Gazetto Inn von Nizi-chan (Ein Tag wie jeder andere. Oder ...?) ================================================================================ Kapitel 3: Bei GazettE zu Hause ------------------------------- Yasumis Sicht: Ich saß zwischen zwei Männern. Der zu meiner Linken ließ mich schmelzen, indem er mich angrinste; der zu meiner Rechten überraschte mich. Ich hatte immer gedacht, dass Reita ein ernster Mann mit schwarzem Humor sei, aber ich lag falsch, was den Ernst anging. Es stimmte, dass er Kai nicht übertreffen konnte, aber lächeln tat er. Ich beobachtete seinen Nasenband, das seine Nase zu quetschen schien. Es stand ihm. Für einen Moment fühlte ich mich wohl. So wohl, dass ich Angst bekam. Jetzt saß ich hier und hatte Gesellschaft – schön und gut -, aber was würde nach dem Konzert werden? Sehen könnte ich sie bestimmt nicht mehr. Und was, wenn sie mich, falls wir uns irgendwo irgendwie zufällig träfen, nicht wieder erkannten? Ach, was denkst du dir da? Wenn das jemand hören würde, würde er bestimmt denken, dass ihr schon enge Freunde oder so etwas seid! Schmink dir solche Gedanken ab! „Was schaust du so betrübt?“, war Reitas Frage. Anscheinend hatte sich meine innere Verzweiflung in meinem Gesicht widergespiegelt. „Ist dein Hund gestorben?“ Gestorben! „Ich habe keinen Hund.“ Ich nahm Luft um noch etwas zu sagen, ließ es aber sein. Erst jetzt merkte ich den durchdringenden Blick Kais. Mir war nicht wohl dabei. Ich erinnerte mich an das, was Ryu gesagt hatte: „Ich hoffe du bekommst ganz vorne ein Platzt, damit du die Gruppe anstarren kannst.“ Ich durfte nicht zurückstarren und hob meine Kuriertasche zwischen uns. „Was wolltest du sagen?“ Ich legte die Tasche wieder auf den Schoß. „ Nichts Wichtiges.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln und schaute Aois Stylist zu, wie er seine Haare glättete. Kai machte seinen Pony zur Seite. „Sag doch!“ Jetzt konnte ich ihn in die Augen sehen. In beide. Ein Kichern entfuhr mir. „Es ist nur… Ich fühle mich gerade wie ein Hauptcharakter in einer Fanfiction, die von einem Mädchen geschrieben wurde. Ich meine, dass die Stimmung erst einmal sehr gut ist und dann der Hauptcharakter plötzlich schlimme Vorahnungen oder Gedanken hat und somit die Stimmung ruiniert.“ Gelächter aus beiden Seiten. „ Was für Gedanken hat dieser Hauptcharakter denn?“, fragte mich Kai. „Das musst du die Autorin fragen.“ „Ich frage aber dich.“ Mir blieb nichts anderes übrig, als zu antworten. „Die Hauptperson denkt, wie es nach dem Backstage sein wird. Sie ist glücklich, aber sie hat Angst.“ „Ooohh, ist die süß! Warum machst du dir jetzt solche Gedanken?“ „Ja genieße den Augenblick!“ Reita stimmte Kai zu. Ich sprang auf die Beine, taumelte ein wenig und verbeugte mich dann kurz. „Danke.“ Mein Herz machte einen Hüpfer, als ich die Stimme hörte. „Bitte. Mache ich doch gern.“ Etwas Silbernes betrat den Raum. Ein silbernes Ruki kam auf mich zu, in seinen Händen zwei Gläser, die er auf den Tisch stellte. „Setz dich bitte hin. Ich hole die Getränke.“ Ich schaute ihm hinterher. Sein Mantel, seine Hose und sein Hemd... alles in Silber. Er drehte sich zu mir um. Die Paar Knöpfe seines Hemdes waren auf, sodass ich die goldene Kette um seinen Hals sah. Unter seinem geöffnetem Kragen hing die schwarze Krawatte bis zu seinem schwarzen Gürtel. „Kommst du?“, fragte er mich und stellte zwei Flaschen auf den Tisch. „Lass ihr noch ein bisschen Zeit, dich anzustarren.“ Reita lachte und ich stand abrupt auf, um das Gesagte nicht zu bestätigen. Ruki setzte sich ans Tisch. Ich nahm vor ihm Platz. „Was ist mit den anderen?“ „Nichts.“ Er schenkte mir eine durchsichtige Flüssigkeit ein und sich selbst eine blaue. Bevor ich fragen konnte, was er mir eingegossen hatte, sprach er: „Keine Angst. Da sind keine bösen Chemikalien drin.“ Er trank aus seinem Glas. Ich umklammerte das Glas mit den Händen und nahm die Kälte auf. Mir war es so warm, dass ich mich am liebsten ausgezogen hätte, wenn niemand in meiner Nähe wäre. Ein plötzliches Durstgefühl überkam mich. Ich führe das Glas zum Mund und nippte daran. Etwas bitter, aber kühl. Ich leerte das Glas mit einem Schluck. „Durstig?“ Ich schaute Ruki an und nickte. Er schenkte mir noch etwas ein. Ich trank. „Danke.“ Meine Stimme klang anders. „Was ist?“ „Mir ist ein bisschen schwindelig.“ „Oje...“ Er schien besorgt zu sein. Ich legte den Kopf schief. „Was ist?“ Er zögerte kurz. „Bist du alkoholverträglich?“ Ich wurde ernst. Meine Antwort war ein klares Nein. „Ich trinke kein Alkohol.“ „O-oh!“, kam es von irgendjemandem. Was ging hier vor? „Ruki-san, kommen Sie bitte?“ „Jop. Bin gleich wieder da“, versprach er mir und setzte sich da hin, wo eben Aoi gesessen hatte. Dieser kam jetzt zu mir. Ich sprang auf und war für eine Begrüßung bereit – und da wurde es mir schwarz vor Augen. Plötzlich drehte sich alles um mich herum, meine Beine gaben nach. Ich sah noch, wie ich von jemandem aufgefangen wurde. Ich schloss die Augen und wartete ab bis sich das Schwindelgefühl aufhob. Langsam öffnete ich die Augen. Irgendetwas Helles blendete mich. Ich schaute es an. Tausende von Sternen sahen auf mich herab, ich aber fixierte den Mond, der sein fahles Licht auf die Erde warf. Ich stand auf und sah mich im Zimmer um. Wo war ich? Etwa noch in der Konzerthalle? Aber warum waren hier – fünf Bette?! Ich zählte sie, um sicherzugehen. Eins, zwei, drei, vier, fünf? Ich schüttelte den Kopf und ging zum Fenster. Ich war in einem Hochhaus. Ich sah runter auf die lebendige Straße. Was ist geschehen? Wo bin ich? Wo sind die Erinnerungen an das Konzert? Wo sind die Lieder? Wo ist Gazettos Performance? War das ganze Geld umsonst geflossen? Ich ballte die Hände zur Faust und ging zitternd zur Tür. Stimmen waren zu hören. Ich öffnete die Tür und sie verstummten. „Was zum...“ Weiter brachte ich nicht aus. „Du bist ja wach!“, schrie eine Stimme. Kai kam auf mich zu. Ich starrte ihn an. Wo ist sein make-up? Wo ist sein Outfit? Wo bin ich? „Was ist hier los?“, brachte ich hervor. Ich hatte schon eine Vorahnung, die ich mit einem Kopfschütteln versuchte wegzubekommen. Ohne Erfolg. Kai schaute mich an. Ich erwiderte den Blick. „Was ist passiert?“ „Ehm...ja...weißt du... Wie soll ich dir das erklären...?“ Er hustete übertrieben und schaute hilfesuchend zu seinen Freunden. Da sah ich sie. Sie saßen um den Tisch. Ruki, Reita, Uruha und Aoi. Ich schaute Ruki an. Er drehte den Kopf weg. „Du... ehm...“ „Du hast das Konzert verschlafen!“ Uruhas harte Antwort traf mich wie ein spitzer Pfeil. Meine unsichtbare Wunde fing zu bluten an. Ich ließ den Kopf hängen. Irgendetwas schnürte mir die Kehle zu. Ich schluckte es runter. „Oohh, Yasumi! Nicht weinen!“ „Ich weine nicht... So, ich habe also verschlafen.“ Ich musste lächeln. „Verzeih mir bitte. Ich wusste nicht...Ich hoffe es ist nicht so schlimm...“, sprach Ruki. „Nein. Es ist nicht schlimm. Mach dir keine Sorgen.“ Ich lächelte und winkte ab. Das Konzert... „Es ist meine Schuld. Ich...“ „Es ist nicht schlimm, Ruki-kun.“ „Nicht schlimm? Ruki versaut dir deinen Abend und du sagst Nicht schlimm?“,fragte Reita. Ruki schaute mich verlegen an. Ich streckte mich. „Ich habe aber lange nicht mehr so gut geschlafen.“ Irgendetwas Positives muss es ja geben. „Ruki hat ein schlechtes Gewissen.“ Kai deutete auf Ruki und grinste. „Da gibt’s nichts zu grinsen, du Idiot. Manchmal tue ich mir echt Leid, weil ich zusammen mit dir arbeite.“ Die Arbeit! Ich schnappte nach Luft. „Was ist?“ „Wie viel Uhr i...“ Mein Klingelton unterbrach mich. Ich schluckte und schaute die Nummer an. Nein! „Entschuldigt.“ Ich ging ran und hielt das Handy ans Ohr. „Kar-san, hier spricht Makoto Hoshima“, kam es aus meinem Handy, so laut, dass jeder im Raum es mitbekam. Mein rechtes Ohr piepte, worauf ich das Handy vor das Gesicht hielt. „Hoshima-san.“ „Du bist wieder nicht zur Arbeit erschienen, Kar-san.“ „Es tut mir fürchterlich leid! Es ist etwas dazwischen gekommen und...“ „Das ist das zweite Mal, Yasumi! Du weißt, wann deine Arbeitszeit ist. Du hättest spätestens um 22 Uhr hier erscheinen müssen! Das letzte mal habe ich ein Auge zugedrückt, aber jetzt...“ „Hoshima-san, es wird nie wieder vorkommen.“ Ich hoffte, dass er es verstehen würde. „Ganz gewiss, Yasumi. Das wird nie wieder vorkommen. Du brauchst nicht mehr, hier zu erscheinen.“ Ich starrte das Handy vor mir an. Noch ein unsichtbarer Pfeil traf mich und öffnete die halb verschlossene Wunde. Aua! Das tat weh. Soeben wurde ich gefeuert. „Ich verstehe...“ „Du warst eine gute Angestellte. Viel Glück noch.“ Ich legte auf. Wenn ich gut bin, warum feuerst du mich dann? Im Raum war es jetzt still. Noch bis eben hatte ich eine Arbeit, aber jetzt war ich arbeitslos. Meine Wangen fühlten sich heiß an. Jeder im Raum hatte meinen Gespräch mitangehört. Wie peinlich. Ich ließ den Kopf hängen. Ein Lachen unterbrach die Stille. „Wow! Das nenne ich Pech!“ „Hmm?“ Ich schaute auf. „Reita, behalte deine Benennungen für dich! Das macht die Situation noch schlimmer!“ „Warum bist du jetzt sauer? Hast du ein schlechtes Gewissen, Ruki? Wenn nein, empfehle ich es dir schleunigst, eins zu haben.“ „Idiot!“ „Selber Idiot!“ Ich schaute die beiden an. Sie waren wie kleine Kinder, die sich gegenseitig anschrien. „Wenn sie dir so wichtig ist, warum hast du sie dann betrunken gemacht? Wolltest du sie nach dem Konzert nehm-“ „Ruhe jetzt!“ Aoi schaffte es. Sie verstummten. „Yasumi, du bist vor drei oder vier Stunden zusammengebrochen. Wir wussten nicht, was wir mir dir anstellen sollten. Nach dem Konzert jedenfalls haben wir dich hierher gebracht.“ Ich schaute mich um. „Du bist bei uns zu Hause!“, sagte Kai. „Was? Echt?“ Ich spürte,dass meine Augen wieder strahlten. Ich war arbeitslos aber glücklich. „Danke, dass ihr euch um mich gekümmert habt!“ Ich machte eine Verbeugung. „Bittääähh“, gähnte Kai und legte einen Arm um meine Schulter. „Machen wir doch gern.“ Ich lächelte ihn an, nicht imstande, etwas zu sagen. Bei Gazette zu Hause! „Yasumi, wenn du willst, bringe ich dich nach Hause.“ Aoi stand auf. Nach Hause? Nein! , wollte ich erwidern, Ich will bleiben. Hier fühle ich mich wohler! „Ich meine: Du kannst natürlich bleiben, aber was werden deine Eltern sagen?“ „Meine Eltern sind nicht da. Ich wohne alleine.“ Er schaute mich fragend an. „Sie ist volljährig. Zwanzig Jahre alt“, Ruki deutete auf mich, als er sprach. „Zwanzig? Hohohoo!“ Reita kam zu mir und Kai, der immernoch seinen Arm um meine Schulter hatte. „Dann bleibe doch über Nacht bei uns.“ Er nahm meine Hand und drückte sie. „Hey! Pfoten weg!“ Kai zog mich von ihm weg. Ich schaute Ruki an, konnte seinen Blick jedoch nicht deuten. „Gut! Die Sache ist beschlossen.“ Aoi setzte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Uruha tat es ihm nach. Mir fiel etwas ein. Ich schüttelte Kais Arm ab und fand meine Tasche auf dem Sofa. „Hier.“ Ich überreichte Ruki seine Zigaretten. Er lachte auf. „Danke.“ „Du weißt doch, was das bedeutet, oder?“ Ich spürte Kais Hand an meiner. Als Antwort auf die Frage fingen alle an zu rauchen. Zigarettengeruch stach mir in die Nase. „Komm wir verlassen den Raum.“ Kai zog mich in Richtung Schlafzimmer. Mein Herz klopfte laut gegen meine Brust. „Kai!“ Ich drehte mich um und sah Ruki an, der aufstand. „Ich mach schon nichts. Raucht ihr nur weiter.“ Kaum wollte Ruki erwidern, schloss Kai die Tür und knipste das Licht an. Ich war mit dem happiest drummer in the world allein im Schlafzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)