Hate Me || Love Me von abgemeldet (Der Anfang von einem neuen Ende) ================================================================================ Kapitel 3: Schwierige Zeiten ---------------------------- Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck flog Akuma über die Dächer der Stadt hinweg. Er dürfte sich bereits einen schönen Vorsprung herausgeholt haben, aber das sollte ihn nicht dazu veranlassen, langsamer zu fliegen. Mit zwei, drei Flügelschlägen beschleunigte er noch einmal, konnte schon das Schulgebäude erkennen. Es machte sich bezahlt, dass er schon so lange in dieser Stadt war und sich bei seinen Streifzügen alle Orte eingeprägt hatte. Es war also kein Problem für ihn, auf Anhieb zu der genannten Adresse zu finden. //Heimvorteil, sozusagen.// Der Schulhof lag verlassen da, der Unterricht hatte natürlich schon längst angefangen. Doch Shouta würde ja noch nicht bei den anderen Kindern in der Klasse sitzen, denn zuerst musste er sich bei der Schulleitung melden. Der Dämon flog an den vielen Fenstern vorbei und lugte hinein. Schüler. Schüler. Noch mehr Schüler. "Zum Teufel aber auch...", grummelte er und versuchte es im nächsten Stockwerk. Da erblickte er auch schon die gesuchte Person. Shouta stand brav neben seiner Mutter, welche sich gerade mit einer Angestellten unterhielt und Papierkram erledigte. Er sah sich um und entdeckte ein geöffnetes Fenster, durch welches er problemlos einsteigen konnte. "Ach, verdammt!", schimpfte Tenshi, als er sich schon wieder verfahren hatte. Wo war diese Schule denn nur? Er hatte gehofft, dass sie ganz in der Nähe sein würde, doch dem war leider nicht so. //Am besten ich bringe bei der nächsten Gelegenheit einen Peilsender an dem Jungen an...//, schoss es ihm durch den Kopf, denn das hätte ihn auf jeden Fall weiter gebracht. Er blickte über die Menschenmenge, die sich gerade vor ihm ausgebreitet hatte. Gab es hier wenigstens nicht mal einen Engelkollegen, den man befragen konnte? Oder jemand, der so war wie Nagori? Jemand, der wie sie in der Lage war, Engel zu sehen und zu verstehen? Nein, offenbar nicht. Diese besonderen Menschen waren sehr selten. Menschen, die ihr Herz am rechten Fleck hatten und beinahe so rein waren, wie es ein Engel nur sein konnte. Es half alles nichts. Dann musste er eben so weitersuchen. Wenn er gekonnt hätte, hätte er ja auch lieber seine Uhr benutzt, allerdings musste die sich erst einmal wieder aufladen, und das würde erst in den nächsten 72 Stunden passieren. Währenddessen sah sich Akuma zunächst in dem Raum ein wenig um. Tische und Regale waren voll beladen mit Zettel, Ordner und Bücher. In diesem Raum war generell nicht allzu viel Platz. Der Dämon fragte sich gedanklich, wie man nur so einen öden Job ausüben konnte. Den lieben, langen Tag hier drinnen sitzen, sich mit nervigen Kindern rumschlagen und noch nicht mal viel Geld dabei verdienen. Wie konnte auch nur irgendjemand einen solch langweiligen Alltag aushalten? Doch genau deswegen war er ja hier. Um den Tag dieser Menschen ein bisschen zu versüßen. Bei dem Gedanken musste er schmunzeln. "Gut, dann wollen wir mal...", sagte er zu sich selbst und hockte sich schließlich zu dem mit Papier vollgestopften Mülleimer neben Shouta hinab. Er starrte auf das Papier, während er einmal mit den Fingern schnipste. Sogleich bildete sich eine kleine Flamme, welche aber schnell an Größe gewann. Als Shouta den Rauch bemerkte, sprang er erschrocken zur Seite - zum Bedauern seiner Mutter genau auf ihre Füße - und stieß dabei auch noch einen weiteren Stapel Papier in die Flammen. Die Anwesenden sahen sich schon fast panisch um, wussten im ersten Augenblick nicht so recht, was sie tun sollten. Immer mehr Rauch stieg in die Luft auf und erreichte schließlich auch den Brandmelder an der Decke des Büros. Mit einem lauten Schellen ging die Alarmglocke und zeitgleich auch die Löschanlage los, was den dreien nasse Kleidung verschaffte. Akuma lachte belustigt auf, als er die verdatterten Gesichtsausdrücke sah. So langsam kam es dem Blonden vor, als sei er schon durch ganz Tokyo geradelt, denn ihn verließen allmählich die Kräfte, auch Schweiß hatte sich schon auf seiner Stirn gebildet und lief an seinen Haaren herab. Doch dann, aus einer gewissen Entfernung, waren plötzlich viele Kinderstimmen zu hören. Sofort fuhr er in diese Richtung - und tatsächlich! Er hielt direkt vor einem Schulhof an, auf dem das gesuchte Gebäude stand. Er war zwar erleichtert, doch beschlich ihm ein ungutes Gefühl, denn es musste irgendetwas passiert sein, dass die Schüler während des Unterrichts auf dem Schulhof standen. Zur Sicherheit waren die Klassen alle auf dem Schulhof gebracht worden. Inzwischen versuchte die Schulleitung herauszufinden, wer den Brand gelegt hatte, natürlich ohne Erfolg. Tenshi ließ das Fahrrad achtlos auf dem Boden liegen und rannte ins Schulgebäude. Es war nicht schwierig den Ort an dem sich Shouta befand, ausfindig zu machen, da die Stimmen der Erwachsenen deutlich in den Korridoren zu hören waren. Doch betrat er den Raum nicht, sondern blieb direkt davor stehen, um zu lauschen. Nach geschlagenen 15 Minuten war die Löschanlage ausgestellt worden, ebenso dieses nervtötende Klingeln. Die Feuerwehr war bereits davon informiert worden, dass es nur falscher Alarm war, sozusagen. Immerhin war das Feuer wieder gelöscht worden, sowohl durch das darauf prasselnde Wasser als auch den Feuerlöscher, den sich schließlich die Lehrkraft geschnappt hatte. Nun lehnte Akuma grinsend an der Fensterbank und hörte aufmerksam dem kleinen Disput zu. "Was war das?! Wissen Sie eigentlich, wie hoch der Schadensersatz ausfallen wird!? Sämtliche Unterlagen sind durchnässt und unleserlich! Computer benötigen Reperaturen! Der Unterricht wurde unterbrochen und das wird er auch bleiben, bis man in diesem Badehaus wieder trocken ist!", die schneidende Stimme des Schuldirektors hallte von den Wänden wider. Es war eindeutig, dass er einen Sündenbock für dieses ganze Chaos suchte. Die Lehrerin hob jedoch abwehrend ihre Hände. "Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Plötzlich stand der Mülleimer einfach in Flammen", berichtete sie und warf dabei einen Blick zu Shoutas Mutter. "Geben Sie es doch einfach zu, dass sie etwas getan haben!" "Ich!? Wie hätte ich das machen sollen? Ich stand ja noch nicht mal neben dem Mülleimer!", wehrte die Frau ab. "... Das stimmt.", sagte die Lehrerin nun wieder und warf dann einen anklagenden Blick auf Shouta. "Dieser kleine Bengel stand daneben!" Akuma kicherte amüsiert. Shouta sah sie schockiert an. "Was? Sie glauben doch nicht im ernst, dass mein kleiner Shouta dafür verantwortlich ist?!", sagte die Mutter empört. Da war der erste gute Eindruck von dieser Familie schon wieder hin. Schlimmer konnte es doch garnicht mehr kommen, oder? Tenshi seufzte. Was hatte sich Akuma da nur wieder einfallen lassen? "Nun, dann bitte ich Sie doch, dass Sie Ihren Sohn mal durchsuchen", bat sie der Schuldirektor. Jetzt ballte Shoutas Mutter die Fäuste. Wie konnte es dieser Mann nur wagen, sie darum zu bitten ihren eigenen Sohn zu durchsuchen? Doch widersprach sie nicht, sondern tat was ihr geheißen. Sie wollte diese Stelle für Shouta einfach nicht verlieren. Sie suchte und wurde überraschenderweise sogar fündig. "Shouta!", sagte sie noch empörter als vorher und hielt tatsächlich ein Feuerzeug vor seiner Nase. Doch er wusste nichts davon. Er hatte keine Ahnung, dass er so etwas überhaupt in seinen Taschen hatte, aber wie sollte man das den Erwachsenen nun beibringen? Sein ganzer Körper fing mit einem Mal an zu zittern, er schluchzte und verließ dann das Büro im Eiltempo. Als die Tür aufsprang, wurde Tenshi glatt davon getroffen. "Au!", leicht benommen sank er zu Boden, fasste sich aber bald schnell wieder. Er hörte noch wie Shoutas Mutter rief: "Shouta, komm zurück!", dann rappelte er sich wieder auf und folgte seinem Schützling. Diesmal war der Dämon wirklich zu weit gegangen. Akuma wusste, dass er mit dieser Aktion voll ins Schwarze getroffen hatte. Es war sogar alles besser nach Plan verlaufen, als er sich gedacht hatte. Besonders die Sache mit dem Feuerzeug schien alle Anwesenden von der Schuld des Jungen endgültig überzeugt zu haben. Der Dunkelhaarige hätte sich selbst stolz auf die Schulter klopfen können. Als Shouta jedoch das Büro im Eiltempo verlassen hatte, war ihm aufgefallen, dass der Engel doch noch den Weg zur Schule gefunden hatte. //Jaja, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben//, dachte er und grinste, nachdem der Engel von der Tür getroffen worden war. Nun verließ auch Akuma den Raum und folgte den beiden in die Richtung, in welche sie verschwunden waren. Er konnte leises Schluchzen vernehmen und folgte dem Geräusch. Shouta hatte sich in die Jungentoilette verkrochen und hockte dort weinend in einer der Kabinen. "Na, auch endlich hier? Du hast den ganzen Spaß verpasst", sagte er dann mit einem bösartigem und belustigtem Grinsen. Doch Tenshi beachtete ihn erstmal nicht, denn er war gerade damit beschäftigt eine seelische Verbindung mit Shouta aufzubauen. Diese Verbindung ging übers Herz und dafür brauchte er seine Fähigkeiten nicht. "Shouta, hör auf zu weinen", sagte er und das Schluchzen in der Kabine erstarb. Nicht, dass er ihn gehört hätte, aber seine Seele schien auf diese Bitte zu hören. Irgendwie fühlte sich Shouta gleich viel besser, so als hätte ihn gerade jemand getröstet. Jetzt wandte er sich jedoch an Akuma, dessen Gesichtszüge sofort wieder normal wurden, als er diesen ziemlich beunruhigenden Todesblick von ihm sah. Ja, hätte er es gekonnt, hätte er ihn damit glatt getötet. "So, und nun zu dir! Das nennst du also Spaß?!", schnaubte er wütend und krempelte seine Ärmel hoch. "Dann zeige ich dir mal, was ich unter Spaß verstehe!", er ging langsam auf ihn zu und erhob die Fäuste, nur um dann für einen Schlag auszuholen. Da er ja keine magischen Kräfte mehr hatte, musste er ihm eben auf diese Weise zeigen, was er von diesem Streich hielt. Und auch, wenn er auf den ersten Blick nicht wie ein erfahrener Kämpfer aussah, so hatte er doch schon so manchen Bösewicht in die Flucht geschlagen oder gar tödlich verletzt. Nicht zu vergessen war natürlich auch der Mord an Takeru. //Ist der verrückt? Er weiß doch ganz genau, dass er in diesem Zustand keine Chance gegen mich hat!//, dachte der Dunkelhaarige verwundert, ehe er auch schon überrascht zur Seite weichen musste, da ihm sonst wohl eine Faust mitten im Gesicht getroffen hätte. Dieser kleine Engel war mit seinen Fäusten doch etwas schneller, als Akuma sich gedacht hatte, das musste er ihm lassen. Jedoch wich er zurück, hatte er doch keine Lust dazu, sich jetzt mit jemandem zu prügeln, und schon garnicht auf diesem Niveau. Mit den Fäusten - das war doch viel zu altmodisch! "Bist du jetzt völlig durchgedreht!?", meinte er schon fast empört. Gerade erst hatte er noch einen riesen Spaß gehabt und dann kam dieser Engel und musste wieder alles mit seiner Ernsthaftigkeit kaputt machen. "Du hast wirklich nicht den geringsten Sinn für Humor, was?", doch darauf antwortete Tenshi nicht. Das alles hatte doch schon lange nichts mehr mit Spaß zu tun. Als Akuma zurückwich, offenbar nicht scharf darauf sich jetzt mit ihm anzulegen, wurde der Abstand zwischen den beiden wieder größer. Natürlich hatte Tenshi noch nie gegen einen Dämon gekämpft und er wusste auch, dass er mit Fäusten nicht viel ausrichten konnte, dennoch musste er ihm doch irgendwie zeigen, dass er es ernst meinte. Draußen direkt vor der Jungentoilette stand eine große Eiche, und diese hatte sich jemand inzwischen ausgesucht, um die beiden besser beobachten zu können. Langsam spannte derjenige seinen Bogen und richtete die Pfeilspitze genau auf eines der Toilettenfenster. „Was denn? Zu feige gegen einen Engel zu kämpfen?“, provozierte er ihn und stürmte erneuert auf ihn los. Doch just in diesem Augenblick wurde der Pfeil abgeschossen, und kam mit einem zirrenden Geräusch direkt durch's Fenster, allerdings ohne dass es dabei zerbrach. Tenshi erschrak, hielt inne und ließ sich rückwärts fallen, um auszuweichen. //Das war knapp!// Jetzt steckte der goldene Pfeil direkt in der Flieswand. Verwirrt sah er sich nach dessen Besitzer um. //Moment mal. So einen Pfeil kenn' ich doch!//, dachte er dann bei genauerem Hinsehen und hatte den Dämon schon fast völlig vergessen. „Machst du wieder Ärger, Brüderchen?“, plötzlich tauchte eine engelhafte Gestalt vor eine der Kabinen auf. Angesprochener sah sie erschrocken an. „Wahh~ H-Hitomi?!“, er konnte nicht glauben, was er da sah. Seine eigene Schwester stand leibhaftig - in einer Jungentoilette?! „Das ist ein Jungsklo! Was hast du hier zu suchen?!“, fauchte er sie an, während sie nur ungläubig dreinblickte. Was für eine Begrüßung. „Deine Sorgen möchte ich mal haben“, sie ging auf den am Boden sitzenden Tenshi zu und stemmte die Hände in die Hüfte. „Und außerdem... darum geht es doch jetzt garnicht! Wie kannst du dich nur wieder prügeln wollen?! Hast du unsere Familienehre nicht schon genug verletzt?! Du machst wirklich nur Ärger!“, keifte sie zurück. „Der Einzige, der hier Ärger macht, ist der da!“, wieder einmal zeigte er mit dem Finger auf den Dunkelhaarigen. Sie wusste genau, wer hinter ihr stand, weshalb sie sich auch nicht umdrehte. „1. Man zeigt nicht mit dem Finger auf andere Leute, wie oft muss ich dir das eigentlich noch sagen?! Und 2. Akuma tut keiner Fliege was zuleide, damit das klar ist!“, wieder einmal verwirrt sah er abwechselnd beide an. „A-Akuma?“, erst jetzt fiel ihm auf, dass er ja noch garnicht den Namen des Dämons kannte. Irgendwie peinlich. „Ihr kennt euch?“, Hitomi seufzte. „Nicht wirklich. Aber ich und mein Kollege haben ihn öfters mal in Tokyo gesehen, wenn wir auf Mission waren“, erklärte sie ihm. „Aber das ist jetzt egal! Wenn Mutter nur sehen könnte, was du schon wieder alles anstellst. Du weißt, dass ihr bei sowas das Herz bricht!“, jetzt versuchte sie ihn zu manipulieren. „Mutter kann mir doch egal sein“, sagte er gleichgültig und ließ sich nicht von der Ich-drück-auf-die-Tränendrüse-Nummer beeindrucken. „Wie kannst du das nur sagen, Tenshi?! Nach allem, was sie für dich getan hat?!“, schrie sie empört und schüttelte ihren Bruder heftig durch. „Du vergisst, dass ich immer noch 83 potenzielle Väter habe! Und jetzt hör auf, mir wird schon ganz schlecht!“ Akuma konnte zunächst garnicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte. Was hatte denn Hitomi hier zu suchen? Noch dazu sah es durch ihr Eingreifen jetzt so aus, als hätte er die Hilfe eines Engels nötig gehabt. //Pah! Moment, der da ist der Bruder von Hitomi?!//, er konnte garnicht fassen, was er da gerade hörte. Erst recht nicht, als sie so aus dem Nähkästchen über ihn plauderte. Wie kam sie eigentlich dazu zu sagen, er könne keiner Fliege was zuleide tun?! "He, es bringt Unglück, so etwas ausgerechnet über einen Dämon zu sagen, Hitomi", warf er tadelnd mit einem bösen Blick ein. Vor allem für Akuma, wenn andere Dämonen davon hören sollten. Er wollte sich gar nicht ausmalen, wie sie ihn dann aufsuchen würden um dieser Schande der Dämonenwelt den Garaus zu machen. Ungebetene Gäste, die ihn bis jetzt überwiegend in Ruhe gelassen hatten und über die sich Akuma nur ärgern würde. Andererseits hatte Hitomi nicht ganz Unrecht mit ihrer Behauptung. Bis auf einige Streiche hatte er sich von den Menschen immer fern gehalten und das mit Shouta war einfach was anderes. Immerhin wurde er durch den Einzug dieser Menschenfamilie fast aus seinem Zuhause verscheucht. Das würde er natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Doch noch nie hatte er einen Menschen getötet oder ihm schlimmes Leid zugefügt. Das wäre wohl anders, wenn Akuma sich damals nicht von allem losgesagt hätte. Damals, als er noch einem großen und mächtigen Fürsten als rechte Hand gedient hatte. Er fragte sich, wie viel Hitomi inzwischen schon über ihn rausgefunden hatte. Über ihn und seinen Verrat an der Dämonenwelt. Was auch immer sie wusste, hoffentlich würde sie es nicht überall herumerzählen. Als Akuma noch weiter diesem Gespräch lauschte, erfuhr er unter anderem auch den Namen des flügellosen Engels - Tenshi - und ein wenig über die Familienverhältnisse, was ihn aber nicht wirklich interessierte. Dennoch fragte er sich, was Tenshi wohl verbrochen hatte, dass Hitomi ihn bei diesem Kampf gestoppt hatte und ihn an die zu zerbrechen drohende Familienehre erinnerte. Was auch immer es war, es wurde nicht auf die leichte Schulter genommen. Nach einigen Sekunden des reglosen Dastehens und Beobachtens fiel ihm etwas auf. Die ganze Atmosphäre hatte sich durch Hitomis Auftritt schlagartig verändert. Die Anspannung war weg. An sich war das eigentlich eine gute Sache. Akuma räusperte sich nun, um die Aufmerksamkeit der beiden Engel auf sich zu lenken und verschränkte die Arme vor seiner Brust. "Entschuldigt, dass ich euch bei eurem kleinen Familiendisput unterbreche, aber... dauert das hier noch lange? Ich habe nämlich keine Lust dazu, mir euren Streit noch länger anzuhören. Da bekommt man ja noch Kopfschmerzen." „Das tut doch jetzt überhaupt nichts zur Sache! Mutter ist halt sehr beliebt, dagegen hast du doch wohl nichts auszusetzen?!“, hatte sie ihm noch gesagt und ließ ihn los, wobei er keinen Halt mehr fand und zu Boden fiel. Alles drehte sich um ihn herum, weshalb er erstmal einen Augenblick brauchte, um sich wieder aufrecht zu setzen. „Oh, natürlich. Verzeih, Akuma“, sagte sie nun an ihm gewandt und lächelte. Sie war bis eben noch so auf ihren Bruder fixiert, dass sie den Dämon ebenfalls schon fast wieder vergessen hatte. „Sag mal, warum hast du denn jetzt die Pfeile von Amor?“, fragte Tenshi sie und zog den Pfeil wieder heraus, um ihn sich genauer anzusehen. „Dreimal darfst du raten, Brüderchen“, die Augen des Blonden weiteten sich. „Sag bloß..?! Du bist zum Liebesengel befördert worden?!“, Hitomi nickte und kicherte dabei. Als Akuma das hörte, hätte er laut loslachen können. Darauf würde man nie schließen, wenn man daran dachte, dass sie ihren Bruder gerade noch durchgeschüttelt hatte oder ihn beinahe mit einem Pfeil abgeschossen hätte. „Cool, oder?“, doch ihr Bruder streckte ihr empört den Pfeil entgegen. „Cool? Weißt du, was passiert wäre, wenn mich dieses Ding getroffen hätte?!“, seine Schwester winkte ab. „Sowas kann 'nem Single wie dir nicht passieren. Das funktioniert nur bei Verliebten“, beruhigte sie ihn. Jetzt wo der Dämon so darüber nachdachte, war er recht erleichtert, dass dieser Liebespfeil Tenshi nicht getroffen hatte. Auch wenn Hitomi sagte, dass er nur bei Verliebten wirkte, man konnte ja schließlich nie wissen, welche Nebenwirkungen solche Dinger hatten und er wollte den Blonden auf keinen Fall wie ein Schoßhündchen an seinen Fersen kleben haben. „Und bald werde ich mir auch meinen Heiligenschein verdienen. Das ist etwas, wovon du momentan nur träumen kannst“, sagte sie mit einem überheblichen Unterton. „Wart's ab! Ich werde ihn noch vor dir kriegen!“, er war aufgestanden und sah sie entschlossen an. „Wenn du meinst“, seufzte sie, „Aber das geht nicht, solange du dich hier so wie Satan aufführst“, mahnte sie ihn, wobei er sich sofort wieder hinsetzte, auch die Arme verschränkte und beleidigt dreinsah. Plötzlich wurde Hitomi ganz ernst. „Wie auch immer, ich bin nicht hier, um Mutter zu ersetzen. Ich habe gehört was passieren wird, wenn du's nicht schaffen solltest und mir halt Sorgen gemacht. Das Übliche, du kennst mich ja“, den letzten Satz murmelte sie nur so vor sich hin. Also wusste sie es nun auch. Wie gern hätte Tenshi sie jetzt getröstet, doch leider war er dafür gerade nicht in Stimmung und die passenden Worte ließen sich jetzt auch nicht so schnell finden. „Hey, das ist doch dein erster Arbeitstag, nicht? Also warum ziehst du so 'n Gesicht? So kannst den vielen Pärchen mit deinen Liebespfeilen doch nicht glücklich machen“, er stand wieder auf und zeigte ihr ein breites Grinsen. „Akuma und ich werden jetzt wieder nach Hause gehen und auf Shouta warten. Du wirst sehen, ich werde ein vorbildlicher Engel sein“, er ging an ihr vorbei, packte Akumas Arm und zog ihn mit nach draußen, ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen. Er wusste, dass sie jetzt einen Moment für sich brauchte. Er hätte dennoch nie damit gerechnet, dass seine Familie so sehr unter diesem Vorfall zu leiden hatte. Eigentlich wäre der Dunkelhaarige bei dieser Gefühlsduselei schon von selbst abgehauen, doch der Engel kam ihm da zuvor und schleifte ihn mit nach draußen. Erst nach einigen Metern den Gang entlang riss sich Akuma unsanft los. "Lass los! Warum glaubst du eigentlich, dass ich mit dir mitgehe?", er sah ihn aufgebracht an. „Tenshi...“, flüsterte Hitomi währendessen nur und sah wie Shouta langsam die Kabine verließ. Anscheind hatte er sich nun endlich wieder beruhigt. //Ahja, das ist also sein Schützling. Kann mir eigentlich garnicht vorstellen, dass er solche Probleme mit ihm haben soll//, dachte sie, zeigte wieder ihr typisches Lächeln und verschwand dann in einem Meer von Engelsfedern. Irgendwie musste es ja nun weitergehen, und sie wusste, dass es nicht viel half, wenn sie andauernd vor ihrem Bruder den Kopf hängen ließ. Derweil auf dem Flur. Tenshi ließ seinen unfreiwilligen Begleiter einige Meter hinter sich stehen und unterbrach die Stille erst nach etwa einer Minute. „Du willst wirklich wissen, warum ich das glaube?“, ein unheilvolles Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Er drehte sich triumphierend zu ihm um. „Dein Name... ist mir jetzt schon viel wert, weißt du? Vor allem, wenn ich ihn in der Gegenwart anderer Dämonen ausspreche und ihnen erzähle, was für ein gutmütiges Geschöpf sich dahinter doch verbirgt...“, sein Grinsen wurde noch breiter, denn es fühlte sich im Augenblick einfach zu gut an, endlich mal die Fäden in den Händen zu halten, und diesem vorlauten Dämon ein Ultimatum stellen zu können. Akuma überkam eine Gänsehaut, als Tenshi ihm mit diesen Worten drohte und sein Unwohlsein konnte man wohl auch in seinem Gesicht wiedererkennen. So hätte er den Engel nicht eingeschätzt und es missfiel ihm sehr, wie sich die Dinge zu entwickeln drohten. Das Letzte, was Akuma wollte, war, dass ihn jemand mit einem kleinen Druckmittel in die Enge treiben und kontrollieren konnte. Da hatte sich Tenshi wirklich mal ein gutes Argument einfallen lassen. Doch sollte er sich nicht zu früh freuen. "Ich würde gut darüber nachdenken, bevor du durch die Straßen läufst und das herumerzählst. Immerhin werde ich immer in der Nähe deines lieben Schützlings sein. Er könnte da leicht mit hineingezogen werden. Du weißt ja, Dämonen schrecken vor nichts zurück...", antwortete er nun grinsend darauf und fühlte sich gleich wieder ein Stück sicherer. Er steckte seine Hände in die Hosentaschen und holte die paar Meter zu Tenshi mit gemächlichen Schritten auf. "Verstanden, Tenshi?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)