Mayaku, Gókan to Damaru [Teil I] von abgemeldet (Die Vergangenheit ist unwiderruflich) ================================================================================ Kapitel 12: Die Puppenmaske [Teil 2] ------------------------------------ Ich lebe viele Leben. Der schweigsame, feige Zuschauer. Der Schuljunge mit der lächelnden Maske. Und der Tänzer voller Partydrogen. Dabei will ich lieber blind sein - das Elend einfach nicht mehr sehen. Ich will taub sein - diese Qualen nicht mehr hören. Ich will vergessen - diese Bilder nicht mehr vor meinen Augen haben. Doch ich muss stumm sein - diese Schmerzen in mich fressen, damit niemand sieht, wie kaputt alles schon ist... Die Puppenmaske [Teil 2] 28. Februar 2009 “Du Mistkind! Wo bist du? Komm raus!” Erschrocken riss Kankuro seine Augen auf. Die Arme hatte er steif an seinen Seiten liegen. Presste diese gegen seinen Körper. Seine Schultern bebten. Sein Leib erzitterte. Ein flaues Gefühl in seinen Magen breitete sich aus. Es war mitten in der Nacht. Kurz nach zwei Uhr. Vor einigen Minuten hatte er noch auf die Anzeige seines Digitalweckers geschaut. Sein Zimmer war stockdunkel. Die schweren Vorhänge zugezogen. Nur ein dünner, schwacher Lichtstrahl vom Flur drang durch einen kleinen Spalt unter der Tür hinein. Er hörte die dumpfen Schritte seines Vaters über den Gang hallen. Er hörte sie laut und deutlich, als dieser gerade von seiner Sauftour aus dem Pub um der Ecke zurück kam. Er hörte, wie dieser nach ihren Jüngsten rief. Wie sich diese widerliche Stimme beim Schreien fast überschlug. Die Worte kaum erkennbar, die über diese dreckigen Lippen kamen. Diese Stimme, der er als kleiner Junge gerne Geschichten zugehört hatte. Die Stimme, der heute einem Monster gehörte. Widerlich und abscheulich. Träge bewegte er seine Hände. Ein Brennen zog sich über seine Unterarme, als er diese anhob. Schmerzten, waren blutverschmiert. Sein Körper fühlte sich steif an. Unfähig sich zu bewegen. Als würde er im Sterben liegen. Als wäre er schon tot. Doch lebte er noch. Atmete. Hörte. Roch. Sah. Sein Herz schlug weiter träge hinter seiner Brust. Fest presste er seine schwitzigen Hände gegen die Ohren. Verkrallte seine bebenden Finger in das braune, zerzauste Haar. Kalter Schweiß benetzte seine Stirn. Er hatte selbst das Gefühl, dass sogar sein eigener Kopf zitterte. Er hörte das Rascheln des Bettlaken und des Bettzeuges, als er sich erschöpft bewegte. Das Knarren des Holzes bei jeder Regung. Laut hörte er sein eigenes Blut rauschen. Seinen rasenden Herzschlag hinter seiner sich hektisch hebenden und senkenden Brust. Sein Atem stockte. Leise keuchte er auf. Wie hinter einer dicken Wand hörte er ihn. Weit entfernt, aber immer noch da. Sie dröhnte in seinem Kopf. So laut und unerträglich. Die Stimme seines Vaters. Sie drang durch seine Finger. Bis tief in seine Ohrmuscheln. So tief und weit, bis in seinen Verstand. Durchschlängelte seinen Körper, bis zu seinen schmerzenden Herz. Vor, bis zu seiner schmerzenden Seele. Ein Schaudern lief über seine Haut. Hinterließ eine Gänsehaut auf dieser. Die Zimmertür seines Bruders wurde geöffnet. Er hörte das so verhasste, doch ebenso vertraute Knarren der Scharniere. Er hörte es, aber etwas dagegen unternehmen konnte er nicht. Er wusste nicht wie. Er wusste nicht was. Er wollte das alles nicht mehr erhören. Das alles nicht mehr vor seinen Inneren Augen sehen. Bilder, die er sich nur in seinem Kopf ausmalte. Bilder, so schrecklich, dass ihm dabei schlecht wurde… Hektisch drehte Kankuro sich zur Seite. Kauerte sich zusammen. Wollte allem damit entfliehen. Es fühlte sich an, als würden unendliche Schmerzen seinen Körper überschwemmen. Aber das einzige was schmerzte, war sein jugendliches, verzweifeltes Herz. Er wollte es nicht mehr mit anhören. Den verhängnisvollen Zimmerschlüssel im Schloss seines kleinen Bruders, wenn dieser weggesperrt wurde. Die laute Dusche und das Würgen aus dem Badezimmer mitten in der Nacht, wenn sich seine Schwester in dieses einschloss. Er wollte er nicht mehr hören… Am liebten wäre er taub, nichts mehr hören und dieses Elend so nie mehr bemerken... Starr blickte er in die Dunkelheit. Solange, bis sich seine dunklen Iriden an diese gewöhnten und er den Blick zu den zugezogenen Vorhängen gerichtet hatte. Seine Augen brannten. Stumme Tränen liefen seine Schläfen entlang. Tropften auf das verwühlte, weiße Bettlaken. Hinterließen auf diesen nasse Flecken. Er wollte ihn nicht mehr ersehen. Diesen kaputt geschlagenen Leib seines jüngeren Bruders. Er wollte es nicht mehr erblicken. Dieses blutverschmierte Bettlaken, wo Gaara die Nacht darin verbracht hatte. Er konnte es sich nicht mehr mit anschauen. Dieser tote Blick in den türkisen Iriden und in den ebenso ausdruckslosen, blassen Gesicht. Er konnte es nicht mehr ertragen. Diese roten und geschwollenen Wangen seiner Schwester. Er konnte es sich nicht mehr ansehen. Die rot verweinten Augen und den ausdrucklosen Glanz in diesen. Er wollte nicht mehr hinschauen. Hinschauen auf die aufgekratzte, blasse Haut. Es wollte es nicht mehr sehen… Am liebsten wäre er blind, damit er dieses Qualen nicht mehr sehen würde… Er schloss seine zitternden Lider. Verkrallte seine Finger tiefer in sein Haar. Presste seine Hände fester gegen die Ohren, sodass er schon Kopfschmerzen bekam. Weitere Tränen liefen über seine Wangen. Ungehört und ungesehen. Er drehte sich zur anderen Seite. Wälzte sich im Laken herum. Vor seinen Inneren Auge sah er Bilder der vergangen Wochen. Der vergangen Zeit. Die Zeit ohne ihre Mutter. Die Zeit, in der alles immer mehr kaputt ging. Es zerbrach - einfach so. Und keiner konnte etwas dagegen machen. Ihre ach so heile Welt gab es nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Doch wollte er diese Bilder nicht mehr sehen. Diese Erinnerungen vergessen. Diese Momente löschen, in denen er seine Geschwister so kaputt und zerrissen vor Augen sah. Er wollte nicht mehr daran erinnert werden, dass er nichts für sie tun konnte. Er wollte nicht vor der Nase geführt bekommen, dass er nur tatenlos hier herum saß und als Zuschauer agierte. Der Zuschauer in der Manege, während die Hauptdarsteller auf der Bühne bald ihren endgültigen, letzten Akt spielten… Er wollte vergessen. Diese Bilder einfach nicht mehr sehen. Sich nicht daran erinnern. Einfach alles tief in sich selbst vergraben. Es in sich fressen und verdrängen. So tief und weit, dass es nie mehr die Chance bekam hervor zu kommen. So tief in sich verschlingen, dass er am liebsten bei all diesen Leid sich übergeben könnte. Es heraus kotzen und im Klo herunterspülen könnte. Für immer gelöscht und heraus aus seinen Körper und seinen Gedanken. Stumme Tränen liefen über seine erhitzte Haut. Seine Hände fühlten sich bei den Druck gegen seine Ohren taub an. Sein Körper wie gelähmt. Seine Muskeln waren so sehr angespannt, dass es schmerzte. Kein Laut kam über seine Lippen. Kein Schluchzen verließ seine Kehle. Wie eine regungslose Puppe lag er da. Die Augen zusammen gekniffen. Der Leib ganz steif. Kein Geräusch von sich gebend. Was konnte er machen? Was sollte er machen? Er wusste es nicht. Er konnte nur zusehen. Durfte nichts sagen. Musste schweigen. Seine Geschwister machten es doch auch. Aus Angst, dass ihre so zerrissene Familie noch mehr zerfiel. Aus Angst, dass sie getrennt worden. Aus Angst, dass letzte bisschen zu verlieren, was einem noch blieb. Was einem noch lieb war. Er wollte nicht Schuld daran sein, dass sie getrennt worden. Deswegen versuchte Kankuro alles zu verdrängen. Alles um sich herum auszublenden. Er blieb stumm, obwohl er am liebsten geschrien hätte. Er musste stumm sein, damit niemand erkannte, wie kaputt er wirklich war. Kaputt und ausgebrannt nur vom bloßen Zusehen… Dabei hatte er es versprochen, dass er auf beide aufpasste. Er hatte es versprochen sie zu unterstützen. Doch schaffte er es nicht. Er war ihnen keine Hilfe. Eher kam er sich vor, als wäre er eine schwere Last. Eine Last, die er Temari und Gaara zusätzlich mit aufbürdete. Nutzlos und nicht zu gebrauchen… Schuldgefühle zerfraßen sein Inneres. Nur um eine unerträgliche Wertlosigkeit in ihm zu hinterlassen. Er kam sich wertlos vor, dass er oft daran dachte, dass er am liebsten sterben würde. Sterben, um dieses Elend hier nicht mehr zu ertragen. Sich erneut zu versuchen die Pulsadern aufzuschneiden. So wie heute Abend. Doch er war gescheitert. So wie die wenigen Versuche davor auch. Und wann er den Mut wieder fand, um wirklich den allerletzten Schritt zu gehen, wusste er nicht. Aber was würde passieren wenn er wirklich starb? Wer war dann für seine Geschwister da? Dieser Gedanke, dass er alle beide allein in die Krallen dieses Monsters ließ, zerriss sein blutendes Herz noch mehr. Riss tiefe Wunden in seine Seele. Er konnte sie nicht allein lassen. Er durfte noch nicht aufgeben. Er musste noch für sie da sein… Allein… Am Rand… Als stummer Zuschauer… Dabei war er doch nur feige. Feige und voller Angst, dass er ebenfalls ein Opfer seines Vaters werden könnte. Er verkroch sich lieber auf Partys oder in seinen Zimmer, anstatt für seine Geschwister da zu sein. Er war feige und schwach, weil er ihnen nicht zur Hilfe kam, sondern sich in seinen Schneckenhaus verkroch. Er verkroch sich tief und mit dem Glauben daran, dass alles noch ‘in Ordnung’ war. Er redetet es sich sogar jeden Tag ein, um diese Qual hier im Haus halbwegs ertragen zu können. Er selbst redete sich sein eigenes Leben, seine eigene Welt schön. Weil es sonst keiner für ihm tat und er so den täglichen Wahnsinn entfliehen konnte… Den täglichen Wahnsinn. Die Schuldgefühle. Dieser erdrückenden Angst. Dieses Gefühl von Wertlosigkeit. Diesen Selbstmordgedanken. Er wünschte sich oft, er wäre ein Aussehnstehender. Jemand der von Außen alles nur erblickte, es betrachten konnte und nicht mitten im Geschehen war. Jemand, der das Leid nicht bemerkte und dementsprechend nichts unternehmen musste. Jemand, der nur die Außenwände dieses Gebäude sah und nicht das, was in den vieren Wänden sich abspielte. Jemand, der dachte: “Alles war in Ordnung”. Doch er sah und wusste, dass es dem nicht so war. Nichts war mehr in Ordnung. Nicht mehr, seit dem Vater sich benahm, als wäre er von einem Dämonen besessen. Nicht, seit dem Temari fast jeden Tag weinte und Gaara blutige Tränen vergoss. Es riss jeden Tag von Neuen seine so mühsam aufgebaute Traumwelt wieder ein. Doch klammerte er sich an das bisschen Hoffnung. An das bisschen Glauben, dass ihre kleine, ‘heile’ Welt noch stand. Was anderes hatte und blieb ihm nicht übrig. Doch dass einzige was eigentlich nur noch existierte, war eine Ruine. An der Stelle wo einst einmal ihre Familie gestanden hatte… ~*~*~ Ein kühler Winterwind wehte über den Bürgersteig. Streichelte seine vor Kälte gerötete Wangen. Wirbelte sein braunes Haar durcheinander. Mit lautem Motorengeheul fuhr ein Auto auf der Straße an ihm vorbei. Ein wenig zitternd zog er den Kragen seiner Jacke mehr zusammen. Scharrte mit seinen Stiefeln über den Boden und betrachtete diesen mit seinen dunklen Iriden. Der Schnee war schon lange durch den Smog in der Luft und dem Dreck der Straße ergraut. Leise Schritte knirschten neben ihm auf. Dunkle Schuhe zogen weitere Spuren und Abdrücke durch die platt getretenen Schneedecke. Hastig riss Kankuro seinen Kopf hoch. Wenigstens um einmal in das blasse Gesicht des anderen sehen zu können. Wenigsten um bescheid zu wissen, dass mit diesem alles ‘in Ordnung‘ war. Doch die türkisen Augen des Rothaarigen blieben ausdruckslos. Ausdruckslos, kalt und tot. “Bis dann, Gaara.” Leicht hob er die Hand zur Verabschiedung, doch sein jüngerer Bruder reagierte gar nicht darauf. Stumm und steif wie eine Puppe lief der Rothaarige der neben der Oberschule anliegenden Mittelschule entgegen. Ein zittriges, aufmunterndes Lächeln war auf seinen Lippen, doch helfen würde es wieder nicht. Sowie jede vergangenen Woche. Sowie jeden kommenden Tag. Sowie jeden verfluchten Moment! Es half einfach nichts und er selbst wusste nicht mehr wirklich weiter. Er wollte es nicht mehr ersehen, aber aus sich herauskommen konnte er auch nicht. Immer noch war er der große Bruder. Der große Bruder, der helfen wollte. Der helfen sollte. Der helfen musste. Der große Bruder, der nicht mehr weiter wusste. Der große Bruder, der feige war. Der Angst hatte. Er war der große Bruder, der schwieg. Der weg sah. Der am liebsten blind wäre oder wenigstens die Augen vor allen verschließen könnte. Taub, um all das Leid zu überhören. Um die stumme Hilfeschreie nicht zu bemerken… Träge senkte sich der Arm wieder. Das Lächeln wie von den Lippen gewischt. Müde setzte er seinen Weg fort. Leise knirschte der Schnee unter seinen Schritten. Kleine Böen tanzten über den Boden und umschmeichelten seine Schuhe. Ein Schatten bildetet sich über seine Augen. Die Schultern leicht eingezogen und den Kopf gesenkt. Wie würde Gaara’s Schultag heute werden? Wie würde sich sein jüngerer Bruder durchschlagen? Würde es vielleicht jemand bemerken? Würde es vielleicht jemand sehen? Der weiße Verband an der linken Hand seines Bruders? Die blauen Blutergüsse auf den Oberarmen? Die Schrammen an den Knien? Würde jemand genau das sehen, was der Braunhaarige selbst sah? Würde es jemand sehen und endlich das sagen, was er selbst nicht sagen konnte und durfte? Würde es jemand… Oder holte der ganz normale Alltag sie eiskalt wieder ein? Mit langsamem Gang lief er in Richtung Schulgebäude. Vor sich betrachtete er die Rückenansicht seiner Schwester. Sie schwatzte soeben mit ihren Freundinnen, lachte leise über die Erzählung ihrer Nachbarin. Das blonde Haar wippte leicht auf und ab. Den Kopf erhoben und mit schwungvollen Schritten betrat sie die Schule. Ein erneuter Schatten legte sich über seine Augen, noch ehe der vorheriges gänzlich abgeklungen war. Seine Körperhaltung sank immer mehr in sich zusammen. So sehr, dass es fast aussah, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. Unter der Last, die auf seiner Schultern lag. Unter dem Schweigen und der oft greifenden Chance, all dem Leid einem Ende zu setzen. Doch die Angst vor den Folgen war größer. Größer als die Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit in ihm. Die Folge alles zu verlieren, was sie noch hatten: Ihre Geschwister - der letzte Rest Familie, der ihm blieb. Wann würde endlich derjenige erscheinen, der seine Geschwister aus diesen Leid befreite? Wann würde endlich derjenige kommen, der die Augen öffnete und nicht taub auf die stumme Schreie war? Wann würde endlich derjenige da sein, der ihm all diese Last und all diese Arbeit abnahm… Doch alles schien wie immer. Niemand würde es sehen. Die kaputten Augen seiner Schwester. Selbst wenn diese lachte, so erreichtes es nie ihre türkisen Iriden. Der Ausdruck in diesen Spiegeln war leer. Emotionslos und wie tot. Aber niemand sah es. Niemand bemerkte es. Niemand außer Kankuro selbst, der wusste, was wirklich seine Schwester kaputt machte. Kaputt und einsam… Stickige, warme Luft wehte ihm entgegen, als er das überfüllte Schulgebäude betrat. Trat damit in den erheblichen Kontrast gegenüber der Kälte des Winters. Sofort wurde die idyllische Ruhe von Draußen durch Stimmengewirr, Gelächter und Geschrei zerrissen. ‘Willkommen Alltag’ - er hatte ihn wieder. Die Schritte klangen dumpf, als er über den laminierten Boden lief. Leicht rempelte er einige Schüler an, welche im hastigen Lauf über die Gänge hetzten. Seine Schwester hatte er schon lange aus seinen Augen verloren. Nicht nur heute, sondern schon vor vielen Wochen… Seine verkrampfte Haltung von eben lockerte sich. Mit erhobenen Haupt wanderte er durch den Gang. Ein Seufzen verließ seine Lippen, ehe er mit gespielten Lächeln durch den Schulgang lief. Ein Lächeln, was seine Augen nicht erreichte. Hier und da hob er zum Gruß seine Hand, um einige Freunde oder nur flüchtige Bekannte zu begrüßen. Er kannte viele aus seinen Jahrgang. Viel zu viele… Doch niemand kannte ihn wirklich. Niemand kannte den so zerbrechlichen Jungen hinter seiner Fassade. Niemand kannte ihn ohne sein Lächeln. Niemand kannte ihn ohne seine Maske. Er lächelte jedem eine heile Welt vor. Ein heiles Leben. Behütet und beschützt in den starken Armen des Vaters. Die starke Arme, die jeden Tag den Sohn niederschlugen. Die starken Arme, die immer wieder von neuen den Körper der Tochter berührten, ihn niederdrückte, ihn beschmutzte. Diese starken Arme, geschaffen um ungeheuerliches zu tun. Er lächelte und niemand bemerkte es. Genauso war es bei seinen Geschwister… Sie alle spielten ihre Rolle perfekt. Sie blieben solange als Akteur auf der Bühne, bis der Henker sie nachts wieder holen kam… Temari war immer noch so temperamentvoll wie immer. Niemand sah ihre toten Augen. Bemerkte ihre entsetzliche Angst vor Berührungen. Oder die Angst davor, dass jemand herausfand, dass sie Sex mit ihrem Vater hatte. Niemand bemerkte es. Gaara war weiterhin verschlossen. Niemand sah die vielen Wunden und Verletzungen. Die Narben der Zeit, die in dessen Haut geschlagen waren. Geschlagen und mit den Monaten der Zeit nur leicht verblasst. Nie sah jemand die vergossen, blutigen Tränen. Niemand nahm den Rothaarigen wirklich wahr. Und trotzdem lächelte Kankuro weiter bei all den Elend, der sich zu Hause verschlossen hinter ihren eigenen vier Wänden abspielte. Vielleicht um selbst einen sicheren Halt zu finden? Um sich selbst zu zeigen ‘alles war in Ordnung’? Er lächelte und belog alle um sich herum. Doch am meisten belog er sich selbst, ohne es zu bemerken… Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Erschrocken und ein wenig in Gedanken versunken, zuckte er zusammen und neigte seinen Kopf zu Seite, um den Neuankömmling sehen zu können. Sofort wurde er mit einem breiten Grinsen begrüßt, welches mit derselben Breite auf den Lippen erwidert wurde. Hastig schlängelte er sich aus dem Griff und boxte seinem Hintermann freundschaftlich auf die Schulter. “Hey, altes Haus! Was ist los?” “Heut’ Abend, 19.00 Uhr, bei Speedy! Bring ein paar Leute mit!” Der Braunhaarige nickte zu der Aussage und der Einladung. Beide liefen die restlichen Meter zu ihren Klassenzimmer zusammen. Er selbst würde heute Abend dabei sein. Er musste! Sein Nebenmann erzählte wieder ausgiebig, wie viele Mädchen er dieses Mal wohl abschleppen und ins Bett bekommen konnte. Doch Kankuro hörte nur mit einen Ohr zu. Schließlich kannte er diese Leier schon in- und auswendig. Unter anderem interessierte es ihm nicht. Mädchen waren ihm egal. Er hätte nicht einmal Zeit für eine Freundin. Wie auch? Was würde sie sagen, wenn sie erfahren würde, was wirklich hinter seiner fröhlichen Fassade lauerte? Ein feiger Junge, der aus Angst in die Schusslinie seines Vaters zu kommen, seine beiden Geschwister im Stich ließ und diese nach vorne an die Front stieß. Je weniger er innigeren Kontakt zu anderen pflegte, desto eher konnte er über das Elend zu Hause schweigen. Flüchtige Bekannte fragten weniger, als Freunde. Es war feige. Anstatt zu Hause zu versuchen seine Geschwister zu unterstützen, stürzte er sich in jede Party, die er zum Greifen bekam. Anstatt selbst Trost zu spenden, suchte er sich diesen zwischen all diesen vielen Menschen, ohne es dabei zu zeigen oder etwas zu sagen. Kankuro wusste, wenn er zwischen all diesen ganzen Partyverrückten war, dann kam er dem normalen Alltag eines Jugendlichen immer näher. Der Alltag war zum Greifen nah und er packte jede Gelegenheit beim Schopf. Jede Chance, um seiner heilen Traumwelt so nah zu sein, damit er all das Elend zu Hause vergessen konnte. Er war feige. Er würde es vielleicht immer bleiben. Und dieses Gefühl war eklig… Dieses Gefühl ein Verräter zu sein. Dieses Gefühl von Schuld. Von Wertlosigkeit. Aber er wusste: Zwischen all den Massen, der lauten Musik, dem Tanzen und den vielen Alkohol würde dieses ekelhafte Gefühl wie auf einer tobenden Welle einfach davon getragen werden. Er konnte verdrängen, vergessen, einfach nicht mehr daran denken. Mit dieser Party würde er wieder Abstand gewinnen können. Abstand zwischen sich und der kaputten Familie. Abstand zwischen sich und diesen ganzen Elend. Abstand zwischen den kaputten Zuschauer und dem Jungen mit der perfekten Maske… Beide erreichten den Klassenraum und trennten sich wieder, um auf ihre Plätze zu kommen. Hastig schlängelte er sich durch die einzelnen Tischreihen, da es sicherlich bald zum Unterricht klingeln wurde. Schnell grüßte er einige mit Handschlag, andere wiederum mit einem freundlichen Kopfnicken. Seine Schritte flogen über das abgenutzte Holzparkett, als er neben seiner Bank stehen blieb. Seufzend ließ er seine Tasche auf den Tisch fallen und sich selbst auf den Stuhl. Der Schultag hatte noch nicht einmal begonnen und er war ihn jetzt schon überdrüssig. Sein Blick schweifte durch den Raum. Wen könnte man fragen, um auf eine gute Party mitzukommen? Am liebsten hätte er seinen Bruder oder seine Schwester mit genommen. Einfach, damit beide einen Abend aus den Krallen ihres Vaters entkamen. Aber jedes Mal wurde er mit einer Ablehnung weggeschickt. Kurz darauf verschlossen sich seine Geschwister ihm gegenüber immer mehr. Er war sich sicher, dass es dieses Mal ebenso der Fall werden würde. Sein Blick ruhte einen Moment auf der leeren, grünen Wandtafel. Es sollte jemand sein, von dem er unabhängig und der ebenso pflegeleicht war. Doch in seiner Klasse kannte er niemanden der Jungs, der nicht auch so auf die Party gegangen wäre. Nun ja, fast niemand. Sofort schaute er seinen Banknachbarn an. Betrachtete diesen genauer. Das braune Haar war ein wenig zersaust in einen provisorischen Zopf gebunden. Der Kopf war zur Seite geneigt. Die lavendelfarbenen Iriden sahen ein wenig abwesend, aber auch auf etwas warten hinaus. Hyuuga, Neji - der Junge war die perfekte Wahl! Dieser war ruhig und eher Eigenbrötler. Nicht irgendjemand der Dinge hinterfragte, sondern die Tatsachen einfach annahm. Zwar quatschte der Hyuuga öfters von irgendwelchen Sachen, wie ‘Das Schicksal bestimmt alles’ und so weiter, doch Kankuro kam mit ihm klar. Jeder hatte seine Macke und seinen Tick, deswegen unterschieden sie sich doch alles von einander. “Hey, Neji-Kun! Bock heute Abend zu kommen? 19.00 Uhr bei Speedy!” Ein breites Grinsen war auf seinen Lippen zu sehen, welches sogar seine trüben Augen erreichte. Noch nie hatte er den Hyuuga auf einer wirklich spitzenmäßigen Party gesehen. Vielleicht weil ihn niemand einlud? Also wurde es langsam einmal Zeit! Schließlich sollte man versuchen das Leben zu genießen. Sofort bekam er ein abwesendes Nicken als Antwort. Vielleicht war es unbeabsichtigt, denn im nächsten Moment riss der andere seine lavendelfarbenen Iriden weiter auf. Pech, aber Antwort blieb Antwort. Kankuro war da hartnäckig. Sein breites Grinsen wurde noch größer, als sein Gegenüber die Stirn in Falten legte. Beide kannten sich zwar nicht wirklich gut und die wenigen, bekannten Charaktereigenschaften hatte er selbst in den Jahren an seinen Nebenmann gesehen oder bemerkt. Man konnte nicht einmal sagen, sie seinen Freunde, aber trotzdem waren sie schon seit der Mittelstufe immer in derselben Klasse gewesen. Mit einem freudigen Grinsen klopft er den immer noch perplexen Jungen auf die Schulter und demonstrierte damit, dass er es als ein ‘Ja, ich werde kommen’ interpretierte. Danach wand er sich wieder seiner Schulbank und der Tasche zu. Den anderen Jungen in seiner Verwirrung zurücklassend. Heute Abend würde er wieder verdrängen können. Verdrängen und vergessen… ~*~*~ Laut dröhnte die Musik von allen Seiten. Brach über ihn herein wie eine tosende Welle. Schwemmte ihn mit ihrem Rhythmus, mit ihrem Beat weg. In weite Sphären. In weite Ferne. Er kam sich vor, als könnte er das ganze Universum spüren. Die dunklen Iriden waren hinter den verschlossenen Augenlider verborgen. Leicht schwenkte er seine Hüfte zur Seite. Bewegte seinen Körper im Takt des Liedes. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Adrenalin schoss durch seine Adern. Fahrig strichen seine Finger über den femininen Körper vor sich. Berührten ihren Busen, streichelten über ihre fast entblößten Seiten. Anmutig schmiegte sich das Mädchen gegen ihn. Drückte ihren Po gegen sein Becken. Wippte ihre Hüfte im Takt mit. Seine Hände wanderten weiter nach unten. Er griff ihr in den Schritt. Packte mit der andere Hand ihr schwarzes Haar, um den Kopf in den Nacken zu zerren. Dunkle Strähnen kitzelten seine Wange. Strichen über seine Haut. Wild dirigierte er ihr Gesicht zu seinen eigenen. Die schwarzen Augen einen kleinen Spalt geöffnet. Verrucht sah er sie an. Ein Grinsen auf den Zügen. Fordern presste er seine Lippen auf ihrige. Ein tiefes Keuchen entwich ihrer Kehle. Sofort schlüpfte seine Zunge durch den entstanden Spalt und erforschte das neue Gebiet. Rau strich er über die einzelnen Zahnreihen, über den Gaumen, ehe er ihre Zunge leicht antippte, sie zum Kampf herausforderte. Vergessen war das Umfeld. Vergessen war das eigentliche Leben. Vergessen das Elend der Familie. Nur die Musik und die Bewegungen um ihn herum auf der Tanzfläche zählten. Heiß küssten sie sich. Wild, fordernd und verlangend. Wie im Rausch kam er sich vor. Einen Rausch, aus dem er nicht mehr entfliehen wollte. Dann war das Lied vorbei. Wie benebelt löste er sich von den Mädchen. Starrte sie einen Moment an, bevor er ihr über die Lippen leckte und sich abwandte, um die enge Tanzfläche zu verlassen. Der Rausch, den er in der Musik erlebt hatte, war vorbei. In dem Moment wo der letzte Takt geschlagen hatte. Seine Knie fühlten sich weich an, als er den Weg zum Büffet einschlug. Seine Schritte klangen dumpf auf den Teppichboden. Waren schwerfällig. Lachend begrüßte er einen seiner Freunde, welcher sich eben eine Dose Bier genehmigte. Ein wenig schwankend lehnte Kankuro sich gegen die Wand, ließ sich an dieser herunter rutschen, ehe er die Dose eines anderen entgegennahm. Er trank einige kräftige Schlücke. Ein breites Grinsen zierte seine Lippen. Ein Grinsen, was er schon den ganzen Abend auf seinen Zügen trug. Mit einem leisen Knirschen zerdrückte er den Behälter in seiner Hand und warf ihn in eine Ecke des Raumes. Träge wühlte er in seiner Hosentasche nach seiner Zigarettenschachtel, um sich eine zu gönnen. Doch schnell muss er einsehen, dass er seine anscheinend beim Tanzen im Zimmer verloren hatte. “Na, deine wieder verloren?” Leicht nickte er, bevor ihm sein Nebenmann eine anbot, die er dankend annahm. Auch Feuer wurde ihm sofort gereicht. Langsam steckt er sich den Filter in den Mund, ehe er das andere Ende anzündete. Kurz zog er an dem Klimmstängel, damit es angefacht wurde. Noch immer spürte er die Vibrationen der Musik in seinem Leib. Immer noch den Körper dieses Mädchens, welches sich anreizend an ihm geschmiegt hatte. Genussvoll schloss er seine Augen und ließ die Geräusche der Umgebung auf sich wirken. Legte den Kopf in den Nacken und genehmigte sich einen Zug seiner Zigarette. Herrlich. Das Leben war einfach nur herrlich. Ohne Probleme. Ohne Ängste. Ohne Sorgen. Was wollte er da mehr? Er konnte vergessen. Er konnte verdrängen. In diesen Augenblick zählte nur der Moment. Alkohol. Drogen. Zigaretten. Musik. Mädchen. Mehr brauchte man nicht, um zu vergessen. Mehr brauchte man nicht, um nicht mehr am wirklichen Leben teilzuhaben. Mehr brauchte man nicht, um daran zu denken, dass zu Hause Schwester und Bruder saßen. Allein, mit ihrem Vater, der sie zerstörte. Er schüttelte die Asche ab, bevor er weitere Züge nahm. Sein Körper kam nicht zur Ruhe. War voller Energie. Voller Adrenalin, was er loswerden musste. Was er loswerden wollte. Ungeduldig tippte er mit der Fußspitze auf den Boden. War nur in Bewegung. Der letzte Zug, ehe er die Zigarette im Teppich ausdrückte. Damit einen hässlichen, schwarzen Brandfleck hinterließ. Ein weiterer Fleck auf diesen abgewetzten Teil. “Die Pillen wirken echte Wunder, nicht? Wir sollten Speedy da echt dankbar sein, dass er sie so billig vertickt.” Leicht nickte er. Eine Party ohne Drogen hatte Kankuro noch nie erlebt. Zu erst wollte er bei lauter Musik und wilden Tänzen alles vergessen. Er wollte alles verdrängen, was zu Hause geschah. Aber es war unmöglich. Er musste pausenlos daran denken. Er musste! Das schlechte Gewissen und die Schuldgefühle zerrissen ihn innerlich so sehr, dass er am liebsten schreien würde. Doch kein Ton kam über seine Lippen. Das Lächeln wie festgewachsen auf seinen Zügen. Doch es bröckelte. Es zerbrach immer mehr, je länger er tanzte. Je müder er wurde. Und je mehr die Müdigkeit gewann, desto mehr dachte er daran, wann er den Weg nach Hause einschlagen wurde. Zu Hause. Die Hölle auf Erden. Auch wenn er anfangs skeptisch war, hatte er sich in seinen Frust, in seiner Verzweiflung, seiner Angst und in seinem Rausch bei jeder Party immer mehr hineingesteigert. War dem Trott seines Umfeldes mitgegangen. Begonnen mit einigen, kleinen Bieren. Der Rausch war beeindruckend. Schnell hatte man den Dreh heraus, welche Menge man brauchte, um an nichts mehr zu denken. Um nichts mehr zu merken. Er konnte tanzen, mit Leuten reden, ohne das jemand merkte, wie falsch seine Maske war. Mit der Zeit aber erkannte der Sabakuno, dass es nicht gut war, sich bis zum Koma zu saufen, damit man nichts mehr von seiner Umgebung mitbekam. Doch lösen davon konnte er sich nicht. Er brauchte diesen Rausch. Dieses Gefühl, dass man alles und jeden schaffen konnte. Im Rausch konnte er alles machen, was er nüchtern nie schaffen würde. Doch Alkohol machte müde. Müdigkeit die ihm auf den Weg nach Hause zwang. Und dann passierte es… Mitten im Gespräch hatte ihm Speedy von diesen ‘Wunderpillen’ erzählt. Schwärmte regelrecht davon. Redete darüber, dass sie überall, auf jeder Party im Umlauf waren. Kankuro hatte sie probiert. War dieser Hoffnung von Vergessen und Verdrängen in die Falle getappt. Und diese Falle war erfolgreich gewesen. Hatte zugeschnappt und ihn mit Erfolg gefangen genommen. Das Ergebnis war glorreich. Sein Körper war voller Energie. Er konnte tanzen, tanzen, tanzen und die ganze Nacht lang wach bleiben, ohne daran zu denken, dass er nach Hause müsste. Nicht nur das. Er nahm sein gesamtes Umfeld anders war. Intensiver. Kurz quatschte Kankuro mit seinem Freund. Unterhielt sich darüber, wie viele Mädchen dieser an diesen Abend schon angebaggert hatte. Mit wie vielen sie schon auf der Tanzfläche ihren Spaß hatten. Doch blieben beide nicht nur bei diesen belanglosen Thema. So hastig wie sein Körper in Bewegung war, so waren es seine Gedanken. Ruhelos und rastlos, springend von einem Moment zum nächsten. Sofort schweiften sie wieder zum kommenden Sportfest der Schule. Welche Disziplinen sie absolvieren wollten und welche Ziele sie sich gesteckt hatten. Der Sabakuno wollte der Basketballmannschaft, als ihrigen Captain zum Sieg verhelfen. Es folgten noch weitere, belanglosere Gesprächsthemen. Als wäre nie etwas gewesen. Als würde es all das Elend zu Hause nie geben. Höchstens in einem Film. In einen Horrorstreifen. Oder einen Traum. Einen Alptraum. Ein schlechter Trip. Ein Flash. Mehr nicht. Das Leben rannte an Kankuro vorbei und er war mittendrin. Im Mittelpunkt und lebte. Und es fühlte sich einfach unglaublich an. Wie leicht und schwerelos kam er sich vor. Wie intensiv er alles um sich herum wahrnahm. Die Lasten auf seinen Schultern, auf seiner Seele nicht mehr zu spürend. Vergraben in die tiefste Ecke seines Bewusstseins. Darauf hoffend, dass sie dort blieben. Vergessen war der heutige Nachmittag zu Hause. Vergessen waren die heutigen Schreie seines Vaters. Vergessen waren die unscheinbaren Tränen seines Bruders. Er hatte es verdrängt. Tief in sein Unterbewusstsein vergraben und damit vergessen. Er lebte im Augenblick. Er lebte für den Moment. Lachend stemmte er sich auf seine Knie ab, um aufzustehen. Leicht schlug er seinen Kumpel gegen die Schulter, ehe er sich am Büffett bediente. “Werd’ mal nach Neji-Kun gucken, nicht dass er schon verschwunden ist, bevor der Abend begonnen hat.” Kankuro bemerkte nicht den Blick seines Freundes, der beim Namen des Hyuuga eine grässliche Grimasse zog. Selbst wenn er es sehen würde, war es ihm egal. Wie alles andere, was heute war. Er lebte diesen Moment. Er lebte, mehr zählte nicht. Hastig belud er einen Teller voll Essen, ehe er diesen lachend durch den Raum balancierte. Erneut wurde er von wen angestoßen, sodass seine Last in den Händen gefährlich mit schwanken begann. Kankuro wandte sich zur Seite, ehe er einen seiner Klassenkameraden erkannte und ihm mit breitem Lächeln und einem Nicken begrüßte. Es war schwer sich einfach so durch die Massen zu bewegen. Eher kam er sich vor, als würde er auf einer großen Welle reiten. Eine Welle die ihn dahin trieb. Weg von allen und jedem. Er trieb in der Masse mit. Im großen Meer der Party. Im Rauschen der Musik. Die Rufe und Stimmen um ihn herum waren wie hinter einen dichten Schleier, als er der grölenden Masse näher kam. Erneut wurde er an der Schulter angestoßen. Kam gefährlich ins Taumeln. Reflexartig ergriff er den Arm der Person. Riss diese damit näher an sich heran. Am Rande nahm er nur die Versuche wahr, die der andere anstellte, um sich aus den Griff zu reißen. Bemerkte nicht die bebenden Schultern. Die geballten Fäuste. Erkannte nicht die Unruhe im Körper des anderen. Diese Emotionen, die dessen Leib zum erzittern brachten. Plötzlich riss sich der andere aus seinen Griff. Überrascht und ein wenig erschrocken blinzelt Kankuro. Es dauerte einige Sekunden, ehe er erkannte, wessen Arm er eben gehalten hatte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Züge. Unwissen, was er damit im Inneren des anderen auslöste. “Neji-Kun, was ist los? Eigentlich wollt ich fragen, ob du was essen willst. Hab dir was vom Büffet mitgebracht.” Rau klang seine Stimme. Rau und dennoch weich, sodass er den anderen damit zum Stehenbleiben zwingen konnte. Erneut rief er dessen Namen. Melodisch klang er auf seiner Zunge, was ihm erst in diesen Moment auffiel. Am liebsten würde er ihn Tausendmal rufen. Ihn immer wieder sagen. Neji-Kun… Es hatte etwas Beruhigendes an sich. Etwas Normales. Etwas was nicht an zu Hause erinnerte… Erneut blinzelte er, bei den Gedanken daran, dass der Name eines einfachen Jungen solch eine Ruhe in ihm weckte. “Danke, aber ich hab schon etwas gegessen. Ich werde jetzt wieder nach Hause gehen.” Erschrocken und aus den Gedanken gerissen, zuckte Kankuro zusammen. Er wollte eben zur einer Antwort ansetzen, doch da war Neji schon in der Masse der Grölenden und Tanzenden verschwunden. Seufzend fuhr er sich durch sein Nackenhaar, ehe er den Teller einfach an jemanden anderen weiterreichte. “Hier!” Freudig grinste er den perplexen Jungen entgegen, bevor er sich wieder zur Tanzfläche bewegte. Erneut verschwand er in der tanzenden Menge. Bewegte sich im Takt der Musik mit. Sein Inneres vibrierte bei der Lautstärke. Tanzen. Tanzen. Tanzen. Tanzen. Er vergaß alles um sich herum. Es zählte nur noch die Musik. Der Beat. Der Rhythmus. Das Lied. Partydroge Ecstasy. Was harmlos begann, konnte zu einem Tanz mit dem Tod werden. 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