Gazetto Inn von Nizi-chan (Ein Tag wie jeder andere. Oder ...?) ================================================================================ Kapitel 33: Ruki, nimm dich in Acht vor Daisuki! ------------------------------------------------ „Mein Bruder hat mir viel über dich erzählt.“ Daisuki setzte sich mir gegenüber. „Aber er hat nicht erwähnt, dass du stumm bist“, kam es aus ihr mit einem ungewöhnlichen Unterton. „Ehm … Freut mich, dich kennenzulernen“, sagte ich schnell. Doch sie wandte sich zu Takanori und verdeutlichte mir, dass es nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich sah, wie sie ihn ansah: verführerisch mit lächelnden Augen; und ich sah wie Takanori sie ansah: angestrengt, ihrem Gesicht anzusehen und nicht den Blick in ihrem Dekolleté zu verlieren. Etwas stach mir ins Herz. „Na erzählt doch! Wie war es in Osaka? Was habt ihr gemacht? Akira, was hast du mir mitgebracht?“ Dann fingen die Männer ein lebhaftes Gespräch an. Ich nahm wahr, dass sie ein promotion video Namens Distress and Coma gedreht hatten und die Aufnahmen anfangs miserabel waren. Später wechselten sich die Themen. Daisuki fing an, zu erzählen, dass sie immer ihrem Bruder die Kleider ihrer Mutter angezogen hatte. Ich stellte mir kurz einen chibi-Reita mit Frauenkleider vor und ließ mich wieder mit der Einsamkeit eins werden. Ich fühlte mich ausgeschlossen. Ausgeschlossen und allein. Wieder. Die plötzliche Einsamkeit griff nach mir und zog mich zu sich. Ich war bereit hereinzutreten, als ich plötzlich eine Hand an meinem spürte. „Fühlst du dich nicht gut?“, fragte mich mein Freund mit sanfter Stimme. Ja, ich fühle mich beschissen, wollte ich sagen, schüttelte stattdessen den Kopf. „Du bist bestimmt müde wegen gestern Abend.“ Auffälliger konnte ich auf Daisukis Aussage nicht reagieren, denn ich hatte mich verschluckt. „Was war denn gestern?“, wollte Yuu wissen, ich sah auf mein Brötchen. „Na ihr Abschlussball. Ich kann verstehen, warum sie euch nichts davon erzählt hat.“ Ein höhnisches Lächeln huschte über Daisukis Gesicht. „Doch. Das hat sie.“ Takanori sah mich dabei so liebevoll an, dass ich heulend wegrennen wollte. Dann schaute er zu Daisuki. Oder doch zu ihren Brüsten? Die Frau bestand ja zur Hälfte aus zwei Bowlingkugeln! „Ich hatte gestern Abend das Vergnügen, auf dem Ball Fotos schießen zu können.“ Sie lächelte, wobei es mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Warum merkte außer mir keiner, dass ihr Lächeln falsch war?! „Eure Show war echt amüsant. Wenn das dein Freund wüsste, ...“ Ich schluckte und zuckte zusammen. Ihre Blicke waren deutlich auf meinem Gesicht zu spüren. Merkte es denn keiner, dass sie mich wie ein Stück Dreck betrachtete? „Was willst du jetzt eigentlich beruflich hier in Japan machen? Eine gebildete Schauspielerin werden?“, fragte sie mich und trank ihren Tee. Hinter ihren Sätzen steckte aber eine andere Deutung, die die Männer nicht wahrnahmen. Sie hatte mir gesagt: „Aus dir wird doch nix, du Ausländerin! Eine gebildete Hure würde aber zu dir passen.“ Yasumi! Diese Frau nimmt es mit dir auf!, sagte ich zu mir selbst. Aber soll ich mich wirklich mit ihr einlassen? Takanori meinte doch, dass man sie lieber nicht als Feind haben sollte. Nein! Ich gebe mich doch nicht geschlagen!!! Ich setzte mir eine wunderschöne Miene auf und sprach: „Ich werde studieren. In der Tokio Uni.“ Zu meinem Vergnügen zuckte sie bei dem Namen zusammen und fasste sich schnell wieder. „Toudai? Echt?“ „Das schaffst du doch nicht!“, hatte sie mir indirekt gesagt. „Und was willst du studieren?“ Ich interpretierte: „Egal was du studierst.“ „Ich habe so viele Möglichkeiten, dass mir die Entscheidung schwergefallen ist. Letztendlich habe ich mich für Biochemie entschieden.“ Ich grinste, denn meine Nachricht war angekommen; das sagte mir ihr überraschtes Gesicht. Sie wusste jetzt, dass ich den unsichtbaren Kampf nicht aufgeben würde. „Oh. Ich habe gehört, dass viele dort aussteigen, weil die Prüfungen so schwer seien. Ich hoffe, das schaffst du dort.“ Genau das tust du nicht, Daisuki-san. Du versucht nur die Männer zu täuschen. Was würdest du eigentlich sagen, wenn sie nicht hier wären? Was würdest du machen, wenn wir unter uns wären? „Keine Sorge. Ich mag Herausforderungen“, antwortete ich schnell. „Boah, Yasumi! Wirst du dann Atome in einzelne Stücke zerlegen???“, rief Uke und grinste mich fröhlich an. „Uke-san, das ist doch unmöglich“, kam es von Akiras Schwester. Sie zwinkerte ihm dabei zu. „Ganz so unmöglich ist es nicht“, sagte ich und meinte: „Deine Vorstellungskraft ist wohl überfordert.“ Ich hatte sie mit dem Worten getroffen und fragte weiter: „Was arbeitest du?“ „Ich studiere Fotografie.“ „Eine Künstlerfamilie! Wie schön!“ Ich grinste Akira an und demonstrierte Daisuki, dass ich mich nicht weiter für sie interessierte. Doch plötzlich stand sie auf. „Wo bleiben denn meine Manieren?“ Sie nahm eine Teekanne und schüttete zuerst Yuu etwas ein, dann nahm sie die andere. „Grüntee, Takanori?“, fragte sie mit zuckersüßer Stimme. „Wie immer“, antwortete Takanori. Ich sah verwirrt von meinem Freund zu Daisukis weitem Ausschnitt, der noch weiter zu werden schien, als sie sich beugte und ihm Tee eingoss. „Du hast dich kaum verändert.“ Die beiden lächelten sich an und schienen im Moment an das selbe zu denken. Etwas in mir rührte sich. Hatten die beiden wirklich miteinander vor meinen Augen geflirtet? Unmöglich! Oder etwa doch ...? War Takanori vor Daisukis Brüsten und Daisuki selbst schwach geworden? An was dachten die beiden? Etwas kippte um. Mein Stuhl quietschte, als ich ruckartig aufstand. Jeder sah mich erschrocken an, darunter auch Daisuki, aber ein hauch von einem Lächeln umging ihre Lippen. „Heiß!“ „Oh! Tschuldige! Das war keine Absicht. Wirklich!“, rief sie aus und stellte die Teekanne wieder hin, während ich wie verrückt an meinem T-Shirt zupfte. Daisuki hatte absichtlich mit der Kanne Takanoris Tee in meine Richtung gestoßen. „Daisuki! Pass das nächste mal besser auf! Entschuldigt uns.“ Takanori nahm mich bei der Hand und zog mich irgendwo hin. Ich sah noch, wie Daisukis Gesicht sich verfinsterte und hielt Takanoris Hand fester. Wir kamen im Badezimmer an, das so groß war wie bei mir zu Hause. „Los, zieh dich aus“, befahl der Mann vor mir. „Eh?“ Er rollte mit den Augen und zog mir vorsichtig das T-Shirt über den Kopf aus. Ich stand in Unterhemd vor ihm und betrachtete die nasse Stelle. „Das auch.“ Ohne zu zögern, ließ er auch meinen Unterhemd von meinem Körper gleiten. Dann wusch er sich die Hände und berührte sanft meinen Bauch. „Takanori ...“, flüsterte ich – und er zog sich plötzlich aus. „Was machst du da?“ „Hier meine Übergangsjacke. Da deine Sachen nicht mehr zu gebrauchen sind, ziehe das hier an. Ich hab noch ein T-Shirt.“ Ich bedankte mich und zog die Jacke an, machte sie bis zur Hälfte zu und zog die Kapuze auf. Die Jacke kühlte die verbrannte Stelle. „Das sieht scharf aus. Zu scharf. Die anderen dürfen das nicht sehen.“ Er zog den Reißverschluss bis oben hin zu und schob mich sanft ins Wohnzimmer. Da war sie. Die böse Hexe, die den Tisch abräumte. „Jungs, ihr seid bestimmt müde von der Reise. Ich mach das schon. Yasumi-chan, kannst du mir dabei helfen?“ Ich eilte zu der bösen Hexe und half ihr, Sachen in die Küche zu tragen. Da waren wir. In der Küche. Alleine … „Du schienst dich in Japan gut eingelebt zu haben“, fing sie an. „Ja“, sagt ich nach einer Weile. „Japaner sind freundlich.“ „Mit Ruki verstehst du dich auch sehr gut, nicht wahr?“, hörte ich ihre Stimme hinter mir. „Was ist dein Geheimnis? Was tust du, damit dir die Männer vor die Füße fallen?“ „Was meinst du?“ Ich drehte mich zu ihr um, um ahnen zu können, was sie vorhatte. „Ruki hat mir noch nie seine Kleider gegeben. Egal wie sehr ich ihn verführt habe.“ Sie betonte einzelne Wörter. „Aber du scheinst ja sein Schwachpunkt zu sein. Er sieht richtig glücklich aus, wenn du bei ihm bist.“ „Warum erzählst du mir das?“ „Weiß er, dass du ihn betrügst?“, fragte sie mit einem Lächeln im Gesicht. Ihre Mimik und das, was sie sagte, widersprachen sich wahrhaftig. „Sowas tue ich nicht“, sagt eich mit einem strengen Ton. „Was ist mit gestern?“ Mein Atem stockte und Daisuki schien es gemerkt zu haben. „Ich frage mich, wie Ruki dich behandeln würde, wenn er wüsste, dass du mit anderen rumgemacht hast. Weißt du, eigentlich bist du überhaupt nicht sein Typ. Er steht eher auf erwachsene Frauen.“ Sie machte eine Pause und kam auf mich zu. In ihrer Hand glänzte ein Messer. Ich versuchte unbeeindruckt zu bleiben. „Was hast du vor, Daisuki?“ Ein helles Lachen. Dann beugte sie sich näher zu mir herunter. „Ich will es ihm heimzahlen. Ich will Rukis leidenden Gesichtsausdruck sehen. Ich will, dass er zu mir zurückkommt, damit ich ihn diesmal abserviere und nicht umgekehrt. Du stehst mir im Weg.“ Was zum …? Was ist das denn für ne Psychohexe? ò.ó Sie will Takanori verletzen. Sie will ihn zum weinen bringen. Das darf doch nciht wahr sein! „Ich werde nicht zulassen, dass das jemals passiert.“ Meine Stimme klang leise aber fest. Sie sollte merken, wie ernst ich es meinte. „Habt ihr schon miteinander geschlafen?“ Ihre Frage verwirrte mich. „Das geht dich nichts an.“ Sie lachte wieder. „Hab ich mir schon gedacht.“ Sie kam mir bedrohlich nah mit dem Messer in der Hand. „Ich frage mich, wie du mit so einem Charakter Takanori erobern willst“, sagte ich trocken. „Ach Schätzchen, ich weiß, was Männer wollen. Ein hübsches Gesicht und große Titten reichen schon, wenn man die Aufmerksamkeit oder das Schwänzchen erregen will. Und weißt du, was ich mit Ruki vorhabe? Ich will ihn wieder ins Schwitzen bringen. Und danach eiskalt verlassen.“ Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Das wird nie geschehen.“ Ich wollte noch weiter sprechen, aber sie unterbrach mich. Langsam machte sie mich wütend. „Halt den Mund. Ich habe doch gesehen, was für eine Schlampe du bist! Ich habe Aufnahmen von gestern. Vielleicht weißt du es nicht, aber ich bin dir gefolgt. Du warst mit diesem Jungen viel weiter als mit Ruki, nicht wahr? Was würde er denken, wenn ich ihm die Bilder zeige? Er würde am Boden zerstört sein! Und wenn es soweit ist komme ich ins Spiel, denn dann verpasse ich ihm den Gnadenstoß.“ Ich holte aus und schlug die verrückte Frau mit der flachen Hand ins Gesicht. „Willst du ihn umbringen?!“ Am liebsten hätte ich geschrien, aber die anderen konnten alles mithören. Nach dem kurzen Schock meines Schlages packte sie mich an den Haaren. Es tat weh. Dann fiel etwas zu Boden. Haare. Wellige, lange, braune Haare. „Geschieht dir recht!!!“ sagte sie hasserfüllt. Ich konnte es nicht glauben, versuchte meine Stimme zu finden. Es gelang mir. „10 Zentimeter machen nichts aus.“ Ich schluckte. Ja so ist es auch. Nicht weinen Yasumi. Es sind nur 10 Zentimeter! Sei stark! Die Haare wachsen ja wieder nach! Daisuki hob das Keratin vom Boden und warf es in den Mülleimer. Dann trat Suzuki-san in die Küche. Ich band die Haare zu einem Zopf und hoffte, dass die kürzere Stelle nicht auffallen würde. „Yasumi-san, ich habe eine Neuigkeit! Ich habe soeben einen Auftrag bekommen. Willst du mir bei meiner Skulptur behilflich sein?“ Ich nickte und sie führte mich aus der Küche irgendwohin. Ich war froh, von Daisukis Nähe zu verschwinden. Als ich im Zimmer, Takanoris Blick begegnete, wollte ich einfach losheulen. Er tat mir leid. So eine wie mich hatte er nicht verdient. So eine wie Daisuki schon überhaupt nicht! Akiras Mutter schaffte es aber, meine Gedanken zu manipulieren und lenkte mich von meinem Mordgedanken an Daisuki ab. Sie gab mir frische Informationen, von denen ich nichts wusste. Ich stellte Fragen, sie antwortete und bastelte aus Ton etwas Interessantes. Es verging eine lange Zeit ehe Akira kam und verkündete, dass wir abreisen würden. Seine Mutter begleitete uns nach draußen und drückte mich an die Brust. „Komm uns wieder besuchen. Hey, Akira! Bring sie öfters her, hörst du?“ Ich lächelte verlegen. Sehr gerne, aber da ist eine böse Aura, mit der ich nicht auskomme … „Mann! Das ist unfair! Ich hatte nicht mal Zeit, was mit m einem Brüderchen zu unternehmen! Schade, dass ihr jetzt schon geht ...“, hörte ich eine beleidigte Stimme. Daisuki umarmte die Männer einen nach dem anderen. Vor Takanori blieb sie stehen, die anderen stiegen in Yuus Auto ein. Mich schienen die beiden nicht wahrzunehmen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns öfters sehen würden“, sagte sie und drückte Takanori an sich, dabei lächelte sie mich siegessicher hinter seinem Schulter an. „Hier, das schenke ich dir.“ Sie überreichte ihm Räucherstäbchen. Nein! Nein, nein, nein, nein! Takanori …!!! Sie ist böse! „Yasumi-chan, dich erwarte ich natürlich auch wieder. Es hat heute Spaß gemacht.“ Ohne irgendetwas zu sagen lief ich auf Takanoris Auto zu und stieg, als er auch kam, hinein. Das Auto fuhr los, gefolgt von Yuus Auto, worin die anderen saßen. Ich zog die Schuhe aus und winkelte die Beine. „Er mag erwachsene Frauen.“ „Was würde er denken, wenn ich ihm die Bilder zeige?“ „Geschieht dir recht!!!“ Daisukis Worte gingen nicht mehr aus meinem Kopf, genauso wie das Bild von Takanori, wie er sie ansah. „Du bist so still. Ist was?“ Takanori sah mich durch den Innenspiegel an. Ich schwieg vor mich hin. „Was ist los?“ „Nichts ...“, murmelte ich. Seine Stimme wurde strenger: „Yasumi! Sag doch einfach, was du hast! Das ist nervend, wenn du nichts erzählst!“ Aua … Soll ich es ihm sagen? Unmöglich! Was sollte ich denn auch sagen??? „Hey Takanori, mein Freund, Ryu, hat mich total überraschend geküsst und mich übelst betatscht. Selbst du hast diese Stellen bei mir nicht berührt. Hahahah.“ Q_Q So was kann ich doch nicht sagen!!! Er wird mich hassen. Für immer und ewig! Aber andererseits muss ich ihm sagen, dass er sich von Daisuki fernhalten soll. „Takanori, empfindest du etwas für sie?“, fragte ich leise. „Ich habe es dir doch gesagt: Nein“, kam es aus ihm, als hätte er schon mit dieser Frage gerechnet. „Erstaunlich, dass du weißt, wen ich meine.“, meinte ich vorwurfsvoll und lauter. „Ich habe gesehen, wie du sie angesehen hast.“ Ich zog meine Schuhe an. „Und wie habe ich sie angesehen?“, fragte er genervt, aber ich musste einfach nachfragen und die Antwort wisse. „Vergnügt darüber, ihre Brust mustern zu dürfen.“ Für eine Millisekunde veränderten sich seine Augen und mir wurde bewusst, dass meine Vermutung stimmte. „Du laberst Mist, Yasumi!“, sein Ton war ein Tick zu laut für eine Aufforderung. „Du streitest es nicht einmal ab!“, sagte ich genauso laut. „Warum habt ihr vor mir geflirtet?!“ „Was schreist du plötzlich, Mensch!!!“, schrie er mich an. „Du flirtest doch auch mit Uke. Und das vor meinen Augen! Immer und immer wieder! Was siehst du eigentlich in ihm?“ „Ich flirte nicht mit ihm! Er ist für mich nur wie eine große Schwester!“ Jetzt schrien wir uns endgültig an. Takanori lachte trocken auf. „Eine Schwester? Hast du seine Absicht denn immer noch nicht begriffen?“ „Ich verstehe nicht, was du meinst. Wir redeten eben von Daisuki. Takanori, bitte sehe sie nie wieder!“ Stille. Plötzlich lachte er erleichtert auf. „Sag mal, bist du eifersüchtig?“ Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, doch stattdessen kamen mir die Tränen. Warum will er mir nicht gehorchen? Ich will ihn beschützen, doch was macht er? Ich bin doch nicht auf so eine eifersüchtig! Wie kann ich ihm bloß erklären, was Daisuki vor hat? Oh Gott, hilf mir. Bitte. Es ist so schwierig … „Halt bitte an“, schluchzte ich. „Habe ich etwa ins Schwarze getroffen? Du brauchst deswegen doch nicht zu weinen.“ Er lachte. Nein. Er verstand nichts. Es war hoffnungslos. „ Halte endlich das verdammte Auto an!“ Ich rüttelte an seinem Sitz. „Noch bevor wir einen Unfall bauen!“ Durch den Tränenschleier konnte ich nichts erkennen. Ich merkte nur, dass wir abbogen und kurze Zeit später anhielten. Sofort wollte ich die Tür aufmachen. Verschlossen. „Sag mir, was du hast. Was bedrückt dich?“ Ich schüttelte den Kopf und versteckte das Gesicht in die Hände. Klack! Die Türen waren wieder auf und ich rannte, ohne nach links oder rechts zu schauen, auf den Wald hinter der Straße zu. „Pass auf!!!!“, schrie eine erschrockene Stimme, ein Auto hupte gefährlich und bremste stark. Ich blieb vor Schreck wie angewurzelt auf dem Parkplatz stehen, das Auto blieb kurz vor mir stehen. Yuus Auto. Die Männer sahen mich kreidebleich an, mein Herz setzte aus, meine Beine schienen jeden Moment einknicken zu wollen, Takanori kam hergerannt. Doch dann ich lief weiter auf den Wald zu. Vom Straßenrand ging es steil bergab. Wollte ich wirklich dahin? Nein. Zu gefährlich. Jemand packte mich am Handgelenk. „Scheiße!!!“, schrie Takanori mich an. „Bist du bescheuert?! Warum rennst du los, ohne auf Autos zu achten?!“ Sein Griff wurde fester und fester. „Antworte, verdammt noch mal!“ „T-tut mir ...“ Ich wischte über die Augen. „Was tut es dir? Leid? Yasumi, verdammt noch mal! Sei ein bisschen erwachsener!“ „Ist ihr was passiert?“, fragte eine andere panische Stimme. Ukes Stimme. „Was ist los? Warum weinst du?“ Takanori funkelte Uke an und erwürgte meine Hand. „Geht dich nichts an. Lass uns alleine!“ Uke sah von mir runter zu Takanoris und meinen Verbindungsbereich. „Hey! Lass sie los, Takanori. Du verletzt sie!“ Mein Freund ließ mich los und schrie mich weiter an. Immer aufs Neuste zersplitterte mein Herz und drohte vernichtet zu werden. Es gab nichts Schlimmeres als von dem Geliebten angeschrien zu werden. Ich wollte sterben. „Takanori! Besinn dich wieder und hör auf sie anzuschreien!“ Takanori wandte sich an ihm. „Halt du dich daraus. Ich darf tun und lassen was ich will!“ Uke packte Takanori am Kragen seines T-Shirts. „Aber nicht mit ihr“, drohte er. Eine Alarmglocke läutete in meinem Innern. Das sah nicht gut aus. Es würde eine Schlägerei geben. „Uke-kun, ich habe es verdient. Hör bitte auf.“ Ich fasste die beiden am Arm und entfernte mich von dem fallenden Wald. „Misch du dich nicht ein!“, kam es von den beiden Männern gleichzeitig und genauso gleichzeitig stießen sie mich weg. Ich stolperte nach hinten – und plötzlich war kein Boden mehr unter meinen Füßen. Es war eines der Momente, das wie in Zeitlupe verging: Noch bevor ich parallel zum Boden den Berg runter fiel, sah ich die erschrockenen Gesichter der beiden Männer; sie griffen nach mir, aber zu spät; Bäume gingen an mir mit einer schnellen Geschwindigkeit vorbei, irgendwo rief jemand erschrocken auf, die Sonne strahlte mir sanft ins Gesicht und ich schloss die Augen. Wenn ich jetzt sterben würde, was wird dann mit Takanori passieren? Daisuki wartet doch nur darauf, dass er psychisch geschwächt ist. Dann will sie zuschlagen. Nein! Ich darf nicht! Takanori, ich werde dich nicht verlassen! Ein Schmerz durchfuhr meinen Körper und ein Laut ertönte. Lebte ich noch? Ich wagte nicht, die Augen zu öffnen oder mich zu bewegen. Deswegen blieb ich gegen den Baum – so vermutete ich, dass ich gegen einen Baum gefallen war – gelehnt. Etwas Feuchtes berührte meine Hand. Blut? Ich riss die Augen auf – und war erschrocken und erleichtert zugleich. Erleichtert deswegen, weil ich nicht blutete und erschrocken, weil ein Tier neben mir schwanzwedelnd mich ansah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)