Efeu von Ur (Schlicht und Immergrün) ================================================================================ Kapitel 34: Der letzte Dämon ---------------------------- Und schon wieder ein neues Kapitel von mir. Die Woche war tatsächlich sehr produktiv. Weil man es nicht oft genug sagen kann, bedanke ich mich an dieser Stelle noch mal für 533 Kommentare und 134 Favoriten. Das Kapitel ist für alle, die schon einmal einen Dämon besiegt haben :) Viel Spaß beim Lesen, eure ________________________ »Du stellst dir das so einfach vor«, klagte Anton und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es ist ja auch einfach. Bei mir war es auch einfach«, erwiderte Elias beschwichtigend. Anton verzog das Gesicht. »Das kannst du jawohl schlecht vergleichen«, schmollte er. Elias musste lachen. »Aber wieso sollte sie dir denn den Kopf abreißen? Daran ist überhaupt nichts merkwürdig. Du gehst einfach hin und sagst es ihr wie es ist. Ich komm auch gern mit«, versicherte er Anton. Anton sah ihn einen Moment schweigend an. »Küss mich«, brummte er dann. Elias stutzte, dann lachte er leise und sein Herz hüpfte aufgeregt und zufrieden in seiner Brust. Er beugte sich vor und legte seine Lippen auf Antons, der die Arme um ihn schlang und in den Kuss seufzte. Sie waren ein wenig wie Drogenabhängige, was wohl im Zuge von Antons Vergangenheit ein wenig makaber klang. Aber sie konnten die Lippen nur schwerlich voneinander lassen. Nachdem sie sich ausgiebig – ungefähr eine halbe Stunde lang – geküsst hatten, löste sich Elias von Anton, um ihn daran zu erinnern, dass es da noch etwas Wichtiges zu klären gab. »Deine Mutter ist die letzte auf der Liste«, sagte er. Anton seufzte. Er tat sich schwer damit, zu seiner Mutter zu gehen und ihr zu sagen, dass er seit ungefähr einer Woche mit seinem Nachbarn zusammen war. So richtig. Als Pärchen. Elias’ Mutter und seine Schwestern hatten sich für ihn gefreut. Sein Vater war vollkommen verwirrt gewesen, dann hatte er gescherzt, dass Elias vermutlich wirklich nicht sein Sohn war, was Elias ihm aber nicht übel genommen hatte. Markus und Dominik hatten ihm grinsend gratuliert. Markus sagte zur Zeit ohnehin zu allem Ja und Amen, er sprudelte regelrecht über vor Liebe für die ganze Welt und alles, was es an außerirdischem Leben geben mochte. Die kleine Lea war wirklich sehr niedlich und Elias hatte sich sogar getraut, sie einmal auf den Arm zu nehmen. »Gott sei Dank sieht sie aus wie ihre Mutter«, hatte er breit grinsend gescherzt, nachdem er Nuri die Kleine wieder zurück gegeben hatte. Dafür hatte er von Markus einen Schlag gegen den Hinterkopf bekommen. Alex war selbstverständlich vollkommen hysterisch geworden und hatte ihn etwa zwei Minuten lang vollgequietscht, weil sie sich so für ihn und Anton freute und weil sie sie ja ‚so unglaublich niedlich’ fand. Dann hatte sie darauf bestanden, alle Einzelheiten zu erfahren, mitsamt der genauen Beschreibung darüber, wie Elias sich beim Knutschen mit Anton fühlte und ob er sich auch mehr mit ihm vorstellen konnte. Fenja hatte weniger hysterischer, aber ebenso erfreut reagiert, als Anton es ihr erzählt hatte. Wie sich herausgestellt hatte, hatte Fenja es schon die ganze Zeit gewusst und Elias war sich ziemlich sicher, dass diese ganze Tanzsache Absicht von ihr und Alex gewesen war. »Du schuldest ihr die Wahrheit. Immerhin ist sie deine Ma«, sagte Elias streng. Und Anton gab schließlich nach. »Also gut, ich mache es kurz und schmerzlos. Ich stell dich einfach… als meinen… du weißt schon… vor«, sagte er und wurde gegen Ende immer leiser und röter im Gesicht. Elias grinste und wuschelte ihm durch die Haare. Das war etwas, das er aus vollem Herzen genoss. Er mochte Antons weiche Haare unglaublich gern und endlich durfte er sie so oft anfassen, wie er wollte. Ganz zu schweigen von den Küssen und den Umarmungen… er fühlte sich, als würde er vor lauter Glück bald platzen. Am Abend schien Anton endlich seinen inneren Feigling überwunden zu haben, denn er stand von seinem Bett auf und atmete einmal tief durch. »Also gut. Lass uns zu ihr in die Küche gehen«, sagte er und sah ziemlich blass aus. Elias lächelte, nahm Antons Hand und folgte ihm in Richtung Küche. Vor der Tür zögerte er noch einmal, doch dann öffnete er sie und trat mit Elias an der Hand ein. Erika saß am Küchentisch und las Zeitung. Sie hatte eine Tasse Kaffee vor sich stehen und sah wieder einmal wie eine vollkommen normale Mutter aus. Ihre Augen lösten sich von der Zeitung, als sie die Tür gehen hörte und sah ihnen entgegen. Elias registrierte, wie ihre Augen hinunter zu ihren verschränkten Fingern huschten und er meinte ein kaum merkliches Lächeln um ihren Mund spielen zu sehen. »Ma, ich wollte dir sagen… also, es ist folgendermaßen… Er und ich… also, Elias und ich… wir sind sozusagen…«, er brach ab und sah kläglich zu Elias hinüber. Der musste sich ein Grinsen verkneifen. Erikas Augenbrauen waren in die Höhe gewandert. »Was er sagen wollte, ist, dass wir zusammen sind«, erklärte er ihr freundlich. Sie schwieg einen Moment und ließ die Zeitung sinken. Dann lehnte sie sich auf dem Küchenstuhl zurück und musterte ihren Sohn nachdenklich. »Ich hab euch im Flur gesehen, letzte Woche«, sagte sie dann unvermittelt und Elias stutzte, ehe er sich daran erinnerte, dass er geglaubt hatte, eine Tür gehört zu haben. Antons Gesicht sah vollkommen fassungslos aus. Er lief wieder einmal knallrot an. Elias bekam beinahe zu viel und hatte schon wieder das deutliche Gefühl, er müsste sich auf Anton stürzen. »Oh…«, war alles, was Anton dazu matt entgegnen konnte. »Ich hab nur drauf gewartet, bis du es mir endlich sagst«, fuhr Erika fort und erhob sich ein wenig zögerlich. Anton sah sie unsicher an. Dann breitete sie zögerlich die Arme aus und Anton löste sich von Elias, um zu ihr hinüber zu gehen. Die unbeholfene Art und Weise, wie sie sich umarmten, ließ Elias wissen, dass sie sich wohl seit Jahren nicht mehr in den Armen gehabt hatten. Er sah diskret weg, als er Tränen in Erikas Augen glitzern sah. »Es stört dich nicht?«, murmelte Anton. »Wieso sollte es? Ich bin froh, dass ich dich habe und dass du wieder lächeln kannst«, sagte sie erstickt und Elias lächelte kaum merklich, ehe er leise die Küche verließ, um in Antons Zimmer auf seinen Freund – jedes Mal, wenn er das dachte, wurde ihm ganz kribbelig zumute – zu warten. Anton kam eine Viertelstunde später zu ihm und sah aus, als wäre er ziemlich durch den Wind. »Lebt dein Efeu eigentlich noch?«, fragte er völlig aus dem Zusammenhang gerissen, als er sich neben Elias aufs Sofa sinken ließ. »Ja. Aber nur, weil Mama ihn ab und an gießt«, sagte er grinsend und zog Anton in seine Arme. Anton lächelte leicht. »Wir könnten ihn einpflanzen. Unten vorm Haus, zu dem anderen Efeu. Dann musst du ihn nicht mehr gießen«, meinte er. Elias lachte. »Gute Idee. Draußen fühlt er sich garantiert wohler als in meinem Saustall.« Einen Moment lang sagte er nichts. »Ich wusste doch, dass alles gut geht«, meinte er dann leise. Anton hob den Blick und sah ihn einen Augenblick lang an. »Ich hab so langsam das Gefühl, dass ich mit dir einfach alles schaffen kann«, antwortete er offen und Elias spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. Es herrschte erneut ein kurzes Schweigen, dann… »Weißt du noch, was du gesagt hast? Mit dem Spiegel? Ich glaub, ich will’s versuchen. Mit dir zusammen hab ich bisher alles hinbekommen. Ich weiß zwar nicht genau wie, aber du hast wirklich alles wieder in Ordnung gebracht…«, flüsterte er und schmiegte sich in Elias’ Arme. Seine Kehle war ziemlich trocken geworden und er wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte das alles eher unbewusst getan, aber ihm war klar, dass er einen deutlichen Anteil an Antons wieder gefundenem Glück hatte. »Hab ich gern gemacht«, nuschelte er schließlich. Dann drückte er Anton etwas fester an sich und genoss das Gefühl der Nähe. Sie pflanzten den Efeu am nächsten Vormittag vorm Haus ein. Elias kramte aus dem Keller eine Schaufel und Gartenhandschuhe hervor und buddelte ein Loch, während Anton den Efeu umsichtig aus dem kleinen Terrakottatopf nahm. Dann setzte er die Pflanze, die seit Weihnachten doch um Einiges gewachsen war, in das neu entstandene Loch und Elias machte sich daran das Loch mit seinen behandschuhten Händen wieder zuzuschütten. »Jetzt kann er mit den anderen die Wand hochklettern«, sagte Elias zufrieden, als sie fertig waren. Anton schmunzelte leicht, dann streckte er sich und sie gingen gemeinsam in den Keller, um die Schaufel und die Handschuhe zurück zu legen. Dann wuschen sie bei Elias im Bad ihre Hände und Elias beobachtete Anton aus dem Augenwinkel, der es – vermutlich schon automatisch – vermied, in den Spiegel über dem Waschbecken zu sehen. Er zögerte einen Moment, dann ging er die Badezimmertür abschließen und stellte sich hinter Anton, der sich gerade die Hände abtrocknete. »Lass uns zusammen reinschauen, ja?«, fragte er leise in Antons Ohr, der merklich erschauderte und einen Augenblick lang mit gesenktem Kopf stehen blieb. Dann richtete er sich ganz langsam auf und Elias legte von hinten seine Arme um Antons Bauch. Die Augen seines Freundes waren geschlossen, als Elias sein Gesicht im Spiegel ansah. Er drückte ihn fest an sich und dann, als würde er versuchen es so lang wie möglich heraus zu zögern, öffnete Anton seine fast schwarzen Augen. Blass und nervös starrte er erst Elias’ Gesicht im Spiegel an, das neben Antons schwebte. Und dann blickte er in sein eigenes Gesicht. Elias spürte, wie er leicht zitterte, aber er wandte den Blick nicht ab. »Schau, du hast hier diesen kleinen Leberfleck«, sagte Elias leise und fuhr mit dem Finger über den besagten Fleck über Antons linker Augenbraue, »den hat er nicht.« Anton schluckte. »Und den Wirbel oben am Scheitel«, fuhr er fort und strich Anton sachte durch die Haare, »den hat er auch nicht. Und deine Nase…« Elias stupste Antons Nase an, was Antons Mundwinkel zum Zucken brachte. »Deine Nase ist ein bisschen schmaler und spitzer. Und abgesehen davon sitzt dir nicht der Schalk in den Augen. Und du… bist einfach ganz anders.« Antons Augen wandten sich im Spiegel Elias zu und musterten ihn. »Deine Beobachtungsgabe ist gruselig«, sagte er mit leicht brüchiger Stimme. Elias grinste ihn breit an und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Nicht gut genug. Immerhin hab ich monatelang nicht gecheckt, dass du mich auch nicht ganz übel findest«, sagte er gut gelaunt. Anton hatte in den Spiegel gesehen und er war nicht ausgerastet oder am Boden zerstört. Anton drehte sich weg vom Spiegel und Elias sah, dass er merklich erleichtert wirkte. Sie standen nun direkt voreinander und Anton stupste Elias’ Nase mit seiner eigenen an. »Wenigstens haben wir es überhaupt gemerkt«, murmelte er und lehnte sich an Elias, platzierte den Kopf auf seiner Schulter und seufzte leise. »Wir üben das mit dem Spiegel noch«, versprach Elias lächelnd. Anton lachte leise gegen seinen Hals. »Wenn ich dich nicht hätte, wäre mein Leben immer noch scheiße«, nuschelte er kaum hörbar. »Umso besser, dass du mich hast. Und ich dich. Und wir uns und so«, sagte Elias bestens gelaunt und küsste Anton als Belohnung dafür, dass er sich getraut hatte, auch noch dem letzten Dämon seiner Vergangenheit ins Gesicht zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)