Fadenkreuz von NaruxHina-Fan (Ein Wichtelzirkel-OS für MiwakoSato1412) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Fadenkreuz Mit einem Klicken rastete der lange Lauf der Charter Arms 255S ein. Das schwarze Metall glänzte in der hellen Mittagssonne. Er hatte auf dem Dach eines Hochhauses Stellung bezogen, von dort aus überwachte er die endlos lange Autobahn, die sich wie eine Lebensader aus Stein und Stahl durch die Stadt schlängelte. Ein Auto nach dem Anderen raste an seiner Schussposition vorbei, nichts ahnend, dass sie beobachtet wurden. Doch für ihn waren die Wagen bedeutungslos, nein er interessierte sich für die Fußgängerbrücke, die die breite Schnellstraße überbrückte. Menschenmassen drängten sich über den kleinen Überweg, kein Wunder, es war Rushhour, die ganze Stadt war auf den Beinen. Bei einer solch gewaltigen Stadt wie Tokio bedeutete das Millionen von Menschen. Er suchte nur einen Einzigen. Fast zärtlich legte er das Gewehr an und linste durch das Zielfernrohr. Das Fadenkreuz strich über Gesichter, streichelte anonyme Personen, glitt über Unbekannte immer nur auf der Suche nach Einem. Wie viel Macht so eine Waffe bedeuten konnte. Er grinste bei der Vorstellung, einfach nur abzudrücken, wahllos Blut zu vergießen und Leben zu nehmen…dann würde er Gott sein. Er schwelgte in der Vorstellung, wie sich Beamte und Arbeiter, Verkäufer und Bankiers gleichermaßen gegenseitig vor Panik zertrampelten. Er hatte die Wahl, es war seine Entscheidung, er könnte ihnen beibringen, was es hieße, Angst zu haben. Und doch, er hatte einen Auftrag, der Boss hatte ihm diese wichtige Aufgabe übertragen und er würde ihn nicht enttäuschen. Seine scharfen Augen suchten in der Menge nach seiner Zielperson. Von dort oben wirkte es so, als ob es keinen Unterschied zwischen den vielen Menschen dort unten gab. Wenn er sich nicht der Bedeutung des Jungen klar gewesen wäre, der heute auf sein Schicksal wartete, dann hätte er vermutlich einfach geschossen, seinen Blutdurst gestillt. Er wartete hier oben schon eine geraume Stunde, eindeutig zu viel Zeit für einen Bengel, der schon tot war… Hektisch suchte Shuichi die Hochhäuser entlang der Beika-Stadtautobahn ab. So falsch konnte er doch nicht liegen, dieses Angebot war doch sicher nicht echt gewesen! Vor einigen Tagen war ein Anruf im FBI-Hauptquartier eingegangen und Shinichi hatte ihnen siedend heiß berichtet, man hätte ihm ein Treffen angeboten. Er meinte, sie hätten zugesagt ihn in die Höhle des Löwen zu führen, ein Agent würde ihn in das Versteck der schwarzen Organisation bringen. Ganz aufgeregt hatte er berichtet, dass der Boss der Black Organisation höchstpersönlich ein Rendez-vous mit ihm verlange. Es war von vorn herein klar gewesen, dass es sich hier nur um eine Falle handeln konnte, doch er hatte sich nicht davon abbringen lassen wollen. Genervt schnaubte der FBI-Agent. Wenn dieser Grünschnabel nicht so talentiert wäre, dann hätte er schon lang dafür gesorgt, dass er sich nicht mehr in Angelegenheiten des Federal Bureau einmischt, doch er musste ihm zugestehen, er WAR gut. Auf jeden Fall ging er hier ein Risiko ein, dass an Selbstmord grenzte. Wer war bitte so lebensmüde und lief direkt ins Fadenkreuz dieser Verbrecher? Gehetzt lief der Schwarzhaarige von einem Haus zum Nächsten, wobei er jedes Dach akribisch unter die Lupe nahm. Bei so vielen Hochhäusern hatten sie die Wahl und es würde ihn wirklich überraschen, wenn sie nicht im Vorfeld geschickt gewählt hätten… Gins Finger krümmte sich um den Abzug. Wenn er noch lange so verharren müsste, würde er garantiert einen Krampf in seinem Zeigefinger bekommen. ‚Warum muss ich das eigentlich erledigen? Solche Jobs sind doch eher das Metier von Chianti und Korn’, dachte er frustriert und konzentrierte sich wieder auf die vorbeieilenden Bürger Tokios, die wie Geister vor seiner Linse auftauchten, um im nächsten Moment wieder zu verschwinden. Der Boss hatte extra nach ihm verlangt, wahrscheinlich ging er davon aus, dass es nicht so leicht werden würde, dass nicht nur eine ruhige Hand und ein gutes Auge gefordert waren. Das besaß er auf jeden Fall. Man sagte ihm nach, der beste Schütze des Verbrechersyndikats zu sein und das würde er heute unter Beweis stellen. Sein Ziel würde sich am Treffpunkt genau 334 Meter von seiner momentanen Position entfernt befinden. Eine ziemliche Herausforderung für jeden Scharfschützen, doch nicht für ihn. Warum lies der Oberschüler so lange auf sich warten? Wenn es darum ging, die Pläne der Organisation durcheinander zu bringen, war er bisher immer pünktlich und effizient gewesen. Doch damit würde nun ein für alle Mal Schluss sein, eine Silberkugel für die Silver bullet… Shuichi spurtete die Treppen des Hochhauses hinunter, rannte durch die Eingangshalle des Gebäudes – zur Verwunderung der Angestellten – und eilte in das nächste Wohnhaus. Er erreichte die Rezeption und stützte sie erschöpft auf den Tresen. ‚Nur noch 5 Minuten, die Zeit wird knapp!’, raste es ihm durch den Kopf. Außer Atem starrte er die überrumpelte Empfangsdame des Wohnkomplexes an. „G-Guten Tag, was kann ich für sie tun?“, stotterte sie und betrachtete den attraktiven jungen Mann, der kaum mehr Luft zu bekommen schien. „Ist vor kurzen jemand aufs Dach gegangen, vielleicht ein schwarz gekleideter Mann mit langen blonden Haaren?“, presste er zwischen tiefen Atemzügen hervor. „J-Jetzt wo sie’s sagen, da war vor einer Stunde so ein seltsamer, unfreundlicher Typ, der nicht einmal gegrüßt hat, als…“ „Schneller, bitte, es geht um Leben und Tod.“, unterbrach er sie. „Jaja…also ich habe gesehen, wie er mit dem Aufzug ganz rauf gefahren ist. Die Tür zum Dach ist nicht verschlossen…also…“, stammelte die Frau ängstlich. „Hatte er zufällig einen größeren schwarzen Koffer bei sich?“, fragte er sie und raffte sich erneut auf. „J-Ja.“, rief sie ihm nach. ‚Da bist du also’, grinste er und rannte zum Aufzug… Das rote Fadenkreuz wanderte von einer Person zur Anderen, scannte Gesichter und erkannte Unerkannte, dann sah er ihn. Gin fixierte den jungen Mann, der genau wie die Anderen in seinem Zielfernrohr auftauchte, doch nicht verschwinden wollte. Der kleine Punkt in der Mitte fand die Stirn des Oberschülers. Endlich hatte er ihn gefunden. Gin hatte einen Schuss und dieser würde tödlich sein. Noch ein letztes Mal rückte er seinen schwarzen Mantel zurecht, der ihn beim Zielen behinderte. Ein schmutziges Grinsen verzerrte seine Miene zu einer Fratze des Schreckens. Jetzt würde er Blut sehen… Shuichi entsicherte die Pistole in seiner Hand. Den Schalldämpfer würde er hierfür nicht brauchen, jetzt hieß es: sei laut und tödlich. Ein Klingeln signalisierte ihm, dass er endlich das oberste Stockwerk erreicht hatte. Die metallene Tür des Fahrstuhls öffnete sich und er huschte geschickt in Deckung. Vorsichtig lugte er hinter der Ecke hervor und überblickte ein grau getäfeltes Flachdach auf dem am Rand eine schwarz gekleidete Gestalt lag, deren blonde Haare den Boden bedeckten. Das Scharfschützengewehr war nach unten gerichtet…in die Menge… ‚Noch eine Sekunde, ein Augenblick noch’, zögerte er. ‚Gleich, gleich, gleich. Bleib stehen du Bengel. Noch einen Moment…jetzt!’ Der Schuss einer Waffe hallte durch die Straßen Tokios. Wie eine Person wandte die Menge ihren Kopf gen Himmel…auch Shinichi… Er presste die Hand gegen die Wunde. Das Blut lief über seine Finger, benetzte die Haut, durchtränkte die Fetzen seiner Klamotten und entrann seinem Griff. Sein Gegner hatte getroffen, er wusste nicht, ob er den Schuss überleben würde. Seine einzige Hoffnung war, dass er kein lebenswichtiges Organ getroffen hatte. Hätte er nicht vorher schon für einen Fluchtweg gesorgt, dann wäre er dort oben auf dem Dach in der Falle gesteckt. So schnell er konnte eilte er den langen Gang inmitten des Hochhauses entlang. Er musste sich retten, musste überleben. Er würde überleben, denn die Rache würde ihm gehören, dann würde sein Feind bluten und nicht er. Rasselnd keuchte er. Der rote Lebenssaft spritzte an die Wand und färbte das sterile Weiß Rot. Er spürte, dass ihm das Leben durch die Finger rann…im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Hand war über und über blutverschmiert und doch, die Verletzung wollte nicht aufhören zu bluten. Seine Zeit wurde knapp, er musste hier raus. Erschöpft schleppte er sich zu Aufzug und lies sich gegen die Wand sinken. Seine Hand hinterließ einen verschmierten Abdruck, der in kürzester Zeit in den Ritzen des Fahrstuhlknopfes gerann. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre er hier raus. Die Tür öffnete sich und er stolperte hinaus. Eine Spur aus Blut folgte ihm auf Schritt und Tritt. Erschüttert starrte ihn das Wachpersonal des Wohnhauses an. Eine der Empfangsdamen verlor das Bewusstsein, eine Andere drückte den Alarmknopf. Ein durchdringendes Heulen schallte durch die Hallen des Hochhauses. Nicht mehr lange, dann würde die Polizei und ein Krankenwagen eintreffen. Bis dahin durfte er nicht mehr hier sein. Niemand durfte erfahren, dass sie hier arbeiteten…niemand. Er schleppte sich durch die weite Eingangshalle, bis er die Glastür am Ende des Ganges erreicht hatte. Der viel versprechende Geruch von Abgasen stieg ihm in die Nase. Zischend glitten die Glaspanele auf. Endlich Freiheit, er hatte es geschafft. Draußen vor dem Gebäude stand er, stand sein Gegner. Das lange Gewehr in seinen Händen ruckte herum und zeigte direkt auf sein Gesicht. Blonde Haare wehten im Wind. Sie bedeuteten seinen Untergang… „Heute kein Heldentum…“, grinste der Blonde und drückte ab. ------------ So, das war’s, vielen Dank fürs Lesen. Ein besonderer Dank ergeht natürlich an mein Wichtelkind Miwakosato1412 ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)