Feuer für die Welt von Sitamun (Ein Lächeln für mich) ================================================================================ Kapitel 1: Blutiger Kuss ------------------------ Unser Leben ist schon immer ein blutiges gewesen. Furchtbar versaut mit diesem roten Zeug, das Menschen am Leben erhält. Es ist nicht schön, so viel von diesem ach so wunderbaren Elixier zu vergeuden. So viele Leben kann es retten, so wenige verschönen. Und unseres, welches nie ohne es auskommen soll und muss, wurde durch es so schön und lebenswert. Strahlend in den dunkelsten Farben, weil das Helle nur blendet. Hässlich ist. Denn im Hellen vergeht es nur, glänzt nicht mehr so schön, ist grässlich. Es ist nicht dafür geschaffen, im Licht zu leben. So denken wir und so wollen wir es erleben. All die Jahre lang, die wir länger als Menschen nach dem Elixier verlangen können, bevor es verrinnt. Getrocknet und verkrustet kann es weder das eine noch das andere, weder retten noch erheitern. Nur frisch und warum, so dass man nur mit ein bisschen Phantasie den Pulsschlag noch erahnen kann, ist es so wunderbar, so bezaubernd, dass es uns um Kopf und Verstand bringt. Im Allgemeinen und jetzt ganz besonders. Aber nicht dich. In diesem Moment bin ich es, der wie ein erbärmlicher Level E Vampir um seine Kontrolle ringt. Ich versuche mich zu beherrschen, während du ganz gelassen, die Augen halb geschlossen, doch mit einem Blick wie aus Feuer, gegen eine Wand lehnst. Es ist nicht gut, jetzt die Beherrschung zu verlieren. Die Kamera klickt im Sekundentakt und ich weiß jetzt schon, dass der Fotograf an absolut keinem der Fotos etwas auszusetzen haben wird. Jede Pose, jede Perspektive – perfekt. Doch ich kann mich kaum noch darauf konzentrieren. In diesem Augenblick und genauso wie die ganze Stunde davor zählst nur du. Oder vielleicht auch nicht, weil ich alles versuche, nicht an dich zu denken, während ich dir mit demselben feurigen Blick in die blauen Augen starre. Ich rieche dein Blut, höre dein Herz, bin betört von dem Geruch und berauscht von dem Klang. Es bringt mich um, raubt mir den Verstand. So soll es sein – sagte ich es nicht gerade noch? –, doch nur für die, die ihr Wesen nicht kontrollieren können und nicht zu genießen lernten. Ich kann genießen, weiß jeden einzelnen Tropfen zu schützen, der meinen Gaumen schmeichelt, und doch kratzt jeder Atemzug in meinem Hals. Fürchterlich unangenehm. Ich kann nicht mehr klar denken, aber natürlich ist kein Ende in Sicht. Vielleicht eine Pause, lang oder kurz, das ist nicht bedeutend, aber das ist nicht genug. Bis mein Verlangen nach diesem warmen und feuchten Elixier aus deinen Venen verebbt, muss die ganze Nacht verstreichen in einsamer Kälte, obwohl die Kälte an sich mir nichts macht. Ich friere nicht bei den Temperaturen, die die Natur erschaffen kann. Es ist viel mehr die bittere Kälte der selbst gewählten Einsamkeit, wegen der ich frieren will. Vielleicht schafft sie es, mich erzittern und sie vergessen zu lassen. Hoffen schadet nicht. Damit ich frei bin, darfst du nicht in meiner Nähe sein. Nicht wie in diesem Augenblick, wie in dieser Position, in der ich dir so unerträglich nah bin und unsere Gesichter nur ein minimaler Abstand trennt. Ich kann es unter deiner Haut fließen sehen, kann sehen, wie es unter ihr pulsiert, das Licht auf ihr ein wenig reflektiert wird, glänzend unter dem Make-up und der Creme, die deine schöne und perfekte Haut auch für die schwächsten Menschenaugen sichtbar weich macht. Ein lieblicher Anblick, doch er gehört nicht allein mir, wird nie nur mir gehören, weil wir hier sind, damit die ganze Welt ihn sieht, wenn sie will. Aber das soll mich nicht stören. Oder sollte. Wir sind hier, damit es die Welt nach Lust und Laune sehen kann, nicht, damit die Bilder unter Verschluss der Öffentlichkeit bleiben. Wo wäre da der Sinn? Doch wie laut schreit das unkontrollierte Monster in mir, die Person mit dem süßesten Blut von niemand anderen mit diesem Blick sehen zu lassen. Allerdings … paradoxerweise würde sie mich nie mit Augen wie aus Feuer ansehen, wenn die Fotos nicht wären. Welch bittere Ironie. Es ist nicht genug, das Monster in mir zu beruhigen. Für eine Sekunde schließe ich die Augen und es wird schwarz. Ich sehe deinen heißen Blick nicht mehr, der sich in den meinen bohrte, sehe nicht mehr deine Adern, die sich unter deiner zarten Haut abzeichnen. Höre nur noch das Klicken der Kamera, das nicht aufhört, obwohl ich nicht mehr der abgemachten Pose entspreche. Rieche immer noch deinen bezaubernden Duft. Nein. Nichts zu sehen macht es nicht besser. Nur noch schlimmer. Fast unerträglich. Ich will das, was mein Leben schöner macht, nur noch mehr. Ist es meine persönliche Hölle, dass ich nicht mehr von dir haben kann? Es scheint so fürchterlich ungerecht. „Shiki“, flüsterst du so leise, dass der Fotograf es nicht hören kann, wie kein Mensch eine solche Lautstärke vernehmen kann. Ich spüre die Luft, die du verdrängst, als du deine Hand hebst und auf meine Wange legst. So weich, wie sie aussieht, fühlt sie sich an und deinen Puls so nah an meinem Ohr zu haben, dein Handgelenk, dass deinen Duft so stark verströmt, so nah an meiner Nase, an meinen Lippen, hinter denen sich die pulsierenden Fangzähne verbergen … nein, das ist nicht gut. Die Kamera klickt weiter, hört überhaupt nicht auf, die lobenden Kommentare des Menschen fast von deinem Herzschlag übertönt. „Was ist?“, fragst du und dein Atem streift mein Gesicht, lässt mich noch weiter in der Versuchung versinken. Nur quälend langsam öffne ich meine Augen, blicke dich aber nicht an. Ich weiß, deine Augen brennen jetzt nicht mehr mit jenem Feuer, weil das Feuer nie mir gehört hat und jetzt, da ich aus dem üblichen Arbeitsrahmen heraus gefallen bin, ist es unangebracht. So einen Ausdruck würdest du mir nie schenken. Könnte ich ihn mir verdienen? Im Moment sehe ich etwas anderes in deinen Augen, nicht das Feuer, so heiß wie die Sonne, aber dennoch ist da irgendetwas. Ich vermag es nicht zu erkennen. Was du jetzt willst und bist, ist nicht wichtig, weil ich mein Wesen nicht noch weiter von dir kontrollieren lassen darf. Nicht hier vor diesem Menschen; er wäre an sich kein großes Hindernis, aber es entspräche nicht meinen Prinzipien, ihn zu töten. Dabei wäre sein Blut doch für diesen einen Moment so wichtig. Als Ersatz, als Notlösung, damit ich nicht über dich herfalle, wie mein unkontrollierter Durst es will. Nein, kein Durst. Durst ist hell, Durst ist hässlich. Mich dürstet es nicht nach dir, es giert mich. Mit meinem ganzen Wesen. Dein Blut zu trinken wäre kein Genuss, nur die bloße Befriedigung meiner Gier und das noch nicht einmal langfristig. Wie fürchterlich erbärmlich! Ich beiße mir selbst auf die Zunge; nur kurz darauf schmecke ich bereits mein eigenes Blut. Ich kenne den Geschmack, sehr gut sogar, aber es hilft nichts. Mein Blut zu trinken ist dasselbe wie weiter zu fasten. Es macht keinen Unterschied. Ich spüre, wie du bei dem Geruch minimal zusammen zuckst, die hauchzarte Berührung deiner Hand auf meiner Wange ein wenig fester wird. Natürlich. Blut ist immer wichtig, wenn man ein Leben wie das unsere führt. Wenn jeder Schritt von Blut abhängig ist. Jeder Tropfen Blut jeden Schritt schöner macht. Wenn der ganze Weg, auf dem wir gehen, von Blut gesäumt ist. Es kann nie an Bedeutung verlieren und für uns, die wir uns von Blut ernähren, ist es mehr denn je ein Lebenselixier als für Menschen. Aber welch fürchterliches Schicksal uns doch in Momenten wie diesen ereilt, wenn wir unsere Selbstherrschung nicht mehr aufrechterhalten können. Gebunden an den Blutdurst. Jetzt viel mehr als sonst. Nein. Nicht ganz. Es sollte nicht so sein. Ich sollte frei sein. Nie in einen so schamhaften Moment wie diesen hier geraten. Mein Blut ist fast rein, die Verunreinigung nur minimal – ich dürfte nicht mit meiner Kontrolle kämpfen müssen. Mich zu beherrschen war fast so etwas wie ein Wiegengeschenk. Ich verstehe nicht, warum ich es heute nicht zu schätzen weiß. Das fast reine Blut in Wallung pulsiert so stark durch meine Adern. Ich fühle es in meinem ganzen Körper. Ich blicke auf, direkt in deine Augen, deine eisblauen und genau wie ich es mir dachte, ist das Feuer in ihnen erloschen. Die Flamme brennt nicht mehr. Emotionslos blicken sie mich an und du zeigst keine Regung auf das blutrote Leuchten meiner Augen. Ich sehe meine Spiegelung in deinen Augen – welch leidender Ausdruck. Nur für dich. Nur für dein Blut. Denn egal, wie sehr unser Weg mit warmen, ach so lieblichen Blut verdreckt ist, es ist doch nur deins, das ich haben will, aber nie bekommen werde. Unsere Wegen trennen sich nicht, als die Kamera nicht mehr klickt. Zusammen gehen wir zu unserem momentanen Zuhause zurück, zur Kurosu Acadamy, dorthin, wo all die anderen adeligen Vampire und mein Cousin sind. Wenn da nicht Freude aufkommt … Ein kurzer Seitenblick zu dir. Es sieht so aus, als wärst du ebenfalls so „erfreut“ darüber. Doch vielleicht täuscht auch der Schein. Auf deinem wunderschönen Gesicht sind selten Empfindungen wie Freude oder ähnliches zu sehen. Ich frage mich, wer außer deinen Eltern diesen Anblick noch genießen durfte. Wahrscheinlich, so würde ich sagen, wenn ich raten müsste, ist er genau das Gegenteil von dem während des Shootings: Das Feuer für die Welt, ein Lächeln für niemanden. Wie schade, denke ich mir und seufze. Dabei ist „schade“ nicht mal in der Nähe von ausreichend, um meine Emotionen zu beschreiben. Zu dem angestauten Blutdurst kommt meine Trauer hinzu, dich nur genauso zu kennen wie jeder andere, nichts besonderes an mir, dass dich reizen könnte, mir mehr zu geben. Die erhöhte gemeinsame Zeit wäre vermutlich genau dasselbe, wenn sie überhaupt nicht existierte. Gezwungen durch den Beruf, den wir ausüben. Die animalische Gier nach deinem Blut wird menschlicher, verzweifelter und zu dem schmerzlichen Pochen in meinen Fangzähnen kommt ein Stechen in meiner Brust hinzu. Ein fürchterliches Gefühl. Die Verzweiflung gibt meinem Verstand Klarheit, auch wenn noch immer du ihn vollauf beherrschst. Bis zur Schule sind es noch über zehn Kilometer und das Weitergehen fällt mir schwer. In einer dunklen Gasse bleibe ich stehen, lehne mich mit dem Rücken an die Wand. „Shiki?“ Die Glockenstimme nennt meinen Namen und gibt ihm einen bezaubernden Klang. Sie ist nicht besorgt, wie ich es mir in den tiefsten Bereichen meines Unterbewusstseins vielleicht gewünscht hätte, sondern herausfordernd, genervt. Ich blicke dir wieder nicht in die Augen, doch ich bin mir sicher, dieselben Emotionen auch dort zu finden. Ich will nicht in sie schauen; dich zu riechen und zu hören macht es bereits schlimm genug. Mein Puls pocht viel zu laut in meinen Fangzähnen. „Wenn ich nicht wüsste, dass du erstens von edler Abstammung bist und zweitens gestern Abend erst ein Glas mit Bluttabletten getrunken hast, würde ich glatt behaupten, dass du zum Level E mutierst.“ Deine Stimme klingt so sachlich dabei. Ein leises, gequältes Lachen, aus dem ich meinen Schmerz herauszuhalten versuche, es aber nicht schaffe, ist meine Antwort: „Erbärmlich, nicht?“ „Ziemlich. Ich hatte schon Bedenken, dass du mich überfällst und aussaugst.“ Du sagst nichts weiter für den Moment, sondern blickst mich nur prüfend an – wartest du auf eine Antwort? Ja, ich hatte daran gedacht, und ja, ich hätte es auch getan, wenn ich nicht dich und mein letztes bisschen Stolz hatte retten wollen. Doch ich schweige genauso wie du. „Was ist los mit dir?“, fragst du letztendlich, als dir das Schweigen wohl zu dumm wird und mein Zustand sich nicht zu bessern scheint. Ich könnte es dir sagen. Wärest es nicht du, sondern irgendein anderes Mädchen, wäre ein solches Geständnis nicht von allzu großer Schwierigkeit, doch … wäre es ein anderes Mädchen, würde ich nie in eine solche Situation kommen. Ich blicke dir in die Augen, sehe trotzdem die Venen unter der Haut deines Halses, rieche das Blut, das für unsereins von so großer Bedeutung ist. So besonders. So außergewöhnlich. Ein Trank, der Leben retten und verschönern kann und meines gerade zur Hölle auf Erden macht. Ich antworte dir nicht auf diese Frage. „Hätte es irgendetwas gebracht, wenn du den Fotografen getötet hättest?“ Eine kluge Taktik. „Nein, vermutlich nicht … die Befriedigung wäre nur von kurzer Dauer gewesen.“ Es wäre aber auch dasselbe gewesen, wenn ich in jenem Moment dein Blut getrunken hätte. „Dann ist es nicht einfach Blut, das du willst?“ „Nein.“ Ich will dich. Die Adern in deinem Hals scheinen geradezu zu leuchten, eine hypnotisierende Wirkung. Langsam wandert mein Blick von deinen Augen zu deiner Kehle und die Verzweiflung, dass ich eben das nicht tun kann, was das Raubtier in mir zu tun wünscht, fleht, ja geradezu erbettelt, wächst. Immer mehr komme ich mir vor wie ein jämmerlicher Level E Vampir, der seinen Verstand dem Hunger opferte und es ist vermutlich ein weiteres Stück Folter, dass eben das nicht passieren wird. Meine Gier, unendlich groß, wird meinen Verstand nicht besiegen können. Ich werde immer wissen, wie unwürdig mein Verhalten ist. Es tritt meinen Stolz mit Füßen. „Was willst du dann?“ Ich schließe die Augen erneut, als du näher kommst, halte den Atem an. Diese Taktik wiederum ist alles andere als klug. Vor mir bleibst du stehen. Ich spüre deine Wärme, die die Luft zum Vibrieren bringt. „Mein Blut?“ Ich antworte nicht, fürchte, dass meine Zähne dann allzu schnell deinen Hals durchstechen werden. „So tief kannst du doch nicht gesunken sein“, sagst du und ich höre ein spottendes Lächeln aus deiner Stimme heraus. Schwer vorstellbar, nicht? „Shiki?“ „Ich hoffe es nicht und doch werde ich kontrolliert von dieser niederen Gier, ohne je die Kontrolle zu verlieren. Denn sie zu verlieren hieße, dir fürchterlich weh zu tun …“ „Glaubst du etwa, ich könnte mich nicht gegen dich wehren?“ Erst ist dein Tonfall spottend wie dein Lächeln zuvor, gefolgt von Schweigen, das kein bisschen von dem Spott verliert. Ja, genauso hatte ich es erwartet. Spott und Hohn. Feuer für die Welt und nur Häme für mich. Aber was ist daran schon besser als nichts? Du lachst mich aus. Deine wunderschöne Stimme lacht mich aus, verachtet mein erbärmliches Verhalten und reibt es mir noch unter die Nase, genüsslich langsam; der Drang zu widerstehen schwindet unter meinem Zorn und ist doch nie ganz weg. Immer mit der Schande leben. „Shiki, du Idiot“ – und ich kann immer noch dieses bittersüße Lächeln des Spottes aus deinem Tonfall heraushören –, „es ist nicht mein Blut, das du willst.“ „Mein Körper spricht da eine ganz andere Sprache.“ „Und dein Kopf?`“ Du trittst noch näher an mich heran, sprichst von Kopf und legst deine Hand auf meine Brust, direkt über mein Herz. Es ist nichts ungewöhnliches, ich sollte an solche Berührungen gewöhnt sein; noch beim vorherigen Shooting erst war der Körperkontakt ähnlicher Natur. Beim Shooting, als die ganze Welt es sehen konnte, wenn sie wollte … … schmerzhaft langsam wird mir bewusst, dass wir alleine sind, obwohl ich diese Gasse extra auswählte, eben weil wir alleine sein würden. Niemand ist in der Nähe, niemand, der uns sieht, der uns unterbrechen könnte. Niemand, der ihr Lachen hätte hören können. Es dauert Minuten, bis ich es vollends begreife, in denen wir völlig still stehen. Kein Muskel bewegt sich. Nur der Wind bläst deinen Geruch zu mir herüber, lässt ihn meine Nase umkitzeln. Ich öffne die Augen und sehe direkt in die deinen. Kein Feuer, kein Spott, nichts dergleichen ist in ihnen. Ein verständnisvolles Lächeln auf deinen Lippen, wie ich es noch nie zuvor sah. Ein warmer Glanz in deinen Augen, wie er dort sonst nie zu sehen ist. Deine federleichte Berührung deiner Hand hat keinen bitteren Beigeschmack mehr. Beim Shooting war sie fordernd, besitzergreifend, doch nur für die Kamera, nur für die Welt. Jetzt, da sie nur für mich ist, ist sie zuckersüß, fragend, bevor sie nehmen will. Nur für mich. Das Pulsieren in meinen Fangzähnen nimmt ab, die Gier schwindet, ohne ihren dominanten Bereich zu verlieren. Der Blutdurst kann nur vollends durch das Blut des geliebten Partners gestillt werden. Die Worte meiner Mutter erklingen in meinem Kopf, ihr Echo verhallt mit der niederen Gier. Des geliebten Partners … Das Offensichtlichste hatte ich wohl scheinbar übersehen, nicht einsehen wollen. Überhaupt nicht erst dran gedacht, doch jetzt scheint es so verständlich … Ich sehe dir in die blauen Augen, das übliche Eis in ihnen durch warmes, klares Wasser ersetzt, geschmolzen um mir diesen einen Blick zu schenken. Die Verzweiflung darüber, dass ich nicht haben konnte, was du der ganzen Welt versprachst und so in Massen gabst, hatte den Blutdurst, nein, die Gier ins Unendliche getrieben. Wie eine Art Ventil, um zu handeln wie das Raubtier, das wir eigentlich sind. „Mein Kopf“, beginne ich und lege dabei meine Hand über die deine, verstärke den Druck auf meine Brust, auf das darunter liegende Herz, das seit langem heute erstmals in einem regelmäßigen Takt schlägt, „will nicht einfach nur dein Blut.“ Dein Lächeln schwindet nicht, ebenso wenig wie deine Hand von meiner Brust; du kommst mir sogar noch ein Stückchen näher, lehnst dich an mich und unser Atem streichelt liebevoll das Gesicht des anderen. „Sag, was ist es dann, was du begehrst?“ Deine Worte sind nicht mehr als ein Hauch, in ihnen eine ganz andere Flamme, als die, die ich bisher kenne. Ein Feuer genauso blau wie deine Augen. Heißer als alles andere. Ich verbrenne mich nicht, als ich mich zu dir hinunterbeuge, nur ein klein wenig, und die Luft, die unsere Münder verlässt, verschmilzt direkt vor ihnen. In ihr rieche ich den süßen Duft deines Blutes – hast du dir selbst auf die Zunge gebissen? Willst du mir geben, was ich verlange? Begehre? Ein spielerisches Lächeln auf deinen Lippen ist mir Antwort genug und ebenso wie du versenke ich meine Zähne in meiner Zunge, bis ich heute zum zweiten Mal mein eigenes Blut schmecke, es meinen Mund füllt. Dieses Elixier, das Menschenleben rettet und das Vampirleben, so unendlich länger als das eines Menschen, verschönert und verzaubert und dessen wahre Natur offenbart, die sich hinter der menschlichen Fassade versteckt. Und in diesem Moment, als unsere Lippen sich berühren, dein Blut, vermischt mit dem meinen, meine Kehle hinunterfließt, ist der Zauber vollständig. Was die Welt von dir bekommt, ist nichts im Vergleich mit dem, was du mir jetzt gibst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)