Jaded von Palmira ({MadaIta}) ================================================================================ Kapitel 7: Born To Be Wild -------------------------- Born To Be Wild Untertitel: Knallgelb und höllenheiß ‚Born To Be Wild’ stammt aus 1968 von der Band Steppenwolf. Madara war verliebt. Verliebt bis in seine störrischen Haarspitzen. Bis in seine ewig selbstgefälligen Augen. Bis in seine schönen, schlanken Hände. Vermutlich sogar bis in den blauen Fleck, den er sich geholt hatte, als er mit dem Knie gegen einen Hydranten gestoßen war. Die Dinger waren signalrot und standen am Rand des Bürgersteigs, man musste geschickt sein, um da reinzurennen. Doch alles war möglich, wenn man absolut verliebt war. Deidara fiel es als Erstem auf. Er machte Kommentare, und Konan mit ihrer romantischen Ader nannte Madara Altair, den Hirten, und seine Liebe Vega, die Weberin. Laut der Mythologie konnten die beiden sich nur einen Tag im Jahr sehen. Madara fiel das nicht auf. Sogar das war möglich, wenn man absolut verliebt war. Itachi bemerkte, dass sein Mitbewohner etwas ordentlicher wurde und wesentlich weniger Zeit zu Hause verbrachte. Und noch alarmierender, er opferte den Samstag, seinen einzigen freien Tag in der Woche, um seine Vega zu sehen. Musste so was möglich sein, wenn man absolut verliebt war? Nach bereits einer Woche fand sogar Hidan es nicht mehr lustig, diese Obsession zu verspotten, und das musste etwas heißen. Madara reagierte einfach nicht, dazu war er zu verträumt. Ein sehr bedenklicher Zustand, denn Madara war nie verträumt, nicht mal dann, wenn man ihm auf einem Großbildschirm präsentiert hätte, wie jemand Hashirama Senju in einer Jauchegrube versenkte. Er war viel zu verliebt, um so feindselig zu sein. Madara seufzte sogar manchmal. Ein sehnsüchtiges Seufzen, wie man es sonst nur in richtig schmalzigen Liebesfilmen hörte. Itachi war bereit, ihn für jedes Seufzen zu ohrfeigen, wenn eine Aussicht bestanden hätte, dass Madara das überhaupt mitbekam. Aber er war ja so verdammt verliebt. Über ‚Vega’ wurde viel spekuliert. Man musste schon eine Handvoll sein, um einen so nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, und es liegt in der Natur des Menschen, abscheulich neugierig auf das Privatleben anderer zu sein. Konan hatte sogar den Nerv, Itachi zu fragen – als ginge es ihn was an, in wen Madara so furchtbar verliebt war! Und so ganz nebenbei gab dieser auch keine Details preis. Und er grinste so dümmlich, dass Itachi Bluthochdruck davon bekam. Es war wie in einem Alienfilm, und zu gern hätte Itachi die klischeebeladene Frage ‚Wer bist du und was hast du mit Madara gemacht?’ gestellt, wenn die Antwort etwas Anderes als dieses elende Grinsen gewesen wäre. Der echte Madara hätte mindestens einen blöden Witz gerissen, zum Beispiel ‚Beam me up, Scotty!’. Die meisten Gesprächsversuche scheiterten. Madara hatte sein damals so plötzlich erwachtes Interesse an Itachi eingebüßt, er näherte sich ihm nicht mehr und zog sich in sein Zimmer zurück, wenn er mal nicht ausgegangen war. Dann war es da drinnen still, bis auf dieses aggressionsfördernde Seufzen. Eins war ihm also wenigstens erhalten geblieben, er scherte sich keinen Deut um die Gefühle anderer. Nicht besonders begrüßenswert. Er hatte sogar Appetitmangel, wie man das von den berüchtigten Schmetterlingen im Bauch so kannte. So nach allen Regeln der Kunst verliebt. „Du wirkst unausgeglichen.“ Itachi war Großmeister in den sogenannten Todesblicken, doch das Zeug war Esoterik. Das wirkte nicht, wenn man nicht dran glaubte, und Kisame glaubte leider nicht dran. „Ach was.“ Sie saßen gegenüber in der Cafeteria der Universität, Itachi starrte die schmierige Maserung des Tisches an und Kisame stocherte in seinem Mittagessen. Das war ein natürlicher Vorgang, wenn es sich beim Essen um eine solche Pampe handelte, die unmöglich Yorkshirepudding sein konnte, aber es erinnerte Itachi an die Art, wie Madara momentan in allem herumstocherte, was er essen sollte, ob es nun Yorkshirepudding war oder nicht. Da sollte man wohl unausgeglichen werden. „Mir fällt bestimmt noch ein besseres Wort ein.“, spottete Kisame und stach den unförmigen Teigklumpen ein weiteres Mal ab. „Mir ist etwas auf den Magen geschlagen.“, wehrte Itachi sich lahm. Es war seine Standardbegründung, wenn ihm eine Laus über die Leber gelaufen war. Nicht selten Madaras Schuld, weil er zu ungestüm gewesen war. Aber sie hatten ja keinen Sex mehr. Madara war ja verliebt, falls das wer vergessen hatte. Itachi hatte das jedenfalls nicht. „Du solltest mal wieder ausgehen.“, empfahl Kisame routiniert. Es war liebenswert von ihm, Itachi immer einen anderen Tipp bei dieser Ausrede zu geben, doch dass es gerade dieser war, stieß diesem sauer auf. „Scheiße, nein.“ Kisame hörte kurz auf, den Pudding zu traktieren, und sah auf, bevor er grinste. „Scheiße, nein? Du musst weg von Madara. Der verdirbt dich total.” Und das war Thema Nummer zwei, über das Itachi nicht reden wollte. Finster starrte er die Servietten an. Kisame ging zu einem erwünschten Themenwechsel über, als wäre nichts geschehen. „Du solltest dich echt mal untersuchen lassen. Vielleicht hast du ein Magengeschwür oder so was.“, brummte er und nahm die Folter des Yorkshirepuddings wieder auf. In solchen Momenten bereute Itachi es, sein Verhältnis mit Madara auch vor seinem besten Freund geheim zu halten. Dann wäre es wenigstens einfacher, alles. Und obwohl Konan davon wusste, sprach er nicht mit ihr darüber, wenn sie es nicht darauf anlegte. Was gerade selten vorkam, denn sie hatte selbst irgendwelchen Stress in ihrer Beziehung. Dreck, wenn man sie mal brauchte... Auf Frauen konnte man sich nicht verlassen. „Sollte ich wirklich.“ „Hm?“ Kisame schaute erneut auf, er hatte offenbar den Faden verloren, weil das Gespräch beendet war. „Zum Arzt gehen.“ „Ja.“ Itachi drückte seinen Fingernagel in eine Rille der Maserung. Er hasste das Geräusch, wenn Kisames Gabel den Pudding durchbohrt hatte und unten auf den Teller prallte, ein schrilles Klicken. „Bringst du mich hin?“ „Jetzt?“ „Ja.“ Kisame zog die Gabel heraus und legte sie weg. „Klar.“ Tauwetter war ziemlich deprimierend, fand Itachi. Matschiger Schnee überall, alles tropfte und lief, das war ekelhaft. Madara, der Schnee hasste, hasste die Schneeschmelze ebenso. Für ihn hatte das Zeug weg zu sein und nicht so theatralisch abzutreten. Kisame ging neben Itachi her, die Hände in den Taschen vergraben. Es war Anfang März und taute, und Itachi konnte nicht glauben, dass er tatsächlich zum Arzt wollte. Total sinnlos, ihm fehlte nichts außer gesundem Menschenverstand. „Sollen wir bei Madara vorbeischauen?“ Kisames Frage brachte Itachi aus dem Konzept. „Was?“ Nicht nur, dass Madara nicht hier in der Nähe arbeitete, er hatte jetzt nicht mal Schicht. Es machte also keinen Sinn, ihn besuchen zu wollen. Mal ganz davon ab, dass Itachi niemanden besuchen wollte, der so nervtötend verliebt war. „Ist gleich um die Ecke... Vega, du weißt schon.“ Kisame grinste, doch Itachi konnte seine Heiterkeit nicht teilen. Es war der Moment, in dem er begriff, dass er nicht selbst herausfinden wollte, wer Vega war. Verliebte schwärmten angeblich so viel, aber wenn Madara das tat, dann nicht in Itachis Gegenwart. War sowieso schwierig, so selten zu Hause, wie er war. Mistkerl. Itachi verschränkte die Arme vor dem Bauch und verzog das Gesicht. Konan signalisierte damit, dass sie Unterleibsschmerzen hatte und das gefälligst jemand zur Kenntnis nehmen sollte. „Geh schon mal vor, von hier aus schaffe ich es allein.“ Kisame war ein guter Freund. Gute Freunde wissen, wann sie nicht mehr erwünscht sind. Er klopfte Itachi mit seiner prankenartigen Hand auf die Schulter und stapfte weiter durch den tauenden Schneematsch. Offenbar legte er keinen Wert darauf, zur Universität zurückzukehren. Itachi sah ihm nach. Die Versuchung, Kisame hinterherzulaufen, war so groß wie die, sich die Faust in den Magen zu rammen, bis ihm wirklich schlecht war. Dreizehn Minuten später saß Itachi auf einer Behandlungsliege, die so hoch war, dass seine Füße eine Handbreit über dem Boden baumelten. Dreizehn war schon eine Unglückszahl, wohlgemerkt. Die ganze Zeit über starrte er die aufgereihten Apparate an und fragte sich, ob er wohl eine Magenspiegelung machen musste. Eine Kamera schlucken und... Bah. Schon der Gedanke war ekelhaft. Itachi wurde sehr selten krank, deshalb hatte er keinen ‚Arzt seines Vertrauens’. Zu diesem Exemplar hier konnte man allerdings kein Vertrauen haben, da fingen wahrscheinlich die Kinder an zu weinen. Die harten, stahlgrauen Augen musterten Itachi durch die Gläser einer runden Brille, die jedes andere Gesicht freundlicher und niedlicher gemacht hätte – dieses nun gerade nicht. Namentlich Kabuto Yakushi, hatte leichte Ähnlichkeit mit Doktor Hojo und schien mit fremden Patienten, die mal eben bei Tauwetter hereinschneiten, grundsätzlich nicht mehr als nötig zu reden. Und in seinem Behandlungszimmer war es kalt. Seine Finger waren kalt. Sein Stethoskop auch. Sogar seine Stimme war kalt. „Scheint alles in Ordnung zu sein.“, resümierte er, nachdem er Itachi mit dem Mindestmaß an Sorgfalt untersucht hatte und ihm eine Spitze in den Unterarm gejagt hatte. Und dass er die Vene traf, hieß nicht, dass es weniger weh tat. Kabuto hatte ihm gelegentlich Fragen über sein Essverhalten gestellt und ihn dabei in die Rippen gepiekst, wobei Itachi jedes Mal zusammenzuckte. „Gibt es ein Zeitmuster, in dem Sie sich unwohl fühlen?“ Itachi schüttelte den Kopf. Er bereute es bereits wieder, hierher gekommen zu sein, für nichts und wieder nichts. Mit ihm war alles in Ordnung, Madara sollte sich viel eher mal checken lassen. Kabuto furchte die Stirn, als müsste er darüber sorgfältig nachdenken. „Keine Lebensmittelallergien?“ Nächstes Kopfschütteln. Kabuto nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen dahinter. Itachi war taktvoll genug, die Diagnose abzuwarten, bevor er seinen Pullover wieder anzog. Es war immer noch kalt hier drin, und niemand, der je Horrorfilme gesehen hatte, saß gern halbnackt auf einem Behandlungstisch. Einem, der zu hoch eingestellt war. „Da ich sonst keine Anomalie feststellen kann... könnte es sich um ein Früherkennungszeichen von Krebs handeln.“ Itachis Mund war trocken. Zuerst fand er keine Stimme, was Kabuto offenbar nicht überraschte, denn er putzte mit seinem Ärmel die Brillengläser. Als würde er anderen ständig sagen, dass sie vielleicht Krebs hatten. „Wenn die Auffälligkeiten bis, sagen wir, den Donnerstag der nächsten Woche anhalten, machen wir sicherheitshalber eine Magenspiegelung. Bis dahin sind auch die Blutwerte näher ausgewertet.“ Er pappte Itachi ein Pflaster auf den Unterarm und reichte ihm nonchalant den Pullover. Itachi merkte kaum den leichten Schmerz in der Einstichstelle, als er sich das Kleidungsstück überzog und die Kaschmirwolle an dem Pflaster zog. Wenn man erst mal die Aussicht auf etwas so Ernsthaftes wie Krebs im Kopf hatte, war man hypersensibel. Itachi bildete da keine Ausnahme. War er von den Stufen zu ihrer Wohnung schon immer so kurzatmig geworden? Was war das für ein komisches Zwicken in der Nierengegend? Hätte er inzwischen nicht längst Appetit bekommen sollen? Stumm stierte Itachi auf den schwarzen Fernsehbildschirm und zählte die Staubflusen. Da war es wieder, dieses Pochen... War sein Gesicht schon immer so blass und ausgezehrt gewesen? Seine Augen so blutunterlaufen? Und letzte Nacht war er an die sechs Mal aufgewacht... Er hatte sich zu sehr daran gewöhnt, wie Madara sich zwischendurch herumwarf. Und da war dieses Ziehen im Nacken, das musste keine Verspannung sein, vielleicht- Itachi hatte länger dort gesessen, als er bemerkt hatte, denn nun flog die Tür geräuschvoll auf und spuckte Madara aus, zusammen mit einer eisigen Böe und einer Menge Schneematsch. Itachi hatte nie ein solches Bedürfnis verspürt, sich ihm in die Arme zu werfen. Madara sah ihn an, machte aber keinen typischen Kommentar, was er so früh hier machte. Stattdessen schüttelte er verkrustete Eisstückchen ab und summte Disneys ‚This Is Halloween’. Wie immer, wenn er gut gelaunt war. Wie geschmacklos, jetzt gut gelaunt zu sein. Itachi hatte nie ein solches Bedürfnis verspürt, ihn anzuschreien. Madara wickelte seinen Schal ab und spuckte dabei seinen Kaugummi in den Mülleimer neben der Garderobe. Er war ganz das blühende Leben, strahlend verliebt und vollauf mit sich und seiner Vega beschäftigt. Itachi hatte nie ein solches Bedürfnis verspürt, ihn zu ohrfeigen. Obwohl, vielleicht doch. Nach der Sache mit dem Gedicht für Tobirama. Itachi starrte wieder auf den Fernsehbildschirm, die Knie vor die Brust gezogen und die Hände gefaltet in den Schoß gepresst. Sie waren schweißfeucht, und Madara summte immer noch, vermischt mit einzelnen Wortbrocken. „In this town, don’t we love it now? Everbody’s waiting for the next surprise…” “Du bist zu alt für Disney.”, brummte Itachi dumpf. Schon allein an Kürbisse zu denken, ließ Übelkeit in ihm aufwallen. Madara hörte ihm nicht zu, er bog in die nächste Passage ein: „This is Halloween, everybody scream! Won't ya please make way for a very special guy?!” “Madara…” Itachi klang mahnend. Madara ignorierte das schon wieder und verschwand in der Küche, um dort vergnügt herumzukramen. Er hatte nicht mal auf seinen Namen gehört, von dem er es liebte, wenn man ihn richtig aussprach. Itachi hatte nie ein solches Bedürfnis verspürt, in Tränen auszubrechen. Like a true nature's child We were born, born to be wild We can climb so high I never wanna die Itachis Tage verliefen düster – allen ging es gerade so. Pein stritt sich mit Konan und Konan stritt sich mit Pein, Sasori hatte eine Nebenhöhlenentzündung, worum ihn niemand beneiden konnte, Deidara hatte eine Schaffenskrise und nahm das ungeheuer ernst, Zetsu hatte den Winter-Blues. Sogar Kisame schien bedrückt und schweigsam. Nur Hidan war ätzend gut drauf. Itachi hatte das zweifelhafte Vergnügen, ihn in seiner Mittagspause zu treffen, während er gerade überlegt hatte, ob er sich vorzeitig einen Termin für die Magenspiegelung geben lassen sollte. Inzwischen hatte er nämlich Magenschmerzen. Phantombeschwerden, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Hidan trug irgendein seltsames T-Shirt und darüber eine dünne Jacke, weshalb man schon bei seinem bloßen Anblick fror. Im Takt zu Limp Bizkit wippte er auf seinen ebenfalls schockierend sommerlichen Chucks. „Jo.“ Dass dieser Begrüßung keine familiendiskriminierende Beleidigung folgte, war das Alarmsignal seiner guten Laune und machte Itachi, der ihn eh nicht sehen wollte, misstrauisch. „Was willst du?“ Hidans Grinsen hatte etwas Ironisches, das einen davor warnte, seine Stimmung nicht zu überschätzen. Der Kerl konnte einen wirklich nervös machen. „Dich abholen, Mann. Zeit für ein paar Zentner stahlharter Erotik.“ I never wanna die Born to be wild Stahlhart auf jeden Fall. Mörderische Maschinen, die man sonst nur aus Roadmovies oder Final Fantasy kannte. Wie Hidan ausgerechnet die erotisch finden konnte, war Itachi nicht klar, dafür war etwas Anderes zuständig. Ein wenig steif schaute Itachi sich in der Halle um, wo die Motorräder aufgereiht waren wie Teilnehmer einer Rallye, die gleich aufheulen und jeden Besucher zwischen sich zerquetschen würden, bevor sie in einem ohrenbetäubenden Inferno aufeinander prallten. Die Räder waren mit Stützen gesichert, sodass die Standeisen nicht benötigt wurden, sodass die Dinger kerzengerade gehalten wurden und zusätzlich den Anschein verstärkten, sie seien abfahrbereit. Die blank polierten Windschutzscheiben und gewölbten Rücken machten Itachi unruhig. Ihm fehlten die Jungenträume von dem Sonnenuntergang, der endlosen Straße und ihm auf seiner Maschine, und das regte sich auch jetzt nicht. Hidan nahm seinen Mangel an Begeisterung nicht zur Kenntnis, was bedeutete, dass er sich von dieser Situation noch irgendeinen schlagenden Witz versprach. Und wer Hidans Sinn für Humor kannte, wurde davon umso nervöser. Und da sollte noch jemand keine Magenschmerzen haben. Glücklicherweise betrat ausgerechnet jetzt ein neugieriger Kunde den Hort der ‚stahlharten Erotik’, ein Begriff, von dem Itachi partout nicht loskam. Hidan verpasste ihm einen rohen Schubs, der ihn beinahe in eine Vespa stolpern ließ, die sich unerklärlicherweise hierher verirrt hatte, und meinte, er sollte einfach durchgehen und sich umsehen. Alles, wovon Itachi schon immer mal geträumt hatte. Wenigstens erhielt er einen Aufschub, bevor Hidan die Bombe platzen ließ. Itachi stand neben der Vespa, beide so verloren wie die Kätzchen im Raubtierkäfig. Es roch nach Leder, Imprägnierspray und Plastik, und nach etwas Scharfem, Herben, auf das man nicht so recht den Finger legen konnte. So wie... Rasierwasser, wenn man keines brauchte. „Wo ist Hidan?“ Wie unpassend, aber das war stahlharte Erotik. I like smoke and lightning Heavy metal thunder Madaras Haar stand immer ab, doch in naher Vergangenheit musste er sich einen Helm darüber gezerrt haben, denn inzwischen sah es aus wie unter Starkstrom. Itachi konnte Leder nicht viel abgewinnen, das gehörte zu sehr in die SM-Sparte, wenn es allerdings dezent war, beispielsweise nur an den Handschuhen und hin und wieder woanders... Zum ersten Mal ignorierte Itachi den schrecklich verliebten Glanz in Madaras Augen. Die Schutzkleidung war dunkel, die einzig wahre Farbe für eine Motorradkluft, und relativ unspektakulär. Bis auf die leichten Lederakzente, die die Polster kaschierten. Das alles schien geradewegs einer seltsamen Art von Porno entsprungen, weil Madara es sogar in dieser absolut deckenden Kleidung schaffte, verrucht auszusehen. Er wartete nicht länger auf Itachis Antwort, der immer noch wie angewurzelt neben der Vespa stand, sondern griff nach dessen Hand. Das glatte, brandneue Leder der Handschuhe knirschte dabei und fühlte sich eigenartig lebendig an. „Komm, sieh sie dir an!“ Dazu hatte Hidan ihn auch aufgefordert, und Itachi war absolut zufrieden damit, sich die Vespa anzugucken und schicksalsergeben abzuwarten, für welches Farce er hier war. Seit er sich krank vorkam, war er noch passiver als sonst. Madara zerrte ihn im Slalom durch die Reihen der Motorräder, wobei er mühelos hervorgestreckten Spiegeln und Standhilfen [1] auswich. Er war also nicht zum ersten Mal hier. „Hier warst du die ganze Zeit?“ „Ich wusste, dass es dir nie in den Sinn kommen würde, mich einfach danach zu fragen.“ Itachi fühlte sich ertappt und gekränkt zugleich. „Das heißt Ja?“ Madara zog dramatisch die Augenbrauen hoch, sonst blieb seine Miene blank. Oh, das war ein toller Moment für ‚Ich bin vielleicht ernsthaft krank und hey, wer hat mich nicht danach gefragt, na?’. Er hatte allerdings Recht – Itachi hätte sich nicht von sich aus erkundigt, wer Vega denn war. Und Madara wusste das zweifellos sehr genau. Und fast genauso zweifellos hatte es ihn wütend gemacht und dazu gebracht, Itachi zu meiden. Nicht alles konnte man auf Verliebtheit schieben. Itachis Magen ging es dadurch keineswegs besser. Madara stieß ihn ein weiteres Mal vorwärts, und Itachi bremste instinktiv. Weigerte sich, noch einen einzigen Schritt weiter zu machen. Visueller Reiz, sehr stark. Sein Magen machte einen Salto und landete auf dem Rücken. „Was ist das?“ „Kawasaki.“ Madaras Stimme haftete wieder dieses Verträumte an, doch Itachi war zu gelähmt, um das zu bemerken. Er hatte Mühe genug, nicht die Kinnlade fallen zu lassen. Wenigstens seine Stimme war fest und beherrscht. „Madara, bist du farbenblind?“ Kawasaki, ja. In Knallgelb. Fire all of your guns at once And explode into space Jeder vernünftige Mensch, der sich überhaupt in diesen Hort der Maschinerie wagte, näherte sich diesem Ding nicht bis auf einen Radius von zwei Metern. Klar, eine Kawasaki war cool. Und Itachi verstand auch, warum Madara so versessen darauf war, keine Freizeit mehr zu haben, er wollte dieses Baby. So weit alles in Ordnung. Aber dieses Gelb! Damit war gar nichts in Ordnung. „Das ist Vega...?“ Madara furchte missvergnügt die Stirn. Er musterte das Motorrad mit der Hingabe, von der man dachte, es gäbe sie nur in Filmen. Itachi kam entfernt der Gedanke, ob er eigentlich einen Führerschein für das da hatte. „Pah! Der Name ist auf Konans Mist gewachsen.“ Itachi rieb sich die Augen, um sich von dem Gelb zu erholen. „Das willst du haben?“ „Yeah.“ „Das wird wirklich teuer.“ „Mhmmm.“ „Kannst du die überhaupt fahren?“ Madara grinste diabolisch. „Willst du’s rausfinden?“ Itachi hatte nie ein solches Bedürfnis verspürt, in Ohnmacht zu fallen. Racin' with the wind And the feelin' that I'm under Nein, nein und nochmals nein, Madara konnte ganz und gar nicht fahren! Nicht, wenn man Itachi fragte! Selbst durch den ruhigen Innenstadtverkehr jagte die Kawasaki wie ein knallgelber Blitz und neigte sich in jeder Kurze bedrohlich zur Seite. Der Motor ließ die gesamte Maschine donnern, sodass man durchgeschüttelt wurde wie in einer Wildwasserbahn. Der Lärm war infernalisch. Nach nur zehn Minuten Fahrt war Itachi sicher, dass, wenn er von dem Motorrad stieg, seine Beine unter ihm nachgeben würden. Also blieb er sitzen, als das Ungetüm endlich auf dem Parkplatz eines Supermarkts zum Stehen kam. „Scheiße.“, war alles, was er herausbrachte. Sein gesamter Körper sprudelte vor Adrenalin. „Und jetzt sag’ nie wieder Vega. Das ist die Hornisse.“ Itachi warf ihm einen drohenden Blick zu, doch Madara ließ den Motor einfach wieder aufheulen, und der Blick schmolz zu einem kümmerlichen Bitten zusammen. „Du... bist ohne Helm gefahren, bist du komplett wahnsinnig?“ Was den Nebeneffekt hatte, dass Itachi zumindest temporär sein Gesicht in Madaras rauem Haar vergraben und die vorbeirasende Landschaft vergessen konnte. Doch das musste er ja nicht wissen. Wusste er eh schon. „Ich hab’ noch keinen.“ „Das ist die Dümmste aller Ausreden.“ „Damit das gleich klar ist, ich schiebe den Rückweg über nicht.“ Toll, noch so ein Höllenritt. Was war nicht in Ordnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln?! „Dir scheint dein Kopf nicht so wichtig zu sein.“ Madara zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder nach vorn. Niemand achtete zu genau auf sie, obwohl Itachi auf dem Sattel der Hornisse mehr als Fehl am Platz wirkte. Seine Glieder bebten immer noch. „Kisame meinte, du wärst krank.“ Itachi lachte trocken auf. „Meint er das.“ Madara sah erneut über die Schulter und gab Itachi diesmal das Gefühl, derjenige von ihnen zu sein, der unreif war und unangebrachte Witze riss. Zuerst sagte keiner von ihnen etwas. Itachi unternahm einen Versuch, seine verkrampften Beine zu lockern. „Lass uns zurückfahren. Meinetwegen kaufe ich dir einen Helm.“ Madara lächelte undurchsichtig und drückte so flüchtig Itachis Hand, dass nur das schmeichelnde Gefühl von Leder bestätigte, dass er es tatsächlich getan hatte. „Ich hab’ schon längst einen. Wollte ihn bloß nicht aufsetzen.“ „Du hast-“ „Du könntest ja dir einen kaufen.“ Itachi seufzte schwer. Ein Grummeln ging durch die Hornisse, ihr Motor erwachte wieder zum Leben und hustete eine Qualmwolke aus dem Auspuff. „Solange er nicht gelb ist.“ Mit Itachi war alles okay. Er wollte nur nicht einsehen, dass knallgelbe, höllenheiße, stahlharte Erotik ihn geheilt hatte. Yeah Darlin' go make it happen Take the world in a love embrace Fire all of your guns at once And explode into space fin [1] Man kann sich denken, warum ich es mit allen Mitteln vermieden habe, den volkstümlichen Begriff ‚Ständer’ dafür zu benutzen... Von dem Thema, das in diesem OS angerissen wurde, will ich gar kein Fass aufmachen. Es geht mich auch nichts an, und wenn man das Dramedy nennen kann... Wohl eher nicht, da schätze ich meine Fähigkeiten realistisch ein. Wenn ich jemandem da zu nahe getreten bin, tut mir das zwar leid, aber es war auch nicht beabsichtigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)