Neve - Schnee von Scarla ================================================================================ Kapitel 1: In Arktika --------------------- Polara zog seinen dicken Umhang noch ein wenig fester um seine Schultern, doch der Wind biss umbarmherzig weiter und auch die Kälte, die sich schon vor Stunden in jeden einzelnen Knochen seines Körpers gegraben hatte, spürte er jetzt noch ebenso sehr, wie zuvor auch. Und er wusste, dass es nicht besser werden würde, zumindest nicht in den nächsten Stunden. Bis zum Schloss König Richards war es noch weit und es ging immer weiter nach Norden. Es würde eher noch kälter werden. Er wusste, es konnte lange dauern, bis er wieder ein anderes Gefühl als Kälte wahrnehmen konnte, selbst wenn er sich jetzt an ein prasselndes Feuer an einen offenen Kamin setzen würde. »Ich habe euch gesagt, das eure Kleidung nicht für diese reise taugt, in diesen Landstrichen braucht man mehr als nur einen Pelz um annähernd warm zu bleiben«, bemerkte der alte Mann, der ihn durch das dichte Schneetreiben führte. »Kümmere dich um deinen eigenen kram«, fauchte Polara mit heiserer Stimme und schoss wütende Blicke in Richtung seines Führers ab. Nicht zuletzt, weil er recht hatte, doch das würde Polara niemals zugeben. Das ging strickt gegen seine Prinzipien. Sein Begleiter zog es vor, darauf nicht zu antworten. Das war auch gut so, denn wenn Polara etwas nicht ausstehen konnte, dann waren es Widerworte. Und er konnte ziemlich unangenehm werden. Eigentlich war er höchstens halb so schwer, wie sein Begleiter, doch wenn sie in einem Duell Mann gegen Mann gegeneinander angetreten würden, wäre es gewiss nicht Polara, der unterliegen würde. Er war gefährlich. Sein schmales, fast schon athletisches äußeres hatte schon oft dazu geführt, das man ihn unterschätzt hatte und allein dieser umstand hatte ihm schon mindestens ebenso oft das Leben gerettet, wie es selbiges seinem Feind gekostet hatte. Er legte gar keinen Wert auf seine solch beeindruckende Statur, wie die des Mannes an seiner Seite, sein jetziges Aussehen brachte ihm schlicht mehr. »Bist du dir sicher, das dies hier der richtige Weg ist?«, wollte der junge Mann wissen. »Natürlich Herr, das ist er. Ich kenne mich in dieser Gegend aus, wie in meiner Westentasche, ihr könnt mir vertrauen«, beeilte er sich zu versichern. Polara nickte und zog den Kopf noch ein wenig tiefer zwischen die Schultern. Eine ganze Weile ritten sie schweigend nebeneinander her, dann fragte Polara: »Wie weit ist es noch?« »Gegen Abend werden wir ankommen«, kam sofort die Antwort. Die falsche, wie sich unschwer an der Miene des jungen Mannes erkennen ließ. »Ich fragte, wie weit es noch ist, nicht wann wir ankommen werden«, knurrte er in solch bedrohlichem Ton, dass sein Führer ihn voller Angst anblickte. »N-noch etwa drei Kilometer«, antwortete er mit zitternder Stimme. Polara nickte und ließ sein Pferd antraben. Für den prachtvollen Hengst war es nur ein langsamer Trab, doch das Tier seines Begleiters hatte dennoch Schwierigkeiten, mitzuhalten. Das lag jedoch weniger an dem Alter des Tieres, als vielmehr daran, das der Rappe schnell wie der Wind war, dabei jedoch auch stark und wendig. Und unheimlich Klug. Der Hengst trug den Namen Taigi, angelehnt an das Nachtschwarze Fell und den schneeweißen Halbmond auf seiner Stirn. Die Leute jedoch, die das Tier in Aktion erlebt hatten, nannten es lieber Dämon, Teufelspferd oder auch Hölleneinhorn. Ebenso wie sie Polara Dämon des Nordens nannten. Natürlich nicht grundlos. Wenn der junge Mann seinen Hengst fertig für einen Kampf gezäumt hatte, dann sah es wahrlich aus, wie ein nachtendes Dämonenpferd, ein Einhorn aus der Hölle, den das Zaumzeug zierte ein armlanges, pechschwarzes, gewundenes Horn und die Augen des Hengstes leuchteten Blutrot. Und wenn sein Reiter einmal begonnen hatte, sein Schwert in einen tödlichen schwarzen Wirbel zu verwandeln, dann vernichtete er seine Feinde mitleid- und erbarmungslos. Plötzlich ließ Polara seinen Hengst anhalten, schaute sich um. Schon nach einem kurzen Augenblick schloss sein Begleiter zu ihm auf, doch er ritt dennoch nicht weiter, sondern Pfiff leise. Schon nach einem Augenblick tauchte auf, worauf er wartete. Nicht viele wussten es, doch Polara besaß noch ein Pferd. Eine Stute, weiß wie Schnee mit dem Namen Shera. Sie war in erster Linie Packpferd und lief frei hinter ihm her, doch bei manchen Gelegenheiten, wenn es galt ein ziel schnell und ausdauernd zu erreichen, dann ritt er sie, nicht Taigi. Der Hengst war deutlich schneller, doch sie war ungleich ausdauernder. Polara ließ das schwarze Tier wieder antraben und schloss schnell zu seinem Führer auf, der vorausgeritten war. Die weiße Stute verschwand wieder im dichten Schneetreiben. Sie ritten nicht lange, da kam das Schloss des Königs von Arktika in Sicht. »Du kannst gehen, Bauer«, meinte Polara zu seinem Führer und wollte seinen Hengst zu einer schnelleren Gangart antreiben, doch der Mann hielt ihn noch einmal zurück. »Was ist mit meinem Lohn, Herr?«, wollte er wissen. Polara wühlte einen Augenblick lang in seiner Tasche, dann warf er dem Mann kommentarlos eine goldene Münze zu und wendete sein Pferd endgültig. »Vielen dank, Herr«, sprach der Mann und sprengte davon, bevor Polara klar werden konnte, das er viel zu viel bezahlt hatte. Dass Polara dies genau wusste, ahnte er nicht, doch es war auch einerlei. Der junge Mann ließ Taigi in einem schnellen Galopp die restliche Strecke zurücklegen, nicht einmal eine viertel Stunde später sprengte er in den Burghof. Dort kamen sogleich zwei Stallburschen herbeigeeilt, um die Pferde in den Stall zu bringen, doch weder der Rapphengst, noch die Schimmelstute hatten dazu in irgendeiner weise lust. Sie blieben stur wie die Esel an ihrem Platz stehen und traten und bissen, sobald einer der beiden zu nahe kam. Polara beobachtete das Schauspiel einen Augenblick, dann ging er seufzend die Treppe hinauf. Er wollte eben die Tür öffnen, da trat Richard selbst, der Herr dieses kalten Landes, heraus. »Polara, werter Freund, wie wunderbar, euch nach so lang er Zeit einmal wieder zu sehen!«, rief er voller echter Freude. Polara trat einen Schritt zurück und nickte. Er sprach niemals viel, das wusste Richard, deswegen sah der König es auch nicht als Respektlosigkeit an. »Was führt euch in diese ungastliche Gegend, vor allem zu dieser Jahreszeit?«, erkundigte sich der König voller Neugierde. »Mein Vater schickt mich, euch das hier zu übergeben, Richard«, erklärte er, trat an Sheras Satteltaschen und zog einen Brief hervor, den er den König gab. Der nahm ihn zwar entgegen, runzelte aber missbilligend die Stirn. »Was tun die Pferde noch im Hof? Es ist kalt und die braven Tiere haben gewiss eine lange Reise hinter sich. Bringt sie ins warme, sie haben es sich verdient«, fand er. Polara lachte leise: »Oh, mein König, das ist nicht ganz so einfach mit den beiden, wie mit anderen Pferden. Erlaubt mir, mich selbst um meine Pferde zu kümmern und lasst Anweisung geben, das niemand ihnen zu nahe kommt.« Der König, sichtlich verwirrt über diese ungewöhnliche Bitte, nickte. »Natürlich, wie ihr wünscht. Ich erwarte euch dann in der Bibliothek.« Polara deutete eine Verbeugung an, lief dann wieder die Treppe hinab, griff die Pferde bei den Zügeln und führte sie in den Stall. Mit geübter Hand befreite er die Tiere von Zaumzeug, Sattel und Taschen und führte sie in zwei leere Boxen am ende des Ganges. Er gab ihnen zu fressen und zu trinken, ehe er wieder ins freue trat. Zielstrebig lief er die Treppe hinauf und betrat das Schloss. Es hatte sich nicht viel verändert, lediglich an den Wänden unterhalb der Galerie, die sich auf halber Höhe durch den ganzen Raum zog, waren zwei Bilder hinzugekommen. Polara schenkte ihnen jedoch keinerlei Beachtung, sondern lief zielstrebig weiter in Richtung Bibliothek. Er hatte einst einige Zeit in diesem Schloss gelebt, sodass er den Weg kannte. Richard saß schon hier an dem gewaltigen Kamin, der einen Großteil der Wand einnahm, mit dem Brief in der Hand und einem Glas wein auf dem niedrigen Tische neben seinem großen Sessel. »Polara, setz dich zu mir und lasst uns ein wenig plaudern«, begrüßte der Mann ihn und deutete einladend auf den zweiten Sessel, der ein gutes Stück näher am Feuer stand. Der König derweil stand auf und trat an einen weiteren Tisch. »Was wollt ihr trinken? Ich nehme an, etwas stärkeres als Wein würde euch gut zusagen?«, fragte er geschäftig, während Polara sich setzte. »Hauptsache, es wärmt gut und nachhaltig. Diese weiße Hölle dort draußen hat selbst meine Knochen einfrieren lassen«, antwortete er und streckte beide Hände in Richtung des Feuers aus. »Oh, das, mein bester, war noch kein wirklicher Sturm. Eher so etwas, wie ein stärkerer Wind und stärkerer Schneefall. Lange noch kein Sturm«, widersprach Richard lachend und kam mit einem kleinen Glas wieder, das mit einer klaren, gelben Flüssigkeit gefüllt war. »Weiß ich durchaus, nicht einmal in Northia würde man dies als Sturm bezeichnen. Ich bin zulange im Süden gewesen, ich bin dieses Wetter nicht mehr gewohnt, und mit meiner Kleidung kam es dennoch einen Sturm nahe«, antwortete Polara mit einem leichten lächeln. »Stimmt, ihr wart wahrlich lange im Süden, doch pünktlich zum Winter seid ihr wieder hier. Ihr hattet immer schon ein Gespür vor Schnee, nicht wahr?«, fragte Richard und setzte sich wieder. »Oh, das ist Zufall. Vater hat mich zurück beordert, um euch diesen Brief zu überbringen«, widersprach Polara und deutete auf das schreiben, das nun unbeachtet neben dem Wein stand. Dann kippte er den Inhalt des Glases in einem Zug hinab. »Oh jaja, der Brief, der Brief. Weißt du, was in diesem Brief steht, mein bester?«, Richard beugte sich Polara zu und lächelte. »Natürlich nicht, ich pflege die private Post meines Vaters nicht zu lesen, wie es andere Dienstboten so gerne tun«, antwortete Polara, stand auf und goss sich noch etwas von der Flüssigkeit in sein Glas. Auch dieses mal kippte er es in einem Zug hinab. »Der ist gut«, kommentierte er, nahm sich jedoch kein drittes glas, sondern griff nun zu dem Wein. Bei dem ließ es sich leichter reden. »Ich weiß, aus dem schönen Weysia importiert. Ein ausgezeichneter Jahrgang. Doch um wieder zum Thema zurückzukommen, willst du nicht lesen, was in diesem Brief steht? Sein Inhalt betrifft dich nämlich über die maßen, mein bester«, meinte der König. »Wenn ihr es wünscht, dann lese ich ihn natürlich, aber meine Neugierde kann ich gerade so noch in grenzen halten«, antwortete Polara und nippte an seinem glas. Der König hielt ihm den Brief kommentarlos hin und er nahm ihn ebenso kommentarlos hin und las. Er brauchte nicht lange dazu, doch dann konnte er sich nicht mehr halten vor lachen. Er lachte laut und schallend, wie selten zuvor und wischte sich zu guter letzt die Lachtränen aus dem Augenwinkel. »Wundervoll, mein Vater hatte immer schon einen erstaunlichen Sinn für Humor«, meinte er, immer noch kichernd. »Oh, ich denke, dass er es durchaus ernst meint«, überlegte Richard nachsichtig lächelnd. »Das kann er gar nicht ernst meinen. Er weiß, wie ich darüber denke, und selbst wenn es anders wäre, wäre sie gewiss nicht die, auf die meine Wahl treffen würde. Nichts gegen euch, Richard, aber es wäre irrsinnig von mir, ausgerechnet sie zu nehmen«, meinte Polara und streckte die Hände wieder in Richtung des Feuers aus. »Und was genau habt ihr gegen sie? Access ist ein hübsches Mädchen und mein Reich ist groß und wohlhabend. Sie wäre eine gute Partie«, antwortete der König. »Ich habe nie das Gegenteil behauptet, aber hier geht es glaube ich weniger um die frage, was ich will, als viel mehr um die, was Access sich gefallen lassen würde. Ich nenne sie ganz gewiss nicht Grundlos Prinzessin Nadelzunge. Und das sie mich als brutalen, rücksichtslosen Meuchelmörder bezeichnet, spricht seine eigene Sprache, nicht wahr?«, fragte er mit nachsichtigem lächeln. »Das habe ich in der tat nicht bedacht. Und dennoch, ich bin von der Idee eures Vaters überaus angetan und ich werde dies auch meiner Tochter wissen lassen«, erklärte Richard. »Ganz wie ihr wünscht, Richard. Es ist eure Gesundheit, die ihr aufs Spiel setzt, und es würde vergebens sein. Selbst wenn ich irgendwann einmal sesshaft zu werden gedenke, dann werde ich auf meinen verstand hören, bei der Wahl meiner Braut, und da ist Access gleich von der möglichen Liste getilgt«, antwortete Polara und nippte abermals an seinem Wein. Richard schaute ihn einen Augenblick lang nachdenklich an, dann zuckte er mit den Schultern. »Ganz wie ihr meint. Die Zeit wird zeigen, ob euer Vater und ich nicht doch noch unseren Wunsch erfüllt bekommen werden.« »Der Hauptgrund, warum Vater Access ausgewählt hat, und nicht beispielsweise Xia, obwohl die eine weit bessere Partie wäre. Ihr werdet nicht so schnell aufgeben, egal, wie aussichtslos es auch aussehen mag. Aber nun gut, ich habe sowieso nicht vor, überhaupt zu Heiraten, dann könnt ihr ruhig auch ein wenig nerven, mir ist es egal«, meinte Polara. »Schade, dass ihr diese Haltung habt, denn so werdet ihr leider der letzte Spross einer wahrlich herausragenden Familie bleiben. Wirklich bedauernswert, eine Familie, die solch bemerkenswerte Männer hervorgebracht hat, sollte nicht einfach so… aussterben. Ich habe euren Vater immer gesagt, er solle noch einmal heiraten, aber nun gut. Die Sturheit hattet ihr immer schon von ihm«, antwortete Richard achselzuckend. »Mag sein«, antwortete Polara schulterzuckend. Ihn begann das Gespräch zu langweilen, also tat er genau das, was er immer tat, wenn ihn etwas langweilte: er warnte seine Aufmerksamkeit etwas interessanterem zu, und das waren in diesem Fall die Bücher Richards. Den wenigsten war bekannt, dass er eine sehr belesene Person war. Neue Werke, die er in die Finger bekam, verschlang er immer binnen weniger Stunden. Das hieß, wenn er zeit dazu hatte. Das war selten geworden. »Nun, ich denke, ihr werdet Hunger haben, und das Küchenpersonal wird mittlerweile das Abendessen vorbereitet haben. Dort kann ich die ganze Geschichte auch gleich mit meiner Tochter besprechen«, meinte Richard, dem dieser umstand keinesfalls entgangen war. Er stand auf und deutete Polara, mit ihm zu kommen. Der nickte, stand ebenfalls auf und folgte dem König. Es ging einmal quer durch das Schloss in den Südflügel, in eine große Halle. Wie erwartet, saß Access schon am Tisch und kaute nachdenklich auf einer Brotscheibe herum. Als ihr Vater und Polara hereinkamen, schaute sie auf. Als sie den Besucher sah, da verfinsterte sich ihre Miene. »Was macht der den hier?«, fauchte sie und sprang auf. »Ich bin nur zu besuch, ich bleibe nicht für lange, keine Sorge«, meinte Polara schnippisch und setzte sich unaufgefordert hin. Auch Richard setzte sich. »Sei höfflich, Access«, bat er und langte über den Tisch nach dem Braten, der auf einer Platte angerichtet ihm am nächsten stand. Die Prinzessin verdrehte genervt die Augen, doch dann setzte sie ein zuckersüßes lächeln auf. »Seid gegrüßt, Polara«, meinte sie, doch der Ton, in dem sie seinen Namen aussprach, kam einer Beleidigung gleich. Polara ignorierte das, er war es von ihr nicht anders gewohnt. »Ach, meine liebe, liebe Access, sei froh, dass ich den Wunsch unserer Väter so abgeneigt bin«, meinte er in resignierendem Tonfall. »Ihr schlagt einen Wunsch eures Vaters aus? Wie kommt es denn dazu? Normalerweise könnt ihr es doch gar nicht abwarten, ihm seine Wünsche zu erfüllen, und den Mustersohn zu spielen«, fauchte sie. »Nun, ich habe aber nicht die Nerven, euch, Prinzessin Nadelzunge, den rest meines Lebens zu ertragen«, antwortete Polara spitz. »Wie meint ihr das?«, fragte sie sogleich alarmiert. »Nun, Polara ist als Bote hier, er hat mir einen Brief gebracht, in dem sein Vater mir den Vorschlag einer Hochzeit zwischen dir und Polara unterbreitet. Ich…«, weiter kam er nicht, den Access war mit einem schrillen »Was?!« aufgesprungen und starrte voller entsetzen von einem zum anderen. »Wie gesagt, Prinzessin, ich habe nicht vor, auf diesen Vorschlag einzugehen, keine Sorge«, meinte Polara und schaute sie abfällig an. »Dann bin ich ja dem Freitod ja noch einmal entkommen, welch ein glück. Ich bin nämlich ziemlich sicher, das ich es nicht allzu lange als euer… Spielzeug aushalten würde«, fauchte sie bissig. »Ihr solltet eure Zunge im Zaum halten, Mylady, sonst komme ich vielleicht ja noch auf die Idee, dem Wunsch meines Vaters doch noch folge zu leisten«, drohte Polara ganz unverhohlen. »Oh, da hab ich aber Angst«, spottete die Prinzessin abfällig, »Vergesst nicht, auch mein Wille zählt auch, und ich habe nicht vor, dich jemals zu ehelichen«, fauchte sie, sprang auf und stürzte aus dem Saal. »Ich sehe euch immer wieder gerne beim Streiten zu, das hat so etwas von einem alten Ehepaar«, seufzte Richard voller wohlbehagen und schaute seiner Tochter nach. »Das war kein Streit, das war ein Kräftemessen. Eines, das ganz eindeutig ich gewonnen habe, immerhin ist sie geflüchtet«, widersprach Polara. Richard zuckt mit den Schultern: »Mir einerlei, was es war, ich schaue euch dennoch gerne dabei zu.« Polara antwortete nicht, sondern stand auf. »Ich bin müde und bitte um Erlaubnis, mich zurückziehen zu dürfen«, bat er förmlich. »Natürlich, immerhin hattest du eine lange Reise hinter dir. Geh und schlaf dich ordentlich aus, mein junge«, nickte der König Er brauchte nicht lange für den Weg, vom Speisesaal aus war es nicht weit. Er öffnete die Tür, trat ein und drehte den Schlüssel im Schloss. Er wollte deine Ruhe haben, doch er kannte Richard weiß Gott gut genug, um zu wissen, dass der ihn unter Garantie noch einmal besuchen würde. Vorzugsweise zu einem Zeitpunkt, an dem er den König so gar nicht gebrauchen konnte. Er lauschte noch einen Augenblick, dann stieß er sich von der Tür ab und ging durch eine weitere Tür in den nächsten Raum. Der war schon deutlich kleiner und beherbergte neben einem großen Bett nur noch eine hölzerne Truhe und einen kleinen Tisch auf dem ein Krug voll Wasser und eine Schüssel standen. Seufzend trat er ans Bett und ließ sich auf die weiche Matratze fallen. »So müde?«, fragte eine Stimme. »Hast du auf mich gewartet, oder bist du auch eben erst gekommen?«, fragte Polara mit geschlossenen Augen. Er wusste, dass es Access war, die in seinem Zimmer stand und langsam zu ihm trat. Es war nicht das erste mal. »Beides. Ich dachte ja erst, dass du mich noch besuchen kommst, aber wie ich ja sehe, hattest du das nicht vor«, erklärte sie und er spürte, wie sie sich neben ihm aufs Bett setzte. »Der ritt war anstrengend und es ist kalt gewesen«, brummte Polara. »Dann hätte ich dir doch ein wenig Entspannung und wärme geben können«, meinte sie und öffnete die Fibel, die seinen Umhang zusammen hielt. »Ja, das hättest du gekonnt, aber der Weg in dein Zimmer ist viel länger, als der, hierher und ich kenne dich. Ich wusste, dass du sowieso früher oder später kommen würdest«, antwortete er gähnend. Access antwortete darauf nicht mehr, stattdessen wechselte sie das Thema und fragte: »Was hast du noch mit meinem Vater besprochen?« »Nichts von belang. Kleinigkeiten, Nichtigkeiten«, antwortete er und ließ es sich gerne gefallen, dass sie seinen Schwertgurt öffnete und damit begann, ihm seine Reisekleidung so weit wie möglich auszuziehen. »Sag mal… Warum bist du eigentlich so arg gegen den Wunsch deines Vaters?«, erkundigte sie sich plötzlich. »Weil ich wirklich nichts von der Ehe halte. Weder mit dir, noch mit sonst jemandem. Sie sperrt ein, macht abhängig, wer mag sich so etwas schon gefallen lassen?«, war die trockene Antwort. Er überlegte einen Moment, dann fügte er hinzu: »Außerdem müssten wir dann Tag für Tag den schein wahren, das wir einander nicht leiden könnten, weil wir nun schon einmal damit begonnen haben und das wäre mir auf die Dauer zu anstrengend.« »Nur um zu vertuschen, dass du mir nicht widerstehen konntest«, meinte Access und Polara brauchte seine Augen nicht zu öffnen, um zu wissen, dass sie selbstzufrieden lächelte. »Ich wollte es mir nun einmal nicht mit deinem Vater verscherzen und es würde ihm gewiss nicht gefallen, zu wissen, das wir die Nächte und die unbeobachteten Augenblicke in aller Regelmäßigkeit für Unsittlichkeiten nutzen. Er wäre gewiss ziemlich sauer, oder siehst du das anders?«, fragte er. »Ja, vermutlich schon. Okay, ich gebe es nicht gerne zu, aber du hast vermutlich recht. Eine Ehe wäre wahrlich nicht die beste Lösung«, Access sah gar nicht glücklich darüber aus. Dann dachte sie einen Moment lang nach und fragte: »Sag mal… bist du wirklich nur des Briefes wegen hier?« »Nein, ich wollte mich auch verabschieden«, antwortete Polara. »Verabschieden? Wieso, wo gehst du hin?«, fragte sie neugierig. »Die südlichen Länder werden angegriffen und du weißt, dass mein Vater mit ihnen ein Bündnis hat«, antwortete er. »Ach so, natürlich, du verlässt mich wieder einmal eines Krieges wegen«, meinte sie bitter und stand auf. »Access, da kann ich nun wirklich nichts für. Das Bündnis ist wichtig für uns und sie haben und nun einmal um Hilfe gebeten. Und ich muss nun einmal das meinige tun, ob ich nun will, oder nicht, das steht nicht zur Debatte«, murrte Polara und öffnete nun doch seine Augen, schaute die Prinzessin müde an. »Und warum schreibt dein Vater dann von Hochzeit?«, fragte sie. »Das weiß ich doch nicht. Vielleicht will er diese Ländereien so schnell wie möglich in seinem Besitz wissen, damit die hiesigen Truppen sein Heer verstärken können. Vielleicht will er auch nur schnellstmöglich einen Erben haben. Oder er hofft darauf, das dein Vater sich durch eine Verlobung dazu genötigt fühlt, uns zu helfen, sollte sich der Krieg in unser Land verlagern, den zwischen und besteht ja bekanntlich kein Bündnis. Ich weiß es nicht, ich wusste auch nicht, was in dem Schreiben stand, bis dein Vater es mich lesen ließ. Ich dachte, es handelt sich um eine Bitte um Beistand oder etwas in der Richtung«, erklärte er. Access Blick durchbohrte ihn schier, als sie versuchte, zu erkennen, ob er die Wahrheit sprach, doch schon nach einem Augenblick kam sie wohl zu dem Schluss, das es so war, denn sie setzte sich wieder neben ihn. »Wie lange wirst du fortbleiben?«, fragte sie. »Das weiß ich jetzt noch nicht. Es kommt darauf an, wie lange der Krieg gehen wird, wie stark der Feind ist, wie viele Bündnisländer zusammen halten. Vermutlich wir der Heeresteil meines Vaters mit am größten sein, die anderen können nicht so viel aufbringen. Ihre Länder grenzen an die betroffenen, sie brauchen einen Großteil ihrer Truppen, um die eigenen Städte zu schützen«, überlegte er. »Wirst du auch an den Kämpfen teilnehmen?«, erkundigte sie sich weiter. »Auch das weiß ich nicht, ich werde dort sein, wo ich am besten helfen kann«, Polara streckte sich, zog die von Access halb ausgezogenen Kleider aus und warf sie achtlos auf den Boden. »Ich will nicht, dass du gehst«, sagte die Prinzessin und legte sich zu ihm. »Wenn ich ehrlich bin, dann will ich auch gar nicht gehen«, meinte er und schloss wieder die Augen. »Bist du müde? Soll ich gehen, damit zu schlafen kannst?«, fragte sie. »Nein, du kannst ruhig bleiben«, meinte er. Access nickte, stand aber trotzdem auf und entledigte sich ihres Kleides, das ebenso achtlos auf dem Boden landete, wie zuvor Polaras Kleidung. Splitterfasernackt kroch sie unter die Decke und legte sich zu ihm. Doch Polara war müde. Statt wie sonst auf ihr verlockendes Angebot einzugehen, gähnte er, zog ebenfalls die restlichen Kleider aus, und legte sich zum schlafen nieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)