Blutflecken von Art_of_Kaska ================================================================================ Kapitel 1: Die mit den Waffen tanzt ----------------------------------- Ich war keine 5 Minuten in meinem Büro, da klingelte das Telefon. Als Auftragskiller hat man es nicht leicht, erst recht nicht, wenn man gut ist. Freizeit hatte ich so gut wie keine, aber für mich war das kein Problem, ich liebte meinen Beruf in gewisser Weise. Man konnte so richtig auf die Scheiße hauen. Pardon. Man konnte sich richtig gut abreagieren. Als Alleinstehender, der ständig vom Glück getreten wird ist das ein guter Ausgleich. Ich setzte mich auf meinen Chefsessel und legte die Beine überkreuzt auf den großen Holzschreibtisch. Ja, ich war der Chef hier. Hatte es mit 25 zu etwas gebracht. Nein, eigentlich nicht. Der Mann am anderen Ende der Leitung kaute mir ein halbes Ohr ab und schlug mich dazu breit, für ihn zu arbeiten. „Schaffen sie das bis morgen Abend?“, fragte der Mann. „Natürlich“, gab ich zur Antwort. Mein Blick fiel auf die Uhr. Sechs. Fein, dann hatte ich reichlich Zeit. „Ich danke ihnen Joshua!“ Klick. Aufgelegt. Es ging um eine Reinigungsaktion der Schwierigkeitsstufe 9. 9 von 10 wohlgemerkt. Das würde den Mann reichlich was kosten, aber das würde für ihn kein sonderlich großes Problem sein. Der Auftrag kam im Namen des Staats. Also würde der dafür blechen. Ich sollte ein seit Jahrzehnten geschlossenes Kino von Vampiren befreien. Für einen Fall Stufe 9 braucht man für gewöhnlich einen ganzen Trupp Auftragskiller, aber ich stand alleine da. Tja, passiert. Ändern konnte oder besser gesagt wollte ich das nicht. Ich arbeitete gerne alleine, was auch erklärte, warum ich mein eigener Chef und einziger Angestellter war. Allerdings suchte ich mir zur Sicherheit trotzdem jemanden. In meinem Terminkalender durchflog ich einige Namen von konkurrierenden Auftragskillern, die mir noch was schuldig waren. Wenn ich sie so dazu bringen konnte mit mir zu arbeiten, musste ich hinterher nix dafür zahlen. Geld spielte in meinem Leben eine ziemlich große Rolle. Es kamen nicht viele in Frage. Die meisten arbeiteten bei bestimmten Firmen und waren einfach zu schlecht. Sollte mein Partner bei der Aktion draufgehen, würde die Firma mich dafür mein Leben lang aufkommen lassen. Auftragskiller gab’s nun mal nicht wie Sand am Meer. Letzten Endes kamen ganze 5 Personen in meinen Auswahlskarton, den ich kräftig schüttelte. Bah. Ich mochte eigentlich keinen der 5. Ich rief bei jedem an. 4 Ablehnungen. Hatten die Leute heute alle Besseres zutun oder was? Verärgert wählte ich die letzte Nummer. Ich hatte inständig gehofft, sie nicht wählen zu müssen. Pech gehabt. „Hallo?“ Eine Frauenstimme ertönte. „Guten Tag, Whitlock mein Name.“ „Ach, sie wollen sicher mit Tinkerbell sprechen“ Tinkerbell… der Name passte nicht zu einer Person, die so gefährlich war. Tinkerbell Brooklyn war die bekannteste und gefürchtetste Kopfgeldjägerin in unserem Land. Und zu allem Überfluss die Einzige, die mir keinen Gefallen schuldete und meine größte Konkurrentin war. Das würde teuer werden. Ich merkte bereits, wie mein Geldbeutel um Erbarmen bettelte. „Genau“ Stille. „Ich kann gerade nicht mit ihr sprechen…kommen Sie besser selbst vorbei und reden mit ihr“ Sie konnte gerade nicht mit ihr sprechen? Ich schluckte ein Lachen runter. Tja… so war die liebe Tinkerbell. Nicht jeder konnte mit ihr sprechen. Anscheinend nicht mal ihre eigene Mutter. „Okay, ich bin gleich bei Ihnen.“ Bevor ich losging, zog ich mir meinen schwarzen Ledermantel über und warf noch einen letzten Blick in den Spiegel. Ich war komplett in schwarz eingekleidet. Meine Lieblingsfarbe. Meine Haare gingen mir fast bis zu den Schultern und waren genauso pechschwarz, wie meine Kleidung. Irgendwie erinnerte ich mich selbst manchmal an einen Emo in Gothic Klamotten. Zu meiner blassen Haut und meinen eisklar-blauen Augen bildete sich dadurch ein starker Kontrast. Schön. So gefiel mir das. Für einen 25 jährigen Mann sah ich zu jung aus, aber das hatte seine Gründe. Viele schätzten mich auf etwa 17… Tse… Es kostete mich eine ganze Stunde, um zum Haus der Brooklyns zu kommen. Sie wohnten weit ab der Stadt. Als ich klingelte, öffnete mir sofort eine liebenswürdige Frau die Tür. Sie war mittleren Alters und ihre dunklen Locken baumelten an ihrem leicht übergewichtigen Körper hinunter. Ihr blaues Kleid erinnerte mich an die Gardinen, die meine Mutter damals immer im Wohnzimmer aufgehängt hatte. Tinkerbells Mutter. Ich wurde hoch geschickt. Fräulein Auftragskillerin wohnte im Dachgeschoss. Auf der Treppe war bereits laute Musik zu hören und der süße Duft von Schokolade stieg mir in die Nase. Irgendjemand schrie mir „As you’re falling down!“ entgegen. Widerwillig bewegte ich mich weiter die Treppe hinauf, bis ich vor einer großen Tür stehen blieb. Die Zimmertür war mit Zettelchen vollgeklebt Dinge, wie „Misery comes looking for me“ oder „Enemy, Enemy, Show me what you wanna be“ standen darauf. Am meisten lachte ich über den Spruch “Knock Knock”. Tinkerbell war als die Todesfee bekannt. Oft ließ sie einen Spruch wie „Klopf Klopf – Wer ist da?- Die Todesfee“ ab, bevor sie ihre Opfer zur Strecke brachte. Viele nennen das kindisch, einige geisteskrank. Beides trifft auf Tinkerbell zu. In gewisser Weise ist sie eine Irre und es gab nicht viele, die gerne mit ihr arbeiteten. Ich war auf sie angewiesen. Vorsichtig öffnete ich die Tür und trat ein, sah mich dabei genau um. Man wusste nie, was ein Auftragskiller einem anderen antat, wenn er erkannte, dass da gerade ein Konkurrent in seinen eigenen 4 Wänden stand. Das Zimmer war groß und geräumig. Hell. Und vor allem roch es nach Süßigkeiten. An den Wänden hingen Schusswaffen, Messer, Granaten und Lakritzschlangen. Warscheinlich war alles griffbereit und gleich anwendbar( bzw. essbar). In der Mitte stand ein riesiger Schreibtisch, ich schätze 5 Mal so groß wie meiner, auf denen um die 15 Monitore verteilt waren. Alle blinkten hell leuchtend auf. Tinkerbell saß auf einem großen Ledersessel und hatte eine Waffe auf mich gerichtet. Klick. Wow, jetzt war die Waffe sogar entsichert. Ich sah sie lange schweigsam an. Das kleine, gerade mal 16-jahre alte Mädchen würdigte mich keines Blickes. Die grünen Augen waren auf die Monitore geheftet. Sehr gastfreundlich. Das war ihre Art. Sie sah auf andere herab, hielt sich selbst für was Besonderes. Vielleicht stimmte das sogar. Tinkerbell war ein zierliches Mädchen. Sie sah beinahe zu süß für ihr Alter aus. Mich erinnerte sie jedes Mal an eine Fabelgestalt, eine Fee eben. Wenn ich nicht wüsste, dass sie eine geisteskranke Killerin war, würde ich felsenfest behaupten, sie würde ihrem Namen gerecht werden. Ihre dunkelbraunen Haare fielen in Wellen bis auf Brusthöhe. Sie waren fast so dunkel, wie ihr schwarzes Oberteil. Der kurze, rot-schwarz karrierte Faltenrock erlaubte einen Blick auf ihre vernarbten Oberschenkel. Lange Risse zeichneten ihre Beine. Irgendwie erinnerten mich die Narben an Dehnungsstreifen, aber das sagte ich besser nicht. Tinkerbell würde mir sicher die Birne wegballern, wenn ich jetzt unhöflich werden würde. Die Narben stammten von einem Kampf mit einem Tigerdämonen, vermutete ich. Also eine Heldentat. Versuchte ich mir zumindest einzureden. „Sagen Sie mir, was Sie wollen. Wenn Sie meine Zeit verschwenden, erschieße ich Sie“, drohte sie mir monoton und kaute dabei einen Schokoriegel. Respekt. Obwohl sie gerade einen wenig ernstzunehmenden Anblick bot, glaubte ich ihr jedes Wort. „Ich brauche deine Hilfe bei einem Stufe 9 Auftrag“ „Was springt für mich dabei raus?“, fragte sie. Ich schluckte kurz. Was würde ich ihr bieten. „Die Hälfte des Honorars“ Autsch. „Wieviel?“ „20.000 Dollar“ Sie drehte sich zu mir und sah mich an. Dabei ließ sie ihre Waffe sinken. „Wir sind im Geschäft, Joshua Whitlock“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)