Blacklist von Saya_Takahashi (Auf der Liste des Todes) ================================================================================ Kapitel 12: Schreie aus dem Innern ---------------------------------- „Das gibt’s doch nicht“, fluchte Sasuke in den Kühlschrank, klopfte grob dagegen und fluchte erneut. „Kann hier denn nichts funktionieren?“ Sakura, die den boshaften Ausrufen des Uchiha gefolgt war, grinste vor sich her. „Ist er kaputt?“ „Keine Ahnung, ich bin ja kein Elektroniker. Aber das ganze Essen hier drin ist zerlaufen. Ich will gar nicht in den Tiefkühler … Sakura!“ „Oh!“ Kaum hatte Sakura die Tür des Gefrierschrankes geöffnet, kam ihnen eine Ladung Wasser entgegen. „Himmel, ist das kalt!“ Schnell hüpfte sie beiseite, doch waren ihre Socken längst durchnässt. „Deswegen solltest du den ja auch zu lassen!“, brummte Sasuke, schloss die Türen und ließ sich auf einen Stuhl fallen, um seine getränkten Socken ebenfalls auszuziehen. „Das hast du nicht gesagt.“ „Ich wollte, aber du warst ja schneller.“ „Und nun?“ Sakura hatte keine Lust auf die Schuldigenfrage. „Kannst du den reparieren?“ Sasuke schüttelte den Kopf und sah zur Uhr. „Ich fahr in die Stadt. Du kannst ja in der Zeit das Wasser aufwischen.“ „Wie bitte?“ Der Schwarzhaarige grinste leicht bei Sakuras empörter Miene. „Du hast es rausgelassen, oder? Und außerdem hast du so was zu tun und kommst nicht auf dumme Gedanken!“ „Tzz!“ Das Mädchen warf ihm einen verärgerten Blick zu, seufzte dann aber und ließ sich ergeben an den Tisch fallen. „Wann bist du zurück?“ „Ich bleib nicht lang“, sagte Sasuke und sah noch einmal zur Uhr. „Gegen drei bin ich wieder da. Und morgen kann sich Hinata den Kühlschrank ansehen. Die hat Ahnung von so was.“ Sakura nickte. Das sich Hinata damit auskannte, überraschte sie nicht. Die ruhige Hyuuga hatte sicherlich einige verborgene Talente, die man ihr nicht zutraute. Als Sasuke sich ein paar Minuten später verabschiedete, sah Sakura genervt auf die Wasserlache. Da hatte sie wieder einmal den Hauptgewinn abgegriffen … Es war bereits halb drei und gähnend zappte Sakura durchs Fernsehprogramm. Das Wasser hatte sie aufgewischt, war danach duschen gewesen und anschließend ins Wohnzimmer gegangen, um dem Wetterbericht zu lauschen. Der war seit einigen Minuten vorbei und ein nur zu bekanntes Gefühl machte sich in Sakura breit. Langeweile … Sie schlürfte zum großen zweitürigen Fenster und blickte nach draußen. Die Sonne schien, würde sich auch in den nächsten Tagen nur von ihrer besten Seite zeigen, und das Meer ging ruhig, genau wie gestern. Am liebsten würde sie jetzt einfach durchs Fenster klettern und zum Strand gehen, Barfuss durch den feuchten Sand laufen und in den leisen Wellen schwimmen. Sie seufzte und ging sie in den Vorsaal … Eine ganze Weile starrte Sakura auf den Zahlenblock, der sie von der erfrischenden Nässe trennte. Sasuke hatte ihr erklärt, wie das Codesystem funktionierte, wann der Alarm anging und wie sie es ausschalten konnte. Allerdings hatte er ihr nicht den Code gesagt, mit dem sich die Tür von Innen öffnen ließ. Sie wusste, wie man von Außen hineinkam, aber anders herum hatte sie keine Ahnung. Und falls sie dreimal eine falsche Zahlenkombination eingeben würde, spränge das System sowieso an und würde ihn per Satellit benachrichtigen. Sakuras Kehle entrann ein genervtes Stöhnen, als sie an das blaue herrliche Meer und die wärmende Sonne dachte. Sie aber war eingesperrt wie ein Löwe im Käfig, konnte in die Freiheit blicken, der Gefangenschaft aber nicht entkommen. Und eigentlich hatte Sasuke ja auch vollkommen Recht. Es war und blieb gefährlich, auch wenn sie hier niemand erwartete. Niemand wusste von diesem Haus, wie er ihr erzählt hatte. Seinen Eltern hatte es als Zufluchtsort gedient, nie aber als Haupthaus. Kein Akatsuki würde sie hier vermuten, am Rande der Einöde Gobós. Und sollte sie jetzt wirklich irgendwie nach draußen kommen, wäre Sasuke vermutlich sehr wütend. Er würde fluchen und schreien, sie anmeckern und ihr Vorträge halten. Darauf hatte sie wirklich keine Lust. Und trotzdem schloss Sakura die Augen und versuchte sich an die Zahlenkombination zu erinnern. Sie hatte nicht gesehen, wie Sasuke sie eingegeben hatte, wohl aber gehört. Jede Zahl hatte einen eigenen unmerklichen Ton und mit etwas Glück … Fünf Minuten später stand Sakura grinsend auf der Veranda und schüttelte amüsiert den Kopf. Was auch immer sie in ihrer Vergangenheit gemacht hatte, ein paar nützliche Tricks hatte sie scheinbar im Unterbewusstsein behalten. Das Knacken eines 11stelligen Codes war gar nicht so schwer, wie man glaubte. Etliche Minuten blieb Sakura auf der verholzten Terrasse stehen und genoss ihren Sieg, doch langsam beschlich sie eine gänzlich andere Empfindung: Es war ihr Gewissen … Natürlich hatte Sasuke kein Recht, sie einzusperren. Aber er machte sich nur sorgen und wollte verhindern, dass ihr etwas passierte. Auch wenn es hier keine Gefahr gab, so brachte sie sich und andere in Schwierigkeiten, die nicht sein mussten. Und niemand wusste, woher die Akatsuki ihre Informationen bezogen. Sasuke hatte ihr erklärt, dass es eine Menge gab, was diese Kerle in Erfahrung bringen konnten. Das bedeutete auch, dass die Möglichkeit bestand, sie hier aufzuspüren ... Klasse. Kaum hatte sie ihre Freiheit erreicht, machte sie sich selbst einen Strich durch die Rechnung. Deprimiert ging sie ins Haus zurück und verriegelte die Tür. Und was nun? Sakura entschied sich für den Wetterbericht Teil 2. Gegen zehn vor Drei war sie jedoch von der anhaltenden Sonne bedient, die sich in Japan breit machte. Die Regenschauer in China interessierten sie weniger und der Orkan, der über Ostamerika zog, bewegte sie auch nicht sonderlich. Sie schaltete einige Kanäle durch, bevor sie unerwartet auf die Hausinternen stieß. Sakura grinste, als sie die Aufnahmen der Kamera aus Sasukes Schlafzimmer fand. Unordentlich lag alles auf dem Boden verstreut. Sie lachte belustigt auf. Das sollte sie mal machen, wenn er dort drinnen war, kam es ihr in den Sinn, wurde augenblicklich rot und erschauderte bei dem Gedanken, wenn er es herausfinden würde. Abgesehen davon, dass er ziemlich zornig wäre, würde es auch furchtbar peinlich für sie sein. Ein belustigtes Kichern entfuhr ihr. Sie war doch auch nur ein Mädchen, und Sasuke ein recht stattlicher Kerl. Jede andere hätte das sicher längst mal probiert … Allerdings war sie kein Spanner, und wollte auch gar keiner sein! Das war privat und ging sie nichts an. Schnell schaltete sie weiter. Sie sah sich die Kamerabilder der Küche an, die des Kellers und dann die aus dem Zimmer, dass sie derzeit bewohnte. Hoffentlich hielt Sasuke genauso viel von Privatsphäre wie sie, es wäre nur zu Unfair, wenn er sich diesen Spaß längst gegönnt hätte! Aber so einer war Sasuke nicht, darauf hätte sie alles verwettet. Schließlich schaltete sie die Programme wieder runter, fuhr zusammen und ging noch einmal zu dem Programm, dass Sasukes Zimmer zeigte. Oh Gott … Fast gleichzeitig wie Sakura die geöffnete Tür sah, die zuvor geschlossen war, die Person die in Sasukes Kommoden wühlte, sprang sie auf, rührte sich aber keinen Schritt. Schrecken, jähe Panik überkam sie. Es war jemand im Haus, und sie hatte ihn vermutlich reingelassen! Atemlos starrte Sakura sekundenlang auf den Bildschirm und sah dem Fremden zu, wie er Sasukes Sachen durchsuchte. Er wühlte in seiner Wäsche, warf Dinge durcheinander und sah sich penibel in dem Zimmer um. Dann bemerkte er die Kamera und es war, als sehe er Sakura direkt an. Sakura ließ augenblicklich die Fernbedienung fallen, stürmte zu ihrem Handy und wollte schon zum Vorsaal, als sie Schritte hörte, die die Treppe hinunter kamen. Er war auf dem Weg zu ihr! Er wusste, wo sie war … Sakura drehte abrupt um und rannte den Gang entlang. Der Keller, dachte sie. Sie musste in den Keller, Sasuke anrufen und sich dort verstecken! Der Keller war sicher, hatte er gesagt. Er war sicher, und dort gab es genügend Räume die sich abschließen ließen. Dort gab es … Sakura wäre beinah in die Tür gerannt, als sie an die verschlossenen Waffen dachte, die dort aufbewahrt wurden. Natürlich hatte Sasuke ihr den Code gesagt. Gesagt, sie solle niemals zögern, wenn es ums Überleben ging. Sie musste nicht abdrücken, dazu konnte sie keiner zwingen. Aber allein eine Waffe gegen einen Feind zu erheben, würde ihr vielleicht genügend Zeit geben, einen Plan zu fassen, auf Hilfe zu warten, oder wenigstens mit seinem Leben abzuschließen. Sie riss die Kellertür auf, rannte die Treppen hinunter und wählte gleichzeitig Sasukes Nummer. Es klingelte zweimal, doch kaum dass sie seine Stimme hörte, gleichzeitig am Ende der Treppe ankam, brach die Verbindung ab. Bitte nicht … Sakuras Herz setzte fast aus, ihr Atem jedoch raste, als sie vor dem verschlossenen Schrank stand, hinter dem drei Pistolen hingen. Sie tippte die Zahlen ein. Gott! Sie wusste die letzte Zahl nicht mehr! Hastig gab sie irgendetwas ein, doch das klirrende Geräusch verhieß nichts Gutes. Er kam hinunter … Sie ließ den Schrank stehen, sah sich um und lief in einen kleinen Raum, der hauptsächlich als Abstellkammer diente. Er war kaum groß genug, um dort noch Platz zu finden, aber trotzdem hetzte sie hinein, löschte das Licht und schloss von Innen ab. Sakura hatte den Atem angehalten und traute sich kaum zu bewegen. Sie schluckte lautlos und horchte in die Dunkelheit. Um sie herum war es finster, aber in den Gängen des Kellers brannte überall Licht. Sie hörte Schritte … Sie sah auf ihr Handy, dass sie unter ihrem T-Shirt versteckte, damit das Licht nicht auffiel, doch noch immer hatte sie keinen Empfang. Es war nach drei, Sasuke musste bald zurück sein, oder? Er würde sie finden, den Killer vertreiben und sie dann anschnauzen, weil sie die Tür offen gelassen hatte. Sie hätte es verdient und würde ihm versprechen, es nie wieder zu tun. Und sie würde sich dran halten! Nie mehr würde sie Mist machen oder gedankenlos handeln! Sasuke sollte nur schnell kommen und ihr helfen … Doch Sasuke kam nicht. Minuten vergingen und Sakura liefen stumme Tränen über das Gesicht. Ihr Herz pochte wie wild, schmerzhaft drückte es gegen ihren Brustkorb. Würde die Tür einem Angriff standhalten? War die Tür im Inneren auch aus Stahl? Oder war es Holz, wie die Verkleidung? Holz würde sie nicht retten. Holz würde zersplittern, wenn der Mann dagegen trat. Er könnte das Schloss aufschießen. Er würde herzhaft lachen, sie auf den Gang zerren und eine Kugel in den Kopf jagen. Sakura kamen grausame Bilder in den Kopf. Ino und sie hatten die schauerlichsten Filme gesehen. Sie spürte die Schmerzen der Filmopfer fast selbst. Spürte, wie es sich anfühlte, wenn jemand einen anderen die Knochen brach, wenn jemand nach einen anderen Trat, immer und immer wieder. Sie hörte das Brechen, hörte das Ausholen des Fußes. Sie hörte Schreie, die nicht ihre waren. Aber es waren auch keine Schreie fremder Menschen. Waren es doch ihre eigenen? Sakura zitterte am ganzen Leib. Sie hatte Angst, dass Zittern wäre zu hören, und so versuchte sie sich zu beruhigen. Doch die Schreie ließen nicht nach. Wem gehörten die Schreie? Wer schrie? Sie war es nicht. Es war eine andere Stimme. Jünger? … Sakura dachte an Naruto und Sasuke. Doch der Schrei kam von einem Mädchen, oder einem Kind? Hinata? Schrie sie? Nein, nicht Hinata. Doch woher hatte Hinata diese Narbe? Hatte sie geschrieen, als sie ihr zugefügt worden war? Sakura dachte an ihre Narbe und griff sich unwillkürlich an die Seite. Niemand wusste, woher diese Narbe stammen konnte. Kein Arzt hatte ihr Auskunft geben können. Sie sei älter, hatten sie gesagt. Vielleicht aus ihrer Kindheit? Hatte sie schon einmal einen Unfall gehabt? Hörte sie ein Kind schreien? Sie schaffte es, die Schreie aus ihrem Kopf zu verbannen. Ihre Aufmerksam galt nun einzig und allein dem, der im Haus war. Gehörte er zu den Akatsuki? Was hatte er in Sasukes Zimmer gesucht? Er würde sie erschießen. Würde er ihr vorher wehtun? Sie wollte nicht, dass man ihr wehtat. Sie wollte lieber schnell sterben, und nicht langsam. Kakashi hatte geglaubt, sie würde ihn langsam sterben lassen wollen … sollte sie auch langsam sterben? Würden die Akatsuki sie Foltern? Folter … Sakura schüttelte sich. Was für ein Wort, was für ein Gedanke! Wie konnten Menschen anderen Menschen so etwas antun? Lieber würde sie sich selbst töten, als jemals gefoltert zu werden! Und wieder sah sie die grausamen Bilder aus den Filmen mit Ino. Auch dort hatte es Folter gegeben. Die Bösen hatten Menschen qualvoll hingerichtet. Manchmal nicht einmal das. Manchmal hatten sie sie am Leben gelassen. Noch schlimmer … Sakuras Zittern ließ nach, auch die Bilder verschwanden. Draußen auf den Gängen war nichts zu hören. Sakura atmete aus. Sie sah aufs Handy. Kein Empfang und es war längst halb Vier. Warum kam Sasuke nicht? Neue Bilder. Sakura musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht zu schreien. Sasuke war tot. Sie sah ihn in Gedanken wie er in der eigenen Blutlache lag. Der Unbekannte hatte ihn ermordet. Zerstückelt. Er war tot, sie hatte ihn sterben lassen. Hastig stand Sakura auf. Sie musste nach oben, sie musste zu Sasuke! Er war in Gefahr, er kam ahnungslos nach Hause! Der Killer würde ihn überraschen, würde ihn von hinten erschießen, ohne dass er eine Chance hätte. Er würde ihn töten. Und sie war Schuld! Ohne nachzudenken, ohne sich zu fürchten öffnete Sakura die Tür. Sie lief zur Kellertreppe, stürmte nach oben. Überall glaubte sie, Sasuke antreffen zu müssen. Irgendwo würde er sein. Oder hatte der Fremde ihn längst … Sakura lief ins Wohnzimmer, doch nirgends war jemand. Erst das Rauschen des Fernsehers ließ sie wieder zu sich kommen. Sie wandte den Blick, sah in das Gerät. Kanal 34 war eingestellt. Eine Aufnahme der Kameras. Sie sah das Wohnzimmer, sah sich selbst, wie sie in den Fernseher blickte. Und sie sah den Killer, der hinter ihr stand … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)