Vorbild lebten, ihm huldigten. So legte auch ich, in der Stunde meines Todes, sachte meine Hände auf meine Wunde, versuchte sie zu falten, für ein letztes Gebet. “Großer Leviathan... Vergib mir meine Fehler, sieh das Gute in mir... Ich bitte dich, übersehe nicht, dass ich eines deiner Kinder bin... Auch wenn ich meine Herkunft lange nicht mehr pflegte... Großer Leviathan, ich fürchte mich... Nicht vor dir, sondern davor, was mit mir und meiner Seele geschieht... Ich fürchte mich davor, dass du enttäuscht von mir sein könntest.... Enttäuscht von deiner Schöpfung... Enttäuscht von deiner Schuppe, die du zum Menschen gemacht hast.... Mit viele Liebe, Geduld und unendlicher Güte, hast du uns groß gezogen... Großer Leviathan... Bitte... Führe mich zurück zu meinen Wurzeln... Zurück zu meinen Ahnen... Lass mich mit ihnen gehen... Großer Leviathan... hab Dank dafür...” Meine Lippen sprachen im schönsten Wutai, dass ich jemals gesprochen hatte. Es war beinahe so, als hätte ich immer diese Sprache gesprochen, als hätte ich nie etwas anderes getan. Als hätte ich nie verleugnet wer ich war und woher ich kam. Anscheinend verlernt man es doch nicht, vergisst man niemals wer man ist. Ich blickte über das Meer hinweg, sah wie ein gleißend weißes Licht auf mich zukam. “Mutter...” entglitt es mir und ich hatte ein seliges Lächeln auf den Lippen. Gerade als es mit mir zu Ende ging, mit mir und meinem Leben, mit mir und meinen Taten, riss mich eine Frauenstimme weg, weg von dem gleißend weißen Licht. Ein Gesicht formte sich vor meinen Augen. Braunes etwas lockiges Haar, grüne Augen, ein zarter Mund, umrahmt von schmalen rose farbenen Lippen. Sie sah mich an, lächelte. Meinte nur “Noch nicht...” Ihr Gesicht verschwamm und ich sah meine Retter... Reno und Rude, die aus dem Hubschrauber sprangen, auf mich zuliefen und Elena, die mir an die Schultern fasste, mir gut zusprach... Ja, den Dreien verdanke ich mein verdammtes Leben... Tseng blickte verloren aus dem Fenster, beendete seine letzten Gedanken und drehte sich mit dem Stuhl wieder zum Schreibtisch, beugte sich über seine Papiere. Elena grinste frech, er hatte sie nicht bemerkt. “An was hast du eben gedacht?” fragte sie und lächelte liebevoll. Tseng wusste, dass er ihr viel zu Verdanken hatte. Der kleinen Blonden. “Ich dachte nur eben an Katzen...” seufzte der schwarzhaarige Turk und lächelte ihr sanft zu. Elena lupfte eine Augenbraue und zog sich schließlich kopfschüttelnd zurück. Wehmütig blickte er erneut aus dem Fenster. “Katzen haben neun Leben... so wie ich auch...” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)