Fairy Fairy von Nifen (Eine Prinzessin Fantaghiro Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war einmal in einem fernen Land, dass ein grausamer Zauberer zu lieben lernte. Und da er dies tat, war seine Macht gebrochen und überall im Land atmeten die Menschen in ihren Behausungen auf, ebenso wie die Geschöpfe des Waldes und die Kreaturen des Wassers und des Himmels. Doch bei niemandem wog die Freude so groß wie bei Lemartis, dem Baumfee... „Wohin so eilig?“, fragte Katarkis, als ihr bester Freund Lemartis aufgeregt an ihr vorbeiflatterte. Lachend wandte er sich zu ihr um, ohne auch nur einen Flügelschlag langsamer zu werden. „Du weißt doch: Die Liebe wartet nicht!“ Katarkis verdrehte die Augen. „Du meinst doch nicht... Lemartis, bloß weil er...“ Doch da war der Baumfee schon auf und davon. Aber selbst wenn er seine Freundin noch gehört hätte, hätte das für Lemartis keinen Unterschied gemacht. Zu lange schon liebte er Tarabas, den dunklen Zauberer, und nun, da dieser durch Fantaghirò zu lieben gelernt hatte, sah er endlich seine große Chance gekommen. Schließlich wusste jeder, dass die Prinzessin für König Romualdo bestimmt war. Mit Liebe aber war es wie mit Schokolade: Hatte man erst einmal von ihr gekostet, kam man nicht mehr von ihr los. Und die wenigen, die dies dennoch schafften, waren zu bedauern. Allerdings glaubte Lemartis nicht, dass Tarabas zu jener Sorte Mensch gehörte und war dementsprechend von Hoffnung erfüllt. Leider verlief das erste Aufeinandertreffen wenig glücklich... Der dunklen Feste, die bislang sein Heim gewesen war, überdrüssig, war Tarabas ausgezogen, die Welt zu bereisen; nicht als Falke oder tosender Wind, sondern in sterblicher, menschlicher Gestalt auf dem Rücken eines lebendigen Pferdes und keiner Illusion. Denn obgleich er nach wie vor über beachtliche magische Kräfte gebot, musste sich der Mann mit dem warmen Lächeln und dem kalt stechenden Blick eingestehen, dass er schneller ermüdete als früher, wenn er seine Magie gebrauchte. Dies hatte seine Ursache darin, dass er seine Zauberkraft nach wie vor von der Dunklen Seite des Daseins bezog, sein von Liebe erfülltes Herz aber jedes Mal gegen die Anwesenheit des Dunkels in seinem Körper ankämpfte. An dem Tag, da Lemartis den umherstreifenden Zauberer einholte, hatte dieser mit der anbrechenden Abenddämmerung sein Lager am Rand einer großen Lichtung aufgeschlagen. In seinen warmen Umhang gehüllt, saß Tarabas vor dem leise knackenden Feuer und beobachtete nachdenklich die flackernde Magie der Flammen. Der Baumfee, zu erfreut, das Objekt seiner Liebe endlich gefunden zu haben, um über ein taktisch kluges Vorgehen nachdenken zu können, flog einfach schnurstracks auf den Zauberer zu. Dieser hörte jedoch lediglich das feine Flirren der sich nähernden Flügel und im Glauben, es handle sich um ein zu groß geratenes Insekt, eine Riesenmücke vielleicht, schlug er einfach mit der Hand danach, um das lästige Flattervieh zu vertreiben. Der zweite Schlag erwischte Lemartis und benommen und mit dröhnendem Kopf taumelte der Fee durch die Luft gen Boden. Doch so schmerzhaft diese Begegnung war, sie hatte auch ein Gutes: Sie klärte Lemartis’ Kopf soweit, dass der Fee, statt sofort grummelnd und zeternd erneut zu Tarabas zu fliegen, beschloss, dass der Morgen klüger war als der Abend. Und in der Zwischenzeit, während er sich mit einem Ahornblatt zudeckte, träumte er lieber davon, wie sich die eben noch so harte Hand wandelte, weich wurde und ihm zärtliche Liebkosungen zuteil werden ließ. Auch am darauffolgenden Tag schien Tarabas nicht besser gelaunt zu sein, als er ein ums andere Mal das lästige Flattervieh verscheuchte. Allerdings war Lemartis nun jedes Mal schlau genug, rechtzeitig aus der Reichweite der Hand zu fliegen und noch hatte der Zauberer nicht versucht, ihn mittels Magie zu vertreiben. Es war gegen Mittag, als die Sonne am höchsten stand und sie durch eine sanfte Hügellandschaft reisten, dass Tarabas der Geduldsfaden riss und er den Fee anblaffte: „Warum verfolgst du mich? Sollst du mich ausspionieren, damit dein Volk sich an mir für meine früheren Untaten rächen kann?“ Hart funkelten seine Augen. Wenn die Feen tatsächlich planten, ihn anzugreifen, würde er vorbereitet sein. Die Antwort auf seine Frage aber überraschte ihn dermaßen, dass er beinahe vom Pferd gefallen wäre. „Ich verfolge dich nicht, ich begleite dich.“ „Ich brauche keine Begleitung!“, erwiderte Tarabas grimmig. „Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen“, erwiderte Lemartis kryptisch. „Doch kein Mensch wurde geboren alleine auf dieser Welt zu wandeln. Zuerst hattest du deine Mutter, auch wenn sie nicht der beste Gefährte war. Dann kamen Fantaghirò und Smeralda und deine Welt veränderte sich. Aber sie haben ihr eigenes Leben zu leben…“ „Ein Leben, in dem für mich kein Platz ist.“ Die Worte klangen bitterer als der Zauberer beabsichtigt hatte, aber er hatte gelernt, dass er es nicht über sich brächte, der Frau, die er liebte, das Glück zu verweigern. Auch wenn es bedeutete, sie an der Seite eines anderen zu sehen. „Aber vielleicht ist ja in deinem Leben Platz für mich.“ Und mit diesen Worten flog Lemartis eilig außer Reichweite, für den Fall, dass Tarabas auf die Idee kam, ihm doch einen winzigen Zauber für diese Dreistigkeit hinterher zu schicken. Tage verstrichen, die Wälder und Hügel waren schroffem Gebirge und glitzernden Bergseen gewichen. Noch immer schien Tarabas Lemartis’ Anwesenheit allenfalls widerwillig zu dulden, aber der Fee störte sich nicht daran, sondern bestaunte stattdessen lieber die sich stetig wandelnde Landschaft, war er doch zuvor nie wirklich aus seinem Wald herausgekommen. „Wie stellst du dir das eigentlich vor, einen Platz in meinem Leben zu haben“, fragte Tarabas eines Abends unverwandt. „Soll ich dich als eine Art Haustier betrachten?“ Der Tonfall hatte in den letzten Tagen merklich an Schärfe verloren, klang aber nach wie vor ruppig und ablehnend. Lemartis jedoch vermutete, dass dies lediglich eine Art Maske war, die der Mann zur Schau trug. „Kein Haustier“, erwiderte der Fee, ehe er sich ein wenig verlegen abwandte. „Was dann?“ Die elegant geschwungenen Augenbrauen hochgezogen sah Tarabas seinen unverhofften Reisebegleiter fragend an. „Nun ja…“, druckste Lemartis ein wenig herum, riss sich dann aber zusammen, ehe er den Zorn des Zauberers auf sich zog. „Jeder Angehörige des Feenvolkes hat einen Herzenswunsch frei. Aber nur einen! Dieser Wunsch muss sehr mächtig sein und obendrein mit einem Menschen zusammenhängen. Ich hatte mir gedacht… gehofft… dass du vielleicht eines Tages erkennen würdest, dass in deinem Herzen auch für mich Platz…“ Er brach ab. Rote Schatten zierten seine Wangen, doch Tarabas schwieg. „Und dann… dann hätte ich mir gewünscht ein Mensch zu sein, um wirklich bei dir zu sein.“ Den letzten Rest hatte Lemartis so leise gemurmelt, dass sein Gegenüber ihn kaum verstanden hatte. Zunächst hatte der Zauberer aufbegehren wollen, dass Lemartis ja wohl offensichtlich männlich war und er, Tarabas, keinen Mann lieben könnte, denn das war es, worauf die Worte des Fees hinausliefen. Aber er besann sich, hatte doch früher niemand für möglich gehalten, dass er überhaupt einen anderen Menschen lieben würde. Wieso sollte er also nicht auch einen Mann lieben lernen? Sie hatten das Meer erreicht. Endlos erstreckte sich das Wasser bis zum Horizont, während die über den Strand leckenden Wellen ihnen gleichzeitig zeigten, wie nah diese unendliche Weite war. Eine Windböe erfasste Lemartis und er musste heftig mit den Flügeln flattern, um nicht davon geweht zu werden. Mit einem Grinsen pflückte Tarabas den Fee aus der Luft und setzte ihn sich auf die Schulter. „Halte dich besser gut fest, sonst bläst dich der Wind noch bis zur schwarzen Feste“, scherzte er. Lemartis’ Herz schlug bis zum Hals und ein warmes Gefühl stieg in ihm auf. Er hatte schon länger gespürt, wie etwas in ihm wuchs, etwas, das mit der zunehmenden Akzeptanz zusammenhing, die der Zauberer ihm entgegen brachte. Wobei, eigentlich war es weit mehr als Akzeptanz, allerdings wollte der Fee seinen Hoffnungen noch nicht zu sehr die Zügel schießen lassen. In diesem Moment aber, wo Tarabas ihn berührte, wusste Lemartis, dass es sein Wunsch war, der in ihm wuchs, oder vielmehr die Kraft, seinen Wunsch für Tarabas in Erfüllung gehen zu lassen. Auf einmal gab der weiche Sand unter den Hufen des Pferdes nach. Laut wiehernd und in Panik versuchte das Tier sich aufzubäumen, der trügerischen Falle zu entgehen, jedoch verschlimmerte es die Situation nur. „Treibsand!“, rief Tarabas wie eine Warnung aus, aber er irrte sich. Es war kein simpler Treibsand, sondern handelte sich um das Territorium eines Sandkrattlers, eines vielarmigen, geisterhaften, scheinbar mit kleinen Muscheln bewachsenen Strandungeheuers, das im Sand verborgen auf Beute wartete, um dieser dann die Lebensenergie auszusaugen. Schon hatte sich einer der vielen Arme um den Leib des Reittiers geschlungen, ein anderer wickelte sich um ein Bein des Zauberers. Verzweifelt kämpfte Tarabas gegen den Sog, gegen die Kraft, die ihn unter die Sandoberfläche ziehen wollte, an, versuchte seine Magie zu mobilisieren. Doch im gleichen Maß, wie er seine Zauberkraft einzusetzen versuchte, wurde diese vom Sandkrattler aufgenommen. Entsetzt starrte Lemartis auf Tarabas und das fast verschwundene Pferd. Er selbst hatte sich mit wenigen Flügelschlägen in Sicherheit bringen können, fühlte sich nun aber wie gelähmt, hilflos. Er musste doch etwas tun können! Er musste... wollte... Lemartis hielt einen Flügelschlag lang inne, als er erkannte, was zu tun war. Etwas, das nur er tun konnte, etwas das stärker war als dieser vermaledeite Sandkrattler. Aber würde seine Kraft ausreichen? Er musste es versuchen. „Tarabas!“, rief er und flog zu dem Zauberer. „Tarabas, liebst du mich?“ Verwirrt sah dieser den Fee an, konnte nicht recht verstehen, wieso sein geflügelter Begleiter ihm ausgerechnet jetzt diese Frage stellte. „Liebst du mich?“, wiederholte Lemartis die Frage ungeduldig und eindringlich. „Tarabas, verdammt, antworte mir!“ Er spürte, wie die Zeit verrann, zu schnell, bald würde es zu spät sein. Der Zauberer blinzelte noch ein paar Mal ungläubig, dann sagte er zögernd: „Ja, aber wieso...?“ „Dann küss mich!“, forderte der Fee und flog zu dem Magier. Tarabas zog den Kopf ein klein wenig zurück. „Falls du einen unmöglichen Kuss meinst, ich glaube nicht, dass ich noch genug Zauberkraft in mir habe...“ Unwillig schüttelte Lemartis den Kopf. „Du nicht, aber ich. Küss mich und halt dich dann an mir fest!“ Mit diesen Worten näherte er seine Lippen denen Tarabas’. Dieser reagierte mehr instinktiv als überlegt, tat worum ihn der Fee gebeten hatte. Doch in dem Moment, wo sich ihre Lippen berührten, wurde er von etwas Starkem in die Luft gehoben. Und als er die Augen öffnete, die er im ersten Moment vor Überraschung geschlossen hatte, sah er dort, wo eben noch Lemartis geflattert hatte, einen mächtigen, großen, dicht belaubten Baum stehen, dessen Wurzeln den Sandkrattler besiegt und dessen Äste den Zauberer empor gehoben hatten. „Mein Wunsch...“, flüsterten die Blätter leise im Wind, während die Äste sich sanft gen Boden neigten und Tarabas dem sicheren Grund übergaben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)