Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 28: Abschied für immer? ------------------------------- Faith hatte die drei Stunden bis zum Kampf gut hinter sich gebracht. Eigentlich war die Zeit sogar sehr schnell vorangeschritten, denn sie saß auf der Terrasse des Pokémoncenters, in der einen Hand einen köstlichen Eisbecher mit Vanilleeis, frischen Erdbeeren und Sahne und in der anderen Hand ein Buch über Trainingsmethoden, das sie sich von Schwester Joy geliehen hatte. Mira und Kohana waren, so hatte Schwester Joy gesagt, gemeinsam ein wenig spazieren gegangen, Faith hatte sie gerade verpasst, dachte aber auch nicht weiter darüber nach. Itsuki saß ebenfalls auf der Terrasse, im Gegensatz zu Faith zog er jedoch einen schattigen Platz unter dem großen Sonnenschirm vor. Neben ihm stand auf einem weißen Gartentisch ein Banana-Split-Eisbecher mit viel Schokosoße. Hätte er Faith nicht auf den Termin aufmerksam gemacht, wäre sie wohl glatt zu ihrem eigenen Arenakampf zu spät gekommen. Nun stand Faith jedoch kampfbereit auf dem Kopfsteinpflaster, ihr Starter Bibor schwebte vor ihr in der Luft und fixierte Anjas erstes Pokémon, ein Fukano. „Bist du bereit?“ Anja hatte ihre langen, roten Haare zu einem Zopf gebunden, aus dem nicht ein einziges Haar herausstach. Faith nickte ihr zu und spürte, wie ihr Herz durch das Adrenalin schneller zu schlagen begann. „Bibor, bist du startklar?“ Als ihr Starter mit einem Kopfnicken antwortete, begann Anja zu lächeln. „Dann lass uns beginnen. Fukano, Glut!“ „Bibor, ausweichen und dann Giftstachel!“ Die beiden Pokémon setzten sich blitzschnell in Bewegung. Fukano sauste nur so über den Boden auf Bibor zu und sprang vor dem Käferpokémon, das gegen Feuerattacken im Nachteil war, in die Luft. „Fuka!“ Es öffnete sein Maul und spuckte eine Salve Glut auf Bibor, doch Faiths Starter war geschickt und wendig, solange es sich in der Luft befand. Mit einer Schraube nach rechts wich Bibor aus und schoss gleichzeitig Giftstachel aus seinem linken Speer. Fukano wurde noch im Flug getroffen und war vergiftet, als es auf dem Boden aufkam. „Fukano, bleib am Boden, da bist du im Vorteil!“ Anja schaute etwas zerknirscht drein, war jedoch hochkonzentriert und ging im Kopf einige Strategien durch. „Denk daran, du bist im Vorteil gegen Bibor! Nochmal Glut!“ Dieses Mal hatte Bibor nicht so viel Glück, es wurde frontal an der Brust von den Glutkugeln getroffen und strauchelte etwas in der Luft. „Bibor“, zischte es dennoch kampflustig und in seinen Augen blitzte Zuversicht auf. Es würde sicherlich nicht aufgeben, solange es noch nicht Anjas Arkani gegenüber gestanden hatte. Faith wusste, dass ihr Starter sich verausgaben würde, doch ihr war auch klar, dass Bibor auf schnelle Treffe angewiesen war. Je länger der Kampf dauerte, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass Fukano kritische Treffer landen konnte. Sie knirschte mit den Zähnen und analysierte Fukanos Bewegungen. Als ich auffiel, dass Fukano noch ein junges Pokémon war, kam ihr eine Idee. „Bibor, Fukano ist kein guter Kämpfer, dafür ist es noch zu jung!“ Anja blickte überrascht zu Faith und ein Glitzern legte sich in ihre Augen. „Du bist gar nicht so schlecht, wie ich dich eingeschätzt habe.“ Sie kicherte leise. „Fukano, nochmal Glut!“ „Bibor, geh aufs Ganze! Halt drauf! Setz Duonadel ein!“ Fukano flitzte erneut über das Kopfsteinpflaster auf Bibor zu, doch Bibor flog ihm bereits mit voller Wucht entgegen und rammte dem Feuerpokémon beide Speere in die Seiten, noch bevor Fukano zum Angriff kam. Anjas Pokémon jaulte auf, blieb jedoch auf dem Boden liegen und war besiegt. „Fukano, komm zurück. Jetzt wird es nicht mehr so einfach für dich sein, Faith. Ich weiß jetzt, dass ich dich nicht länger unterschätzen werde.“ Anja grinste und entließ ein zweites Fukano auf das Kampffeld. „Fukano, Flammenblitz!“ Ihr zweites Fukano bellte und im nächsten Moment war sein Körper von Flammen umgeben. Mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit sprang es auf Bibor zu und rammte es zu Boden, wurde jedoch auch vom Rückstoß erwischt. Bibor hatte keine Chance, die Attacke war zu stark und es zuckte noch einige Male mit den Flügeln, konnte sich jedoch nicht mehr aufraffen. Faith verengte für einen Moment die Augen, dann holte sie ihr Bibor in den Pokéball zurück. Es stand 1 zu 1, noch war nichts entschieden. „Taubsi, ich verlasse mich jetzt auf dich!“ Ihr Taubsi befreite sich aus seinem Pokéball, gurrte freundlich und drehte eine Runde über dem Kampffeld. Mit geschlossenen Augen genoss es die warme Sommersonne auf seinem Gefieder und schien keine Anstalten zu machen sich seinem Gegner zuzuwenden. „Taubsi!“ Faith fuhr sich durch die Haare und warf ihrem Pokémon einen ärgerlichen Blick zu. „Da unten ist dein Gegner, jetzt mach schon!“ „Tau tau tau“, gurrte Taubsi und bewegte dabei den Kopf hin und her, als würde es Faith nachäffen. Dennoch schlug es nun mit den Flügeln und positionierte sich schräg über Fukano, auf einen Befehl von Faith wartend. „Fukano, Glut-Attacke! Hol das Federvieh vom Himmel!“ „Taubsi, Sandwirbel!“ Fukano schoss augenblicklich die Glut ab, es konnte viel schneller reagieren als sein Vorgänger, doch Taubsi ignorierte den Treffer einfach und schlug heftig mit den Flügeln, sodass der Sand und kleine Erdkrümel aufgewirbelt und gegen Fukano geschleudert wurden. Das Hundepokémon winselte leise und trat ein paar Schritte zurück, als der Sand in seine Augen flog und es nicht mehr so genau sehen konnte. „Sehr schön, Taubsi!“ Sie hatte doch gewusst, dass sie sich auf ihr Taubsi verlassen konnte. „Und jetzt…“ Sie konnte den Satz gar nicht zu Ende sprechen, dann Taubsi stürzte sich bereits schnell auf Fukano, es hatte die Attacke Ruckzuckhieb gelernt. Taubsi erwischte Fukano an der Flanke, das Feuerpokémon konterte jedoch augenblicklich mit Biss und konnte einen Volltreffer bei Taubsi landen. Faiths Vogelpokémon gab einen erstickten Pieplaut von sich, als sich Fukanos Kiefer um den zierlichen Körper schlossen. „Nein, Taubsi!“ „Sehr gut, Fukano. Gib ihm jetzt mit einem zweiten Biss den Rest!“ „Taubsi, befrei dich mit Ruckzuckhieb!“ Faiths Herz machte vor Schreck einen Sprung. Es war sehr knapp, haarscharf konnte Taubsi einen Ruckzuckhieb starten und einem zweiten Biss entkommen. Dennoch war Taubsi schon recht geschwächt, einen weiteren Treffer würde es kaum mehr aushalten können. Faith atmete erleichtert auf und berührte mit der Hand ihre Stirn, während sie ihr Taubsi musterte. „Setz Windstoß ein!“ Taubsi besaß nicht Bibors Kampfgeist, aber aufgeben wollte es trotzdem nicht, weshalb es mit den Flügeln zu schlagen begann und die Luft in Bewegung setzt. Fukano wurde von dem Windstoß erwischt und zu Boden geschleudert, doch die starken Hundebeine konnten den Sturz noch abfangen um schlimmeren Schaden zu vermeiden. Dann setzte Fukano Glut ein und schoss Taubsi regelrecht vom Himmel ab, der Vogel stürzte mit Verbrennungen zu Boden und Faith zog es noch im Sturz in den Pokéball zurück. Sie überlegte. Als Jungtrainerin besaß sie noch nicht die Erfahrung, die sie gerade gebrauchen könnte, aber sie besaß ja noch ihr drittes Pokémon. Zudem stand Anjas Fukano auch nur noch wackelig auf den Beinen, sie musste sich also mehr Sorgen um das Arkani machen, was noch kommen würde. Faith atmete tief durch, dann entließ sie Voltilamm, ihr neustes Teammitglied, auf das Feld. „Voltilamm, schnell einen Donnerschock!“ Das blaue Schaf mit der gelben Wolle mähte und schüttelte sich, dann zuckten jedoch schon die Elektrokräfte des Elektropokémons durch die Luft und Fukano sank gegrillt in sich zusammen. „Zwei zu zwei“, meinte Anja missmutig und verengte den Blick. Sie zog Fukano zurück und entließ, wie erwartet, ihr Arkani, Fukanos Weiterentwicklung. „Jetzt sehen wir, wer die besseren Karten hat.“ Sie schnaubte verächtlich und Arkani stellte bereits knurrend sein Fell auf. Was Voltilamm dann tat, verblüffte jedoch sowohl Anja als auch Faith. Das Elektroschaf trottete in aller Seelenruhe zu einem Fleckchen Gras und begann genüsslich zu weiden. „Voltilamm…?“ Faith konnte nicht glauben, was sie sah, doch Anja nutzte die Gunst der Stunde und ließ ihr Arkani mit der Attacke Flammenrad angreifen. Voltilamm wurde von der Wucht des Angriffs umgehauen, es blökte erbost und blickte zwischen dem verbrannten Gras und Arkani hin und her. Dann verengte es seine Augen zu angriffslustigen, zornigen Schlitzen und es fixierte Arkani. „VOLTI!“ Sein Schrei war voller Wut über das verkohlte Essen und es malträtierte Arkani mit einem Donnerschock nach dem anderen. Das Feuerpokémon jaulte und konnte sich kaum vor dem Zorn Voltilamms retten. Immer wieder trafen die Elektroschocks das Hundepokémon und nach einer knappen Minute sank Arkani vollkommen geschafft auf den Boden. „Was…?“ Faith musste erst ihre Sprache wiederfinden und betrachtete Voltilamm, das mit hocherhobenem Haupt zu ihr zurückstolzierte und Arkani keines Blickes mehr würdigte. „Habe ich… gewonnen?“ Anja war ebenso verblüfft wie Faith und hob nur langsam dem Arm, um ihr Arkani zurückzuziehen. „Scheint so, auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Du hast alle drei Pokémon von mir besiegt, nach den Regeln bekommst du den Orden. Hier, bitte, der Lavaorden.“ Anja ging zu Faith und schüttelte noch immer über Voltilamms Verhalten den Kopf, drückte der Jungtrainerin jedoch den Orden in die Hand und verabschiedete sich sogleich. Sie wollte nicht mehr Zeit als nötig mit Faith verbringen. Faith starrte auf den Orden in ihrer Hand und brauchte erst eine Weile, ehe sie sich aus ihrer Starre löste und Glücksgefühle ihren Körper überfluteten. „Ich habe gewonnen… Ich habe gewonnen!“ Vor Freude hüpfte sie in die Luft, steckte den Orden zu dem Sichelorden in ihre Ordenbox und knuddelte Voltilamm, das vergnügt seinen Kopf an ihr rieb. „Itsuki, ich habe gewonnen!“ „Ich sehe es, ich stehe doch die ganze Zeit hier.“ Er musste schmunzeln und wartete, bis Faith ihr Pokémon zurückgezogen hatte, dann machten die beiden sich gemeinsam auf den Weg zum Pokémoncenter, vor dem sie Mira und Kohana stehen sahen. Faiths Glücksgefühl verflog, als sie Miras gepackten Rucksack neben ihrer Freundin stehen sah. Verwirrt blickte sie zu Kohana, die sich bei ihrer älteren Schwester eingehakt hatte, Kohanas Snubbull stand wie ein Bodyguard breitbeinig neben seiner Trainerin. „Ich habe gegen Anja gewonnen, ich habe den Orden“, murmelte Faith und kam vor Mira zum Stehen, die ihrem Blick auswich. „Was ist los, Mira?“ „Es freut mich, dass du den Orden gewonnen hast“, sagte Mira und nestelte nervös an ihrem Shirt herum. „Was ist los, Mira? Was hat der Rucksack zu bedeuten?“ Nun mischte sich auch Itsuki ein und betrachtete Mira, die noch immer Faiths Blick auswich. „Ich werde abreisen“, meinte Mira schließlich und ließ ihre Hände sinken. „Kohana und ich haben noch einige Dinge zu klären.“ „Ist etwas passiert?“ Besorgt berührte Faith Miras Arm, woraufhin ihre Freundin sie anschaute und den Kopf schüttelte. „Nein, es ist nichts, es ist nur…“ „Wir haben uns schon seit Miras Abreise nicht mehr gesehen, ich vermisse meine große Schwester und möchte etwas Zeit mit ihr verbringen, das ist alles.“ Gut gelaunt setzte Kohana ein zuckersüßes Lächeln auf, das bei Itsuki und Faith jedoch keine Wirkung zeigte. Einen Moment erhielt es Kohana noch aufrecht, dann ließ sie ihr Lächeln fallen und zog den Tragegurt ihrer Tasche über die Schulter. „Mira, wir müssen uns beeilen, sonst verpassen wir den Bus.“ „Mira, warte, du kannst doch nicht so einfach abreisen!“ Faith hielt sie am Arm fest, ließ sie jedoch wieder los, als sie Miras bedrücktes Gesicht sah. „Mira!“ „Lass sie gehen, Faith.“ Itsukis Stimme war sanft wie Samt und er hielt Faith zurück, die den beiden sonst noch hinterhergelaufen wäre. „Es ist nicht für lange“, sprach Mira leise und schulterte auch ihren Rucksack, während Kohana schon vorging. „Sie ist meine Schwester, ich muss auch für sie da sein, versteht das bitte nicht falsch.“ Mira atmete tief durch und seufzte. „Wir werden uns bestimmt bald wiedersehen, ich werde immer an euch denken. Schau mich bitte nicht so traurig an, Faith…“ „Mira, der Bus kommt gleich!“ Mira wandte den Kopf zu Kohana, die ihr von der Straßenecke aus zugerufen hatte. „Entschuldigt, dass ich euch auf diese Weise vor vollendete Tatsachen stelle. Auf Wiedersehen.“ Sie drückte Faith und Itsuki kurz, dann drehte sie sich um und rannte ihrer Schwester hinterher. Faith sah dem Bus noch eine ganze Weile hinterher, auch wenn er bereits die Stadt verlassen hatte. Sie dachte, dass sie für einen kurzen Moment Tränen in Miras Augen gesehen hatte, doch das musste sie sich eingebildet haben. Ohne Mira fühlte sie sich irgendwie einsam. „Faith, komm rein, es ist schon spät.“ Itsuki hielt ihr die Tür des Pokémoncenters auf und sie folgte ihm ins Innere. Lautlos fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)