Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 89: Das Band von Litusiaville ------------------------------------- Am Morgen des Wettbewerbstags schlug Faith mit gemischten Gefühlen die Augen auf. Neben ihrem Bett hatte sich Unratütox zu einer Kugel zusammengerollt und gähnte, als seine Trainerin aufstand. Wie jeden Morgen richtete Faith zuerst das Essen für ihre sechs Pokémon an, dann verschwand sie ins Badezimmer und räumte, wenn sie mit Duschen fertig war, die leeren Näpfe der Pokémon wieder weg. Doch als sie nach ihrer Dusche in die Küche zurückkehrte, saß dort bereits Itsuki und gab Frosdedje, Venuflibis, Blitza und Igelavar Futter. „Guten Morgen, Faith.“ Er schaute mit einem dankbaren Lächeln auf und machte ihr Platz am Küchentisch, doch Faith winkte ab. Hier war nicht genug Platz für vier Leute mit Pokémon. Itsuki erkannte dies und warf seinen Pokémon einen flüchtigen Blick zu. „Ich werde sie in ihre Pokébälle zurückziehen, sobald sie aufgegessen haben.“ „Ja, das ist kein Problem, lass dir Zeit.“ Noch immer etwas müde gähnte Faith und zog schon mal ihre Pokémon bis auf Bibor zurück. Es war nicht so, dass sie Itsuki nicht vertraute, aber sie fühlte sich einfach wohler, wenn Bibor noch in ihrer Nähe war. Niemand konnte dafür garantieren, dass Itsuki wirklich nicht mehr auf der Seite von Team Dark stand, auch wenn sie seinen Worten Glauben schenkte, denn immerhin vertraute Bibor ihm und piekte den Hellblonden kameradschaftlich in die Seite. Schweigend bereitete Faith das Frühstück vor und trug zusammen mit Itsuki alles an den großen Esstisch im Wohnzimmer. Es gab Müsli für Evan, Marmeladenbrötchen für Mira und Käse und Wurst für Itsuki und sie. Sie waren gerade fertig, als auch Mira und Evan ins Wohnzimmer kamen und ihren Pokémon Frühstück gaben, Itsuki zog seine aus Platzmangel schnell in die Pokébälle zurück. „Guten Morgen ihr beiden“, flötete Evan gut gelaunt, streckte sich und grinste Mira an. „Gleich nach dem Frühstück geht es zum Wettbewerb, bist du schon nervös?“ „Sehr sogar“, erwiderte Mira seufzend, nahm Platz und schmierte sich ein Brötchen. „Ich hoffe einfach, dass die Performance mit Evoli und der Kampf mit Hunduster gut laufen.“ Mira hatte im Vorfeld mit Rokkaiman trainiert, aber sie kannte das neue Pokémon noch nicht gut genug, als dass sie es in einem so wichtigen Wettbewerb eingesetzt hätte. Sowohl Trixi, Evan als auch Mira besaßen drei Bänder, brauchten aber fünf für das große Festival in Eisbergen. Allerdings würde Evan heute nicht antreten, da er das Band von Litusiaville bereits besaß, so würde es wieder auf die Konkurrenz zwischen Trixi und Mira hinauslaufen. Zufrieden bemerkte Faith, dass der Alltag trotz Itsukis Anwesenheit wieder eingekehrt war. Vielleicht konnten sie ihm noch nicht ganz verzeihen, aber die Pokémon hatten es getan und Faith war clever genug, um sich auf deren Intuition zu verlassen. Nach dem Essen zog sie auch Bibor zurück in den Pokéball. Vor der Wettbewerbshalle hatte sich bereits eine große Menschentraube versammelt, als die vier Jungtrainer ankamen. Möglichst unauffällig sah Faith sich nach Joel um, konnte aber weder ihn noch seine Zwillingsschwester Trixi irgendwo entdecken. Etwas enttäuscht trabte sie hinter den anderen zu den Tribünen und suchte sich einen Platz ziemlich weit vorne. „Ich bin gespannt, ob Mira das Band gewinnen wird.“ „Für ihr Selbstwertgefühl wäre es ganz gut, ihr letzter Sieg liegt schon eine ganze Weile zurück“, antwortete ihr Evan mit gerunzelter Stirn. „Du, sag mal, ist das dort in der Jury nicht Maike?“ „Tatsächlich, das wird Mira freuen.“ Faith wartete, bis Maike sie entdeckte hatte, dann winkte sie der berühmten Koordinatorin zu. „Maike sieht glücklich aus, sie ist hier ganz in ihrem Element. Oh, sieh nur, Drew sitzt auch in der Jury.“ Als Faith die Augen etwas zusammenkniff und genauer hinsah, konnte sie sogar einen Ring an Maikes linker Hand funkeln sehen. Überrascht zog Faith die Augenbrauen hoch, wunderte sich im nächsten Moment jedoch nicht, dass die beiden erfolgreichen Koordinatoren sich verlobt hatten. Auch wenn es zwischen ihnen scheinbar öfter mal krachte, passten sie zusammen und liebten sich sehr, das sah man ihnen an. „Ihr kennt Maike und Drew nicht nur aus dem Fernsehen?“ Irritiert schauten Evan, Itsuki und Faith sich um, dann entdeckten sie zwei bekannte Trainer. Nein, nicht nur bekannt, Faith blieb der Mund offen stehen, als sie ihr großes Idol Ash Ketchum nur eine Reihe über sich sitzen sah. „Oh mein Gott, Sie sind Ash Ketchum!“ Ihr Blick wanderte zu der schwangeren Schönheit neben ihm. „Und Misty!“ „Nicht so laut, bitte“, kicherte Misty und schmiegte sich glücklich an Ashs Seite, wobei sie ihren kugelrunden Bauch streichelte. „Wir sind undercover hier.“ Da Faith außerstande war zu antworten, übernahm Itsuki etwas zögerlich das Reden. „Maike hat uns einmal aus einer misslichen Lage gerettet, wir haben uns danach gut mit ihr unterhalten. Sie hat einer Freundin von uns, die auch am Wettbewerb teilnimmt, sogar etwas Nachhilfe gegeben.“ „Ja das klingt nach Maike“, stimmte Misty zu. Ihre orangen Haare kringelten sich leicht um ihr Gesicht und wippten fröhlich auf und ab, wenn sie den Kopf bewegte. „Ihr seid aber keine Koordinatoren?“ „Ich schon“, sprach Evan und lächelte. „Faith ist Trainerin und sammelt die Orden und Itsuki…“ „Ich habe Orden gesammelt, dann aber gemerkt, dass es nichts für mich ist. Mich interessiert das Reisen an sich, ich brauche keinen Grund dafür.“ Nun war Ash es, der Faith interessiert musterte. „Eine junge Trainerin also. Wirst du in der Liga antreten?“ Faith nickte und noch immer leuchteten ihre Augen, sie konnte den Blick gar nicht von Ash abwenden. „Ich möchte Pokémonchampion werden!“ Lachend blickte Misty ihren Freund an. „Das kommt mir doch bekannt vor, sie ist so ehrgeizig wie du, Ash.“ Auch Ash lachte leise und nickte Faith dann zu. „Ich wünsche dir viel Erfolg. Man muss nur hart genug an sich arbeiten, dann kann man gemeinsam mit seinen Pokémonfreunden jedes Ziel erreichen.“ Faith nickte, nahm den Rat ihres großen Idols wie ein Schwamm in sich auf und konnte sich erst auf den beginnenden Wettbewerb konzentrierten, als Evan sie sanft an der Schulter rumdrehte. Trixi und Mira hatten Startnummern direkt hintereinander gezogen, zuerst war Trixi an der Reihe und führte eine vollkommen perfekte Feuerchoreographie mit ihrem Starter Vulnona auf. Als Mira kurz darauf die Bühne betrat, wirkte sie total verunsichert und warf ihrem Evoli immer wieder vorsichtige Blicke zu. Doch das Normalpokémon rieb kurz seinen Kopf an Miras Knöcheln und machte sich dann auf den Weg zu seiner Performance. Es wurde still in der Halle, Mira atmete tief durch und begann ihre Show. „Evoli, setz Sandwirbel ein!“ Das kleine Normalpokémon wirbelte in einem eleganten Bogen herum, sog den Staub vom Boden in seinem Windschatten nach oben und wartete, bis der Staub sich gleichmäßig um es herum in der Luft verteilt hatte. Dann setzte Evoli auf Miras Befehl hin einen Ruckzuckhieb mitten durch die Staubwolke ein. Auch hier wirbelte der Staub im Windschatten hinterher, bildete kleine Wirbel in der Luft und sank anschließend langsam zu Boden. Mira war zufrieden mit Evolis Darbietung, doch das Publikum klatschte eher verhalten. Hatte es ihnen etwa nicht gefallen? Sofort fühlte Mira sich unwohl, aber sie wurde abgelenkt, als das Publikum plötzlich ein erstauntes „Ah“ und „Oh“ von sich gab. Hatte sie etwas verpasst? Ja, das hatte sie. Denn Mira durfte feststellen, dass Evoli auf einmal mit stolzgeschwellter Brust zu leuchten begann. Das helle Strahlen durchzog die letzten Staubschwaden, während die ersten Zuschauer begeistert von ihren Rängen aufstanden und Beifall klatschten. Evoli entwickelte sich! Mira konnte es kaum fassen, sie wippte auf den Zehenspitzen auf und ab, bis sich Evolis Form in die eines eleganten Psianas geändert hatte. „Psiana! Psi!“ Voller Begeisterung machten die Zuschauer Krach, stampften mit ihren Füßen auf und katapultierten Mira auf diese Weise direkt in die nächste Runde. „Oh mein Gott, du hast dich entwickelt!“ Sie war so gerührt und schloss ihren Starter in die Arme. Psianas Schnurren an ihrer Wange wirkte noch etwas ungewohnt, aber ihr gefiel die Vorstellung, dass Evoli sich aus Zuneigung zu ihr entwickelt hatte und sie in Zukunft mit Psianas Konfusion eine tolle, neue Show entwickeln konnte. Erleichtert stellte Mira fest, dass Trixi bereits an ihrem ersten Gegner im direkten Kampf scheiterte, denn ihr Vulnona war dem Schillok ihres Gegenübers einfach nicht gewachsen gewesen. Ein paar starke Aquaknarren hatten das Feuerpokémon von Trixi Light aus dem Wettbewerb geworfen. Mira selbst kämpfe mit Hunduster. Für das kampflustige Pokémon war ihr erster Gegner, ein Blubella, keine wirkliche Herausforderung. Auch die zweite Runde gegen ein Kirlia konnte Hunduster gewinnen, wenngleich es nun schon ziemlich angeschlagen war. Noch immer war Mira von Evolis Entwicklung so paralysiert, dass sie es nicht richtig realisieren konnte, dass sie bereits im Finale des Wettbewerbs stand. Ihr Gegner war ein älterer Junge mit Lockenkopf und einem Hundemon. Hunduster würde es gegen seine Weiterentwicklung mit Sicherheit nicht leicht haben. Als der Kampf begann, lag Hundemon klar in Führung, denn seine Attacken waren stärker als die von Hunduster, das allerdings mit Kampfgeist und starkem Willen einiges wieder herausholen konnte. Die Zeit lief im Hintergrund immer weiter ab und Hundusters grüner Punktebalken lag hinten, doch Mira vertraute ihrem Raufbold und gab die Anweisung zu einer finalen Attacke. „Glut!“ Es war riskant, aber Hunduster traf mit voller Wucht und konnte einer letzten Attacke von Hundemon ausweichen. Als die Zeit abgelaufen war, lag Hundemons Balken knapp zurück und die Jury kürte Mira zur Gewinnerin des Bands von Litusiaville. Einen so knappen Sieg hatte Mira noch nie errungen, aber sie freute sich ungemein, strahlte bis über beide Ohren und herzte noch hinter der Bühne die ganze Zeit ihre beiden Pokémon. Faith, Evan und Itsuki hatten die ganze Zeit über mit Mira mitgefiebert und freuten sich natürlich ebenfalls sehr über Psiana und Miras Sieg. Als Faith sich umdrehte, um sich von Ash und Misty zu verabschieden, waren die beiden schon gegangen. Etwas enttäuscht war die Jungtrainerin schon, doch sie blies nicht lange Trübsal und gratulierte Mira draußen vor der Halle überschwänglich. Auch Evan gratulierte Mira, nahm sie in den Arm und knuffte sie in die Seite. Itsuki lächelte etwas verlegen, schüttelte Mira die Hand und streichelte dem schnurrenden Psiana über den Kopf. Am Abend saßen alle zusammen in Faiths Wohnzimmer, spielten Monopoly und lachten ausgelassen – Evan und Faith mehr, Itsuki weniger, Mira hielt sich wie so oft dezent zurück. Doch als sie das Spiel beendet hatten und sie zufällig auf Team Dark zu sprechen kamen, kippte die Stimmung schlagartig. Mira nagte an ihrer Unterlippe und senkte den Blick auf Psiana, das zu ihren Füßen döste. „Du warst so viele Wochen von uns getrennt, Itsuki. Hätten wir jemals erfahren, wenn dir etwas zugestoßen wäre?“ Nach kurzem Zögern nickte Itsuki und überraschte damit die anderen. „Ja, das hättet ihr. Ich habe daran gedacht und Anya in alles eingeweiht. Sie hätte euch informiert, wenn mir tatsächlich etwas zugestoßen wäre. Wobei ich euch versichern kann, dass sie von meiner Idee so wenig begeistert war wie ihr.“ Augenblicklich bildete sich bei der Erwähnung von Anyas Namen ein Kloß in Faiths Hals. „Anya… wusste davon? Von allem?“ Nun vermischte sich das flaue Gefühl in ihrem Magen mit Wut und Ärger. „Sie wusste davon? Interessant. Ihr kannst du es also sagen, aber uns, deinen Reisegefährten und Freunden, nicht?“ „Hör mal Faith, das ist nicht so einfach. Anya steckt da weniger mittendrin als ihr, sie ist Team Dark nie selbst begegnet und…“ „Das ist mir egal!“, fauchte sie sofort, sprang auf und scheuchte damit auch ein ziemlich irritiertes Psiana vor sich her. „Immer erzählst du Anya alles und uns nichts!“ Nun blickte Itsuki sie hart an und presste die Lippen aufeinander. „Anya und ich sind sehr gute Freunde, wenn ihr davon gewusst hättet, wäre mein Täuschungsmanöver doch nie aufgegangen. Team Dark musste denken, dass ich wirklich zu ihnen übergelaufen bin.“ „Dann sind wir keine sehr guten Freunde für dich?“ „Doch, natürlich seid ihr das…“ „Davon merke ich nichts, Itsuki Ito!“ Peinlich berührt starrten Mira und Evan auf den Boden. Faith schnaubte aufgebracht. „Der Tag war so schön und nun kommst du mit sowas an? Gibt es noch irgendetwas, was du uns verheimlicht hast, was du uns nicht erzählen willst?“ „Weißt du was? Schön. Faith, wenn du unbedingt sauer sein willst und dich eifersüchtig benehmen möchtest, dann bitte. Ja, es gibt noch etwas, was ich dir nicht erzählt habe, aber weil du meines Erachtens noch nicht soweit bist.“ „Lass das mal meine Sorge sein“, giftete sie und verschränkte die Arme vor dem Körper. „Spuck es schon aus.“ Itsuki schaute sie an, seine eisblauen Augen bohrten sich in ihre. „Caleb und ich trafen uns während meines ersten Arenakampfes, damals kannte ich euch noch nicht. Er gab mir seine Visitenkarte, aber ich wollte mit Team Dark nichts am Hut haben, also warf ich sie achtlos in meinen Rucksack, bis ich sie viel später wiederfand. Ich rief ihn an, ging zu Team Dark und versuchte sie auszuspionieren – doch da war ich zweifelsohne nicht der Einzige. Ich weiß nicht, welche Ziele Caleb Frost verfolgt, aber er ist nicht der, der du denkst. Faith, er ist derjenige, der dich damals aus dem Bunker gerettet hat. Er hat Glumanda und dich gerettet, während ich zu feige war und nur an mich gedacht habe. Ohne ihn würdest du jetzt nicht mehr leben.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)