Blättertanz von Ur (Naruto Oneshot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: Immer hinter dir --------------------------- »Er liebt mich, er liebt mich nicht…«, murmelte sie leise und immer wieder, während sie langsam und andächtig Blatt für Blatt von einem unschuldigen Gänseblümchen abzupfte, das direkt neben ihr aus dem Gras gelugt hatte. Der Wind blies sachte über den Hügel, auf dem sie saß und ihre blassen Augen ruhten nachdenklich auf der kleinen Blume. Die unvollkommene Stille, die sie umgab, hatte etwas Beruhigendes an sich und Hinata Hyuuga lauschte dem Tänzeln der Blätter um sie her. »Er liebt mich nicht…« Eine angenehme Brise strich ihr die langen Haare aus dem Gesicht, während ein kaum merkliches Lächeln über ihre Lippen huschte. »Er liebt mich.« So oft schon hatte sie es getan und so oft schon hatte das Ende dieser kleinen Prozedur sie zum Lächeln gebracht, denn allein der träumerische Gedanke daran, dass Naruto sie eines Tages ebenso lieben könnte, wie sie ihn liebte, zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Wenn auch ein recht wehmütiges. Das Gänseblümchen fiel lautlos ins Gras und verschwand zwischen den endlos vielen, grünen Grashalmen, während Hinata den Blick hob und hinauf zum Himmel schaute. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen und sie zog die Knie enger an den Körper, um die Arme darum zu schlingen. Eigentlich wusste sie, dass Naruto Sakura mochte. Sie hatte so oft gesehen, wie er sie ansah. Und sie hatte sich schon so oft gewünscht, dass er sie auch so ansehen würde. Immer schon hatte sie Naruto angeschaut. Seinen Rücken. Sie war hinter ihm gegangen, schweigend, ungesehen, unbemerkt. Hatte einem Traum nachgejagt, so zu sein, wie er es war. Hatte von ihm gelernt und ihn stumm aus ihren blassen Augen beobachtet. Sie hatte beobachtet, wie Sakura neben ihn getreten war. Während Hinata hinter ihm ging, war Naruto vor ihr hergegangen, lachend und scherzend mit Sakura an seiner Seite. Sie selbst war immer nur sein Schatten gewesen. Niemals seine Begleiterin. Egal wie sehr sie es sich gewünscht hatte und wie sehr sie damals schon gehofft hatte, dass sie vielleicht mit ihm in ein Team kommen würde. Vielleicht war es Schicksal, dass sie hinter ihm gehen musste. Als sein Schatten. Die Augen aufmerksam auf ihn geheftet und ihn beobachtend, ohne jemals Teil seines Lebens zu sein. Hinata zog die Knie noch etwas näher an ihren Körper und legte ihr Kinn darauf ab, während sie den Hügel hinunter schaute und ein paar Vögel beobachtete, die aus den Baumwipfeln hervor flatterten. Selbst wenn man seinen Gefühlen davon fliegen könnte, dachte sie still bei sich und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, dann würde sie es nicht tun. Diese Liebe begleitete sie schon so lange und sie hatte ihr Selbstbewusstsein ermöglicht, Kampfgeist, den Drang weiter zu gehen und sich zu verbessern. Schließlich erhob sie sich und streckte sich kurz, warf einen letzten Blick in den wolkenlosen Himmel und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf, wo sie noch Training mit Neji erwartete. Das Training war wie immer hart, aber sie mochte es. Sie hatte das Gefühl, voranzukommen. Und bei jedem Schlag, der Nejis Körper traf, fühlte sie sich stärker. Sie hatte so lange darauf verzichtet, zu kämpfen. Immer hatte sie Angst gehabt. Aber jetzt war es an der Zeit, voran zu gehen. Und selbst Neji hatte zugegeben, dass sie viel besser geworden war. Natürlich war sie noch nicht so gut wie er. Aber das würde kommen. Und sie hatte sich fest vorgenommen, ihn zu übertreffen. »Gutes Training«, lobte Neji sie verschwitzt und in seiner üblich schlichten Art, solche Dinge zu sagen. Sie lächelte dankbar und strich sich die verklebten Strähnen aus der Stirn. Jetzt brauchte sie als Erstes ein Bad. Leise summend tauchte sie ihren Fuß in das warme Badewasser, ehe sie ganz hinein stieg und schließlich bis zu den Schultern unter dem weißen Schaum verschwand. Vielleicht sollte sie Naruto ihre Gefühle gestehen. Aber sie hatte Angst, dass sie danach ganz und gar hinter ihm zurück bleiben musste. Wenn sie schon nicht neben ihm gehen konnte, dann wollte sie wenigstens Narutos Schatten bleiben und seine Fußspuren verfolgen. Das heiße Wasser tat gut nach dem anstrengenden Training und sie schloss erschöpft die Augen, in Gedanken wieder in ihrer Traumwelt, in der Naruto neben ihr ging und ihre Hand hielt. * »Hinata!« Wie immer, wenn sie seine Stimme hörte, bekam sie beinahe einen Herzinfarkt. Ihre Hände wurden feucht und sie schluckte schwer, während sie sich langsam umdrehte und Naruto entgegenblickte, der auf sie zu gerannt kam. »Naruto- kun…«, sagte sie so leise, dass sie es selbst kaum hörte und sie fragte sich, wie sie ihm jemals ihre Gefühle gestehen wollte, wenn sie es nicht einmal schaffte, seinen Namen laut und deutlich auszusprechen. Wenn sie nur nicht immer so schüchtern wäre… »Was machst du gerade?«, erkundigte sich Naruto bei ihr. Ihr Sprachzentrum schien blockiert, während Naruto mit im Nacken verschränkten Armen neben ihr herlief, wie er es so oft tat. »I…ich treffe mich mit Shino und Kiba zum Essen«, gab sie beinahe noch leiser von sich. Sie wunderte sich, dass Naruto sie verstanden hatte. Er grinste sie an und ihr Herz flatterte wie ein übermütiger Schmetterling. »Wir könnten später ein bisschen trainieren, zur Zeit stehen keine Missionen an und ich langweile mich«, erklärte Naruto mit leicht wehleidiger Stimme, die Hinata zum Lächeln brachte. Trotzdem flirrte ihr Herz weiterhin und vielleicht sogar noch ein wenig mehr. Mit Naruto allein trainieren… »G…gerne…«, flüsterte sie und spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Naruto grinste noch breiter und lief weiter neben ihr her, bis sie schließlich ihr Ziel erreichte. Kiba und Shino warteten bereits auf sie und Kiba grinste beinahe so breit wie Naruto, als er sie kommen sah. »Ich hol dich nachher hier ab«, sagte Naruto gut gelaunt, winkte Shino, Kiba und ihr zu und verschwand pfeifend um eine Ecke. »Habt ihr etwa ein Date?«, stichelte Kiba sofort, als Narutos Schritte verklungen waren und sie den Laden betraten. Hinata wusste, dass ihr Gesicht einer reifen Tomate gleichen musste, so heiß war ihr. »Wir gehen nur ein bisschen trainieren«, sagte sie kleinlaut. Aber unweigerlich spürte sie, wie Aufregung sie überkam. Vielleicht konnte sie es ihm sagen, wenn sie allein waren. Nach dem Training, wenn sie beide so richtig ausgepowert waren und erschöpft im Gras lagen. Allein die Vorstellung, neben Naruto im Gras zu liegen und den Himmel zu betrachten, machte sie noch nervöser. »Wird ja auch langsam mal Zeit. Du schmachtest ihm doch schon ewig nach«, sagte Kiba immer noch grinsend und ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Shino sagte nichts. Wie immer eigentlich. Hinata starrte auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß begraben hatte. Wie sollte sie jetzt noch etwas zu essen hinunter bekommen, wenn sie ununterbrochen daran denken musste, dass Kiba ihr Treffen mit Naruto als ‚Date’ bezeichnet hatte. Wie definierte man ein Date? Konnte so etwas schon als Date durchgehen? Aber hätte Naruto sie dann überhaupt gefragt? War Naruto nicht in Sakura verliebt? Wahrscheinlich war das alles rein freundschaftlich gemeint. Oder aber wirklich nur, um sich die Langeweile zu vertreiben und sie war einfach die Erste gewesen, die ihm über den Weg gelaufen war. Als ihr Essen vor ihr auf dem Tisch stand, starrte sie es ganze zwei Minuten lang nur an, bis Kibas Stimme sie aus ihren Gedanken riss. »Weißt du, ich glaube echt, dass er dich mag«, verkündete er kauend und Hinata starrte ihn an, halb entsetzt, halb hoffnungsvoll. Selbst wenn Naruto sie mögen würde… vermutlich würde sie an einem Herzinfarkt sterben, bevor er jemals ihre Hand nehmen konnte. Was für ein schrecklicher Gedanke… »Wie…wie kommst du darauf?«, fragte sie und griff mit zittrigen Fingern nach Messer und Gabel. Kiba zuckte die Schultern. »Instinkt«, mampfte er nur und schob sich den nächsten Bissen in den Mund, noch bevor er den ersten aufgekaut hatte. Zwischendurch hielt er Akamaru ein Stück Fleisch hin, der begeistert bellte. Mittlerweile passte er nicht mehr unter den Tisch und saß direkt neben Kibas Stuhl auf dem Boden. »Sag doch auch mal was, Shino«, meinte Kiba, als er endlich seinen Bissen aufgekaut hatte. Er hielt Akamaru ein weiteres Stück Fleisch hin und sah dann zu Shino hinüber, der schweigend neben ihm saß und sein Fleisch in Stücke schnitt. »Dein Instinkt lügt nie«, sagte Shino schlicht. Hinatas Herz fiel unter den Tisch. Beinahe hoffte sie, dass Akamaru es dort finden und essen würde, dann wäre sie vielleicht nicht mehr so aufgeregt. Hinata fragte sich, ob die beiden eine Verschwörung gegen sie ausgeheckt hatten, aber zumindest Shino wäre so etwas wirklich nicht zuzutrauen und so wurde ihr nur noch heißer und sie schluckte schwer. Plötzlich hatte sie keinen Hunger mehr und schob den Teller von sich. Akamaru warf begehrliche Blicke darauf und sie pickte ein Stück Fleisch von ihrem Teller und hielt es ihm hin. Als er mit der Zunge freundlich ihre Hand ableckte, kicherte sie leise. Sie sollte es einfach auf sich zukommen lassen. Und wenn es wirklich nur Training war, dann konnte sie sich immer noch darüber freuen, dass sie Zeit mit Naruto verbracht hatte. * »Ich hab’s mir anders überlegt«, verkündete Naruto, als sie in Richtung Wald gingen, »lass uns spazieren gehen!« Hinatas Herz pochte heftig gegen ihre Brust. Der Wind strich ihr durch die Haare und sie nickte leicht, während sie neben Naruto herging. Als sie sich umdrehte, sah sie Kiba und Shino vor dem Laden stehen, in dem sie gegessen hatten. Beide hatten die Daumen gereckt. Hinata schluckte und wandte sich wieder um. Ihre Gedanken rasten. War ein Spaziergang ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Sie wusste es nicht. Sie kannte sich nicht mit solchen Dingen aus. Plötzlich verspürte sie den heftigen Drang Kurenai um Rat zu bitten, damit sie ihr die Welt und die Männer und Naruto erklärte und damit sie sich nicht mehr so ahnungslos wäre. Aber dazu war es jetzt zu spät. Vielleicht würde sie das bei Gelegenheit nachholen. Natürlich nur, wenn sie diesen Tag überlebte. Es war mittlerweile Nachmittag geworden und überall in den Bäumen saßen zwitschernde Vögel. Die Sonne fiel durch das grüne Blätterdach und bedeckte den Boden mit Lichtflecken. »Wie war das Essen?«, fragte Naruto und warf ihr einen aufmerksamen Blick von der Seite zu, während sie nebeneinander her gingen. Hinata fragte sich, wohin sie gingen. Und worüber sie um alles in der Welt eigentlich gingen. »Gut… Aber ich hatte keinen Hunger«, sagte sie wahrheitsgemäß. Ihre Stimme klang für ihren Geschmack viel zu zittrig. »Du musst viel essen, das macht kräftiger«, versicherte ihr Naruto. Sie musste kichern. Natürlich wusste sie, dass Naruto immer viel aß. Beinahe unmenschlich viel. »Ich versuch’s«, versprach sie leise. Es war ein gutes Gefühl, neben Naruto herzugehen. Sie hatte das Gefühl, einmal nicht nur sein Schatten zu sein und allein diese Illusion machte sie glücklich. Leise lächelnd stieg sie über Äste und folgte Naruto zu einem Platz, den sie erst kennen würde, wenn sie dort ankamen, da sie immer noch nicht wusste, wo Naruto mit ihr hin ging. Das Thema Training trug sie ein ganzes Stück durch den Wald, bis Naruto schließlich auf die hügelige Lichtung trat, auf der Hinata am Vortag noch gesessen und ein Gänseblümchen missbraucht hatte. Naruto setzte sich ins Gras und sah grinsend zu ihr auf. Wie oft sie dieses Grinsen schon im Traum gesehen hatte, wusste sie nicht. Sie ließ sich mit klopfendem Herzen und Kribbeln im Bauch neben ihm nieder und folgte seinem Blick gen Himmel. Heute schwebten weiße Wolken über den azurblauen Himmel. Direkt neben ihr entdeckte sie zwei kleine Gänseblümchen. Sie unterdrückt den Drang, eines davon herauszureißen und es zu fragen: »Soll ich Naruto meine Gefühle gestehen?« Eine Weile lang schwiegen sie. Aber es war kein unangenehmes Schweigen, wie Hinata es manchmal mit Neji erlebt hatte. Es war ein schönes Schweigen. Naruto betrachtete den Himmel und Hinata ließ den Blick über den Wald unter ihnen schweifen. Erneut beobachtete sie ein paar Vögel, die in den blauen Himmel davon flogen. Sollte sie es tun? Sollte sie nicht…? Sie wusste es nicht. Die Antwort in den Wolken zu suchen, half auch nicht. »N…Naruto- kun…?«, sagte sie schließlich sehr leise und mit so zittriger Stimme, dass es klang, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Da Naruto nichts sagte, wandte sie ihm das Gesicht zu. Sie wusste, dass sie knallrot war. Er betrachtete sie mit funkelnden Augen. Dann hielt er ihr ein Gänseblümchen hin. Sie starrte es an. Dann starrte sie ihn an und hatte das Gefühl, sie müsste jeden Moment in Ohnmacht fallen. Mit zitternden Fingern nahm sie das Gänseblümchen und berührte dabei kaum merklich seine Finger. Naruto lächelte und sie schaffte es, das Lächeln zu erwidern. Dann betrachtete sie das Gänseblümchen. »Geh nicht mehr nur hinter mir«, schien es zu sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)