Hate Me || Love Me von abgemeldet (Der Anfang von einem neuen Ende) ================================================================================ Kapitel 1: Drei sind einer zuviel --------------------------------- Tropf. Tropf. Langsam öffnete der Engel seine Augen, als er merkte, dass irgendwas nasses auf seiner Nase getropft war. Wasser. Regen. In der Ferne war ein lautes Donnergrollen zu hören, ähnlich wie bei einem Feuerwerk. Noch mehr Regen. Überall. Seine Sachen waren schon völlig durchnässt und klebten an seinem ganzen Körper. Was war nur geschehen? Er fühlte sich so kraftlos und verloren. Erst als er an den beiden Stellen - wo vorher seine Flügel gewesen waren, und ihn dort jetzt nur noch riesige Narben zeichneten - plötzlich einen stechenden Schmerz verspürte, wurde ihm wieder bewusst, welches grauenhafte Schicksal ihm widerfahren war. Doch musste er sich jetzt irgendwie zusammenreißen, wenn er sich hier draußen nicht den Tod holen wollte. Vorsichtig stand er auf, schwankte dabei zwar etwas, doch hatte er schnell sein Gleichgewicht wiedergefunden. Das wäre schon mal geschafft. Nur wohin sollte er jetzt gehen? Sie mussten ihm doch irgendeine Adresse seines neuen Schützlings gegeben haben. Verzweifelt suchte er in jeder Tasche, die er hatte. Jedoch fiel sein Blick schon sehr bald auf einen kleinen gelben Zettel, der auf der Straße lag und kurz davor war in den Abfluss gespült zu werden. Gerade als er ihn sich greifen wollte, fuhr plötzlich ein grüner Porsche direkt in eine große Pfütze an ihm vorbei und gab ihn somit nur noch mehr von dieser kalten Flüssigkeit des Himmels. Er schauderte und verfluchte sein Pech innerlich. Doch immerhin war der Zettel wieder in seinem Besitz gelangt, auf dem das Geschriebene zum Glück auch noch zu erkennen war, selbst wenn man ihn schon hätte auswringen können. Gedankenverloren las er sich die Adresse durch. Mehrere Male, damit sie sich gut bei ihm einprägte und er nicht immer wieder draufschauen musste. Er drehte dem Park, der nur wenige Meter von ihm entfernt war, dem Rücken zu und sah hinauf zu einem der gegenüber liegenden Gebäude. Tokyo. Das war also Tokyo. Die größte Stadt der Welt, wie manche behaupteten. Irgendwo hier war auch sein neuer Schützling. Shouta, der mit seiner Familie hierher ziehen wollte. Die Wolken am Himmel zogen nur gemächlich vorbei. So schnell würde der Regen also nicht nachlassen. //Trotz der vielen Wolken wirkt der Himmel von hier aus viel freundlicher//, ging es ihm durch den Kopf, was wahrscheinlich nur daran lag, dass die anderen Engel für die nächste Zeit nicht so gut auf ihn zu sprechen waren, und diese Stadt ihm auf jeden Fall eine bessere Zuflucht bot. Ein Rumpeln zog durch das sonst so ruhige Häuschen, was den Dämon kurz aufhorchen ließ. Da es aber gleich danach wieder ruhig war, machte er sich garnicht erst die Mühe, die Augen zu öffnen und aufzustehen. Er wollte viel lieber noch etwas hier oben auf dem Dachboden rumliegen und weiterdösen. Wer sollte schon in dieses leerstehende Haus kommen? Doch als er dann auch noch Stimmen hörte, wurde er mit einem Mal misstrauisch. In seiner Ruhe gestört, öffnete er die Augen, streckte gemächlich seine müden Glieder und stand dann auf. Auch seine schwarzen Flügel streckte er kurz, was in solch engen Räumen garnicht so einfach war - sie waren einfach viel zu unpraktisch, wenn man sich in einem Gebäude befand. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder von merkwürdigen Geräuschen auf sich gezogen, welche von den tieferen Stockwerken kamen. Was sollte dieser Lärm zu solch einer frühen Stunde? Hatten die Menschen denn keinen Anstand? Ja, was wollten sie überhaupt in diesem Haus? Es gehörte ihm und niemand anderes durfte es ohne seine Erlaubnis betreten! Grummelnd sprang er aus der kleinen Dachluke, um gleich darauf festzustellen, dass es aus vollen Eimern regnete. Na toll. Ehe er sich noch weiter beschweren konnte, fiel ihm ein weißer Klein-LKW ins Auge, der vor dem Haus geparkt hatte. Menschen trugen hastig große, schwer aussehende Kartons in das Gebäude. Akuma betrachtete das ganze Spektakel, als bei ihm endlich der Groschen fiel. Hier wollte doch tatsächlich jemand einziehen! Das konnte doch nicht deren Ernst sein! Was sollte er denn bitteschön mit nervigen Menschen anfangen?! Sie waren selten leise, sodass man kaum in Ruhe schlafen konnte und von diesem fröhlichen Grinsen, das manchen dieser Kreaturen wie eingraviert zu sein schien, wollte er erst garnicht anfangen. Ja, genau so ein Lachen, wie es dieser Junge dort unten gerade hatte. Mit bösem Blick starrte er zu dem Menschenkind. Dem würde das Lachen schon noch vergehen, das schwor er sich. Akuma stieß sich von dem Dach ab und flog hinunter auf dem Gehweg. Diese Menschen schienen sich trotz dieses Regenwetters sehr darauf zu freuen, in dieses Haus einzuziehen. Seinem Haus! Er trat auf den Jungen zu und sah ihn sich kurz an. Er schien nicht älter als 14 Jahre zu sein und hatte dunkelbraune, kurze Haare, die dank des blauen Regenschirms nicht nass wurden. Der Junge wollte gerade ins Haus gehen, als ihm Akuma kurzerhand das Bein stellte. Mit einem Plätschern fiel er genau in eine Pfütze, was dem Dämon ein belustigtes Grinsen entlockte. Tenshi seufzte schwer. //Also, wo ist er?//, fragte er sich und bog in die °Mühlenstraße° ein, die ihn weiter bergab führte. Der Wind wurde zunehmend stärker und zersauste sein kurzes, blondes Haar nur noch mehr. Als ihm plötzlich ein Werbeschild entgegen geflogen kam, flüchtete er schnell in einem Second-Hand Shop, der überwiegend Kleidung anbot. "Das war vielleicht knapp", sagte er völlig außer Atem. "Dieser Ort ist wirklich-", er unterbrach sich selbst, als er einen zweiten Blick auf das Geschäft warf. Hier könnte er sich doch zuerst einmal neu ankleiden, denn seine Sachen waren überwiegend nass, zerissen und blutig. So konnte er ja nicht weiter herumlaufen, auch wenn ihn eigentlich niemand sehen konnte, außer derjenige war selbst ein Engel oder gar ein Dämon. Er stöberte erstmal ein wenig herum, bis er dann etwas passendes gefunden hatte. Er nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit des Kassierers aus, legte Geld auf den Tresen und verschwand anschließend mit den neuen Sachen, die er gleich anbehalten hatte. "Hm? Wo kommt denn das Geld so plötzlich her? Hallo? Ist da jemand?", fragte der Kassierer, doch niemand antwortete. Dennoch musste es ja irgendeinen Grund dafür geben, weshalb er sich dann kurzerhand dazu entschloss das Geld doch noch an sich zu nehmen und den restlichen Tag nicht weiter darüber nachzudenken. Währenddessen hatte Tenshi auch gleich für den Regenschirm mitbezahlt, der ihm anfangs sofort wegen der knalligen Farben vor dem Laden aufgefallen war, und den er jetzt mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck durch halb Tokyo trug. Triefend nass saß der Junge jetzt auf dem Boden, ehe er schnell wieder aufstand und den Regenschirm aufhob, welcher ihm aus der Hand gefallen war. "Der bringt jetzt auch nichts mehr", lachte Akuma schadenfroh und sah dabei zu, wie der Junge ins Haus lief. Akuma ergriff die Gelegenheit und ging dem Menschen hinterher, betrat ebenfalls das Gebäude. Er ließ seine Flügel verschwinden, als sie drinnen waren, da sie nur gestört hätten. Er sah sich etwas um, während er nur so am Rande bemerkte, wie der Junge unterdessen in einem angrenzenden Raum verschwand. Der Vorraum wirkte hell, ganz das Gegenteil von dem, was Akuma sonst so gewohnt war. Kartons standen zur linken und rechten Seite gestapelt übereinander und mussten wohl erst noch in die richtigen Zimmer zum Auspacken gebracht werden. "Ach, Shouta. Was ist denn mit dir passiert?", hörte er nun eine Frauenstimme und folgte dieser in die Richtung, aus welcher sie gekommen war. Akuma betrat einen Raum, der später einmal ein gemütliches Wohnzimmer sein sollte, wovon jetzt aufgrund der Umzugskisten noch nicht recht viel zu merken war. Der Dämon sah sich belustigt das Schauspiel an, welches sich ihm nun bot. Die Mutter des Jungen - wie hieß er nochmal... Shouta? - schalt gerade das durchnässte Kind, welchen Dreck es hier doch eben gemacht hatte. Tenshi warf noch einen letzten Blick auf den Zettel, auf dem die Adresse des Jungen stand, bevor er dann direkt vor dem Haus hielt und es betrachtete, während er den Menschen, die mit den Möbeln und Umzungskartons an ihm vorbeigingen, eher weniger Beachtung schenkte. //Das ist es also..//, dachte er verblüfft. "Ziemlich groß", sagte er, drehte sich um und beobachtete einen Mann mittleren Alters, wie er die Möbelpacker jedes Mal davor warnte, dass ja nichts zu Bruch gehen durfte, da alles ach so wertvoll sei. //Ob das Shoutas Vater ist? Hm.. ähnlich sieht er ihm nicht gerade//, er holte ein Foto des Jungen hervor, betrachtete es und kam dann zu dem Entschluss, dass er wohl mehr von seiner Mutter abstammte. "Oh, na endlich!", rief auf einmal Shoutas Vater erfreut und blickte gen Himmel. Die Wolken am Himmel waren nur noch Fetzen und zogen langsam weiter Richtung Norden. Einzelne Sonnenstrahlen wärmten nun die Gesichter der Umstehenden, die mit einem Lächeln emporblickten. //Man kann ja schon fast sagen, dass ihre Stimmung wetterabhängig wäre..// Akuma hatte sich inzwischen im Wohnzimmer auf den Boden gesetzt. Shoutas Mutter war verärgert wieder aus dem Raum verschwunden, während sich der Junge aus einem der vielen Kartons trockene Kleidung suchte. Diese fand er auch nach mehreren Versuchen. Nun drangen mehr Stimmen an Akumas Ohr. Die Möbelpacker trugen gerade ein Sofa die Eingangstüre herein, während ein weiterer Mann ihnen sagte, wo sie es hinzutragen hatten. //Das wird dann wohl der Vater des Jungen sein...//, schlussfolgerte er, sah dabei zu, wie besagtes Möbelstück ins Wohnzimmer getragen wurde - direkt auf ihn zu! Schnell rollte Akuma sich zur Seite, damit er nicht von dem Möbelstück erschlagen wurde. "Könnt ihr denn nicht aufpassen!?", beschwerte er sich lautstark, während er auf die Beine sprang, wohl wissend, dass sie ihn nicht hören konnten. Die letzten Regentropfen fielen auf Tenshi, nachdem er seinen Regenschirm zusammengeklappt hatte, und landeten mitten in seinem Gesicht, weshalb er kurz die Augen zusammenkniff und mit der Hand diese wieder wegwischte. Gerade als er dann eintreten wollte, rief Shoutas Mutter ihren Sohn. Erschrocken drehte er sich zu ihr um, denn er hatte sie garnicht bemerkt. Sie war hier wohl die einzige Frau im Haus. Seine Augen weiteten sich etwas, als er sie genauer musterte, während Shouta zu ihr herübergestolpert kam. "Na-Nagori?", sagte er ungläubig. //Nein... sie sieht ihr nur ähnlich//, etwas enttäuscht ließ er den Kopf hängen und beobachtete die beiden. Dass er sie ausgerechnet mit Nagori verglich, bewies wieder einmal nur, dass er immer noch nicht ganz mit diesem Kapitel abgeschlossen hatte. Doch, wieviel Zeit war eigentlich seit seiner Bestrafung vergangen? Wie lange war er bewusstlos gewesen? Es konnte doch unmöglich sein, dass er erst auf dieser Bordsteinkante seine Augen wieder geöffnet hatte. Er schüttelte den Kopf. //Jetzt ist nicht die Zeit dafür!//, ermahnte er sich selbst und atmete einmal tief durch. "Das ist also Shouta... Nun gut, von heute an, werde ich dich beschützen, ganz gleich was kommt", sagte er, um sich selbst wieder ein wenig aufzumuntern und lachte leise. Shouta trug zusammen mit seiner Mutter einen riesigen Flachbildschirm ins Haus, den sie dann erstmal im Flur abstellten. //Also an Geld mangelt es denen wohl nicht..//, dachte er verblüfft und folgte ihnen. Plötzlich hielt er inne. //Irgendetwas gefällt mir hier nicht, und das ist ganz bestimmt nicht nur der Fettsack neben mir, der gerade einen DoubleBurger mit übermäßig viel Knoblauch zum Mittag verdrückt//, dachte er und hielt sich angewidert die Nase zu. Akuma war in einer Ecke stehen geblieben, wo ihm niemand zu nahe kam oder gar auf die Zehen treten konnte. In Gedanken malte er sich bereits aus, wie er diese Familie in den Wahnsinn treiben würde. Da war das jüngste Familienmitglied - Shouta - das leichteste Opfer, keine Frage. Also würde Akuma sich wohl an dessen Fersen heften. Und anfangen würde er mit seinem Spielchen noch heute, auf jeden Fall. Das würde er sich doch nicht entgehen lassen! //Besonders bei so einem Chaos, wie es bei einem Umzug immer herrschte, kann ja schon mal so einiges passieren..//, dachte er verheißungsvoll mit einem Grinsen. So, wo war denn sein Opfer in der Zwischenzeit eigentlich hingegangen? //Ah, da ist er ja! Mit seiner ach so lieben Mutter. Und gleich dahinter ist...//, dem Dämon stockte für einen kurzen Moment der Atem. Wer oder was war das denn? Also schon mal definitiv kein Mensch, dazu war seine Aura viel zu rein. Noch dazu schienen ihn die Menschen ebensowenig wahrzunehmen wie ihn selbst. "Engel...", grummelte er leise missgelaunt und beobachtete ihn, wartete darauf, dass er ihn ebenfalls wahrnahm. Auch er bemerkte bald - kurz nachdem er von ihm entdeckt worden war - den jungen Mann mit den fledermausartigen Flügeln in der Ecke. //Ein Dämon...//, dachte er leicht erschrocken. Doch ließ er es sich nicht anmerken und ging sogleich stolz und mit erhobenem Haupt ein paar Schritte auf ihn zu, um ihn zu zeigen, dass er sich von seiner Gegenwart nicht abschrecken ließ. "Was im Namen von Jesus Christus hat ein Dämon wie du hier verloren?!", er klang schon beinahe empört über dessen Anwesenheit und zeigte klagend mit dem Finger auf ihn. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass ein Dämon im selben Haus sein Unwesen trieb und ihm somit seiner Bewährungsprobe im Weg stand. Zwar waren die Kriegszeiten zwischen diesen beiden Völkern schon längst vorbei, doch der Ursprung der Feindseligkeit untereinander, saß immer noch viel zu tief drinnen, als dass sie je einander vergeben und vergessen konnten. Akuma richtete sich daraufhin zu seiner vollen Größe auf und trat etwas näher auf ihn zu, mit einem dunklen aber dennoch ruhigen Blick im Gesicht. "Und da sag mal einer, die Engel seien immer höflich...", kommentierte er das Auftreten des Neuankömmlings und stellte sogleich die Gegenfrage: "Und was zum Teufel hat ein Engel wie du hier verloren? Ich habe dich jedenfalls nicht in mein Haus eingeladen, also verschwinde besser gleich wieder", nicht nur, dass hier in aller Früh Menschen kamen und sich hier dreist einrichteten, jetzt kam auch noch ein Engel dahergerannt - da fiel ihm plötzlich auf: //Wo sind eigentlich seine Flügel?//, nun doch etwas neugierig, besah er sich den Engel etwas genauer. Etwas kleiner als er, kurze, blonde Haare, blaue Augen. Kleidung, die aussah, als wäre sie aus einem Second-Hand Shop. Akuma lachte auf. "Sind euch im Himmel etwa die Klamotten ausgegangen?", fragte er spottend und deutete auf des Engels Aufzug. Tenshi war ein Schritt zurückwichen, als dieser ihm seiner Meinung nach etwas zu nahe gekommen war. Hätte der Dämon noch seine Flügel ausgebreitet, hätte das auf jeden Fall bewirkt, dass er ihm gegenüber nicht mehr ganz so großspurig gewesen wäre, doch noch dachte er nicht daran den kürzeren zu ziehen, und schon garnicht als dieser sich erlaubte ihn von oben herab zu belächeln. "Dein Haus? Tss.. so wie ich das sehe, ist es nun nicht mehr deins und deshalb hast du auch nicht länger das Recht hier zu wohnen! Und da ich aus beruflichen Gründen hier bin, werde ich ganz bestimmt nicht von hier verschwinden!", erklärte er und antwortete auch gleich auf den nächsten Kommentar, nachdem er den prüfenden Blick des Dämons bemerkt hatte und peinlich berührt rot angelaufen war. "Na warte, wie kannst du es wagen?! Warum ich so rumlaufe, geht dich ja wohl einen feuchten Dreck an!", er machte einen Satz nach hinten und deutete erneuert mit dem Finger auf ihn. "Dir wird das Lachen gleich vergehen - da!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)