Memory von abgemeldet (...wie der Fisch im Sushi und das Wasser im Meer) ================================================================================ Kapitel 1: Memory ----------------- Von dem ganzen Ärger, der dadurch entstanden war, hatte Tooru selbst kaum etwas mitbekommen. Er fand es einfach nur toll, bei Kaoru wohnen zu dürfen, mit ihm in den Kindergarten zu gehen und auch daheim mit ihm spielen zu können und nachts mit ihm im selben Bett schlafen zu dürfen – obwohl Kaorus Eltern extra für ihn noch ein zweites in Kaorus Zimmer aufgestellt hatten. Außerdem mochte er Kaorus Eltern, Mine und Yoshio. Seine zwei Brüder nicht so sehr, weil die die beiden kleinsten immer wieder ärgerten. Einzig und allein die Tatsache, dass er nun andauernd mit irgendwelchen seltsamen Leuten reden musste, die so komische Fragen stellten, dass er manche nicht ein mal verstand, oder einfach nicht wusste, was er dazu sagen sollte, störte ihn an seinem neuen Leben wirklich. Er wollte nicht mit diesen Leuten reden, wenn er stattdessen mit Ru-chan spielen konnte! An all das erinnerte er sich heute, 14 Jahre später, kaum noch. Nicht, dass er es völlig vergessen hätte, aber es war einfach nicht mehr ständig in seinem Bewusstsein. Nur an zwei Dinge, konnte er sich richtig erinnern: zuerst war da der Tag, an dem sein neues Leben angefangen hatte… Nach dem Kindergarten hatte ihn nicht sein Papa abgeholt, sondern Kaorus Mama. Sie hatte seine ganzen Anziehsachen in einer großen Tasche dabei gehabt und während Mine Toorus Kleider aus der großen Tasche nahm, neu zusammenfaltete und in Kaorus großen Schrank legte, packten der mit seinem Ru-chan seinen kleinen Rucksack aus. Viel war nicht drin, nur ein paar seiner allerliebsten Spielsachen, das Märchenbuch, sein Kuscheldrache, ein eingerahmtes Foto seiner Mama und Kaorus Bild. Das war Toorus größter Schatz! Er hatte es extra in das dicke Märchenbuch gelegt, damit es auch ja nicht kaputt ging. Doch er musste Mine etwas ganz wichtiges fragen. Deswegen nahm er das Papier so vorsichtig, wie das mit seinen kleinen Händen nun mal ging und lief zu der Frau. „Mine, Mine!“, vorsichtig zog er an dem Saum ihres Pullovers und sah erwartungsvoll hoch. „Was ist denn, mein kleiner Schatz?“, fragte sie und hockte sich vor Tooru. Sie hatte in den letzten Tagen viel geweint und das sah man ihr auch an. „Bist du traurig?“, fragte Tooru und legte vorsichtig einen Finger auf ihre gerötete Wange. „Du musst nicht traurig sein… Mama ist doch ein Engel und Papa macht Urlaub.“, lächelte er sie an. Er wollte nicht, dass Mine traurig war. „Schon gut, Tooru…“, sie streichelte ihm über den Kopf und lächelte tapfer. „Was wolltest du mir denn sagen?“ Einen Moment lang musste Tooru überlegen, was er denn eigentlich gewollt hatte, aber dann fiel es ihm wieder ein und er hielt ihr fröhlich lächelnd sein Bild hin. „Da, das hat Ru-chan gemalt… für mich… aber ich kanns nich lesen…“, meinte er dann schüchtern. „Ist doch nicht schlimm.“, lächelte Mine und besah sich das Bild. „Na das hier ist Kaorus Name.“, damit zeigte sie, wie auch Kaoru schon, auf das größere und verschachteltere Zeichen und Tooru nickte, das wusste er ja schon. „Und das hier, bedeutet ‚Kyo’…“ Tooru sah sie mit großen Augen an. Kyo…so hieß er aber gar nicht… das sollte doch sein Name sein! Ru-chan und er. Kaoru hatte inzwischen Toorus Drachen ins Bett gelegt und das Foto gefunden und war auch angetapst. Tooru war den Tränen nahe. Das war nicht er da auf dem Bild, das war ein ganz anderer Name. Hatte Kaoru ihn denn dann gar nicht mehr lieb, oder war das gar nicht sein Bild, wenn das nicht sein Name war?? „Dann musst du ab jetzt Kyo heißen…“, nuschelte Kaoru ein bisschen schüchtern. Er konnte nun mal das Zeichen für Tooru nicht malen, aber deswegen sollte der doch nicht weinen… „…in echt?“, fragte Tooru seinen Freund. Wenn er jetzt Kyo hieß, dann war das doch alles okay, oder? Kaoru nickte. „Jap, du bist jetzt Kyo!“, strahlte er und zeigte ihm und seiner Mama das Foto. „Wer is das?“ „Meine Mama! Die is ein Engel!“, erklärte Kyo fröhlich. „Sollen wir das hierhin stellen?“, fragte Mine immer noch tapfer lächelnd und zeigte dabei auf die kleine Kommode. Ab da schien sein Leben fast perfekt. Jeden Tag mit Ru-chan zum Kindergarten, jeden Tag in Ru-chans Bett einschlafen und jeden morgen wieder mit ihm aufwachen. Bis zum nächsten Ereignis, an das er sich leider noch gut erinnerte: Kaorus erster Schultag… Natürlich hatte er gewusst, dass Kaoru bald zur Schule gehen würde, das war immerhin ein ziemlich großes Thema in der Familie. Er wäre ja auch sofort mitgekommen, wenn Mine ihn gelassen hätte. Aber irgendwann musste selbst er einsehen, dass er noch zu klein dafür war. Immerhin durfte er bei Kaorus Einschulung dabei sein, er durfte auf Mines Schoß sitzen und sah staunend all die großen Kinder in ihren Schuluniformen. Und mitten drin sein Ru-chan. Sein bester Freund war jetzt einer von den ganz großen. Das machte ihn fast noch stolzer als dessen Eltern. Mit was Tooru allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass die Schule Ru-chan verschlucken würde. Aber sie tat es! Diese große Tür war wie ein riesiges Maul, das diese ganzen großen Kinder einsaugte und verschlang und nicht mehr ausspuckte. Er stand mit den ganzen anderen Eltern draußen und die Erwachsenen sahen alle nur zu. Und er wartete, dass sein Ru-chan wieder raus kam, aber er kam nicht. Er wollte ihm nach, aber Mine hielt ihn fest und fragte, was denn los sei und warum er weinen müsse, aber Kyo konnte gar nichts anderes machen als zu weinen und immer wieder „Ru-chan“ zu schluchzen. Er wollte seinen Freund zurück! Die Schule sollte ihn wieder hergeben! Aber sie gab ihn nicht her. Jeden Tag verschluckte sie ihn und Kyo war den ganzen Tag ohne seinen Kaoru im Kindergarten. Nicht, dass die anderen Kinder nicht nett gewesen wären, aber ohne seinen Kaoru… fühlte er sich so alleine… An dieses Gefühl konnte er sich am besten erinnern. Es kam wieder, als er merkte, dass er auch in der Schule nur in den Pausen bei Ru-chan sein konnte und als er sah, wie viele neue Freunde er hatte und als Kaoru in die Mittelschule kam und ihn alleine in der Grundschule zurück ließ. Selbst als dasselbe mit der Oberschule passierte, obwohl er doch eigentlich inzwischen vernünftig genug war, um zu wissen, dass das so nun mal lief... Kyo selbst hatte auch nie viele Freunde. Kaoru war doch der einzige, den er brauchte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)