Growing Rose Of Love (Teil 2) von Lina_Kudo (Aufblühende Rose der Liebe (Seiya&Usagi)) ================================================================================ Kapitel 64: Sweet Prediction ---------------------------- Kapitel 63: SWEET PREDICTION Süße Prophezeiung ****Rückblick**** Taiki verpasste sich in Gedanken eine Backpfeife. Okay, ursprünglich hatte er wirklich nur diesen Text auf dem unschuldigen Stofftier gemeint, doch während er es gedankenverloren vorgelesen hatte, wurde ihm auch klar, dass es genau das war, was er für sie fühlte. Und warum war er so dumm gewesen und hatte es überhaupt so laut vorgelesen? Was lief da nur falsch? Er war doch sonst keiner, der den Mund aufmachte und dann erst kapierte. Sein Verstand ging ihm doch immer einen Schritt voraus. Bis vor Kurzem war es zumindest so ... Er gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Er hielt an seinem Plan fest, erst einmal eine tiefe, freundschaftliche Basis zu ihr aufzubauen, bevor er über den nächsten Schritt auch nur nachdachte. Mit einem flauen Gefühl im Magen schlug er ihr vor, sie nun nach Hause zu begleiten, da es doch schon recht spät war. Und damit war sie einverstanden und ging zum Glück nicht mehr weiter darauf ein. Also hatte er sich doch nicht so verdächtig benommen. Gott sei Dank. Aber in Zukunft musste er da wirklich gut aufpassen ... ****Rückblick**** Makoto und Takeru hatten bereits den ganzen Vormittag in ihrem Schlafzimmer verbracht und bekamen nicht genug voneinander. Denn sie hatten nicht mehr viel Zeit: Morgen früh musste er bereits wieder abfliegen, und die Zeit verging wie im Fluge. Und diese recht spärliche Zeit wollten sie verständlicherweise ausnutzen. Jede einzelne Sekunde. „Das kann doch nicht so weitergehen. Wollen wir heute nicht noch etwas ... Anderes unternehmen?“, fragte sie ihn kichernd, doch ihrem eigenen Vorschlag trat sie selbst mit zwiespältigen Gefühlen gegenüber. Sie wälzte sich, sodass sie auf dem Bauch lag und zu ihm hinabschauen konnte. Direkt in sein wunderschönes Antlitz. Ein schelmisches Grinsen legte sich auf Takerus Lippen. „Also wenn es nach mir geht, könnten wir den Rest unseres Lebens auf diese Art verbringen.“, antwortete er neckend, umfasste sanft ihren Nacken und zog sie wieder zu sich herunter, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu geben. „Aber natürlich können wir auch gerne rausgehen und spazieren. Wir haben ja noch die ganze Nacht Zeit ...“, sagte er mit einem gespielt lüsternen Tonfall, woraufhin Makoto knallrot anlief. Nicht, dass sie sich jetzt noch vor ihm schämte, nur hatte sie nach wie vor Hemmungen, so offen darüber zu reden. Er setzte sich auf und lächelte sie erwartungsvoll an. „Wollen wir erst einmal zusammen duschen?“, fragte er sie mit einer unschuldigen Miene, als wäre er ein kleiner Junge, der nach Süßigkeiten fragte, die ihm seine Mutter sonst nie erlaubte. Makoto kicherte leise. Diesen Wunsch konnte sie ihm doch nicht abschlagen. „Natürlich.“ „Na, hast du alles bekommen, was wir brauchen?“, fragte Rei ihren Freund, als er mit zwei vollen Einkaufstüten zurückkehrte. „Du hast ja ganz schön lange gebraucht.“, fügte sie hinzu. „Ja, also ich habe alles bekommen, aber in der Stadt ist echt eine Menge los. Man merkt schon, dass die Leute sich alle verrückt machen, weil bald Weihnachten ist ...“, seufzte er resigniert und stellte die Einkaufstüten ab. „Weihnachten gibt es eben nur einmal im Jahr.“, kommentierte Rei unbeeindruckt, denn sie kannte den ganzen Rummel nur zu gut. Sie ging auf ihn zu und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, bevor sie ihm dabei half, die Tüten auszuräumen. „Wenigstens ist es nun etwas milder geworden und nicht mehr so kalt wie die letzten Tage.“ Yuuichiro nickte lediglich, als er die krächzende Stimme einer Frau wahrnahm, die ein paar Räume von ihnen entfernt lautstark Gebete in einer unverständlichen Sprache aufsagte. „Diese Stimme habe ich glaub ich bei uns noch nie gehört ... Sie ist wohl nicht gerade ein Stammgast, oder?“, fragte er neugierig. Denn die Stammgäste des Tempels kannte er alle sehr gut, und an diese lautstarken Gebete hätte er sich bestimmt erinnert. Tat er aber nicht. Rei seufzte. „Sie ist kurz nach deinem Aufbruch hergekommen und betet seitdem schon in dieser enormen Lautstärke. Gut, sowas kommt häufiger vor, dass vor allem Ältere etwas lauter beten, aber sie übertreibt es langsam wirklich. Außerdem kam sie mir sowieso schon so ... merkwürdig vor. Sie ist mir total nahe gekommen und hat mich scharf beäugt, als wäre ich eine Schwerverbrecherin. Außerdem sprüht sie einen ziemlich starken Geruch von ätherischen Ölen aus. Sie ist ziemlich unheimlich. Total durch den Wind.“, Rei schüttelte sich kurz, als ob sie ein unangenehmes Bild abschütteln wollte. „Hm. Also eher kein besonders geselliger Gast.“, schlussfolgerte Yuuichiro nachdenklich und stellte die letzten Sachen in den gemeinsamen Kühlschrank ab. „Da bin ich ja mal gespannt, sie dann auch bald zu Gesicht zu bekommen. Wenn sie sich denn mal blicken lassen würde.“ Jemand schob die Tür zur Küche auf, und das junge Paar fuhr herum. Es war Reis Großvater, der mit einem finsteren Blick dreinschaute. „Ich halte diesen Lärm langsam nicht mehr aus! Immer, wenn sie eine Pause von einigen Minuten macht, steigt in mir die Hoffnung auf, dass sie endlich aufgehört hat. Und dann macht sie noch lauter weiter! Seit einer gefühlten Ewigkeit brüllt sie uns mit ihren komischen Gebeten die Ohren voll und unser Tempel zusammen. Wenn das so weitergeht, werde ich sie zu einer Tempelspende auffordern, ansonsten soll sie bitte wieder gehen! Meine alten Ohren werden es sonst nicht überleben. Außerdem hat sie schon einige unserer Stammbesucher damit verscheucht.“, beschwerte er sich wütend und sah mit einem strengen Blick zu Yuuichiro. „Erledige du das bitte.“ „Wenn du Lust hast, können wir nachher zusammen Plätzchen backen. Ich habe schon alle Einkäufe erledigt und dann kannst du dir eine große Dose mitnehmen.“, schlug die junge Frau mit dem braunen Pferdeschwanz vor. Sie befanden sich gerade in dem Park, wo sie sich das erste Mal getroffen hatten. Da dieser sich ganz in der Nähe von Makotos Wohnung befand, hatten sie keinen weiten Weg zurücklegen müssen. „Oh ja, das machen wir auf jeden Fall!“, stimmte Takeru sofort zu. Nie und nimmer würde er es sich entgehen lassen, irgendetwas von Makotos Köstlichkeiten mitnehmen zu dürfen. Auch, wenn er dann in dem ewigen Konflikt gefangen werden würde, am liebsten so schnell wie möglich alles wegessen würde und gleichzeitig aber doch ganz gemächlich, damit er noch lange das Vergnügen mit ihren Leckereien hatte. „Ich freue mich schon so sehr darauf, wenn ich in der Zukunft jeden Tag mit deinem Essen beschenkt zu werden.“, er strahlte abermals wie ein kleiner Junge. „Und ich freue mich schon darauf, dich jeden Tag bekochen zu dürfen.“, lenkte sie ein und lächelte ihn verlegen an. Was gab es denn auch Schöneres als für den Mann, den man liebte, zu kochen? Für sie war es eine große Ehre. „Trotzdem hätte ich auch nichts dagegen, wenn du mir dann ab und zu auch unter die Arme greifen würdest und mich nicht die ganze Arbeit machen lässt, auch wenn ich es gerne tun werde.“, fügte sie mit einem trockenen Grinsen hinzu. „Aber natürlich. Nichts lieber als das.“, wandte er schnell ein, legte im Gehen einen Arm um sie und drückte sie fest an sich. Anschließend näherte er sich ihrem Ohr und flüsterte leise hinein: „Das wird wunderbar werden.“ Als Makoto mit einem „Das kitzelt, Takeru!“ kichernd zusammenzuckte, stimmte auch er in ihr Lachen überein und blickte wieder nach vorne. Und erstarrte augenblicklich. Makoto folgte seinem Blick. Ein groß gewachsener Mann stieg aus einem schwarzen Audi A8, den er gerade geschickt in eine Lücke geparkt hatte. Er trug einen schwarzen Smoking mit einem weißen Hemd und einer grünen Krawatte. Vom Aussehen her würde sie ihn so um die Ende 30 oder höchstens Anfang 40 schätzen. Von der Ferne konnte Makoto nicht mehr erkennen, doch als er direkt auf sie zuging, kam er ihr immer bekannter vor, obwohl sie sich sicher war, dass sie diesen Mann zuvor noch nie gesehen hatte. Als er näher kam, wurden die einzelnen Merkmale deutlicher. Er sah extrem gut aus. Und dann war da noch ... dieser Gang, diese Haltung, diese Frisur, dieses Gesicht und ... diese Augen. Es waren seine Augen. Tief Luft holend blickte sie zur Seite, zu ihrem Verlobten. Dieselben Augen. Diese Augen würde sie immer wiedererkennen ... Sofort versteifte Takeru sich und sein Griff um ihre Arme wurde merklich fester. Es war wie ein stummer Hilfeschrei, der besagte, dass sie ihn bitte nicht alleine lassen sollte. Niemals ... Und in diesem Moment blieb der Mann ungefähr fünf Meter vor ihnen zum Stehen. Er war wie versteinert, als er Takeru entdeckte. Kurz blickten sie sich stumm an, als Takeru, so wohlerzogen wie er war, doch das Wort ergriff. Seine Stimme klang kühl und fest, doch Makoto entging es nicht, wie es in seinem Inneren bebte. „Hallo Vater.“ Yuuichiro schluckte hörbar. Er war der Letzte, der hart genug war, um jemanden einfach hinausschmeißen. Dafür war er doch viel zu nett und wenig standfest. Aber es musste schon sehr gravierend sein, dass sogar Opa Hino wollte, dass ein Tempelbesucher gehen sollte. Schließlich lagen ihm sein Tempel und dessen Besucher sehr am Herzen. Normalerweise ... „Äh ... Ist gut.“, er hatte keine andere Wahl, als ihm zu gehorchen. Und so begab er sich auf den Weg ins Gebetszimmer, wo wieder laute Gebetsschreie zu hören waren. „Warte!“, Rei war nun direkt hinter ihm. „Ich komme mit.“, sagte sie fest entschlossen. „Nein, bleib lieber her. Wer weiß, was für eine Geistesgestörte sie ist. Womöglich ist sie noch eine psychisch kranke Exorzistin oder so. Ich möchte nicht, dass du mit ihr irgendwie in Kontakt kommst und dich in Gefahr begibst.“, sagte Yuuichiro bestimmt, und diese Entschlossenheit, die in seinen Augen aufloderte, verblüffte Rei. Es war eine der wenigen Male, wo er ihr wirklich sagte, was sie zu tun und zu lassen hatte. An dieses Gefühl würde sie sich niemals gewöhnen, denn eigentlich war es ja immer umgekehrt. Da sie jedoch verstand, dass er das nur tat, weil er sie beschützen wollte, war sie nicht sauer. Im Gegenteil: Ihr gefiel sogar diese neue Seite an ihm. Doch sie wäre nicht Rei, wenn sie ihr Gefallen offen gezeigt hätte. „Ich will aber mit; das kannst du mir nicht verbieten.“, gab sie schroff zurück und rührte sich nicht vom Fleck. Yuuichiro seufzte tief. „Kannst du nicht einmal darauf hören, was man dir sagt?“, fragte er resigniert, doch drehte sich wieder nach vorne und schritt voraus. Er bestand ja nicht darauf, dass sie ihm gehorchte; deswegen beharrte er nun nicht so sehr darauf. So eine schlimme Gefahr bestand ja noch nicht, und außerdem konnte man Rei nicht gerade als ein hilfloses Mädchen bezeichnen. Außerdem war er ja in ihrer unmittelbaren Nähe. Nun war Yuuichiro an der Tür angekommen und zögerte leicht. Er mochte es gar nicht, andere Leute zu stören. Erst recht nicht Frauen. Und die Tür aufmachen wollte er schon gar nicht, denn damit drang er doch aktiv in die Privatsphäre dieser rätselhaften Frau ein. Bevor er sich dazu durchringen konnte, erledigte das Rei für ihn: Sie klopfte Sturm, machte die Tür auf und steckte ihren Kopf behutsam hinein. „Entschuldigung?“, rief sie durch den Raum und betrat ihn langsam. Yuuichiro folgte ihr wie ein Schatten. Eine kleine Gestalt saß wie in Trance vor dem Feuer und bemerkte die beiden scheinbar gar nicht. Rei bekam ein wenig Angst, und auch Yuuichiro wurde recht mulmig zu Mute, doch er nahm allen Mut zusammen und trat auf die Dame zu, die eingehüllt in einer Ecke dasaß. „Entschuldigen Sie? Wir schließen langsam, und so ungerne ich es auch tue, aber ... Sie müssten bitte langsam den Tempel verlassen.“, sagte er mit standhafter Stimme, als er sich direkt hinter ihr gestellt hatte. Hinter ihm wiederum stand Rei, die eine Hand auf seine Schulter gelegt hatte und über ihm zu der fremden Dame hervorlugte. Plötzlich schreckte die Frau wie von der Tarantel gestochen hoch und mit weit aufgerissenen Augen hob sie den Blick auf das junge Pärchen. Sie war ungefähr gegen Ende 50 und hatte nur wenige Falten aufzuweisen. Soweit man das in diesem flackernden Licht des Feuers erkennen konnte. Sie öffnete die Lippen und stand auf. Sie war ungefähr genauso groß wie Rei, hatte graue Augen und lange, schwarze Locken. Bekleidet war sie mit einem langem violetten Umhang, das alles an ihr verdeckte, sodass man nur ihr Gesicht und die Haare sehen konnte. „Euch ... umgibt eine unglaubliche Aura; so etwas habe ich noch nie bei einem Paar gesehen.“, begann sie mit ihrer rauen Stimme und räusperte sich kurz. Ihr Blick verriet, dass sie wahrhaftig fasziniert davon war, was sie gerade entdeckte. Wie hypnotisiert griff sie blitzschnell nach Yuuichiros Hand, streckte seine Handinnenfläche aus und hielt sie mit beiden Händen fest. Konzentriert sah sie darauf und ließ sich von Reis keifenden „Was soll das werden? Lassen Sie ihn los!“ nicht im Geringsten beeindrucken. Sie hörte diese Aufforderung nicht einmal, dafür war sie viel zu sehr in ihrer eigenen Welt gefangen. Mit flammenden Augen sah sie mit leeren Blick zu ihnen hinauf, und dieser Anblick ließ der Priesterin und dem Tempeldiener das Blut in den Adern gefrieren. Sie war nicht mehr ... in dieser Welt. Sie befand sich gerade in einer ganz anderen Dimension. Das erkannten sie auf dem ersten Blick. „Sie haben eine unbezwingbare Macht, wenn sie zusammen sind. Dieses Band der Liebe, welches zwischen Ihnen existiert, wird niemals zerstört werden. Diese Liebe ... wird zu einer Ehe führen. Und zu vier Kindern.“, prophezeite sie mit monotoner Stimme und starrem Blick. Und mit einem Mal ... bekamen ihre Augen wieder ihren menschlichen Glanz zurück; als wäre sie aus einem Traum erwacht. Sie ließ die Hand des jungen Mannes los, trat einen Schritt zurück und machte kehrt. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Tempel und ließ zwei, sichtlich verwirrte, junge Personen zurück. Makoto fühlte sich sehr unangenehm in dieser Situation. Am liebsten würde sie heimlich aus der Bildfläche verschwinden, denn sie fühlte sich total fehl am Platz. Das war eine Familienangelegenheit, und sie gehörte nicht zu seiner Familie. Doch Takeru drückte ihre Hand noch fester, als sie sich ihm zu entwinden versuchte. Takerus Vater bewegte sich anmutig auf sie zu. Er wirkte ruhig und gelassen, und doch ... durcheinander. Takeru war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten: Die grünen Augen waren nahezu identisch, so wie auch die Frisur. Mit dem einzigen Unterschied, dass sein Haar nicht dunkelblond war, sondern nachtschwarz. Er lächelte Makoto freundlich an und streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin Takeo Oshida, Takerus Vater. Freut mich, dich kennenzulernen.“, stellte er sich mit sanfter Miene vor. Makoto nahm seine Hand verlegen entgegen. „Mein Name ist Makoto Kino. Freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Herr Oshida.“, erwiderte sie hastig und sah ehrfürchtig zu ihm hinauf. Sofort spürte sie eine Wärme in sich aufsteigen, als sie ihm ihre Hand reichte und in die Augen des Älteren sah. Takeo nickte ihr lächelnd zu, bevor er sich seinem Sohn widmete. Seine Miene wurde deutlich kühler. „Möchtest du ... mit nach Hause, um ein bisschen zu reden? Deine Mutter würde sich sehr darüber freuen.“ Er sah wieder munter zu Makoto. „Du darfst natürlich auch mitkommen; du bist bei uns herzlich willkommen.“ Makoto schwirrte der Kopf. Okay, aus Takerus Sicht war sein Vater verständnislos und ließ keine andere Meinung gelten als seine eigene. Er war engstirnig und es musste alles nach seiner Nase laufen. Der den Wunsch hegte, dass sein einziger Sohn seine Firma übernahm und es nicht akzeptieren konnte, dass dieser eben andere Zukunftsvorstellungen hatte. Nämlich Mathe und Physik zu studieren. Der nicht einmal stolz auf ihn war, als sein Sohn als Landesbester den höchsten Schulabschluss ergattert hatte. Doch dieser ältere Mann kam ihr gar nicht so skrupellos vor. Er kam ihr eher vor wie ein liebender Vater, der seine Gefühle jedoch nicht offen zeigen konnte. Der nicht zeigen konnte, wie stolz er eigentlich auf seinen Sohn war. Harte Schale, weicher Kern. Das war ihr erster Eindruck von ihm. Oder war sie da doch zu naiv und gutgläubig? Nach langem Schweigen sagte Takeru dann doch mit einem zaghaften Nicken zu. Sein Vater war sichtlich erleichtert über seine Entscheidung und wirkte plötzlich noch jünger, als er ohnehin schon aussah. „Dann kommt mit.“, er führte sie zu seinem Auto, stieg in den Fahrersitz ein und fuhr los, nachdem das junge Pärchen ebenfalls Platz in der Rücksitzbank genommen und sich angeschnallt hatte. Grübelnd aß Rei gemeinsam mit Yuuichiro und ihrem Großvater zu Abend. Sie saßen auf dem Boden und ließen es sich mit aller Behaglichkeit schmecken. „Was ist los, Rei?“, fragte der Älteste von ihnen seine Enkelin und betrachtete sie argwöhnisch. Ihm war nicht entgangen, dass sie auffallend ruhig war, und da das ganz und gar nicht auf ihre Art zutraf, musste etwas nicht stimmen. Seufzend legte sie ihre Stäbchen bei Seite. „Es geht um diese mysteriöse Frau vorhin. Sie will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen.“, gestand sie ihm dann. Vielleicht kannte ja ihr Großvater solche Leute besser und konnte sie aufklären. Yuuichiro verschluckte sich an seinem Reis und hustete, bis er knallrot wurde. Oder war der Grund für seine Röte doch eher die Vorhersage der schleierhaften Dame vorhin? Immer wieder kamen ihm folgende zwei Worte in den Sinn: Vier Kinder. „Geht es wieder?“, fragte sie ihn mit leichter Besorgnis in der Stimme, und als sein Hustenanfall endgültig vorbei war und es ihm am Hals nicht mehr juckte, nickte er beschwichtigend. „Alles in Ordnung.“, antwortete er noch leicht heiser. Sie widmete sich wieder ihrem Großvater zu. „Großvater, du hast sie doch gesehen, wie sie aus dem Tempel gestürmt ist, oder? Glaubst du, sie war so etwas wie eine kranke Exorzistin? Oder ... Wahrsagerin?“, das letzte Wort sprach sie auffallend hoch aus. „Hm, ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung. Ob sie eine Exorzistin ist oder nur eine verängstigte, schwache Dame, die solche Ehrfurcht vor den Geistern hat ... Du weißt, dass Buddha uns den Weg weist für das Jahr und die Uhrzeit, wo wir auf die Welt gekommen sind. Ob Buddhas Weisheiten etwas mit der Wahrsagerei zu tun hat, die mit Kartenlegen, Handlesen oder sonstigem Hokuspokus praktiziert wird, ist fraglich. Manchmal kann es zufällig zutreffen, manchmal aber auch völlig danebenliegen. Und wie kommst du darauf, dass sie Wahrsagerin sein könnte? Außer, dass sie sich vielleicht wie eine gekleidet hat? Hat sie dir etwas vorhergesagt, was dich beunruhigt?“, fragte der kleine Mann mit hochgezogener Augenbraue. Damit wurde auch Rei knallrot und blickte auf ihre Hände hinab. Vier Kinder. „Äh ... na ja, sie hat irgendetwas davon gefaselt, dass wir eine unglaubliche Aura hätten und von einer ... gemeinsamen Zukunft.“, ihre Stimme wurde immer rauer. Einzelheiten wollte sie nicht herausrücken; es war so schon peinlich genug. Warum hatte sie auch überhaupt mit diesem Thema angefangen? Auch für Yuuichiro war das peinlich, obwohl ihn diese Zukunftsvision eigentlich große Freude bereitete. Sie zu heiraten und so viele Kinder mit ihr zu bekommen - für ihn war das ein Bild der perfekten Harmonie. Auf der anderen Seite konnte man sich auf so etwas auch nicht verlassen ... Der Priester sah abwechselnd zu seiner Enkeltochter und seinem Tempeldiener, und dann fiel der Groschen: „Ah ja, okay. Hm, also ich zumindest wünsche mir schon, dass ihr nicht irgendwann getrennte Wege geht. Wie drei sind so ein eingespieltes Team, und durch eine eventuelle ... Trennung wäre alles kaputt. Ich wünsche mir wirklich sehr, dass es mit euch für immer halten wird und ihr glücklich werdet. Schließlich seid ihr zusammengekommen, also müsst ihr doch auch die Absicht haben, auch für immer zusammen zu bleiben oder nicht?“ Yuuichiro und Rei wurden noch beschämter. Wenn das überhaupt noch möglich war. Aber sie wussten, dass er Recht hatte. Und irgendwie ... freuten sie sich schon darauf, die Zukunftsvision dieser merkwürdigen Frau wahr zu machen; schließlich lag es ja letzten Endes an ihnen, was sie aus ihrer Zukunft machten ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)