Hades von Franlilith (The bloody rage) ================================================================================ Kapitel 4: Misgiving -------------------- „Hier wurde das letzte Opfer gefunden“, erklärte Sebastian und verneigte sich leicht vor seinem Herrn, der langsam nickte. Ciel war sich nicht sicher, ob der Junge auch an dieser Stelle gestorben war. Was wäre, wenn man ihn, genau wie die anderen Leichen womöglich erst an die Fundorte gebracht hatte? Er kam ins grübeln. „Denkt Ihr darüber nach, dass der Ort des Todes nicht mit den Fundorten übereinstimmt?“, fragte Sebastian plötzlich genau das, was Ciel sich bereits dachte. Der Earl sah seinen Butler an und nickte. „Aber warum, sollte sich jemand so viel Arbeit machen junge Männer zu töten und ihre Leichen dann in ganz London zu verteilen?“, dachte Ciel laut und sah sich in der dunkel Seitengasse, in der sie sich befanden, genauer um. An allen fünf Orten – zusammen mit diesem – herrschte nicht viel Betreib, was hieß, dass hier kaum Leute vorbeikamen. Aber wie war man auf die Leichen gestoßen? Schließlich wurden sie sehr früh entdeckt. Er sah Sebastian wieder an, der durch die Unterlagen blätterte, die er vor einigen Tagen besorgen sollte. Darin standen die Namen der Toten, ihr Fundort und die Namen und Anschriften der Augenzeugen. Aber Ciel war sich sicher, dass der Junge der hier verstarb – oder eben gefunden wurde – als Adliger mehr Interesse aufrüttelte. Er war der Einzige von den Opfern gewesen, dessen Familie einen Adelstitel trug und somit erregte sein Tod mehr aufsehen – auch für den Earl. „Wer hat diesen Jungen gefunden?“, fragte er seinen Butler, der ohne aufzusehen antwortete: „Eine Wirtin, aus dem Etablissement an der Ecke.“ Ciel nickte und ging, mit Sebastian, in jene Kneipe, die schon von außen nicht sehr einladend aussah. Dennoch waren seine Sorgen gering, dieses Geschäft öffnete erst in gut einer Stunde, also konnte er die Wirtin, die er von draußen bereits die Tische reinigen sah, in Ruhe befragen. „Nun, ich denke, ich habe ihn so gegen zwei Uhr nachts gefunden“, erklärte die blonde Frau im Plauderton, während sie ihre Beine übereinander schlug. Der junge Adlige nickte. „Es sah gruselig aus“, meinte sie weiter. „Sein Gesicht war kaum zu erkennen und er hatte dieses eingeritzte Zeichen auf seinem Brustkorb. Aber zum Glück, war nicht alles voller Blut.“ Ciel blinzelte verwirrt und tauschte einen kurzen misstrauischen Blick mit Sebastian. „Nicht viel Blut, obwohl er so zugerichtet war?“, wollte der Earl wissen, worauf sie langsam nickte. „Ja, eigentlich hat das gar nicht zusammengepasst.“ Damit hatte sich ihre Befürchtung bewahrheitet. Die jungen Männer waren an einem anderen Ort gestorben und ihre Leichen wurden erst später in London verteilt. Jetzt mussten sie nur noch herausfinden, ob die Opfer irgendwas miteinander zutun hatten. „Kannten Sie das Opfer irgendwoher?“, fragte Sebastian plötzlich und nahm Ciel somit seine Frage ab. Wollte er Entschädigung leisten, dass er nun unaufgefordert Fragen stellte? Ciel unterdrückte ein zynisches Auflachen, er war wirklich angekratzt. Die Wirtin drehte den Kopf etwas. „Nun, nicht direkt. Als ich ihn gesehen habe, wusste ich nicht wer er war. Doch in der Zeitung stand sein Name, genau wie von den anderen Opfern. Ich kann mich erinnern, einige dieser Namen zufällig auf einer Patientenliste eines Arztes, der öfter hier her kam, gelesen zu haben. Wahrscheinlich waren sie seine Patienten. Er hat oft hier gearbeitet, wahrscheinlich hatte er Zuhause keine Ruhe“, lachte sie und überlegte dann. Erneut wechselten Ciel und Sebastian kurze Blicke. Ein Arzt also? Konnte das vielleicht eine brauchbare Spur sein? „Wie war sein Name?“, fragte der Earl geradeheraus und hoffte, dass die Wirtin sich entsinnen konnte. Diese kam ins Grübeln. „Ich bin mir leider nicht ganz sicher. Seinen Namen habe ich nur einmal gehört...aber das ist auch schon ein paar Wochen her“, meinte sie und schien weiter nachzudenken. Ciel murrte leise, ohne, dass sie es bemerkte. Diese Information war nun so wichtig und genau daran erinnerte sie sich nicht mehr. Es war zum verzweifeln. „Fällt ihnen zumindest ein, was für ein Arzt er war oder wo sich seine Praxis befindet?“, hakte der Adlige weiter nach. Eine brauchbare Information war doch schon alles, was er wollte. Doch zu seinem Verdruss schüttelte die Frau entschuldigend den Kopf. „Es tut mir leid, aber das weiß ich nicht. Er hat hier nur etwas getrunken und gearbeitet. Ich wollte nicht noch unhöflicher sein“, meinte sie. „Verdammt“, fluchte Ciel leise und ballte die Hände zu Fäusten. Dieser Fall zog sich für seinen Geschmack ein wenig zu sehr in die Länge. Jetzt mussten sie irgendwie den Namen des Arztes herausbekommen. Langsam wanderte sein Blick zu Sebastian, der etwas lächelte. Er schien bereits zu wissen, worum es ging. Der junge Earl stieg bereits in eine der Kutschen ein und drehte sich dann zu Sebastian. „Finde heraus, um welchen Arzt es sich handelt und komm dann zum Anwesen zurück“, befahl er und setzte sich hin, als der Butler sich ein wenig verneigte. „Yes, my Lord.“ Damit schloss er die Droschke und war verschwunden, ehe die Kutsche sich überhaupt in Bewegung setzte. Die Fahrt über, konnte er endlich ein wenig entspannen. Nicht nur, dass dieser Fall einige wirklich unschöne Züge annahm – indem er sich so unendlich in die Länge zog – auch, seine eigenen Angelegenheiten machten ihm zu schaffen. Auch wenn Sebastian sich ihm gegenüber verhalten hatte, wie er es immer tat, wirkte nichts so wie sonst. Noch immer spürte Ciel das nervöse Kribbeln in sich, wenn er an diese raue, drohende Stimme des Dämons dachte, der schon seit langem so etwas wie der Traum seiner eigenen, schlaflosen Nächte war. Sei es drum, wie das klang. Sebastians Augen in dem Moment, in dem er seinem Master dieses wirklich heikle „Angebot“ gemacht hatte, ließen ihn noch immer Schaudern. Aber in Wirklichkeit hatte er ja recht, Ciel musste nur einen Befehl geben und der Butler tat alles, um diesen zu erfüllen. Und nach seiner eigenen Aussage, gehörten die Dinge - an die der Junge dabei dachte – auch dazu. Er spürte wie seine Wangen heiß wurden. Es war wirklich mehr als anstößig, so etwas zu denken. Aber der Gedanke, von Sebastians - sicher mehr als fähigen - Händen an Stellen berührt zu werden, die bis dato noch völlig Tabu für ihn gewesen waren, ließ den jungen Earl erwartungsvoll schlucken. Er konnte einfach nicht aufhören, sich vorzustellen, was ihn da erwartete. Doch niemals wäre er fähig dazu, Sebastian so etwas zu befehlen. Nicht nur, weil er es sehr wahrscheinlich nicht einmal aussprechen konnte, sondern auch, weil es für ihn einen unschönen Beigeschmack hatte. Es wäre so, als würde der Butler dies nur aufgrund seines Befehles tun und nicht, weil er Ciel tatsächlich verführen wollte. Zu gern, würde er mit Sebastian darüber sprechen, ihn fragen, was genau er mit seinen Worten hatte sagen wollen. Aber wenn er darüber nachdachte, würde er sich selbst, im Nachhinein, widersprechen. Schließlich hatte seine Reaktion, auf die mehr als deutlichen Worte, für sich gesprochen. Seufzend ließ der junge Adlige den Kopf hängen. Was sollte er nur mit all seinen Gedanken anfangen? „Bei dem erwähnten Mediziner handelt es sich um einen Gewissen Sir Richard Bard, einem Allgemeinmediziner aus London, der sich in einer kleinen Praxis am Rande der Stadt niedergelassen hat“, erklärte Sebastian, um kurz darauf die Papiere mit den Fakten, über diesen Mann auf den Schreibtisch seines Masters zu legen. Natürlich war er bereits eine viertel Stunde vor eintreffen des Grafen, wieder in der Villa gewesen und hatte den Tee für seinen Herrn vorbereitet. Ciel sah ihn an und wanderte dann mit den Augen, über das Papier, ehe er blinzelte. „Das sind die Patientenlisten“, bemerkte er und überflog die Namen. „Und hier stehen sogar die Namen aller fünf Opfer!“ Er war geschockt. Diese Verbindung machte noch weniger Sinn, als der Fall selbst. Jemand aus der Mittel- oder Unterschicht konnte gut zu solch einem Arzt gehen. Aber jemand aus dem Adel, die für gewöhnlich Privatärzte an ihrer Seite wussten? Und daher kam schließlich eines der Opfer. Dieser Mann schien sich um jeden Menschen gekümmert zu haben, der vor seiner Praxis auftauchte. Aber, was hatte dieser Arzt mit den Toten zutun? Wie viel oder wenig wusste er? „Das letzte Opfer, schien der einzige Adlige zu sein, der zu ihm in die Praxis kamen. Vorwiegend waren Leute aus Mittel- und Unterschicht dort. Jedoch ist mir noch etwas Interessanteres aufgefallen“, lächelte der Butler und schien etwas erfahren zu haben, das ihn schlicht amüsierte. Ciel ahnte irgendwie nichts Gutes. Erneut wurde ihm ein Schriftstück vor die Nase gelegt, das er ebenfalls überflog, als könne er es nicht erwarten. Konnte er auch nicht, dieser ganze Fall war ihm langsam wirklich zuwider. „Seine Patienten waren hauptsächlich junge Männer?“, fragte er misstrauisch und hob seinen Blick, um Sebastian ins Gesicht zu sehen, der schmunzelnd nickte. „Ja, scheinbar gab es eine Art Vorliebe“, erläuterte er und ließ Ciel schaudern. So wie er das aussprach, klang es wirklich verdorben. Er besah sich den Zettel. Nun, wahrscheinlich war es das sogar. Ein Seufzen verließ seine Lippen, ehe er sich bewusst wurde, was das für ihn hieß. Eigentlich bot er die perfekte Vorraussetzung Lockvogel zu spielen. Er zählte bereits als junger Mann und hatte – zu seinem Verdruss – leichtes Asthma, demnach er behandelt werden konnte. Solange niemand herausbekam, wer er wirklich war. „Ich schätzte, mir bleibt keine andere Wahl. Wir werden diesen Mann in den nächsten Tagen aufsuchen“, brummte Ciel etwas genervt und stützte seine Stirn auf seiner Handfläche ab. Irgendwann wurde er solche Aktionen wirklich leid. Sebastian seinerseits lachte leise. „Kann ich davon ausgehen, dass Ihr vorhabt, euch selbst auszuliefern?“, fragte der Butler auf eine merkwürdig, kühle Weiße, die so gar nicht zu seinem undurchdringlichen Lächeln passen wollte. Ciel grummelte. „Sebastian, wenn du mehr über diesen Menschen weißt als ich, dann sag es mir. Wie kommst du dazu, von „ausliefern“ zu sprechen?“, wollte er wissen und sah seinen Gegenüber warnend an, der sich etwas verneigte. „Entschuldigt, natürlich weiß ich nicht mehr, als ich Euch soeben mitgeteilt habe“, sprach er reumütig, doch Ciel kaufte es ihm nicht ab. Er würde gern wissen, was in dem Dämon manchmal vor sich ging. Doch das würde auf ewig ein Geheimnis bleiben, wohingegen sich der Earl immer und überall von seinem Butler in die Karten schauen lassen musste. Apropos...er wollte einiges von Sebastian wissen, war sich aber im Klaren, dass das hier keine allzu gute Idee war. Wenn man bedachte, dass Ciel hier ständig türmte, wenn ihm etwas nicht passte. Vielleicht war er doch noch mehr Kind als er manchmal dachte. Schnell schüttelte er den Kopf. Solche Gedanken, sollte er sich am besten abgewöhnen. Gerade erklärte Sebastian, dass er nun das Abendessen vorbereiten würde, da hielt Ciel ihn nochmals auf. „Warte kurz, Sebastian“, befahl er und sah dem Butler in die Augen, der sich nochmals zu ihm umwandte. Nochmals verbeugte er sich leicht. „Ich möchte dringend mit dir sprechen. Heute Abend“, erklärte er und schauderte, bei dem kurzen, verwegenen aufflammen in Sebastians Augen. Er wusste einfach nicht, damit umzugehen. Leicht verneigte sich der Andere erneut. „Yes, my Lord.“ Langsam schloss Sebastian die Tür hinter sich, nachdem er das Büro seines Masters verlassen hatte und schmunzelte. Er hatte eine ungefähre Ahnung, worüber der junge Earl mit ihm sprechen wollte und konnte sich auch ausmalen, wie dieses Gespräch ablaufen würde. Auch wenn er den restlichen Tag so getan hatte, es war kaum möglich sein Verlangen zu unterdrücken. Es kam auf das an, was ihm gesagt werden sollte, was darüber entschied, ob er eine Seite an sich zeigte, die seinen jungen Herrn vielleicht etwas verschrecken könnte. Seine Augen verfärbten sich kurz und Sebastian spürte heiße, innige Vorfreude in sich brodeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)