Dienen von Foe (Glaube, Liebe, Tod) ================================================================================ Kapitel 11: Täuschung --------------------- Mio hatte auf dem gesamten Rückweg kein Wort gesagt, was mich irgendwie nicht gewundert hatte. Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was vorgefallen war und mir war Mio keine Erklärung schuldig, auch wenn es mich nicht weniger interessierte, als vor zehn Minuten. Doch ich konnte schwer eine Erklärung verlangen, die mir nicht zustand. Also schwieg ich ebenfalls. Wahrscheinlich brachte es sie in Verlegenheit, dass ausgerechnet ich sie gefunden hatte. Andererseits hätte sie sich auch etwas leiser verhalten sollen, wenn es ihr unangenehm war, dass sie jemand sie in dieser Situation vorfindet. Außerdem wollte ich mir gar nicht ausmalen, was ihr alles hätte zustoßen können, wenn nicht ich derjenige gewesen wäre, der ihrem Gejammer auf den Grund gegangen war. Was alles hätte passieren können! Ich schüttelte bei all den abscheulichen Szenarien den Kopf. Ashikaga war gewiss krank vor Sorge in diesem Augenblick und hatte Männer losgeschickt, um sie wohlbehalten nach Hause zu bringen. Mir bereitete es ein schlechtes Gewissen, sie zu Tamaki zu bringen. Ich hatte kein Recht dazu, aber es nützte nichts. Mio weigerte sich fürs Erste zu ihm zurückzukehren. Sie hatte zwar gesagt, dass wir eigentlich auf derselben Stufe standen, doch sie war eine andere Sorte Sklave. Komisch, dass mich das überhaupt kümmerte. Allerdings lag das wohl an der Tatsache, dass ich Mio als meinen Vorwand zu missbrauchen beabsichtigte. Obwohl ich nicht darauf abzielte Ashikaga an seinem Kummer sterben zu lassen und keinerlei Groll gegen ihn hegte, so ging es hier bedauerlicherweise um mein eigenes Wohlergehen. Ich hatte mir schließlich geschworen mein Wohl an erste Stelle zu setzen. Gut, Natsuko hatte mir mehr oder weniger einen Strich durch diese Rechnung gemacht, doch es sprach nichts für, noch gegen Ashikaga. Und verdammt, es sollte so besser bleiben! Jedenfalls kam mir Mios Widerstand gelegen. Wir erreichten Tamakis Anwesen schließlich und ich holte tief Luft. Wie würde ich es anstellen, dass der Zeitraum, den Mio und ich gemeinsam verbracht hatten, etwas größer wurde. Möglicherweise würde es mir gelingen zuerst mit Tamaki zu sprechen oder es so vage auszudrücken, dass Tamaki von alleine auf die Idee kam, dass das der Grund für meine ungeheure Verspätung war. Ohne, dass ich noch irgendeine umfangreiche Rechtfertigung abzugeben brauchte. Aber zu meiner Überraschung war das alles gar nicht nötig; ich musste gar nichts sagen. Bevor ich gegen die Pforte pochte, meinte Mio, dass sie sich wenigstens etwas zurechtmachen wolle. Ich bezweifelte zwar, dass sie es schaffen würde ihr Gesicht einigermaßen vor Tamaki zu wahren, doch ich verkniff es mir. Ich wandte ihr den Rücken zu und starrte das dunkle Holz vor mir an; auf ihr Zeichen wartend, dass sie bereit war. Letztlich schlug sie mir mit der Handfläche auf das Schulterblatt und ich fasste es als das Zeichen auf. Nach Möglichkeit wollte ich verhindern, dass sich alle Bewohner in der Eingangshalle einfanden und Zeugen meiner kleinen Notlüge wurden. Deshalb pochte ich nur so laut gegen die Pforte, damit mich ausschließlich der Haushofmeister Hibiki, der im unteren Geschoss hauste, hören konnte. Kein Zweifel, dass das Mio ebenfalls lieber war. Jedoch war es Asami, die mir mit böse funkelnden Augen die Tür öffnete. Ich verdrehte die Augen. Das hatte mir natürlich gefehlt. »Wo ist Hibiki?«, erkundigte ich mich etwas schroff. Aber es bedurfte gar keiner Antwort, denn er war bloß einen Katzensprung entfernt. Sichtlich empört, starrte er von seiner Zimmertür aus zu uns herüber. Das kleine Biest hatte ihm ganz offensichtlich den Weg abgeschnitten, wohlwissend, dass ich es war. Ich schnaubte leise. Das war ja zu erwarten gewesen, dass sie damit bei Hibiki durch kam. Der alte Mann war sich nicht gerade bewusst, wie viel Macht und Einfluss er auf das Haus haben könnte, wenn er nicht immer nachgeben würde. Ich bereitete mich nicht einmal auf eine ihrer Predigten vor, sondern schob sie gleich beiseite, um Mio Platz zu schaffen, damit sie eintreten konnte. »Was soll das?«, fauchte Asami und krallte ihre Finger in meinem Arm, um mich zum Stehen zu bringen. Ich zog scharf die Luft ein und drehte den Kopf zu ihr um. Dann erblickte ich Mio. Sie war wieder zu dem kleinen Häufchen Elend geschrumpft. Scheu sah sie zu Boden. Diesmal war ich jedoch der Überzeugung, dass sie den anderen nur etwas vorgaukelte. »Was meinst du?«, entgegnete ich kühl und riss mich von ihr los. Ich beobachtete, wie sie Mio von Kopf bis Fuß geringschätzig musterte. Ohne ein Auge von ihr zu lassen, knurrte Asami betont verächtlich: »Ich rede von diesem Gossenkind. Sie hat hier ganz bestimmt nichts verloren«. Nun runzelte Mio die Stirn und erwiderte Asamis Blick sehr würdevoll, sie hob sogar ihren Kopf ein wenig an, um auf die sowieso kleine Asami noch mehr herabsehen zu können. »Du wagst es, mich ein Gossenkind zu schimpfen? Das ist ja lächerlich! Wenn mein Liebster das hören würde, dann würde er dich dafür bluten lassen!« »Ich möchte gerne sehen, wie er das anstellen will. Dein Herr kann mir kein Haar krümmen, ich fürchte ihn nicht. Dagegen finde ich es doch durchaus interessanter zu erfahren, was sein Miststück zu dieser Stunde hier zu suchen hat… in der Begleitung von ihm«, gab Asami unbeeindruckt zurück. »Ich kann mich nicht erinnern, dass mein ehrenwerter Meister dieses Jahr plant Pöbel aus wohltätigen Gründen ins Haus zu lassen, schon gar nicht so billigen…« »Du wirst bereuen in so einem Ton mit mir gesprochen zu haben, wenn…« »Meine Ohren reagieren mit Taubheit auf Drohungen, Flittchen«, Asami verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augen wanderten abwechselnd von Mio zu mir. Offenbar dachte sie über etwas nach. Es war wohl besser sie zu unterbrechen, ehe sie noch auf die Idee kam, dass Mio und ich eine Affäre hatten. »Ist der Herr noch zu sprechen?«, fragte ich den Haushofmeister laut und deutlich. Dies zog Asamis Aufmerksamkeit auf mich. Statt dem Hofhausmeister die Chance zu geben seine Arbeit zu tun, erklärte sie, dass Tamaki sich in seinen Saloon zurückgezogen hatte und nicht gestört werden wollte. Mio und ich schienen denselben Gedanken zu haben: Tamaki würde Mio nicht fortschicken, um seine Ruhe zu haben. Nein, es war höchstwahrscheinlich, dass ihn ihr Besuch erfreute. Darum ließen wir uns nicht länger von der kleinen Furie aufhalten und stiegen gemeinsam die Treppe hinauf; dicht gefolgt von Asami, die ihre Niederlage nicht zu wittern schien. Mio erreichte als erste den Saloon - ich war überrascht, dass sie sich im Haus bestens auskannte. Zaghaft hämmerte sie mit ihrer kleinen Faust gegen das robuste Holz. Ohne ein Wort zu vernehmen, nahm sie dann das Recht die Tür aufzustoßen und einzutreten. Das kleine verstörte Mädchen kehrte zurück. Asami und ich beobachteten Mios Schauspiel schweigend. Die zarte Frau grüßte Tamaki, als sei sie ein kleiner geschlagener Hund. Befangen knickste sie und vermied seine Augen, als sie ihm berichtete, sie sei überfallen worden. Ergriffen sprang Tamaki aus seinem Sessel und watschelte mit seinen kurzen Beinen zu Mio herüber. Nun brach Mio in Tränen aus. Aber sie weinte kontrolliert und so ästhetisch wie möglich, was ein klares Indiz dafür war, dass es falsche Tränen waren. »Es tut mir so furchtbar leid, dass ich mich Euch zu dieser späten Stunde aufdränge, aber es war mir unmöglich nach Hause zu meinem Liebsten zurückzukehren. Seht mich doch an! Ich sehe abscheulich aus!«, jammerte sie und vergrub ihr Gesicht anschließend in den Händen. Etwas undeutlicher fuhr sie fort und erklärte Tamaki, dass das nicht der einzige Grund gewesen sei, warum sie zu ihm gekommen war. »Ihr seid so ein gutherziger Mensch! Ich wusste, dass ich mich in meiner Not an Euch wenden kann. Ferner habe ich es allein Eurem Diener Naruto zu verdanken, dass ich noch lebe!« Das erstaunte mich. Wieso erfand sie diese Lüge? Nun gut, ich hatte meine Verspätung mit ihr rechtfertigen wollen, doch ich hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass Mio mir diese Aufgabe abnahm. Sie konnte schließlich nicht wissen, dass ich längst hätte zurück sein müssen und dass ich ohne Begründung in Schwierigkeiten gesteckt hätte. Warum zum Teufel half sie mir? Außerdem hatte ich nicht damit gerechnet, dass Mio versuchen würde Tamaki zu täuschen. Sie war kein Deut besser, als die meisten anderen hier. Auch Mio hatte eine schlechte Seite, die sie mir gerade sehr offen präsentierte. »Diese Männer haben mich einfach in eine Gasse verschleppt und- Jedenfalls haben sie mir alles genommen! Doch bevor sie schlimmere Dinge mit mir anstellen konnten, hat Naruto mich gerettet!«, jetzt wandte sich Mio mit Tränen in den Augen zu mir um und lächelte mich dankbar an. Ich war außerordentlich überrascht, dass Asami längst nicht eingegriffen hatte. Mio hatte sich ihr gegenüber anders verhalten. Ich schielte zu ihr herüber. Ihr Blick war vollkommen kalt und ihre Lippen fest aufeinander gepresst. Sie musste sich offensichtlich davon abhalten, irgendetwas dazu zu sagen. Ich fragte mich, was es sein könnte. Vorhin hatte sie Mio ohne mit der Wimper zu zucken beleidigt und sich wenig beeindruckt von Mios Status gezeigt. Warum hielt sie jetzt den Mund? »Asami, bereite ein warmes Bad für die liebreizende Dame vor und stelle ihr Kleidung zur Verfügung!«, befahl Tamaki recht barsch, während er gerade noch sehr sanft mit Mio geredet hatte. Asami verneigte sich tief und verließ das Zimmer. Ich sah ihr nach und fragte dann, ob es für mich auch noch irgendetwas zu tun gab. »Sei nicht bescheiden, Naruto! Du hast heute großes geleistet und dafür wirst du gewiss belohnt werden«, meinte Tamaki mit einem Blick auf Mio. Offenbar glaubte er, dass Ashikaga mir Geld schenken würde, dass er dann an sich reißen konnte. »Warum lässt du uns nicht allein und gönnst dir deinen wohlverdienten Schlaf« Ich runzelte kaum merklich die Stirn, irritiert, wartend. Dann verbeugte ich mich ebenfalls, wünschte beiden eine gute Nacht und verschwand. Draußen im Flur waren jetzt eine Handvoll Dienerinnen wieder hellwach und machten sich fleißig an die Arbeit, während Asami ihnen Anordnungen gab. Sie trugen ein Dutzend Kimonos zum Badehaus. Ich stellte mich neben Asami und sah von oben auf sie herunter. Ihre gesamte Mimik war immer noch sehr hart und nun auch etwas erbost. »Was willst du?«, zischte sie und warf mir einen vernichtenden Blick zu. Ich hob sofort beschwichtigend die Hände. »Ich wollte mich nur entschuldigen«, sagte ich und ließ meine Hände wieder sinken. Als sie mich verwirrt ansah, wies ich auf die jungen Frauen die schlaftrunken die Korridore entlang rannten. »Es war nicht meine Absicht alle um ihren Schlaf zu bringen«. Sie wirkte bloß verwirrter. »Das…ist rücksichtsvoll von dir«, gestand sie. »Mach dir darum keinen Kopf, es ist keineswegs deine Schuld«. »Sondern Mios?« »Selbstverständlich«, erwiderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie mag zwar überfallen worden sein, doch wir sind keine Notunterkunft! Schon gar nicht für Leute, die das im Prinzip nicht nötig haben, sondern sich bloß verstecken wollen, weil sie eitel sind!« Ich lächelte sachte und beugte mich zu ihrem Ohr hinunter. Leise flüsterte ich ihr ins Ohr: »Irgendwie niedlich, dass du ihre Geschichte tatsächlich geglaubt hast«. Danach streckte ich mich und machte mich auf dem Weg zu meinem Zimmer. ______________________________________________________ Endlich habe ich es geschafft! Dieses Kapitel hat mich wirklich um den Verstand gebracht und es ist wieder nicht, was ich schreiben wollte. -.- Ich will endlich vom Drachenfestival schreiben, aber das wird wohl ein kleinwenig warten müssen. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat! Danke für die Kommentare! :D Liebe Grüße, Foe Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)