Blacklist von Saya_Takahashi (Auf der Liste des Todes) ================================================================================ Kapitel 28: Das Ende einer Geschichte /Teil1 -------------------------------------------- Es war spät, als Sasuke aus dem Taxi stieg und den Fahrer bezahlte. Es regnete in Strömen und er hatte noch einige Minuten zu Fuß vor sich. Er folgte einem matschigem Sandweg, auf dem gerade einmal ein Auto platz fand und lief immer weiter, bis er ein altes Landhaus erreichte. In den Fenstern brannte vereinzelt Licht, und dennoch lag es wie Tod vor ihm, wie verlassen und unbewohnt. Er durchquerte das Tor, das gänzlich aus Stein gemeißelt war und lief an dem überwucherten Garten entlang. Über Jahre war hier nichts mehr gemacht worden, und vermutlich hatte hier auch Jahre lang niemand gelebt. Er war in Vergessenheit geraten … Sasuke hielt für einen Moment an, denn er spürte, dass er eine Pause brauchte. Nicht seiner Kraft wegen, sondern um seine Gedanken zu ordnen und seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Er hatte von der Alten diese Adresse bekommen, und als er das steinerne Tor durchquerte, war er sich sicher, dass Itachis Mörder hier auf ihn warten würde. Er wusste, dass er kam. Und er wusste, dass er richtig entschieden hatte. Vermutlich hätte ihm die Alte aber auch die gleiche Adresse gegeben, wenn er nach Sakura gefragt hätte … Itachis Mörder und Sakuras Aufenthaltsort – beide lagen sie hier. Und als er das verrostete Türschild am Eingang fand, die Initialen S.H. war er sich sicher. Hier hatte früher Sakura gelebt. Wahrscheinlich nicht allein, sondern mit etlichen Bewachern, aber hier hatte sie mit Sicherheit gelebt. Sasuke öffnete die Tür. Er klopfte nicht an, er klingelte nicht. Er wusste, dass er erwartet wurde. Erwartet von ihr. Alles war geplant. Und er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Sasuke durchquerte den Vorsaal, ohne auf irgendetwas zu achten. Man würde ihn nicht angreifen, keine Killer würden ihn aus dem Hinterhalt erschießen. Er folgte den Lichtern an den Wänden und spürte instinktiv, dass sie ihn zu ihr führen würden. Er nahm die Treppe, ging langsam und ohne Eile. Er lief den Gang entlang, blieb kurz vor einer Tür stehen und entsicherte seine Waffe. Er trat ein, verlassen von jeglicher Emotion. Verlassen von seinen früheren Gefühlen. Er trat ein und sah in das Gesicht einer Mörderin. Und abgestumpft blickte Sakura zurück. „Hallo Sasuke“, sagte sie mit eisiger Stimme, in der eine Spur Belustigung und gleichzeitige Wehmut klang. „Du hast also mit Irene gesprochen.“ Sasuke nickte, unfähig ein Wort zu sagen. Sakura sprechen zu hören erweckte Erinnerungen, die ihm nun vorkamen, als wären sie vor ewig langer Zeit passiert. Als würden sie in den Sog des Vergessens geraten, in den Strudel der Vergangenheit. „Du hast deine Wahl getroffen“, sagte sie und schloss die Vorhänge des Fensters, aus dem sie zuvor geschaut hatte. „Ich bin fast etwas traurig, dass du dich nicht für mich entschieden hast …“ „Und dennoch bin ich bei dir“, gab Sasuke rau zurück, doch hörte man längst den wütenden Sturm, der sich in ihm sammelte. „Ich hätte nur niemals gedacht, dass ich dich auf diese Weise wieder sehe. Niemals …“ „Ich weiß.“ „Du weißt gar nichts.“ Sasuke wurde leise und blickte zu Boden. Seine freie Hand ballte sich zur Faust, derweil die andere seine Waffe hielt. „Du willst also, dass ich dich für Itachis Tod erschieße, hab ich recht? Seit wann erinnerst du dich?“ Er kostete ihn Mühe, ruhig zu reden. „Seit ich mit Irene sprach. Sie hat mir einiges erzählt, und der Rest kam von allein.“ „Der ganze Rest?“ „Der ganze Rest“, sagte Sakura und lächelte bitter. „Jede Kleinigkeit, jedes Detail aus meinem früheren Leben. Als hätte es die Amnesie nie gegeben … Ich bin zurück.“ „Und nun soll ich dich töten? Kannst du es nicht selbst? Oder lass es doch von Pain erledigen.“ „Du allein hast einen Grund dazu. Ich selbst besitze nicht den Mut und Pain gönne ich keinen Sieg.“ „Ich habe einen Grund, das stimmt …“ Sasuke sah Sakura wütend ins Gesicht. „Wie konntest du, Sakura? Ich verstehe es nicht! Du hast ihn gewarnt! Du hast gesagt, er hat dich geprägt!“ „Er war ein Auftrag, mehr nicht.“ „Hör auf …“, flüsterte Sasuke plötzlich. „Verdammt hör auf!“ Er zog seine Pistole und richtete sie gegen Sakura. Sein Gesicht war die verzerrte Maske eines Mannes, der durch die Hölle gegangen war, den Himmel gefunden hatte am Ende in die Tiefe stürzte. „Gott, er konnte sich nicht wehren! Er hat dir vermutlich vertraut! Und du hast ihn bei lebendigem Leib verbrannt!“ „Ich habe dir gesagt, dass ich ein Monster bin. Du wolltest es nicht glauben. Ich hoffe, du hast die Wahrheit endlich erkannt …“ Sakura zuckte kaum merklich zusammen, als Sasuke abdrückte und sie nur knapp verfehlte. Sie begann zu grinsen, zunächst nur leicht, doch dann wurde es immer teuflischer. „Du solltest besser zielen, Sasuke. Ich könnte den Versuch hegen, mich zu wehren. Aber ich würde mein Ziel nicht verfehlen.“ „Dann tus doch!“, rief Sasuke nun voller Zorn. „Schieß doch zurück! Du hast Itachi ermordet! Du hast … kein Herz …“ In Bruchteilen einer Sekunde hatte Sakura ihre Desert Eagle auf Sasuke gerichtet. „Stimmt“, sagte sie kalt. „Jetzt nicht mehr. Ich zähle bis vier Sasuke … dann drücke ich ab. Einer von uns muss sterben. Du oder ich. Aber für uns beide ist nicht mehr genug Platz. Nirgends.“ Sasuke verengte die Augen, und sein Blick war der eines hassenden Killers. „Eins …“, flüsterte Sakura, doch Sasuke rührte sich nicht. „Zwei …“ Ihre Stimme wurde lauter und ihre Augen funkelten in der Dämmerung. „Drei …“ Sie entsicherte ihre Pistole und richtete den Lauf auf Sasukes Stirn. Ihre Hand war ruhig, sie bewegte sich nicht ein bisschen. Sasuke beobachtete sie, wartete auf die letzte Zahl. Er sah Sakura, sah wie die Flammen um sie herum züngelten. Er hörte Itachis Schreie, die nicht seine gewesen waren. Sondern Sakuras … „Vier!“, schrie Sakura, drückte ab und zuckte heftig zusammen. Ihre Lippen begangen zeitgleich zu beben, ihre Augen sich mit Tränen zu füllen. Sie starrte auf Sasuke und auf seine Pistole, aus dessen Lauf ein nebliger Rauch kam. Sie ließ ihre Waffe fallen, lächelte erleichtert und sank auf die Knie. Und an der Wand neben Sasuke war ein kleines Loch zu sehen. Die vergehenden Sekunden fühlten sich für Sakura wie auch für Sasuke an, als würden Stunden verstreichen. Er sah zu Sakura hinunter, die noch immer auf dem Boden kniete und ihn ungläubig anstarrte. „Warum …“, flüsterte sie atemlos. „Warum hast du daneben geschossen?“ Ihre Stimme zitterte mit jedem Wort. „Tzz“, kam es voller Kälte. „Warum hast du daneben geschossen, Sakura? Ich denke, du hast noch nie dein Ziel verfehlt!“ Sakura lächelte schwach. „Es gibt immer ein erstes Mal …“ „Du hast … du hast Itachi getötet, und trotzdem … ich werde dir nicht den Gefallen tun und dich erschießen. Damit kannst du bis zu deinem Ende versuchen klar zu kommen. Oder auch nicht, mir ist es egal. Ich bin … fertig mit dir …“ Sakura riss die Augen auf, als sie die peitschenden Worte hörte. Mit offenem Mund schrie sie Sasuke an, flehte sie nicht so zurückzulassen. Doch sie schrie nur innerlich. Über ihre Lippen drang kein Ton. Einen flüchtigen Moment lang blieb Sasukes Blick auf ihr haften. Er sah ihre traurige Gestalt, und fast bewegte es sein erstarrtes Herz. Fast … mehr aber auch nicht. Dabei hatte er dieses Mädchen gemocht. Sie war immer mehr für ihn gewesen. Mehr als auf ein Auftrag. Mehr als eine gute Freundin. Er hatte geglaubt Liebe für Sakura zu empfinden, und ganz tief in seinem Inner spürte er dieses sterbende Gefühl noch immer. Aber sie war die, die Itachi ermordete. Alles hätte er in Kauf genommen, aber nicht das. Nicht, dass sie seinen Bruder umgebracht hatte. Und dennoch hatte er sie nicht erschießen können. Sie sollte diese Genugtuung nicht bekommen, nicht von ihm. Frei von Schuld? Tod, um nicht mit dem Wissen existieren zu müssen, ein Monster zu sein? Sakura sollte leben, und ihr Leben lang mit diesem Wissen verbringen müssen. Sie sollte die Schreie derer hören, die sie getötet hatte. Sie sollte Itachis Schreie hören … Und dabei hatte er nicht geschrieen. Sie hatte es gesagt. Oder war das am Ende nur eine Lüge gewesen? Sasuke schüttelte abwesend den Kopf. Er war hier fertig. Mit allem. Mit ihr. Er drehte sich um, denn er konnte Sakuras Anblick nicht mehr ertragen. Sosehr hatte er auf ein gutes Ende gehofft. Doch am Ende gab es keine Hoffnung mehr. Verzerrt hörte er das Klingeln seines Handys. Mit Sicherheit war es Naruto, den er die letzten Male immer weggedrückt hatte. „Ja“, sagte er einfach ins Telefon, wollte schon ansetzen und sagen, dass er gleich zurückkäme, als er innehielt. Er hörte Naruto zu, hörte wie der blonde Chaot mit dem Dauergrinsen weinte. Naruto weinte? Noch nie hatte er ihn weinen gehört … Und dann verstand er, was Naruto ihm ins Ohr schrie. Nicht nur seine Worte, sondern begriff er das ganze Ausmaß. Begriff seinen Fehler. Er zog seine Waffe, drehte sich abrupt um und drückte ab. Seine Augen weiteten sich voller Entsetzen, als Sakuras Desert Eagle nach hinten flog. Er sah zu dem Mädchen, hörte Narutos Schreie und sein Weinen. Und nach vielen Jahren spürte Sasuke zum ersten Mal wieder selbst den Drang zu weinen, als er das Blut über ihr Gesicht rinnen sah … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)