Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 79: Trautes Heim, Glück allein -------------------------------------- Der Oktober ging vorüber und Faith verbrachte die Wochen alleine ohne ihre Reisebegleiter. Als sie mit Joels Glurak von dem Tempel des Waldwächters fortgeflogen war, war es bereits Anfang Oktober gewesen, aber die folgenden Wochen des Monats brachten ihr nicht Mira, Evan, Joel oder Trixi zurück. Mira hatte ihr eine Karte aus Schloss Dunkelstein mit Genesungswünschen geschickt und darauf vermerkt, dass sie und Evan an dem Wettbewerb dort teilnehmen würden, dann gemächlich weiterreisen wollten und schließlich auch in Kelka um das Band kämpfen wollten. Das bedeutete für Faith, dass auch Trixi diesen Weg ging, dementsprechend ebenfalls Joel. Kurzum verbrachte sie den ganzen restlichen Oktober alleine. Mittlerweile war es Anfang November und Lauri war das Wochenende über bei ihren Eltern zu Besuch. Faith freute sich jedes Mal, wenn sie ihr Kindheitsidol aus der Nachbarschaft wiedersehen konnte, deshalb war sie früh aufgestanden, hatte sich fertig gemacht und lief dann in die Nachbarstraße zum Café Miyahara, das von Lauris Eltern betrieben wurde. Das Café war klein, gemütlich und überall standen Korbstühle um runde Tische, auf denen rosa Tischdecken lagen. Als sie eintrat, klingelte ein kleines Glöckchen über der Tür und Lauri schaute von einem Buch über Pharmazie auf. „Faith, guten Morgen.“ Lächeln klappte Lauri das Buch zu, erhob sich von dem Stuhl und umarmte die Jüngere. „Das ist aber eine Überraschung. Ich wusste gar nicht, dass du momentan hier in Litusiaville bist.“ „Ist eine lange Geschichte.“ Faith erwiderte die Umarmung, dann setzten die beiden Mädchen sich gemeinsam an einen der kleinen Tische. „Vor knapp vier Wochen hatte ich ein paar Schwierigkeiten und dabei ist meine Hand verletzt worden. Seit dem bin ich hier und warte darauf, dass meine Reisebegleiter endlich in der Stadt ankommen. Allmählich ist das Trainieren langweilig, weil ich keinen Gegner habe.“ „Wir könnten doch trainieren“, schlug Lauri sofort hilfsbereit vor, doch Faith winkte grinsend ab. „Damit du mein armes Bibor mit deinem Dragoran fertig machen kannst? Nein, lass mal. Du hast mit deinem Team immerhin schon den damaligen Champ besiegt.“ „Das ist acht Jahre her, Faith! Ich bin eingerostet was das Kämpfen angeht.“ „Danke, aber nein danke“, antwortete Faith ihr und schnitt eine Grimasse. „Erzähl mir lieber etwas von deinem Studium. Wann bist du fertig?“ Seufzend warf Lauri einen Blick auf das Buch. „Leider dauert das noch eine Weile. Pharmazie ist ein langes Studium, außerdem muss ich viel für die guten Noten lernen. Aber ich mag die Arbeit und freue mich schon darauf, nächsten Monat mache ich ein Praktikum bei einem Betrieb in Sinnoh.“ „Wow, das ist echt cool.“ In diesem Moment trat Lauris Mutter aus der Küche, schaute überrascht zu den beiden Mädchen und lachte dann in sich hinein. „Lauri und Faith, die beiden Champions vereint beim Kaffeeklatsch. Soll ich euch eine heiße Schokolade bringen?“ Fragend schaute Lauri zu Faith, die nickte, woraufhin auch Lauri nickte. „Danke, das ist lieb von dir.“ Die beiden Mädchen plauderten weiter über Lauris Studium, tranken anschließend ihre heiße Schokolade und dann musste Faith sich verabschieden, weil Lauri sich später noch mit einer alten Freundin treffen wollte. Gegen Mittag lag Faith auf ihrem Bett und drehte den Seelentau in ihrer Hand. Sie wusste nicht mehr, ob ihre Erinnerungen an damals noch richtig waren, aber sie meinte, dass ihr Latias damals den Seelentau geschenkt hatte. Ihre Eltern behaupteten in einer stoischen Ruhe, dass Faith sich das einbildete und als Kind am Strand eingeschlafen war, doch Faith hatte das Bild der Flut noch vor Augen. An manchen Tagen schimmerte der Seelentau lila, doch heute wirkte er wie ein gewöhnlicher Stein. Seufzend legte sie ihn zurück auf das Regalbrett über ihrem Bett und stand auf. Just in diesem Moment klopfte ihr Vater an und reichte Faith eine Postkarte, auf der sie sofort Miras saubere und enge Handschrift erkennen konnte. „Ich denke, die Karte ist für dich. Wenn du hunger hast, nimm dir etwas Salat aus der Küche, deine Mutter und ich haben gerade alle Hände voll zu tun mit den Gästen.“ „Kein Problem, werde ich machen.“ Sie wartete, bis ihr Vater das Zimmer verlassen hatte, dann las sie sofort Miras Karte. Liebe Faith, ich weiß, dass ich mich schon seit Wochen nicht mehr gemeldet habe, das tut mir total leid. Evan und ich waren mit den Vorbereitungen für die beiden Wettbewerbe so beschäftigt, dass wir jeden Abend hundemüde ins Bett gefallen sind. Leider konnte keiner von uns in Schloss Dunkelstein den Sieg holen, Trixi ist dort sogar schon in der Vorrunde ausgeschieden. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen, für sie muss eine Welt zusammengebrochen sein. Joel hat sie damit tagelang aufgezogen, bis sie ihn im Thermalbad fast eine halbe Minute unter Wasser gedrückt hat. Danach war er zahm wie ein Kätzchen. Jedenfalls sind wir momentan alle vier in Kelka. Evan hat das Band ja schon, deshalb werden nur Trixi und ich antreten. Wenn du die Karte bekommst, ist der Wettbewerb schon vorbei, wir wollten alle vier auf direktem Weg zu dir kommen. Irgendwann am Samstag werden wir ankommen. Liebste Grüße, deine Mira Faith verarbeitete die Informationen, dann sog sie die Luft ein und sprang freudestrahlend auf. Samstag! Das war schon heute! Die Jungtrainerin freute sich ungemein, dass Mira und Evan noch heute bei ihr eintreffen würden. Mit ihren Eltern war bereits abgeklärt, dass die beiden ebenfalls hier in Faiths Haus wohnen würden – Mira bekam das Sofa in Faiths Zimmer und Evan konnte im Gästezimmer schlafen. Doch auch über Joel freute Faith sich irgendwie. Im Nachhinein tat es ihr leid, wie sich die Dinge zwischen ihnen entwickelt hatten. Sie hätten nicht auf so eine seltsame Weise auseinandergehen dürfen. Joel hatte sich ernsthafte Sorgen um sie gemacht und dann war von einem Moment auf den anderen die Stimmung so sehr gekippt. Faith hatte nicht gewusst, was sie fühlte, sie war damit überfordert. Und Joel ließ alles an Arroganz heraushängen, was er zu bieten hatte. Waren sie im Endeffekt schlichtweg Rivalen, woran sich nie etwas ändern würde? Pünktlich zur Kaffeezeit konnte Faith Mira und Evan auf der Straße entdecken. Die Jungtrainerin hüpfte in Hausschuhen nach draußen auf die nasse Straße – kurz zuvor hatte es noch geregnet – und umarmte Mira stürmisch. „Mira, ich bin so froh, dass du endlich hier bist!“ „Faith, du erdrückst mich!“ Mira errötete leicht, drückte Faith ebenfalls und atmete tief durch, als ihre beste Freundin sie endlich wieder losgelassen hatte. „Du siehst gut aus.“ „Erholt“, fügte Evan grinsend hinzu. „Können wir reingehen? Ich will nicht drängen, aber ich muss ganz dringend mal auf die Toilette. Mira hat uns von Kelka hier her kein Pause gegönnt.“ „Und dann haben wir uns noch in Litusiaville verlaufen. Wir sind schon seit zwei Stunden hier und mindestens fünfmal durch diese Straße gelaufen, aber irgendwie waren wir beide blind für dein Haus.“ „Die Hauptsache ist doch, dass ihr jetzt hier seid“, entgegnete Faith lächelnd und brachte ihre beiden Reisebegleiter ins Wohnzimmer, wo bereits am Couchtisch für drei Personen Kuchen und Tee eingedeckt war. „Ihr müsst unbedingt von allem etwas probieren. Ich habe den Kuchen und die Eclairs im Café einer guten Freundin gekauft, das sind die besten Eclairs auf der ganzen Welt.“ „Um Himmels Willen, Faith, wer soll das alles essen? Das sind ja mindestens fünf verschiedene Sorten an Kuchen!“ „Sechs, um genau zu sein, alles, was heute im Angebot war. Mein Zimmer, das zweite Badezimmer und das Gästezimmer sind im Obergeschoss. Einfach die Treppe rauf und dann steht ‚WC‘ an der Tür. Gegenüber ist das Gästezimmer, in dem kannst du deine Sachen schon ablegen, Evan.“ Der Junge nickte, huschte die Treppe hinauf und ließ die beiden Mädchen alleine. Wenige Minuten später kehrte Evan wieder zurück und setzte sich zu Faith und Mira an den Couchtisch, wo bereits auf jedem Teller ein Eclair lag. „Wenn wir das aufgegessen haben, brauchen wir kein Abendessen mehr.“ „Meine Eltern haben heute alle Hände voll im Restaurant nebenan zu tun, aber es gibt heute Abend für uns Lachsauflauf. Gut, ich gestehe, dass ich mit dem Kuchen vielleicht etwas übertrieben habe. Ich freue mich einfach so wahnsinnig, dass ihr wieder hier seid. Der ganze letzte Monat war so chaotisch. Da fällt mir ein, dass ich vermutlich meinen Rucksack bei Joel im Pokémoncenter abholen kann.“ Grinsend tauschten Mira und Evan einen Blick, dann meldete sich Mira zu Wort. „Er hat uns alles erzählt und im ersten Moment waren wir beide unendlich besorgt um dich, doch Joel konnte uns beruhigen. Dass er dann deinen ganzen Rucksack mit sich herumtragen kann, fand er nicht so toll. Trixi und er haben den Bus von Kelka nach Litusiaville genommen, wir haben ihn leider knapp verpasst, sonst wären wir schon zum Mittagessen hier gewesen.“ Genüsslich biss Faith ein Stück von ihrem Eclair ab, während sie ihrer Freundin lauschte. „Apropos Kelka, wie ist der Wettbewerb gelaufen? Hast du ein Band gewinnen können?“ Ein enttäuschter Ausdruck huschte über Miras Gesicht. Die junge Koordinatorin schüttelte seufzend den Kopf. „Leider nicht, das war eine totale Pleite. Trixi hat gewonnen, ich bin schon in der Vorrunde rausgeflogen. Ihr Vulnona hat eine fantastische Performance hingelegt, da kamen Evoli und ich nicht gegen an. Aber genug von mir, erzähl mal, was du in den letzten Wochen alles gemacht hast.“ In Ruhe begann Faith die Erlebnisse des vergangenen Monats zu schildern. Sie hatte viel trainiert und vorige Woche schließlich gegen den Arenaleiter von Litusiaville gekämpft. Lennart war ein starker Gegner und beim ersten Kampf hatte Faith gegen seine Pokémon verloren, doch bei der Revanche konnten Bibor und Voltilamm souverän den Sieg holen, wobei Faiths Pokémon sogar noch neue Attacken gelernt hatten. Neben dem Orden hatte Lennart ihr sogar einen Netzball geschenkt, der besonders gut für Wasser- und Käferpokémon geeignet war. „Du hast den Orden? Faith, das darfst du doch nicht so nebenbei erwähnen! Los, zeig her!“ Gespannt rutschte Mira auf dem Sofa umher und machte große Augen, als Faith die Ordenbox aus Metall holte und öffnete. „Tatsächlich. Das ist fantastisch!“ „Danke, ich bin auch sehr froh darüber. Wenigstens konnte ich meine Zeit hier halbwegs sinnvoll nutzen.“ „Ich meine das ernst, sag sowas doch nicht mal eben nebenbei.“ Ein wenig empört war Mira darüber schon, aber sie konnte ihrer Freundin verzeihen, denn so war Faith einfach. Entweder sie erzählte Dinge frei heraus oder sie machte sich keine große Gedanken darum, wie sie sie erzählte. Um die Situation wieder etwas aufzulockern, schlug Evan einen Ausflug ans Meer vor. „Natürlich nicht mehr heute, jetzt ist es ja schon dunkel. Aber wie wäre es mit morgen Vormittag? Wenn du einen Netzball geschenkt bekommen hast, könntest du nach einem Wasserpokémon Ausschau halten, so eins fehlt dir doch noch in deinem Team.“ „Das wäre toll, dann können Evoli, Hunduster und Sheinux am Strand spazieren gehen. Ich habe gehört, dass Litusiaville ein riesiges Spaßbad haben soll, dahin möchte ich auch gehen.“ „Dann schlage ich noch das Marinemuseum vor, das dort ausgestellte Amoroso-Skelett muss richtig interessant sein.“ Faith schaute zwischen Mira und Evan hin und her, bis sie seufzend mit den Schultern zuckte und den letzten Bissen ihres Eclairs verschlang. „Na schön, wir machen alles, was ihr wollt. Aber jetzt erzählt mir mehr von dem, was ihr in den letzten Wochen gemacht habt.“ Und so verbrachten die drei Jungtrainer wieder vereint den Rest des Tages mit dem Erzählen ihrer erlebten Abenteuer, bis sie müde ins Bett fielen und sich auf den kommenden Tag freuten, der sicherlich einige Überraschungen bereithalten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)