All You Wanted von Nikolaus (Taichi x Yamato) ================================================================================ Kapitel 15: I Can Take You Away From Here (Taichi/Yamato) --------------------------------------------------------- gebetat von & [Warnung!: Zucker-Kitsch-Faktor: mind. 70%] ~ Taichis POV ~ Yamato schlief äußerst unruhig. Ich wusste nicht, was er träumte, aber er drehte sich die ganze Nacht von der einen auf die andere Seite, wimmerte und vergrub den Kopf im Kissen. Manchmal bewegten sich seine Lippen, in einem stummen Hilfeschrei und seine fein geschwungenen Augenbrauen trafen sich über der Nasenwurzel. Ich hätte ihn zu gerne von seinem Leiden erlöst und ihn aufgeweckt, aber meine Mutter hatte mir einmal erzählt, dass man nie jemanden aus seinen Alpträumen wecken dürfe. Die Erinnerung, die ihn Träumen verarbeitet wurde, würde so nur noch öfter wiederkehren. Ich beobachtete ihn die ganze Zeit, konnte nicht schlafen, wenn ich ihn nicht friedlich schlummernd neben mir liegen sah, so wie heute Nachmittag. Ein schrecklich unangenehmes Gefühl zerfraß meinen Magen von innen heraus, aber ich wagte es nicht, Yamato in den Arm zu nehmen, da er sich zu sehr bewegte und ich schon einmal einen Kinnhaken von ihm bekommen hatte, als ich zu nah an ihn herangerutscht war. Dennoch juckte es mich in den Fingern ihn zu berühren, ihn an mich zu ziehen und so fest an mich zu drücken, dass er nie wieder fort konnte. Es war etwas vollkommen Ungewohntes für mich in einer Beziehung so sehr auf meinen Partner zu achten. So… keusch zu sein. Bei jeder Berührung auf eine Erwiderung zu warten und erst dann weiter zu machen. Sonst tat ich das nie. Ich hatte ihm meine Liebe gestanden – mehr oder weniger –, was ich eigentlich noch nie getan hatte. Die drei glorreichen Worte waren, bis auf den Bezug zu meiner Familie, noch nie über meine Lippen gekommen. Weder bei meiner ersten Freundin, noch bei meinem letzten Freund. Doch bei Yamato war das etwas Anderes. Und gerade das verwirrte mich so. Bisher hatte ich meistens schon nach dem ersten Date Sex, sie konnten mir nicht widerstehen und ich wollte sie haben. Die wunderbare Drei-Date-Regel gab es bei mir nicht. Wenn ich scharf auf jemanden war, dann bekam ich ihn oder sie auch, da konnte kommen was wolle. Und meine bisherigen Beziehungen hatten damit auch kein Problem. Nicht mal meine einigen One-Night-Stands. Aber ich traute mich nicht Yamato anzufassen. Ich hatte Angst ihn zu verunsichern, ihm weh zu tun, oder, am Schlimmsten von allem, etwas zu tun, was er gar nicht wollte und sich nur aus Liebe zu mir gefallen ließ. Noch nie in meinem Leben hatte ich so etwas gefühlt. Noch nie. Vorsichtig streckte ich die Hand nach ihm aus, als er gerade ruhig dalag, und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wie flüssiges Gold floss sie durch meine Finger, schmeichelte meiner Haut und ließ ein heißes Kribbeln durch meinen ganzen Körper laufen. Yamato seufzte leise auf und warf sich auf die andere Seite. Aber das Eigenartigste an der ganzen Sache war, dass ich nicht wirklich das Bedürfnis verspürte, jetzt gleich mit ihm zu schlafen. Natürlich wollte ich ihn irgendwann einmal, aber nicht jetzt. Zugegeben, anfangs ging es mir wirklich darum. Yamato war das hübscheste Wesen, das ich je gesehen hatte und ich wusste immer noch nicht, wieso das keinem vor mir aufgefallen war. Sie müssten sich doch in Scharen um ihn reißen! Und da hatte ich die Möglichkeit gesehen, wieder einen guten Fang zu machen und auf meine Verflossenenliste zu schreiben. Aber dann wurde es ernster, je mehr ich von ihm sah. Um ehrlich zu sein, reichte ein erster scheuer Blick aus seinen blauen Augen und ich war hin und weg gewesen. Als Takeru ihm den Reis und das Gemüse über das T-Shirt gegossen und er kurz zu mir hinüber gesehen hatte, war ich förmlich dahin geschmolzen – etwas, was mir noch nie passiert war. Eigentlich schmolzen alle bei mir dahin. Selbst als er mich danach anschrie und mich als unterbemittelnden Neandertaler beschimpfte, mochte ich ihn noch. Und als ich dann vor ihm stand, war es gänzlich um mich geschehen. Dabei waren es doch immer die anderen, die nicht genug von mir bekamen und ich wurde von so vielen begehrt, dass ich es bei den meisten gar nicht wusste. Bei Yamato und mir war es genau anders herum gewesen. Er hatte bis heute Mittag nicht gewusst, dass ich ihn mochte, selbst meine Anspielungen und das Händchenhalten hatte er als normal abgetan. Dass es eine Anmache oder ein kleiner Flirt gewesen war, schien ihm nie aufgefallen zu sein. Um mit ihm zusammen zu sein, hatte ich eine ganze Woche lang meine Freunde gemieden und hatte sogar die Anrufe von Shusuke ignoriert, weil ich so sauer auf ihn gewesen war. Von Yuri ganz zu schweigen. Und nur wegen ihm war ich in albernen Schwärmereien versunken, wie ein Teenager. Als Daisuke, einer meiner besten Freunde und mein Nachbar, mir auch noch von seinem neuen Fang erzählt hatte, war mit mir die Fantasie durchgegangen. Falls es wahre Liebe gab—und laut den Schmachtromanen meiner Mutter gab es sie—dann hätte Yamato große Chancen meine zu sein. Mit einem dämlich-glücklichen Grinsen sah ich auf ihn hinunter. Yamatos blondes Haar passte perfekt zu seiner marmorweißen Haut und in seinem Nacken, den er mir gerade so wunderbar präsentierte, waren feine, dünne, weiche Härchen zu sehen. Ich liebte diesen Haaransatz, diesen weichen Haarflaum, der auch auf seiner Stirn war, kurz bevor das dichte Meer anfing. Es erinnerte mich auf abstruse Weise immer wieder an kleine Katzen. Wieder regte sich Yamato. Er gab einen Laut von sich, den ich nicht wirklich identifizieren konnte, aber gleich darauf warf er sich wieder herum und ich sah, dass er angespannt die Augenbrauen zusammen gezogen hatte und die Augen zupresste. Seine Schneidezähne bohrten sich so tief in seine Unterlippe, dass diese wieder aufriss und ein dünnes Rinnsal hinab in die kleine Kuhle über seinem Kinn floss. Sein Atem ging hektisch. Unter den Lidern flogen die Augen herum, ich konnte deutlich sehen, wie sie zuckten und sich drehten, wie, als wollte er sie jeden Moment öffnen. Er bog den Rücken durch und presste sich gleichzeitig seitlich ins Laken. Die Angst und die Panik standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Ich versuchte mich an das zu halten, was meine Mutter mir gesagt hatte, aber es fiel mir von Sekunde zu Sekunde schwerer. Ihn so zu sehen war— Mit einem lauten Schrei fuhr Yamato hoch. So plötzlich, dass ich erschrocken zusammen zuckte und ein Stück von ihm weg rutschte. Mein Herz klopfte heftig in meinem Brustkorb, wie nach einem 100 Metersprint und ich sah ihn entsetzt an. Yamato hingegen starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit und das einzige Geräusch war sein lauter, rasselnder Atem. Seine schlanken Finger krallten sich in das weiße Laken. Sein Ganzer Körper zitterte. „… Yama?“, meine Stimme war nur ein vorsichtiges Flüstern, aber es sorgte dafür, dass er fürchterlich erschrak und mit einem neuerlichen Schrei herumwirbelte. Seine Pupillen wirkten so groß, dass man das Weiße seiner Augen gar nicht mehr sehen konnte und dennoch wirkte der Ausdruck in den dunkeln Iriden verängstigt. Er brauchte eine Weile um sich zu sammeln. Dann entspannte sich sein Körper sichtlich, die verkrampften Muskeln lockerten sich und er entließ das Laken aus seinem verzweifelten Griff. „Taichi?“, fragte er leise zurück, wie als wollte er feststellen, dass es wirklich ich war und nicht jemand anders. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und schickte gleichzeitig meine Hände auf die Suche nach den Seinen, umschloss sanft seine Handgelenke und zog ihn zu mir hinunter. Fast augenblicklich sackte der schmale Oberkörper nach vorne und Yamato ließ sich entkräftet neben mich sinken. Sein kalter Körper schmiegte sich an meinen und ich schlang fest beide Arme um ihn. „Was hast du geträumt?“, fragte ich in die Stille hinein und spürte, wie er mit den Achseln zuckte. „Ich weiß nicht genau. Wahrscheinlich dasselbe, wie immer“, sagte er leise. Was dasselbe war, sagte er nicht. „Es war… verschwommen. Und…“, er verstummte und sein heißer Atem streifte mein Schlüsselbein. Seine Lippen berührten für eine Sekunde meine Haut. Mein Körper stand für unendliche Momente in Flammen und ich drückte ihn noch ein bisschen näher an mich. Sein heißer Atem strich in regelmäßigen Intervallen über meine empfindliche Haut. Ich wusste nicht wieso, aber in diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich noch nie richtig darüber nachgedacht hatte, wie es wohl sein würde, mit Yamato zu schlafen. „Hab ich dich geweckt?“, flüsterte Yamato schuldbewusst und senkte den Kopf. „Tut mir leid, ich wollte…“ „Nein“, unterbrach ich ihn und küsste ihn sanft auf die Stirn. „Ich war schon die ganze Zeit wach.“ „Was?!“, fassungslos sah Yamato zu mir hinauf. „Aber wir haben morgen Schule, du musst schlafen!“ „Wir?“, wiederholte ich. „Denkst du etwa, dass du jetzt schon wieder in die Schule kannst?“ „Ich dachte….“, fing er an, aber er schüttelte sogleich den Kopf. „Nein, nicht wirklich.“ Er drückte den Kopf gegen meine Schulter und ich vergrub die Nase in seinem Haar. Inzwischen waren wir in mein Zimmer umgezogen und ich musste zugeben, dass es in meinem Bett viel bequemer war. Zudem war es größer. Yamato schien dem Umzug nicht wirklich registriert zu haben, er war die ganze Zeit so abwesend gewesen, dass ich mir schon Sorgen gemacht hatte. Aber meine Mutter meinte, das sei ganz normal. Er habe jetzt nun einmal viel zu verarbeiten. Und ich glaubte ihr. Also ließ ich Yamato seinen Freiraum und sobald wir in meinem Zimmer waren, hatte er sich wieder ins Bett gelegt und war fast augenblicklich eingeschlafen. Das Abendessen hatte er verschlafen. Allerdings hatte meine Mutter mich bei dieser Gelegenheit bei Seite gezogen und mir etwas anvertraut, was mir jetzt noch Kopfzerbrechen bereitete. „Taichi, ich weiß, über so etwas spricht man nicht gerne“, hatte sie mit besorgtem Gesichtsausdruck gesagt, „aber du sollst wissen, dass Yamato unter erheblichem Untergewicht leidet. Der Arzt vermutet, dass er vielleicht magersüchtig ist. Ich weiß es nicht. Fest steht nur, dass er für seine Altersklasse mindestens neun Kilo zu wenig wiegt.“ „Was?“, ich hatte sie nur anstarren können. Mir schon war aufgefallen, dass Yamato sehr dünn war. Und dass er sehr leicht war. Aber ich hatte angenommen, dass er einfach etwas zierlicher gebaut war. „Ich werde nachher mit seinen Eltern telefonieren und sie bitten, Yamato die nächste Woche über bei uns wohnen zu lassen“, sagte sie entschlossen. „Ich will, dass er zunimmt. Dr. Baptist sagte, dass ihn sein hoher Blutverlust vor allem wegen seinem geringen Gewicht und den damit fehlenden, benötigten Stoffen, fast umgebracht hätte. Er wird bei uns wohnen und du animierst ihn dazu, zu essen, okay?“ Ich nickte nur stumm. „Ich weiß, dass ist kein schönes Thema, Tai.“ „Das war sein Selbstmord auch nicht“, erinnerte ich sie tonlos. „Ja schon, aber falls er wirklich magersüchtig ist, kommt das noch hinzu und… ach, Tai“, sie seufzte unglücklich, „Ich mag Yamato wirklich, aber ich frage mich, ob du dir da wirklich den richtigen Freund mit nach Hause gebracht hast. Es wird schwierig und zwar nicht nur für ihn. Auch für dich.“ „Ich weiß.“ „Und du willst ihn trotzdem behalten?“, wollte sie wissen. „Ich will ihn nicht behalten!“, hatte ich widersprochen und die Arme vor der Brust verschränkt. „Sprich nicht über ihn, wie als wäre er ein Stück Holz. Ich will, dass er bei mir bleibt und wenn er das auch will, dann wird das auch so sein.“ Ihr daraufhin folgendes Lächeln verstand ich bis jetzt noch nicht richtig. Aber sie hatte sich nur wieder abgewandt und mich weiter essen lassen. Yamato hatte in der Zwischenzeit geduscht und roch jetzt, dank Hikaris Shampoo, nach einem Berg aus Orangen, Nektarinen und Zitronengras. Ich mochte es, vor allem, weil jetzt sein Eigengeruch besser zu riechen war und ich musste neidlos gestehen, dass Yamato Pur schöner war als jeder Zitrusduft. Ich atmete tief ein und hörte, wie Yamato leise lachte. Als ich ihm vorhin gestanden hatte, dass ich seinen Eigenduft so sehr mochte und deshalb immer an ihm roch—was in gewisser Weise sehr peinlich war und sich noch dämlicher angehört hatte—hatte er sich köstlich amüsiert und hatte sogar richtig gelacht. Befreit, laut und ganze fünf Minuten lang. Und dann hatte er mir zögernd gestanden, dass ich auch ganz gut riechen würde. Allein bei der Erinnerung daran schlug mein Herz heftiger. „Nacht, Taichi“, ertönte Yamatos schlaffe Stimme von weit her. „Gute Nacht, Yama“, erwiderte ich leise und zog ihn noch ein bisschen enger an mich, damit er in dieser Nacht auch ja nicht von mir weichen konnte. Vielleicht wirkte es tatsächlich so, als ob ich Angst hätte ihn zu verlieren und ihn nie wieder loslassen wollte. Aber ich hatte ja auch nie das Gegenteil behauptet. _ Ich erwachte durch das penetrante Gefühl beobachtet zu werden. Und weil irgendetwas Warmes an meiner Seite auf und ab strich, was mich sogar noch im Halbschlaf ganz wuschig machte. Ich versuchte, die Augen zu öffnen, aber dieses schöne Gefühl, berührt zu werden, ließ mich immer wieder abdriften. Schließlich erweckte mich doch der Verdacht, angestarrt zu werden, aus meinen… sehr feuchten Traum, wie ich mir plötzlich eingestehen musste. Ich hatte doch tatsächlich davon geträumt, mit Yamato zu schlafen. Zwar hatte ich das schon einmal, aber sehr unscharf, nicht so detailliert und vor allem nicht so real. Ich hoffte nur, dass ich jetzt nicht mit einer Morgenlatte aufwachte. Mit einem schweren Seufzen drehte ich mich auf die Seite und öffnete die Augen. Yamato lag neben mir, die klaren, blauen Iriden sahen mir reglos entgegen. Mit einem Blick nach unten stellte ich fest, dass es seine Hand war, die mich gestreichelt hatte. Seine schlanken, langen Finger hatten mein Shirt ein bisschen nach oben geschoben und seine blasse Haut stand in so krassem Gegensatz zu meiner eigenen Dunklen. Kein Wunder, dass ich so etwas Geträumt habe, dachte ich und lächelte Yamato verschmitzt an. Yamato blinzelte und sah mich an, als ob er erst just in diesem Moment bemerkt hätte, dass ich wach war. Dann färbten sich seine Wangen dunkelrosa und er zog hastig seine Hand weg. „Morgen“, sagte ich lächelnd und küsste ihn auf die Stirn. „Ich… hab ich dich geweckt?“, fragte er stotternd und starrte an mir vorbei auf mein Schlüsselbein. „Das wollte ich nicht. Ich… ich hab nicht… nachgedacht…“ „Nicht so tragisch“, erwiderte ich fröhlich und umfasste sanft sein Handgelenk, führte die langen Finger wieder an meine Seite. „Außerdem fand ich es sehr schön.“ Ich bedeutete ihm weiter zu machen. Doch Yamato zögerte. Seine Wangen wurden um ein paar Nuancen dunkler und er sah mich nicht an, als er die Finger wieder auf meine Hüfte senkte und unsichtbare Kreise auf meine Haut malte. Nur um ihm ein bisschen die Berührungsangst zu nehmen, zog ich ihn zu mir und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. Yamatos blaue Augen weiteten sich und er sah mich erschrocken an. Vorsichtig näherte ich mich ihm, bis ich seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. Yamato atmete stockend und schien sichtlich nervös. Und ich auch. Mein Herz pochte laut und schnell, mein Puls raste. Seine Gegenwart machte mich so überglücklich und gleichzeitig auch so unsicher. Aber ich kratzte all meinen Mut zusammen, schloss die Augen und presste meine Lippen auf seine. Yamatos Finger krallten sich überrascht in meine Hüften und ich konnte deutlich spüren, wie er erschrocken Distanz zwischen uns bringen wollte. Ich öffnete wieder die Augen, ohne die Berührung zu unterbrechen, legte die eine Hand in seinen Nacken und fing an, zärtlich durch den weichen Haarflaum zu streichen. Seine Iriden beobachteten jede meiner Bewegungen, ganz so, als ob er Angst hätte, dass ich ihm etwas tun könnte, wenn er nicht aufpasste. „Entspann dich einfach“, hauchte ich ihm zu und löste mich widerwillig von ihm, nur um meine Lippen dann wieder auf seine zu legen, diesmal etwas sanfter und nicht ganz so ungestüm. Ich ließ meine Zunge über seine Unterlippe gleiten, biss sanft hinein und zog an ihr. Yamatos Lider senkten sich halb, er entspannte sich und öffnete zögerlich seinen Mund. Seine Hände wanderten hinauf zu meiner Brust, legten sich darauf. Krallten sich unsicher in den Stoff, als ich meine Zunge in seinen Mund gleiten ließ und gegen die Seine stupste. Ich wartete, ob er den Kuss abbrechen wollte, aber er tat es nicht. Unglaublich zaghaft bewegte sich seine Zunge und strich an meiner entlang, er zuckte jedoch am ganzen Körper zusammen, als ich mich wieder regte. Mir entfloh ein amüsiertes Glucksen. Daraufhin drückte Yamato gegen meinen Oberkörper und mehr als nur widerwillig löste ich mich von ihm. „Was ist denn?“, wollte ich wissen, da es doch gerade angefangen hatte, Spaß zu machen. Außerdem hatten wir uns bis jetzt noch nicht geküsst und ich musste gestehen, dass ich total aufgeregt war. Und ich wollte weiter machen—unbedingt. „Das ist… eklig“, sagte er leise. „Wa… Was?!“, schockiert starrte ich ihn an. Mein Herz setzte aus. „Ne-nein!“, sagte Yamato hastig, hob die Hände, um mich zu beruhigen, und setzte sich ruckartig auf. „Ich meinte nicht den Kuss! Das heißt… irgendwie schon, aber—aber nicht so, wie du denkst!“ „Wie dann?“, wollte ich atemlos wissen, während ich das Gefühl hatte zu ersticken. Mein Magen überstülpte sich schmerzhaft, während Yamato sichtlich nach Worten suchte. „Wir haben noch nicht die Zähne geputzt“, sagte er schließlich mit knallrotem Gesicht und deutete dann eine leichte Verbeugung an. „Das habe ich gemeint. Ich… Entschuldigung, Taichi.“ Mit einem sehr lauten Seufzen drehte ich mich auf den Rücken und zog ihn, ohne wirklich zu ihm zu sehen, zu mir hinunter und drückte seinen zierlichen Körper fest an mich. Yamato schmiegte sich an mich und vergrub entschuldigend seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Ich spürte seinen Schulterknochen, der leicht schmerzhaft gegen meinen Oberarm stach. Sofort schossen mir die Worte meiner Mutter durch den Kopf. Wie um sie zu vertreiben, zog ich Yamato auf mich, sodass er nun wortwörtlich auf mir lag. Er wirkte zwar ein bisschen perplex, aber er sagte nichts. „Mach das nicht noch mal“, knurrte ich leise und fuhr ihm mit einer Hand durchs Haar, während ich immer wieder über seinen Rücken strich. „Ich hab schon gedacht, dass…“, ich stockte und schluckte. Ich wollte nicht einmal laut aussprechen, was ich gedacht hatte. Vielleicht würde es ja Unglück bringen. Aber glücklicherweise verstand Yamato mich auch so. „Wenn ich das tun würde, dann wäre ich jetzt nicht hier“, meinte er dazu nur und ich spürte, wie sein warmer Atem über meinen Hals strich, was mir einen heißen Schauer nach dem anderen durch den Körper jagte. „Außerdem mag ich dich doch auch—also wäre das unlogisch.“ „… gut.“ Mein Herz, das erst kurz zuvor seinen Dienst quittiert hatte, nahm ihn jetzt wieder auf und zwar so heftig, dass ich mir sicher war, dass es meinen Brustkorb sprengen müsste. Laut und fast schmerzhaft schlug es von innen gegen meine Rippen und ich hatte das Gefühl zu schweben. Yamato hatte das schon einmal gesagt, genauso verschlüsselt wie ich, aber ich wusste, was er meinte, und allein das Wissen, bereitete mir ein unglaubliches Hochgefühl. Grinsend vergrub ich meine Nase in seinem nach Zitrusfrüchten riechenden Haar und sog seinen Geruch ein, lauschte, mit einer Horde voller wild gewordener Hornissen in meinem Bauch, seinem absolut niedlichen Kichern. Spürte seinen warmen Atem und seine langen Finger, die sich in meine Seiten krallten und leicht an meinem Shirt zogen. Eine Stille entstand zwischen uns, die alles andere als unangenehm war. Ich musste zugeben, dass ich noch nie mit jemandem so viel schöne Zeit verbracht hatte, ohne mich voll reden zu lassen oder selbst diesen Part zu übernehmen. Aber mit Yamato war es einfach anders. Ich musste nur seine Gegenwart spüren, seine warme Haut auf der Meinen, und es ging mir gut. Mehr als gut. In meinem Bauch hatten sich die Hornissen in friedliche Schmetterlinge verwandelt, die immer wieder heiße Stöße durch meinen Körper jagten und dafür sorgten, dass meine Hände vielleicht etwas zu tief an Yamatos Hüften entlang strichen, als unbedingt nötig gewesen wäre. Doch alles was ich von ihm hören konnte, war ein leises Seufzen. Ob es als ein Zeichen von Zufriedenheit zu deuten war, wusste ich nicht, aber es hörte sich für mich so an, als ob es ihm gefallen würde. Erst als ich den Bund seiner Boxershorts ein Stückchen gen Süden schob und noch mehr von seiner marmorfarbenen Haut enthüllte, gab er ein warnendes Geräusch von sich und umfasste meine Handgelenke mit festem Griff. Einen Moment lang war ich überrascht, dass er überhaupt so viel Kraft aufbringen konnte. Dann gab ich ihm grinsend einen Kuss auf den Scheitel und entzog ihm sanft meine Hände, um sie auf seinen Rücken zu legen und meinerseits Kreise zu malen. Er zog sich die Boxershorts wieder zu Recht und richtete sich so weit auf, dass er mir ins Gesicht sehen konnte. „Wollen wir nicht langsam aufstehen?“, fragte er zögernd. „Wozu?“, erwiderte ich. „Wir müssen nicht in die Schule und Mum holt uns schon, wenn es etwas Wichtiges gibt.“ „Aber…“, er stockte und richtete sich nun ganz auf. Saß etwas unentschlossen direkt auf meinen Hüften und ich konnte mich des Gefühls nicht verwehren, das kochend heiß durch meine Blutbahnen schoss und in meinen Lenden endete. Langsam musste ich mir wohl oder übel eingestehen, dass ich einfach nicht für die Abstinenz geschaffen war. Als er auch noch anfing, unsicher hin und her zu rutschen, flossen meine Hormone über. Mit festem Griff packte ich ihn um die Taille, hob ihn hoch, legte ihn neben mich und rollte mich über ihn. Yamatos blaue Augen sahen mir verwirrt entgegen. „Ich bin dafür, dass wir jetzt erst einmal die Zähne putzen“, meinte ich und küsste ihn sanft auf die Nasenspitze und registrierte glücklich, wie er nickte. Ich kletterte aus dem Bett und zog ihn hoch. Er blieb an dem Bettlaken hängen, verhedderte sich, taumelte und krallte sich an mir fest, um nicht zu fallen. Ich konnte mir ein lautes Auflachen nicht verkneifen. Der Blick, den er mir daraufhin zuwarf, schwankte zwischen Missbilligung und Belustigung. Allerdings sagte er nichts dazu, sondern folgte mir nur schweigend ins Badezimmer. In einer Schnelle, die ich sonst nie an den Tag legte, putzte ich mir die Zähne, wusch mich und zog mich um. Yamatos Blick folgte mir die ganze Zeit, aber im Gegensatz zu mir, ließ er sich Zeit und putzte sich geschlagene fünf Minuten die Zähne. Dabei hatte er seine Haare wieder zu diesem niedlichen Pferdeschwanz zusammen gebunden und nur ein paar einzelne, widerspenstige Strähnchen fielen ihm ins Gesicht. Somit konnte ich mir die Zeit damit vertreiben, ihn zu beobachten—und dabei auf die absurde Feststellung zu kommen, dass er sich häufiger diesen Zopf machen sollte. Gedankenverloren begann ich mit dem hellen Haar zu spielen, wickelte die flüssige Seide um meine Finger und ließ sie hindurch gleiten. Ewigkeiten wiederholte ich die Prozedur, bis Yamato plötzlich den Kopf senkte, die Zahnpasta ausspuckte und den Mund ausspülte. Als er sich wieder aufrichtete, strahlte das bezaubernste Lächeln auf seinen blassrosa Lippen, das ich je gesehen hatte. „… Yama…“, es war nur ein heiseres Flüstern, aber es trieb Yamato eine gesunde Röte ins Gesicht und er senkte verlegen den Blick. Ich trat auf ihn zu, wusste, dass er meine Bewegungen beobachtete und schlang beide Arme um seine schmale Taille. Er stützte die Hände auf meiner Brust ab, sah nach kurzem Zögern zu mir hinauf. „Jetzt haben wir ja Zähne geputzt.“ „Äh… ja“, sagte er, verstand offensichtlich nicht so Recht, wovon ich redete. „Stimmt.“ „Das heißt, dass ich dich jetzt küssen kann?“, fragte ich schmunzelnd. „Oh… ja“, Yamato nickte und erwiderte mein Lächeln. „Das heißt es.“ „Wunderbar“, mit zwei Fingern fixierte ich sanft sein Kinn und hob es an. Auf seinen Wangen lag noch immer ein blasser Rotschimmer, der sich um ein paar Nuancen verdunkelte, je mehr ich meinen Kopf zu ihm hinab senkte. Ich konnte spüren, wie nervös er war. Aber ich war auch nervös, sehr nervös sogar. Küssen konnte ich, ohne jegliche Art der Selbstverherrlichung. Doch Yamato zu küssen, war immer noch etwas ganz Anderes und ich wollte, dass es ihm genauso gefiel wie mir—dass es mir gefallen würde, bezweifelte ich erst gar nicht. Egal, wie er reagieren würde. Meine Hand glitt in seinen Nacken, strich durch den weichen Haaransatz und Yamato schlang nach kurzem Verweilen die Arme um meinen Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen. Ich wollte nicht mehr länger warten und ich könnte es auch gar nicht. Zu meiner großen Verwunderung machte jedoch Yamato den ersten Schritt. Unsicher und zögerlich presste er seine Lippen auf meine und vor Schreck zuckte ich zurück. Sofort riss sich Yamato wieder von mir los und öffnete den Mund, aber ich schüttelte hastig den Kopf. „Ich… ich war nur etwas überrascht“, gestand ich verlegen, die Hitze stieg in meine Wangen. „Ah... ach so“, machte er nur leise. Aber dieses Mal wartete er mit jeglicher Rührung, bis ich meine Lippen auf seine gesenkt hatte und mit der Zunge zärtlicher über seine Unterlippe strich. Er gewährte mir Einlass, ein kleiner Spalt. Ich stupste gegen seine Zähne, fuhr an den Spitzen hinüber zu seinem Mundwinkel. Kratzte meine Selbstbeherrschung zusammen und konnte doch nicht verhindern, dass ich etwas zu stürmisch seine Zunge umschlang und seine Mundhöhle eroberte. Erschrocken zuckte er zurück, löste die Verbindung jedoch nicht. Der Griff seiner Arme um meinen Nacken verstärkte sich und ich spürte, wie sich sein warmer Körper an meinen presste. Ich erzeugte mit meiner Zunge sanften Druck auf seinem Gaumen. Und mein Blut sackte mir förmlich in die Lenden, als ihm daraufhin ein unkontrolliertes Wimmern entfloh. In meinem Kopf rauschte es, in meinem ganzen Körper kribbelte es, ich stand förmlich unter Strom. Es war besser als alles, was je zuvor passiert war. Und das nur aus dem unlogischen Grund, dass es mein kleiner Engel war, der hier und jetzt in meinen Armen war. Mit einem lauten Keuchen löste Yamato abrupt den Kontakt und lehnte sich japsend an meine Schulter. Mit verklärten Augen starrte er an mir vorbei ins Nichts. Aber ich gab ihm nicht die Zeit sich ausgehend zu erholen, eroberte wieder ungeduldig seine Lippen und schlang die Arme fester um ihn. Yamato erzitterte. Mein Blut floss schneller. „Tai… Taichi“, flüsterte er erstickt zwischen mehreren Küssen. „Taichi… stopp…“ Widerwillig löste ich mich von ihm. Kurz küsste ich ihn auf die Nasenspitze und lehnte meine Stirn an seine, sah fragend auf ihn hinunter. „Hm?“, murrte ich. Aber Yamato antwortete nicht. Er schloss die Augen und holte tief und rasselnd Luft. Sein linker Arm zitterte stärker als der Rest seines Körpers. Besorgt brachte ich etwas Abstand zwischen uns, strich ihm die widerspenstigen Haarsträhnen aus dem Gesicht und versuchte sie zu den anderen in seinen Pferdeschwanz zu stecken. Aus irgendeinem Grund wollten sie allerdings nicht halten. „Alles in Ordnung?“, wollte ich leise wissen und streichelte mit dem Daumen über seine Wange. „Ja, klar“, erwiderte er, klang jedoch etwas zittrig. „Das war nur…“, er stockte und kaute auf seiner Unterlippe herum. Dann sah er mit einem definitiv niedlichen Lächeln zu mir hoch und fügte hinzu: „Atemberaubend.“ Als ich daraufhin nichts tat, außer ihn anzustarren, begann er zu lachen. Sein glockenhelles, wunderschönes Lachen. In Verbindung mit dem süßen Zopf, den geröteten Wangen, dem warmen Körper direkt an meinem, seiner weichen Haut unter meinen Fingern und seinem unglaublichen Anblick vor meiner Nase, ergab das den schönsten Anblick meines Lebens. Ewig hätte ich hier stehen und ihn dabei beobachten können, wie er lachte. So befreit und ehrlich, wie er es noch nie getan hatte. Von meinem Herzen aus floss eine heiße Flüssigkeit durch meine Adern und ließ mich in Flammen stehen. Aber ich mochte das Gefühl. Ich liebte es. Und ich liebte ihn. ~ Yamatos POV ~ Er war das Beste, was mir bis jetzt passiert war. Da war ich mir ganz, ganz sicher. Und das nicht nur aus dem simplen Grund, dass er keine Angst vor Berührungen mit mir hatte, sondern sie auch noch freiwillig heraus forderte und mich aufmunterte. Er wollte, dass ich ihn berührte. Und jedes Mal, wenn er mich ansah, fuhr ein heißkalter Schauer durch meinen Körper. Ganz sicher war ich mir mit der Bedeutung seines Blickes nicht, aber ich hoffte, dass er das Gleiche dachte wie ich. Es wäre einfach nur schön, auch einmal das zu bekommen was ich wollte. Selbst wenn Taichi plötzlich auf die Idee kommen sollte, mich aus irgendeinem Grund zu verlassen, hatte ich mir vorgenommen, um ihn zu kämpfen. Ich war eigentlich nicht der Typ, der sich groß für jemanden einsetzte, schließlich war meine Courage sehr gering und das nötige Selbstbewusstsein fehlte mir, aber ich wollte Taichi nicht verlieren. Er war es mir wert, dass ich über meinen eigenen Schatten sprang. Wenn nicht sogar noch etwas weiter. Ich lehnte mich mit einem überglücklichen Gefühl an ihn, schlang die Arme um seinen kräftigen Oberkörper und gab ein Seufzen von mir. Erst einen Augenblick später fiel mir auf, dass ich wie ein verliebtes Mädchen klang. Taichi schien es anscheinend auch bemerkt zu haben, denn er lachte amüsiert auf und ich konnte spüren, wie die tiefe Vibration durch seinen Körper hallte. Ich erschauderte und vergrub den Kopf in seinem T-Shirt. „Ach, Yama“, nuschelte er und drückte seine Nase in mein Haar. Ich hörte, wie er einatmete. Und musste selbst lachen. Seine Angewohnheit an meinem Haar zu riechen war amüsant, eigenartig und erfüllte mich gleichzeitig mit so einem ungewohnten warmen Gefühl, das ich nicht missen wollte. Es war schön, dass er sogar solche unrelevanten Dinge an mir so interessant fand. „Hast du Hunger?“, fragte er nach einer Weile. „Mhm“, machte ich und nickte. „Okay, gehen wir mal runter und sehen, ob meine Mum irgendetwas vorbereitet hat“, sagte er und löste sich von mir, aber ich konnte ganz genau spüren, wie ungern er es tat. Mindestens eine Minute nach seinen Worten, hatte er seine Arme immer noch nicht von mir genommen. Schließlich rang er sich doch dazu durch, fuhr mir durch die Haare und zog mich hinunter. Als wir die Treppe hinab liefen, wurde mir vor einen Moment schwindelig und die Sicht verschwamm vor meinen Augen. Taichi blieb augenblicklich stehen, aber ich wimmelte ihn ab und ging weiter. Von allen Seiten kroch die Schwärze auf mich zu, aber ich schüttelte sie ab. Ich wollte nicht schon wieder solche Schwäche zeigen, nicht einmal vor Taichi. Für ihn musste ich stark sein und anfangen, das Leben von der positiven Seite zu sehen. Es war nicht alles Schwarz und Weiß, auch wenn das die einfachste Möglichkeit war. Es gab schließlich auch noch grau und… andere Farben eben. „Morgen Mum!“, begrüßte Taichi seine Mutter lautstark und sah kurz auf die Uhr. Ich folgte seinem Blick, stellte überrascht fest, dass es schon später Vormittag war. Normalerweise säße ich um diese Uhrzeit in der Schule und würde für meine nächste Prüfung lernen. Ich sah zu Frau Yagami hinüber und fragte mich, ob sie mich heute vom Unterricht entschuldigt hatte, denn mein Vater hatte es sicherlich nicht getan. Ich hoffte nur, dass er etwas von der Tiefkühlpizza für Takeru übrig gelassen hatte, damit er nicht verhungern musste. Am Besten wäre es, wenn ich heute Nachmittag einfach wieder nach Hause ging und mich um ihn kümmerte; er war es nicht gewohnt alleine zu sein. „Guten Morgen, Yamato“, sagte Frau Yagami lächelnd. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich regungslos an ein und derselben Stelle stand und ins Nichts starrte. Hastig verbeugte ich mir vor ihr und nuschelte eine Entschuldigung, sowie den dazugehörigen Morgengruß. Als ich wieder aufsah, schien sie ein bisschen verwirrt. Verlegen färbten sich meine Wangen rosa. „Du musst nicht so höflich sein, Yamato“, sagte sie nach einem Augenblick sanft. „Entschuldigen Sie“, ich senkte den Kopf, unterdrücke dieses Mal jedoch den Impuls mich zu verbeugen. „Und du kannst ruhig Du zu mir sagen“, fügte sie mit einem leisen Lachen hinzu. „Ich heiße Yuuko.“ „Ich… o—okay“, ihre Worte warfen mich etwas aus der Bahn. Dass jemand so nett zu mir war, ohne mich zu kennen, kannte ich bisher nur von Taichi. Aber vielleicht lag das ja bei den Yagamis in der Familie. Sie sahen gleich aus, hatten das gleiche, freundliche Lächeln und schienen die größten psychischen Fracks auf irgendeine Weise nett zu finden. „Jetzt komm schon her, Yama“, murrte Taichi. Ich drehte mich zu ihm und sah, dass er schon an der kleinen Kücheninsel saß, zwei Löffel und Schalen vor ihm standen und er eine Hand nach mir ausstreckte; eine eindeutige Geste, dass ich zu ihm kommen sollte. Nur zur Vorsicht warf ich einen Blick zu Frau Yagami, aber sie lächelte nur abwesend. Ich ergriff Taichis Hand und ließ mich zu ihm ziehen, setzte mich auf den Stuhl neben ihn und bemerkte mit einem warmen Glücksgefühl, dass er einen Arm um meine Taille schlang und mir einen Kuss auf die Schläfe drückte. Ich mochte es wirklich, wenn er bei mir war. „Willst du nur Cornflakes oder bist du bei der Wahl deines Frühstücks ein bisschen anspruchsvoller als mein Sohn?“, holte Frau Yagamis Stimme mich aus meinen Gedanken. Ich hob den Blick und war sofort der Fixpunkt ihrer braunen Augen. „Ich esse morgens nicht so viel“, gestand ich mit einigem Unbehagen, als ihr Blick stechender wurde. „Aber du musst doch etwas essen!“, sagte sie energisch. „Sieh dich doch an! Du bist viel zu dünn, Yamato.“ Puff! Wie eine riesengroße Seifenblase zerplatzte die gemütliche Stimmung, die bis vor ein paar Sekunden noch in diesem Raum geherrscht hatte, vielleicht sogar im ganzen Haus. Die Wärme von Taichi erreichte mich nur noch unterschwellig und mit einem beklemmenden Gefühl bemerkte ich, wie er seinen Arm von mir nahm. Und auch wenn sie nicht sichtbar, kam doch irgendwie Distanz zwischen uns. Ich wollte auf der Stelle aufstehen und davon gehen, aber ich unterdrückte das Verlangen. Meine Augen brannten für einen schrecklichen Moment. Ich wurde mir meiner knochigen Glieder bewusst und fühlte mich plötzlich wie ein hässliches Skelett, umstellt von lauter Göttern. Blinzelnd verscheuchte ich diese Halluzinationen, konnte das bedrückende Gefühl jedoch nicht vertreiben. Wie ein großer Klumpen lag es mir schwer im Magen. Ich sah kurz auf die braungebrannten Finger von Taichi und wünschte mir, dass er seinen Arm nicht weggenommen hätte. Ich wusste, dass ich zu dünn war. Es war ein heikles Thema. Dass ich nicht magersüchtig war, wusste ich mit Bestimmtheit. Ich verweigerte das Essen nicht und ich übergab mich nicht nach jeder Mahlzeit, ich konnte nur einfach nicht so viel Essen. In den letzten Jahren war ich eben immer seltener dazu gekommen, der Haushalt, die Schule, Takeru und unsere Finanzen hatten mich zu sehr in Anspruch genommen. Es genügte mir, wenn ich sah, dass Takeru genügend aß. Manchmal musste man sein eigenes Wohl in den Hintergrund stellen, wenn es andere Leute gab, die die Zuwendung mehr benötigten. „Mum…“, murrte Taichi neben mir peinlich berührt und sah sie genervt an. „Nein, schon gut“, beruhigte ich ihn und schenkte ihm ein Lächeln, das sich zu gezwungen anfühlte, um als echt zu gelten. „Sie hat Recht“, ich sah wieder zu Frau Yagami hinüber. „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen… Dir damit noch mehr Umstände bereite.“ „Das tust du nicht, Yamato“, erwiderte sie. „Ich will nur, dass es dir gut geht. Du hast starkes Untergewicht.“ Ich spürte, wie ein Muskel in meinem Kiefer zuckte und presste die Zähne zusammen. „Ich bin nicht magersüchtig“, sagte ich dann merkwürdig erstickt. „Ich esse einfach nur nicht genug. Ich habe viel zu tun.“ „Was ist denn so wichtig, dass es einem vom Essen abhält?“, warf Taichi dazwischen, wie als wäre allein die Vorstellung, nicht rund um die Uhr essen zu können, etwas absolut Grauenvolles. „Haushalt, Schule…“, ich zuckte die Achseln und versuchte keinem von den beiden in die Augen zu sehen. „Manchmal vergesse ich es einfach.“ „Essen vergessen kann man nicht!“, behauptete Taichi voller Überzeugung. Ich konnte nicht anders als zu lächeln und sah zaghaft zu ihm hinauf. Glücklich bemerkte ich, dass er mein Lächeln erwiderte. „Findest du?“ „Ja. Und ich werde dir schon beibringen, dass Essen auch nicht zu vergessen ist“, meinte er grinsend, angelte sich eine Erdbeere aus einer kleinen Schale auf der Mitte der Kücheninsel und hielt sie mir vor den Mund. Stupste kurz damit gegen meine Lippen und wartete, bis ich den Mund öffnete. „Dafür ist es einfach viel zu gut.“ Ich biss ab. Beobachtete mit klopfendem Herzen, wie er den Rest innerhalb von einer halben Sekunde verschlang und dann die Schale zu sich heran zog. Auf den warnenden Blick seiner Mutter, machte er Anstalten die Portion in die zwei Schälchen vor ihm zu verteilen, aber mitten in der Bewegung stockte er. Er war warf mir einen Blick zu, den ich nicht wirklich deuten konnte, und grinste dann breit. „Mund auf“, forderte er mit heiserer Stimme. Ich folgte und schmeckte nur einen Moment später die süße Beere. Part XIV END ♠ Viel zu viel Zeit zwischen dem letzten Update und dem hier, dabei habe ich gerade Ferien... keine Ausreden, nur ein RIESIGES Dankeschön, an EUCH, weil ihr trotzdem so treu weiter lest und nicht aufgebt. Ich hab leider beim letzten Kapitel nicht auf alle Reviews geantwortet (ich habe, wie ich zu meiner Schmach gestehen muss, leider den Überblick verloren, wem ich schon geantwortet hatte und wem nicht... >_>), darum hier: Danke an , , , , , , , , , , , :) Danke, danke, danke.... Ach und : Den Fehler werde ich korrigieren, dankeschön ;) Ich dachte mir schon, das hört sich irgendwie eigenartig an... Hoffentlich war das in diesem Kapitel nicht zu viel Kitsch (dafür extra die Warnung am Anfang, haha), bei den zwei Süßen ist es immer so schwer, das nicht irgendwie... zuckrig zu machen :3 Und für diejenigen unter euch, denen der Zucker jetzt reicht: keine Angst, im nächsten kommt wieder vieeel, vieeeel Drama ;) Das nächste Kapitel (das ich eig. noch vor Ende meiner Ferien hochladen will) ist mein Lieblingskapitel, yay. Ich kann euch nur versprechen, das ich versuche mich mehr hier und weniger auf ff.net rumzutreiben und zurück in die deutsche Fanfiction-nische zu kommen (bybye Kogan ;_;). Danke an meine lieben Betas & , die wissen immer schon ein bisschen früher als der Rest von euch, was da so abgeht und können noch mal einen Veto einlegen, falls es allzu schrecklich ist, was ich euch da präsentieren will ;) Alles Liebe & Stay tuned!, Nikolaus PS: Wie immer, Musik zum Kapitel in der Info-box :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)