Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 102: Trennung auf Zeit ------------------------------ Mira und Faith saßen auf ihren Betten im Pokémoncenter, schlürften eine Nudelsuppe aus dem Automaten und schwiegen sich die meiste Zeit über an. Es war so viel geschehen in der letzten Zeit und nun besaß Faith alle acht Orden aus Finera, sodass sie sich keine Sorgen mehr um den Beginn der Finera-Liga machen musste. Sie würde sich Ende des Monats nur noch anmelden müssen, denn ihre prall gefüllte Ordenbox war ihre Eintrittskarte in das Turnier. Allerdings vermissten die beiden Mädchen die entspannte, fröhliche Atmosphäre, die sonst immer geherrscht hatte. Itsuki und Evan waren noch in Bad Puvicia, Trixi und Joel hingen zu Hause in ihrer Villa in Honey Island fest, weil ihr Vater Joel das Reisen als Pokémontrainer verbieten wollte. Mira hatte genau wie Faith schon ihre Qualifikation für ihr Ziel – das Große Festival – erreicht. Im Grunde genommen mussten die beiden Mädchen nur noch Zeit absitzen und hatten hier in Niburg nichts mehr zu tun. Als Mira ihren leeren Plastikteller auf den Nachttisch stellte, seufzte sie und ihr Blick glitt nach draußen, wo dicke Schneeflocken lautlos auf den Boden fielen. „Ich vermisse die anderen und ich vermisse meine Familie. Es ist der erste Dezember und ich muss die ganze Zeit an den Adventskalender denken, den ich sonst immer hatte.“ Schweigend schaute Faith sie an, dann stand sie auf, stellte ebenfalls ihren Teller weg und räusperte sich. „Es ist gut, dass Damian Draco endlich hinter Gittern ist.“ Gestern hatte Officer Rocky ihn nach einem langen Verhör in Untersuchungshaft gesteckt und ihm seine drei Pokémon abgenommen. „Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir hier nichts mehr zu tun.“ „Ich möchte nach Hause“, meine Mira schließlich und biss sich auf die Unterlippe. „Faith, ich meine nicht, dass ich unbedingt von dir weg möchte, es ist nur…“ „Schon gut.“ Lächelnd nahm sie neben ihrer Freundin Platz. „Es geht mir doch auch nicht anders. Meine Eltern wollen mich wiedersehen und in nicht einmal ganz vier Wochen würden wir uns hier mit allen anderen treffen.“ „Dann ist es beschlossene Sache.“ Ein glücklicher Ausdruck huschte über Miras Gesicht, als sie die beiden leeren Plastikteller in den Mülleimer warf. „Lass uns nicht noch länger hier herumsitzen.“ Nickend packte Faith ihren Rucksack, was erstaunlich schnell ging, da sie ihn nicht einmal richtig ausgepackt hatte. Gerade einmal eine halbe Stunde später hatten die beiden Mädchen aus dem Pokémoncenter ausgecheckt und sich am Busbahnhof Busfahrkarten gekauft. Um sich einen unnötigen Reiseweg zu ersparen und heute Abend noch bei ihren Familien zu sein, nahmen beide eine Fahrkarte für den Expressbus, mussten sich jedoch an Ort und Stelle voneinander verabschieden, da sie in verschiedene Richtungen fuhren. Faith umarmte Mira und schaute zu ihrem Bus, der bereits auf sie wartete. Mira hatte weniger Glück und musste noch eine Stunde auf ihren Bus warten. „Ich schicke dir zu Weihnachten eine Karte aus Litusiaville, versprochen.“ „Grüß deine Eltern von mir und trainier fleißig für die Liga“, mahnte Mira sie, machte sich im Grunde genommen aber keine Sorgen um Faiths Trainingsbereitschaft. „Wir sehen uns in vier Wochen wieder.“ „Genau, es sind nur vier Wochen. Bis dann, Mira.“ „Bis dann.“ Nachdem Faith eingestiegen war, suchte sie sich einen Platz, von dem aus sie Mira zuwinkten konnte. Als Mira außer Sichtweite war, ließ Faith die Hand sinken, kuschelte sich in ihren Sitz und verspürte ungebremste Vorfreude auf das Wiedersehen mit ihren Eltern, auch wenn sie sie vor noch nicht allzu langer Zeit noch um sich gehabt hatte. „Oh mein Gott, Faith!“ Ihre Mutter schlang ihr die Arme um die Schultern und zog sie so ins Haus. „Das ist aber eine Überraschung, Schatz. Was machst du denn schon hier?“ Grinsend befreite die Tochter sich aus den Fängen ihrer Mutter und gab ihr einen kurzen Überblick über die Ereignisse der letzten Tage. Ihre Mutter hörte ihr aufmerksam zu, nickte hier und dort oder machte ein überraschtes Gesicht. Als Faith geendet hatte, umarmte ihre Mutter sie erneut und machte gemeinsam mit ihrer Tochter das Abendessen fertig. Sie plauderten über dies und das, Gott und die Welt, bis Faiths Vater von der Arbeit im Restaurant nach Hause kam und sich von Faith ebenfalls die Geschehnisse der letzten Tage erzählen ließ. Als Faith nach dem Abendessen in ihr Zimmer ging, bemerkte sie den selbstgemachten Adventskalender, den ihre Mutter dort in der Zwischenzeit aufgehängt haben musste. Faith gähnte zufrieden, öffnete das erste der kleinen, roten Säckchen und entnahm eine Pokémonfigur aus Schokolade. Unglaublich, wie sehr sie ihr Zuhause vermisst hatte, gerade jetzt zur Weihnachtszeit. Den anderen würde es bestimmt genau so gehen. Die Tage vergingen schnell, Faith verbrachte viel Zeit mit ihren Eltern, kellnerte ein wenig im Restaurant und half mit, wann immer ihre Hilfe benötigt wurde. Auch trainierte sie jeden Tag mit ihren sechs Pokémon und erkundigte sich regelmäßig bei Professor Eich nach Glumandas Befinden. Zwei Tage vor Heiligabend schlossen ihre Eltern das Restaurant bis Silvester, an Silvester selbst würden sie mit den vielen Gästen alle Hände voll zu tun haben. Faith saß an ihrem Schreibtisch und hatte bereits einige Weihnachtskarten an ihre Freunde fertig geschrieben. Im Moment dachte sie sich ein paar individuelle Zeilen für Mira aus, beklebte die Karte nach ihrer Unterschrift mit einem glitzernden Psiana-Sticker und steckte die Karte in einen nach Zimt duftenden Briefumschlag. Jetzt fehlte nur noch die Karte an Joel, mit der sie sich besonders schwer getan hatte. Schon vier Mal hatte sie angefangen, die Sätze verworfen, die Karte weggeschmissen und eine neue angefangen. Da sie jetzt nur noch eine Karte in Reserve hatte, strengte sie sich an und begann wieder einmal von neuem. Lieber Joel, zu Weihnachten wünsche ich dir alles Gute, Gesundheit und natürlich einigen riesigen Berg voller Geschenke. Ich bin mir sicher, dass du die Weihnachtszeit genießt und dich von Gwen mit Unmengen von leckeren Keksen und anderen Köstlichkeiten verwöhnen lässt. Ich freue mich auf unser Wiedersehen nächste Woche, ohne dich ist es irgendwie langweilig. In Liebe, Faith Kritisch beäugte sie die Karte, besonders ihre Endung „In Liebe“ kam ihr auf den zweiten Blick überzogen vor. Doch da sie nun keine andere Karte mehr hatte, zuckte sie einfach mit den Schultern und steckte auch diese Karte in einen Zimtumschlag. Nun fehlten nur noch überall die Briefmarken, die sie gleich an der Post aus dem Automaten ziehen würde. Mit schnellen Schritten eilte Faith zur Post, zog sich die Briefmarken und klebte sie auf die Briefumschläge. Einen Moment schaute sie die Briefe noch an, dann warf sie sie in den Briefkasten und fühlte sich rundum zufrieden. Auf dem Nachhauseweg sah sie eine Sternschnuppe am Himmel, schloss mit klopfendem Herzen die Augen und wünschte sich das, was ihr spontan in den Sinn kam. Liebe Sternschnuppe, mach, dass es Joel gut geht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)